The Diarrhoea Diary
#541
Geschrieben 05. Mai 2007, 01:02
Italien / Spanien / GB 2004 Regie: Eros Puglielli
Na, der war doch mal richtig gut. Warum wird heutzutage nicht öfter so was produziert? Die ästhetischen Tugenden eines Giallos werden hier geschickt in die Gegenwart transportiert und mit einem Serienmörder-Plot kombiniert. Die unverbrauchten Darsteller machen einen durch die Bank sympathischen Eindruck, und auch wenn die Geschichte nicht sonderlich innovativ ist (aber das war sie bei den Giallos auch eher selten), hat sie mich durchaus an der Stange gehalten, was auch an intensiven Sequenzen wie der beinah schon physisch spürbaren Bebilderung eines Gehirntumors liegen kann. Das Sahnehäubchen sind hier die Kamera-Arbeit, die Locations und der Score, die entzückend entrückend wirken. So wünscht man sich einen aktuellen Argento-Film.
#542
Geschrieben 06. Mai 2007, 03:08
Mexiko / USA 1973 Regie: Alejandro Jodorowsky
Man kann froh sein, daß damals jemand bereit war, für so einen Film viel Geld aufzubringen. Ebenso, daß man selbst den Film jetzt in hervorragender Qualität für wenig Geld bekommen kann. Offensichtlich von Buñuel beeinflußt, fackelt Jodorowsky hier ein Feuerwerk von unfassbaren Bildern ab, die ihresgleichen suchen und von einem äußerst wirkungsvollem Score begleitet werden. Ein unglaublicher Trip, der wohl nur in dieser Zeit entstehen konnte. Die zahlreichen Kommentare zu den Weltreligionen und der Weltpolitik nehmen zwar einen großen Raum ein und wirken heutzutage teilweise etwas antiquiert-polemisch, was dem Film aber keineswegs schadet, da man ihn jederzeit auf seine ästhetische Brillianz herunterbrechen kann. Und in dieser Beziehung ist er einfach unvergleichlich, fast schon ein Monument, bei dem beinah jede Einstellung uns eine neue Vorstellung davon gibt, was Kino alles sein kann.
#543
Geschrieben 14. Mai 2007, 00:35
Schweden 2005 Regie: Daniel Lehmussaari
"Ist Zahltag, Kackfresse!"
Ein maskierter Killer geht auf einem Schulfest um. Ein Plot, der dazu prädestiniert zu sein scheint, als hervorragendes Schlafmittel zu dienen, wäre dieser Amateur-Slasher nicht in allen Belangen so unsagbar unbeholfen, daß man ständig der Schmerzen wegen aufschreien möchte und nicht mal sicher weiß, ob es jetzt die Darsteller, die Inszenierung oder die unheilvolle Zusammenkunft von Dilletantismus auf allen denkbaren Ebenen ist, die hier so fürchterlich weh tut. Nach 60 Minuten erreicht der Klischee-Metal im Hintergrund aber tatsächlich ein Mitwippen meinerseits. Ich war aber auch nicht mehr nüchtern. Nicht zu vergessen, daß es auch noch Billig-Techno auf dem Soundtrack gibt. (Der bei den Party-Szenen zu hören ist, während der Metal die Morde begleitet.) Der an Motörhead angelehnte Song im Anspann ist mit seinem simplen Text allerdings auch irgendwie faszinierend. Refrain: "I smoke Crack."
Ich kann mich der Verwunderung des ehrenwerten Herrn Cjamango nur anschließen, daß so etwas seinen Weg in deutsche Videotheken findet. In Schweden lief das Ding wohl sogar in den Kinos. Der Synchronisation gelingt es dann tatsächlich, den Produktionsstandard des Films noch zu unterbieten und erschafft dadurch ein vortrefflich zur Unterhaltung dienendes Gesamtkunstwerk. Man muß freilich Schmerzen ertragen können.
#544
Geschrieben 16. Mai 2007, 00:36
Belgien 1998 Regie: Marian Handwerker
An seiner Stimme erkennt die Kellnerin Cécile den Mann wieder, der sie vor 5 Jahren vergewaltigt hatte. Der Polizei genügt das jedoch nicht als Beweis und so versucht sie, ihn auf eigene Faust zu überführen. Dabei entdeckt sie, daß er auch nicht davor zurückschreckt, Kinder zu entführen und an wohlhabende Pädophile zu verkaufen...
Der Fall Marc Dutroux hat die belgische Gesellschaft ordentlich traumatisiert, ebenso schwerwiegend wie seine Verbrechen dürfte der anschließende Korruptionsskandal in Polizei und Justiz gewesen sein. Schon durch den Titel geht der Film jedoch direkt auch auf Distanz – er will nicht der Film zum Fall Dutroux sein, auch wenn zahlreiche Parallelen unübersehbar sind, er möchte etwas allgemeingültigeres zum Vorschein bringen. Und er ist dabei durchgängig ruhig und trist, keinerlei Pathos oder Sensationalismus weit und breit, sowohl Inszenierung als auch Darsteller üben sich in Zurückhaltung. Auch wenn durch die fiktiven Hinzudichtungen konventionelle Spannungselemente verwendet werden, bleibt der Film doch hauptsächlich Zustandsbeschreibung des Alltags der äußerst verschiedenen Charaktere in einer Industriestadt südlich von Brüssel und entwickelt einen atmosphärischen Sog, da hinter jeder Ecke das Grauen lauert, zu dem Menschen fähig sind. Bei der heutigen Zweitsichtung konnte mich der Film nicht mehr ganz so packen wie beim ersten Mal, wo vor allem das Ende einen ordentlichen Schlag in die Magengrube platzierte –
#545
Geschrieben 17. Mai 2007, 00:38
Taiwan 1981 Regie: Cheung Paang Yik | Peng-I Chang
"Das Leben eines Schwertkämpfers ist sehr traurig."
"Mein Herr, ein Buckliger hat das hier für Sie abgegeben."
"Kümmere dich nicht um die leichenhafte Frau!" Meta-Dialogzeilen
Snowy White und Flintstone (sic!) mögen zwar wie Freunde erscheinen, sind aber in Wahrheit erbitterte Feinde. Flintstone wartet nur auf die beste Gelegenheit, Snowy White zu töten, und damit das nicht ein anderer erledigt, beschützt er ihn so lange, bis er ihn selbst umbringen kann. So gelangen sie in ein Dorf, in der ein Klan namens "Die Verrückten" (in der US-Fassung heißen sie "Weirdo Clan") Angst und Schrecken unter der Bevölkerung verbreitet. Die Verrückten sammeln Blut für ein untotes Mädchen, das es aus Schüsseln trinkt. Es gibt auch einen Buckligen mit vorstehenden Zähnen, einen Zwerg, einen einarmigen Kämpfer, einen abnippelnden Typen namens "Emptiness" in einer Höhle, eine sechsjährige Killerin, und weitere tolle Dialoge: "Ich habe heute eine Frau gesehen namens Moonshine...sie ist Sunshines Schwester!" – "Ich war mit den Verrückten nicht einverstanden." – "Snowy White, laß meine Frau in Ruh’!"
Die deutsche Synchronisation ist ein Blumenstrauß vollkommen übertriebener, auf verschiedene Art und Weise mißlungener Stimmen und wird von geilen Synthi-Toneffekten begleitet. Aha, auf der imdb wird dieses Werk als Satire auf Kung-Fu-Filme gesehen? Nun ja, andere nennen es dort auch einen Ninja-Film, obwohl ich jetzt keinen einzigen Ninja gesehen habe. Aber ich habe meinen Spaß gehabt.
#546
Geschrieben 19. Mai 2007, 01:38
GB 1985 Regie: Ross Devenish
Einer der düstersten Romane Dickens’ bekommt eine angemessen düstere Behandlung. Das hier dargestellte London ist in Nebelschwaden verhüllt, die Gesichter der Passanten sind in ein ewiges Dunkel getaucht und lassen sich nur erahnen. Neben seinem ständigen Thema der sozialen Gerechtigkeit schießt sich Charlie hier im Besonderen auf die Justiz ein. Die Perückenträger in den Gerichtssälen sind ein lahmer, unfähiger, selbstgerechter, korrupter Haufen. In dieser schleimigen Umgebung kann selbst der anständigste Mensch für eine Bagatelle in den Knast wandern und gratis und franko sein Leben abgeben. Unsere Hauptfiguren sind daher zurecht besorgt, als eine von ihnen unbedingt Anwalt werden will.
Das Casting ist, wie bei der BBC üblich, bis zur letzten Nebenfigur perfekt, und Fans der beiden anwesenden "Stars" bekommen ausreichend Material, ihren Idolen zu huldigen: Denholm Elliott als John Jarndyce ist großartig: Ein Mann mit einem riesigen Herzen, den die Ungerechtigkeit und die Willkür der herrschenden Instanzen entweder zu ungezähmter Wut oder selbstzerstörerischer Traurigkeit führt – und Diana Rigg als Lady Dedlock, die zunächst den Eindruck einer snobistischen Upper Class-Hexe hinterläßt, aber im Verlauf der 400 Minuten immer mehr menschliche Züge offenbart. Sie wird ja gerne als am schlechtesten gealtertes Sexsymbol der Sechziger diffamiert und ja, sie hat auch hier schon einige Falten, ist in dieser Beziehung aber nur konsequent. Mit Emma Peel hat sie eine der frühesten filmischen Figuren der Emanzipation erschaffen und es ist nur recht und billig, wenn sie dem "hübsch-sein" eine Abfuhr erteilt, und einfach macht, was sie will. Ich stelle sie mir gern im engen Avengers-Hosenanzug vor, wie sie Schönheitschirurgen in die Eier tritt. Eins der vielen Highlights dieser TV-Serie ist die zu Anfang von Episode 5 stattfindende spontane Selbstentzündung – ein Thema, das die viktorianische Gesellschaft stark interessiert hat (siehe auch De Quincey) und hier auf eine Art und Weise inszeniert wird, die auch aus einem klassischen Horrorfilm hätte stammen können. Überhaupt ist die Serie handwerklich überaus überzeugend und unterstreicht die hervorragenden Schauspielerleistungen. Keinerlei Langeweile in knapp sieben Stunden und die nächsten BBC-Dickens-Mehrteiler liegen bereits im Briefkasten.
#547
Geschrieben 01. Juni 2007, 23:26
USA 1968 Regie: William Grefé
Die drogenabhängigen Dum-Dum, Acid, Heinz und Willi wollen ein großes Ding durchziehen. Sie übertreiben es aber ziemlich und natürlich geht alles schief. Nach 20 Minuten fangen sie bereits eine Schießerei mit der Küstenwache an. Sie sind dabei allerdings auch noch eiskalt und reißen coole Sprüche, wenn sie z.B. einen jungen Matrosen exekutieren. Breit treiben sie alberne Späße mit ihren Geiseln (ein junges, rechtschaffenes Paar, das sie zufällig beobachtet hat) und vor allem Acid neigt zu psychopathischen Anfällen. Das FBI (dessen Hauptquartier so aussieht wie die Küche des Regisseurs, in die man eine Landkarte gehängt hat) ist ihnen bald auf den Fersen und sie flüchten in die Sümpfe der Everglades...
Grefé drehte mal wieder in seiner Nachbarschaft und auch wenn der Plot genügend Steilvorlagen bietet, ist der Film in der Darstellung von Sex und Gewalt relativ zurückhaltend. Das wird aber wieder ausgeglichen durch des Regisseurs Talent zur Improvisation: Die auftretenden Seminol-Indianer z.B. waren nicht mal Laiendarsteller, sondern halt Seminol-Indianer, die in der Nähe wohnten. Konsequent ignorieren sie Regieanweisungen und verziehen keine Miene, als die Junkies ihre Hütten ausrauben und Schabernack treiben. Und dann gibt es da freilich noch die ganzen "psychedelischen" Stilmittel, die zu so einem Film dazu gehören, und die ich ganz toll lieb habe: Stroboskop-Einsatz bei einer Konzert/Party-Szene, ein ausgedehnter Tanz-Einschub zu wild herumnudelnden Gitarren, bunte Wischblenden, Halluzinationen voller Farbfilter und Doppelbelichtungen, sowie eine Menge Schwindel-Kamera. Dann und wann gelingen sogar, wie schon in Sting of Death, einige visuell recht ansprechende Sequenzen, wie der Mord an dem Indianermädchen. Die Hauptdarsteller machen auch einen ganz anständigen Job, vor allem haben sie bessere Sonnenbrillen als z.B. die in der Matrix. Ich kann mich allerdings nicht zwischen der Großen, violett getönten des Anführers oder der rot getönten, viereckigen vom dicken schwarzen Discothekenbesitzer und Dealer entscheiden.
#548
Geschrieben 03. Juni 2007, 01:34
USA 1989 Regie: Stephen Sayadian
Ja, sind die denn bescheuert? Was haben die sich denn dabei gedacht? Vor allem, was mag der durchschnittliche amerikanische Videothekenbesucher Anfang der Neunziger gedacht haben, als er einen Horrorfilm sehen wollte und dann das hier zu sehen bekam? Vermutlich war er nicht erfreut. Der Film gibt sich von vorne bis hinten vollkommen künstlich: Das fängt bei den Sets an (die teilweise dem Stummfilm ähnlichen Namens nachempfunden sind) und geht über die Schauspieler bis zu den Dialogen. Das alles in einer 80er-Jahre Ästhetik, dominiert von der Farbe pink. Das ist auf Dauer ziemlich anstrengend, vor allem wenn der Humor in der transgender-Tradition der Rocky Horror Picture Show angesiedelt ist. Andererseits finden sich aber auch deutliche Verweise auf zeitgenössische Horrorfilme wie Videodrome oder From Beyond. In der ersten Hälfte kann der Film noch ordentlich punkten mit einem Haufen abgedrehter visueller Ideen, aber in der zweiten Hälfte meinte man wohl, doch noch eine Geschichte erzählen zu müssen und es gerät ein wenig fad. Wäre er nicht an vielen Stellen so nervig und unangemessen übertrieben, könnte man ihn als zu Unrecht vernachlässigten "Kultfilm" betrachten. Trotz seiner Defizite ist er aber trotzdem einer dieser "one of a kind"-Filme und das ist auch schon mal viel wert. Ein wenig erscheint er mir wie das End-Achtziger-Pendant zum Früh-Achtziger Forbidden Zone von Danny Elfmans Bruder, da neben dem ästhetischen Overkill auch hier die Punkszene involviert war mit Jennifer Miro von den Nuns und Texacala Jones in Nebenrollen.
#549
Geschrieben 05. Juni 2007, 21:52
Tschechoslowakei 1978 Regie: Juraj Herz
Die drei oben aufgeführten deutschen Titel teilen sich so auf: DDR-Titel; BRD-Titel; Video-Titel. Was die Dichter von letzterem geritten hat, wäre mal wieder interessant herauszufinden, haben sie doch auch das Cover und sogar den Klappentext an die amerikanische TV-Serie angepasst. Vorteil dieses Vorgehens ist wohl, daß ich mir die Kassette wohl mit dem richtigen Titel nicht für einen Euro bei ebay mitgenommen hätte – war dann doch neugierig, was sich dahinter verbirgt. Worum es eigentlich geht, sollte durch die anderen Titel des Films deutlich werden. Herz' Version der Geschichte ist eine äußerst schöne, sehr stimmungsvolle und atmosphärische Angelegenheit. Sie erreicht zwar nie die Magie der Cocteau-Version, bei der sie sich ab und zu bedient, bietet aber einige originelle, teils erstaunliche visuelle und inszenatorische Einfälle. Sowohl die Wald-Locations als auch das wundervolle Schloß-Set bieten die Grundlage für zahlreiche äußerst entzückende Bildfolgen, und dann ist da noch eine bezaubernde Hauptdarstellerin nebst sehr fantasievollen Masken. Besonders am Anfang wird auch das Gruselpotential der Geschichte effektiv genutzt. Nun, trotz des offensichtlichen Etikettenschwindels bereue ich weder Kauf noch Sichtung.
#550
Geschrieben 15. Juni 2007, 10:12
USA 1975 Regie: J. Lee Thompson
"Zur Hölle mit Sigmund Freud!" (Meta-Dialogzeile)
"Die Wahrheit scheint grausam – dennoch ist sie wahr." (Klappentext)
Peter Proud, Fachmann für Indianerfragen und Geschichtsdozent an der UCLA, wird von wiederkehrenden Alpträumen verfolgt: Er vögelt sich durch eine Stadt im Nordosten und wird von einer schönen Frau mit einem Paddel totgeschlagen, als er nackt im See schwimmt. Mit und mit findet Peter Proud heraus, daß sein Traum-Selbst tatsächlich existiert hat und findet in Springfield, Massachusetts nicht nur den See, in dem er ertrunken ist (Crystal Lake!), sondern auch die Mörderin und "seine" attraktive Tochter, in die er sich prompt verliebt...
Das Drehbuch (vom Autor der Romanvorlage Max Ehrlich verfasst) ist ein feines Beispiel für gelungene Erzählökonomie: Nebenstränge und -Figuren werden ausgelassen, Abläufe umgeschmissen und damit die Dynamik der Geschichte gesteigert. Margot Kidder sieht auf alt geschminkt zwar nicht völlig überzeugend aus, spielt aber gekonnt, und auch an den anderen Darstellern gibt es nichts auszusetzen. Goldsmiths überwiegend elektronischer Score ist äußerst effektiv. Ich frage mich, warum manche verklemmte Pisser auf der imdb das ganze einen "Softcore-Film" nennen, der sich statt auf die Geschichte auf weibliche Brüste konzentriert, obwohl es gerade mal drei Nacktszenen gibt und im Buch auch schon detailliert herumgevögelt wurde. Die waren wohl alle mal auf einem Reinkarnations-Seminar. Dabei rettet vor allem das interessante Ende sowohl Buch als Film vor übertrieben-esoterischem Heilsgeschwafel. Waren schon super, die Siebziger.
#551
Geschrieben 18. Juni 2007, 13:07
Hong Kong 1992 Regie: Ngai Kai Lam
Der dicke Li-Tung ärgert sich über die Geräusche, die die Nachbarn über ihm mitten in der Nacht fabrizieren. Als er endgültig die Schnauze voll hat, rennt er mit einem Besenstiel rauf und findet dort einen alten Mann, ein wunderschönes Mädchen und eine Katze vor. Der alte Mann entschuldigt sich, und am nächsten Tag sind sie schon ausgezogen. Neugierig geworden, stöbert Li-Tung in der Wohnung herum, findet einen Haufen Eingeweide und informiert seinen Freund bei der Polizei. Es stellt sich jedoch bald heraus, daß die drei gutmütige Außerirdische sind, und die Katze eigentlich ein General. Sie sind mehr aus Versehen auf der Erde gestrandet, finden dort aber eine wesentlich unfreundlichere außerirdische Lebensform vor, ein riesiger Schleim- und Glibberklumpen mit Tentakeln, der auch das alte Body Snatcher-Spiel beherrscht...
Auch wenn diese wunderliche SF/Horror-Mixtur meilenweit am Ziel vorbeischrammt, muß man sie doch irgendwie lieb haben. Vor allem Freunde von Schleimklumpen und fliegenden Katzen kommen auf ihre Kosten. Der zentrale Zweikampf Katze/Hund gehört sogar zum Erstaunlichsten, was man überhaupt zu sehen bekommen kann.
#552
Geschrieben 19. Juni 2007, 15:12
USA 1973 Regie: Glenn Jordan
Auch wenn andere Versionen wie der im selben Jahr entstandene Frankenstein: The true story oder Kenneth Branaghs pompöse Alpen-Oper von 1994 mehr Tamtam um ihre Werktreue machten, so kommt diese Verfilmung dem Buch noch am nächsten. Zwar werden Rahmenhandlung und Vorgeschichte ausgeblendet, aber der Rest ist äußerst nah an der Vorlage. Von Dan Curtis produziert, ist der größte Nachteil freilich das eingeschränkte Budget einer Fernsehproduktion. So ist das ganze eher ein Drama als ein Horrorfilm, auch wenn es ein paar gelungene Außenaufnahmen zu vermelden gibt. Über die Darsteller kann man auch nicht meckern: Robert Foxworth hat es bei mir zwar immer recht schwer, da "Falcon Crest" eine der Lieblingsserien meiner Mutter war, aber er gibt den Dr. Frankenstein recht proper. Susan Strasberg ist ebenfalls eine beachtliche Elisabeth und auch Bo Svenson als Kreatur vermag zu überzeugen. Er legt die Rolle sehr ähnlich wie Karloff an, hat aber wesentlich weniger Make-Up in der Fresse, nur ein paar Narben. Nicht ganz so gelungen ist die deutsche Synchro: Einige viel zu übertriebene Sprecher, schlechtes Timing und blödsinnige Übersetzungen: Wir hören also die deutsche Fassung einer Geschichte, die in Ingolstadt und Genf spielt: Als der Bewohner einer Waldhütte seine Frau aus Argentinien mitbringt, wird ihr natürlich vom blinden Schwesterlein die englische Sprache beigebracht. Äh...ja, war wohl im Original so, aber ein bißchen nachdenken hätte vielleicht auch geholfen. Leider ist die Synchro auch nicht so mies, daß es wieder Spaß gemacht hätte. Der Film selbst ist dann auch eher was für Frankenstein-Komplettisten oder Fans des Romans. Er hat zwar solides Handwerk, aber nicht besonders viel Innovationen oder Schauwerte zu bieten.
Bearbeitet von pasheko, 19. Juni 2007, 15:47.
#553
Geschrieben 20. Juni 2007, 13:21
Philippinen 2006 Regie: Jeff Tan
Philippinischer Beitrag zur Schwarzes-Haar-Geisterwelle, der diese Sache noch mit einem Psychopathen-Plot und College-Peer Pressure mixt. Man steht das Ganze ganz gut durch, weil die Hauptdarstellerin schon extrem schnuckelig ist. (Ist scheinbar auch ein bekannter philippinischer Fernsehstar.) Ansonsten wird hier aber auch hauptsächlich wiedergekäut und bis auf die peripher angesprochene Thematik der Illongo-Minderheit gibt es auch kaum eigenständige lokale Bezüge. Das wäre den alten Filipino-Horrormeistern Eddie Romero und Gerardo de Leon nicht passiert. Einer der Darsteller heißt Ketchup Eusebio, aber da kann er wohl auch nichts für.
#554
Geschrieben 21. Juni 2007, 12:23
Rußland 2003 Regie: Andrej Iskanov
Ein Hitman leidet unter häßlichen Anfällen und kann diese scheinbar nur bezwingen, indem er sich lange Nägel in den Kopf haut. Als Vorbild dienten diesem Low Budget-Experimentalfilm wohl Tetsuo und Eraserhead und er wirkt wie eine leicht unbeholfene Mischung aus beiden, dabei noch Elemente aus Apocalypse Now und Ringu einstreuend. Die zahlreichen, recht preiswert gestalteten Splattereffekte rücken den Amateurstatus des Ganzen in den Vordergrund, und auch die hier und dort verwendeten Computergrafiken wirken störend und manchmal nervig. Ein bißchen wirkt das Ganze wie eine Projektion in einer Techno-Disko, aber hier und da gibt es durchaus gelungene Bildkompositionen und auch originelle Einfälle. Künstlerisch bestimmt kein großer Wurf, da es häufig zu bemüht nach provozierenden Schockbildern riecht, aber immerhin sehr eigenwillig und engagiert. Wenn auch vieles nicht so aussieht, wie es wahrscheinlich geplant war, hat man doch versucht, zahlreiche abwegige Ideen hineinzupacken, und das ist mir immer noch lieber als ein zwar handwerklich sauberer, aber doch wieder nach Schema F gestrickter Film.
#555
Geschrieben 03. Juli 2007, 08:20
Schweden 1969 Regie: Peter Watkins
In der Fernsehsendung „Peace Game“ kämpfen extra dafür ausgebildete Soldaten aus allen großen Nationen der Erde gegeneinander und gegen die das Spiel bestimmende Maschine. Während die Generäle dabei Tee schlürfen oder kurz wegnicken und der Sponsor seine Nudelwaren präsentiert, wird sogar ein Revolutionär in das Spiel integriert, der das System sabotieren will. Sinn des Spiels ist es aber keinesfalls, die richtigen Kriege zu ersetzen...
Watkins' Fake-Dokumentationen sind schon eine Klasse für sich. Auch hier wird wieder ein sehr düsteres Bild einer Menschheit gezeigt, die Profit, Unterdrückung und veraltete Konzepte über jede Menschlichkeit stellt. Die Mächtigen scheinen zudem sämtliche Kontrolle verloren zu haben und in einem ewigen Kreislauf gefangen zu sein. Sehr gut, wirkte auf mich aber leider nicht so intensiv wie War Game oder Punishment Park.
#556
Geschrieben 05. Juli 2007, 10:40
USA 2003 Regie: Vin Crease
Gegen die Idee, einen Film als verschollenes 70er-Jahre-Werk anzukündigen, dessen Regisseur wahnsinnig wurde und den Produzenten ermordete, spricht ja grundsätzlich nichts, nur reicht es bei einem solchen Unterfangen nicht, die richtigen Autos und Klamotten zu haben und etwas grain über das Film-Material zu legen, wenn dann einige Sachen eindeutig zu zeitgenössisch aussehen und man wohl auch unbedingt Surround-Effekte benutzen wollte. Immerhin bleibt der Film dadurch, daß er gleich drei populäre Motive verarbeitet (eine Protagonistin frisch aus der Heilanstalt, eine mordende Hippiebande, ein verfluchtes, abgelegenes Haus), relativ unvorhersehbar, aber leider Gottes passiert die ganze Zeit auch nicht viel, so daß das Endresultat nichts halbes und nichts ganzes ist. Es gibt durchaus nette Momente: Wüstenpanoramen mit Gitarrenrock, gelungene Ausleuchtung und Bildkomposition bei Traumsequenzen oder Halluzinationen, sowie ein Zwerg beim Pornodreh, das täuscht aber nicht darüber hinweg, daß die hier vor und hinter der Kamera aktiven Menschen durchaus noch ein bißchen mehr Talent vertragen könnten. Ein bißchen schade drum, denn wenn in einer Szene nach Reminiszenzen an Filme wie TCM, Hills have Eyes oder I drink your blood plötzlich auch Let’s scare Jessica to Death als Inspiration auftaucht, spürt man ein wenig, in welche Richtung das erfolgreich hätte gehen können, wenn man denn unbedingt schon 2003 einen Film machen mußte, der im Endeffekt auch wesentlich zahmer daherkommt als die meisten Horrorfilme der Dekade, der er Tribut zollen möchte. Nein, wenn einem schon die Gelüste nach so etwas stehen, ist man mit Devil's Rejects in vielerlei Hinsicht wohl besser bedient.
#557
Geschrieben 06. Juli 2007, 10:48
Tschechoslowakei 1966 Regie: Václav Vorlícek
Die Wissenschaftlerin Beránková hat ein Serum entwickelt, das unerwünschte Träume durch andere ersetzt. Zu wenig hat sie allerdings auf die Nebenwirkungen geachtet, die verdrängten Träume schlüpfen nämlich anschließend in die Wirklichkeit. Ihrem Mann, der Forschungen zur Schwerkraft betreibt, fällt der Comic-Strip um die Heldin Jessie in die Hände, in dem es hauptsächlich darum geht, daß eine Art Supermann und ein Cowboy die eh schon knapp bemessene Kleidung der üppigen Blondine weiter derangieren, um an das Geheimnis ihrer Anti-Gravitations-Handschuhe zu kommen. Natürlich träumt der Professor nur aus rein wissenschaftlichem Interesse an den Handschuhen von der jungen Frau, was aber nicht die erste Vermutung seiner Ehefrau ist, so daß sie ihm das Serum spritzt. So gelangen die drei Comicfiguren in die Wirklichkeit und richten einen Haufen Chaos an...
Sehr amüsante und kurzweilige Komödie, die durch ihren fantasievollen anarchischen Witz und die liebenswerten Figuren besticht. So reden die Comicfiguren auch in der Wirklichkeit nur in Sprechblasen, was die Öffentlichkeit nur kurz irritiert, und anschließend als Selbstverständlichkeit hingenommen wird. Nett auch die Figur des Gehilfen Kolbaba (Vladimír Mensík, an dessen Gesicht ich mich noch aus "Pan Tau" erinnerte), der hauptsächlich an Pilsener denkt und träumt, einen ganzen Raum voller Budweiser leer zu trinken.
#558
Geschrieben 17. Juli 2007, 18:18
Deutschland 2005 Regie: Armin Völckers
Der junge Afrodeutsche Leroy reflektiert über das Deutsch-Sein, wozu auch der Umstand beiträgt, daß die Brüder seiner Freundin Eva allesamt Fascho-Skins sind. Eigentlich können sie ihn aber ganz gut leiden...
Na, das ist doch mal ein wirklich witziger Kurzfilm über deutsche Befindlichkeiten. Klischees und Vorurteile werden auf den Kopf gestellt oder ins Absurde übertrieben, dazu kommen pointenreiche und respektlose Dialoge, sowie überdurchschnittliche Leistungen in Sachen Schnitt und Kamera. Im September kommt ein auf diesem Konzept basierender Langfilm in die Kinos - dürfte schwierig werden, die hohe Gagdichte beizubehalten, aber Potential ist auf jeden Fall vorhanden.
#559
Geschrieben 20. Juli 2007, 00:12
GB 1975 Regie: Lawrence Gordon Clark
Sir Richard möchte heiraten und checkt dafür seinen geerbten Landsitz aus. Dabei stößt er auf die Geschichte seines Vorfahren Sir Matthew, der eines sehr mysteriösen Todes starb...
Wieder mal äußerst fein, diese "Ghost Story for Christmas". Die Hexenszenen wurden dem Fernsehformat angepasst, könnten aber so auch im Kino laufen. Barbara Ewing kennt man ja noch aus Dracula has risen from the Grave, aber auch sonst gibt's bei den Darstellern nichts zu meckern. Es beweist sich erneut, daß nach einer Vorlage von M.R. James eigentlich nicht viel schief gehen kann. (Wobei das nicht ganz auszuschließen ist, aber bislang habe ich noch keinen Film gesehen, bei dem dies der Fall war.) Auch wenn es anfangs ein bißchen braucht, bis die Geschichte in die Gänge kommt, hat mir die Geräuschkulisse zum Ende hin eine ordentliche Gänsehaut verpasst. Und das Ende selbst ist vom Timing her absolut perfekt.
#560
Geschrieben 21. Juli 2007, 00:14
Polen 1970 Regie: Janusz Majewski
Wittenbach, Priester und Professor der Theologie, reist durch Estland (in der deutschen Fassung Litauen), um den dortigen Aberglauben zu erforschen. Durch verschiedene Zufälle wird er Gast eines jungen Adligen, der befürchtet, sich in Zuständen äußerster Erregung in einen Bären zu verwandeln...
Was hier und dort als polnische Antwort auf die Hammer-Horror-Filme bezeichnet wird, ist eigentlich ein sehr eigenständiges Werk, das zwar einige bekannte Motive wie Kutschfahrten durch den Wald übernimmt, aber in seiner Bildsprache entschieden künstlerischer vorgeht. Zudem ist die ganze Atmosphäre, zu der neben der Landschaft, der Kamera-Arbeit und Wojciech Kilars hervorragendem Score auch einige folkloristische Einlagen beitragen, äußerst osteuropäisch geprägt. Zuweilen erinnerte mich der Film, durch dessen altmodisches Ambiente bereits der verruchte Geist der Moderne weht, an Witold Gobrowicz' Roman "Die Besessenen", der diese Kombination ebenfalls sehr wirkungsvoll einsetzt. Überhaupt wird trotz zahlreicher stimmungsvoller Sequenzen das Übernatürliche nie wirklich sichtbar, es liegt ständig Ambivalenz in der Luft. Ein faszinierender und rätselhafter Film, der mit verständlichen Untertiteln wohl noch zugewinnen würde. Bei den Szenen, in denen sich der verfluchte Adlige zu Alpträumen im Bett wälzt, wurde mir klar, daß Walerian Borowczyk in La Bête wohl weniger Prosper Mérimées literarische Vorlage variierte, sondern eher diese filmische Vorlage zitierte.
#561
Geschrieben 28. Juli 2007, 00:31
Spanien 1976 Regie: León Klimovsky
Wundertütenalarm! Im Grunde genommen haben wir es hier mit einer Art "Thriller" zu tun, doch eh man sich versieht, wird kräftig durch viele andere Genres gehüpft. Eine Partei von reichen und einflußreichen Menschen treffen sich mit Fotomodellen auf einem entlegenen Landsitz, um eine Marquis de Sade-Gedächtnisfeier abzuhalten. Kaum ist die erste Titte entblößt, rumpelt es aber im Gemäuer: Der Atomkrieg ist ausgebrochen! Schnell will man im nahegelegenen Dorf Vorräte einkaufen und stellt fest, daß der Pöbel allesamt erblindet ist und sich sein Essen auch nicht unbedingt wegnehmen lassen will. Die egoistischsten Arschlöcher unter den Kapitalisten ermorden mehrere Blinde, was äußerst ungemütliche Folgen nach sich zieht...
Klimovsky liefert hier ein echtes Meisterstück ab. Wähnt man sich zunächst in einem Sex-Horror-Streifen, was im Originaltitel (übersetzt etwa "Der letzte Wunsch" – den US-Titel mag ich aber auch irgendwie) und dem spanischen Originalplakat auch suggeriert wurde, wechselt der Film bald ständig die Richtung und streut Elemente aus Science-Fiction, Paranoiakino und noch viel weiteres hinein. Paul Naschy hat als halbseidener, skrupelloser Geschäftsmann auch mal wieder eine Rolle, in der er mehr von seinem Talent zeigen kann als normalerweise üblich, was sehr erfreulich ist. Der einzige Kritikpunkt mag die durch heutige wissenschaftliche Erkenntnisse recht naiv wirkende Interpretation der Auswirkungen einer Atombombe sein, aber wer einen so vielschichtigen Film wie diesen hier nur aufgrund dieses Merkmals als "Trash" abstempelt, erkennt einen guten Streifen wohl auch dann nicht, wenn man ihn mehrfach mit der hochgereckten Nase darauf stößt. Was nach der Zusammenfassung oben vielleicht nach einer plumpen "reich = böse"- Parabel klingt, verdichtet sich mit und mit zu der Aussage: Alle Menschen sind Scheiße. Diesen extremen Zynismus, der in spanischen Filmen dieser Periode (wie z.B. auch beim Kollegen Ibáñez-Serrador) festzustellen ist, könnte man mit dem Franco-Regime erklären, wenn man denn Soziologe werden will. Kann man aber auch sein lassen. Genau wie den unfruchtbaren Vergleich des Films mit Night of the living Dead, wie er z.B. auf der imdb zu lesen ist, und dem eigenwilligen Charakter dieses Werks keinesfalls gerecht wird. Die momentane Editionslage übrigens auch nicht, kriegt man doch mit viel Glück höchstens die verkrüppelte US-Fassung zu Gesicht. Schleunigst eine anständige DVD davon her!
Bearbeitet von pasheko, 28. Juli 2007, 00:34.
#562
Geschrieben 31. Juli 2007, 23:18
Deutschland / Kanada / Frankreich / Italien 1976 Regie: Denis Héroux
Schon wieder legt Matthieu Carrière zu Beginn eines Films mit einem Schiff an und streunt durch die Straßen. Hier ist er allerdings ein frisch aus Vietnam zurückkehrender US-Soldat, der wider Willen im von Straßenkämpfen und Bombenanschlägen geprägten Belfast halt machen muß. Der Krieg scheint auch so einige Katschen in seinem Charakter hinterlassen zu haben, aber vielleicht war er auch schon vorher nicht besonders gesund. Als sämtliche Versuche, die Überfahrt in die USA zu finanzieren fehlschlagen, bricht er in einem Schwesternwohnheim ein und verliert dort völlig die Kontrolle...
Hui, was haben wir denn hier? Einen sehr ungemütlichen Terrorfilm, der wie z.B. auch Violated Angels von Richard Specks Taten in Chicago inspiriert wurde. Darüber hinaus zieht er seinen besonderen Reiz durch das nordirische Setting, das man so auch nicht alle Tage als Beiwerk zu sehen bekommt. Dessen wurde sich wohl bedient, um den parabelhaften Charakter der Geschichte über die Gewaltbereitschaft des Menschen noch zu verstärken, und dies äußerst effektiv. Carrière, der mir in persona immer wahnsinnig arrogant vorkommt, liefert eine solide Leistung als Psychopath ab und an saftigen Einzelheiten wird auch nicht gespart. Ein schmutziger, eigenwilliger und faszinierender Film.
#563
Geschrieben 01. August 2007, 16:46
Frankreich 2004 Regie: Robin Campillo
Verwendet die gleiche interessante Ausgangssituation wie Yomigaeri, bei der die Toten nicht als gefährliche Zombies, sondern als scheinbar ganz normale Menschen in die Welt und zu ihren Angehörigen zurückkehren. Wo der japanische Film sich aber zum sentimentalen Drama wendet, bleibt Les Revenants eher ein Spannungsfilm – wenn auch einer mit einem bedächtigen Erzähltempo, der sich viel Zeit nimmt, um Stimmungen einzufangen. Diese halten einen auch an der Stange, auch wenn ich das Ende etwas unbefriedigend fand – vielleicht ist mir aber auch nur etwas entgangen. Durchaus originell und sehenswert.
#564
Geschrieben 02. August 2007, 22:49
Japan 2005 Regie: Sabu
Ich mußte des öfteren laut auflachen, da Sabu auch hier wieder einige extrem absurde, unberechenbare Ideen präsentiert, aber leider fehlte ein wenig das melancholische Gegenstück. Konnte man die früheren Filme mehr oder weniger Tragikomödien nennen, die gerade aus dieser Mischung ihren besonderen Reiz zogen, ist das hier nur noch reine Komödie. Die aktierenden Jungspunde können dann eh nicht so viel Emotionen transportieren wie ein Shinichi Tsutsumi oder Susumu Terajima. Kein Meisterstück, aber meinen Spaß habe ich gehabt.
#565
Geschrieben 03. August 2007, 23:37
Jugoslawien 1976 Regie: Krsto Papić
"Lieber Freund, Sie haben zu viel Fantasie." Meta-Dialogzeile
Während einer Wirtschaftskrise fliegt der Schriftsteller Gajski aus seiner Wohnung. Niemand möchte seinen düsteren Roman über eine Epidemie veröffentlichen und so kann er weder Miete noch Essen bezahlen, sondern muß sein letzes Hab und Gut in der Form von vier Büchern auf dem Markt verkaufen. Als er auf einer Parkbank schlafen will, trifft er einen ehemaligen Nachbarn, der ihm einen gemütlicheren Schlafplatz besorgt: Ein leerstehendes Bankgebäude. Dort wird Gajski in der Nacht Zeuge einer verschwörerischen Versammlung, die in Saus und Braus feiert. Kurze Zeit später stellt er fest, daß es sich bei diesen Personen um Ratten handelt, die menschliche Gestalt angenommen haben...
Es wird sich zwar Mühe gegeben, aber ganz erreicht der Film die fiebrige Atmosphäre der literarischen Vorlage von Alexander Grin nicht. Ist aber nicht weiter schlimm: Alleine schon der außergewöhnliche Plot verhindert jegliche Form der Langeweile. Die Verwendung von Symbolen und Metaphern, die sowohl für als auch gegen das herrschende System sprechen, macht diesen Film in seiner mutigen Subversion Grins Novelle ebenbürtig. Die Verkleidung als funktionierender Horrorfilm hat die Zensoren wohl genarrt, ist aber gleichzeitig so überzeugend geraten, daß man die ganzen politische Konnotationen auch ausblenden kann und trotzdem seinen Spaß hat, wenn man auf außergewöhnliche Geschichten steht. Toll.
#566
Geschrieben 06. August 2007, 22:08
USA 2006 Regie: Jonathan Liebesman
Bis auf ein paar kleinere Abweichungen noch mal der gleiche Film wie Texas Chainsaw Massacre drei Jahre zuvor. Was soll das?
Bearbeitet von pasheko, 06. August 2007, 22:09.
#567
Geschrieben 08. August 2007, 00:22
Italien 1971 Regie: Mario Colucci
Die Ausgangssituation greift als Vorlage Old Dark House auf, in der sich eine Gruppe fremder Menschen wegen eines Unwetters an einem abgelegenem, unheimlichen Ort zusammenfindet. Die Gastgeber sind freilich nicht so bizarr wie Karloff und Thesiger, sondern nur der Hausmeister Joe, der in Ruhe mit seiner schwarzhaarigen Freundin bumsen wollte. Unter den unfreiwilligen Gästen befindet sich neben einem rechtschaffenem Doktor nebst Assistentin und einem sich hassenden Upper Class-Ehepaar auch noch ein Inspektor mit seinem Gehilfen, die gerade den psychopathischen Mörder Spike (Farley Granger, der freilich auch in diesem Film Klavier spielen darf) gefasst haben. Das Haus gehörte einer kürzlich verstorbenen Prominenten, die sich sehr mit dem Okkultem auseinandersetzte. Als die schamlose Ehefrau (Lucia Bosé, später die Bathory in Jorge Graus Version der Geschichte) zum Zeitvertreib eine Séance abhält, wird es zunehmend ungemütlicher...
Giallo mit Horror-Elementen, der über mindestens zwei tolle Szenen verfügt: Die Séance ist dufte und erinnert an Bava, während eine Traumsequenz offensichtlich vom tollen Vorspann der "Night Gallery" inspiriert wurde. Langweilig wird es nie, zudem ist der Score mal wieder fabelhaft, nur am Ende war ich doch enttäuscht, daß es so viele Überlebende und nicht noch mehr tolle Szenen gegeben hat.
#568
Geschrieben 09. August 2007, 23:51
Spanien / GB / Bulgarien 2006 Regie: Nacho Cerdà
Kurz vor ihrem 42. Geburtstag reist die mittlerweile in Amerika lebende Marie nach Rußland, um dort das Erbe ihrer Eltern zu besichtigen, über die sie selbst nach langen Recherchen kaum etwas herausfinden konnte. Der Hof, inmitten eines riesigen Waldgebiets und von der Außenwelt so gut wie abgeschnitten, war dann auch seit 40 Jahren unbewohnt. So sieht es jedenfalls aus...
Nach seiner Exposition wird The Abandoned schon bald zu einem nervenstrapazierenden Ritt mit nur kurzen Verschnaufpausen. Die Locations gehören zum verfallendsten-unheimlichsten, was mir in letzter Zeit begegnet ist. (Stehen aber wahrscheinlch eher in Bulgarien als in Rußland.) Das Drehbuch, das der Regisseur zusammen mit Karim Hussain und Richard Stanley verfasste, überschlägt sich zum Ende hin förmlich und baut neben vielen cleveren Details sogar seine eigene Erzählstruktur als Handlungselement ein. Ob das grandiose Sound-Design zuhause genauso brachial wirkt wie im Kino, muß man allerdings abwarten. Dürfte aber auch so eine äußerst ungemütliche Angelegenheit sein.
#569
Geschrieben 10. August 2007, 00:30
USA 2007 Regie: James Wan
Wans Film verwendet das Motiv der dämonischen Bauchrednerpuppe, bekannt aus britischen Beispielen wie Dead of Night oder The Devil Doll sowie mehreren "Twilight Zone"-Folgen, und vermischt es mit einer ebenso klassischen Rache-aus-dem Grab-Geschichte. Schon zu Beginn wird mit der Verwendung eines alten Universal-Logos klar, daß der Film als Hommage an Horrorklassiker verstanden werden will. Ein altes RKO-Logo wäre da schon fast passender gewesen, wird doch, wie auch schon der Titel andeutet, das Mittel der Stille effektiv zur Spannungsgestaltung benutzt, wie schon in den Lewton-Filmen. Bus-Effekte kommen freilich auch drin vor, aber die gehören mittlerweile ja schon zum Standard. Schön auch die in blassen Farben gefilmten American Gothic-Locations und einige stilistische Spielereien, die aber nie zu aufdringlich werden, wie der gesamte Film sich angenehm zurückhaltend gibt. Ein Plot-Twist darf zwar nicht fehlen, aber auch dieser ist erfrischend originell und ich habe ihn nicht kommen sehen. Respekt, so was hatte ich nach dem mittelmäßigen Saw von dem Regisseur nicht erwartet.
#570
Geschrieben 11. August 2007, 00:29
Rußland 2007 Regie: Pavel Ruminov
Ein Feuerwerk an verpaßten Gelegenheiten. Mehrmals habe ich bei der Sichtung gedacht: Ah, wenn dieser Aspekt weiter ausgebaut wird, könnte das interessant werden. Aber es passierte nie, sondern es wurde sich konsequent in Konventionen verheddert. Da waren zum einen die tristen Wohnsilos, in denen die Protagonisten hausten: Zwar durch Zahlencode an der Eingangstür geschützt, im Inneren aber keineswegs besonders attraktiv. Statt diese Locations mit ein paar Totalen für eine einem Geisterfilm nicht schadende Atmosphäre zu nutzen, wird hauptsächlich mit der Handkamera dran vorbeigewackelt. Es gab auch die Option, typisch russischen Humor einzubinden: Die Hauptfiguren dürfen drei Tage lang nichts Böses tun, da sie sonst von den toten Töchtern geholt werden, was sie in ihren dem neuen Kapitalismus verpflichteten Jobs in ein paar Schwierigkeiten stürzt, aber auch dies wird nur kurz angerissen und dann wieder verworfen. Und dann das Finale (ja, im folgenden Satz wird gespoilert): Es bringt auch nichts, zwei interessant-bizarre Todesfälle zu zeigen, wenn sie mit zwei anderen, die eher albern wirken, parallel montiert sind. Vor allem wäre auch eine stringentere Erzählstruktur zu wünschen gewesen, denn im mittleren Drittel wird die Geschichte kaum voran gebracht, so daß das Ganze sich viel zu sehr in die Länge zieht. Schade drum, denn interessante Ideen und innovative Ansätze waren durchaus zu spüren.
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