Cinecittà Babylon - zur Originalsprache im Film
#1
Geschrieben 26. Mai 2014, 18:13
schrie ein Mann voll Ärger in Richtung eines weiter vorne und damit auch weiter unten sitzenden
Zuschauers, der sich so gar nicht von seinem Handy trennen konnte. Sehr populäre Filme wie der
betreffende, beschert dem Filmmuseum Besucher, die sonst nicht zu den Gästen des Hauses zählen,
und die deshalb auch nicht dessen Gepflogenheiten kennen. Der Ordnungsschrei, der schon
am Anfang des Vorstellung erfolgte, verfehlte aber seine Wirkung nicht. Und folgender Film
wurde da gezeigt:
Il buono, il brutto, il cattivo EF Sergio Leone
Es war erst das zweite mal, und dies nach mehr als zehn Jahren, dass ich den Film sah. Der Film ist
ja ein pikaresker Antiwestern, dessen Handlung, die Suche nach den 200.000 Dollar, nur ein roter
Faden für die div. Szenen ist. Trotz der schelmenhaften Grundstimmung, der spielerischen, eigentlich
schon postmodernen Haltung des Filmes gelingt es Leone daneben
auch eine Vielzahl anderer Stimmungen glaubhaft anklingen zu lassen. Etwa die extreme Anspannung
wenn der "böse" Angel Eye die Familie am Beginn des Filmes heimsucht, oder die unübersehbaren KZ-
Anspielungen, wenn die gefangenen Südstaatler mit ihrer Musik die Schreie des Gefolterten überdecken
müssen u.s.w.
Es ist nicht möglich über diesen Film zu berichten, ohne auf Morricones großartige Musik einzugehen. Beim
Finale, beginnend mit "the Ecstasy of Gold (ich schaue mir oft und gerne auf Youtube eine relativ aktuelle
Konzertversion aus München an) verwandelt sich der Film zu einem Videoclip, wo die Musik gleichberechtigt
mit dem Bild ist.
Es gäbe noch unendlich mehr über diesen Film zu berichten, aber dies ist nicht der richtige Ort dafür,
so möchte ich nur noch erwähnen, dass am Ende der Vorstellung die Zuschauer vor Freude johlten
und applaudierten. Der Film ist schon seit langer Zeit ein fixer Bestandteil der Populärkultur,
es brauchte weit länger ihn als wichtiges Filmkunstwerk zu kanonisieren.
#2
Geschrieben 27. Mai 2014, 17:59
Ich verstehe nicht ganz, warum bei den Leone-Western die englische Version als das Original gilt,
während bei Filmen wie zum Beispiel Il gattopardo oder Novecento trotz vieler fremdsprachiger
Schauspieler(Burt Lancaster, Alain Delon, Sterling Hayden, Donald Sutherland Robert DeNiro u.s.w) selbstverständlich und richtigerweise die italienische Version das Original ist. Die dreistündige englische Version von il buono, il brutto, il cattivo die ich gesehen habe, und die eine Annäherung an Leones
Original darstellt, wurde erst 2003 geschaffen. Die neu eingefügten Szenen mussten nachträglich
synchronisiert werden, denn es wurde ja ohne Ton gedreht, was dazu führte, dass Clint Eastwood und Elli Wallach 37 Jahre nach den Dreharbeiten nochmals in die Rolle von Blondie und Tuco schlüpften. Und Lee
Van Cleef, der zu diesem Zeitpunkt längst tot war, wurde quasi durch einen Stimmenimitator ersetzt.
#3
Geschrieben 27. Mai 2014, 18:25
Antoine Doinel sagte am 27. Mai 2014, 17:59:
Ich verstehe nicht ganz, warum bei den Leone-Western die englische Version als das Original gilt,
während bei Filmen wie zum Beispiel Il gattopardo oder Novecento trotz vieler fremdsprachiger
Schauspieler(Burt Lancaster, Alain Delon, Sterling Hayden, Donald Sutherland Robert DeNiro u.s.w) selbstverständlich und richtigerweise die italienische Version das Original ist. Die dreistündige englische Version von il buono, il brutto, il cattivo die ich gesehen habe, und die eine Annäherung an Leones
Original darstellt, wurde erst 2003 geschaffen. Die neu eingefügten Szenen mussten nachträglich
synchronisiert werden, denn es wurde ja ohne Ton gedreht, was dazu führte, dass Clint Eastwood und Elli Wallach 37 Jahre nach den Dreharbeiten nochmals in die Rolle von Blondie und Tuco schlüpften. Und Lee
Van Cleef, der zu diesem Zeitpunkt längst tot war, wurde quasi durch einen Stimmenimitator ersetzt.
Im europäischen Film der sechziger bis achtziger Jahre war derlei Sprachkonfusion an der Tagesordnung. Insofern sind Begriffe wie "Originalversion" und in diesem Zusammenhang auch "selbstverständlich" und "richtigerweise" im Hinblick auf eine wie (und wo) auch immer angegebene Tonfassung (falls du dich auf die imdb beziehst: deren Angaben hinsichtlich der tonalen "Filmsprache" sind sowieso häufig falsch) nicht wirklich zutreffend.
Infolge internationaler Besetzungen, wie eben auch im Falle "Il Buono" musste, wie du ja richtig bemerkst, in sämtlichen Sprachen der späteren Verwertungsländer nachsynchronisiert werden, da es am Set so gut wie nie eine einheitlich gesprochene Sprache gab. Das bezieht sich nur auf US-Darsteller, sondern auch auf deutsch- und französischsprachige, die sich munter die Klinke reichten. Somit gibt es, auch bezüglich der von dir aufgeführten, anderen Beispiele von Visconti und Bertolucci, nicht "die eine", korrekte Tonfassung - allerhöchstens eine Originalsprache, in der das Script erstellt wurde. Wer will aber schon Burt Lancaster italienisch nachsynchronisiert hören? Dann lieber gleich komplett auf deutsch.
#4
Geschrieben 27. Mai 2014, 18:40
Antoine Doinel sagte am 27. Mai 2014, 17:59:
Ich verstehe nicht ganz, warum bei den Leone-Western die englische Version als das Original gilt,
während bei Filmen wie zum Beispiel Il gattopardo oder Novecento trotz vieler fremdsprachiger
Schauspieler(Burt Lancaster, Alain Delon, Sterling Hayden, Donald Sutherland Robert DeNiro u.s.w) selbstverständlich und richtigerweise die italienische Version das Original ist. Die dreistündige englische Version von il buono, il brutto, il cattivo die ich gesehen habe, und die eine Annäherung an Leones
Original darstellt, wurde erst 2003 geschaffen. Die neu eingefügten Szenen mussten nachträglich
synchronisiert werden, denn es wurde ja ohne Ton gedreht, was dazu führte, dass Clint Eastwood und Elli Wallach 37 Jahre nach den Dreharbeiten nochmals in die Rolle von Blondie und Tuco schlüpften. Und Lee
Van Cleef, der zu diesem Zeitpunkt längst tot war, wurde quasi durch einen Stimmenimitator ersetzt.
Kanonisch ist für viele ohnehin die deutsche Synchronisation. Die ist einfach Kult. Zitate wie "Tuco Benedicto Pacifico... auch Schwein genannt", "Shorty ist das. Nein. Nein? Nein.", "Wer schießen will, soll schießen und nicht quatschen" usw. haben mir in der OF überhaupt nicht gefallen. Die erweiterte Fassung fügt im übrigen auch nichts wesentliches hinzu. Habe mir den Film deswegen auch nicht im gestrengen FM angesehen.
#5
Geschrieben 27. Mai 2014, 19:15
Funxton sagte am 27. Mai 2014, 18:25:
Im europäischen Film der sechziger bis achtziger Jahre war derlei Sprachkonfusion an der Tagesordnung. Insofern sind Begriffe wie "Originalversion" und in diesem Zusammenhang auch "selbstverständlich" und "richtigerweise" im Hinblick auf eine wie (und wo) auch immer angegebene Tonfassung (falls du dich auf die imdb beziehst: deren Angaben hinsichtlich der tonalen "Filmsprache" sind sowieso häufig falsch) nicht wirklich zutreffend.
Ich beziehe mich auf die Aufführungspraxis im gestrengen Filmmuseum und anderen Orten, die darauf bestehen, die
Originalfassungen zu zeigen. Und da werden die italienischen Filme selbstverständlich in Italienisch gezeigt, ganz gleich
wie der Cast ausschaut. Alle italienischen Filme? Nein, die Leone-Western nicht, da wird Englisch bevorzugt, was ich
nicht nachvollziehen kann. Es geht mir nicht darum, mal wieder eine ideologische Diskussion Original vs.
Synchronfassung anzuzetteln, aber auch bei Fellini, Visconti und Co ist die italienische Fassung die originale.
weil nur die von den Regisseuren selbst hergestellt wurde, und meiner Meinung nach gilt das auch für Leone.
Ich denke, dass diese Sprachkonfusion besonders für den italienischen Film dieser Zeit gilt. Claude Chabrol meinte
dass der Verzicht der Italiener auf Originalsprache, auf Direktton mitverantwortlich für den Untergang
der Italienischen Filmindustrie war. Vielleicht ist da was wahres dran.
#6
Geschrieben 27. Mai 2014, 19:23
Noruberuto sagte am 27. Mai 2014, 18:40:
Kanonisch ist für viele ohnehin die deutsche Synchronisation. Die ist einfach Kult. Zitate wie "Tuco Benedicto Pacifico... auch Schwein genannt", "Shorty ist das. Nein. Nein? Nein.", "Wer schießen will, soll schießen und nicht quatschen" usw. haben mir in der OF überhaupt nicht gefallen. Die erweiterte Fassung fügt im übrigen auch nichts wesentliches hinzu. Habe mir den Film deswegen auch nicht im gestrengen FM angesehen.
Ich kenne nur die englische Langfassung, darum kann ich gar nicht vergleichen.
#7
Geschrieben 27. Mai 2014, 20:19
Antoine Doinel sagte am 27. Mai 2014, 19:15:
der Italienischen Filmindustrie war. Vielleicht ist da was wahres dran.
#8
Geschrieben 27. Mai 2014, 20:28
#9
Geschrieben 27. Mai 2014, 22:27
Funxton sagte am 27. Mai 2014, 20:28:
#10
Geschrieben 30. Mai 2014, 14:53
sicomastik sagte am 27. Mai 2014, 22:27:
Was in seiner Unsinnigkeit E von U unterscheiden zu wollen dadurch deutlich wird, dass der Niedergang des italienischen Genre-Kinos - also das, was Geld gebracht hat - den Untergang des Künstler-Kinos bedeutet hat.
Dass die Trennung von E und U unsinnig ist, ist eine Aussage die zweifellos gut ankommt, ja geradezu populistisch
ist, aber keiner näheren Betrachtung standhält.
Ich kann dir aber vorbehaltlos zustimmen, dass eine funktionierende Filmindustrie sowohl Genrekino als auch
Autorenkino produziert.
#11
Geschrieben 30. Mai 2014, 15:59
#12
Geschrieben 30. Mai 2014, 17:03
Antoine Doinel sagte am 30. Mai 2014, 14:53:
Dazu muss allerdings gesagt werden, dass die Begriffe U und E sowieso nur im deutschen Sprachraum existieren und eine Erfindung der deutschen Verwertungsgesellschaft für Musik sind. Aber dazu muss ich jetzt nichts schreiben. Das kann man heutzutage alles auf Wikipedia nachlesen. Womit ich nur sagen will: Die Bezeichnungen U und E sind ihrerseits schon unwissenschaftlich und sagen im Grunde nichts aus. Darum werden sie im akademischen Diskurs auch kaum verwendet. Und darum sind solche angestrebten Unterteilungen schwierig bis unmöglich festzulegen. Das wusste auch Adorno.
Jetzt würde mich aber interessieren, auf welcher theoretischen Grundlage Deine indirekt formulierte Aussage basiert, dass die Grenzen zwischen U und E klar abzustecken sind?
#13
Geschrieben 01. Juni 2014, 21:08
#14
Geschrieben 01. Juni 2014, 21:27
Bastro sagte am 01. Juni 2014, 21:08:
#15
Geschrieben 23. Juni 2014, 11:27
Settembrini sagte am 30. Mai 2014, 15:59:
Prokrastination ist ein modisches Fremdwort, dass die Neigung unangenehme Dinge hinauszuschieben beschreibt.
Und Prokrastination habe ich wohl betrieben, indem ich so lange mit einer Antwort hier gezögert habe.
Gut, dass Sicomastic einen eigenen Thread daraus gemacht habe. Auch freue ich mich, dass du Settembrini dich
wieder einmal zu Wort meldest.
Mir geht es definitiv nicht darum eine scharfe und eindeutige Trennung von E und U(auch an diesen Begriffen hänge
ich nicht) zu behaupten, denn das wäre definitiv Humbug, sondern darum, dass es Filme mit unterschiedlichen
Intentionen gibt (selbstverständlich ist der Übergang fließend), Filme die auch unterschiedliche Anforderungen
an ihr Publikum stellen, und dass es populär
ist, diese Unterschiede zu negieren. Und ich finde, dass bei dieser Negation jene Werke, die es dem
Publikum nicht so leicht machen, ein wenig unter die Räder kommen. Du hast bei der Berlinale, eine
Veranstaltung bei der ambitionierte Filme im Mittelpunkt stehen, Filme die im Multiplex kaum ihr Publikum
finden, und auch eine Veranstaltung die ein filmaffines bildungsbürgerliches Publikum bevorzugt
Linklaters Boyhood gesehen. Ein Film, der dir gefallen hat,(mir auch), von dem ich aber überzeugt
bin dass viele in als langweilig einstufen würden, weil es keine Action gibt, weil er nicht in 3 D ist, weil
er ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit verlangt, und aus vielen ähnlichen Gründen. Das ist
für mich ein schönes Beispiel, dass Langeweile alleine kein Kriterium zur Bewertung eines
Filmes ist. Und genau deshalb wird er nur ein Arthousehit werden, aber das breite Publikum
nicht erreichen. Und genau um diese Unterschiede, die ich an Hand dieses Beispiels aufzuzeigen
versuche geht es mir. Hitchcocks Genialität(er ist mein Lieblingsregisseur) lag auch darin, dass
er es so blendend verstand, dem Massenpublikum ernsthafte, anspruchsvolle Filme unterzujubeln,
er der einzige Poete Maudite ist, der ein Millionenpublikum erreichte, wie es Jean-Luc Godard
formuliert. Heute schafft das bis zu einem gewissen Grad vielleicht ein Quentin Tarantino.
Aber für sehr viele andere große Filmemacher ( Antonioni, Assayas, Bergman, Bresson u.v.v.a)
trifft das nicht zu, denn die sind nach dem Massengeschmack einfach langweilig.
Und deshalb denke ich, dass die (fließenden) Unterscheidung zwischen U und E im Sinne von
unterschiedlichen Anspruch und Ambition unvermeidlich ist, so uncool sie auch ist.
denn andernfalls gehen sie unter.
Gleichzeitig bin ich aber froh, dass Film nicht zur Hoch und Repräsentationskultur zählt
wie Oper, klassische ernsthafte Musik, Theater u.s.w. wo sich die Spitzen der Gesellschaft
aus Politik und Wirtschaft einfinden, und so ihren Eliteanspruch demonstrieren, wie
jährlich bei den Salzburger Festspielen(in Bayreuth ist es wohl nicht anders) zu
beobachten ist. So sah ich im Vorjahr auch eure Bundesmerkel aus der Staatsoper
lachen(die Vorstellungen werden mittels Großbildschirm auf den Vorplatz übertragen)
als ich mich auf den Weg zum hinter der Oper befindlichen Filmmuseum befand.
#16
Geschrieben 23. Juni 2014, 11:46
sicomastik sagte am 30. Mai 2014, 17:03:
Dazu muss allerdings gesagt werden, dass die Begriffe U und E sowieso nur im deutschen Sprachraum existieren und eine Erfindung der deutschen Verwertungsgesellschaft für Musik sind. Aber dazu muss ich jetzt nichts schreiben. Das kann man heutzutage alles auf Wikipedia nachlesen. Womit ich nur sagen will: Die Bezeichnungen U und E sind ihrerseits schon unwissenschaftlich und sagen im Grunde nichts aus. Darum werden sie im akademischen Diskurs auch kaum verwendet. Und darum sind solche angestrebten Unterteilungen schwierig bis unmöglich festzulegen. Das wusste auch Adorno.
Jetzt würde mich aber interessieren, auf welcher theoretischen Grundlage Deine indirekt formulierte Aussage basiert, dass die Grenzen zwischen U und E klar abzustecken sind?
Also ich habe schon starke Zweifel, ob nicht auch in anderen Sprachräumen eine vergleichbare Unterscheidung
getroffen wird, Ich lese gerade ein Buch über Wes Andersson wo von european Artmovies viel die Rede ist
(Andersson ist stark von Truffaut beeindruckt/beeinflusst) Dass es mir selbstverständlich um einen fließenden
Übergang geht, habe ich schon weiter oben festgestellt.
#17
Geschrieben 23. Juni 2014, 12:01
Antoine Doinel sagte am 23. Juni 2014, 11:46:
getroffen wird, Ich lese gerade ein Buch über Wes Andersson wo von european Artmovies viel die Rede ist
(Andersson ist stark von Truffaut beeindruckt/beeinflusst)
#18
Geschrieben 23. Juni 2014, 12:09
was für die Filmkunst wesentlich ist. Für eine möglichst große Anzahl von Menschen, seien es
Theoretiker, Filmschaffende oder alle, die sich speziell für dieses Medium interessieren, Es war immer
mein Grundsatz, dass das Filmmuseum kein Unterhaltungsinstitut ist, für den Familienausflug am
Wochenende. Daraus leitete ich die Forderung ab, dass alle Filme in Originalfassung ohne Untertitel
gespielt werden müssen. Untertitel zerstören den Film und bringen keine wirkliche Wiedergabe
des gesprochenen Dialogs, weil man mit dem Lesen gar nicht mitkommt. Wer einen untertitelten
Film sieht, nimmt eine Serie von Texten war, die mit dem Dialog sehr wenig zu tun haben.
Und der Film wird zum Hintergrund, der Rythmus kommt dann von den Untertiteln, und nicht
von der Bild-und Tonebene,
Bei einem Film dessen Sprache man nicht versteht, verliert man natürlich etwas, aber auf jeden
Fall weniger als wenn man untertitelt, denn dann verliert man die tatsächliche Erscheinung Film.
Peter Kubelka, Avantgardefilmer, Gründer (1964) und Leiter (bis 2001) des Filmmuseums, beides
gemeinsam mit Peter Konlechner
#19
Geschrieben 23. Juni 2014, 17:04
ich möchte noch mal an den Beginn dieser "U und E"-Diskussion erinnern, um zu erklären, warum ich von Deiner heutigen Antwort ein wenig enttäuscht bin. Du hattest geschrieben:
Dass die Trennung von E und U unsinnig ist, ist eine Aussage die zweifellos gut ankommt, ja geradezu populistisch
ist, aber keiner näheren Betrachtung standhält.
Das war eine sehr entschiedene, fast schon apodiktische Aussage, die natürlich vermuten ließ, daß dies nicht nur eine knappe Meinungsäußerung ist, sondern etwas, das auf dem Fundament grundsätzlicherer Überlegungen (oder sogar einer wissenschaftlichen Theorie) beruht. Darauf hatten ich und sicomastic reagiert, wobei sico sich auf eine eher wissenschaftlich-theoretische Ebene begab, die ich mangels Kenntnis film- und medienwissenschaftlicher Theorien gar nicht betreten konnte und auch nicht wollte, weshalb ich mich mit einer eher impulsiven Antwort begnügt habe. Trotzdem ließ die Aussage, daß eine "nähere Betrachtung" ergäbe, daß die Trennung von U und E sehr wohl möglich und sinnvoll wäre, mich doch so etwas wie eine klare Definition dieser Begriffe erwarten, auf die ich gespannt war, weil ich gerade den Standpunkt einnahm, daß eine solche Definition nicht möglich ist. Ich hatte etwa die Trennung zwischen geraden und ungeraden Zahlen im Hinterkopf, die sich genau definieren lassen und es erlauben, die ganzen Zahlen genau aufzuteilen: von jeder ganzen Zahl kann man genau sagen, ob sie gerade oder ungerade ist. Meine Behauptung war nun, etwas formalisiert ausgedrückt, die, daß es nicht möglich ist, die Menge aller Filme in gleicher Weise in U-Filme und E-Filme aufzuteilen, weil dies an der Definition der Begriffe scheitern müßte; ich behauptete letztlich nicht nur (oder hatte dies zumindest im Sinn, auch wenn ich es vielleicht nicht direkt ausgesprochen habe), daß es dabei zwangläufig eine ziemlich große Schnittmenge geben müßte, sondern sogar, daß solche Definitionen generell so unscharf bleiben müßten, daß man einem konkreten Element der gesamten Filmmenge (einfacher ausgedrückt: einen einzelnen Film) noch nicht einmal eindeutig die Eigenschaft, ein U-Film oder ein E-Film zu sein, zuordnen könnte, und daher wäre ich gespannt gewesen, wie die Definitionen für solche Begriffe wohl aussehen könnten - das wäre dann etwas, worüber sich trefflich streiten ließe. Gerade eben die implizit in Ausssicht gestellte "nähere Betrachtung" ließ mich annehmen, daß Du Vorschläge für solche Definitionen anzubieten hättest. Wenn ich aber Deine heutige Antwort so lese, so finde ich dort nicht einmal den Ansatz dazu, und die theoretische Grundlage, nach der auch sicomastic gefragt hat, ist für mich schlicht und ergreifend nicht erkennbar, denn die simple Feststellung, daß Filme mit unterschiedlichen Intentionen gedreht werden und unterschiedlich anspruchsvoll sind, ist ein Allgemeinplatz und nicht besonders tiefschürfend. Außerdem sind die Intentionen, mit denen ein Film gedreht (oder ein Buch geschrieben, ein Bild gemalt, etc.) in diesem Kontext auch kein besonders brauchbares Unterscheidungskriterium, schon deshalb nicht, weil jemand ja mit einem Werk ganz verschiedene Intentionen verfolgen kann. Und da halte ich nun wieder Deine Einschätzung, daß etwa anspruchsvolle Filme, die trotzdem ein großes Publikum erreichen, die absolute Seltenheit sind, für nicht haltbar, zumindest nicht in der von Dir gewählten Formulierung, aus der so ein wenig herausklingt, daß dies eigentlich nur Hitchcock gelungen wäre. Was ist mit Wilder, was ist mit Lubitsch (der zu seiner Zeit sehr erfolgreich war), oder Polanski (Hellmuth Karasek erwähnt in seinem Buch "Mein Kino" riesige Schlangen, die an den Kinokassen standen, um Karten für "Chinatown" zu bekommen), was ist auch mit Bergman, dessen (von Short Cut gerade so gut besprochenen) "Szenen einer Ehe" wie eine Bombe beim damaligen Publikum eingeschlagen sind? Daß viele Leute solche Filme auch langweilig finden (ich hatte aber geschrieben, daß wohl kaum jemand sein Publikum absichtlich langweilen würde), ist eine andere Sache. Es gibt auch genügend (vor allem jüngere) Zuschauer, die auch das meiste von Hitchcock langweilig fänden.
Daß aber künstlerische Ambitionen das Bestreben, Kunstwerke von dauerhafter Geltung zu schaffen, einerseits, kommerzielle Interessen und das Bedürfnis zu unterhalten, andererseits, gar nicht scharf voneinander zu trennen sind, sondern sich überlappen, ist auch keine neue Erscheinung, das gab es schon lange vor dem Kino. Ich lese gerade ein Buch über Shakespeare, und das Theater der damaligen Zeit läßt sich in so mancher Zeit mit dem heutigen Kino vergleichen, was schon damit anfängt, daß es in den vornehmen Kreisen als leicht anrüchig galt (im Gegensatz zu gedruckten Versen, die zwar Ansehen, aber wenig Geld brachten), und die Zuschauer interessierten sich mehr für die Schauspieler, die Handlung und die Titel als für die Autoren; es war ein ähnliches Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz wie heute beim Film, und in eben diesem Umfeld schuf Shakespeare dann Dramen, die heute als Musterbeispiele der höchsten Kunst angesehen werden. Und trotzdem mußte er immer auch an sein Publikum denken, denn ein Theater konnte sich natürlich nur dann halten, wenn es auch ausreichend besucht wurde.
Daß es natürlich auch immer Künstler gegeben hat, die sich überhaupt nicht darum geschert haben, ob sie Anklang bei einem wie auch immer gearteten Publikum finden, ist eine andere Sache: da ist Kafka, der wollte, daß alle seine Werke aus dem Nachlaß verbrannt werden (am besten ungelesen), wohl das extremste Beispiel; aber auch Tarkowski schreibt in seinem Buch verächtlich von "ablenkender Unterhaltung" und "Kommerzschund". Aber ich mache ja auch kein Geheimnis daraus, daß ich Tarkowski für eine großen Regisseur, aber einen miserablen Filmtheoretiker halte. Und letztlich kann ich auch nicht so recht erkennen, was unscharfe, auf schwammigen Definitionen beruhende Begriffe wie eben U und E dazu beitragen sollen, schwer zugänglichen Filmen zu einem Publikum zu verhelfen. Ich halte sie also für theoretisch nahezu unbrauchbar und in der Praxis auch nicht für nützlich, und deshalb wäre es das beste, sich von ihnen zu verabschieden.
Ein Wort übrigens noch zu dem Zitat des Herrn Kubelka: abgesehen von solchen Filmen wie denen Jacques Tatis ist in Tonfilmen der Dialog ein zwar im Normallfall untergeordneter, aber keineswegs unbedeutender Bestandteil eines Films. Da aber die wenigsten Leute solche Sprachgenies sind, daß sie sich alle Sprachen der Welt aneignen können, läuft dessen Forderung darauf hinaus, den Zuschauern etwas wichtiges vorzuenthalten, nur damit Herr Kubelkas Reinheitsideal nicht beschmutzt wird. Das ist in meinen Augen elitäres Gehabe, tut mir leid.
#20
Geschrieben 27. Juni 2014, 15:46
schleierhaft, aber bitte. Außerdem ist Unterhaltung nichts ehrenrühriges.
Genauso schleierhaft ist mir, warum man eine exakte Trennung verlangt, schließlich
ist Film keine Naturwissenschaft, da ist nichts exakt.
So bleibt mir nur ein "we agree to disagree"
Aber an Settembrini hätte ich noch eine Frage. Wie siehst du das bei der Literatur, siehst du da
zwischen Thomas Mann, Elfriede Jelinik u.ä. und den Feuchtgebieten dieser Hämorrhoiden-
Tante, den div. Arzt/Liebesromanen, der "Pulp Fiction" den 50 Shades of Grey SM-Büchern,
und ähnlichem auch keinen E/U Unterschied?
#21
Geschrieben 27. Juni 2014, 15:56
Antoine Doinel sagte am 27. Juni 2014, 15:46:
vielleicht sagen "ich hatte einen deprimierenden Tag, daher habe ich Lust auf eine leichte Komödie.
Und sie geschieht auch bei der Produktion, wo Studios bewusst gewisse Zielgruppen und
ihre spezifischen Bedürfnisse ansprechen Warum dies in Abrede gestellt wird ist mir
schleierhaft, aber bitte.
#22
Geschrieben 27. Juni 2014, 16:26
sicomastik sagte am 27. Juni 2014, 15:56:
Wo in diesem Thread stellt jemand diese Verhaltensweisen in Abrede?
Nein Sicomastic, du kannst dich da nicht in deine Wissenschaftswelt flüchten(in der ich dir nicht folgen kann)
schließlich hast du deine ursprüngliche Aussage nicht in Bezug auf einen Filmwissenschaftlichen Diskurs
getätigt, sondern in Bezug auf den wirtschaftlichen Niedergang der italienischen Filmindustrie getätigt.
#23
Geschrieben 27. Juni 2014, 16:40
Antoine Doinel sagte am 27. Juni 2014, 16:26:
schließlich hast du deine ursprüngliche Aussage nicht in Bezug auf einen Filmwissenschaftlichen Diskurs
getätigt, sondern in Bezug auf den wirtschaftlichen Niedergang der italienischen Filmindustrie getätigt.
Und auch diese geistige Bequemlichkeit ist es, auf deren Basis irgendwelche Leute entscheiden was "gute Kunst" und was "schlechte Kunst", oder was überhaupt keine Kunst ist. Der Unterschied zu deren Bequemlichkeit und meiner ist nur, dass ich nicht die Frechheit besitze mich hinzustellen und die Welt in Leute aufzuteilen, die es wert sind Auto zu fahren und die es weniger oder nicht wert sind.
Mit Naturwissenschaft hat das übrigens nichts zu tun, sondern ist eher ein geisteswissenschaftliches Thema. Außerdem wollte ich mit der Anführung des wissenschaftlichen Diskurses auch gerne darlegen, dass die Schwierigkeit Kunst in U und E aufteilen zu wollen etwas ist, woran schon große Geister gescheitert sind. Deiner Behauptung, ich würde mit meiner Aussage von der Schwierigkeit - wenn nicht sogar Unmöglichkeit - U und E zu trennen lediglich populistische Phrasen dreschen, wollte ich deswegen mit Entschiedenheit entgegentreten.
Eine Anekdote, die meiner Frau passiert ist und vielleicht etwas mehr Praxisbezogenheit für Dich hat. Als sie vor 8 Jahren in Italien, genauer in Trient zwecks eines Kulturaustauschs für Studenten war, hatte die dortige italienische Kultur-Elite noch nie von Sergio Leone gehört. Es fiel dann plötzlich einem ein, der meinte: "Ach der, der diese billigen Spaghetti-Western gedreht hat?" Meine Frau war fassungslos. Die würden sich schwer wundern, dass ZWEI GLORREICHE HALUNKEN in einem Kino mit kulturellen Anspruch läuft. Fragt man jedoch den Durchschnitts-Italiener, kann der Dir genau sagen, wer Sergio Leone ist (habe ich mit gut ein Dutzend getestet). Ist Leone nun also höheres Kulturgut, weil er in Österreich in einem Kultur-Kino läuft, oder niederes, weil er im italienischen Kultur-Dünkel nicht viel zählt und eher vom "einfachen Mann auf der Straße" gekannt wird?
#24
Geschrieben 27. Juni 2014, 17:07
Settembrini sagte am 23. Juni 2014, 17:04:
Ein Wort übrigens noch zu dem Zitat des Herrn Kubelka: abgesehen von solchen Filmen wie denen Jacques Tatis ist in Tonfilmen der Dialog ein zwar im Normallfall untergeordneter, aber keineswegs unbedeutender Bestandteil eines Films. Da aber die wenigsten Leute solche Sprachgenies sind, daß sie sich alle Sprachen der Welt aneignen können, läuft dessen Forderung darauf hinaus, den Zuschauern etwas wichtiges vorzuenthalten, nur damit Herr Kubelkas Reinheitsideal nicht beschmutzt wird. Das ist in meinen Augen elitäres Gehabe, tut mir leid.
Ich möchte betonen, dass ich Kubelkas Meinung nicht teile. Ich habe sie hier reingestellt, weil sie so extrem ist.
Kubelka, der auch Mitbegründer der Anthology Film Archives in New York ist, ist in seiner Jugend extra nach
Dänemark gefahren, um Filme von Dreyer zu sehen, weil dies in Wien nicht möglich war. Und selbstverständlich
hat er da wohl kein Wort verstanden. Offensichtlich war das ein prägendes Erlebnis...
#25
Geschrieben 27. Juni 2014, 20:01
Zitat
zwischen Thomas Mann, Elfriede Jelinik u.ä. und den Feuchtgebieten dieser Hämorrhoiden-
Tante, den div. Arzt/Liebesromanen, der "Pulp Fiction" den 50 Shades of Grey SM-Büchern,
und ähnlichem auch keinen E/U Unterschied?
Ich beantworte mal diese Frage : Also, wir Buchhändler machen da ganz klar eine Unterscheidung. Jeden Tag. Allein schon bei dem Satz "Ich hätte gerne etwas anspruchsvollere Unterhaltung für eine 60jährige Dame" oder "Ich suche nen schönen Schmöker Roman der nicht anstrengend ist". Wenn man dort, was die zwei Anfragen angeht, auf der Spiegel-Bestsellerliste bleibt, kann man für erstere zb. Zsuzsa Bank (glaub ich nicht mehr drauf) und für letztere Kate Morton nehmen.
Witzigerweise kann so ein Gespräch aber auch so weitergehen, dass der Kunde, der gern was anspruchsvolles möchte, sagt "nee, so Richtung Lucinda Riley oder Charlotte Link hab ich gern gelesen". Oder jemand der was "leichtes" möchte, sagt "bitte nicht zu seicht" und man dort mit Jonathan Franzen oder Richard Ford punkten kann.
So hat ein jeder oftmals ein eigenes Verständnis von U und E Literatur.
Was mich als Käufer bei den Verlagen angeht, so unterscheide ich schon ganz strikt nach Unterhaltung und "Literatur" sprich anspruchsvollen Titeln. Manche Vorschauen unterteilen dies auch.
Was Film angeht, so gibt es hierzulande und woanders auch, natürlich eine Unterscheidung, vom Verleih aus. Dies hat aber nichts mit der Rezeption eines Werkes zu tun. Glücklicherweise hat sich dies besonders im Laufe der letzten Jahre ein wenig geändert, was vielfach den BLOGS und Online-Zines zuzuschreiben ist.
Gibt es eigentlich in anderen Ländern auch den "Prädikat wertvoll" Stempel ?
#26
Geschrieben 27. Juni 2014, 21:12
Short Cut sagte am 27. Juni 2014, 20:01:
#27
Geschrieben 29. Juni 2014, 20:45
Antoine Doinel sagte am 27. Juni 2014, 15:46:
zwischen Thomas Mann, Elfriede Jelinik u.ä. und den Feuchtgebieten dieser Hämorrhoiden-
Tante, den div. Arzt/Liebesromanen, der "Pulp Fiction" den 50 Shades of Grey SM-Büchern,
und ähnlichem auch keinen E/U Unterschied?
Nur auf diese Frage will ich noch mal eingehen, da ich in Sachen Film die letzten beiträge sicomastics so vollständig unterschreiben kann, daß es reine Geschwätzigkeit wäre, dies nur in etwas anderen Worten zu wiederholen.
Also zur Literaturfrage: nein, ich denke nicht in Kategorien wie "E" und "U", auch bei Literatur nicht. Ich halte diese Begriffe für völlig nutzlos, aus den gleichen Gründen wie beim Film auch: es gibt kein brauchbares Kriterium, was man für eine saubere Definition heranziehen könnte (daß etwa die Intentionen des Autors gerade nicht dazu taugen, zeigt ja schon mein "Don Quijote"-Beispiel aus meiner ersten längeren Antwort), und außerdem wird man, wie ebenfalls schon gesagt, eine so große Schnittmenge bekommen, daß ich frage: wozu dann überhaupt diese Unterteilung? Sie hat keinen wie auch immer gearteten theoretischen Wert und ihr Hauptzweck scheint doch darin zu bestehen, daß "Bildungsbürger", die meinen, genau zu wissen, was "E-Kultur" ist, sich selbst als deren Anhänger und Bewahrer feiern und in ihrem Gefühl moralischer und intellektueller Überlegenheit sonnen können.
Das bedeutet natürlich nicht, daß es keine Unterschiede zwischen guten und schlechten Büchern gäbe. Aber diese Unterschiede entstehen vor allem durch den Stil: Was für Erzähltechniken verwendet der Autor und wie beherrscht er sie? Mit was für Metaphern arbeitet er, wie komplex ist seine Syntax, auf was für einen Wortschatz greift er zurück? Wie nuanciert sind die Charaktere gestaltet, die er darstellt? Das sind letztlich nur einige von vielen Kriterien, die letztlich ausschlaggebend sind, ob man es mit einem guten oder schlechten Buch zu tun hat, und da kann ein stilistisch brillanter Fantasyroman durchaus einem hochpolitischen, gesellschaftskritischen, aber in einem hölzernen Stil verfaßten Werk überlegen sein - so zumindest sehe ich das. Das sehen nun freilich viele Leute anders, aber das ist deren Sache.
Zu den konkret genannten Beispielen kann ich nur unvollständig Stellung beziehen, denn Charlotte Roche und "Shades of Grey" habe ich nicht gelesen (im Fall von Charlotte Roche nur einige Seiten, und die fand ich stilistisch lausig), und Ärzteromane habe ich zuletzt während eines sehr langweiligen Urlaubs 1984 im Hotel gelesen, da war ich 11, und mir fiel damals schon die extreme Häufung von Unwahrscheinlichkeiten auf, aber mehr kann ich zu dem Kram auch nicht mehr sagen). Umgekehrt kann ich auch nicht sagen, ob Thomas Mann und Elfriede Jelinek überhaupt so sehr viel gemeinsam haben, da ich zwar sehr viel von Mann gelesen habe, aber noch gar nichts von Elfriede Jelinek (und da mich das Werk anderer Autoren wesentlich mehr interessiert, wird sich auf absehbare Zeit auch nichts daran ändern - ich scheine mich auch mit Nobelpreisträgern der jüngeren Zeit schwer zu tun, was ich jedenfalls von Grass und Garcia Marquez gelesen habe, hat mir überhaupt nicht gefallen). Ich kann also eigentlich nur zu Mann etwas sagen, den ich sehr schätze, aber gerade auch, weil seine Bücher sowohl tiefsinnig und vielschichtig als auch durchaus unterhaltsam sind. Insbesondere hat er Humor, und der war ihm auch sehr wichtig, wie Äußerungen des Meisters aus einer Rundfunkdiskussion zeigen:
"Ironie, wie mir scheint, ist der Kunstgeist, der dem Leser oder Lauscher ein Lächeln, ein intellektuelles Lächeln möchte ich sagen, entlockt, während der Humor das herzaufquellende Lachen zeitigt, das ich als Wirkung der Kunst persönlich höher schätze und als Wirkung meiner eigenen Produktion mit mehr Freude begrüße als das erasmische Lächeln, das durch Ironie erzeugt wird. Ich muß sagen - Sie wissen, ich habe viel öffentlich vorgelesen in meinem Leben, und ich habe mich jedesmal am meisten gefreut und mich auf dem Podium am glücklichsten gefühlt, wenn meine Vorlesung im Auditorium ein herzliches Lachen erzeugte."
Da das Reich des Humors das der Unterhaltung mehr als nur streift, hielt ich es für statthaft, an dieser Stelle dieses Zitat einzuflechten.
Wie wenig ich persönlich in solchen Kategorien wie U und E denke, zeigt vielleicht einfach mal die Liste der Bücher, die ich im vorigen Jahr gelesen habe (eckige Klammern bedeuten, daß ich das Buch schon früher gelesen hatte):
[Hans-Joachim Störig: Abenteuer Sprache]
Elizabeth von Arnim: Alle Hunde meines Lebens
[Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein]
Hans Breuer: dtv-Atlas zur Chemie (Band 1 und 2)
[Otfried Preußler: Krabat]
[Mio Martinell: Das Wunder am Erbsensuppentag]
[Alan Lightman: Und immer wieder die Zeit]
[Eduard Mörike: Mozart auf der Reise nach Prag]
Peter Boerner: Johann Wolfgang von Goethe
Keltische Sagen aus Irland
Leonardo da Vinci: Fabeln
Arthur Schnitzler: Die griechische Tänzerin
Thomas Mann: Mario und der Zauberer
Jörg Nagler: Abraham Lincoln
[Marc Aurel: Selbstbetrachtungen]
Umberto Eco: Über Gott und die Welt
Joachim Ehlers: Die Ritter
Victor Duruy: Die Welt des frühen Griechenland
Victor Duruy: Die Welt der Griechen
[Elizabeth von Arnim: Sommer ohne Gäste]
Karel Capek: Das Jahr des Gärtners
[Douglas Adams: Per Anhalter durch die Galaxis]
[Douglas Adams: Das Restaurant am Ende des Universums]
[Jonathan Swift: Gullivers Reisen]
[Christoph Martin Wieland: Oberon]
[Alexander Puschkin: Jewgeni Onegin]
[Dante Alighieri: Die göttliche Komödie]
Kurt Leonhard: Dante Alighieri
Virginia Woolf: Die Wellen
[Elizabeth von Arnim: Elizabeth auf Rügen]
[Johann Wolfgang Goethe: Italienische Reise]
[Otfried Preußler: Der Räuber Hotzenplotz]
[Otfried Preußler: Neues vom Räuber Hotzenplotz]
[Otfried Preußler: Hotzenplotz 3]
[Wolfgang Brenneisen: Survival in der Schule]
[Astrid Lindgren: Mio, mein Mio]
[Astrid Lindgren: Madita (Sammelband)]
[Michael Ende: Die unendliche Geschichte]
[Tove Jansson: Das große Muminbuch]
Günther Ogger: Kauf dir einen Kaiser
[Marcel Pagnol: Marcel]
[Marcel Pagnol: Marcel und Isabelle]
[Stephen King: Brennen muß Salem]
Das Herbstbuch
[Tonke Dragt: Das Geheimnis des siebten Weges]
Max Kruse: Urmel saust durch die Zeit
Martin Grzimek: Tristan
[Johann Wolfgang Goethe: Die Wahlverwandtschaften]
Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war
Hermann Hesse: Das erste Abenteuer
[Aristoteles: Poetik]
[Albert Camus: Der Mythos von Sisiphos]
[Albert Camus: Der Mensch in der Revolte]
[Wolfram von Eschenbach: Parzival]
Soviel zu den Büchern, die ich 2013 gelesen habe...
#28
Geschrieben 02. Juli 2014, 07:47
Die Kombination aus Räuber Hotzenplotz mit Aristoteles und Camus wird man nicht so oft sonst
wo finden.
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