Catwoman
Comic Verfilmungen erleben momentan einen Boom, dessen Ende nicht abzusehen ist. Es scheint als würde nun jedes Produkt der Marktführer Marvel und DC Comics seinen Weg auf die Leinwand finden. Sam Raimis "Spiderman" Filme brachen alle Kassenrekorde, die "X-men" Serie von Bryan Singer lockte ebenfalls die Massen ins Kino und wird weiter fortgesetzt werden, "Hulk" (2003, Ang Lee), "Daredevil" (2003, Mark Steven Johnson) und der "Punisher" (2004, Jonathan Hensleigh) waren zwar keine Kassenrenner, brachten es aber immerhin zu respektablen Einspielergebnissen. Aktuell steht der deutsche Starttermin von "Hellboy" (2004, Guillermo del Toro) an, dessen Fortsetzung bereits in Planung ist, und für 2005 bzw. 2006 sind Umsetzungen der "Fantastic Four" (Tim Story) und die Rückkehr von "Superman" (Bryan Singer) fest angekündigt.
Es war also nur eine Frage der Zeit bis "Catwoman", eine beliebte Figur aus dem "Batman" Universum, ihren eigenen Film bekommen würde. Erstmals verkörpert wurde die Katzenfrau 1992 durch Michelle Pfeiffer in Tim Burtons "Batman Returns", wo sie an der Seite von Michael Keaton und Danny DeVito auftrat, hier allerings noch in der Rolle der Schurkin, die dem Helden nach dem Leben trachtete. Schon damals wurde ein "Spin-Off", also ein Ableger des Films mit einer neuen Figur in der Hauptrolle, diskutiert, wobei aber bald feststand, dass Michelle Pfeiffer nicht noch einmal in das hautenge Latexkostüm schlüpfen würde.
Jahrelang lag das Projekt nun auf Eis bis im Herbst 2003 endlich doch die Dreharbeiten begannen. Zu nächst war Ashley Judd für die Titelrolle vorgesehen gewesen, wurde aber durch Halle Berry ersetzt, womit Catwoman erstmals eine Farbige ist.
Nach ersten Testvorführungen viel der Film beim Publikum gnadenlos durch und wurde bis zuletzt noch umgeschnitten. Die endgültige Version (wobei dieser Ausdruck angesichts des aktuellen Trends nach DVD Veröffentlichungen von "Director's Cuts", "extened editions" und"special unrated versions"mit Vorsicht zu gebrauchen ist) flimmert nun also über die deutschen Leinwände.
Die Ausgangssituation für die Geschichte ist stets die Selbe: Eine junge, etwas unbeholfene und schusselige, Frau deckt durch Zufall bei ihrem Arbeitgeber krininelle Machenschaften auf, wird anschließend von selbigem umgebracht und durch den Zauber einer mysteriösen Katze ins Leben zurückgeholt, wobei sie fortan die Sinne und Beweglichkeit der graziösen Vierbeiner besitzt.
Hier ist es nun also die Werbegrafikerin Patience Phillips (Berry), die hinter das dunkele Geheimnis eines Kosmetikkonzerns gelangt, dessen neuestes Produkt, die Hautcreme "Beau-Line", bei ihren Anwendern katastrophale Langzeitschäden heraufbeschwört, die das Gesicht zerfressen. Patience wird aus dem Weg geräumt und kehrt als Superheldin Catwoman zurück, um die Auslieferung des Produktes zu verhindern, wobei sie es gleich mit zwei Bösewichten zu tun bekommt, in der Gestalt des Firmenchefs (Lambert Wilson, bekannt aus den "Matrix" Fortsetzungen) und seiner ebenso schönen wie korrupten Ehefrau (Sharon Stone), die ein ganz persönliches Motiv hat, "Beau-Line" unter das Volk zu bringen.
Zusätzliches Konfliktpotential für Patience/Catwoman schafft der ermittelnde Polizist Tom Lone (Benjamin Bratt), in den sich die schüchterne Patience verliebt hat, der aber für ihren Rachefeldzug ein Hindernis darstellt.
Es ist stets ein schwieriges Unterfangen, eine glaubwürdige Comicverfilmung zu präsentieren, was sich zwangsläufig aus dem phantastischen Charakter der Vorlage und den übernatürlichen Kräften der Protagonisten ergibt. Sam Raimi erntete für die Darstellung der ambivalenten Person Peter Parker/Spiderman großes Lob, weil er es einigermaßen erfolgreich verstand, einerseits einen menschlichen, fehlbaren Charakter zu zeichnen, der in Konflikt mit seinem übermenschlichen Alter Ego steht, und andererseits diesen Superhelden so "realistisch" anzulegen, dass sich das Publikum selbst mit dieser Person noch identifizieren kann. Tobey Maguire in der Titelrolle vollführte durch seinzurückhaltendes Spiel diese Gratwanderung überzeugend.
Wo Sam Raimi Erfolg hatte, scheitert Catwoman auf ganzer Linie. Weder die menschliche Person der Patience Phillips, noch die Superheldin Catwoman, sind ansatzweise glaubwürdig, was großteils auch der Darstellung Halle Berrys anzulasten ist, die in beiden Rollen ein übertriebenes, unrealistisches Spiel zeigt, wodurch der Film den fatalen Fehler entwickelt, eine unsympathische Heldin zu präsentieren. Michelle Pfeiffer umgab in "Batman Returns" stets eine mysteriöse Aura, welche die Figur gleichwohl geheimnisvoll wie interessant erscheinen ließ. Halle Berry lässt Ausstrahlung gänzlich vermissen und setzt stattdessen ausschließlich auf ihre physische Präsenz. Hier liegt auch der zweite schwerwiegende Fehler bei der Darstellung der maskierten Superheldin.
Schon erste Bilder der Dreharbeiten ließen befürchten, dass man beim Design von Catwomans entscheidendem Identifikationsmerkmal, dem Kostüm, übertrieben hatte. Michelle Pfeiffer strahlte in ihrem engen Lackanzug noch eine ungeheuere Erotik aus, welche maßgeblich zur Beliebtheit dieser Figur beitrug. Catwomans neues Kostüm wirkt ebenso chaotisch wie lächerlich und gleicht eher einem S/M -Outfit als einer Katzenmaskerade. Sowohl in Kostüm als auch in ihren anmutigen Bewegungen erinnerte Pfeiffer an die Geschmeidigkeit und Graziösität von Katzen. Diesen Eindruck verfehlt Berry durch ihr unpassend aggressives Spiel und gleicht dadurch eher einer wildgewordenen Amazone als einer menschlichen Katze.
Nicht minder aufdringliches "overacting" betreibt Sharon Stone in ihrer Rolle als Laurel Hedare, Aushängegesicht des Kosmetikkonzerns und betrogene Ehefrau des Bosses. Beinahe bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, gleicht ihr Gesicht mitunter selbst einer Maske. Durch ihren vollständigen Mangel an Menschlichkeit und Gewissen wird zusätzlich jedes ihrer Motive im Vorfeld durchschaubar, wodurch der Film selbst an Spannung verliert, etwa wenn Laurel Catwoman einen gemeinsamen Pakt vorschlägt.
Die Story an sich könnte lächerlicher nicht sein. Die Liebesgeschichte zwischen Catwoman und dem Polizisten bleibt oberflächlich und dient scheinbar lediglich als Aufhänger um zwei attraktive gestylte Menschen gemeinsam vor die Kamera zu stellen. Dafür spricht auch die Entscheidung, das Fehlen von Gefühlen und Romantik durch eine zumindest angedeutete Sexszene zwischen Berry und Bratt zu kompensieren.
In unfreiwilliger Komik gipfelt auch der Finale kampf zwischen Catwoman und Laurel, wenn Sharon Stone zwar gegen Metallpfosten geschleudert wird, davon aber keinen Schaden trägt weil das Produkt "Beau-Line" ihre Haut in eine Art Marmorpanzer verwandelt hat.
Ein offensichtlich auf Vermarktung zugeschnittener Soundtrack mit HipHop Musik und eine MTV-inspirierte Tanzsequenz Catwomans in einem Nachtclub tragen dazu bei, noch den letzen Rest an Atmosphäre zu zerstören.
Zudem darf sich "Catwoman" rühmen, die schlechtesten Spezialeffekte der letzten Zeit zu präsentieren, und das obwohl Regisseur Pitof (bürgerlich Jean-Christophe Comar) vor allem als visual effects supervisor anerkannt ist, etwa für Jean-Pierre Jeunets "Alien Resurrection" (1997) . Scheinbar jedes Element des Films, inklusive der Hauptdarstellerin in den Actionsequenzen, entstammt dem Computer und das sieht der Zuschauer auch. In einigen Einstellungen erinnert der Film gar an Zwischensequenzen aus Videospielen, nur dass diese nicht den Anspruch erheben, eine Realität vorzutäuschen. Für ein Budget von 85 Mio. Dollar wirkt der Film erschreckend low-budget.
Eine gelungene Szene findet sich dennoch in "Catwoman". Als Patience im Haus einer mysteriösen Fremden das Geheimnis ihrer Existenz offenbahrt wird, und dass sie ein weiteres Glied in einer Kette von Katzenfrauen der Weltgeschichte darstellt, blickt sie auf einen Stapel mit Porträts ihrer Vorgängerinnen, worunter sich auch ein Foto von Michelle Pfeiffer findet.
Dies ist einerseits eine nette Anspielung, andererseits weißt der Film in just dieser Szene sowohl optisch als auch inhaltlich auf seine Unzulänglichkeit hin und mann kann sich nur vorstellen, wieviel besser "Catwoman" ausgefallen wäre, hätte Pfeiffer noch einmal den Part übernommen.