Dark Duck Tales
#1
Geschrieben 01. März 2004, 23:34
Ein Sportfilm der wie so oft auch ein Film über Amerika ist. Gott sei dank zählt er nicht zu den oft gehaßten aber manchmal auch gerngesehenen schwarz-weiß Sportfilmen, wo die eine Mannschaft bzw. der Einzelsportler aufrichtig, an sich glaubend, gegen eine Mannschaft bzw. Einzelsportler von miesen, egozentrischen Arschlöchern kämpft und natürlich gewinnt. Bei Die Bullen von Dallas sind die Mitglieder der gegnerischen Mannschaft eher Leidensgenossen und sitzen im selben Boot. Das gefällt mir. Sie sind wie eine zu Objekten degradierte Herde von Schafen, die bis zum letzten Tropfen ausgepresst und zur Schlachtbank geführt werden. Nachschub ist jederzeit verfügbar, schließlich kann man in diesem Spiel viel Geld verdienen. Nur das Ergebnis zählt.
Mit wachsender Wut sehe ich wie die Spieler fitgespritzt und verheizt werden, ihre Gesundheit interessiert die Macher im Hintergrund, die eher passiven - vom Trainer bis zum Clubbesitzer - Marionettenspieler nicht. Sie reden vom Mannschaftssport, dem sich alles unterzuordnenden Teamgeist, der Einzelne ist unwichtig bzw. passt nicht ins Team. Der Sport ist keiner mehr, alles ist einstudiert, Spielzüge vorprogrammiert, das Spiel wird analysiert und in Prozente und Zahlen zerteilt, alles sehr kopflastig. Man führt das Spiel wie einen Wirtschaftskonzern, der Spaßfaktor, der die meisten der Spieler zum Sport brachte, ist passe. All das prangert der Film deutlich an. Der Sport wird zum Spielball der Wirtschaft, der Mächtigen, er ist Mittel zum Zweck. Andererseits ist der Film ja dann doch auch ein schwarz-weiß-Film, da die Macher, die Nichtsportler alle stereotyp dargestellt wurden: motherfucking asholes
Wieder einmal frage ich mich, ob ein Film der eine Botschaft/Moral vermitteln will/soll, daher schon aus Prinzip schwarzweiß sein muß, um nicht mißverständlich zu sein, aber vielleicht sehe ich das auch zu naiv, schließlich weicht ja ein nicht unwichtiger Spieler von diesem Schema deutlich ab. Er ist das Bindeglied zwischen Mannschaft und Chefetage und daher für mich das größte Schwein von allen.
Am Ende war ich dann emotional so involviert, als in der einer gegen 5 Konstellation Nick Nolte geschasst, Opfer einer Intrige wird und die scheinheiligen Moralapostel ihr zynisches, menschenverachtendes Bauernopfer-Spiel spielen, zudem sich dann herausstellt, dass sein bester Freund, der Quarterback - das Gehirn des Teams - über die Intrige der Chefetagenclique informiert ist, er weiß sowieso alles was das Team betrifft, das macht Sinn. Als dann in der letzten Szene der Quarterback dem Receiver den Ball zuwirft, fängt ihn Nolte bewusst nicht, das Bild friert ein: Nick Nolte steht mit erhobenen Händen da. Nicht das ihn jemand mit einer Waffe bedrohen würde, sondern zeigt mir damit: Ich hab euer Spiel satt, es ist nicht (mehr) mein Spiel, ihr habt den Sport kaputtgemacht. Ich war nicht Teil des Teams, sondern eurer Ausstattung. Jetzt reichts.
Obwohl der Film nun in der 113. Minute angelangt war, gab es da einen Teil in mir, der sich wünschte, dass der Film jetzt weiterginge und auf eine Ein Mann sieht rot-Schiene wechseln würde, wo sich Nolte erst einmal in seine Holzhütte - seine noch nicht fertige Farm - zurückziehen würde und seine Wunden leckt, meinetwegen noch ein paar Klimmzüge macht. Er bereitet sich auf seinen Rachefeldzug vor, geht zu seinem Waffenschrank, deckt sich ordentlich mit Munition ein, setzt sich eine Sonnenbrille auf, zieht sich eine Lederjacke an und fährt in die Stadt und mischt die Mitglieder der Chefetage auf. Bei jedem einzelnen hätte ich sie dann noch einmal ihren besten ihrer zynischen, scheinheiligen Sätze aus dem Off sagen lassen, alles bei eingefrorenem Bild, ehe sie dann von Nolte abgeknallt werden, immer noch eingefrorenes Bild, die Einschüsse sieht man nicht. Das hätte ich stilistisch einfach besser gefunden. Die auf den Boden liegende und winselnde Nummer 16 hätte er nicht getötet, nur in die Hände geschossen.
Bin gerade sehr erschrocken, wie sadistisch-reaktionär ich doch sein kann, aber es war ja im gewissen Sinne nur ein theoretisches Spiel, dass einen Katalysator meiner empfundenen Wut brauchte. Ich denke es liegt daran, dass ich mich mit Nolte gut identifizieren konnte.
Die rührendste Szene des Filmes war, als einer der Spieler seinem Frust über den verloren gegangenen Sport zum Ausdruck bringt. Da war Nolte den Tränen nah, weil er genauso empfand.
Guter Film, aber an An jedem verdammten Sonntag kommt er nicht heran, muss er ja auch nicht. Ted Kotcheff ist eben kein Oliver Stone.
Filme wie dieser, die Reflektionen/Reaktionen bei mir auslösen sind mir dann doch lieber...
#2
Geschrieben 02. März 2004, 02:56
Weiß einfach nicht was ich von diesem Film halten soll, begeistert hat er mich auf alle Fälle nicht. Ist der Film unentschlossen, spielt er im gewissen Sinne in 2 Zeitzonen, Jet Lag mit Methode? Diesen Eindruck macht er zuweilen auf mich. Ist er meditativ oder langweilig. So ein Film entzieht sich meiner klaren Meinungsbildung. Ein weder Fisch- noch Fleischfilm
Bob macht auf mich den Eindruck, er hätte gerne die 2 Millionen Dollar der Japaner für den Werbespot, aber mit den Leuten will er nichts zu tun haben, er will so schnell wie möglich back to the usa. Er sieht den Aufenthalt in Japan als Zeitverschwendung an, wo er doch lieber irgendwo anders Theater spielen könnte. Ist er nicht frei, hat ihn irgendjemand gezwungen, diesen Spot zu drehen? Hat ihn seine Familie / Frau fortgetrieben?
Es kommt mir so vor, als würde er und auch Charlotte auf einem Flughafen in der Lounge sitzen und würden warten und warten und zwar auf den nächsten Flug, das etwas passiert. Es ist eher eine Zwischenstation. Dies aber stellvertretend in einem Hotel. Und es ist kein Urlaub. Sie stehen vor einer ungelösten Frage, die auf eine Antwort/Entscheidung wartet, die dann sofort einchecken kann für den Weiterflug.
Sie scheinen beide nicht gerne in Tokio zu sein, eher widerwillig harren sie der Dinge aus, die da noch kommen mögen. Sie leiden im Duett
Es wird erst für beide interessanter, als sie etwas zusammen unternehmen. Da fängt der Film an ein wenig Leben zu entwickeln. Aber die Kamera ist fast anteilnahmslos, sehr distanziert, unterkühlt. Das kann den Reiz des Films ausmachen oder genau das Gegenteil bei einem verursachen, bei mir ist letzteres der Fall. Bill Murray spielt seine Rolle gewohnt routiniert, aber ich kann nur den Kopf schütteln, daß er dafür eine Oscar-Nominierung bekam. Herausragend fand ich seine Darstellung keinesfalls.
Abschließend frage ich mich, ob Sofia Coppola die positiven Kritiker mit ihrem “Pseudo-Tiefgang” geblendet hat, oder ich mich gerade wieder mal selbst blende. Ich weiß es einfach nicht, eine Zweitansicht ist dringend erforderlich, aber ich verspüre keinerlei Lust dazu, denn die hat mir der FIlm gänzlich genommen.
#3
Geschrieben 02. März 2004, 20:55
Die Unzertrennlichen (USA 2003) von den Farrellybrüdern
Ein Film über siamesische Zwillinge, der sich einen Heiden Spaß daraus macht, die Individualität jedes einzelnen Bruders zu überbetonen, weil vielleicht so mancher - mich eingeschlossen - den dummen Fehler machen könnte, sie als eine Person zu sehen. Für die beiden ist es ganz selbstverständlich, sie sind es von Geburt an gewohnt. Somit wird der Geburtsfehler zu etwas nebensächlichen degradiert. Ihre Sicht der Dinge, ihre Gewohnheit mit ihrem siamesischem Zwillingsdasein, mit dem sie keinerlei Probleme zu haben scheinen, wird ins Zentrum gestellt und bekommt dadurch etwas alltägliches, ja unverkrampftes. Darin liegt der Reiz des Films, ein unerwarteter Trumpf und mir gefiel besonders die soziale Ader - ein geistig Zurückgebliebener arbeitet in ihrer Snackbar und sie treten für ihn ein. Der Umwelt in ihrem kleinen Kaff scheint es gar nichts auszumachen, es ist vollkommen normal für die Bekannten (ein neurotischer Wunschtraum), gut ein Fremder muß sich lustig machen, aber der zieht ja auch dann den Kürzeren. Aber dann brechen sie nach Hollywood auf, weil der eine Schauspieler werden will...
Regten sich viele Minderheiten bislang über diverse Farrellykomödien auf, scheinen die Regie-Brüder hier endlich ihren Frieden mit den abnormalen Menschen gefunden zu haben. Die Unzertrennlichen ist unerwartet sensibel, auch wenn er für mich nicht ihr witzigster Film ist, ist er ihr bislang reifster. Gerade in den stillen Augenblicken hat der Film seine Stärken. Besonders gut hat mir der Witz mit der Anspielung auf Cher's Jugendwahn gefallen, die eine geheime Liebesaffäre mit Malcolm hat und traurig ist, daß er jetzt aufs College geht.
Nichts weltbewegendes, aber unterhaltsam allemal, was erwartet man von solch einem Film ansonsten? Er erfüllt absolut seinen Zweck
Flying Dagger (HK 1993) 86 Minuten, von Kevin Chu aka Yin-ping Chu
Eine ungemein rasante Parodie auf die furiosen HK-Fantasy-Eastern der Endachtziger und Anfangneunziger. Besonders die Swordsman- und die Chinese Ghost Story-Trilogie werden durch den Kakao gezogen. Der lustig-alberne chinesische Humor zieht sämtliche absurden Register und so mancher Wortwitz wird auch durch die Synchronisation ins deutsche rübergerettet (oder dort erst kreiert?). Die wirkliche gute Besetzung scheint viel Spaß beim Dreh gehabt zu haben. Zum Ende hin verliert der Film dann aber immer mehr den Boden unter den Füßen und erinnert mich von daher explizit an China Swordsman 2, als ob der Regisseur wahnsinnig geworden wäre.
Kurzweilige Unterhaltung mit so manch bizarrem Einfall und sehr viel Witz, aber auch zuweilen recht konfus.
SPY KIDS 3D (USA 2003) von Roberto Rodriguez
Sehr phantasievoll, künstlich - im positiven Sinne, weil passend -, nimmt deutliche Anleihen bei Star Wars Episode 1 (wahrscheinlich weil es der Kinderfilm der Reihe war). Ist eine Art Tron für Kinder. Auch wenn man schon in einem Computerspiel ist, nimmt der Film zuweilen derartigen Gameplaycharkater an, das man glaubt einem Computerspieler über den Rücken zu schauen. Alles in allem ein anspruchsloser Unterhaltungsfilm, der aber seinen Zweck erfüllt hat. Ich kann verstehen, wenn er für zu kindgerecht gehalten wird, ließ mich darin aber nicht stören. Aber der Abwärtstrend vom Familienfilm zum Kinderfilm ging mit Fortschreiten der Trilogie immer stärker vonstatten, was aber auch ganz einfach darin liegen kann, daß die erwachsenen Verwandten von Film zu Film mehr in den Hintergrund traten (damit meine ich die Nettospielzeit wo sie vor der Kamera zu sehen sind und nicht ihre drehbuchspezifische Funktion). Schließlich heißen die Filme nicht Spykidsparents. Der Film ist wirklich hervorragend besetzt, bis in die kleinste Nebenrolle. Vielleicht weil Salma Hayek mitspielt (möglicherweise hatte ich deswegen auch eine Wild Wild West-Assoziation), wurde ich bei den Computerlandschaftshintergründen auch an Frida erinnert, die dort auch imposant, wenn gleich dort viel künstlerisch wertvoller, eingesetzt wurden.
Zwiespältig stehe ich der Darstellung von Sly gegenüber, wandelt er doch für mich auf dem ganz dünnen Grat zwischen schlecht und gut (schauspielerisch gesehen). Ist es Overacting, fehlende Klasse oder Selbstironie, die man auch ganz bewußt pflegen kann. Ich denke mal es hängt davon ab ob man ihn mag oder nicht. Die es nicht gut mit ihm meinen könnten behaupten, er würde im Spätwinter seiner Karriere jeden Strohhalm ergreifen, auch wenn er sich dabei lächerlich macht. Na ja, zumindest wird später in irgendeinem Nachruf stehen, daß er in diesem Film 4 Rollen gespielt hat. Neben seinem realen Ich gesellen sich noch 3 zusätzliche, virtuelle Ichs (ziemlich breitscheiteliger Wissenschaftler, martialischer Pickelhaubengeneral und weißhaarige Jesusmatte mit Zenbärtchen) dazu.
Null Reflektion, ließ mich trotz einem definitiv vorhandenen Unterhaltungswert - ich mag ja die Trilogie - ziemlich kalt.
Positiv anzumerken ist, daß Rodriguez es schafft sein kindliches Herz auszugraben und noch mal zum Schlagen zu bringen, er hat es sich bewahrt.
#4
Geschrieben 03. März 2004, 21:43
Zuallererst fällt mir die frappierende Ähnlichkeit zum ebenfalls Anno 1970 gedrehten Todesmelodie auf: Mexiko, Revolution, europäischer Sprengmeister. Ich glaube einer Hommage an Leone beizuwohnen, was mir gewisse Kameraeinstellungen besonders bewußt machen. Nur ist Todesmelodie kein Zwitterfilm wie Companeros. Da ist mir ein Corbucci doch lieber, der mit solch tollen Filmen wie Django oder Leichen pflastern seinen Weg eine zynisch-eiskalte Welt zeichnet, in der es außer bitterbösem Sarkasmus nichts zu lachen gibt. Brutalität mit Humor aufzulockern, dagegen habe ich nichts, aber hier kann ich mich nicht für diese Kombination erwärmen, sie geht einfach nicht auf (auch wenn ich den Film nicht als schlecht bezeichnen will, aber zu einem guten fehlt ihm einiges).
Auch die gute Besetzung kann daran nichts ändern.
Die Handlung erscheint mir zuweilen konfus, hanebüchen, sprunghaft und unmotiviert und schöpft das Potential der Revolutionsgeschichte nicht aus.
Zugute halten kann ich, was ich den meisten Italowestern zugute halten kann. Sie versprühen für mich zumeist etwas, was ich bei Ami-Western häufiger vermisse: Sie sind volksnäher und sozialer (ganz subjektiver Eindruck). Mit sozial meine ich nicht unbedingt humaner (bei Companeros aber auf alle Fälle und deswegen ist er für mich auch kein wirklich schlechter Film), sie sind nur mehr an der Schilderung sozialer Umstände interessiert. Vor allem hat mich immer bei den amerikanischen Western, die von mir oft so interpretierte verachtende Haltung gegenüber den dreckigen, ungehobelten, ungebildeten Mexikanern aufgeregt (es gibt bestimmt Ausnahmen und justament merke ich, daß ich den Peckinpah-Western einfach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe). Die gibt es hier auch, nur wird einem das warum serviert. Der Gewinner des Films, das Vorbild für die Zukunft eines Landes ist ein Idealist, dem sein Land wirklich am Herzen liegt, nicht wie die diversen Revoluzzergenerale, die eingentlich nur sich selbst bereichern wollen und sich daher gerne bestimmter Ideale bedienen. Nein, der Professor ist ein Intellektueller Mexikaner mit Herz, der sogar - da hat das Drehbuch es meiner Meinung nach etwas übertrieben - schwedisch sprechen kann. Auch wenn er am Ende stirbt, er hat sein Feuer auch in den Herzen anderer entfacht, die Revolution ist nicht mehr aufzuhalten. Aber was kommt danach, wer beutet dann wieder wen in Namen welcher Ideologie aus? Wird dieser Kampf überhaupt je aufhören? Dabei muß ich an den am Anfang von Todesmelodie eingeblendeten Spruch denken (und ich hasse es, wenn ein Film sofort anfängt ohne Verleih-Produktionsfirmenlogo, wo der Videorekorder noch nicht richtig aufnahmefähig ist und diese Zeilen verschluckt)...
Manchmal glaube ich, daß Ideale nur in Zeiten der Revolution wahrhaftig leben, auch wenn es paradox ist, schließlich kämpfen die Revoluzzer für ein Ideal, das nur in den Köpfen existiert und schaffen die Vorraussetzungen für eine neue Welt in der sie der Bürokratie die Zügel in die Hand geben, am Ende besteht das Ideal nur noch in Paragraphen. Es wird zu einer Maske. Aber so was kann auch nur der überzeugte Pessimist in mir behaupten. Deswegen finde ich die Anfangszeilen von Dickens Die Geschichte zweier Städte so gut, weil sie zeigen, daß man in Zeiten der Revolution das Grundgerüst der neuen Ordnung noch leichter biegen aber auch brechen kann. Später reißen dann wieder die archetypischen menschlichen Verhaltensweisen ein und das alte hat nur ein neues Gewand, bis das Volk es merkt.
Ich weiß gar nicht, ob das zuletzt geschriebene überhaupt etwas mit dem Film zu tun hat, aber derlei Gedankenspiele verursachte bei mir Zwei Companeros.
#5
Geschrieben 05. März 2004, 01:10
Dieser Film hat mich wirklich positiv überrascht, nicht nur, weil mir Tomas Milian so gut gefallen hat, ich fand ihn einfach nur cool.
Eine Fallstudie eines intellektuellen Tu-niemand-weh. Da wird aus einem zivilisierten, philantropischen Professor ein Faschist. Ganz naiv oder simpel betrachtet ist für mich Faschismus Machtmissbrauch und jeder der die Macht hat, gebraucht sie auf seine ganz eigene Art. Daher ist für mich Machtmissbrauch sehr alltäglich.
Nun lernt also dieser edle Professor (Gian Maria Volonte) einen Gesetzlosen (Tomas Milian) kennen, der ihn immer mehr in seine gewalttätige Machtwelt einführt. Zunächst noch wie ein Fleischesser, der nie ein Tier selbst getötet, nie zum Essen zubereitet, es aber verspeist hat, wird er immer mehr fasziniert von dieser Art zu leben. Man(n) nimmt sich was man will, lebt wie man will. Man(n) macht die Gesetze. Der Professor kommt in das Dorf, wo die Gesetzlosen leben. Jetzt bekomme ich den Eindruck er wird von einem Virus infiziert. Er verroht zunehmend. Früher eher elitär vorne in der Vorlesung alleine auf seinen festen moralischen Grundsätzen stehend, erliegt er hier dem Diktat der Masse, er lässt sich verführen und lernt seine Lektion des Films, dass es keine Gerechtigkeit gibt, es geht nur um Macht und die kann man selbst ergreifen, der Sozialdarwinismus scheint ihm ins Blut übergegangen zu sein. Es fängt an, dass er, der behauptet niemals eine Frau geliebt zu haben, sich eine nimmt, die er begehrt, vielleicht wird später daraus ja für ihn Liebe, oder setzt es gleich. Jetzt kommt wieder etwas zu tragen, was ich mediterraner Chauvinismus nenne. Die Frau weigert sich, wird vergewaltigt und als ihr bis dato Bettkumpan wieder ins Dorf zurückkehrt, entbricht ein Machtvorrechtskampf zwischen den beiden Männern. Der Professor geht nach anfänglichen Rückschlägen als Sieger hervor, wobei mich seine blinde Gewalt auf eine erschreckende Art zuweilen sehr überraschte. Die Frau, ihm nun Gott ergeben, schließlich hat er um sie gekämpft, weicht nicht mehr von seiner Seite - am Ende stirbt sie, sie hat aufs falsche Pferd gesetzt.
Tomas Milian bemerkt wohl in diesem Augenblick und auch später, was er aus dem Professor gemacht hat und ich finde es interessant, dass er sich dafür die Schuld gibt. Er wird moralisch, was ich mir aus der Endszene zusammengebastelt habe. Milian will sich dem Gesetz stellen, weil er es für gerecht hält, er sieht seine Schuld ein, was ich nicht auf die Gesetzlosigkeit beziehe, sondern eher wegen des niedergebrannten Dorfes mit den hunderten von Toten, schließlich hat er den Professor dorthin gebracht (im doppelten Sinne) und sieht sich als Ursache / Urheber, sehr selbstkritisch.
Der Professor will sich nicht stellen und lieber Siringo, den Vertreter des Gesetzes töten, also erschießt Milian den Professor. Da er Siringo vor den Schüssen des Professors rettete, läßt er ihn laufen. Eine Leiche mit ein paar gesichtsentstellenden Einschüssen, werden wohl der Justiz als "Milian-Beweis" genügen.
So was nenne ich einen guten Western. Nicht herausragend, aber überdurchschnittlich.
Da ich Peckinpah's Wild Bunch schon ewig nicht mehr gesehen habe, frage ich mich, ob es nicht Parallelen zu diesem Film gibt, die vielleicht sogar bewußt vom Regisseur bzw. Drehbuch gezogen wurden. Hier ist auch die Rede von einer wilden Horde, auch wird hier ein altes Hordenmitglied durch das Gesetz gezwungen gegen seine alten Kumpanen anzutreten. Wieder einmal bedaure ich es dem Halbindianer zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt zu haben...
PS: Der Sandokan-Fan in mir muß natürlich noch anmerken, daß ebenfalls in diesem Solima-Film Marianne auch einen Auftritt hat. Ach Marianne
Ich glaube sie hieß doch Marianna, habs eben eingedeutscht
#6
Geschrieben 07. März 2004, 23:17
Nach Jahren oder Jahrzehnten mal wieder Arsen und Spitzenhäubchen gesehen. Die vielen Grimassen vom Hauptdarsteller - Cary Grant hat hier den guck-wie-ein-Huhn-wenns-donnert-Blick perfektioniert - stören mich einerseits, weil sie für mich in die Overacting-Ecke gehören, aber dann muß ich einfach Grant zugestehen, dass er ein wirklich guter Komiker war und hier einen guten Job abliefert. Nur eben etwas zuviel des Guten. War für mich die Hektik in Leoparden küsst man nicht noch erträglich, wird für mich hier das Maß zuweilen überschritten. Aber ich schätze mal hier ist die Hektik bewusst Programm, Wahnsinn mit Methode macht hier mehr als Sinn. Der einzig halbwegs Normale im Haus muss ganz einfach gegen die alles Bagatellisierer, die die Morde nicht moralisch hinterfragen, kräftig anstinken. Nach dem Motto:
Ich bin in einer verrückten Situation, doch ich bin der einzige, der es bemerkt, ich verhalte mich vollkommen normal. Für die anderen ist die Situation völlig normal und weil ich sie nicht normal finde, halten sie mich für verrückt. Womöglich bin ich's ja dann auch ( Ganz nebenbei sehe ich so auch manchmal das Leben)
In dem Sinne ist das Overacting dann doch schon eher passend. Sehr amüsant und lustig, dennoch muss ich sagen, dass mir der andere Film besser gefällt, den ich bis dato nie im Zusammenhang mit diesem Film gesehen habe, aber es fiel mir wie Schuppen von den Augen, als ich Arsen und Spitzenhäubchen sah. Es gibt hier einfach zu viele eindeutige Parallelen. In Hasch mich, ich bin der Mörder kann der Grimassenschneider schlechthin einen auch bis zur Weißglut nerven. Hier ein Theaterkritiker, dort ein Theaterstückeschreiber, bei beiden eine ziemlich anhängliche Leiche, die ständig droht entdeckt zu werden, die Polizei mischt mit bzw. auf, von der Hektik ganz zu schweigen. Nur finde ich den de Funes-Film einfach urkomischer, Bernard Blier wundervoll ausdrucksloses Gesicht, Louis ist sowieso kleiner, egal wo er sich hinsetzt und diesen Blick, wenn er die neuen Tapeten sieht - ich weiß, ist aus Louis, der Schürzenjäger, aber diesen Blick hat er hier auch drauf -, aber ich schätze mal bei de Funes scheiden sich ja sowieso die Geister, vor allem hinsichtlich seiner Grimassen, aber das ist eine andere Geschichte...
#7
Geschrieben 09. März 2004, 20:37
Zuletzt so häufig gesehen und ich werde ihm einfach nicht überdrüssig. Ein Meisterwerk, da passt einfach alles. Die kürzliche Anschaffung der DVD hat sich gelohnt, dadurch habe ich erst gemerkt, was in der Fernsehfassung (95 Minuten) herausgeschnitten wurde, auch wenn diese Schnitte für mich unwesentlich sind. (Seltsamerweise sind bei ofdb.de Link beide Version als ungekürzt angegeben)
Die Laufschrift-Erklärung am Anfang über das Mysterium Malteser Falke finde ich unnötig, weil Sydney Greenstreet schließlich die Geschichte später ähnlich nochmal erzählt. Barton MacLane kann mit einem schlechteren Synchronsprecher Bogart noch ein bißchen mehr bedrohen, Mary Astor (da haben sie eine ziemlich ähnlich klingende Sprecherin gefunden) tischt Spade noch ein bißchen länger ihre amüsanten Lügengeschichten auf. Diese Neuerungen fielen mir auf Anhieb auf.
Die alte Version so gewohnt, merke ich, daß ich die mühevolle Arbeit, die Liebe zum Detail schätze, mit der damals noch Filme ins deutsche übersetzt wurden, da wurde sogar die Titelseite einer Zeitung komplett eingedeutscht und dementsprechend ins Bild gesetzt.
Icepick wird mal wieder zusammengeschissen
Der Malteser Falke kommt mir immer mehr wie eine Pokerrunde zu viert vor, wo sich alle bis auf Bogart geheimnisvoll geben, hoch reizen, dem anderen versuchen in die Karten zu gucken und viel bluffen, gut Spade blufft einmal auch, aber nur um der Wahrheit und nicht um des Profits willen. Das ist für mich sowieso einer der beeindruckendsten Szenen des Films. Spade setzt alles auf eine Karte und stellt dem dicken Mann ein Ultimatum. Als er das Hotelzimmer verläßt, lächelt er breitgrinsend, guckt dann aber zu seiner Hand herunter und sie zittert.
Dieses Bild wollen wir aber wieder ganz schnell vergessen.
Am Ende sind alle bis auf Bogey einem Traum erlegen, er hat seine Geldgeber bei jeder nur erdenklichen Möglichkeit geschröpft (400, 200 und 100 Dollar hier und da, für die 2, 3 Tage Arbeit für die damalige Zeit kein schlechter Verdienst), die 1000 Dollar von Greenstreet gibt er der Polizei, nicht als Bestechung, sondern als Beweis für seine eigene Unbestechlichkeit.
Bin immer wieder von Huston's straffer Regie begeistert. Man könnte meinen Huston hätte vorher nichts anderes getan als ständig Regisseur zu sein, so souverän, handwerklich filigran fabriziert er mit seinem Debütfilm einen lupenreinen Diamanten. Er treibt den Film zügig voran, verliert sich nicht in unnötigen Nebensträngen und der ungewöhnlich moderne Soundtrack tut sein übriges, diese unverwechselbare Dynamik des Films zu unterstützen. Die Besetzung ist erste Klasse.
Bogart gibt mir das Gefühl das ganze zu genießen, er amüsiert sich über den ständigen Lügenauftisch-Marathon, er ist nichts anderes gewohnt, ihn interessieren nur die 200 Dollar. Für eine Geschichte ohne Lügen hätte er ja eh nur die Hälfte bekommen. Er kennt die (Privatdetektiv)Welt, in der gesagte Unwahrheiten an der Tagesordnung sind, die Klienten benutzen ihn als mietbares Schutzschild, als Mittel zum Zweck, aber er bleibt seinem Ehrenkodex treu, was am Ende besonders deutlich wird, wo er sich nicht Gefühlsduseleien hingibt. Obwohl ein Teil in ihm es gerne tun würde, tut er es aber nicht. Loyal steht er zu seinem Kollegen. Deswegen ist er für mich ein Zyniker. Mir sagte mal jemand, daß Zyniker oft auch Moralisten sind, vielleicht stimmt das ja. Sie wissen wie die harte Welt tickt - oder glauben es zu wissen -, sie zeichnen ein unromantisches Bild einer Welt, in der es keinen Sinn macht auf den Herzschlag zu achten, das ist nur eine simple anatomische Funktion, nicht mehr. Der Zynismus ist vielleicht auch ein Schutzschild, um sich nicht als sentimentalen Romantiker zu outen, denn man ist ja so hart, so eiskalt, daß solche Gefühlduseleien bei einem vollkommen demotiviert, die Chancenlosigkeit einsehend, den Rückzug antreten, bei dem können wir ja eh keinen Blumentopf gewinnen. Dennoch könnte Zynismus auch die Wahrheit durch die Blume sagen sein.
(Ich weiß es gehört nicht hier her, aber momentan bin ich sogar der Meinung das ein aufrechter Amerikaner zwangsläufig ein Zyniker sein muß)
Spade ist am Ende desillusioniert wie eh und je und alleine, ein unromantisch-moralisches Ende, nicht gerade eine Verbeugung vor dem happy end, deswegen schlägt Huston's Der Malteser Falke Hawks´ The Big Sleep zwar knapp aber eindeutig in der Liste der besten Privatdetektivfilme aller Zeiten. Er ist realistischer, noch zynischer und unbestechlicher.
Spade wird nie was mit seiner Sekretärin anfangen, auch wenn sie ihm treu ergeben ist - sie würde bestimmt auch sagen: Ist doch egal, daß Du mir schon 1 Jahr lang kein Gehalt gezahlt hast, wen interessiert schon Geld -, ist und bleibt sie tabu. Sie ist sein Kumpan, die ihm gerne mal beim Zigarettendrehen hilft. Sie ist wahrscheinlich die einzigst verlässliche Konstante in seiner Welt, auf die er sich 100% verlassen kann.
In Bezug auf die Frauenwahl von Huston, muß ich sagen, daß alle 3 (Witwe Archer, Sekretärin und Mary Astor) gut gespielt haben - Spade's Sekretärin hat aber meiner Meinung nach in einer Situation einen Overacting-Ausfall, als Mary Astor mit ihr telefoniert und vorgibt entführt zu werden -, ganz besonders Mary Astor ist herausragend, aber in anderer Hinsicht sind mir dann doch Hawks-Frauen weitaus lieber, denn die sind nach meinem Geschmack . In Bezug auf Schauspielführung würde ich aber Huston eher ein Kompliment machen, weil er die Schauspieler nicht so stereotyp wie Hawks spielen ließ. Hawks inszenierte oft und gern den Star, den Typus, das Klischee, aber Huston verlangte mehr von ihnen, sie durften/sollten die ausgetretenen Pfade verlassen, er zeigte sie in ungewöhnlichen Rollen und verprellte da zuweilen auch das Publikum. Bogart schickte er auf Goldsuche, nach Florida, nach Europa, nach Afrika. Das sind mehrere Typen, mit weitaus mehr Tiefe.
#8
Geschrieben 11. März 2004, 21:05
Ein Film, den ich schon 1000 Mal gesehen, eine Filmmusik, die ich ebenso oft gehört habe. Und ich brauch kein Prophet zu sein, um zu wissen, dass das in Zukunft noch so weiter geht. Und das nervt, gut es kann ja mal Stimmungen geben, wo man diese simple Welt unbedingt braucht, den verlässlichen Mainstreammüll, der jede von Hollywood konditionierte Erwartung erfüllt. Der perfekte Traum, wo kurz vor Ende noch einmal alles zu scheitern droht, aber dann steht der im wahrsten Sinne des Wortes gebrochene Mann wieder auf und reitet mit dem ebenfalls lädierten Pferd, nach einer american dream meditativen Phase des Heilens, wieder zum Sieg.
Laß Dich nicht unterkriegen, glaub an Dich, dann wirst Du es schaffen und wenn Du es nicht schaffst, dann hast Du es ja auch nicht verdient, schließlich hast Du nicht genug an Dich geglaubt.
Kürzlich hörte ich in einem anderen Film, den in etwa so lautenden Spruch:
Die indianischen Regentänzer hatten nur deswegen Erfolg, weil sie erst dann aufgehört haben, als es anfing zu regnen.
Manchmal frage ich mich sogar, ob da vielleicht was Wahres dran ist, aber dann muss ich an Forrest Gump denken, wo eine Behinderung förmlich weggesprengt wird, nach dem Motto Glaube versetzt Berge, bzw. macht eine Behinderung zunichte. Das ist mir dann zu simpel und naiv. Dieser in den USA definitiv vorhandene Glaube - vielleicht, weil er u.a. so gebütsmühlenartig vom Hollywood-Kino gepredigt und in die Köpfe der Menschen von morgens bis abends eingetrichtert wird - ist eine nicht zu leugnende Stärke. Wahrscheinlich einer der Hauptgründe für die in vielerlei Hinsicht geltende Stärke, Größe eines Landes und deswegen dürften die Amerikaner Seabiscuit tendenziell mögen, weil er ureigenste USA ist. Pionier- und Erfindungsgeist gepaart mit dem Glauben an sich selbst, eine große Zukunft und das Eintreten für Chancengleichheit.
Andererseits nervt mich dann wieder diese ständige, zu penetrante dahingaloppierende Siegen oder Verlieren Scheuklappen-Mentalität, wo nur an der Oberfläche herumgemalt wird. Man ist/wird fixiert, gesattelt, geeicht auf Sieg und ein Sieg ist nur durch Verlierer schön, sonst wäre er ja keiner. Deswegen ist die USA ja auch so eine Sportnation. Dieser Fordmotor wird wohl nie zum Stottern kommen, das gemeinsame an einem Strang ziehen mit einem Sieger ohne einen Verlierer, scheint ein Unding. Aber ich werde zu sentimental.
Bei Seabiscuit gibt es ja auch ein Team (Pferd, Pferdebesitzer, Trainer und Jockie), das auf eine sehr humane Art zusammenhält. Der Selfmademann Bridges ist zudem auch sozial engagiert bzw. versteht es geschickt diesen Eindruck zu erwecken, der andere Pferdebesitzer des 100.000 Dollar-Rennens ist dann stereotyp das Gegenteil, ein großkotziges Arschloch, das habe ich auch schon 1000 Mal gesehen und deswegen ist Seabiscuit auch kein besonderer Film. Er ist schön fotografiert, die Schauspieler machen einen guten Job, alles kommt einem so bekannt vor, man ist Zuhause, bla bla bla…
Tobey Maguire, extra auf Jockie-Gewicht gebracht, ist für mich eindimensional wie immer, er kann wohl nur eine Rolle spielen, aber die gut.
Er ist als Jockie zu groß und isst deswegen weniger, Seabiscuit ist als Pferd zu klein und isst deswegen mehr. Beide brechen sich das Bein. Wäre diese Geschichte nicht wirklich in den USA passiert, hätte man sie in den USA erfinden müssen.
Bei solchen Filmen habe ich immer das Gefühl, dass sie betimmte Kriterien erfüllen, von diversen Lobbies abgesegnet werden müssen, ehe sie an den Start gehen bzw. die Fabrikhalle verlassen dürfen: Er muss human sein, ein happy end haben, das Gute muß über das Böse siegen und und und…
Summa summarum: Die Geschichte muss eine politisch korrekte Moral haben, die nicht unbedingt lebensnah sein muss, weil das Publikum ja einen perfekten Traum träumen will, die Realität ist da oft ein krasser Gegensatz. Es sei denn, die Realität hätte in Realzeit ein perfekte Vorlage für Hollywood geliefert, sowas wird gerne adaptiert…
#9
Geschrieben 15. März 2004, 20:01
Der Film ist so grobschlächtig wie Idi Amin, was ich auf eine Art sogar ganz passend finde. Und das ist vielleicht die Stärke dieser oberflächlichen, nicht gerade professionell anmutenden Trashgurke, diese Stärke ist aber nach meinem Empfinden wohl unbeabsichtigt, purer Zufall. Rigoros und konsequent folgt er der bluttriefenden Chronologie des Terrors. Ohne große Erklärungen, fast stichwortartig werden Szenen aneinandergereiht, die eine Kausalitätskette bilden, z.B. weißer Journalist stellt kritische Frage - kommt in Haft - vor Gericht - Richter zieht sich zum Urteilsspruch zurück - wird dabei von Amin angerufen, mit der Bitte um Todesurteil - Richter spricht ihn frei - wird von Amins Leuten abgeführt. Mit so simplen Mitteln wird die despotische Politik Amin's auf den Punkt gebracht, zwar äußerst oberflächlich, aber treffend. Dieser im Film geschilderte Amin ist ein primitiver Kannibale mit Macht, sehr gefährliche Mischung. Der Film macht auf mich den Eindruck die Bilder und Opfer von Amin's Terrorherrschaft undifferenziert, unkommentiert zu lassen, so erhält er zuweilen Exploitation-Dokumentarfilmcharakter, der sich an den Grausamkeiten weidet, passenderweise wirft Amin den Kolonialmächten Ausbeutung vor und verweist sie des Landes. Großbritannien kriegt ganz besonders sein Fett weg und den Zorn Amin's zu spüren, die Großmacht, die ihn nicht unwesentlich gefördert hatte. Sie waren froh keinen Kommunisten in Uganda zu haben und jetzt entwickelt er sich zu einem gefährlichen black Hitler. Der Fremdeinfluß ist ihm ein rotes Tuch und so ist alles Fremde - außer natürlich Waffen und Devisen -, jeder Ausländer im Land unerwünscht.
Seinen Größenwahnsinn (i am the strongest African) immer mehr auslebend, lässt er sich von Weißen auf einer Bahre tragen und dreht damit den Kolonialmachtsspieß um. Diese Geste, dieses Bild gefällt mir, aber um nicht missverstanden zu werden, der Person Amin kann ich nichts Positives abgewinnen. Gegen Kolonialmentalität, die ganz simpel meint Ich bin mehr wert als Du, Du Wilder, wir bringen Dir jetzt den Segen der Zivilisation, Zeit missioniert zu werden, hatte ich schon immer etwas. Sie ist für mich sehr dem Nationalsozialismus, den Mechanismen desselbigen sehr verwandt. Und so kann man Amin vielleicht sogar nachsagen, dass er bei den Kolonialmächten in Lehre gegangen ist und nun, als er selbst die Macht hat, sein Gelerntes in die Tat umsetzt. Vielleicht schwelte in ihm das von den Kolonialmächten eingetrichterte Minderwertigkeitsgefühl des dummen Niggers, der ein Sklave der Weißen ist. So sah er sich vielleicht als Visionär, der Schwarzafrika ein Selbstwertgefühl geben wollte und deswegen es so wie die Nazis überbetonte, aber das kann auch eine selten dumme These sein.
Noch in einer Szene zuvor nahm sich eine Frau bei drohender Vergewaltigung durch Amin das Leben, nun folgt eine fast schon surreal anmutende Rallyesequenz. Hier habe ich den Eindruck, als würde der Film alles zuvor an Abscheulichkeiten Gezeigte bagatellisieren. Jetzt beginnt der chauvinistische Wunschtraum eines Mannes, der mit einer noch eben unbekannten 17-jährigen Schönheit an seiner Beifahrerseite, das Leben genießt. Und die nicht einmal vergewaltigt zu werden braucht, sie will es ja, es ist eben die größte Ehre. Sie kann es kaum erwarten, die Musik versinkt im der Himmel ist voller Geigen Kitsch. Die Rallye ist nicht mehr so wichtig, das Auto wackelt kräftig hin und her. Schnitt: Sie heiraten
Innerhalb des wirklich nicht gut gemachten Films, dem ich aber hinsichtlich seiner Authentizität einiges abgewinnen kann, empfinde ich dies als geschmacklosen Stilbruch. Vielleicht mache ich es mir da aber auch zu einfach und sehe es zu sehr aus einem moralischen Blickwinkel, der mir bei solch einer Thematik derlei Abweichung verbietet, ja mein ganz persönliches Tabu. Nur diese kurze Passage drängte sich mir so als unpassend empfundener Fehler im Bild förmlich auf.
Die Hochzeit ist vorüber und der Film macht in der gewohnt drastischen Art weiter und steuert auf das erwartete Ende zu. Zuweilen habe ich sogar das Gefühl ein Snuff-Movie zu sehen, bei den Folterszenen ganz besonders. Für Zartbesaitete ist der Film wirklich nichts.
Ein zwiespältiger und kontroverser Streifen, aber ich fand ihn sehr interessant. Zuletzt vor 15 Jahren auf Deutsch, jetzt in Englisch gesehen, in der Sprache wie er gedreht wurde. Das die Afrikaner aus verständlichen und bitte nicht als Vorwurf zu verstehenden Gründen nicht Englisch als Muttersprache sprechen, fällt hier negativ auf, konnte ich doch nicht alles akkustisch verstehen, aber bei der Bildgewaltigkeit des Films sprachen die Bilder ja eine mehr als deutliche Sprache. Meine Version geht 95 Minuten, war schon recht drastisch, habe ihn auch als uncut empfunden, aber es soll noch eine 101 Minuten Version geben.
Schauspielerisch gab es hier wahrlich keine Glanzleistungen. Josef Olita als Amin ist einfach überfordert, zeigt einem diverse Male, dass er mit seinem Latein am Ende ist, das ist der casus cnaxus. Der Unterschied zwischen einem guten und schlechten Schauspieler ist einfach der - und das sagt jetzt der 9x-Klugscheißer zum Altklugscheißer auf der üblichen und vollkommen versöhnlich gemeinten 2-stoßen-an-Schiene -, dass man bemerkt, dass er spielt. Glaubst Du es ihm, oder nimmst es ihm nicht ab. Tobey Maguire ist für mich definitiv kein herausragender Schauspieler, aber er hält einen bestimmten Level und ich nehme es ihm ab, es wirkt nicht wie eine künstliche Situation. Er macht mir nicht bewusst, dass das Gezeigte eine spür- und sichtbare Phase zwischen Action und Cut war, ich habe die Kamera vergessen. Und der so was schafft, ist in meiner ganz subjektiven Sicht der Dinge kein schlechter Schauspieler.
#10
Geschrieben 16. März 2004, 21:07
Bruce ist als einziger weiß bei der Totenfeier gekleidet, soll das seinen Sonderstatus dokumentieren? Er, wie alle Chinesen (nicht nur in diesem Raum) werden von den Japanern getriezt, gedemütigt und provoziert, aber noch nicht Bruce, ruhig Blut. In der nächsten Szene ist er in schwarz gekleidet, ganz der einsame Rächer. Die Besatzer kriegen hier vollkommen berechtigt ihr Fett weg. Sie mutieren zu Klischee-Karikaturen, vollkommen uneinsichtig, zu sehr von sich eingenommen, werden sie von den Chinesen - hier in Form ihres Messias - von ihrem unrechtmäßig an sich gerissenen Thron gestoßen.
Die arroganten Japaner gucken dumm in die Röhre und aus der Wäsche, nachdem er mit ihnen fertig ist. Die vielleicht pathetische Moral von der Geschicht könnte lauten. Bruce stärkt das Selbstbewußtsein der Chinesen, stellt ihre Würde wieder her, gibt ihnen den Fighting Spirit zurück. Man darf sich nicht von den Aggressoren und Okkupanten zu Hunden an der Leine degradieren und einen Maulkorb verpassen lassen. Am Ende opfert er sich gar für seine Schule, stellvertretend für ganz China. Seine Funktion als Katalysator zur Wiederherstellung des Nationalstolzes ist erfüllt und er kann sich in ein finales ich-beuge-mich-niemanden-Pistolengewitter-Standbild
hineinstürzen,
oder wie die Moral von der Geschichte auch immer ist. ( Ganz nebenbei habe ich mich in diesem Augenblick gefragt, ob die wohl hinten an der Tür der Schule Stehenden - inklusive des japanischen Botschafters - nicht auch ein paar Kugeln einfangen.
Bruce Lee nimmt hier schon ENTER THE DRAGON einiges vorweg, von daher erscheint mir letzterer an manchen Stellen wie ein rip off. Lee ist einfach grandios und er beweist sogar komödiantisches Talent. Die verschiedenen (Tarn-)Rollen scheinen ihm richtig Spaß zu machen.
Er stellt den Helden als tragische Figur dar, die wie von einer fremden, kosmischen Kraft geleitet zu werden scheint und ihre Bestimmung auf Gedeih und Verderb erfüllen muß, ohne wenn und aber, Scheuklappen-Tunnelblick.
Bei seinen beeindruckenden Kämpfen macht er ohnehin auf mich in seiner Mimik den Eindruck, besessen zu sein, fast wahnsinnig, nach dem Motto, der Weg ist das Ziel, wie in Trance erledigt er seine Gegner. Er ist wie von einem Dämon besessen. Er fällt aus dem Rahmen der Gruppe, er passt nicht richtig in ihr Bild, womit ich wieder beim Sonderstatus wäre. Vielleicht sogar auf lange Sicht nicht in ihr lebensfähig.
Natürlich ein typischer schwarz-weiß Film und das Bruce dem Regisseur Lee Lo Wei eine rassistische Grundtendenz unterstellte, ehrt Bruce. Die Japaner kommen hier wirklich nicht gut weg, ebenso wie ein rothaariger Russe mit Bart. In diesem Zusammenhang frage mich oft, ob es noch andere Eastern mit rothaarigen Russen gibt, womöglich ein gern benutztes Klischee. Zumindest ist ein solcher in dem thematisch durchaus Parallelen aufweisenden rotchinesischen DUELL MIT HARTEN FÄUSTEN anzutreffen, der noch arroganter war (den Russen meine ich damit). Das ist sowieso eine Frage, die ich mir häufig stelle. Ist China tendenziell ausländerfeindlich, vorsichtiger ausgedrückt, skeptisch gegenüber dem Ausland, den Einflüssen? Schließlich haben diverse Besatzungszeiten, u.a. die am Anfang des 20. Jahrhunderts diverser Kolonialmächte in Shanghai, bestimmt nicht gerade zur steigenden Beliebtheit dieser Nationen geführt und von daher durchaus einen mir verständlichen Argwohn gegenüber den Besatzern erschaffen, aber deswegen ausländerfeindlich?
PS:
Es war mir neu, daß man Japaner an den Brustwarzen erkennt (die undercover als Chinesen getarnten Japaner verdecken diese bewußt mit Tüchern). Halte das zuweilen auch für einen ziemlich schlechten Witz, aber lasse mich gerne eines besseren belehren. Vielleicht irgendeine anatomische Abnormität, die sich durch die weit abgelegene Insellage Japans erklären läßt. Nach dem Motto Darwin läßt schön grüßen...
#11
Geschrieben 18. März 2004, 23:59
(Dieses publikumswirksame Foto ist zwar aus Sierra Madre, aber diesen BOGART bekommen wir nicht)
Jetzt endlich den Film gesehen, obwohl ich ihn schon seit Ewigkeiten auf Video habe, kam ich in zuvor 2 mir nicht erklärlichen Versuchen nie über Minute 30 hinaus. Vielleicht weil ich einfach nicht mit der Thematik Freundschaft schließen konnte, zumal ich wusste worauf der Film hinaus läuft. Oder es darauf zurückzuführen, dass Bogart in Personalunion am Ende stirbt und der Bösewicht ist, das konnte es nicht sein, schließlich war beides vor diesem Film schon oft genug der Fall gewesen, darin hatte er Routine und ich mochte sie ja auch immer. Aber ich finde es auch ironisch, dass Bogart, dessen Karriere ja man in 3 Phasen teilen kann (frühe Filme 1930 - 1940, die Bogart Filme 1941 - 1948 und die späten Filme) hier auf dem absoluten Höhepunkt seiner Karriere, von seinem Image sich distanziert und sich einerseits wieder zu dem bad guy der 30er zurückentwickelt, aber andererseits sein Spiel viel differenzierter - auch weil man ihn ließ bzw. er es sich aussuchen konnte - gestalten durfte/konnte. Und weil seine Charaktere nicht mehr so stereotyp eindimensional waren, mutierte er immer mehr zum Charakterdarsteller. Wahrscheinlich wusste er genau, dass er für das Klischee BOGART nun zu alt war und sich ändern, weiterentwickeln musste, auch wenn das Publikum darauf nicht gefasst war.
Natürlich spielte er danach auch ab und zu wieder BOGART, aber auf lange Sicht fing jetzt seine Fliegenzeit an.
( Mir ist aufgefallen, dass er seit etwa 1950 die Krawatte mit der Fliege tauschte). In dem Sinne ist für mich DER SCHATZ DER SIERRA MADRE ein klarer Wendepunkt, eher Wandelpunkt seiner Karriere.
Von der Moral her ist DER SCHATZ DER SIERRA MADRE ein typischer Warner Bros. der 30er, Bogart muß ins Gras beißen, er hats verdient. Bogart überzeugt in seiner Rolle, allerdings frage ich mich den ganzen Film schmunzelnd: Warum mussten die es denn mit seinem Haarteil so dermaßen übertreiben.
Ein unauffälligeres Toupet wäre besser gewesen.
Der Film ist wirklich nicht schlecht, mit herausragenden schauspielerischen Leistungen, aber auf eine bestimmte Art kann ich mich nicht für ihn erwärmen. Es fehlt der Identifikationsfaktor, es ist für mich einfach nur eine moralisch-knochentrockene Parabel über Gier und was sie aus einem Menschen machen kann. Von Anfang bis Ende konsequent durchexerziert. Der Film ist so nüchtern und am Ende ist der Magen leer. Nichts überrascht mich, alles erscheint mir so vorbestimmt, so klischeehaft, irgendwie blutleer. Der von Walter Huston gespielte Charakter weist da sogar Ähnlichkeiten auf: Er hat viel erlebt, alles was er in diesem Film erlebt, überrascht ihn nicht. Er ist mit sich und der Welt im reinen. Er ist souverän und weise. Aber das bekommt dann auch so etwas Altkluges: Ich hab es euch ja gesagt und ich reib es dir in 5 Minuten noch mal unter die Nase. Was der Film dann auch diverse Male macht.
Ich sehe mir den Film noch mal vor meinem inneren Auge an, rekapituliere bestimmte Szenen und stelle dann ernüchtert fest, da hat sich mir wirklich nichts aufgedrängt, wo ich sagen könnte: WOW!!!. Und je mehr ich über DER SCHATZ DER SIERRA MADRE nachdenke, desto enttäuschter bin ich. Diese häufig gelesenen Kritikerlobeshymnen kann ich nicht nachvollziehen, zum Meisterwerk fehlt mir da einiges, empfinde den Film als unbefriedigend. Vielleicht bin ich einfach noch nicht reif für ihn.
Die Aversion gegen die Thematik wird wohl der Grund sein und damit meine ich nicht "Schatzsuche-Filme" (DIE ABENTEURER und sein Quasi-Sequel DER RAMMBOCK sind mir da viel lieber), sondern eine Fallstudie der Gier, ja es gibt wohl einfach Filme mit Themen, die mich nicht interessieren. Ja, jetzt wird es mir bewusst: Ich finde DER SCHATZ DER SIERRA MADRE einfach langweilig.
Und das witzige ist, als ich mir zur Vorbereitung auf diesen Film mal hier beim Filmforum eine andere Meinung einholen wollte, las ich bei Oskar folgendes:
Zitat
Der Film ist auf seine Art sehr karg wie die mexikanische Berglandschaft und wollte ich Oskar anfangs nicht Glauben schenken, würde ich sein Geschriebenes jetzt sofort unterschreiben. Allerdings muß ich als großer Warner Bros., Humphrey Bogart und John Huston Fan in einer Hinsicht hier ganz klar ein paradoxes Veto einlegen und lasse hier mal den 9x-Klugscheißer raushängen:
Anno 1948 war DER SCHATZ DER SIERRA MADRE der bis dato teuerste Warner Bros. Film, satte 3,8 Millionen Dollar hat der Film verschlungen und es war der erste Nachkriegsfilm eines Major Studios, der komplett, bis auf einige Nachdrehaufnahmen bei Warner Bros. im Studio, on location in Jungapeo (Mexiko) gedreht wurde. Er wurde also nicht back lot auf der Calabassas Ranch gedreht, wo Warner immer die Außendrehs ihrer Western machten. Mexiko war Huston's Wunsch
“Ein Drehort war erst dann so richtig nach seinem Geschmack, wenn wir ein paar Flüsse durchqueren und in der Sonne durch schlangenverseuchtes Terrain wandern mußten” (Bogart über Huston)
(Na ja, bei AFRICAN QUEEN sollte es ja auch spaßig werden)
Despektierlich kann man dem Film vorwerfen, dass man das investierte Geld nicht wirklich sieht. Ich muß aber auch hier Oskar zustimmen, denn einige Bilder machten auch auf mich den Eindruck Studiocharakter zu haben, z.B. bei der Schießerei mit den mexikanischen Banditen, am Lagerfeuer, am Zelt.
PS: back lot ist ein Begriff, den ich bis heute gar nicht kannte. Er wurde in Cinemania 97 nur im Zusammenhang mit diesem Film genannt. In Katz's Film Encyclopedia wird back lot so erklärt: "An open-air area on studio property designated for the shooting of exteriors. It may consist of stark open spaces or include elaborate re-creations of background architecture, such as a typical Western street or a downtown intersection in a big city. Although the results often seem artificial, the use of a back lot can save a studio the cost and the time consumed by shooting on location."
#12
Geschrieben 20. März 2004, 14:11
Es ist oft so, daß ich mich vorher informiere um was es in einem Film geht, ob er überhaupt mein Interesse weckt. Bei diesem Film war dies schnell der Fall, schließlich handelt es sich hierbei 1. um einen Hawks-Film und 2. einen Gefängnisfilm. Gerne sehe ich Filme, die mit einem Schuldspruch 10 Jahre Gefängnis ohne Bewährung anfangen. Ist der zu dieser Strafe verdonnerte unschuldig - ist mir eigentlich scheißegal, aber für die Moral, ganz besonders aus der Zeit ist es wichtig -, wie wird er hinter Gitter klar kommen, wie wird der Alltag geschildert. Solch einer Studie, zumal aus den sehr Sozialdramen verbundenen 30ern, schaue ich gerne zu.
Ich bin positiv von Hawks differenzierter und augenscheinlich um Authentizität bemühten Inszenierung überrascht, die Schilderung des Alltags im Knast. In einer Szene, wo die hohen Steinmauern im Hof des Gefängnisses gezeigt wurden und die Häftlinge in Reih und Glied marschierten hatte ich sogar eine Metropolis-Assoziation, so als ob Hawks uns damit sagen wollte, im Gefängnis wird - das sagt später der Doktor auch - durch mechanisch geistlose Arbeit der Mensch, das Individuum, sein Spirit gebrochen. (Für den im positiven Sinne durch und durch Amerikaner Hawks ein Unding, zumindest möchte ich dieses Bild so interpretieren) Wenn Hawks aber nicht in die seinerzeit (oder jederzeit) üblichen und von mir als störend empfundenenen Trivialhörner des Kitsches und der Klischees gestoßen hätte, wäre der Film für mich ein kleines Meisterwerk.
Da ist der Staatsanwalt Brady (Walter Huston, ich habe ihn wirklich nicht nach Sierra Madre erkannt, ist ja auch nicht fair, ist schließlich 17 Jahre jünger), der Graham hinter Gitter bringen will, weil er angeblich einen Mann umgebracht hat - es war allerdings Selbstverteidigung -, er setzt seine Forderung (10 Jahre Haft) durch. Graham zerbricht immer mehr im Gefängnis. Nach 6 Jahren Arbeit in der Jutefabrik hat die mechanisch geistlose Arbeit (so die Diagnose des Gefängnisarztes) seinen Geist und Glauben gebrochen. Aber irgendetwas in ihm ist es wert gerettet zu werden, entspricht er doch ohnehin nicht dem Stereotyp eines Häftlings, so zumindest der sich nicht nur um die körperliche Gesundheit sorgende Doktor ( warum gibt es hier nicht so einen Hut-Smiley?, chapeau, edel!!!) und unterbreitet dem neuen Direktor die Bitte, Graham eine andere Arbeit zuzuweisen, die ihn ins Leben zurückholt.
Was für eine Überraschung, der ehemalige Staatsanwalt Brady ist jetzt Direktor, als seine Tochter den Raum betritt, klickte es sofort bei mir und ich sandte Stoßgebete irgendwo hin, schließlich sah ich einen ganz bestimmten Handlungsstrang hereinstürmen, der aus der romantisch-kitschigen Ecke kommt, der sich vehement aufmachte zart seine ersten starken Banden zu knüpften.
Volltreffer (jetzt hätte ich gerne einen Smiley, der in den Hut beißt), diesen Jackpot wollte ich nicht gewinnen. Graham wird der Fahrer der Tochter und er ist nicht nur ins Leben zurückgeholt, er begehrt, Zeit für Frühlingsgefühle. Die Zeit im Gefängnis ist jetzt für ihn nur noch das reinste Honigschlecken, er distanziert sich von seinen Mithäftlingen. Der Direktor will sogar für eine Begnadigung eintreten. Aber das wäre dann doch zu glatt, ein kleiner Cliffhanger muß her: Die Tochter verreist für eine Woche und im Gefängnis soll ein Singvogel von den Gefangenen umgebracht werden. Dummerweise steht Graham auf Befehl des Direktors in seinem Büro und soll auf ihn warten, der Singvogel ist ebenso dort. Graham's Zellenbruder Boris Karloff (weil er ein Bier getrunken hat, kam er in den Bau!!!), der ihm zuvor noch geraten hatte sich fernzuhalten, stürzt herein und killt Birdie. Der Direktor kehrt zurück und sieht Graham neben der Leiche stehen. Graham hat wieder seinen Glauben verloren. Brady wird rückfällig und spielt wieder den Staatsanwalt (dieses Bild gefiel mir) und klagt Graham an, allerdings in einer wohlwollenderen Coleur: nun reden sie doch, wer wars, sie waren es ganz bestimmt nicht, das weiß ich, aber sie können doch nicht so dumm sein, und für einen Knastbruder den Kopf hinhalten, es zählt nur das Strafgesetzbuch, das ist das einzige woran sie, ich mich halten soll oder so ähnlich.
Graham bleibt stur und verrät den Mörder nicht. Der Gefangenen-Ehrenkodex bringt ihm 1 Woche Bunker. Der Direktor ist verzweifelt, weil er Graham mittlerweile sogar wohl gesonnen ist und auch noch nach einer Woche unkooperativ bleibt.
Die Tochter ist wieder da und gesteht dem Vater ihre Liebe ( Nein, sie heißt nicht Elektra), das macht die Sache auch nicht leichter, weil auch der Druck von außen stärker wird und der Öffentlichkeit ein Schuldiger präsentiert werden muß, selbst Brady's Stuhl ist in Gefahr, seine Chancen bei der so sehr ersehnten Wahl zum Gouverneur schmälern sich immer mehr.
Jetzt wird es dramatisch, es geht um Minuten: Graham's Freunde haben dem Essenskessel für den hoffnungslosen Eingebunkerten ein Messer beigelegt, das ihm 2 Optionen gibt, der Freitod ist meine favorisierte Variante ( hey, nicht im Leben, innerhalb der Geschichte). Boris Karloff bekommt Wind davon (oder das Drehbuch) und sagt - fast heldenhaft -, daß er nicht will, das der Junge für ihn büßen muß, zumal er 1 Woche den Mund gehalten hat. Er fängt einen Streit an, um in den Bunker zu kommen.
Direktor Brady ist mittlerweile das Wohl seiner Tochter lieber als sein eigenes. Er will das Graham hochgebracht wird. Vielleicht bringt ihn die Liebe zum Sprechen...
Die Alarmsirene ertönt. Sie stürmen in den Bunker.
Graham lebt und Karloff hat sich in einer Zelle mit einer Waffe verschanzt. Das typische Ende ist mehr als klar und eindeutig zu sehen. Karloff wird zwar erschossen, aber kurz zuvor kann er noch seine Drehbuchfunktion erfüllen: Ich war es, nicht Graham...
Schade, keine spiegelglatte Tragödie, die hätte ich einfach interessanter gefunden, Graham hätte sich das Leben genommen, Karloff wäre zu spät gekommen und hätte sich umsonst opfern wollen, keine Zukunft für die Häftlinge & für die junge Liebe, alles wäre so sinnlos. Aber nein, "Rhett gehe nicht” “O.K. Scarlett, ich bleibe, dann drehen sie eben nicht in 50 Jahren ein Sequel, wir nehmen jetzt schon alles vorweg” Dieses Chapeau vorm Hollywood Ende ziehen, das mußte wohl sein, die Tragödien sind seltener und deswegen einprägsamer.
Schade, durch solche Aneinanderreihung von zu erwartenden Klischees (z.B. die Moral: Selbstverteidigung=Unschuld=er muß am Ende das Mädchen kriegen und natürlich freikommen) verkommt ein an sich guter Film zu einem fast Standardfilm, allerdings die z.B. sehr differenziert dargestellten Häftlinge machen ihn zu etwas mehr. Howard Hawks hatte seine ganz persönliche Note zu diesem Zeitpunkt noch nicht entwickelt, erkannt hätte ich ihn ehlich gesagt nicht.
Walter Huston spielt den bis ins Mark gesetzestreuen Unbeugsamen, der Gerechtigkeit und Auge um Auge will, wer jemand umbringt, muß dafür büßen, jede Tat muß gesühnt werden. Als er Direktor wird, die Gefangenen einen Aufstand wegen ihm veranstalten, schließlich brachte er die meisten hier hin, geht er alleine in die Höhle des Löwen, auf den großen Platz, wo die Sträflinge ihre Freizeit verbringen und bietet ihnen die Stirn. Er erstickt alle zuvor angedeuteten Ermordungen im Keim. Vielleicht auch ein Sinnbild dafür, daß die Gefangenen im gewissen Sinne dann doch hier das Gesetz anerkennen und ihm sich beugen. Außerdem läßt er sich von einem Gurgeldurchschneider rasieren. Ja, da wird unbändiger Mut, die Unbeugsamkeit und der gestählte Wille, die Unbestechlichkeit, das sich niemals seinen Prinzipien untreu werden zelebriert. Vielleicht dann doch ein wenig Hawks.
#13
Geschrieben 21. März 2004, 23:16
"Bruce, meinst Du nicht die Leute merken, daß das nur ein Colosseum-Plakat ist?"
"Luhig, Nollis, wil dlehen schon!"
Das war damals als 5. Kläßler mein 2. Eastern überhaupt (18 KÄMPFER AUS BRONZE hatten mich 1 1/2 Stunden zuvor Eastern-entjungfert). Für mich im gewissen Sinne ein bedeutender Tag, kann man doch jenen Augenblick als Geburtsstunde einer Liebe zu einer Kultur, religiösen Spiritualität (da DIE 18 KÄMPFER eher), einem Land sehen.
Damals war ich von diesem Bruce Lee, natürlich auch dem Film begeistert, so was hatte ich zuvor noch nicht gesehen, es haute mich einfach um, es war eine andere Welt. Das Fernsehen hatte seine westliche Moral, Philosophie, Sicht der Dinge auf mich projiziert und somit mich konditioniert - alles natürlich ganz unbewußt. Und nun wurde mir eine verkehrte Welt präsentiert. Der Chinese besiegte die westliche Welt - das verstand ich damals wohl, wenn überhaupt, nur auf einer intuitiven Ebene und ich fand diesen Bruce einfach cool. Das hier meine Weltordnung neujustiert wurde, kann ich erst im Rückblick konstatieren. Vielleicht erkannte ich auf einer wieder unbewußten Ebene die Egozentrik Europas, die der ganzen Welt dank ihrer Kolonialmachtpolitik den Stempel MADE IN EUROPE aufoktroyierte. Bilder sagen oft mehr, sieht man z.B. die europäische Weltkarte, ist Europa im Mittelpunkt, auch wenn anderen das vielleicht sofort auffällt, bewußt war mir das erst dann, als ich die amerikanische Egozentrik sah bzw. ihr Weltbild, sie hielt mir den Spiegel vor. Meine Welt war nun größer, es gab China. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Über die Jahre hatte ich ihn dann noch 2x gesehen und nun heute wieder. Nehme ich mal DIE TODESFAUST DES CHENG LI außen vor - weil ich ihn so lange nicht mehr gesehen habe -, gehört für mich DIE TODESKRALLE SCHLÄGT WIEDER ZU zu dem 2.schwächsten der 4 richtigen Lee-Filme, ich muß aber ihm zumindest attestieren, daß er der ungewöhnlichste von ihnen ist.
Dennoch empfinde ich ihn unausgegoren, habe das Gefühl Bruce Lee (Darsteller, Regisseur, Produzent und Autor in Personalunion) ist unentschlossen, was er denn eigentlich für einen Film machen will und dann stößt mir etwas auf, was ich gar nicht wahrnehmen will: Ich habe das Gefühl Bruce Lee inszeniert sich in doppelter Hinsicht selbst, gefällt/zelebriert sich als Märtyrer, arbeitet ganz bewußt an seinem Mythos.
Gefallen tut mir dennoch sein dargesteller Charakter:
Er scheint wie in TODESGRÜSSE AUS SHANGHAI nur auf einer funktionalen Katalysator-Ebene (er wird gebraucht - hilft - und geht dorthin, wo er wieder gebraucht wird, das ist sein Leben, nicht mehr...) zu existieren, möglicherweise darf er gar keine Wurzeln schlagen, persönliches Glück ist ihm strikt versagt, im gewissen Sinne lebt er Selbstklosigkeit, das Selbstopfer. Wieder gehört er nicht richtig dazu, ist eine Instanz zwischen Himmel und Erde, so eine Art Racheengel.
Die Wahl der Location Rom und das Colosseum als finaler Duellierplatz, finde ich auf eine bestimmte Art sehr gelungen, wenn man den Film als Clash Of Cultures sieht und vielleicht versteht sich der Film sogar so. Dabei wurde ich auch an die in ONCE UPON A TIME IN CHINA geschilderte Konfrontation zwischen der modernen westlichen und der alten chinesischen Welt erinnert, wo Rosamund Kwan Jet Li begeistert von den Errungenschaften der westlichen Welt erzählt, er ist da eher skeptisch. Nur hier ist es genau andersherum, so zumindest meine Interpretation: Rom ist alt und voller Ruinen, die von der ehemaligen Pracht einer längst untergegangenen Weltmacht künden, was soll daran so toll sein, ist doch nur noch Staub, das ist kein wirklicher Grund herzukommen oder in Bewunderungsstürme für Europa auszubrechen, Hongkong ist da genau das Gegenteil, jung, vital, okönomisch, nur die Zukunft und das Jetzt zählt. Bruce Charakter scheint sowieso alles mehr aus der zweckdienlichen Perspektive zu sehen. Nora Miao ist ob seiner Reaktionen und Verhaltensweisen pikiert und fragt sich wohl, wen ihr da ihr Onkel geschickt hat.
Sie und die anderen Chinesen - vielleicht ist das sogar als Vorwurf zu verstehen, denn ehrlich gesagt glaube ich, daß so manches Bild einen Sinn hat, wie z.B. die Katze und das Kitten - wurden von der westlichen Kultur assimiliert, im gewissen Sinne ordnen sie sich sogar unter, ganz besonders durch den doppelzüngigen Chinesen, der erst am Ende sein wahres Gesicht enthüllt, aufgezeigt, der mir fast wie ein feiger Stiefellecker vorkommt. Die Heimat kennen sie fast nicht mehr, die Bande bestehen zwar noch, aber sie sind angerissen. Ich bin nicht der Meinung, daß das so ist, ist ja nur eine Vermutung Lee könnte dies unterstellen, wäre dem wirklich so, fände ich das ziemlich reaktionär.
Am Anfang am Flughafen erweckt Bruce Lee den Eindruck eines verloren gegangenen Gepäckstücks, daß nicht abgeholt wurde und sich absolut deplaziert fühlt. Ein Chinese in Rom und dann noch ein Film aus HK, der dort spielt, das ist schon irgendwie komisch, ungewohnt (für den chinesischen Zuschauer?), vielleicht setzt Lee deswegen auf den Spaßfaktor, den ich zu gekünstelt fand. (Da gucke ich mir lieber die mit viel Liebe und Wert auf Authentizität legende Parodie ENTER THE FAT DRAGON mit Sammo Hung an, der ist komischer) Er spricht weder die Sprache, noch kann er die Schrift lesen. Ich frage mich, was er (der Regisseur und Autor) damit bezwecken will, daß die Kellnerin, die Italiener oder Touristen am Flughafen, ihn so sehr beäugen. Rikschamann geh zurück nach China, ein Minderwertigkeitskomplex bzw. sie sehen ihn als minderwertig an, oder einfach eine selten gesehene Zirkusattraktion. Vielleicht will der Mensch Bruce Lee zeigen, was er in der westlichen Welt, ganz besonders in Amerika erfahren hat, wie er sich behandelt fühlte, welche Vorurteile gegenüber Chinesen existieren.
Der Film kommt sehr langsam ins Rollen, behäbig inszeniert. Den eigentlichen Bruce Lee, den alle erwarten, kriegen wir erst in Minute 30, ungewöhnlich. Die Kämpfe sind gut, besonders die doppelte Nunchaku-Performance, das Finale ist besser und ich merke, daß ich eine geschnittene Fassung habe. Robert Wall ist mir zu steif in seinen Bewegungen, wie er in den Kämpfen rumstakt, wäre dies eine geheime Storchtechnik gewesen ok, aber so. Chuck Norris ist da zwar schon besser, das ändert aber nichts daran, daß ich ihn noch nie ab konnte
Als ich den Film sah, stellte ich mir immer eine Frage und dummerweise fiel mir kein einziger ein, aber ich meinte dies definitiv schon unzählige Male in Filmen gesehen zu haben, habe gerade ein black out. Das Klischee des als Ersatz gekommenen Helfers, der den Eindruck erweckt völlig fehl am Platz, ja unqualifiziert zu sein, um dann im Augenblick der Wahrheit nur offene Münder der Bewunderung zu ernten...
#14
Geschrieben 22. März 2004, 22:40
Die einige Male wiederkehrende Musik erinnert mich sehr an TANZ DER VAMPIRE und diverse Szenen an TEXAS CHAINSAW MASSACRE (vielleicht wegen der Masken und der Säge). Ganz schön drastisch, da wird einer bei lebendigem Leibe zersägt, tja, man merkt, daß der amerikanische Horrorfilm der 70er Tsui Hark wohl sehr beeinflusst hat. Romero scheint auch zu grüßen.
Die Kombination aus Horror, krassen Szenen und Humor gefällt mir. Das gibt dem Film so was lapidares, unverkrampftes. War es nicht Carpenter, der gesagt hat, daß man Spannungen nur mit 2 Dingen lösen kann: Mit Schreien und Lachen, Hark scheint diese Maxime verinnerlicht zu haben. Ich habe lange nicht mehr so oft spontan gelacht. Erschrocken habe ich mich - abgestumpft wie ich bin - nicht.
Als der coolste von allen,
Tsui Siu-keung, einen Verbrecher sucht und ihm gesagt wird, er würde ihn im Schlachthof finden, schnalle ich nichts und wundere mich, daß ihm freudig erregte Menschenmassen folgen. Erst dann - durch eine Assoziation Das hier ist nicht die staatliche Presse - erkenne ich das Opferlamm in ihm selbst. Seine Begriffsstutzigkeit in Bezug auf das was in diesem Dorf passiert, wird hinlänglich durchexerziert. Ich mag zunehmend die rasante Kompromißlosigkeit des Streifens, die immer wieder mit schwarzhumorigen Gageinlagen aufgelockert wird. Ich kann aber auch verstehen, daß gerade das so manchem anstinkt und in ihm einen Zwitterfilm sieht. Oft schon bei mir selbst erlebt, aber hier geht die Mischung auf. So ungerecht kann man sein, ich weiß nicht woran es liegt, daß man bei dem einen genau das gut findet, was man beim anderen als unpassend erachtet.
Köstliche Unterhaltung. Der absurde Humor wird in der Szene wo ein Flüchtiger sich bei einem Blinden verschanzt (da hatte ich eine Frankenstein jr.-Assoziation) auf die Spitze getrieben. Zuletzt selten so einen frischen, unverbrauchten Film gesehen, gespickt mit vielen Filmzitaten, die übliche chinesische Verspieltheit tut ihr übriges.
Der Film spielt mit den Erwartungen des Zuschauers und weidet Klischees aus. Siu-keung konnte fliehen und verliert das Bewußtsein. Er wird wieder wach, als die Kannibalen ihn wieder zur Schlachtbank ziehen, seine Hand wird abgeschlagen - Schnitt - er wacht auf, war alles nur ein Traum. Die Poe Mär vom Traum im Traum. Liebling hat ihn gehegt und gepflegt. Da hat ein Regisseur eindeutig die Schulbank gedrückt und seine Hausarbeiten gemacht.
Durch die Masken werden die Schlacht-Kannibalen zu gesichtslosen Wesen, sehr zombieverwandt, vielleicht so beabsichtigt. Die Maske - die mir sofort sagt: jetzt wollen wir Dich schlachten - hat dann auch etwas von einem Henker, ob man nun geschlachtet oder gehängt/guillitoniert wird, dürfte dem Opfer egal sein, die Konsequenz ist die gleiche. Das Gesicht seines Mörders sieht er nicht. (Ich frage mich ja, was das hier psychologisch bedeutet, daß und warum man sich zum Schlachten maskiert)
Am Ende entpuppt sich die Maske sogar als listige Tarnkappe der Flüchtigen. Ja es gibt so einige Passagen, die mich an TANZ DER VAMPIRE erinnerten. Hier werden sie als zur Gruppe zugehörig gehalten, weil sie die Masken tragen und dummerweise einer sie verliert, dort tanzen sie einheitlich, um dann jedoch durch ihr Spiegelbild verraten zu werden. Die Jagd geht weiter. Zum Schluß wird es mir dann doch zu bunt, zu turbulent und der Film versinkt im Chaos, die Hark-Hektik.
3 Männer und 1 Frau (eine Anspielung auf DAWN OF THE DEAD?, rein zufällig gibt es meiner Meinung nach bei den wirklich 1a Synchronsprechern auch dort Überschneidungen) können sich vor der Meute retten und sehen einer ungewissen Zukunft entgegen, aber das Ende als so negativ anzusehen, wie es das EASTERN LEXIKON tut, verstehe ich dann nicht ganz. Gut,
“Ein Herz für dich mein Liebling”
ist definitiv kein Standardende, sehr ambivalent und bringt die in diesem Film omnipräsente Willkür (vor allem in Bezug auf Horror und Humor, die ganz spontan, quasi durch Zufallsgenerator gewählt werden) auf den Punkt, das nun in der finalen Aussage als nihilistisch zu bezeichnen, na ja. Ich hätte das vielleicht so empfunden, wenn sie einen von den Guten ermordet hätte, sein Herz herausgeschnitten hätte, um ihrem Liebling dann den noch puslierenden Fleischklumpen zu überreichen, aber hier war es der Böse, der sowieso schon im Sterben lag. Das hat für mich dann eine andere Konsequenz, dennoch hat Siu-keung jetzt ein Problem an der Backe oder am Hals, wie Alfred mit Sarah, ob man neben der ruhig schlafen kann? Aber vielleicht war das ja auch wieder nur ein Traum im Traum. Das Ende suggeriert mir, daß der Alptraum durchaus noch weitergehen könnte, keine Zeit zum Ausruhen, oder einschlafen...
#15
Geschrieben 25. März 2004, 20:20
Down with Love (USA 2003) von Peyton Reed, 98 Min.
Zuallererst eine Hommage an die Doris Day / Rock Hudson Komödien der Endfünfziger und Anfangssechziger, aber auch eine Liebeserklärung an diese Filmzeit und die unbedingt Location New York. Ehrlich gesagt war ich immer ein Fan von diesen Komödien aus dieser Ära (nicht nur die mit diesem Paar). Die Amerikaner entdeckten nun endgültig ihre Neurosen und gingen ganz selbstverständlich zum Psychiater, oder entwickelten sie, weil ihr Analytiker sie ihnen einredete. Es gehörte einfach zum selbstverständlichen Weltbild eines modernen Amerikaners sich psychoanalysieren zu lassen (Natürlich hat Tony Randall in DOWN WITH LOVE einen Kurzauftritt). Das fand ich immer sehr sympathisch, genau wie diese Streifen, sie waren unverkrampft, frisch, ja hatten Esprit.
Und deswegen enttäuschte mich DOWN WITH LOVE gerade so sehr, weil es einfach nicht geschafft wird, diese Zeit wieder zu erwecken, was fast zwanghaft versucht wird. Bewußt wird inszeniert, das ohnehin schon sehr künstliche Kulissenstudiodesign (z.B. der Hintergrund - die pappmaché Skyline von New York bei Nacht und dieser Karton-Mond) harmoniert mit einer Broadwaytheatralik. DOWN WITH LOVE wirkt durch und durch synthetisch.
Barbara Novak (Renee Zellweger) betritt den Raum, bleibt stehen, setzt ein camera-smile auf und es würde mich nicht wundern, wenn sie den Laufsteg heruntergeht und ihre Mode - auf die sehr viel wert gelegt wird - präsentiert. Es hätte nur noch gefehlt, sie würde anfangen zu singen. Das wird Gott sei dank nur im Abspann getan.
Ja, vielleicht sollte das eine Parodie auf solche Filme werden, aber dazu ist er zu unentschlossen, weil er klassisch, dem Original zu sehr verhaftet, sein will. Zugute halten kann man dem Film, daß er sich Mühe gibt die alten Klischees zu reanimieren, was dann aber gleich wieder zu einer kontraproduktiven Backpfeife mutiert, weil man bemerkt wie sehr das Original der Kopie voraus ist.
Es wird aber auch mit Klischees gebrochen und das wohl ganz titelgebend bewußt und das ist meiner Meinung nach der einzige Trumpf des Films. Da haben wir Zellweger, die ein für die damalige Zeit recht unprüdes Buch über die Gleichberechtigung der Frauen schreibt, die viel Sex ohne Liebe wollen. Sie fordert also hier die von Rock Hudson in diesen Filmen oft dargestellte promiskuitive Lebensphilosophie für sich ein. Damit weicht sie offenkundig von Doris Day's eindimensionalen Rollentypus ab. Doris Day war für mich immer das Sinnbild einer prüden, konservativ auf Anstand und was sonst noch pochenden Amerikanerin, die dabei aber durchaus sexy sein konnte, besonders bei diesen Filmen.
Die Prüderie der Amerikaner wurde damals und auch hier wieder mit einem Standardgag auf die Schippe genommen: Die beiden Männer unterhalten sich über die Länge der Socken. In dem Augenblick stellt die lauschende Sekretärin die Sprechanlage an, um zu hören, was da bequatscht wird Von jetzt an wird nur sie gezeigt:
“Was meinst Du ist die Durchschnittslänge bei den Männern?”
“Woher soll ich das wissen, glaubst Du ich drücke mich die ganze Zeit im Klubumkleideraum herum um Vergleichsstudien anzustellen?”
“Zeig noch mal bei Dir, wir können ja messen, ich geh mal ein Lineal holen”
"Lieber einen Zollstock!"
Ein "Aber besser im ausgefahrenenen Zustand messen" löst dann bei der Sekretärin eine genre-archetypische Reaktion der Empörung aus.
Die zusätzlichen bekannten Splitt-Screen-Spiele werden auch ausgeweidet, aber noch um ein paar für die damalige Zeit untypische, weil zu weitgehende, aber eindeutige Austin-Powers-Bildspiele, die durchaus im Genitalbereich liegen, erweitert.
Dann gibt es die für mich größte Überraschung bei solchen Filmen, die ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Dieser wann-sagt-er-es-ihr-endlich-Film entwickelte sich bis Minute 70 ganz genau so, wie ich es als Mainstreamfilm Konditionierter erwartete. Sein Freund plappert ihrer Freundin gegenüber aus, daß es sich bei Zip... wie auch immer (ja, das Klischee mit dem spontan ausgedachten Namen, zugleich Anspielung auf VIP) eigentlich um den gehassten Catcher Block handelt. Die Freundin will ihr sofort Bescheid sagen, werden wir jetzt die übliche Doris Day erleben?
(Nein, die war in solch einer Situation einmalig - ich liebe ja diesen Blick, wenn sie merkt reingelegt worden zu sein und es in ihr zum Kochen kommt und dann Rache angesagt ist, zuweilen mit Engelszungeneinlagen garniert...)
Die Freundin erfüllt ihre Pflicht und beendet die Maskerade, Catcher Block sieht seine sie demütigende Rachefeldzugstory davonschwimmen, aber damit beginnt nur die nächste Demaskierung. Barbara Novak heißt eigentlich Namen vergessen, wußte von Anfang an wer er war, war sogar vor einem Jahr bei ihm Sekretärin, er beachtete sie nie, verliebte sich unsterblich in ihn, sah aber ob seines promiskuitiven Charakters keine Chance für ihre Liebe. Deswegen mußte sie eine Intrige spinnen, ein Buch schreiben, das ganz genau seinen Charakter für Frauen adaptiert, um ihn mit den eigenen Waffen zu schlagen. Sie liebt ihn, er liebt sie jetzt auch, aber weil sie immer mehr zu ihrer eigenen Kunstfigur geworden ist, findet sie gefallen an dieser lieblos sexorientierten Lebensart und jetzt antwortet sie auf seine hinlänglich bekannten Liebesbriefe bis kurz vor Ende des Films nicht. Natürlich ist das happy end sicher.
Im Endeffekt ist DOWN WITH LOVE dann doch auf eine gewisse Art eine intelligente Parodie, der ich aber neben dieser wohltuenden Abkehr vom Mainstream-Klischee nicht wirklich etwas abgewinnen kann. Da war und ist mir die Chemie von Day-Hudson deutlich lieber, als die von Zellweger-MacGregor. Den Zeitgeist von damals konnte man hier nicht einfangen.
A Guy Thing (USA 2003) von Chris Koch
Zu diesem Film will ich nicht viel sagen. Er ist der typische Wann-sagt-er-es-ihr-endlich-Film, so ausgelutscht wie ein 5000 Jahre alter Bonbon. Alles vorhersehbar, das einzig halbwegs originelle daran ist vielleicht, daß seine Lügengeschichten, mit denen er sich ständig bis zum bitteren Ende erfolgreich versucht herauszureden, geglaubt werden.
Er wurde von dem ehemaligen Freund des Mädchens mit dem er eine Nacht verbracht hat (und sich natürlich in sie verliebt) und was seine Verlobte nicht herausfinden darf (DAS IST DIE STORY DES FILMS, WOW!!!) verprügelt. Damit seine Verlobte nicht auf die Wahrheit kommt, erfindet er spontan einen rothaarigen, irischen Schläger mit Afrolook, der eine Narbe im Gesicht hat. Prompt stellt die Polizei solch einen Verdächtigen, nachdem er auf Anraten seiner Verlobten Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte.
Oder der schnell versteckte Slip von Julia Stiles wird dennoch von Selma Blair entdeckt. Er sagt, er hätte das bei einem namentlich genannten Laden für sie gekauft. "Aber er ist doch getragen” “Es war bestimmt irgendein dummer Jungenstreich, die getragene Slips in den Sonderangebotskrabbeltisch packen” Sie ruft bei dem Laden an und diese unglaubliche Geschichte wird bestätigt. Ein neurotischer Wunschtraum...
Nein, solche Filme tun nur noch weh, warum wird sowas nur gedreht? Aber noch schlimmer ist, warum leihe ich mir immer wieder solche Filme aus , bin doch selber schuld.
Diesen Film möchte ich so schnell wie möglich vergessen, Daniel Düsentrieb gib mir ein paar von Deinen Vergall-Tabletten
#16
Geschrieben 28. März 2004, 15:26
(Interessant James Caviezel spielt Jesus Christus und dann da noch diese andere Übereinstimmung)
Vorab: Dieser Film machte mir in vielerlei Hinsicht Schwierigkeiten, Probleme, vielleicht hast Du die auch bei meinen vielen Zeilen...
Ich befolgte den Rat von Schorlemmer und las als Vorbereitungsmaßnahme Lukas 22-24. Danach wollte Pilatus Jesus nicht töten, die Hohepriester wollten seinen Tod, ebenso DAS VOLK (ja so undifferenziert steht es da in meiner Lutherbibel).
Der Teufel kommt in der Bibel in der Kelchszene nicht vor, folglich führt er ihn auch nicht in Versuchung und das der in der Bibel erwähnte Engel ihn in Versuchung führen würde auch nicht, er bestärkt ihn. Die hier gezeigte und sinnblidlich hinlänglich bekannte Schlange wird auch nicht erwähnt. Gut, man kann den Satan als Sinnbild für die Versuchung sehen, Gibson wollte sie womöglich personalisieren. (Aber vielleicht ist dieses einige Male im Film auftauchende, fast androgyn anmutende Wesen, ja dann doch nicht Satan, sondern ein Engel, vielleicht ein gefallener Engel. Über diese Figur bin ich mir nicht im klaren)
Das Judas Jesus für 30 Goldstücke verkauft war mir zwar neu, von dieser Zahl wurde auch nicht in Lukas 22-24 geschrieben, aber vom neuen Testament, den Evangelien und all den christlichen Schriften, habe ich eh keine Ahnung. Judas war für mich immer eine der wichtigsten Schachfiguren in Gottes Spiel, das Zünglein an der Waage. Ohne Judas keine Kreuzigung, keine Himmelfahrt usw. Judas ist der Katalysator der Geschichte, er ist sich seiner Aufgabe bewußt (in diesem Sinne fand ich Harvey Keitel's Darstellung bei Scorsese authentischer - allerdings worauf beruht meine törichte Annahme auf Authentizität?). Erst die Tragödie, der Tod, das Opfer für die Menschheit macht Jesus auf eine gewisse Art unvergeßlich für die Nachwelt und für diese wurde die Geschichte ja wohl auch inszeniert (das soll bitte nicht despektierlich klingen).
Hier ist Judas nur ein Schuldiger ohne Grund, ist er geldgierig?, seine Motivation ist unwichtig bzw. mir nicht ersichtlich, gut später empfindet er Scham und Reue, will es rückgängig machen.
Die Soldaten der Hohepriester, die Jesus gefangen genommen haben, schlagen ihn auf dem Weg - in Lukas 22-24 findet das keine Erwähnung - und da dem so ist, was soll dieses Bild dann, wieso wird es so gezeigt? Dieses Verhalten ist doch reine Interpretation, zumal er einen von ihnen das abgeschlagene Ohr wieder hergestellt hat? Erstmals habe ich das Gefühl Gibson stereotypisiert. Die Besatzer oder deren Handlanger müssen sich so verhalten, es ist eben ein Klischee, die Story muß so sein. Da ich aber nun mal der Meinung bin, daß dies keine Standardhollywood-Geschichte ist, sondern viel viel mehr, kann ich bei PASSION auch nicht nach Hollywood-schwarzweiß-Mustern gehen, sondern mir nach ethisch-authentischen Gesichtspunkten eine Meinung bilden. Und die Dinge, die unzähligen Szenen, die aus bestimmten Gründen in die Geschichte hereingepackt wurden, die nicht im Original enthalten sind, geben mir dann doch in ihrer Aussage sehr zu denken, weil sie den Film, die Aussage in eine ganz bestimmte Ecke drängen. Das mag einem ja durch das simple und typische Hollywood-Wertesystem einem so bekannt und selbstverständlich vorkommen, aber hier empfinde ich solch eine Vereinfachung mehr als gefährlich und auch dumm.
Ich werde zunehmend innerlich unruhiger, weil etwas in mir immer mehr nagt.
Zwar schon oft aber noch nie in dieser schwerwiegenden Tragweite empfunden (also hinsichtlich der Meinungsbildung zu einem Film), wird mir bewußt, wie schwer es mir doch fällt, Dinge einzuschätzen. Bin mir einfach nicht darüber im Klaren, was wahr und unwahr ist. (Pilatus spricht mir aus der Seele) Wieviel man sich ein- oder ausredet. Ich drehe mich ständig im Kreis und bin dann noch verwirrter als zuvor. In diesem Fall frage ich mich die ganze Zeit, wie (un)fair man doch ist, sein kann, man unterstellt Gibson etwas, interpretiert Bilder, läßt sich womöglich durch zusätzlich dumme Vorurteile, Hirngespinste zu Aussagen hinreißen. Das ist der subjektive Teufelskreislauf meines Lebens, keine bzw. wenig Gewißheit und viel Zweifel. Ich bin allein und diese Einsamkeit werde ich nie verlieren.
Eigentlich war ich ja immer ein Fan von Filmen, die mich alleine lassen, wo mir die Moral, die Aussage des Films nicht aufgepresst wird und ich mir selbst die Meinung bilden muß. Ich werde auf eine gewisse Art ernst genommen. Aber hier bei diesem Film komme ich mir wie ein schiffbrüchiger Tor auf einem insellosen Ozean vor. Richter möchte ich nie sein. Ich möchte am liebsten wegrennen, das Kino verlassen.
Szenen regen mich auf:
Jesus wird abgeführt und an der Kette eine Brücke heruntergeschmissen, darunter hat sich Judas versteckt - ein feiger Arsch denke ich mir da. Der leidende Christus - ja das Weiden im Leiden wird hier wirklich ausgeweidet, ausgeschlachtet - erblickt ihn. Ein tête-à-tête des Vorwurfs, der Schuldzuweisung? Was soll ich von solch einer wohl-nicht-in-der-Bibel-Szene halten.
Judas auf der Flucht vor bösen Geistern, Kindern, sieht sich am Ende dann doch allein und erblickt einen verendeten Esel, einen von Maden duchsetzten Kadaver, am danebenliegenden Baum erhängt er sich. Ist davon in der Bibel überhaupt die Rede?
Wieder Fragen. Der Feige, seelischen Schmerz der Reue, Selbtvorwürfe Durchlebende begeht Selbstmord, kommt wohl im biblischen Sinne ins Fegefeuer, der Mutige erleidet körperlichen Schmerz, wird ermordet und kommt in den Himmel.
Die Hohepriester (ist es falsch und dumm, wenn ich schreibe: die Verfechter und Bewahrer des jüdischen Glaubens?) und ihre Gefolgsleute machen auf mich den Eindruck einer konspirativen Gruppe, die ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen, den Tod Jesu. Aus ihrer (egozentrischen) Sicht wagt er es ihre Religion zu hinterfragen, schreibt auf seine Art die Bibel neu: Ein Revoluzzer, er will eine neue Weltordnung und von daher kann ich die Hohepriester in ihrer Motivation (Selbsterhalt) verstehen.
(Egozentrisch ist bitte nicht als antisemitisch zu verstehen, sondern als eine der typischsten negativen Eigenschaften des Menschen, die für mich andererseits aber so selbstverständlich ist, weil der Mensch nunmal durch seine Sinne, sein autonomes Bewußtsein zwangsläufig egozentrisch ist und die Welt nun mal nur durch sich wahrnehmen kann. Aber deswegen nenne ich diese Art von Egozentrik dann doch lieber Egoismus. Die richtige Form von Egozentrik ist für mich erst dann der Fall, wenn A die eigene Weltanschauung nicht nur auf B projiziert, sondern auch noch A von B verlangt von jetzt ab die Welt von A zu sehen, ja dann fängt meistens die Kacke an zu dampfen und leider passiert das jeden Tag unzählige Male)
Ich meine einfach nur, daß wenn jemand fest an etwas glaubt und auf diesem Glauben seine Welt fußt, er zwangsläufig Opfer seiner Fixierungen wird. So werden dann von anderen auf einen projizierte Fixierungen schnell als Blasphemie empfunden. Da wagt jemand an seinem geliebten Bild herumzukratzen.
Steht da irgendwo geschrieben, daß Hohepriester und wer sonst noch Jesus mehrmals ins Gesicht gespuckt, ihn geschlagen haben? Meines Wissens nicht, aber hier wird es gezeigt.
Das Volk will auch hier eindeutig seinen Tod. Als Jesus auf Wunsch von Pilatus gezüchtigt wird und er trotz der starken Schläge nicht schreit, da hätte es mich nicht gewundert, wenn er ein Braveheart-FREIHEIT geschrien hätte. Vielleicht ist sowas unfair, aber derlei Assoziation hatte ich, genauso wie ich in der Rückblicksszene, wo Jesus einen Tisch gezimmert hatte, an DER PATRIOT erinnert wurde, wo sich Mel Gibson ebenfalls als Zimmermann betätigte.
Das Volk ist untätig, selbst seine Freunde gucken dem sadistischen Treiben zwar tränengerührt aber passiv zu. Irgendetwas scheint seine Mutter oder Magdalena daran zu hindern, akkustisch auf dieses Sadamasospiel zu reagieren. Niemand reagiert im positiven Sinne. Aufgrund dessen kommt mir gerade diese Passage so dermaßen künstlich vor, so inszeniert, ich will einfach nicht glauben, daß bei solch einer Schlachterei niemand irgendetwas tun würde. Warum sind die vielen Leute denn überhaupt da, wenn sie nicht reagieren, sie stehen - bis auf die von mir geschilderten Ausnahmen - fast wie eine starre Staffage da. Konsterniert, paralysiert? Da drängt sich mir wieder ein Bild auf: Ich leide für euch alle und was macht ihr (für mich)? Der Prophet gilt eben nichts im eigenen Land.
Den Sinn dieser Folterszene meinte ich eigentlich schon nach wenigen Sekunden ausgemacht zu haben, aber nach immer länger werdenden Minuten (nach meinem subjektiven Empfinden über 10 Minuten) wird es penetrant-monoton, erstmals kommt mir EXPLOITATION in den Sinn. Die Leiden Christi - THE Snuff-Movie, hier wird das Leiden Christi wörtlich genommen. Unbeugsamkeit, unerschütterlicher Glaube, Heldentum wird glorifiziert, hier wird ein Denkmal errichtet, das scheint der einzige Zweck zu sein.
Aber je länger es dauert, desto stärker wird der Verdacht, die Masse, die Mehrheit der Juden würde sich durch ihre Passivität selbst mit Schuld beflecken, es gutheißen, unterstützen. So kann man dieses meiner Meinung nach ganz bewußt so gezeichnete Bild interpretieren und wenn etwas bewußt getan wird, dann soll das auch einen Sinn machen, eine Botschaft haben. Ich habe mich jetzt schon oft gefragt wieso so lange immer wieder das Foltern, das Leiden, die gaffenden Zuschauer, fast schon eine ständige Wiederholung, gezeigt wird. Da soll eine Botschaft eingebrannt werden. Nach dem simplen Motto, das aus einer einfachen schwarz-weiß-Welt stammt: Sie sind nicht für ihn, also sind sie gegen ihn. Vielleicht sogar nicht nur Jesus, sondern auch gegen den christlichen Gott, aber das geht glaube ich mehr als zu weit.
Ich kann verstehen, wenn ein durch die Historie und ganz besonders den Holocaust gebranntes und verständlicherweise deswegen übersensibilisiertes (das ist für mich übrigens auch wieder eine Form von Egozentrik, aber bitte nicht als negativ gemeint zu verstehen) Kind dies als antisemitisch ansieht. Wenn dem wirklich so ist, ist dies dem Film klar vorzuwerfen und Gibson verspielt bei mir mächtig Kredit, auch wenn ich mir dann noch seine diversen Äußerungen zu den Juden oder folgendes Zitat aus TV Movie vergegenwärtige:
"Der Katholik verdient kräftig am Verkauf von modischen Jesus-Nägeln, Kaffeetassen und T-Shirts mit Caviezels Christus Konterfei."
Da wird mir schlecht. So etwas finde ich geschmack- und pietätlos, genauso sehe ich den Film. Tut sowas ein Mann der wirklich glaubt?
Auf seinem Marathonmarsch nach Golgatha mit dem schweren Kreuz hilft ihm auch wieder keiner, keiner spricht ihm gut zu. Soll ihm keiner davon bei der Bergpredigt zugehört und Sympathien für Jesus, seine Lehre entwickelt haben? Wieder ist mir das zu künstlich-einseitig, alles, eigentlich jede Figur ist eine Schablone, ein oberflächlicher Holzschnitt. Ja, diesem Film fehlt in seiner Undifferenziertheit Tiefe, Substanz. Diese Bilder kann ich einfach nicht glauben.
Irgendwann ist es dann auch nur noch langweilig, 1000 mal wird einem ein und dasselbe Bild gezeigt, der Film scheint an ständigen, fast schon gebetsmühlenartig eingetrichterten Wiederholungen Gefallen gefunden zu haben. Jesus leidet, das Volk will es, die 2 Frauen gaffen weinend. Selbst das bislang durch und durch positiv von mir belegte Märthyrium Jesu bekommt seine Risse. Die Darstellung Jesu umgibt eine Aura von Arroganz, als ob er der einzige Mensch auf Erden wäre, der für die richtige Sache leidet und es allen unter die Augen reibt, schämt euch alle. Aber vielleicht projiziere ich da auch viel von meiner immer stärker werden Aversion gegen diesen Film hinein. Aber Bibelsprüche wie Nur wer mir folgt, wird das Licht des Lebens sehen stammen von jemanden der ziemlich von sich überzeugt ist, solche Sprüche kommen auch aus der egozentrischen Ecke.
Dann endlich gibt sich die Mutter endlich einen Ruck und bricht aus ihrer Passivität heraus, eilt ihrem zum zigsten Mal auf dem Boden liegenden Sohn zu. Kurz darauf reicht ihm eine fremde Frau ein Tuch zum Abwischen, ihr Becher Wasser wird von einem Römer weggestoßen.
Frauen kommen hier auffallend gut weg. Jetzt fängt der Film an halbwegs erträglich zu werden, weil jetzt mit den zuvor aufgebauten Klischees gebrochen wird. Der Weg zur Kreuzigung war dann wohl doch zu lang, daß sich nicht jemand für Jesus einsetzen würde.
Die langweilige Inszenierung kann man aber auch als Versuch ansehen, den letzten Stunden, Minuten Jesu mit Authentizität Tribut zu zollen, im semidokumentarischen Sinne. So machen die eindringlichen Bilder den immer näherkommenden Tod für den Zuschauer in ihrer Tragweite viel nachvollziehbar. Es ist nicht mehr weit (bis zum Berg) sagte ihm ein Jude, damit könnte auch das Ende des Leidens gemeint sein.
Etwas masochistisch veranlagt finde ich die 2 Frauen (sie sehen sich sogar ähnlich) dann doch schon, sie wissen er wird sterben, aber sie wollen es sehen. In meinen Augen sehr seltsam, ich würde eher bei solch zarten Geschöpfen vermuten, daß sie es nicht ertragen können und irgendwo in einem geschlossenen Haus abwarten bis es vorbei ist. Hier habe ich den Eindruck, sie erfüllen eine Fixpunktfunktion des Regisseurs, sie kann man immer mit der Kamera einfangen, ihr Gesichtsausdruck scheint ihm wichtig zu sein. Na ja, vielleicht symbolisieren sie Jesus´ Beistand und wollen ihm sagen:
wir wissen, daß du den Weg bis zum bitteren Ende gehen willst, auch wenn es für uns unerträglich ist, wir geben dir Kraft, in deiner schlimmsten Stunde sind wir bei dir
Das die Hohepriester dann auch noch auf Eseln reiten, gibt mir auch zu denken...
Das kurze Erdbeben nach Jesus Tod war mir neu.
Aber egal, der Film ist endlich zu Ende. Gefallen hat er mir nicht, Tage lang habe ich mich mit ihm auseinandergesetzt, besser wurde er im Nachhinein auch nicht, unbefriedigend, zwiespältig, allerdings handwerklich gut gemacht.
Habe ihn gesehen und mir meine Meinung gebildet.
Vom Geist des Christentums ist nicht viel rübergekommen, das ist vielleicht neben den bereits erwähnten Negativfaktoren am meisten zu bemängeln. Das Christentum bekommt ein paar Postkartensprüche, mehr nicht. Das finde ich armselig, nach dem Motto alles verraten und verkauft.
PASSION ist für mich eher ein blutleerer Personenkultfilm, wo die Hülle viel wichtiger als der Inhalt ist. Gibson mag vieles sein, aber ein Christ ist er in meinen Augen nicht, da mag er sich in seinem reaktionär-konservativen Fanatismus diese Schizophrenie an sich gerne ausreden. Der ist erst mal bei mir unten durch. Ich frage mich oft wie blind Leute sein können und dann noch behaupten etwas gestochen scharf sehen zu können. Ein Film wie aus dem Mittelalter...
#17
Geschrieben 30. März 2004, 20:57
Shaolin Soccer (HK 2002) von Stephen Chow, 86 Min. (gek.)
Am Anfang werde ich an den Chow Yun-fat-Charakter aus A BETTER TOMORROW erinnert. Der ehemalige Topfußballer goldenes Bein hatte damals einen Elfmeter verschossen und im darauf folgenden Handgemenge wurde ihm von einigen bezahlten Schlägern mit Baseballschlägern sein Bein Karriere endend gebrochen. Nun 20 Jahre später, ein Krüppel, der die niedersten Dienste für den Waise Lee Verschnitt - einen Startrainer - leistet, derjenige der damals die Schläger bezahlt hatte. Die üblich-erniedrigende Stiefelleckerszene kommt. Goldenes Bein würde auch gerne eine Mannschaft trainieren, aber bekommt keine Chance. Er wird vom Startrainer wegen einer dementsprechenden Anfrage mit den Standardsprüchen Du bist ein Nichts, DU wirst nie einen Mannschaft trainieren entlassen. Als er auf der Straße eine Art Shaolin Mönch (Stephen Chow) trifft, meine ich zu wissen, wie der Film weitergeht. Zumal er ein im Fernsehen übertragenes Fußballspiel unter technischen Gesichtspunkten kritisiert: Schlechte Schusstechnik
Jetzt fängt der Film an unverkrampft zu werden, nimmt sich selbst nicht so ernst, ein paar typisch chinesische Kalauer, das gefällt mir. Ich beginne mich auf anderthalb Stunden oberflächliche Unterhaltung zu freuen. Das die immer häufiger im HK-Kino eingesetzten Computereffekte stetig in ihrer Qualität wachsen, freut mich ebenso, auch wenn sie noch nicht ganz den hohen Hollywood-Standard erreichen.
Die Leichtigkeit von Filmen wie IRON MONKEY, wo mit Artistik und Körperbeherrschung auch gekocht wird, macht sich jetzt auch hier bemerkbar. Ich bin auf eine seltsame Art dankbar und glaube mein Herz grinst grad breit. Dann kommt leider eine Broadwayshow-Einlage, aber weil sie nur wenige Sekunden dauert und plötzlich abrupt beendet wird, weil eine herrschsüchtige Frau rumbrüllt und fordert, dass alle sich wieder normal benehmen sollen und die dann auch - als ob nichts gewesen wäre - ihre Forderung entsprechen und in ihren Alltagstrott zurückfallen. Da muß ich schmunzeln und meine dies ist so einer der typischen China-Humor-Szenen.
Der arbeitslose Mönch trommelt mit goldenes Bein seine Shaolin Brüder zusammen, um eine
Kung Fußball-Mannschaft zusammenzustellen. Natürlich wollen sie alle anfangs nicht. Beim ersten Testspiel wird der Humor noch absurder. Das Spiel mutiert zu einem Krieg, die Verletzten liegen wie auf dem Schlachtfeld, als dann noch ein Stahlhelm auf einmal im Sand liegt, den Stephen Chow ergreift und mit einem Maschinengewehr unter einem Stacheldrahtzaun durchkriecht und mit einem Feldtelefon das Hauptquartier ruft und Verstärkung braucht, lache ich wie schon lange nicht mehr. Das verstehe ich unter unverkrampfter Verspieltheit der Marke ZAZ. Mehr davon. Vielleicht ist der Film ja an manchen Stellen als eine Hommage an solche amerikanischen Komödien zu sehen. Hier entpuppt sich allerdings das eben gesehene Kriegsgemetzel nicht als wahre & absurde Steigerung der Realität, sondern als Halluzination eines Einzelnen, was ich dann - auch wenn es bei so einem anspruchslosen, naiv-simplen Film fast schon deplaziert wirkt - viel raffinierter finde.
Dann noch das Klischee von dem hässlichen Entlein, die kung fu kämpfende Brotbäckerin, die gerne ihren Teig so mischt:
Sie ist wahrscheinlich die Pickelwiese der Filmgeschichte und als der Mönch ihr sagt, dass sie schön ist und ihr rät nicht ihre Haare immer so in ihr Gesicht fallen zu lassen, fliegen gleich auch ein Paar Schmeißfliegen herum oder weg, wie immer man dieses illusorisch-buddhistische Bild verstehen oder als schlechten Witz auf ihre Kosten sehen will. Sie geht zum Schönheitssalon und lässt sich übermäßig schminken.
Er dann später zu ihr: Liebe, wie bist Du denn darauf gekommen? Ich biete Dir lebenslange Freundschaft, ganz der Buddhist, dachte ich da, sie ist enttäuscht, ihr Herz gebrochen, ihre Tränen versalzen ihre ehemals heißbegehrten süßen Brötchen, sie wird entlassen, von nun an ward sie nicht mehr gesehen...
Dann spielen sie gegen eine Mannschaft von Rastalocken-Chinesinnen ( das hat mich sogar angemacht), als sie so übertrieben wie auch die Shaolin-Mönche herumfliegen, fragt der eine von ihnen:
Hey, warum fliegen, die denn so?
Ist vielleicht ein digitaler Trick
(Wer über sowas nicht lachen kann, weiß dann, dass der Film wohl nichts für ihn ist.)
Und als dann ihr Torwart im legendären Bruce Lee Kampfanzug, alle im Nanosekundentakt abgegebenen Schüsse der Frauen, die sich im Elfmeterraum vollzählig versammelt haben, hält, macht er Bruce auch in Mimik alle Ehre und sieht ihm sogar ähnlich.
Das dabei das Yin und Yang Prinzip umgekehrt wird, finde ich witzig.
Im Endspiel erscheint der Film wie ein Real-Anime, mit den üblichen Stilisierungen, aberwitzigen Übertreibungen. Am Ende, als ihre Mannschaft zu wenige Spieler hat und ein Spielabbruch deswegen droht, taucht plötzlich eine glatzköpfige Yin und Yang-Rührerin auf. Jetzt ganz Buddhistin, die reinigende Kraft des Glaubens hat sogar ihre Pickel verschwinden lassen? Als verteidigender Torwart kann sie in ihrer positiven, weiblichen Kraft die negative männliche Kraft des angreifenden Stürmers neutralisieren und hält deswegen als Girlgoalie den Schuss. Natürlich gewinnen sie
( ganz nebenbei möchte ich hierbei nicht unerwähnt lassen, dass die alte chinesisch-traditionelle Kraft des Shaolin-Buddhismus hier über die unfair eingesetzte amerikanische Wissenschaft, mit dessen Hilfe das Puma Team getuned wurde, triumphiert)
Kurz vor den Credits macht der Film dann doch noch einen Schlenker und bevorzugt dann doch den weltlichen Liebespfad gegenüber dem buddhistischen Freundschaftsweg. Sie heiraten...
Diese leichte Kost aus Fernost hat mich gut unterhalten, nicht mehr und nicht weniger. Einige Male sehr gelacht.
Die Todesfaust des Cheng-Li (HK 1971) von Lo Wei, 95 Min. (gek.)
Als Cheng Li zum Vorarbeiter wird, sind alle hocherfreut und in Feierstimmung, das zuvor passierte - 2 Verwandte sind offiziell verschwunden, inoffiziell tot - ist für die Familie scheinbar unwichtig, seltsam. Die Schwester bringt es dann voll auf den Punkt und erst dann sind sie wieder alle betroffen. Eine Frau bringt sie wieder auf den Weg...
Anhand das Essens wird gezeigt, dass die Unehrlichen luxuriöser speisen, als die ehrlichen. Der ehrliche Cheng Li soll mit solchen Genüssen (delikates Essen, Alkohol, Frauen) verführt, vom rechten Weg gebracht werden. Kurze Zeit später landet er sturzhagelvoll im Bett mit einer Nutte, die sich sogar topless präsentiert, derlei Freizügigkeit bin ich bei HK-Produktionen dieser Art nicht gewöhnt. Ich wette aber, wäre sie keine Prostituierte, hätten wir derartiges nicht gesehen. Ich glaube das hätte ein Chinese zu dieser Zeit als pietätlos empfunden. Nachdem ihn seine Freunde auf ihre Art deswegen verstoßen, weil er anstelle zur Polizei zu gehen, mit dem Fabrikleiter gut gegessen usw. hatte. Wieder bringt ihn eine Frau - diesmal die Hure - auf den richtigen Pfad und klärt ihn über die Machenschaften der Fabrik auf: Rauschgifthandel. Der Chef kann seine Koffer packen...
Diese Kleinigkeit kurz vor Ende mit dem Vogelkäfig, den der bad guy mit sich herumträgt und elegant zu einem Baum herauf wirft und der Käfig hängen bleibt, das hat mir gefallen, weil Lee ein Messer wirft und der Käfig herunterfällt und die beiden Vögel nun frei sind. Wie viele sind von ihm ausgebeutet, misshandelt, gefangen gehalten worden und sind verreckt, jetzt ist Schluss damit.
Hatte ihn Ewigkeiten nicht gesehen und er überrascht mich in seiner inhaltlichen Geschlossenheit. Von den 4 richtigen Lee-Filmen für mich der sensibelste (das überraschte mich ja gerade so sehr bei dieser Art von Streifen), die Geschichte ist simpel, aber auf eine mir nicht erklärliche Art von allen am differenziertesten, weniger oberflächlich, sogar noch sozial. Ja eine tiefe Verwurzeltheit mit den Traditionen, die im Sinne von kong fu-zi hochzuhaltenden Eltern, dies kommt spürbar rüber.
Für mich der realistischste, am stärksten am Alltag orientierte und das gefällt mir. Ein solider HK-Film, der mit einem guten Instinkt inszeniert wurde, ruhig, nicht hektisch, sehr gut durchstrukturiert, homogen. Ich würde mich sogar dazu hinreißen lassen, dass er der westlichste von den 3 HK-Filmen ist. Der groovige und äußerst ungewöhnliche Soundtrack unterstützt da noch meine Annahme. Die Actionszenen gefallen mir sehr gut, Lee's stoische Coolness im Kampf, die körperliche Leichtigkeit, eine Schande, dass er so früh verstorben ist.
Seine Art die Gegner zu töten ist hier zuweilen so grobschlächtig (Axt, Messer, Säge usw.), wie man es danach eigentlich nie wieder so zu sehen bekam und gerade das Fehlen dieser späteren filigranen Tötungsakte a la Nunchaku, wo man eher das Gefühl hatte, er würde mit überlegener, stumpfen Technik anstatt messerscharfer Gewalt sich seiner Gegner entledigen - obwohl ich gerade dieses bravouröse Beherrschen einerseits so sehr an ihm schätze -, empfinde ich hier positiv, er ist roher, noch nicht so sehr zu Bruce Lee stilisiert, irgendwie unverbrauchter, noch nicht so sehr stereotypisiert.
Ja da ist sogar eine Stelle wo ich mir sage, der lupenreine Jahrtausenddiamant Bruce Lee, zu diesem Zeitpunkt noch im Begriff des Geschliffenwerdens, hatte da noch eine mir sehr zusagende Kleinigkeit, die später noch weggeschmirgelt wurde. Auch schauspielerisch überzeugt er mich hier von allen seinen 4 Filmen am meisten, überstilisiert fand ich ihn hier bis auf ein zwei Ausnahmen nicht.
Ich bin wirklich mehr als positiv überrascht, hatte ich den Film zuvor wahrscheinlich nur ein einziges Mal gesehen, aber die Erinnerung daran war so nebulös, dass ich mir selbst darüber nicht mehr im Klaren war, aber bei EISFABRIK assoziierte ich dann doch immer noch was.
Meine Vorurteile bei dem Film waren: Ist der erste Bruce Lee, also auch der älteste, ergo der schwächste, von 1971, da war meiner Meinung HK - jenseits von King Hu - noch keine filigrane Filmnation, also erwartete ich auch technische Schwächen und nun das. Fast würde ich mich dazu hinreißen lassen: sein bester, aber ENTER THE DRAGON (USA 1973) wird wohl auf ewig mein Liebling sein und seltsamerweise sind diese beiden für mich seine westlichsten. Im EASTERN LEXIKON wird Bruce Lee zitiert:
Ich denke, die Leute mögen Filme, die mehr sind als nur eine endlose bewaffnete Schlägerei. Mit einigem Glück kann ich hier hoffentlich Filme mit mehr Niveau machen, Filme bei denen man sich einfach bloß die Geschichte ansehen oder in die man tiefer hineingehen kann. Die meisten chinesischen Filme, die bisher gemacht wurden, sind sehr oberflächlich. In DIE TODESFAUST DES CHENG LI versuchte ich das zu ändern. Der Charakter, den ich verkörpere, ist ein sehr einfacher, aufrichtiger Kerl. Alles was man ihm erzählt, glaubt er unbesehen. Als er schließlich merkt, dass man ihn zum Narren hält, wird er zum Tier.
Ich habe ja leider nur die deutsche geschnittene Fassung von 95 Minuten, in England soll sogar mal eine 115 minütige Version gelaufen sein. Wer Interesse hat, kann sich hier über die Schnitte informieren.
#18
Geschrieben 31. März 2004, 23:43
Was für eine Seltenheit, meine beiden Lieblingsschauspieler spielen zusammen in einem Film, sie sind ja für mich die Warner Brothers, das ist wahrscheinlich auch der Grund warum ich die Filme des Studios aus den 30ern und 40ern so sehr liebe, zumal ein liebgewonnenenes Ensemble von Nebendarstellern immer mit beiden oft spielte. Das hatte immer so etwas familiäres.
Unmittelbar mit dem Studio verbunden, waren die beiden ja die Stars des Studios, die an vorderster Front gegen Nazideutschland in den Krieg zogen, auch wenn man es auf den ersten Blick nicht unbedingt erkannte (DER HERR DER 7 MEERE ist z.B. eine deutliche Aufforderung zur Mobilmachung gegen Deutschland und dem Beistehen für das kleine Inselreich Großbrittanien, die Spanier sind hier die Nazis). Errol war 10 Jahre jünger als Humphrey, aber übertraf ihn im Konsum von Alkohol um Längen, war sehr experimentierfreudig mit Drogen, nahm eigentlich alles, bis zu Heroin (als er z.B. bei dem Huston-Film DIE WURZELN DES HIMMELS ständig mit Heroin versorgt wurde und sich die Nonnen einer Missionsstation dermaßen darüber aufregten, baute Huston kurzerhand in Absprache mit dem Produzenten ihnen ein Krankenhaus, jetzt waren sie still). Der 3 Leben auf einmal lebende Flynn überlebte Bogart gerade mal um 2 Jahre.
Aber egal, auch wenn Humphrey mit Errol im wirklichen Leben nicht viel anfangen konnte, er hielt ihn für einen Schaumschläger, hier mußten sie sich mögen, ja waren sogar - wie passend - Brüder. Das gerngesehene Spiel vom älteren Bruder, der seinen heißspornigen, jüngeren Bruder immer wieder stoppen muß, damit er am Leben bleibt, wird hier hinreichend durchexerziert. Zumal Flynn Bogart übertrumpfen und ihm zeigen will, daß er ein gleichwertiger Bruder ist.
Cagney sieht selten blöd aus
Duke (Bogart) wurde gerade erst nach langjähriger Haft zusammen mit seinem ehemaligen Bandenbruder Wild Rox (James Cagney) aus dem Gefängnis entlassen und will ein anständiges Leben führen, eine Farm schwebt ihm im Sinn. Duke erkennt sich in seinem Bruder Frank wieder und sieht dies nicht gerade als gutes Omen an. Deswegen versucht er ihn ja immer zu bremsen, was bei Frank dann eher kontraproduktive Trotz-Konsequenzen hat.
Seine dunkle Vergangenheit holt aber Duke wieder ein. Zumal Frank sich Wild Rox neugegründeter Bande angeschlossen hat. Wahrscheinlich auch wieder eine Trotzreaktion auf Duke's Rat sich nicht mit ihm abzugeben. So gibt Duke zum Schein vor sich wieder der Bande anzuschließen, allerdings um seinen Hasenfußbruder zu schützen, dem das alles wie ein Kinderspiel vorkommt. Es kommt so wie es kommen muß, bzw. das simple Drehbuch es hanebüchen konstruiert, natürlich darf eine Frau auch noch eine entscheidende Rolle spielen (Olivia De Havilland zum x-ten mal mit Flynn). Am Ende wirft sich Duke in die für seinen Bruder bestimmte Kugel und schwört dem Absender derselbigen Rache: Wild Rox. Wild Rox flieht mit Frank's Mädchen, bis Flynn den Fluß mit Rox Blut titelgebend verfärbt, um dann mit seinem Cowgirl in einen schwarzweißen Sonnenuntergang zu reiten.
Ich schätze mal diese lahme, an allen Ecken hinkende Story hat wahrscheinlich trotz der Traumbesetzung dazu geführt, daß der Film hierzulande gänzlich unbekannt ist. Als Fan der beiden eine Enttäuschung, aber dennoch ein Muß. Jack Warner soll ja nach dem großen Erfolg von DER HERR DES WILDEN WESTENS auf einen weiteren Western mit Flynn gedrängt haben und in Windeseile wurde ein Script verfasst und der Film abgedreht, eine Schande. Na ja, auch schon damals war man auf Exploitation-Kurs.
Ja, hier hat Warner Bros. sich wirklich nicht viel neues einfallen lassen und so kommt der Film einem fast schon so vor wie die Verlegung von INVISIBLE STRIPES in die Wild West Zeit vor.
Den Film schnell vergessen und was besseres tun.
Sag mal Kleiner,
wunderst Du Dich nicht, dass ich mir den Bart abrasiert habe, als Du zu Rox Bande gestoßen bist?
Und zudem trugst Du dann nur noch schwarz...
#19
Geschrieben 01. April 2004, 22:48
Nun endlich den letzten aller unseen Cronenberg gesehen (inklusive dieses Parasiten FAST COMPANY)
Die Kamera scheint von Fiennes fasziniert zu sein, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein und war noch durch die von mir im Vorspann als Rorschachtests empfundenen Bilder auf Assoziationskurs. Wenn das Cronenberg wollte, bin ich ihm dafür dankbar.
Ja es kommt mir so vor als ob HAL aus 2001 sich frei bewegen könnte und sich jetzt eben mit diesem spleenigen Charakter beschäftigen würde, der so sehr vom normalen Bild abweicht, dass sein Interesse geweckt wurde. Neugierig beäugt er/die Kamera sein Verhalten. Die Kamera scheint sowieso die Absonderlichkeit am Anfang förmlich zu suchen.
Bei solch einem Bild am Anfang etwa 2, 3 Minuten nach den Rohrschachtest-Credits, hatte ich noch diese Assoziaitonskonditionierung. Danach verlor ich sie, eigentlich schade...
Der Film plätschert als Beobachtungsstudie dahin, sehr nüchtern, sehr ruhig, sehr behäbig, sehr introvertiert ... wie Fiennes. Als er mal wieder eine seiner Spaziergänge macht, beobachtet er durch ein Fenster eine Mutter mit ihrem Kind, Fiennes sagt die Worte, die der Junge wenig später exakt wiederholt. Ja jetzt oder spätestens dann, als der Junge das Haus am Abend verlässt und an Fiennes, den er auf alle Fälle sehen müsste, ohne Kenntnisnahme passiert, glaube ich gerade einer introspektiven Zeitreise des Protagonisten beizuwohnen. Vielleicht ist er ja in der Vergangenheit gefangen, womöglich erfahre ich jetzt warum...
(Sein ständiges Nuscheln kann ich als Nichtenglischmuttersprachler überhaupt nicht verstehen, ebenso den oxfordfernen Arbeiterslang und das ist mein Manko bei diesem Film, er fand ja meines Wissens in Deutschland keinen Verleih und meine Version hat dann auch noch keine deutschen Untertitel. Also bin ich mehr auf die Wirkung der Bilder angewiesen, als auf die Sprache. Gut mit meinem englisch würde ich zwar nicht verhungern, aber vieles, und wahrscheinlich hier von relevanter Bedeutung, entgeht mir bestimmt.)
Die Szene im Pub lässt Zweifel bei mir in Bezug auf die Rückreise in die eigene Vergangenheit aufkommen. Es kann natürlich auch sein, dass Fiennes übersinnliche Fähigkeiten hat und weiß was er oder eine bestimmte Person, bei der er eine bestimmte Affinität hat, sagen wird. Dennoch, warum hat der Junge ihn dann nicht bemerkt?
In der nächsten Szene mache ich sofort wieder eine Umkehr. Die Familie zuhause am Esstisch: Vater (Gabriel Byrne), Mutter (Miranda Richardson) der Junge und Fiennes, das ist so künstlich, das muß eine eigene Rückschau sein und er ist die künstliche Person im Bild. Jetzt drängt sich mir Ödipus auf, seine Mutter scheint er zu vergöttern und dann die Erwähnung spider und web. Jetzt ganz besonders wäre mir ein Untertitel recht, vor allem hinsichtlich der psychologischen Verbindung von Spinne und Mutter.
Seinen Vater hasst er oder hat Angst vor ihm. Als seine Eltern weggehen, drückt Byrne Richardson an die Wand und macht den Anschein sie gleich vergewaltigen zu wollen, aber da sie lacht, wird das zu einem Einverständnis, ein scheinbar ganz normales Ehespielchen, wäre da nicht das Wissen, der Junge guckt zu. Das gibt dieser Szene so einen seltsamen Beigeschmack...
Auf einmal sieht die Nutte oder zumindest Promiskuitäten nicht verneinende Frau - zumindest hatte ich eine derartige Assoziation - aus der Szene vorher im Pub genauso aus wie seine Mutter (Richardson spielt sie), sehr interessant! Zumal ich dann auch noch glaube, dass Fiennes sie nicht nur wegen seinem Vater als solche betrachtet, sondern auch wegen anderer Männer. Alles Rivalen?
Nachdem Byrne mit der Nutte Richardson geschlafen hat und sich von ihm abwendet, ist er auf einmal Fiennes. In der nächsten Szene bei Mutter Richardson nennt sie ihren Sohn Spider, vielleicht hatte ich das zuvor mit der Erwähnung des Wortes missverstanden und nicht gemerkt, dass es sein Name ist. Das ist dann noch offensichtlicher, genau wie sein immer stärker sichtbar werdendes Begehren seiner Mutter.
Ich glaube er war im Gefängnis oder ähnlichem, weil er seinen Vater, vielleicht sogar seine Mutter getötet hat.
(Der Film, sein Protagonist erinnert mich immer mehr an die Isolation von Jack Nance in ERASERHEAD)
Falsch, in der nächsten Szene sieht man wie Byrne mit der Nutte schläft und die Mutter in den Holzschuppen hereinstürmt und sie ertappt. Byrne erschlägt seine Frau mit dem Spaten.
Das die alte Richardson stirbt, kann man ganz unterschiedlich interpretieren:
Ihr Mann bringt sie um, und ersetzt sie mit der Nutte.
Oder die alte Mutter wurde nur sinnbildlich getötet, hat eine Art Metamorphose durchgemacht, vielleicht auch nur im Kopf des Jungen, der seinen Vater beim Sex mit seiner Mutter beobachtet hat und das so traumatisch für ihn war, dass seine Glorifizierung seiner Mutter nur dadurch aufrecht erhalten werden konnte, dass sie in seiner Einbildung in diesem Augenblick stirbt und die dennoch noch existente reale Mutter zu einer anderen Frau wird, auf die sein Hass ohne Schuldgefühle projiziert werden kann.
Dann gibt es da noch die Möglichkeit Miranda Richardson wird funktionalisiert. Es sind von Anfang an 2 Frauen, deren Ähnlichkeit sich darin begründet, dass sie für Fiennes in seiner Kindheit/Jugend die Aufgabe MUTTER erfüllen...
Auf was für absurde Theorien man kommen kann, aber ich versuche halt mir das Gesehene irgendwie logisch zu erklären.
heißt der Junge nun Edward (lt. 2. Mutter) oder Dennis (lt. Vater)?
Jetzt wird es klar, es war die sinnbildliche Tötung, der Junge ist ausgeklinkt. Alte und neue Mutter sind und waren dieselbe Person. So mein Eindruck, auch durch die Worte des Vaters, der mit fassungsloser Verwunderung - so zeigt er mir damit, dass es ein Hirnkonstrukt seines Sohnes ist - auf die Anschuldigung MURDERER reagiert und seinen Sohn nicht versteht.
Als dann auch noch die zuvor von Lynn Redgrave gespielte Leiterin des Asylums oder wie immer ich es nennen soll, wo Fiennes ein Obdach gefunden hat, auf einmal auch von Richardson gespielt wird, glaube ich auszuklinken. Was soll das nun wieder bedeuten, hat er wieder eine neue Mutter gefunden und ist möglicherweise der alte Mann sein Vater, ist er immer noch im alten Haus?
Als sich Fiennes in seinem Zimmer förmlich verbarrikadiert, habe ich das Gefühl er würde sich an einer fixen Idee festklammern und fürchtet (un)bewußt die Wahrheit.
Sein jetziger Raum wird dem aus seiner Kindheit immer ähnlicher...
Der Junge, jetzt für mich SPIDER fängt an im Haus sein Netz zu bauen. Überall bindet er Schnüre. Warum? Will er sich vor etwas schützen, vielleicht etwas fangen. Am Ende stellt sich heraus, dass er seine Mutter in zweierlei Hinsicht getötet hat, also nicht nur mental, sondern auch real...
Ein wirklich ungewöhnlich, eigenartiger Film - absolut positiv gemeint -, der mir zeigt, dass Selbstschutz auch durchaus negative Auswüchse annehmen kann, wenn er zum Selbstbetrug wird. Am Ende ist er vielleicht geheilt, weil er die Wahrheit herausgefunden hat (so habe ich es zumindest interpretiert), aber vielleicht kommt ja hier wieder der Selbstschutz zum Tragen und er fällt in einen katatonischen Zustand. In dem Sinne sind die eben zum ersten Mal gelesenen Zeilen auf dem Poster dann doch als genauso tragisch wie die Geschichte anzusehen:
The only thing worse than losing your mind, is finding it all over again
und dann möchtest Du es am liebsten wieder vergessen, ein masochistischer Teufelskreislauf...
Eine Tragödie, unheimlich eindringlich inszeniert und von Fiennes auf eine sehr unaufdringliche Art gespielt, fast schon autistisch. Allerdings auch sehr behäbig inszeniert, was der eine langweilig und der andere atmosphärisch nennt. Da mir der Film wirklich gefallen hat, tendiere ich zu letzterem. Solche Filme haben leider Seltenheitswert. Mehr davon, allerdings in deutscher Sprache oder wenigstens mit Untertiteln meiner Muttersprache...
PS: Ich habe jetzt mal andere Meinungen zum Film gelesen und für den einen waren beide von Richardson gespielte Charaktere 2 reale Frauen, was angeblich in einem Dialog noch klar herauskommen soll. Tja, was soll ich sagen: Mein englisch ist eben nicht besonders...
#20
Geschrieben 10. April 2004, 14:28
Als ich den Film zum ersten Mal sah, mußte ich mich noch an die Popmusik gewöhnen, die ich als störend empfand, zumal mir sowas immer die Künstlichkeit des Films bewußt macht (Mittelalter unterlegt mit Musik aus dem 20. Jahrhundert). LADYHAWK ist für mich da ein abschreckendes Beispiel, wo ich die Musik dermaßen daneben fand.
Aber je länger ich den Film sah, fand ich die moderne Musik immer passender, denn es ging um Ritter, die wie Popstars auf die Bühne traten und eine Show fürs Volk ablieferten (gut, es gab auch klassische Musik, aber bei den Schaukämpfen war Queen & Co zu hören).
Mittlerweile ist der Film für mich die Konfrontation von alter und neuer Welt. Die alte Welt ist dekadent, starr, elitär, eitel, wähnt sich auf dem hohen Ross, kurz gesagt aristokratisch, die neue Welt ist jung, erfinderisch, muß sich erst seine Sporen verdienen, will nicht alte Bücher lesen, sondern ist begierig ein neues, eigenes Buch zu schreiben.
Ja, ich würde den Film eigentlich eher DIE JUNGEN AMERIKANER IM ALTEN EUROPA nennen. Und die kommen gewaltig:
Ordne deine Sterne neu sagt der arme Vater sinngemäß zu seinem Sohn und schickt ihn in die Lehre eines Ritters, der ihn zum Knappen machen soll, damit er eine bessere Zukunft haben kann. So fährt er übers Meer in die neue Welt - eigentlich Frankreich -, aber ich sehe diese Überfahrt als Amerika-Metapher und wird dort zum Ritter des Herzens.
Da ist die Gruppe junger Leute (ein Dichter, die Schmiedin, ein Ritter und seine Freunde), die ihr Schicksal, ihre geburtsbringende Position nicht wortlos akzeptieren wollen, sie machen auf ihre Art Revolution, sie fordern ihre Chance ein, die ihnen im alten Europa verwehrt wird. Sie sind nonkonformistisch, emanzipiert, volksnah, modern, gute Mischung und zudem ein eingeschworener Haufen, es gibt einfach zu wenig eingeschworener Haufen-Filme.
Der Kampf zwischen Privilegierten und Unterprivilegierten. Ich habe mich ja oft gefragt, ob es ein Vorteil ist, wenn ein Land nie diverse vorige Entwicklungsstufen durchlebt hat und sofort beim republikanischen Bürgertum anfängt, ob da nicht etwas verloren geht, was die alte Welt, zwar auf lange Sicht abgestoßen hat, aber dennoch ein fester Bestandteil seiner Geschichte, eng mit ihr verwoben ist und sie auf ihre Art auch befruchtet hat. Ich war nie ein Freund des Adels und stelle mir oft die hypothetische Frage, ob die französische Revolution überhaupt zustandegekommen wäre, wenn das Volk mit den Adligen hätte tauschen können? Da werden Ideale schnell vergessen...
Aber ich komme vom Weg ab, Amerika hatte nie die Aristokratie, ein ungemeiner Vorteil, was vielleicht sogar einer der Hauptgründe war dorthin auszuwandern, wenn man kein Adliger war. Die Vergangenheit, der Stammbaum war dort nicht wichtig, was man aus sich selbst machte war entscheidend, ein Land, das für Zukunft stand, wen sollte zu dem Zeitpunkt in Amerika die Vergangenheit interessieren?
Der Vater gibt einen amerikatypischen Standardspruch zum besten: Wenn ein Mann nur fest genug daran glaubt, schafft ein Mann alles.
Ein im positiven Sinne durch und durch amerikanischer Film, der einem zeigt, daß der wirkliche Adel, das wirklich Edle keine Sache des Blutes, sondern des Herzens, Verhaltens ist. Vergessen darf man dabei aber auch nicht - auch wenn es altklug klingt -, daß jedes System, Land auf kurz oder lang eh Eliten - für mich nichts anderes als Aristokratie - produziert, also muß man immer wieder auswandern, auf die Barrikaden gehen und sein Recht einfordern.
Ein junger, frischer, idealistischer Film, mit Hilfe der unzeitgenössischen Popmusik wird das Fortschrittlichkeitsdenken - den Geist scheint RITTER AUS LEIDENSCHAFT meiner Meinung klar zu atmen - der Gruppe wirkungsvoll betont. Positiv kommt zudem hier noch die Emanzipation zum Tragen.
Wieder einmal beweist ein humorvoller Film, daß man ihn bis zum Ende (nach den Credits, diesen Witz wird man im Fernsehen wohl nicht sehen) ansehen sollte, denn sonst verpasst man den Furzwettbewerb.
Der Film ist gut gecastet, die Mischung stimmt. Mein Lieblingscharakter ist der Dichter, ein sympathischer Blender, der die Leute mit viel Seemannsgarn einwickelt.
“Ich bin Dichter, ich gebe der Wahrheit Spielraum.” Vielleicht ist er ja deswegen der Spielsucht verfallen.
Rufus Sewell als Adhemar ist der eindimensionale bad guy, wie er im Drehbuche steht, würde man nur Adhemar als Sinnbild für den Adel betrachten, käme er nicht gut weg. Er ist ein oberflächlicher Snob, will gewinnen um des Gewinnen willens, Vornehmheit ist für ihn eine gern getragene Maske, wirklich edles Verhalten ist ihm gänzlich fremd, er triumpfiert gerne über andere und hat auch keine Skrupel zu Betrügen, wenn es ihm nutzt. Eigentlich ein ziemlich erbärmlicher Kerl, wahrscheinlich weiß er es im hintersten Gehirnstübchen sogar, am Ende kriegt er die Quittung.
Wenn ich den Film betrachte ist er in der Tradition und im Geist von den üblichen schwarz-weiß-Filmen Natürlich Blond und Harry Potter und die Kammer des Schreckens gemacht. Bei letzterem sind die Melfoy's Adhemar mehr als verwandt, sie bilden sich auf ihre Blutlinie viel ein, werden aber von den Mudbloods geschlagen (zumindest in Teil 1 und 2). Deswegen mögen wahrscheinlich die Amerikaner diese Filme und ich auch, zumindest wenn sie so gemacht sind und das Herz auf dem rechten Fleck haben.
Den Film kann ich oft sehen, mehr davon...
#21
Geschrieben 11. April 2004, 18:52
Mad Max im falschen Film? Oder verreckt er immer noch in der Wüste und erblickt gerade diese Kinderfilm-Fata-Morgana?
Was für eine Gurke! Die erste Hälfte ging ja noch - dabei wurde ich explizit an DIE KLAPPERSCHLANGE erinnert -, aber als der Film sich entschließt ein Zwitter zu werden und zu einem Kinderfilm mutiert, ist er endgültig bei mir unten durch. Die Ewoks treffen sich mit Die Goonies, so kommt mir das vor, solche Kinderfilme waren ja zu der Zeit in den Kinos zu sehen. (Indiana Jones und der Tempel des Todes ist da für mich eine positive Ausnahme) Eine Reminiszenz, ein Tribut an eine damalige Modeerscheinung?
Ich habe aber auch gelesen, daß Miller nicht verwendete Drehbuchpassagen aus den ersten beiden Teilen - wo die Kinder vorkamen - hier einbaute. Wollte Miller Mad Max Kinder, eine Familie geben, wo er sie ihm doch zuvor genommen hatte? Jedenfalls empfand ich die Kinder als störend, das Gegenteil vom Salz in der Suppe, weil das für mich definitiv nicht negativ besetzte naive, kindlich-optimistische sich mit dem zynisch-pessimistischen Loner mehr als biss. Da kann man sagen, daß dieses Sequel andere Wege geht und das ist positiv, ich fands einfach nur langweilig, aber dennoch mutig. Wahrscheinlich nur aus finanziellen Gründen, schließlich hatten die ersten beiden Teile ein R-Rating und der dritte ein PG-13 und so ist er auch inszeniert, mit Handbremse. Bei solch einer sozialdarwinistischen Thematik halte ich diese Abschwächung von Gewalt für kontraproduktiv. Nicht das ich mich hier als Gewaltfetischist outen will, bloß nicht, aber das Mad Max-Universum war für mich bis dato immer eine Welt der Rohheit, Brutalität, ein Zoo ohne Käfige, es ging nur um Fressen oder Gefressenwerden. Und da sind Kinder nicht tabu, hier schon, sie sind wie von einem unsichtbaren Schutzschild umgeben und das finde ich inkonsequent, man beraubt sich der Authentizität. Dadurch ist der Film synthetisch, er wird sich untreu. Um des Geldes Willen?
Und dann ist der Film auch noch so schludrig inszeniert, hanebüchen und strotzt nur so von Logiklöchern, die Motivationen der beteiligten Personen beugen sich ohne Sinn und Verstand dem Drehbuch, weil es nun einmal bestimmte Konfrontationen und Situationen haben will.
Es wird auch dreist bei anderen Filmen geklaut, wenn z.B. Gibson einem Bösewicht hinterher rennt, hinter einer Ecke verschwindet um dann Sekunden später wieder dort hin zu rennen, wo er gerade herkam, weil ihm nun eine ganze Schar von Bad guys auf den Fersen ist. Indiana Jones und Han Solo lassen schön grüßen. Das Roger Ebert diesen Film als einer der besten des Jahres 1985 und zudem als besten der Reihe ansieht, verschlägt mir die Sprache. Ich hätte mich bestimmt bei den diversen italienischen rip-offs besser amüsiert. Wirklich eine Enttäuschung, ich hatte ihn zuvor über die Jahre, Jahrzehnte 3 mal gesehen und nie so schlecht empfunden.
Dennoch freue ich mich auf Teil 4, im nächsten Monat sollen die Dreharbeiten beginnen.
#22
Geschrieben 12. April 2004, 20:13
War die Familie schon von Anfang an potentiell entzweit? Nach dem Film sehe ich schon in diesem Bild einen unsichtbaren Riss in der Mitte...
Ein Film über Familie, soziale Verantwortung einerseits und Egoismus, Unabhängigkeitsstreben andererseits. Die Suche nach dem Glück auf 2 Arten. Beide Facetten können nicht miteinander, das tragische daran ist - weil familiär auf weite Sicht miteinander unvereinbar -, das die Mutter und ihr jüngerer Sohn ersteres und Vater und älterer Sohn letzteres symbolisieren. Die, die ihre Wurzeln nicht vergessen haben, ja zu ihnen zurückkehren, finden das Glück, die anderen...
Moritz Bleibtreu - also sein dargestellter Charakter - ist ein Arschloch, genauso wie sein Vater - aber der ist vielleicht sogar noch ein größeres. Der Vater spricht ständig fast schon selbstzweckhaft von der Familie, wenn sie gefügig gemacht werden soll, aber sein Verhalten denunziert sich von ganz selbst. Ein Film über Opferbereitschaft und das Gegenteil, die Moral ist eindeutig, ja vielleicht sogar etwas zu eindimensional.
Wieder einmal ein Film über Egoismus und Egozentrik, gegen ersteres habe ich nichts, aber gegen letzteres eindeutig etwas und diesen schwarzen Peter bekommt eindeutig Moritz Bleibtreu zugespielt.
Was für ein mißgünstiger Bruder, gönnt ihm nicht den Erfolg, das Mädchen und läßt die Karrierechance für seinen Bruder unerwähnt, das nenne ich egozentrisch. Als er am Ende davon spricht er würde Dokumentarfilme machen, hatte ich sogar die Vermutung, er hätte auf seine Art, das Leben seines Bruders gelebt, womöglich das damalige Angebot selbst angenommen.
Da ich ihn hier gehasst habe, kann ich ihm von daher nur ein Kompliment machen, denn ich vertrete die Meinung, wenn ein Schauspieler derartige Gefühle beim Betrachter auslöst, muß er eine gewisse schauspielerische Begabung zum Tragen gebracht haben, oder er hat einem eine schlechte Eigenschaft von einem selbst aufgezeigt...
Der Film hat Herz und Wurzeln, vielleicht sogar die im Film erwähnten Attribute Feuer und Leidenschaft, aber zum großen Wurf fehlt einiges, denn wäre es meiner Meinung nach Akin um Familie gegangen, hätte er die Mitglieder derselbigen - ganz besonders den Vater, der fast schon charakterlich degradiert wurde - mehr ausgeleuchtet, ebenso hätte man aus dem Bruderzwist mehr herausholen können. Um was ging es Akin denn nun? Um seine Moral von der Geschicht? Um das Verpflanzen von Bäumen und gucken wir mal was passiert? Schade, da hätte man mehr rausholen können, dennoch problemlos überdurchschnittlich.
#23
Geschrieben 14. April 2004, 00:03
Absurd, fast schon surreal, dennoch oder deswegen hat mir der Western gut gefallen. Eine Stadt voller Feiglinge kriegt ihre Rechnung präsentiert, sie sind für mich die wahren Bösen in diesem Film. Eine bigotte Ansammlung von Arschlöchern.
Die kriminellen Outlaws sind zwar auch auf ihre Art negativ besetzt, aber ihnen sehe ich es seltsamerweise nach, weil sie für mich zu Handlangern degradiert werden. Sie stehen für die Handlung, aber nicht die Motivation. Sie sind lediglich die Kugeln im Revolver, aber nicht der Finger am Abzug, das ist der Boss, der das Geld hat, um seine Interessen gewahrt zu sehen. Hier eigentlich die Stadt, ein Klüngel, das eine Kollektivschuld trägt.
Da ich den Film ja nicht kannte, fragte ich mich die ganze Zeit was Clint Eastwood als Fremder überhaupt mit seinen auf ersten Blick mir unverständlichen Aktionen bewirken wollte. Wollte er den Feiglingen versuchen Mut einzutrichtern? Hat er sie ganz bewußt so ausgebeutet um in ihnen noch einen letzten Funken von Anstand und Ehre zu entfachen - dabei mußte ich bei Eastwoods Dreistigkeit an den von Franco Nero so klasse dargestellten Söldner in Mercenario denken, wo er in der Wüste eine Dusche nimmt und die fast verdurstenden Mexikaner, ob dieser Dekadenz und Unverschämtheit ihm gegenüber sich nicht mucksten, kurz vor Ende bekam er die Rechnung von der Revolution präsentiert -, aber hier bleiben sie was sie sind.
Gut, sie wollen sich seiner entledigen, natürlich im Schlaf und hinter seinem Rücken, aber Clint's Schlaf ist dann doch nicht tief genug.
Die haben es verdient!!!
Als Eastwood kurz vor Ankunft der Söldner aus der Hölle wegreitet, dachte ich mir, er läßt sie aus moralisch-pädagogischen Gründen im Stich. Er hat ihnen beigebracht sich ihrer zu erwehren, zumindest diese Tat trainieren lassen und jetzt ist ihre Bewährungsprobe gekommen, aber sie können einfach nicht aus ihrer Haut, sie sind und bleiben erbärmlich.
Die Frauen, fast für mich schon eine Reminiszenz an den Chauvinismus diverser Italowestern, geben vor von dem Tier Eastwood nichts zu wollen, sie verachten ihn offiziell, aber insgeheim wollen sie es von dem harten Kerl, dem einzig wahren Mann weit und breit richtig besorgt kriegen, dann sind sie ganz Frau. Gut, die eine verrät ihn, aber sie ist ja sowieso nur eine Nutte, dieser Eindruck wurde mir zumindest so vermittelt. Ich habe nichts gegen derartige Macho-Zwiespältigkeiten, solch dreckigen Klischees, die gehören für mich sogar zu solchen Filmen einfach dazu, das amüsiert mich sogar, aber unterschreiben würde ich sowas nie. Ich kann eben einen Film sehen, aus mir herausgehen und neben mir Platz nehmen, das macht zuweilen richtig Spaß.
Ein ungewöhnlicher amerikanischer Western, dessen Location ebenso vom Standardbild abweicht. Ich kann mich nicht entsinnen einen Western gesehen zu haben, wo die Stadt direkt am Meer bzw. an einem See liegt, der Film scheint ein bißchen - vielleicht sogar bewußt - verrückt zu sein, möglicherweise kam er mir deswegen zuweilen so surreal vor.
PS: Ich habe leider nicht den Grabstein bemerkt wo u.a. Sergio Leone draufgestanden haben soll, aber als ich davon heute in der Fernsehzeitung las, kam mir Mein Name ist Nobody in den Sinn, wo ein Grab mit dem Namen Sam Peckinpah kurz gezeigt wurde, vielleicht eine Antwort, wie ich solche Kleinigkeiten liebe.
#24
Geschrieben 16. April 2004, 00:04
“Do you expect me to talk?”
“No Mr. Bond, I expect you to die!”
Für mich der Urbond schlechthin ... im positiven wie auch negativen Sinne.
Ich glaube, wenn es diesen Bond nicht in der Art gegeben hätte wie er daherkommt, wäre die Serie wohl nie so ins Rollen gekommen. Die Gadgets fangen an Überhand zu gewinnen und wurden später fast schon zum Selbstzweck. GOLDFINGER ist der Prototyp und wahrscheinlich Maßstab aller Nachfolger, er ist der Begründer des Mythos Bond, was alle Kinogänger vom Agenten ihrer Majestät erwarten. Auch wenn der 3. Bond einer meiner drei Lieblings-007er ist, heißt es hier doch auch Abschied nehmen von einem seines gleichen suchenden LIEBESGRÜSSE AUS MOSKAU: Ernsthaft, bodenständig und realistisch und der noch das Etikett Spionagethriller verdiente, wo der Story noch mehr Augenmerk geschenkt wurde, diesen Bond vermisse ich zuweilen, weil ich glaube, die Macher reduzierten danach Bond auf die simple Gleichung:
exotische Locations + schöne Frauen + Gadgets + Weltmachtsanstrebender mit Privatarmee + Realismus & Bodenhaftung ade = Fertig ist der Comicheld mit einer Eingangsszene, die mit dem Film an sich nichts zu tun hat.
Und weil das Geld nur so floss blieben sie sich bis auf wenige sehenswerte Ausnahmen treu.
Allerdings geht bei GOLDFINGER die Rechnung vollkommen auf ( auch wenn Almöi's schweizer Alpen und ein Pferdegestüt in Kentucky nicht gerade meine Definition von exotischer Kulisse erfüllen), hier passt alles.
Der Bösewicht ist hier für mich der beste aller Zeiten.
Gert Fröbe spielt Goldfinger so wunderbar schnoddrig-kauzig, fast schon urig, waldschratig, seine Stimme (allerdings nur in der deutschen Synchro, im Original wurde er ja synchronisiert) mag ich sowieso. Zudem ist der bad guy äußerst clever, gerissen und sehr vorsichtig. Eine wirklich interessante Mischung. Gut, ich möchte ja hier nicht den Eindruck erwecken, ich wäre dem Faszinosum des Bösen erlegen, nur Gert Fröbe spielt ihn so gut, daß ich ihm mein Kompliment aussprechen will. Er ist skrupellos wie ein Nazi, geht wohlwissend über Leichen, beutet z.B. die amerikanische Unterwelt aus, nimmt ihr Geld und vergast sie dann als Belohnung, da hatte ich eine eindeutige Assoziation. Ja hier wurde wohl bewußt ein Deutscher gecastet, auch wenn Goldfinger lt. Erwähnung Engländer ist. Vielleicht ist dies ja die Geburtsstunde des deutschen Bösewichts im Bond-Universum. Aber da kann ich mich auch irren, da die Rolle ja auch vorher Orson Welles angeboten worden war, er aber zuviel Geld verlangte.
Goldfinger spielt gerne falsch, wahrscheinlich weil er durch und durch ein Krimineller ist. Aber es gibt da noch einen anderen Aspekt bei Falschspielern, deren Lebensunterhalt, ihr täglich Brot nicht auf dem Spiel steht, sie cheaten aus anderen Gründen, da habe ich meistens den Verdacht: Minderwertigkeitskomplex, da ist er Lonnegan aus Der Clou sehr ähnlich, in diesem Sinne sind beide sehr erbärmlich, aber entgegen zu Robert Shaw's Part, kann ich Goldfinger noch gewisse Sympathien abgewinnen.
Er plant ja das Verbrechen der Verbrechen, worauf er sich 15 Jahre lang vorbereitet hat. Das muß ich ihm auch attestieren, er ist sehr gewissenhaft-akkurat in seinen Planungen und hat immer noch einen Plan B in petto (z.B. die Uniform der US-Armee), er hat sein Schachspiel im Kopf tausende Male durchgespielt, ein Mann der Bauchentscheidungen ist er wohl eher nicht, zumindest bis zum Ende und eigentlich ist dies ein Fehler im hochmoralischen Drehbuch, wenn man sich seinen Charakter vergegenwertigt, denn wie soll man sich sonst so eine Kurzschlußreaktion am Ende erklären. Aber ich überbewerte eine Randnotiz der Filmgeschichte. Bond ist eben die Naturgewalt und keiner ist ihm gewachsen, aber in keinem seiner Abenteuer war er so oft der Gunst des Bösewichts ausgeliefert. In keinem Film war er solange gefangen, mehr als die Hälfte des Films, Bond reagiert mehr als ihm lieb ist, ist schon beachtlich.
Beachtlich sind auch Goldfinger's Frauen, sie arbeiten zwar für ihn, aber NO SEX, darauf wird auffällig gepocht, eine ist sogar Lesbe - zumindest wird sie als solche in Flemmings Buch beschrieben, ihre Frauenfluglinie unterstützt dieses Image auch -, die natürlich am Ende dem Charme des Agenten nicht widerstehen kann...
Auch wenn GOLDFINGER der erste richtige Gadget-Bond ist, ist die Story durchaus geradlinig und nicht so leer wie später so oft. Immer wieder ein Vergnügen.
Meine momentane Top 5:
1. Der Spion, der mich liebte ( gut, ein Gadget-Bond, aber der beste davon)
2. Im Geheimdienst ihrer Majestät ( we have not all the time in the world)
3. Goldfinger ( eben der Urbond)
4. Der Hauch des Todes ( Wer immer sie auch war, sie hat bestimmt den Hauch des Todes gespürt)
5. Liebesgrüße aus Moskau ( da hat sich jemand leidenschaftlich in das Fahndungsfoto eines feindliches Agenten verliebt)
Ich hasse alle Brosnan-Bonds und Feuerball, Man lebt nur zweimal, Diamantenfieber
PS: Hier noch 2 Schauspieler, die ich mir gut als Bond-Nachfolger vorstellen könnte:
#25
Geschrieben 19. April 2004, 23:41
Wie sag ich es ihr bloß?
Immer wieder gern gesehen. Wahrscheinlich mein Lieblingscelentano, denn wenn man einen Film oft sieht, dann muß er etwas besonderes haben (für den ganz subjektiven Betrachter)
Ein Film der viele Fragen aufwirft:
Wie kann man z.B. so blöd sein und den Ärmel noch so hoch krempeln, um dann doch keine Armbanduhr vorzufinden?
Warum kommt diese nervige Broadway-Szene (Celentano tanzt vor einer Wand im Scheinwerferlicht) vor, wirkt dermaßen deplaziert, aber sowas ist dann doch Celentano + Castellano & Pipolo-typisch, so eine Szene gehört einfach rein.
Ja der Film kommt zuweilen aus der Overacting-Ecke, bei einer Komödie dieser Art, die sich einerseits nicht so ernst nimmt und andererseits aus Italien kommt, ist das bei dem Hauptdarsteller Celentano zu erwarten und stört mich dann doch nicht so sehr. Schließlich war und ist er in Italien ein Megastar und das hier Celentano sein Image, eine Kunstfigur pflegt und inszeniert fällt auf, aber positiv. Er hat Charisma und ist mir sympathisch, das zeichnet einen wirklichen Star aus. Gerade der Umstand, daß er hier einige Zeit drehbuchbedingt zum Pantomimiker mutiert, gibt ihm die Möglichkeit sich mit einigen ausdrucksstarken Gesten bei mir bleibend in Erinnerung zu rufen, zumal wir immer noch in Italien sind und da ja schon das mit den Händen reden zum guten Ton gehört.
Gerade noch versucht er seinen Namen mit Gesten zu beschreiben, glaubt sogar der Kommissar hat ihn verstanden und setzt sein breites, unverwechselbares Fernandelgrinsen auf. Der Polizist schlägt rigoros auf den Tisch und Guido Quiller (was für ein Name, allerdings Giacomo Leopardi bleibt auf ewig unerreicht!!!) guckt schlagartig vollkommen überrascht wie ein eingeschüchterter 3Käsehoch, fast schon regressiv (es hätte mich nicht gewundert, wenn er da ein Bingo Bongo Uh! von sich gegeben hätte).
Wahrscheinlich kann mich keiner verstehen, warum ich sowas witzig, einprägsam finde. Aber ich bemerke justament, daß ich ein Fan von plötzlichen Gesichtsausdruckwechseln bin, dafür sollten Preise vergeben werden. Das halte ich nämlich für ziemlich schwer, wenn es nicht künstlich wirken soll. Auch wenn viele Celentano für einen schlechten Schauspieler halten - ich ja nicht, aber zu einem guten fehlt einiges -, attestiere ich ihm hinsichtlich seiner Mimik eine Klasse, ja ein unnachahmlich, komödiantisches Talent und das gibt er hier zum besten. (Natürlich gefällt mir als Bogart-Fan auch, daß er ihn bewußt studiert und anderswo gut kopiert hat)
Der Fälscher tätschelt seinen Schwager in spe eher liebevoll auf die Wange, prompt bekommt er von Celentano eine klatschende schon fast Backpfeife retour. Mehr davon...
Der Reiche gibt vor arm zu sein, um sich mit der Diebin seines Herzens selbst zu bestehlen
Ja das ist wieder so einer dieser Filme, wo ich weiß warum ich Italien so sehr liebe, er ist eben italien-typisch, betont familiär, was durch die einfache, aber herzliche Ganovenfamilie besonders gut durchscheint. Ein Film wo ich breit grinse. 97 Minuten voller Unbekümmertheit und Leichtigkeit werden mit einer Musik garniert, die mir oft in den Sinn kommt, sie ist genau wie der Film: schwungvoll und liebenswert. Grazie signore!
Einer der wenigen wann-sagt-er-es-ihr-endlich-Filme, der mir wirklich gefällt, wahrscheinlich weil er einzigartig ist, auf seine Art unverwechselbar. Oft stelle ich mir die Frage, ob Hollywood ein Remake daraus gemacht hätte, wenn es ein französischer Film wäre, ist er aber nicht und das ist vielleicht auch gut so ( ich bitte das nicht als Aversion gegen den französichen Film zu verstehen, das Gegenteil ist der Fall)
PS: Wieder mal ein Film der in Celentano's Geburtsstadt Mailand spielt. Hier kehrt er als der Millionär Guido Quiller in den arme-Leute-Bezirk zurück, wo Italiens Megastar selbst herkommt. Ich hoffe ja er ist ein Nerazzurri...
#26
Geschrieben 27. April 2004, 01:01
Ein postapokalytischer Western?
Vielleicht, aber wahrscheinlich ist es einfach dieser dreckige Planet Erde, der von der Krankheit Mensch dahingerafft wird. Die Feigheit ist in der Überzahl, grast lieber in der Herde und der Mutige ist die schwarze-Schaf-Ausnahmeerscheinung und eigentlich nicht überlebensfähig. Ideale, falls es sie hier überhaupt gibt, kann man nur in der Einsamkeit leben. Diese Welt ist eigentlich schon tot, dagegen anzukämpfen grenzt schon an anachronistischen Masochismus. Hier wird ein ziemlich pessimistisch-morbides Bild von einer Welt, ja der Natur des Menschen gemalt, die mir in ihrer Konsequenz sehr gefällt. Ob das meiner Vorstellung von misanthropisch entspricht, weiß ich nicht genau, aber hier siegt meines Erachtens die Menschlichkeit über die Humanität. Auch wenn Keoma am Ende seine Feinde tötet, ist es für mich eher ein Pyrrhussieg, ein Tropfen auf dem heißen Stein, nicht mehr, der Gang der Welt wurde nicht verändert. Die Natur des Menschen wird so bleiben wie sie ist. Und Keoma wird immer in der Minderheit sein, egal wo er auch ist, auf der Siegerstraße ist er defintiv nicht. Nein, hier herrscht Hoffnungslosigkeit und noch schlimmer: Sinnlosigkeit
Ein Dialog als Beispiel:
“Als ich noch Sklave war, war ich glücklich ... ich träumte von der Freiheit”
“Der Krieg ist zu Ende, jetzt hast Du Deine Freiheit.”
“Aber eine Freiheit, die nichts wert ist, deshalb trinke ich.”
Bedeutungsschwanger kommt der Film daher und läßt viel Raum für Interpretationen und Metaphern. Eine Schwangere ist für mich das Sinnbild für die gebärende Unschuld, wenn ich den Film aber moralisch sehe, dann ist das Leben hier eine Todgebärmaschine. Die alte Frau könnte der Tod sein, die dann sinnigerweise das Leben mit auf die Welt bringen hilft. Ziemlich sadistisch veranlagt. Ja es gab da sogar ein Moment wo ich dachte sie wäre Keoma's Mutter. Ist sie überhaupt wirklich da oder nur seine Einbildung? Ja, da sind bei mir viele unbeantwortete Fragen. Die Kreuzigungsszene fand ich dann doch ein wenig zu pathetisch, zu stilistisch übertrieben. Da wurde ein Märthyrium zelebriert, wegen DIE PASSION CHRISTI kann ich da aber auch negativ vorbelastet gewesen sein.
Den Ort der Handlung halte ich für gut gewählt, das zweischneidige Schwert wilder Westen. Einerseits Symbol für Pioniergeist, Freiheit, Wunsch nach persönlichem Glück, sich eine Zukunft aufbauen und andererseits der Inbegriff des Sozialdarwinismus, Lynchjustiz, das Recht des Stärkeren, weit ab vom Schuß bzw. dem langen Arm des Gesetzes. Hier ist die Natur des Menschen am rohsten, weil am wenigsten den Restriktionen des Staates unterworfen. Der Staat steckt hier noch in den Kinderschuhen bzw. ist noch gar nicht angekommen. Und so kommt elementarste Gruppendynamik zum Tragen...
Es ist seltsam, auch wenn er erwiesenermaßen in Amerika nach dem Sezessionskrieg spielt, habe ich diverse Male den Eindruck - was ich mir nicht erklären kann - der Film würde auf einem anderen Planeten spielen. Ja KEOMA ist ein sehr ungewöhnlicher Western + seinesgleichen suchende Atmosphäre, aber beeindruckt hat er mich nicht, ja sogar ziemlich kalt gelassen. Ein interessanter und definitiv überdurchschnittlicher Vertreter des Italo-Western allemal, vor allem hinsichtlich seiner nihilistischen Aussage, die nicht häufig anzutreffen ist, mehr davon.
Und wieder einmal bin ich erschrocken wie subjektiv alles ist, habe ich häufig von dem imposanten Einsatz von Zeitlupe als gelungenes Stilmittel gelesen, empfand ich sie schlicht als deplaziert und uninteressant. Die Inszenierung war mir zuweilen zu behäbig, einige Male habe ich mich sogar gelangweilt. Na ja, nicht jeder Film ist Liebe auf den ersten Blick, aber das kann ja noch werden. Vielleicht habe ich den Film ja auch gänzlich falsch verstanden, das wäre mir sogar recht, denn das würde die Vorfreude auf die Zweitsichtung deutlich erhöhen...
PS: Marodeure, das Wort hatte ich bis dato nicht gehört, aber das passt in diesen Film...
#27
Geschrieben 01. Mai 2004, 22:58
Spieglein, Spieglein, kämpfen wir nicht grad miteinand?
"Alles was einen Anfang hat, hat auch ein Ende"
Oder wie Asimov einmal so schön schrieb: Ein Kreis hat kein Ende
Ist das eine hohle Phrase oder ein weiser Spruch?
Mein Lieblingsspiel im Leben, wann ist es Weisheit, wann ist es Torheit, oder (mit mehr Inbrunst) Wahnsinn, wer bestimmt das?
Ist der Film, die Trilogie, das Script raffiniert oder wird einem hier Pseudophilosophie vorgegaukelt?
Ich denke mal, dass sich bei diesem Film die Geister scheiden, jeder hat die Wahl...
( echt gemein, es gibt kein einziges Bild, wo sie zusammen drauf sind, "was ist der Grund für diesen Grund?"...)
Der Architekt und das Orakel (das A und O in der Matrix, gibt es diese Redewendung auch im englischen?) sind für mich die einzig wichtigen Personen, alle anderen sind eigentlich nur überspitzt gesagt Botenjungen und Funktionäre. Vielleicht sind sie auch wie Gott & Satan, sie spielen ein perfides Spiel. Wobei mir aufgefallen ist, dass der Architekt (männlich) von einem weißen Schauspieler und das Orakel (weiblich) von einer schwarzen Mimin dargestellt wird. Dann ist es eben ein Schachspiel mit vielen Bauernopfern oder:
IHR SEID MARIONETTEN!
Der Architekt ist für mich zwar eindeutig negativer besetzt als das Orakel, aber beide scheinen vom selben Stamm zu sein. Es geht um Gleichgewicht (das Orakel trägt Yin und Yang-Ohrringe!), Frieden oder Krieg. Können sie eigentlich ohne einander?
“Wir sind da, damit das Gleichgewicht beibehalten wird!”
Dachte ich noch beim ersten Film, dass das Orakel ein abtrünniges Programm wäre, ist es mit Fortschreiten der Trilogie immer mehr fester Bestandteil des Establishments, kontrollierendes Regulativ, eine manipulierende Instanz, gottähnlich, deus ex machina. Wen der Architekt nicht ködern kann bzw. bei ihm durch den Rost fällt, der zappelt beim Orakel am Haken. Die Illusion der Wahl.
Das Orakel aktiviert Bereitschaften zu Entscheidungen in den Menschen - für mich nichts anderes als Manipulation - und weil die Menschen an Bestimmung, Bedeutung des Lebens an sich glauben wollen – deswegen halte ich den Mensch an sich für ziemlich romantisch veranlagt, auch wenn ich diese Eigenschaft liebe, ist sie für mich explizit in diesem Fall eine chronische Torheit, was ich gar nicht so negativ gemeint haben will, eher verständnisvoll, menschlich -, hat es Erfolg, denn ohne Sinn ist das Leben wertlos, auf gewisse Art sind sie willenlos und leben im Glauben einen freien Willen zu haben. Dabei muß ich an den Marxspruch denken, der immer falsch zitiert wird, darüber rege ich mich regelmäßig auf, richtig heißt er
“Religion ist das Opium des Volkes”
also bitte nicht "Opium fürs Volk", das hat Lenin verbockt, das bekommt einen völlig anderen Sinn.
Ohnehin geht es hauptsächlich bei der Matrix um Glauben, Vertrauen, aber auch um Liebe und der Spruch von Lambert Wilson hat sich mir eingeprägt:
“Es ist überaus bemerkenswert wie ähnlich das Muster der Liebe dem Muster des Wahnsinns ist.”
Das sind so Augenblicke, wo ich meine die Matrix als ungemein raffiniert und intellektuell zu interpretieren, ja sogar weise - im buddhistischen Sinne-, ein anderer nennt das vielleicht pseudointellektuell und spricht Teil 2-3 die geistige Reife ab. Die Sprüche sind hohle Phrasendrescherei und tun nur eines: Sie verwirren. Ehrlich gesagt bin ich mir da auch nicht so sicher, ich tendiere aber dann doch eher zu ersterem und glaube Teil 2 und 3 werden unterschätzt, weil sie auf einer anderen Ebene tätig sind, als Teil 1 und viel, viel weiter gehen. Die raffinierte Grundidee und ihr Clou, die damals beim 1 Teil die Leute wohl in der Mehrheit begeisterte sahen wohl einige in den Nachzüglern verpufft und daher suchten die Macher ihr Heil in nicht enden wollenden Actionszenen, ohne Sinn und Verstand. Stimmt das wirklich? Dabei sollte man sich genau das auf der Zunge zergehen lassen, was gesagt wird. Und justament bedauere ich, dass ich zuletzt nicht zugegriffen habe und mir Georg Seesslen's Buch Die Matrix entschlüsseln gekauft habe. Ich hoffe er sieht die Trilogie auch nicht so pseudointellektuell...
Es ist witzig, dass mir die Trilogie zuweilen so vorkommt wie mein Computer, es empfiehlt sich da jedes halbe Jahr die Festplatte zu löschen, Neuzuformatieren, das Betriebssystem und alle nötigen Programme, Updates wieder Neuzuinstallieren. Der Müll, der sich da ansammelt, die potentiellen Viren, die unauthorisierten Zugriffe auf deinen Computer usw., all das fordert seinen Tribut, es verlangt nach einer Reinigung, Katharsis. Das ändert aber nichts daran, dass die definitiv immer wiederkehrenden Probleme hausgemacht sind, wie viele Neo's muß man wieder neu installieren? Gut, es gibt alle Jahre neue Betriebssysteme, die die Fehler der vorigen ausmerzen, aber Sicherheitslücken u.s.w. haben sie auch. Bei der Matrix läuft das glaube ich genauso ab. Womöglich haben nur die Programmierer eine Erinnerung daran, was vorher und jetzt war/ist.
Ich glaube Die Matrix ist potentiell ein Genuss für Menschen, die abstrakt denken können, aber nie die Verbindung zum Greifbaren verlieren, diese daraus resultierenden Metaphern und Assoziationen halte ich für sehr interessant.
Die Matrix an sich ist für mich ein durch und durch homogen-buddhistisches Filmepos. Die von vielen als hohle Banalphilosophie empfundene Aussage der Filme harmoniert in meiner subjektiven Weltanschauung sehr gut mit den Wahrheiten der fernöstlichen Religion: Alles ist eine Illusion, der freie Wille ist es ebenso, aber er funktioniert, weil er als solcher empfunden wird, das macht dieses Trugbild so perfekt und aus angeblich freien Menschen - worin ja eine gewisse Tragik liegt - Sklaven, Batterien & Konsorten. Die Matrix ist für mich das perfekte Sinnbild eines perfekten Gefängnisses, denn wenn es nicht als solches empfunden wird, glaubt man - ja der Glaube baut oft auf dünnem Eis - in Freiheit meinetwegen in einem Auto zu sitzen, wo man denkt, man kann nach rechts, links, geradeaus, rückwärts und sonst wo fahren, wie man will, weil man fest glaubt das Lenkrad, die Wahl in der Hand zu haben. Eigentlich ein ziemlich raffiniert, grausam-perfides Spiel, aber man hat die Menschen unter Kontrolle, wenn sie Bedürfnisse haben, je mehr Wünsche, desto besser. Auch wenn das Gefängnis dadurch für mich eindeutig immer kleiner, enger wird, wähnt sich so mancher gerade auf einem vollkommen leeren Route 66 Highway und gibt kräftig Gas, zündet sich meinetwegen eine Zigarette an und erliegt gerne der Illusion der Freiheit...
Aber dann gibt es immer Elemente, Figuren, Ideale, Vorbilder, die nicht mit dem Strom schwimmen, umkehren und zur Quelle vordringen. Sie sind die Katalysatoren der Masse, auch wenn es paradox klingt, sie helfen, dass der Strom weiter reibungslos in den vorgegebenen Bahnen und Richtungen fließt, sie helfen die Masse zu manipulieren. Ständig wird Öl ins Feuer gegossen, es wird wohl ewig brennen. Alles ist binär, es geht um plus und minus, das Orakel und den Architekten. All das kann ich in MATRIX sehen
Ich habe mich oft gefragt was Buddha bzw. die buddhistische Lehre mit Alles ist Illusion meint und erst durch die Matrix habe ich es für mich entschlüsselt, aus etwas Abstraktem wurde zuerst eine Assoziation mit Wurzeln und immer mehr zu einem unumstößlichen Fundament einer mir nun noch näher liegenden Philosophie. Das Orakel hat mir die Augen geöffnet ... für einen kurzen Augenblick hatte ich absolute Klarheit und dann war es wieder weg. Und ich muß sagen, dass es nicht viele Filme geschafft haben bei mir derartiges zu verursachen und das schätze ich an MATRIX, ob das von mir hier DER MATRIX unterstellte stimmt, weiß ich nicht, aber zumindest glaube ich es...
Zum Film selbst, also zur Inszenierung kann ich sagen, dass mir viele bekannte Bilder und Effekte fast schon selbstzweckhaft vorkamen bzw. sich zu verselbständigen begannen und wohl deswegen stellte sich bei mir ab und zu eine gewisse Langeweile ein, das hatte etwas von einer mit Routinesprit angetriebenen Maschine. (so was finde ich dann aber auch wieder passend). Ebenso war das zeitweilige zu einem Ballerfilm degenerieren nicht immer mein Ding. Das ändert aber nichts daran, dass ich auch den 3. Teil gut finde, auch wenn ich ihn als den schwächsten ansehe. Substanz hat er für mich aber auf alle Fälle, man darf sich nur nicht vom Vordergründigen einlullen bzw. abknallen lassen.
Filme, Bücher an die ich erinnert wurde: Star Wars, Dune, Aliens, Superman 2 (wahrscheinlich wegen Clash of the Superheros)
Wenn Du nochmal den Dialog zwischen dem Architekten und Neo lesen willst und Dich verhohnepipeln bzw. einen tiefphilosophischen Diskurs antreten willst, dann klick mich oder lass es, bist Du nun schlauer oder dümmer, wenigstens hattest Du die Wahl...
#28
Geschrieben 08. Mai 2004, 12:26
Was für ein sadistisches Arschloch: Fliegt die Tochter zu ihren Eltern, lächelt Carole auch einige Male an, fliegt weg und knallt die Eltern ab.
Die Augen von Carole Bouquet ... einer der unvergesslichsten Augenblicke im Bonduniversum, gedungener Mörder, zieh Dich warm an:
Ich bin halbe Griechin und griechische Frauen lieben Elektra. Am Mörder ihrer Lieben Rache zu nehmen ist ihre Pflicht.
Das sich vieles bei den Bondfilmen wiederholt ist ja nichts neues, aber bis dato zog ich keine Parallele zwischen Tilly Masterson (will den Tod ihrer Schwester rächen, pirscht sich ran, trifft dabei auf Bond, verfehlt ihr Ziel) und hier Melina, nur sie trifft, Bond ist wieder nur unwesentlich entfernt.
Auch wenn ich das schon diverse Male in meinem Cinema-Buch Kino der Lüste gelesen habe ( ja, ich habe dieses Buch auch gelesen!!!), aber so frappierend war mir die wirklich - ganz subjektiv - erotisierende Wirkung von langen Haaren bis dahin nicht aufgefallen, mehr davon.
Die Verfolgungsjagd: 2 Peugeot's hinter einer Ente, ist das nicht Inzest?
Warum schlägt Bond - das Gegenteil eines Kostverächters - die eindeutigen Avancen der Eiskunstläuferin aus? Pädophilie? Ist sie in seinen Augen zu jung?
Der Name ihrer Trainerin, Jacoba Brink, klingt wie eine Kreuzung aus UDSSR und DDR
Carole Bouquet spielt Melina stoisch, dem Tod ins Auge sehend und den Tod ihrer Eltern immer wieder durchlebend, fast schon gleichgültig, die Rache ist das Ziel. Was danach kommt ist eigentlich absolute Leere, aber sie hat ja James, zumindest bis zum Ende des Films. Im nächsten Film ist sie ja eh vergessen... ( eigentlich ein ziemlich promiskuitiv-chauvinistischer running gag, nur der one day bride wird zuweilen gedacht)
Roger Moore, was soll ich zu ihm noch sagen, einer meiner Lieblingsschauspieler meiner Kindheit und frühen Jugend. Was habe ich mich früher immer in der Klasse mit meinen Mitschülern - natürlich alles Angehörige der Sean-Connery-Fraktion - gestritten, zeitweilig hatte ich sogar den Spitznamen ROOGER MOOHRE weg, er ist und bleibt für mich der beste Bond, aus und basta. Er ist mehr der snobistische Playboy mit Wortwitz, ein Dandy, der mal eben zwischen 2 Cocktails durch einen Eiskanal saust, über eine Straße mit einem Wahnsinnstempo kachelt und dabei immer Zeit hat ein Tête-à-tête mit seinem Feind zu genießen, so viel Zeit muß sein, das gehört einfach zum guten Stil und den hat er. (Justament merke ich aber, dass genau das der verständliche Grund ist, warum ihn wahrscheinlich viele eben nicht so sehr mögen, sie wollen eben einen ernsten Bond, der sich in einem unglaublich-unernsten Film durch einen comic-strip diverser Materialschlachten durchballert) Er nimmt sich weniger ernst als Chauvie Connery, kann auch über sich lachen und gab Bond immer eine Leichtigkeit, die mir schon immer sympathisch war. Die Bondfilme sind ja sowieso nur ein Männertraum, wer den ernst nimmt, ist selber schuld, das soll unterhalten, mehr nicht. Roger Moore ist da die Idealbesetzung.
Ich weiß noch als wir damals zu mehreren Schülern in Moonraker gegangen waren, sagte einer: So was von unrealistisch, der schlechteste Bond aller Zeiten, in In tödlicher Mission ist Bond wieder auf der Erde angekommen.
Die Macher hatten wohl auf die Proteste gehört - ich finde ja alle Moore-Bonds gut, selbst der letzte ist in seiner starren, ausgelutschten Routine noch 1000 mal besser als dieses Stock-im-Arsch-Brechmittel Brosnan (als Bond, ansonsten sehe ich ihn ja gern) - und fuhren Bond so was von runter, dass man ihn getrost als den realistischsten Moore-Bond bezeichnen kann, mit einer halbwegs ausgewogenen Handlung, nicht einem wirklich Gadget, was für ein Kontrast zum Vorgänger. Und Gogol war mir sowieso immer schon sympathisch...
Damals sogar 2 mal im Kino gesehen, den Soundtrack habe ich mir sofort gekauft. Das einzige Bond-Lied von den nicht Barry's, das mir gefällt. Ein wirklich guter Bond.
#29
Geschrieben 15. Mai 2004, 22:59
Von all den Kaschemmen der Welt kommt sie ausgerechnet in meine!
Das würde ich auch persönlich nehmen
(den Film gucke ich eigentlich immer erst ab hier, schon aus Prinzip)
Casablanca war bei mir Liebe auf den ersten Blick, ich war wohl 9 und sah diesen Film an einem Freitag um 20:15 im ARD (es ist wirklich eine Schande, daß in der heutigen Zeit das Fernsehen einen wirklich dummen Trend entwickelt hat und solche Filme eigentlich immer erst ab 23 Uhr laufen, ARTE ist da eine gern gesehene Ausnahme). Das der Film was besonderes war, war mir schnell klar, ich empfand ihn als äußerst ungewöhnlich. Als der Film zu Ende war, war ich Bogart Fan, fand ihn und den Film cool. Wäre der Film danach noch mal gelaufen, ich hätte ihn definitiv noch mal gesehen. Ich hatte mich sogar so mit Bogart identifiziert, daß ich jahrelang so dumm war , bei jedem Film - außer eben diesem - mit Ingrid Bergman sofort auszuschalten. Ich hasste sie - mein Gott, wie kindisch man doch sein kann -, war sie doch in meinen Augen so dumm, so blöd gewesen und hatte Mr. Megacool Bogie im Regen stehen lassen, um mit diesem Weichei-Silberblick Henreid - O-Ton TIP: - “mal eben die Welt zu retten” ... mit diesem langweiligen Warmduscher.
Natürlich war und ist der Film ohne sein Ende nur halb so viel wert, es ist Krieg, man muß Opfer bringen und auf die Liebe seines Lebens verzichten, damit die freie Welt frei bleibt.
Ich schätze des Endes wegen hat Hawks diesen Film so sehr gemocht, er sagte ja mal, daß dies der erste Frauenfilm ist, den auch Männer mögen. Vielleicht hat er sich sogar in Bogart verliebt, so wollte er womöglich sein bzw. sah in ihm den Prototyp eines neuen Helden, der gut in dem ist was er tut und eines dabei immer bleibt, ein tough guy
Das tolle an Casablanca ist, daß er bei mir nie an Reiz verloren hat. Es gibt Filme, die ich mir immer angucken und häufig sehen kann. Bin auch immer wieder begeistert auf wievielen Ebenen er arbeitet. Soviel war bei ihm Zufall, aber das Resultat ist Perfektion. Natürlich ein Propaganda-Film und ernte ich immer Argwohn und Kopfschütteln wenn ich etwas zutiefst schlechtem etwas positives abgewinnen kann und sage, daß es ohne die Nazis, ohne den 2. Weltkrieg kein Israel und kein Casablanca gegeben hätte, ist es mir mittlerweile egal und setze gerne noch eins drauf: Ohne Nazis keine Stärkung Hollywoods!
Eigentlich habe ich ja etwas gegen Propagandafilme, aber wenn sie für die richtige Sache eintreten, dann sind sie mir doch lieb und teuer.
Ich habe mich ja oft gefragt, ob der 2. Weltkrieg nicht Startschuß einer Propagandafilmmentalität in Amerika war, die später und leider heute besonders für mich zuweilen so selbstzweckhaft wurde und eine Penetranz erreicht, wo mir der Kamm schwillt.
Casablanca ist durch und durch bewußt inszeniert, ein Weckruf für Amerika und gleichzeitig ein Warnzeichen für die Nazis und ihre Sympathisanten.
"Als Amerikaner sollten sie wissen, daß in der heutigen Zeit Isolationismus ein Anachronismus darstellt"
sagt Greenstreet im Dezember(!) des Jahres 1941(!) bedeutungsschwanger zu Bogart, vielleicht vor dem 7. Dezember. (Der Film ist von 42 und das macht sich bemerkbar) Rick sitzt nachts in seinem Cafe und fragt Sam, wie spät es jetzt in Amerika ist, ob die schon schlafen - womöglich sogar noch -, wenn wir Dezember haben, es würde mich nicht wundern, wenn just in diesem Augenblick Pearl Harbour angegriffen wird, danach ist Amerika hellwach, die Zeit des Isolationismus ist vorbei, auch für Rick. Es würde mir gefallen, wenn diese Duplizität bewußt so gesetzt worden wäre und das glaube ich bei CASABLANCA gern.
Rick's Cafe ist Amerika, Rick und seine Angestellten aus allen Herren Ländern stehen für die USA, haben Ideale, sie sind ein eingeschworener Haufen. Rick zahlt ihnen weiter ihr Geld, als das Lokal geschlossen ist. Nicht jeder würde das machen, auch wenn er das jederzeit abstreiten würde, Rick ist sozial. In KEY LARGO sagt Lauren Bacall zu Humphrey:
“An ihren Handlungen erkennt man sie besser als an dem was sie sagen.”
Rick gibt gerne zum Besten, dass er für niemanden seinen Hals riskieren will, aber das Schicksal forciert eine Konfrontation und Katharsis, hier in Casablanca wird klar Schiff gemacht und Stellung bezogen, am Ende sind die Fronten klar besetzt, der Ausgang des Krieges zwar weiterhin offen, aber man geht gestärkt in die nächste Runde.
Rick wird aber eher aus amourösen als patriotischen Gründen zum Held, zum Widerstandskämpfer, wahrscheinlich weil die Liebe seines Lebens eine Schwäche für Angehörige der Resistance hat.
Der Film ist ein Puzzle, das einzig und allein von Rick gelöst wird. Er bekommt die key elements zugespielt: Transitvisa, die Liebe Ilsa's, ihre Verzweiflung in Kombination mit Du mußt für uns beide denken, sein Handeln, sein Opfer.
In Paris ist er gestorben und in Casablanca wird er wiedergeboren. Es ist witzig, daß mir erst beim vielleicht 15 Mal etwas auffiel, was auf die beiden Freunde Ricky und Louis eigentlich ein schlechtes Licht wirft. Der Rick der nach Casablanca kam ist nun ein Frauenhasser und an allen Frauen läßt er seine eigene Verletztheit aus, er behandelt sie mies und hält sie auf Distanz, denn Yvonne ich liebe dich (Vive la deutsche Synchronisation!!!) kann ein Lied davon singen. Ich schätze mal er glaubt Ilsa damit wohl eher unbewußt zu bestrafen, forciert damit aber eigentlich immer mehr seine Einsamkeit. In Louis hat er einen kongenialen Partner gefunden, der auch nur seinen Spaß haben will und Frauen auf die verschiedensten Arten gefügig macht und ihre Verzweiflung, die sie wohl nach Casablanca trieb, schamlos ausnutzt. Das übliche Spiel mit ich schicke ihnen morgen eine Blondine und ich will, daß sie verliert kommt für mich eindeutig aus der Sex oder kein Ausreisevisa-Ecke. Skrupel scheinen sie da nicht zu haben, sie gefallen sich in der Rolle als Zyniker, die angeblich nichts berührt, sie sind sich eigentlich sehr ähnlich, am Ende beziehen beide Stellung und erfahren im gewissen Sinne eine Läuterung. Und was sie dazu hinführt halte ich dem wirklich herausragenden Drehbuch zugute.
Oder die Geschichte mit der noch nicht volljährigen Rumänin, die ihrem Mann, ihrer gemeinsamen Zukunft zuliebe etwas in ihrem Herzen verschließen würde und ihr Mann würde es nie erfahren. Ziemlich mies, wenn man die Verzweiflung der Menschen so ausnützt, ein Gentlemanwettbewerb gewinnen die bis kurz vor Schluß bei mir nicht. Mehr davon, nicht das ich diese Eigenschaften gut finde, aber neben einem ausgesprochenen Amüsement Zyniker zu beobachten, halte ich derlei gezeigtes und gesagtes für das Produktionsjahr 1943 in ihrer ambivalenten Moralität für außergewöhnlich, ganz besonders bei einem im doppelten Sinne schwarz-weiß Film, die Charaktere haben hier unerwarteten Tiefgang, Ecken und Kanten. Bogart zeigt einige Male Rick's Verletztheit mit mich immer wieder beeindruckender Mimik auf. Sein Jetzt ist eigentlich eine Maske, er ist ein Gefangener der Vergangenheit und er kann nur befreit werden, wenn die ihn einholt.
Als dann Rick der Rumänin ziemlich unsensibel eine kalte Abfuhr erteilt, kommt Ilsa mal wieder in seine Kaschemme und sieht sie an der Seite des Mannes, den er einerseits bewundert, andererseits als Rivalen betrachtet. Oft glaube ich, daß er - wären sie gerade nicht hereingekommen - die Rumänen nicht beim Roulette gewinnen hätte lassen. Womöglich auch durch gekränkte Eitelkeit angepornt, jetzt zeig ich Ilsa was für ein toller Typ ich bin. Aber kriegt Ilsa diese edle Geste mit? Nein, aber der Zuschauer. Es gibt sowieso einige Szenen, wo die Schauspieler so tun als wüßten sie für den Fortgang der Geschichte entscheidendes, wissen es aber definitiv nicht. Hier wird für mich eindeutig mit dem Zuschauer - für den ausschließlich inszeniert wird - gespielt. Z.B. die Szene wo Greenstreet sagt, daß es ihm selbst zwar nichts bringt, aber er glaubt, daß Rick die Transitvisa hat, da sieht er unheimlich vieldeutig und bedeutungsschwanger zu Ilsa. Nach dem Motto: Ich weiß ganz genau was mit Ilsa und Rick war, weiß welcher Handlungsstrang jetzt auf uns zurollt, aber wie schon gesagt er kann derartiges nicht wissen. Das ist meiner Meinung nach Curtiz Verdienst, ich kann mich nicht erinnern je einen Film gesehen zu haben, der so vorgeht. Die Schauspieler verhalten sich zuweilen wie Spiegel der Zuschauer und sagen mir: Ich weiß was Du weißt, was Du bis jetzt in diesem Film gesehen hast und das manifestiere ich jetzt mit einer Geste oder ähnlichem, aber unter uns ich hab keinen blaßen Schimmer warum ich das jetzt so tue, aber so stehts im Script. Wie von fremder Hand gelenkt müssen sie ihr Drehbuchschicksal von Anfang bis Ende durchspielen.
Seltsamerweise muß ich gerade an DUNE denken, denn da schien jede Person sich auf eine unbewußte Art seines Schicksals bewußt zu sein, dass er Teil eines Puzzles ist und er seinen Beitrag leisten muß, damit aus Paul Atreidis der Kwizat Haderach werden kann und alle ordnen sich diesem Weg bedingungslos unter, sie erfüllen ihren Zweck, schon fast zwanghaft. Das gab dem Film so was mystisch vorbestimmtes.
Mittlerweile sehe ich in Viktor Laszlo einen Katalysator, der aus Kindern Erwachsene macht, er läßt Menschen in ihrem Charakter reifen. Bogart - als Fan von ihm wundert mich zwar gerade meine Meinung - ist hier eigentlich ein Kind. Ein eingeschnappter 3Käsehoch, dem zwar sein Herz herausgerissen wurde und er nie wieder in so eine Lage kommen will, wo er so ungeschützt verletzt werden kann, aber er bestraft nicht nur sich sondern auch - meiner Unterstellung nach gab es nach Ilsa viele Denn Yvonne ich liebe dich's - diverse Frauen. Ja in meiner Sicht der Dinge erfüllt dies eine Charakteristik von Infantilität. Verantwortung lehnt er ab, er will einfach nur seinen Spaß haben und schert sich offiziell einen Dreck um andere, aber dies wohl auch nur mehr aus Selbstschutz, ja er spielt eine Rolle, er ist nicht ganz er selbst, mehr ein Image. Laszlo hilft ihm diese gekünstelte Attitüde ablegen...
Ja, ich fasse es gerade nicht, aber ich sehe in Viktor Laszlo den stärkeren Mann, aber er ist so was von langweilig, hätte ich das damals schon gedacht, dann hätte ich mich wahrscheinlich damals als Kind darüber gefreut, daß Ilsa in den sauren Apfel beißt und mit diesem Softie nach Lissabon fliegt, ins omnipräsente Gähnistan.
In 3 1/2 Jahren ist ja sowieso Kriegsende, dann kann Ilsa ja auf ihr Herz hören und Rick in Brazzaville besuchen...
PS: Ich liebe (die) Warner Bros. der 30er und 40er. Und ich möchte hier einfach nur einmal vor den 4 jüdischen Brüdern (Albert, Harry, Jack und Sam) und Gründern des Studios den Hut ziehen ( natürlich kleben da die Chassid-Locken dann am Hut), vor allem vor ihrer moralischen Vorreiterrolle in Amerika. Sie erkannten so schnell wie niemand in Hollywood die Gefahren des Nationalsozialismus und beendeten bereits 1934, lange vor allen anderen Hollywoodstudios, die Geschäftsbeziehungen zu dem dritten Reich, dabei verloren sie wohlwissend viel Geld. Der lukrative deutsche Filmmarkt war schon damals den amerikanischen Studios sehr wichtig und da waren Geschäftsbeziehungen dann vielen Studios lange Zeit wichtiger als alles andere. MGM drehte dann auch noch den als in einem kürzlich gelesenen Buch als faschistisch eingestuften GABRIEL OVER THE WHITE HOUSE, den würde ich gerne mal sehen, im Lexikon des internationel Films findet er keine Erwähnung. Warner Bros. sahen den Feind nicht nur außen sondern auch innen und so machten sie in der Zeit auch unbequeme Filme, die u.a. den Faschismus in Amerika anprangerten (der Bogart Fan ist für Geheimbund schwarze Legion dankbar). Ja Warner hatte es im eigenen Land nicht leicht, aber sie bezogen eigentlich von Anfang an Stellung und verfolgten eine klare Linie und wichen davon nie ab. Die Propagandafilme dieses Studios liebe ich...
Casablanca ist ein Gottesgeschenk des Zufalls, grazie signore!
Falls ich hier wieder mal aus Labertasmanien komme und womöglich euphorisch bin, liegt das einfach daran, dass mich heute eine fast 112 Jahre alte Dame sehr glücklich gemacht hat und ich jetzt schon etwas alkoholisiert bin, aber das muß gefeiert werden...
#30
Geschrieben 20. Mai 2004, 20:40
We still kill the old way
(und darauf bildet ihr euch womöglich viel ein, es lebe die Tradition)
Liebe macht blind und in Sizilien blind verliebt zu sein kommt einem Todeurteil gleich, zumindest hier...
Die Musik ist schon sehr kitschig - ohne Geigen und nur Klavier hätte sie mir besser gefallen -, aber sie erscheint mir in ihrer Abgehobenheit passend die blindmachende Liebe des Protagonisten Volonté perfekt zu untertützen. Schon fast zwanghaft symbolisiert sie seine Liebe, die nicht erwidert, ja ausgebeutet wird. Tragisch oder heilsam für einen Intellektuellen, wenn er seine Mrs. Mindblow findet? Das Ende bezieht hier eindeutig Stellung...
Über den von Irene Papas gespielten Part bin ich mir noch nicht vollends im Klaren, ist sie die Feige oder spielt sie sie, aber auf alle Fälle ist sie für mich das Zünglein an der Waage. Vielleicht hält sie Volanté in seiner grenzenlosen Verliebtheit einfach nur für ein Weichei. Am Ende hasste ich sie, sah in ihr diejenige, die ihn über die Klinge springen ließ und sich mit ihrem Cousin arrangierte, alles bleibt in der Familie!!!. Sie sieht in Volonté den schwächeren Verbündeten und in ihrem ganz eigenen Welt- und Wertesystem hat sie damit wahrscheinlich sogar recht und setzt auf den ihrer Meinung (die Tradition und die Familie haben sie da wohl hinreichend konditioniert) nach Stärkeren.
Eigentlich ein sehr trauriger Film und zudem sehr zynisch-doppelzüngig, zumal hier der Außenseiter in einer Welt von Klüngeleien, Nephotismus, Beziehungen usw. selbiges ablehnt und er wahrscheinlich im Endeffekt aufgrund dieser Einstellung ins Gras beisst. In einer konformistischen Welt wird ihm sein Nonkonformismus zum Verhängnis, ja das Nichtfamiliäre, nicht-konspirative wird hier augenscheinlich bestraft und das fast schon an Inzest grenzende Familiäre - besonders durch die Liebe zwischen Cousin und Cousine betont und am Ende kriegen sie ihre Erlaubnis und Segnung von oben - belohnt, viva sicilia, echt prima Sizilianer zu sein.
Krass, aber in seiner nicht vom Weg abzubringenden Konsequenz hat mir der Film überraschend gut gefallen, aber am Ende war ich dann ziemlich desillussioniert-allein und kam mir auch irgendwie weggesprengt vor. Ich konnte mit den Hinterbliebenen absolut nichts anfangen, die waren für mich eigentlich die Toten, da war zwar viel Leidenschaft, aber eine Passion, die über Leichen geht. Und diejenigen, die selbige auch empfanden, aber nicht gewillt waren über Leichen zu gehen und in die Justiz vertrauten und Beweise sammelten, waren tot. Das Gesetz La Familia war hier stärker.
Der Film ist womöglich oder definitiv als sehr sizilienfeindlich (Mafia, Klüngeleien usw.) anzusehen...
Hat mir gut gefallen, auch die wirklich nervigen und häufig bei italienischen Filmen bemerkten Ran- und Wegzoomspielchen konnten daran nichts ändern. Starker Film, mehr davon!
PS: Natürlich vollkommen abwegig, aber ich finde es passend, dass hier eine Griechin eine Sizilianerin - Sizilien war ja bekanntlich in der Antike eine Kolonie Griechenlands - spielt. Das unterstützt noch die dort herrschende uralte Tradition...
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