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Kurzkommentare Februar 2014 - Filmforen.de - Seite 2

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Kurzkommentare Februar 2014

dann leg mal los wowie aus der Hüfte geschossen die schnelle Nummer

159 Antworten in diesem Thema

#31 sicomastik

    Schlundforscher

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Geschrieben 06. Februar 2014, 15:34

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 06. Februar 2014, 09:16:

The Prisoner of Shark Island

Filmisch top in seiner Exegese des Monte Christo Genres. Allein, die historischen Elemente erscheinen mir moralisch fragwürdig. Kein Wort wird zu den anderen Angeklagten verloren, die haben wohl ihre Strafe verdient. Dabei wird impliziert, daß sie auch nur zufällig mit Lincolns Attentäter in Berührung kamen. Aber die waren auch kein Südstaatendoktor und Landbesitzer. Auch der Sklavereiaspekt wird mehr als unangenehm regurgiert, wobei ich das noch der Entstehungszeit zugestehen würde.
Ach ja, und sehr verwirrend war für mich der Musikeinsatz. Ich weiß nicht, was das Leitmotiv für John Ford bedeutet hat, für mich war die Melodie nur "O Tannenbaum".

Wie so oft ist Ford wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Dass Ford sich nicht genauer mit den anderen Angeklagten beschäftigt liegt daran, dass es ihm nicht um die Lincoln-Verschwörung an sich ging oder genauer historischer Nachzeichnung, sondern um die Darstellung der Folgen, die sich für eine historisch-synthetische Figur wie die des Samuel Mudd ergeben. Die Vorgehensweise, historische Ereignisse als Aufhänger zu verwenden, sie in das eigene Erzähl-Universum zu transformieren und so tiefere Einblicke in geschichtliche Zusammenhänge zu ermöglichen als es durch rein nacherzählende Bio-Pics oder Geschichtsbücher möglich wäre, setzt Ford in seinem gesamten Schaffen ein. Am Beispielhaftesten wohl in DER JUNGE MR. LINCOLN, der bei Insidern so viel Begeisterung auslöste, dass Eisenstein ihn als wichtigsten Film aller Zeiten bezeichnete. Die schnelle Verurteilung der anderen Angeklagten ist eine Kritik am Klima der Hysterie, die aufkommt, wenn man überall Verschwörung wittert. Ein Beweis, dass sich auch die viel gepriesenen Vereinigten Staaten von Amerika in ein totalitäres System mit Schauprozessen verwandeln können. Einer der Punkte, warum Produzent Zanuck den Film nicht mochte, da er klare Schuldzuweisungen wollte, denn sonst könne ja der Eindruck entstehen, da seien Unschuldige verurteilt worden. Doch ich habe noch nicht einen Film Fords gesehen, wo es je eine klare Schuldzuweisung gegeben hätte. Bei ihm gibt es keine eindeutig Schuldigen, auf die der Zuschauer seine Ablehnungsgefühle projizieren soll.

Weiterer Problempunkt war die Hauptfigur und der Verlauf ihres Schicksals. Anders als es die Konvention vorsieht, geht es weder um ein Reinwaschen der Hauptfigur auf juristischer Ebene, noch um eine Verfolgungsjagd à la Hitchcock, sondern darum, seine Fähigkeiten weiter für das Wohl der Gemeinschaft einzusetzen. Der Einblick, den Ford uns in die Zeit der 1860er Jahre ermöglicht, übersteigt jede Darstellung, wie wir sie aus politisch korrektem Gut-Mensch-Film-Müll erhalten. Schwarze, z.T. ehemalige Sklaven, bewachen jetzt auf Shark Island weiße Gefangene. Das löste damals auch im Norden Entrüstung aus, sowie auch bei Produzent Zanuck, dem dies einfach viel zu unangenehm realistisch war. Denn Ford zeichnet sie nicht als Harvard-Absolventen oder musisch Begnadete, wie wir das von heute kennen, sondern als Menschen ohne Schulbildung, die durch die jahrhundertelange Unterdrückung des weißen Mannes schnell in Angst zu versetzen sind. Infolgedessen ist es nicht nur nachvollziehbar, sondern realitätsnah, dass sie beim Ausbruch der Epidemie auf Shark Island, bei der zunächst nur die Weißen betroffen sind, annehmen, das habe etwas mit der Hautfarbe und Geistern zu tun. Hier ist es nun die Aufgabe Samuel Mudds, der alle Widersprüche in sich zu vereinen scheint, mit ihnen in Kontakt zu treten. Er ist ein Südstaatler, er ist mit dafür verantwortlich, dass die Schwarzen unterdrückt wurden, also muss auch er die Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig kennt er sich durch die selbst verursachten Aberglaubenstrukturen der ehemaligen Sklaven am besten mit ihnen aus und kann ihr Vertrauen gewinnen. Es ist seine Pflicht dies zu tun (eines von Fords Leitmotiven), auch wenn es ihn ausbrennt.

Und so zeigt Ford uns die Hauptfigur am Ende ausgemergelt und um 1000 Jahre gealtert in der letzten Einstellung (Zanuck stand Kopf) unterläuft damit das klassische Happy End und hat doch alles drin, was dafür nötig ist. In der gleichen Einstellung umarmt Mudds ehemaliger Sklave, Buck, glücklich seine Familie und hat damit die erste Schlusseinstellung einer schwarzen Familie in einem nicht des Black Cinema zugehörigen Hollywoodfilms überhaupt. Dies machte Ford mit einem geschickten Schwenk, so dass es Zanuck gar nicht auffiel und Ford das System einmal mehr komplett unterwanderte. Hier habt ihr eure glückliche Familie. Dass die Hauptfigur völlig zerstört war, ging durch das geschickte Affektempfinden, wenn man in der letzten Einstellung glückliche Menschen sieht, völlig unter. Ein Geniestreich.

Die Melodie von Oh, Tannenbaum wird übrigens auch für die Hymne Oh, Maryland verwendet. DEM Staat auf der Mason-Dixon-Linie, welcher historisch für die hochgradige Ambivalenz des weißen Amerikas steht, Schwarzen nun die Freiheit zu geben oder nicht. Das Ying und Yang des Sezessionskrieges. Ein Samuel Mudd wandert auf dieser Linie und muss sich klar machen, dass sein Schicksal unwichtig geworden ist, wenn das Land weiter voranschreiten möchte, um wirklich allen die Freiheit zu geben. Dieses Motiv lässt sich bei Ford immer wieder finden. Am Berühmtesten wohl bei DER SCHWARZE FALKE, wo es dann endgültig jeglichem Heroismus beraubt wird. Und wie wenig Ford seinen Mudd zum Schluss abfeiert, merkt man an dem schnellen Schwenk zu Buck (übrigens von Ford persönlich und mit Ernest Whitman mit einem der bedeutendsten schwarzen Charakterdarsteller im amerikanischen Hollywoodkino der 1930er Jahre besetzt) und seiner Familie.

#32 Settembrini

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Geschrieben 06. Februar 2014, 17:10

Ganz wunderbare Ausführungen zu diesem speziellen Ford-Film (den ich freilich nicht kenne) und zu Fords Werk generell. Besonders gern stimme ich der Bemerkung zu, daß es bei Ford keine eindeutig Schuldigen gibt, das deckt sich genau mit meinen eigenen Ford-Erfahrungen.


wowie, was genau willst Du wissen? Wie ich Malicks Filme sehe, oder was? Das wesentliche steht in meinem Filmtagebuch-Text zu "The Tree of Life": einerseits als so eine Art visuelle Meditationen über den Menschen generell und seinen Platz in dem ihn umgebenden Kosmos (und gerade in diesem Verhältnis gibt es eine schwere Disharmonie in "The Thin Red Line", aber auch wieder in "The New World", in dem die neue Welt von der alten nicht nur entdeckt, sondern auch zunehmend plattgemacht wird, und die moderne Zivilisation mit ihren vermeintlichen Segnungen erweist sich dann eher als eine Art von Käfig), zum anderen aber auch als filmische Variante eines Bewußtseinsstroms - und ich finde eben sowohl das eine als auch das eine ausgesprochen interessant ("To the Wonder" mal weggerechnet...).


Nun zu einer eigenen Filmsichtung:

Fantomas - Im Schatten der Guillotine
ist ein interessantes Werk aus der Frühgeschichte des Films. Die Grundstimmung des Films ist eine ganz andere als die in den populären Fantomas-Komödien der 60er, deutlich düsterer. Sehr hübsch fand ich das Detail mit den Visitenkarten, aber auch sonst lassen sich schon viele Elemente entdecken, die in späteren Filmen, die von (Super-)Verbrechern handeln, aufgegriffen und weiterentwickelt wurden (Verkleidungen und das Schlüpfen in andere Identitäten). Ich wüßte gern, ob Fritz Lang die frühen Fantomas-Filme kannte - es kommt mir zumindest sehr wahrscheinlich vor.

#33 sicomastik

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Geschrieben 06. Februar 2014, 17:19

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 06. Februar 2014, 17:10:

Fantomas - Im Schatten der Guillotine
ist ein interessantes Werk aus der Frühgeschichte des Films. Die Grundstimmung des Films ist eine ganz andere als die in populären Fantomas-Komödien der 60er, deutlich düsterer. Sehr hübsch fand ich das Detail mit den Visitenkarten, aber auch sonst lassen sich schon viele Elemente entdecken, die in späteren Filmen, die von (Super-)Verbrechern handeln, aufgegriffen und weiterentwickelt wurden (Verkleidungen und das Schlüpfen in andere Identitäten). Ich wüßte gern, ob Fritz Lang die frühen Fantomas-Filme kannte - es kommt mir zumindest sehr wahrscheinlich vor.

Gut erkannt, das gilt sogar als filmhistorischer Fakt, dass Lang, Murnau, Wegener und sogar Hitchcock von Feuillades Stil beeinflusst wurden, trotz der Ablehnung, die er durch die Impressionisten erfuhr.

#34 The Critic

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Geschrieben 06. Februar 2014, 20:21

Exzellent. Auf so eine kleine Ford-Exegese hatte ich insgeheim gehofft, wußte aber nicht, ob Du zur Zeit den Nerv hast, hier reinzuschauen.

Leider kann ich wenig Sinnvolles beitragen, da ich zum einen wenig Ford-Filme kenne und zum anderen diese mir fremd bleiben. Die gesamte emotionale Ebene seiner Filme ist mir nicht wirklich nachvollziehbar.

Hier zum Beispiel: Warum exemplifiziert er seinen Diskurs an einem Doktor, der qua seines Status' schon eine gewisse Unschuldsvermutung in sich trägt? Wären die anderen Angeklagten nicht bessere Träger des Filmes gewesen, da man erst mal seine Vorurteile hätte überwinden müssen?
Oder der Umgang mit der Sklaverei - ein Weißer predigt den Schwarzen die neue Freiheit, aber sie jagen ihn lieber vom Hof, weil der Doktor so ein knorker Typ ist (noch dazu: der weiße Aufwiegler scheint primär von Neid getrieben zu sein. Warum?) All dies entfremdet mich von dem Film und so war es bisher stets mit Ford-Filmen. Tja.

Groß fand ich dagegen die Darstellung der Mob-Gerichtsbarkeit, von der sich imho bis heute kaum ein Land befreien konnte, und die gesamte Handlung auf der Haifischinsel. Letztere ist extrem dicht und packend inszeniert und die Figur des Gefängnisaufsehers ist beängstigend allein schon durch die Bildgestaltung.

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#35 sicomastik

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Geschrieben 06. Februar 2014, 20:35

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 06. Februar 2014, 20:21:

Hier zum Beispiel: Warum exemplifiziert er seinen Diskurs an einem Doktor, der qua seines Status' schon eine gewisse Unschuldsvermutung in sich trägt? Wären die anderen Angeklagten nicht bessere Träger des Filmes gewesen, da man erst mal seine Vorurteile hätte überwinden müssen?
Weil wir das Jahr 1936 schreiben und das Massenpublikum bereits mit dieser Figur überfordert war. Der Film war ein kommerzieller Misserfolg und wurde von der damaligen Kritik eher negativ aufgenommen. Gleichzeitig zeigt sich in der Figur des Doktors die typische Ambivalenz und Gratwanderung sämtlicher Ford-Figuren. Genau so jemand, ein Arzt aus den Südstaaten, ist prädestiniert, den Lincoln-Attentätern zu helfen. Sein "Arzt-Sein" macht ihn verdächtig, obwohl er es nur als seine Pflicht sah zu helfen. Jetzt muss er diese Pflicht erweitern, ob es ihm passt oder nicht. Selbst ob er schuldig ist, spielt dabei keine Rolle mehr.

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 06. Februar 2014, 20:21:

Oder der Umgang mit der Sklaverei - ein Weißer predigt den Schwarzen die neue Freiheit, aber sie jagen ihn lieber vom Hof, weil der Doktor so ein knorker Typ ist (noch dazu: der weiße Aufwiegler scheint primär von Neid getrieben zu sein. Warum?)
Das war nun leider historische Realität. Viele Schwarze, zumindest die aus dem Süden, ließen sich nach dem Ende der Sklaverei schnell wieder in andere Herrschaftsverhältnisse einfügen, als sich mit abstrakten Begriffen wie denen der Freiheit auseinanderzusetzen. Eben deswegen trägt Mudd plötzlich eine solche Verantwortung, die ihn auch selbst reifen lässt, jenseits reiner "Massa-Strukturen".

#36 The Critic

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Geschrieben 06. Februar 2014, 20:43

Beitrag anzeigensicomastik sagte am 06. Februar 2014, 20:35:

Genau so jemand, ein Arzt aus den Südstaaten, ist prädestiniert, den Lincoln-Attentätern zu helfen. Sein "Arzt-Sein" macht ihn verdächtig, obwohl er es nur als seine Pflicht sah zu helfen.

Ah, ja klar. Das kam mir gar nicht in den Sinn, weil er mir vom Film nie als jemand präsentiert wird, der auch nur ansatzweise etwas mit dem Attentat zu tun haben könnte. Aber so gesehen ist das natürlich schlüssig.

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#37 sicomastik

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Geschrieben 06. Februar 2014, 21:19

Beitrag anzeigenThe Critic sagte am 06. Februar 2014, 20:21:

(noch dazu: der weiße Aufwiegler scheint primär von Neid getrieben zu sein. Warum?)
Das ist interessant genug, um noch etwas dazu zu sagen. Ford thematisierte gerne das Aufeinanderprallen von Nord und Süd, weil der progressive Norden oft das Gefühl hatte, am bornierten aber stolzen Süden zu scheitern. Dieser Stolz faszinierte Ford (überzeugter Demokrat und fanatischer Lincoln-Anhänger) in vielen seiner Filme. Vielleicht nimmt er seine Südstaatenfiguren deswegen so gerne in die Verantwortung. Besonders faszinierend bei JUDGE PRIEST (1934), wo er Will Rogers, den erfolgreichsten Vollblut-Indianer (Cherokee) der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf Bühne und im Film (ein Stand-Up-Comedian- und Unterhaltungsgenie), als weisen Südstaatenrichter inszenierte. Ford hat mit Rogers seine drei wichtigsten Filme gedreht und hätte ihn seiner Stock-Company einverleibt, wäre dieser nicht so früh gestorben. Ford hat das Ganze übrigens 20 Jahre später noch mal in WEM DIE SONNE LACHT thematisiert.

#38 Short Cut

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Geschrieben 07. Februar 2014, 12:36

Zitat

Sehr hübsch fand ich das Detail mit den Visitenkarten, aber auch sonst lassen sich schon viele Elemente entdecken, die in späteren Filmen, die von (Super-)Verbrechern handeln, aufgegriffen und weiterentwickelt wurden (Verkleidungen und das Schlüpfen in andere Identitäten). Ich wüßte gern, ob Fritz Lang die frühen Fantomas-Filme kannte - es kommt mir zumindest sehr wahrscheinlich vor.

Ist ja ulkig. Da schwärmte gestern Abend auch n Kumpel von mir und wir kamen dann schnell auf das Thema der Inserts in dem Film bzw. das mein Bekannter auch sagte, dass der Film nen enormen Einfluss ausgeübt haben muss.
Jeder Film schreibt Geschichte. Um Filmgeschichte zu verstehen muss man Film immer im geschichtlichen und natürlich im Genrespezifischen Kontext sehen. So ist das und nicht anders.

#39 wowie

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Geschrieben 07. Februar 2014, 12:37

Settimbrini, finde nicht das sich das widersprechen muss. Mich stört ja gerade das bilderGEDICHT, also die FÜR MICH unpräzise/umständliche gedichtform/der bewusstseinsstrom.
Insofern umständlich, als das ich die dialoge und bilder nicht eingänglich finde sondern recht subjektiv und vielsagend. Ich bin sicher das es subjekte gibt, die das interessant finden ;)
Ich kann deiner bewertung also in keinster weise widersprechen :)
ich hab gehofft es gäbe noch einen anderen zugang. So muss ich halt versuchen meine erwartungen zu verändern.
http://www.avaaz.org/ --- "the world in action" --- https://www.campact.de/ --- "Demokratie in Aktion"

#40 Settembrini

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Geschrieben 07. Februar 2014, 17:37

Dressed to kill
Wenn von Brian de Palma gesprochen wird, ist fast immer auch gleich von Hitchcock die Rede. Nun ist der Hitchcock-Einfluß bei de Palma freilich auch nicht in allen Filmen gleich stark ausgeprägt; von denen, die ich bisher gesehen habe, ist er in Dressed to Kill bei weitem am deutlichsten, denn man kann den Film durchaus als eine Hommage an Psycho bezeichnen. Dabei ist er aber durchaus raffiniert (und eben auch eigenständig, so deutlich das Vorbild auch erkennbar ist) und sorgt für ein hohes Maß an Spannung; daß die Geschichte eigentlich ziemlich an den Haaren herbeigezogen ist, fällt einem dank de Palmas guter Inszenierung zumindest nicht während des Films auf, sondern erst hinterher. (Ach ja, und in meiner langjährigen Aversion gegen Fahrstühle fühle ich mich durchaus bestätigt...)

#41 The Critic

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Geschrieben 08. Februar 2014, 03:58

Der Schocker

Man sieht Annie Girardots Brüste und Alain Delons Schniedelwutz. Die sozialkritische Komponente und die Spannung des Filmes leiden dummerweise massiv darunter, daß man recht früh weiß, wie der Hase läuft.
Aber: Hätten Sie gewußt, daß Alain Delon noch lebt?

School for Scoundrels

Altbackener Humor, der mich verzweifeln hätte lassen, wenn, ja wenn nicht der gute Terry-Zahnlücken-Thomas die Sache rausgerissen hätte. Ich frage mich gerade, warum er nie bei Mit Schirm, Charme und Melone eingesetzt wurde. Eklatante Fehlentscheidung, deucht mich.

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#42 The Critic

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Geschrieben 08. Februar 2014, 14:16

Der Diener

Es brodelt in den wohlkonstruierten Bildern kurz nach der konventionell wirkenden Eröffnung. Aber wenn wir Bogarde bei seinem Bier sitzen sehen, obwohl er noch kurz zuvor dem Hausherrn versichert hat, daß er nie trinke, wissen wir, daß hier einiges im Argen liegt. Die britische Klassenspannungen sind's, die übrigens heute keinen Deut anders ausfallen. Aufgeladen wird das Ganze noch mit sexueller Ambivalenz, das Herr-Diener-Gespann wirkt teilweise wie ein altes Ehepaar. Gen Ende hin verliert die Entwicklung etwas an Durchschlagkraft, aber die Charaktere verlieren sich schließlich auch in der Ungewißheit ihrer Stellung. Deutlich konziser ausgefallen als Losey's im gleichen Jahr entstandener Hammer-Film The Damned.

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#43 Settembrini

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Geschrieben 08. Februar 2014, 18:35

Ich habe heute nicht "Sunrise" gesehen, weil es zwar Restkarten gab - aber es waren eben nicht genug. Zum Glück hatte ich einen Plan B und habe mir statt dessen das herrliche Mosaik von Lod im Alten Museum angesehen (das in unmittelbarer Nähe vom Zeughauskino liegt) - und das war der etwas unfilmische Auftakt meiner Berlinale 2014...

#44 Smergo

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Geschrieben 09. Februar 2014, 09:56

La nuit fantastique
(Frankreich 1942, Marcel L'Herbier)

Feine Komödie, die sehr einfallsreich eine Traumatmosphäre schafft, ohne zu sehr ins Surreale abzudriften. Dramaturgisch vielleicht ein bisschen träge, dafür wunderschön anzuschauen.

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#45 Antoine Doinel

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Geschrieben 09. Februar 2014, 12:36

Die Wand Julian Pölsler

Gesehen habe ich den Film nicht im Kino, sondern in der Wiener Hauptbücherei mit anschließenden Gespräch mit dem Regisseur. Eine Frau (die großartige Martina Gedeck) wird in den oberösterreichischen Alpen (bei Gosau imSalzkammergut) durch eine unsichtbare Wand von der Außenwelt isoliert. Auf sich alleine gestellt, einzig mit einigen Tieren als Gesellschaft, versucht sie zu überleben. Es gibt also keine Dialoge, statt dessen wird fast pausenlos aus dem gleichnamigen Roman von Marlen Haushofer vorgelesen. Es handelt sich hier um eine sehr konservative Literaturverfilmung die vor allem dem Buch dienen möchte und die Literaturtaliban(das steht so nicht im Buch!) wohl befriedigt. Dazu passt auch, dass eine Zuschauerin nach der Vorstellung meinte dass sie erstmals mit der Verfilmung eines ihr geschätzten Buches voll und ganz zufrieden sei. Und auch Pölslers Aussage, wie sehr es ihm freue, dass der Roman aufgrund des Filmes in einigen Länder erstmals erschienen ist, bzw. wieder aufgelegt wurde, passt zu diesem Bild. Der Film hat die in ihm gesetzten Erwartungen bei weitem übertroffen, hatte in Ö und D ordentliche Zuschauerzahlen, und kam auch in vielen anderen Ländern recht erfolgreich in die Kinos. Pölsler arbeitet schon an die Wand 2 (eine weitere Haushofer-Verfilmung)
und ist sichtbar glücklich, spät aber doch es vom Fernsehen ins Kino geschafft zu haben.
Obwohl der Film das genaue Gegenteil von dem ist, was ich von einem Film der auf einem Roman basiert erwarte, fand ich ihn durchaus sehenswert, wenn auch vielleicht etwas zu betulich. Das liegt an
der unglaublich schönen Bilder einer unglaublich schönen Gegend, und vor allem daran, weil
ich das Gefühl hatte, dass der doch Film doch weit mehr ist, als ein bebildertes Hörbuch.

#46 Antoine Doinel

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Geschrieben 09. Februar 2014, 13:10

Le Passe' OmU Asghar Farhadi

Mein erster aktueller Kinofilm dieses Jahres. Wie Uberto, der mir den Film empfohlen hat, konnte mich
dieses Beziehungsdrama begeistern. Es ist spannend und kurzweilig wie ein Krimi, mit dem Unterschied
dass am Ende nicht der Täter(den es hier in dieser Form gar nicht gibt) entlarvt wird und sich
deshalb sich nicht alles in Wohlgefallen auflöst. Ganz großartig sind dabei die drei Hauptdarsteller,
und die Kinder stehen ihnen kaum nach.




#47 Settembrini

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Geschrieben 09. Februar 2014, 13:18

An Die Wand kann ich mich noch lebhaft erinnern. Den habe ich vor zwei Jahren zusammen mit Gerngucker bei der Berlinale gesehen, und Gerngucker meinte sehr treffend noch dem Film: "Martina Gedeck liest Die Wand." Das war auch genau mein Eindruck: der einer bebilderten Dichterinnenlesung, und obwohl die Bilder von großer Schönheit sind, muß ich doch gestehen, daß ich nach einer Weile sehr davon genervt war. (Dabei bin ich zwar durchaus ein Liebhaber von Literaturverfilmungen, die dicht an ihrer Vorlage dranbleiben (wenn es eine gute Vorlage ist), aber daß man ganze Seiten des Buchs aus dem Off hört, verstehe ich eigentlich nicht darunter...)

#48 Antoine Doinel

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Geschrieben 09. Februar 2014, 13:44

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 04. Februar 2014, 17:25:



@Antoine: Polanski filmisch äußerst konservativ und damit das absolute Gegenteil von Hitchcock? Das halte ich für eine sehr gewagte Aussage, in jeder Beziehung.

Diese Aussage ist ähnlich gewagt wie "die Erde dreht sich um die Sonne". Und dass dir zu the Birds zuerst Spezialeffekte
einfallen kann ich auch nicht nachvollziehen. Das ist u.v.a. auch ein hochbudgetierter Hollywoodfilm der auf traditionelle
Filmmusik verzichtet und stattdessen auf elektronisch erzeugte Vogelgeräusche setzt. Und auch die Handlung passt so
überhaupt nicht in das Tierhorrorgenre weil es am Ende keine Erlösung gibt, weil die Vögel ein surreales
Element darstellen. Rope, der ausschließlich in Plansequenzen gedreht wurde, Rear Window der nicht nur ein
Praxistest für den Kuleschoweffekt ist, sondern eine Metapher für das Kino an sich. Diese Liste ließe sich noch
unendlich fortsetzen. Nicht umsonst gilt Hitchcock als der größte Erfinder filmischer Formen seit den Filmpionieren.
Wenn man davon absieht, dass die Trennung zwischen Form und Inhalt gerade bei Hitchcock sinnlos ist,
möchte ich noch erwähnen, dass Hitchcocks Filme mehr mentale Bilder liefert als eine konventionelle
Handlung. Der Vergleich zwischen Hitchcock und Polanski ist geradezu unfair, und dies nicht nur weil
sie verschiedenen Generationen angehören.




#49 Keitel

    Gestern war Gestern – Heute beginnt die Zukunft!

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Geschrieben 09. Februar 2014, 14:32

Beitrag anzeigenAntoine Doinel sagte am 09. Februar 2014, 13:10:

Le Passe' OmU Asghar Farhadi
Wie Uberto, der mir den Film empfohlen hat, konnte mich
dieses Beziehungsdrama begeistern.
Wer ist Uberto? Er soll mir bitte auch Filme empfehlen! :D
Le Passe ist zwar kein perfekter Film wie Nader und Simin, er konnte mich aber auch begeistern. Ich wünsche mir trotzdem, daß Farhadi mit seinem nächsten Projekt kein Familiendrama mehr inszeniert (nachdem anscheinend alle seine Filme (ich kenne nur die letzten Vier) Familiendramen sind). Da er ein überzeugter Humanist ist, wird er wahrscheinlich nie einen Film mit (krasser) Gewaltdarstellung produzieren.
"Halt! Wer trabt so spät durch Nacht und Wind ?" - "Ich habe den Sachsen das Angeln beigebracht. Seitdem heissen sie Angelsachsen!" - "Ich bin der König aller Angler!"

#50 Ubaldo Terzani

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Geschrieben 09. Februar 2014, 16:38

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#51 The Critic

    Mad rabbits, mad world

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Geschrieben 09. Februar 2014, 20:57

The sex of angels

Bei der Sichtung war ich nicht so begeistert. Drei reiche Schnallen, die aber kein Geld haben, gabeln einen jungen Stecher auf und schippern mit ihm über die Meere. Ziel der Reise unklar, Ziel des Filmes ebenso. Dann nimmt man Drogen und dem Jungen ist nicht mehr so richtig nach Sex zumute. Für ein Drama bleibt zuviel im Unklaren, für ein Softpörnchen ist nicht genug nackte Haut zu sehen. Doch: Im Nachhinein schwingen die Bilder erstaunlicherweise nach und die schwebende Atmosphäre des Streifens klingt in einem nach. Schön.

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#52 The Critic

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Geschrieben 09. Februar 2014, 21:29

Seance on a Wet Afternoon

Ein Medium und ihr willensschwacher Mann haben wohl vor, ein Kind zu entführen. Schnell merkt man, daß es einige Risse in den Geschichten gibt, die beide vor sich hertragen. Auch die Motivation für die Entführung scheint mehr und mehr fragwürdig. Bryan Forbes, der später die Stepford Wives so beängstigend in Szene setzte, hat hier den Bogen raus, zwischen metaphysischem Drama, Psychosenstudie und packendem Krimi zu pendeln, ohne daß ein Element das andere beeinträchtigen würde. Richard Attenborough ist ein glaubwürdiger Pantoffelheld, der sich für die Liebe seiner Frau leider zu neuen Höhen aufschwingt, und von der fabelhaften Kim Stanley gibt es eh viel zu wenig Filme. Nicht nur an verregneten Sonntagnachmittagen zu empfehlen.

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#53 Antoine Doinel

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Geschrieben 10. Februar 2014, 13:42

Beitrag anzeigenKeitel sagte am 09. Februar 2014, 14:32:


Wer ist Uberto? Er soll mir bitte auch Filme empfehlen! :D
Le Passe ist zwar kein perfekter Film wie Nader und Simin, er konnte mich aber auch begeistern. Ich wünsche mir trotzdem, daß Farhadi mit seinem nächsten Projekt kein Familiendrama mehr inszeniert (nachdem anscheinend alle seine Filme (ich kenne nur die letzten Vier) Familiendramen sind). Da er ein überzeugter Humanist ist, wird er wahrscheinlich nie einen Film mit (krasser) Gewaltdarstellung produzieren.

Ich hoffe, Ubaldo verzeiht mir...

Ich kenne ja nur diesen Film von Farhardi, aber es gibt bei Autorenfilmern die Gefahr, dass die einen Film immer wieder
drehen, die dann oft noch immer seichter werden.





#54 Ubaldo Terzani

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Geschrieben 11. Februar 2014, 00:39

Beitrag anzeigenAntoine Doinel sagte am 10. Februar 2014, 13:42:

Ich hoffe, Ubaldo verzeiht mir...

;)

#55 Settembrini

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Geschrieben 11. Februar 2014, 13:36

Nymphomaniac Volume I

The Better Angels

Wie ich die Filme fand, verrate ich nicht, da ich wieder einen zusammenfassenden Berlinale-Beitrag im Filmtagebuch zu verfassen beabsichtige, und da ich natürlich will, daß der auch gelesen wird, hülle ich mich vorerst in Schweigen. Ätsch Pustekuchen!

#56 Ubaldo Terzani

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Geschrieben 11. Februar 2014, 23:32

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#57 Settembrini

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Geschrieben 12. Februar 2014, 16:22

Faust - eine deutsche Volkssage

#58 Antoine Doinel

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Geschrieben 13. Februar 2014, 15:44

Beitrag anzeigenSettembrini sagte am 12. Februar 2014, 16:22:

Faust - eine deutsche Volkssage

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube...

#59 Smergo

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Geschrieben 13. Februar 2014, 16:48

The Leopard Man (USA 1943, Jacques Tourneur)

Endlich mal die Val Lewton-DVD-Box aufgerissen. Der Film ist gut, da der Film nicht nur aus seinen Spannungsmomenten sehr viel (besonders für das Budget) herausholt, sondern auch mit einer Auflösung aufwartet, die zumindest ich so nicht kommen sah. Außerdem werden manchen Figuren interessanter und tiefer gezeichnet, als anfangs erwartet (basierend auf einer Vorlage von Cornell Woolrich - vielleicht deswegen?). Etwa die Tänzerin Clo-Clo, eingeführt nur als Konkurrentin der weiblichen Hauptfigur, die für einen Teil des Films ins Zentrum rückt, und als vielschichtige Frau mit realweltlichen Problemen (ein Kind, kein Geld) dargestellt wird.

#60 The Critic

    Mad rabbits, mad world

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Geschrieben 13. Februar 2014, 19:53

Beitrag anzeigenAntoine Doinel sagte am 13. Februar 2014, 15:44:

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube...

Zitat oder Filmkritik?

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