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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen - Filmforen.de - Seite 15

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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen


776 Antworten in diesem Thema

#421 Cjamango

    Pauschalterrorist

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Geschrieben 07. Januar 2007, 19:55

Spiegelbild der Angst (TV)

Ein recht seltenes Psychodrama, das 1971 hergestellt wurde, dann aber erst einmal für zwei Jahre auf den Regalen der Produktionsfirma verschwand. Das Resultat wurde dann angeblich noch für ein PG-Rating zusammengeschnitten. Schade eigentlich, denn obgleich der Film nicht sonderlich ansprechend ist, ließ Regisseur William A. Fraker – sonst eher als Kameramann ein Begriff – bei der Herstellung Sorgfalt walten.

Es geht um eine junge Frau, Marguerite (Eastwoods spätere Partnerin Sondra Locke), die, abgeschottet von der Außenwelt, mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter in einem sehr betuchten Anwesen lebt. Da sie außer den beiden Frauen keine Menschen kennt, hat sie sich einen Spielkameraden herbeiimaginiert, Aaron, der eigentlich nur eine Puppe ist. Auch ansonsten pflegt Marguerite sehr eigentümliche Gewohnheiten, unterhält sich mit den Einzellern, die sie unterm Mikroskop betrachtet, wälzt naturwissenschaftliche Folianten und macht insgesamt den Eindruck eines waschechten Soziopathen. Die Lage verschärft sich, als ihr Vater (Robert Shaw) zu Besuch kommt. Marguerite hat ihn zum letzten Mal vor vielen Jahren gesehen, ist ihm aber nicht böse. Das läßt sich von Marguerites Mutter (Robert Shaws Ehefrau Mary Ure) nicht behaupten – sie schäumt, will ihn nicht an das Kind heranlassen und legt mit ihrem Verhalten nahe, daß die Trennung wohl nicht ganz koscher abgelaufen sein kann. Und was soll ich sagen: Ein geheimnisvoller Mörder schlägt zu und läßt die Puppen tanzen...

In der vorliegenden Fassung ist A REFLECTION OF FEAR ein gut (wenngleich mit enervierend viel Weichzeichner) fotografiertes, von Sondra Locke ausgezeichnet gespieltes, aber leider insgesamt ziemlich langweiliges Filmchen in der PSYCHO-Nachfolge, das unter dem simplen Umstand leidet, daß man eigentlich keine der Figuren wirklich mögen kann. Marguerite ist zwar Opfer, aber halt ein seelischer Napfkuchen, der einem mit seinen Flora und Fauna betreffenden Schlaumeiereien bald auf den Zeiger geht. Vater Michael hat es das letzte Jahrzehnt nicht für nötig gehalten, bei seiner Tochter vorbeizuschauen, was ihn dem Zuschauer auch nicht gerade ans Herz schweißt. Mutter Katherine ist zwar vermutlich schlecht von ihm behandelt worden und schiebt jetzt aus begreiflichen Gründen Männerhaß, benimmt sich aber wie eine komplette Ätze. Großmutter ist ganz gruselig und sollte am besten verschwiegen werden. Und Michaels neue Gefährtin Sally Kellerman ist ebenfalls blaß gezeichnet und für meinen Geschmack zu selbstsüchtig. Kurzum, das Geschehen sieht gut aus, läuft aber etwas am Betrachter vorbei. Auch serviert das Drehbuch keine echten Überraschungen, abgesehen vom Schluß, der zwar nicht gänzlich originell ist, aber hinreichend schockierend und gut realisiert. Insgesamt ein eher depressiver als spannender oder gar gruseliger Film. Keine Zigarre, aber akzeptable Unterhaltung in gewohntem Umfeld, das einem verregneten Sonntagnachmittag gut zu Gesichte steht. Muß man aber keine Privatdetektei beauftragen für...
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#422 Cjamango

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Geschrieben 22. Januar 2007, 18:06

Schwingen der Angst (TV)

Indianer finde ich sehr lieb, denn ich bin niemals von einem skalpiert worden. Außerdem stehen sie auf Duzfuß mit der Natur, was sie ins Zentrum des Interesses zahlloser Rettet-die-Welt-Apostel gerückt hat, die mit ihren esoterisch-verschwiemelten Ambitionen versuchen, das zu kompensieren, was sie in Castrop-Rauxel verbockt haben. (Die Apostel, nicht die Indianer.) Da die 70er die Zeit der ökologisch beatmeten Horrorfilme waren, in denen die Natur dem Menschen das zurückzahlt, was der Mensch ihr angetan hat, gab es natürlich auch diverse Filme mit Indianerbezug. So tauchten mehr oder weniger moderne Rothäute auf in THE MANITOU, PROPHECY und einigen anderen zumeist ziemlich schlechten „Schockern“, denen aber in der Regel ein gewisser Unterhaltungswert zu eigen war.

NIGHTWING ist eines der weniger bekannten Exemplare dieser Tradition, und das ist eigentlich etwas schade, da er sich fraglos am meisten Mühe gegeben hat, das Thema „Amerikanische Urbevölkerung“ sinnvoll zu behandeln. Daß er sich dabei auf die Nase gelegt hat, liegt am falschen Ansatz, denn NIGHTWING kann sich einfach nicht entscheiden, ob er konventionellen Hokuspokus mit Vampirfledermäusen bringen will oder eine Pilgerfahrt ins Reich des gedemütigten Naturvolkes. Im Mittelpunkt der Spielhandlung steht der Maski-Indianersheriff Duran (Nick Mancuso), der in New Mexico einen schwierigen Spagat zwischen der abergläubischen Auffassung seiner Stammesgenossen und der Ratio der Verbrechensbekämpfung auszuführen hat. Ihm gegenübergestellt ist der „verwestlichte“ Walker Chee (Stephen Macht), der auf „weißen“ Universitäten studiert hat und sich in der Maschinerie des Kapitalismus glänzend auskennt. Duran traut ihm nicht, da Walker Chee von Gemeinwohl spricht, aber Dollarzeichen in den Augen hat. Es gibt noch einen komplett überflüssigen Subplot über die Beziehungsprobleme zwischen Duran und seiner Stammschnalle, einer indianerfreundlich gesonnenen weißen Ärztin, den man sich komplett hätte knicken sollen, da er vom Hauptplot ablenkt und Zeit frißt. Da es sich aber um eine Romanverfilmung (Martin Cruz Smith) handelt, wollte man wohl so viel wie möglich von der Vorlage hineinpacken, was aber dramaturgisch ein Fehler war. Naja, auf einmal tauchen Tierkadaver auf, die von Bissen übersät sind, die allen Rätsel aufgeben. Auch ein alter Medizinmann stirbt. Auf tritt David Warner als Vampirologe, der behauptet, daß fiese Flederviecher für die Todesfälle verantwortlich seien und eine Beulenpestepidemie ins Haus stünde. („Ich jage Vampire und rotte sie aus mit Stumpf und Stiel!“) In gewisser Weise kommt er dem Film zugute, da der Verzicht auf jede Art von Humor die bestenfalls auf TV-Niveau herumdümpelnden Dialoge mit ihrem Erklärungseifer (bla-bla-blubb!) nur noch unvorteilhafter hervortreten lassen. Sein britischer Doktor führt wenigstens eine Prise Humor ein, wenn auch auf unfreiwilliger Basis, denn sein Van Helsing in New Mexico ist schon etwas schwer zu schlucken. Die Figur des Walker Chee ist zu Anfang nicht uninteressant, erfüllt im weiteren Verlauf aber nur noch die Funktion des Bürgermeisters aus JAWS – die des eigensinnigen Ignoranten und Rettungsvereitlers. Unterm Strich vergeigt NIGHTWING eine durchaus vielversprechende Geschichte und flüchtet sich schließlich in den üblichen Horrorzirkus, von dem dann aber doch zu wenig vorhanden ist, um Fans zufriedenzustellen. Dazu herrscht einfach über eine zu lange Zeit Leerlauf, in der die Story ständig droht, interessant zu werden, aber dann kommt doch nur wieder triviales Gesülze und als Rettung der kleinste gemeinsame Nenner. Insgesamt könnte der Film natürlich schlechter sein, aber daß er weitgehend vergessen ist, liegt eben auch an seiner mangelnden Qualität.
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#423 Cjamango

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Geschrieben 23. Januar 2007, 13:56

Das Ritual (DVD)

Besser, als ich ihn in Erinnerung hatte.

Cal Jamison (Martin Sheen) ist Polizeipsychiater und immer zur Stelle, wenn Not am Bullen ist. Als seine Frau bei einem fürchterlichen Unfall stirbt, hätte er selber dringend Hilfe nötig, doch muß er sich um seinen kleinen Sohn Chris kümmern und kann deswegen nicht mit dem Schicksal hadern. Dazu hätte er allerdings allen Grund, denn er gerät in den Bannkreis einer Gruppe von religiösen Fanatikern, die schwarze Messen zelebrieren und ihm nach dem Leben trachten...

Die Mischreligion der Santería ist bisher nicht häufig in Horrorfilmen verwurstet worden. Als kleiner Bruder von Voodoo scheint sie die Fantasie von Drehbuchautoren nicht gekitzelt zu haben, was bei der Vielzahl an kubanischen Einwanderern in den USA schon etwas verwundert. Drehbuchautor Mark Frost (TWIN PEAKS) bastelte daraus ein zwar nicht sonderlich tiefschürfendes, aber ausgesprochen spannendes Gebräu, das schon durch die Anwesenheit von sympathischen und einigermaßen glaubhaften Charakteren einen dicken Pluspunkt auf dem Konto hat. Cal Jamison ist ein Mann der Ratio, der mit Aberglauben nichts anfangen kann. Sein eigenes Bedürfnis nach Schutz und transzendentalem Überbau wird auf eine Probe gestellt, als die Ehefrau stirbt. (Wirklich grausige Anfangsszene!) Zunächst kommt er ganz gut über die Runden, doch als immer mehr Anhaltspunkte für übernatürliches Wirken sprechen, muß auch er die Zeichen der Zeit erkennen. Und natürlich handelt es sich bei THE BELIEVERS nicht um einen psychologischen Thriller, der – analog zu den Val-Lewton-Filmen – eine rationale Erklärung offenhält. Nach einer sehr guten ersten Stunde fährt der Schangelexpreß ab, und während die dargebotenen Attraktionen im Rahmen des Genres eine durchaus faire Packung (mit einigen bösen Überraschungen) darstellen, so löst sich doch alles konventionell auf im Stile des beliebten Autorengespanns Hokus & Pokus. Autor Frost löst das Jonglieren mit Klischees aber immerhin auf ansprechendem Niveau, das Fans durchaus zufriedenstellen sollte, und während Wes Cravens Voodoo-Zirkus DIE SCHLANGE IM REGENBOGEN bei mir beim wiederholten Sehen ziemlich abgekackt ist, wußte mich THE BELIEVERS angenehm zu überraschen. Natürlich gibt es auch hier wieder rassistische Stereotypen zu besichtigen, das Böse ist exotisch, das Exotische böse, klar, aber das Horrorgenre hat schon immer von Universalängsten gezehrt, und unterschwellige Sexismen und Rassismen mag da monieren, wer es nicht besser weiß. Die Bimbos aus KING KONG haben mir den Affenfilm nicht verleidet, und der Mann, der keine Angst vor Frauen hat bzw. die Frau, die keine Angst vor Männern hat, kann dann ja einen Horrorschocker frei von Universalängsten drehen, der dann IM JAHR DES HASEN heißen mag oder so. Als schurkischen Schwarzmann hat man sich hier den Theatermimen Malick Bowens ausgewählt, der ein sehr bizarres Gesicht hat, das etwas an Reggie Nalder ohne Narben erinnert. Es gibt auch weiße Schurken, den wie immer wunderbaren Robert Loggia als übernächtigten Bullen, der sich mit Dingen herumschlagen muß, die er nicht versteht, und Helen Shaver als sehr akzeptables „love interest“ für Martin Sheen. Die Kameraarbeit von Robby Müller läßt alles gut und schick aussehen, was ihn eigentlich als Mann für Hollywood prädestiniert hätte, aber vielleicht gab ihm diese Option nichts, so daß er lieber bei Wenders, Jarmusch und von Trier blieb. John Schlesinger hat natürlich schon viel bedeutendere Filme gemacht, aber er leistet auch hier hervorragende Arbeit und holt aus den Spannungsszenen das Optimum heraus – gutes Timing, gute Inszenierung der Schauspieler, wenig Schnickschnack. Und zwei Szenen habe ich auch als wenig dezente Anspielungen auf DER MARATHON-MANN gesehen, kicher. Sei's drum – ordentliches Horrorkino aus den späten 80ern, einer Zeit, in der es an Qualität im Genre gebrach. Die DVD von MGM hat – wie die meisten ihrer Billigangebote – keine Extras, besticht aber durch gute Qualität und einen fairen Preis.
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#424 Cjamango

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Geschrieben 25. Januar 2007, 15:43

Snakes On A Plane (DVD)

Und der Gewinner im „Demenz mit 20“-Wettbewerb ist... SNAKES ON A PLANE! Während ich so etwas heute als „geistigen Dünnschiß“ bezeichnen würde, hieß es – meine ich mich zu erinnern – in den 90ern „high concept movie“. Das ging dann so:

„Ey, Geistesblitz, Jürgen, wie wär's und wir machen mal einen Film zusammen? Ich habe da eine tolle Idee: Wir nennen ihn SNAKES ON A PLANE!“ – „Cool! Wovon wird er handeln?“ – „Von Schlangen an Bord eines Flugzeuges!“ – „Auch cool! Und wie kommen die Schlangen an Bord?“ – „Weiß ich noch nicht, ist aber Jacke wie Hose. Hauptsache, wir haben einen zugkräftigen Star. Ob Samuel Jackson gerade frei ist?“ – „Also, da habe ich doch gerade die Handynummer seines Agenten in der Tasche...“ Und so weiter.

Bei der Bewältigung der Frage, wie die „motherfucking snakes“ auf das „motherfucking plane“ (Jackson) kommen, haben sich die Drehbuchautoren nicht überanstrengt: Der junge Motorradfahrer Sean wird auf Hawaii ungewollt Zeuge einer Hinrichtung in Gangsterkreisen. Agent Jackson gelingt es, den jungen Mann zur Kronzeugentätigkeit zu überreden. Gangster Kim schmuggelt aber lauter exotische Giftschlangen in das Flugzeug, die während des Fluges ein großes Bohei erzeugen. Soviel zur Handlung.

Der Film hätte ein nettes Trash-Movie werden können, denn neben dem sympathischen Jackson gibt es noch turbulente Action, pubertäre Geschmacklosigkeiten (Schlangen ringeln sich zwischen Frauenbeinen oder beißen in Pimmel) und selbstzweckhafte Gewalt (High-Heel wird ins Ohr gebohrt, Blut, Geschmatter). Das Dumme ist nur, daß Trash-Filme wenigstens eines haben müssen – Charme. In Gestalt einer sündhaft teuren Glitzerproduktion wird man andauernd daran erinnert, daß man mit dem Geld auch einige wesentlich bessere Filme hätte machen können, u.a. welche, deren Drehbuchautoren älter als 20 Jahre waren oder zumindest den Eindruck erwecken. SNAKES quillt über vor dümmlichen Figuren, nulpigem Geschwätz, lausigen Computerschlangen (Luftschlangen?) und logischen Löchern von der Größe eines Mondkraters. Wie, zum Teufel, hat das finstere Schlitzauge es geschafft, weit über 100 exotische Schlangen in das Flugzeug zu schmuggeln, noch dazu eine 5 Meter lange Boa Constrictor? What the...? Und warum so kompliziert? Die IMDb listet noch eine Vielzahl weiterer Unzulänglichkeiten auf, die zwar im Rahmen eines Trashers nicht eklatant sind, aber zumindest eindrucksvoll erscheinen lassen, an wieviel Tinnef man sich bereits in solchen Glämmerprodukten gewöhnt hat. Ansonsten gibt es noch sehr viel „product placement“ („Gott segne die Playstation!“) und schlechte Mucke. Das Titelstück wird sogar als Rockvideo unter den Abspann gelegt, was nicht zu den sehr überschaubaren Pluspunkten des Filmes zählt. Insgesamt ein in die Länge gezogener Koks-Scherz von sehr jungen Leuten mit zuviel Geld, der nicht ohne Unterhaltungswert ist, aber wirklich blöd – auf der blöden Seite von blöd. So einfach jehtet nich.
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#425 Cjamango

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Geschrieben 26. Januar 2007, 11:02

Wolf Creek (DVD)

Ein muskulöser junger Mann mit blöden Tattoos fährt mit einer Frau mit großen Brüsten und einer Frau mit kleinen Brüsten durch Südaustralien, um einen Meteoritenkrater zu besuchen. Aus unerfindlichen Gründen versagen dort sowohl ihre Uhren als auch der Automotor. Was für ein Glück, daß Australiens sympathischster Lastwagenfahrer vorbeikommt und sie mitnimmt. Doch was so erfreulich beginnt, entwickelt sich schon bald zu einer äußerst unerquicklichen Anglegenheit...

Warum um den Film solch ein Tamtam veranstaltet wird, weiß ich nicht, denn die Filmspule erfindet er nicht neu. Er ist ausgesprochen solide gefertigtes Backwoods-Kino der alten Schule, das sich einen ruhigen Anfang leistet und eine Menge nebensächlicher Informationen liefert, dann aber, wenn er durchstartet, einen ausgesprochen nervenstrapazierenden Abstieg in die Hölle vornimmt. Das „Böse“ dieses Filmes – ich möchte da nicht zu konkret werden, denn ich habe vorher auch nichts gewußt – ist einmal mehr die vollkommene menschliche Niedertracht und Degeneriertheit, die sich hinter einer Maske der gesellschaftlichen Normalität verbirgt. In der letzten halben Stunde haut WOLF CREEK mächtig auf die Pauke und ist zarten Naturen nicht anzuraten. Den Vergleich mit HOTZEL auf dem Cover kann ich aber nicht nachvollziehen, da es sich bei WOLF CREEK um einen angenehm schlichten, thematisch völlig anders gelagerten und zudem wirklich spannenden Film handelt, der einfach nur das verkauft, was er auch zeigt. Regisseur McLeans HD-Kamera ist nervig, aber nie nervend, verwendet die karge Kulisse (die aufgrund der Drehbedingungen und des engen Terminkalenders fast ständig in Grau und Regen getaucht ist) auf attraktive Weise und hat recht ordentliche Schauspieler vor der Linse. Insgesamt eine faire Packung für harte Mägen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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#426 Cjamango

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Geschrieben 26. Januar 2007, 11:20

The Big White (DVD)

Robin Williams spielt einen Kleinbürger, der mitten in Alaska zusammen mit seiner am Tourette-Syndrom erkrankten Frau lebt und sich fragt, wo er das Geld für die nächste Miete hernehmen soll. Eine Lösung für seine Probleme bietet sich an, als er durch Zufall über eine Leiche stolpert, die zwei Killer in einer Müllkiste endgelagert haben. Da nämlich sein Bruder vor einiger Zeit verschollen ist, kann er die Versicherungsprämie kassieren, sobald der Tod des Bruders aktenkundig ist. Aus einer Fremdleiche eine Familienleiche zu machen, stellt sich als relativ einfach heraus, mit den Folgen der Tat zu leben hingegen als eine Katastrophe...

Hui, was für ein netter Film! Habe ich mal aus der Videothek mitgehen heißen, da mir FARGOeske Sachen meistens gefallen und Robin Williams nach ONE HOUR PHOTO und INSOMNIA eh bei mir einen Stein im Brett hat. Und tatsächlich erwies sich THE BIG WHITE als Gewinner: eine ruhig erzählte, nie lärmende, teilweise abgründige, aber unterm Strich sehr warmherzige schwarze Komödie, in der lauter Verlierer um ihr Überleben strampeln. Mit Sicherheit kein Film, bei dem man aus dem Lachen nicht mehr herauskommt, aber einer, der ein warmes Gefühl im Bauch verbreitet und nach Betrachten auch wächst. Williams spielt prima und hat in Holly Hunter als Gattin eine sehr angemessene Partnerin. Bei ihr weiß man nicht, ob die Symptome ihrer Krankheit aus Gründen, die sich nur erahnen lassen, vielleicht sogar nur gespielt sind. Als die zwei homosexuellen Killer (zwei sehr knuddelige Killer!) sie kidnappen, wird die Ehe auf eine harte Probe gestellt. Dann ist da Giovanni Ribisi als schmieriger Schadensregulierer, der für die Versicherung einen möglichen Schwindel aufdecken soll und selber Probleme in seiner Yuppie-Beziehung hat. Woody Harrelson als Poor-White-Trash-Bruder taucht natürlich auch noch auf und nimmt Williams hart ran. Im Nachhinein habe ich gleich verschiedene Lieblingsszenen, besonders jene, in der Amateurleichendekorateur Williams dem unbekannten Toten Schmalz ins Gesicht schmiert und leckere Speckkruste drauflegt, um die alaskanischen Wölfe zur Unkenntlichmachung des Leichnams zu bewegen... Aber auch ansonsten steckt sehr viel drin. Zwar ist THE BIG WHITE kein richtiger Kracher (wie z.B. Harold Ramis´ hervorragende, wenngleich ziemlich derbe Noir-Geschichte THE ICE HARVEST mit John Cusack und Billy Bob Thornton), aber er ist ungemein sympathisch und verrät seine Figuren niemals an lärmendes Gekasper. Es steckt auch einiges Poetische drin, und Mark Mothersbaughs Musik ist wie üblich ein dickes Plus. Rundum zufrieden.
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Geschrieben 26. Januar 2007, 11:38

Shadow Man (DVD)

„Eventus magister stultorum est“ besagt ein lateinisches Sprichwort. Das Ereignis ist der Lehrer der Dummen. Das heißt, daß wahrhaft kluge Menschen das Verhängnis antizipieren und ihm somit auszuweichen verstehen. Ich selber rassele immer wieder aufs Neue in dieselben Fußangeln und bin somit nicht nur dumm, sondern superdumm. Nehmen wir Steven Seagal: Glaubt irgendjemand ernsthaft, bei einem seiner neuen Filme eine mit OUT FOR JUSTICE vergleichbare Granate geliefert zu bekommen? Der Weihnachtsmann hat einen langen Bart und lebt am Nordpol. Hier aber die große Überraschung: SHADOW MAN ist gar nicht schlecht, zumindest für einen kleinen B-Actioner. Nicht gut, aber auch nicht schlecht, und den steinernen Götzen des Aikido bei seinen Freiübungen zu betrachten, ist für mich nach wie vor eine Selbstverständlichkeit. Sicher, auch hier wird wieder gedoubelt nach Leibeskräften. In einigen Stuntszenen meine ich, Markus Söder erkannt zu haben. Aber anders als in den unmittelbar vorangegangenen Filmchen verheddert sich das Drehbuch nicht in unzähligen Subplots, sondern erfreut das schlichte Gemüt mit einer geradlinigen Handlungsführung, die auf eine dieser bewährten Rachegeschichten hinausläuft: Geheimagent Jack Foster (Seagal) will seine Tochter zu ihrer Großmutter kutschieren, gerät aber auf dem Bukarester Flughafen mitten in eine scheinbar von fremdländischen Geheimdiensten organisierte Aktion hinein. Als Resultat wird sein Töchterlein gekidnappt, der väterliche Freund George ermordet. Jack zapft seine eigenen Kontakte an, um den Finsterlingen auf die Schliche zu kommen, wird dabei aber auch von renitenten CIA-Agenten verfolgt, die alle ein Interesse daran haben, daß der gefürchtete biologische Kampfstoff MK-ultra (Fairy ultra?) nicht in falsche Hände gerät...

Es gibt nicht viel zu sagen. Ist okay. Seagal-Fans leihen sich das ohnehin aus, gelle...

Asiatischer Schüler zu Sensei Seagal: „Es beeindruckt mich sehr, wie Sie die Melone aufgebrochen haben. Können Sie mich das lehren? Können Sie mich darin unterweisen?“
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#428 Cjamango

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Geschrieben 26. Januar 2007, 17:23

Crank (DVD)

Beim ersten Versuch haben wir den Film nach etwa 10 Minuten abgebrochen: „Oh, Jesus fucking Christ, wieder einer dieser lauten, pseudohippen Nervbolzen, keinen Bock... etc.“ War'n Fehler.

CRANK hat mich sehr daran erinnert, wie es war, mit 20 Jahren auf einer Fete zu sein, dröhnende Musik zu hören, mindestens 10 Tassen schwarzen Kaffees in die linke Herzhälfte gedroschen habend, wild tanzend, schwer enthusiasmiert und blendend beweibt seiend. Nicht, daß ich das jemals erlebt hätte damals, aber so in etwa fühlt sich CRANK an.

Die Story kennt man von D.O.A. und Derivaten seiner Formel: Ein Auftragskiller, Chev (Jason Statham), versaubeutelt einen Job und wird von seinen Gegnern schachmatt gesetzt. Genauer gesagt spritzen sie ihm eine chinesische Droge, die ihn binnen einer Stunde vor seinen Schöpfer treten läßt. So sollte es funktionieren, aber tatsächlich lebt Chev länger, denn die Droge bringt zwar Hirn und Kreislauf zum Stillstand, aber ein ständiger Adrenalinfluß verzögert den Exitus, bis der Körper schlappmacht. Bedeutet: Wenn Chev stehenbleibt, stirbt er! Da er den sehnlichen Wunsch hegt, wenigstens seinen Killern so richtig ins Getreide zu fahren, pumpt er sich voll mit Red Bull und anderen Scharfmachern, spritzt sich Ephedrin, Drogen und so fort und rennt wie ein Bekloppter, um dem tödlichen Stillstand zu entgehen...

Die beiden Newcomer Mark Neveldine und Brian Taylor realisieren das mit einem optischen und akkustischen Dauerfeuerwerk, das der Gehetztheit des Protagonisten entspricht. CRANK dauert nur 80 Minuten, und wesentlich länger hätte ich das auch nicht ausgehalten, aber er funktioniert blendend. Was für ein Partyfilm! Dem zum Tode verurteilten Statham dabei zuzuschauen, wie er mit seinem Wagen völlig ungerührt quer durch ein Einkaufszentrum schraddelt, es mit den gefährlichsten Banden der Stadt aufnimmt und seine Freundin in Chinatown mitten auf der Straße zu einer spontanen Sexorgie hinreißt, ist schon ziemlich lustig, wenn auch gelegentlich recht derb. Dabei wirkt CRANK wie der perfekte Film für „Grand Theft Auto“-Fans, denn erlaubt ist grundsätzlich alles, die Regeln der Gesellschaft sind komplett außer Kraft gesetzt. Der Tod steht fest – es fragt sich nur, was man mit der Restzeit anfängt. Das Glück ist mit den Dummen, und da Chevs Urteilsfähigkeit auf ein Minimum herabgesetzt ist, muß er sich nicht mit dem bohrendem Zweifel ob der Verantwortlichkeit seines Tuns abplagen.

Ich habe mich glänzend amüsiert!
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#429 Cjamango

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Geschrieben 28. Januar 2007, 17:39

Re-Cycle (DVD)

Schriftstellerin Ting-Yin arbeitet an ihrem neuesten Roman, der – nachdem sie mit einigen Liebesschmonzetten großen Erfolg eingefahren hat – von Geistern handeln soll. Und schon bald nach Arbeitsbeginn kommen die Visionen, die sie in ein fernes Land entführen. Und das ist nicht das Land der Glücksbärchis...

Der neueste Film der Pang Brothers wirkt über einen langen Zeitraum hinweg, als würde er sich zu ihrem bislang besten entwickeln. Wie bei jedem ihrer Filme staunte ich über die technische Professionalität, über schöne Einfälle, tolle Bilder. Aber auch hier ist der Wurm drin. Der Wurm erhebt sein garstig Haupt gen Ende, und was eigentlich ein ungewöhnlich guter Hybride aus Märchen und Geistergeschichte hätte werden können, versandet in geschmacklosem Kitsch und fingerdick aufgetragener Religiosität. Der Grundeinfall – einen Ort zu konzipieren, an dem alle unausgeführten Einfälle, die man gehabt hat, alle Chancen, die ungenutzt verstrichen sind, hinkommen und ihr teilweise sehr grausiges Eigenleben führen, ist vielversprechend und sorgt auch für sehr schöne Szenen. (Die „vergessenen“ Toten etwa, die neben ihren Gräbern kauern und darauf warten, daß man sich um sie kümmert.) Der Aufbau der Geschichte ist auch gefickt eingeschädelt und entwirft sorgfältig die Figur der Schriftstellerin, dann – nach etwa 30 Minuten – ihr Hinübergleiten in die „andere“ Welt, und am Schluß die Auflösung. Dumm nur, daß man die Auflösung schon sehr bald ahnt, und wenn sie dann präsentiert wird, zerstört sie nicht nur die relativ offene und vieldeutige Konzeption der Story (Schriftstellergeschichte, die schuldige Vergangenheit, der Unsinn, an begangenen Fehlern festzuhalten etc.), sondern taucht sie auch noch in einen tränendrüsengewaltigen Hagel aus Lichteffekten und weitaufgerissenen Kinderaugen, der einer ernsthaften Behandlung des *von mir hier nicht preisgegebenen* Hauptthemas völlig den Hahn abdreht. Schade und eigentlich auch etwas ärgerlich. Die sind vom anderen Tanzen, die Pangs. Und technische Brillanz ist auch nicht alles.
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#430 Cjamango

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Geschrieben 29. Januar 2007, 11:47

Stay Alive (DVD)

Extrablatt: Für das Verfassen eines Drehbuchs braucht man jetzt nicht mal mehr einen einzigen IQ-Punkt! STAY ALIVE verbindet eine Zerrbildfassung der sogenannten Gamer-Welt mit der Sage um die Blutgräfin Erzsebeth Báthory, und wem das schon schwachsinnig dünkt, der kann sich diesen Schmodder ja mal ankucken...

Als ein Spieletester-Nerd zusammen mit einigen Freunden in seiner Butze verschaschlikt wird, findet man bei ihm die Kopie eines noch unveröffentlichten Computerspiels, „Stay Alive“. Die Trauer seiner grenzdebilen Gamer-Freunde kennt keine Grenzen, und so kloppen sie das Ding erst einmal in die Konsole und spielen es online. Dumm nur, daß es sich um ein dämonisches Spiel handelt, das die Realität seiner Partizipanten beeinflußt und sie einen Kampf auf Leben, Tod und komplette Verdummung ausfechten läßt. Ich selber bin zwar niemals Gamer gewesen, bin mir aber aus irgendeinem Grund ziemlich sicher, daß niemand auf der ganzen Welt sich so anzieht und so spricht wie diese Hansel. Da es schwer fällt, einen Bezug zu den Flitzpiepen aufzubauen (die sich im weiteren Verlauf des Filmes im wesentlichen mit Sätzen wie „Ich gehe jetzt rein!“ oder „Ich mache das alles nicht mehr mit!“ verständigen), kann der Regisseur (wieder einmal der berühmte Baron Fir le Fanz) so viele lärmenden Belege seiner Unfähigkeit liefern, wie er mag – es geht einem trotzdem kolossal am Po vorbei. Und was den intellellen Level des Filmes betrifft: In einer Szene doziert eine Gruftie-Braut über den berüchtigten „Hexenhammer“, dessen Originaltitel sie mit „Malleus Demonium“ angibt. (Stöhn.) Tja, Malle Mallorca, Fassenacht in der Behindertenwerkstatt, da darf jeder mal in den Glücksbottich greifen. Mumpitz.
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#431 Cjamango

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Geschrieben 30. Januar 2007, 12:15

Hard Corps (DVD)

„Du und ich, wir brauchen den Mist, was?“ röchelt einer der Protagonisten gegen Ende des Filmes, und mir geht das ähnlich. Im Falle von HARD CORPS tut mir das aber ausnahmsweise nicht leid, denn die 100 Minuten Lebenszeit sind gut angelegt.

Van Damme ist Philip Sauvage, ein Spitzensöldner, der bereits in Afghanistan und im Irak ordentlich auf die Kacke gehauen hat. Nach einer fürchterlichen Katastrophe ist er durchgedreht und in der Militärklapse verschwunden. Als zwischen zwei schwarzen Gangstarappern ein mörderischer Streit entbrennt, versichert man sich seiner Dienste. Kann Sauvage sein Trauma überwinden?

Ja, die Story klingt völlig stulle. Isse auch. Macht aber nichts, denn HARD CORPS liefert Männerkino reinsten Wassers, und genauso wie bei 80er-Jahre-Heulern, bei denen man regelmäßig ins Johlen gerät, wenn die Muskelproppen ihre Harte-Mann-Mätzchen durchziehen, ist die hanebüchene Geschichte hier kein Stolperstein, sondern eher ein Garant für ein reibungsloses Gelingen. Ich finde es ohnehin sehr bemerkenswert, wie viele Intellektuelle einen Heidenspaß bei dieser Sorte von Unterhaltung haben. Ist es der Urmensch, der sich aus der Umklammerung von anerzogenen Verhaltensweisen befreien will? In meinem Fall ist er es, volle Atavisten-Power – der Neandertaler ist mein Amigo! Mit einer Keule in die Wildnis gehen und der Holden ein Lamm nach Hause bringen – was für eine Befriedigung. Die Braut von Van Damme ist sein Gewehr, die Brautjungfern seine Muckis, und er spielt zum Hochzeitsmarsch auf, daß es nur so rumst. VD-Veteran Sheldon Lettich macht das ganz „old school“ und verzichtet auf optischen HD-Firlefanz und sinnlose Subplots, bringt lustige Einzeiler wie den oben zitierten, und der Umstand, daß das belgische Weißbrot diesmal in ausschließlich schwarzem Umfeld agieren darf, funktioniert auch prima. Und was Van Damme angeht, so altert er ziemlich gut und entwickelt immer mehr Eastwood-Züge – Markanz kann's! Nö, der Film ist eine richtig nette Überraschung und sollte für Fans dieser Art von Filmen eine Pflichtübung darstellen. Wird gekauft.
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#432 Cjamango

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Geschrieben 30. Januar 2007, 15:42

Superbeast (TV)

Da läuft auf Premiere maaal ein Seventies-Horrorfilm, den ich noch nicht gesehen habe, und dann ist das so eine Gurke...

SUPERBEAST gehört zu der alten Schule von billig hergestellten Exploitation-Streifen, die schnellstmöglich hingerotzt und mit kistenweise Streckmaterial auf abendfüllendes Format gebracht wurden und danach das volle PR-Programm erhielten, z.B. knallige Poster, fetzige Titel und so fort. Das fertige Produkt entsprach dann meistens nicht den von der Werbung genährten Erwartungen, aber der Nepp hatte stattgefunden, der Zinsgroschen war entrichtet – Mission erfüllt!

Antoinette Bower spielt eine Pathologin, die nach Manila gerufen wird, als dort ein stark neandertalesk aussehender Mann erschossen wird. Durch einen dummen Zufall gerät sie auf die Insel des George-Hilton-Lookalikes Dr. Fleming, der eine Wunderdroge erfunden hat, die die Resozialisierung von Strafgefangenen bewirken soll. Bislang bewirkt sie aber nur die Revertierung zu frühmenschlichen Verhaltensweisen, und die Delinquenten haben auch immer eine Affenmaske auf dem Kopp. Aus unerfindlichen Gründen arbeitet Dr. Moreau, äh, Dr. Fleming auch mit einem Großwildjäger zusammen, der die fehlgeschlagenen Experimente kostensparend entsorgt.

Ein veritabler Krauchfilm, in dem minutenlang Leute durch den Dschungel tapern oder völlig uninteressanten Tönjes absondern. Zu Beginn gibt es einen kurzen Aufschrecker, weil völlig unmotiviert eine echte Autopsieszene reingeklatscht wird (zum Glück nur zwei kurze Einstellungen), aber dann kommt der typische Parcours, der ein wenig an einen Mann erinnert, der auf den Händen gehen will, aber jedesmal auf den Kopf fällt. Sehr viel Langeweile, filmisch auf Kaffeejungen-Niveau und ohne die käsigen Attraktionen, die andere Filipino-Produkte wie MAD DOCTOR OF BLOOD ISLAND immerhin anzubieten haben. Wie schon gesagt, eine Gurke.
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#433 Cjamango

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Geschrieben 31. Januar 2007, 19:43

Underground Werewolf (TV)

Dies war der erste Film, den „Empire Video“ damals in Deutschland auf den Markt würfelte, und da Premiere derzeit einige von den alten Schoten im Programm hat, nutzte ich die Gelegenheit, um ein Wiedersehen zu feiern.

CELLAR DWELLER ist ganz guter Quatsch. Jeffrey Combs spielt (in den ersten drei Minuten) einen Comiczeichner, der mit Hilfe eines alten Zauberbuches einen haarigen Dämon zum Leben erweckt, der eine nackte Frau off-screen in Stücke reißt. 30 Jahre später befindet sich in dem abseits gelegenen Haus nicht etwa eine Bäckerei oder ein Schneider, sondern ein Institut für die schönen Künste. Die Nachwuchscartoonistin Whitney ist ganz begeistert, daß sie am selben Ort wohnen darf wie einst ihr von haariger Hand hingerafftes Vorbild. Weniger begeistert ist sie vom Umstand, daß ihre Erzfeindin Amanda ebenfalls dort haust, und Hausverwalterin Yvonne de Carlo macht ihr auch das Leben schwer. Wie sich herausstellt, ist es sehr gefährlich, in diesem Haus zu zeichnen...

Das Monster sieht aus wie ein großes Henson-Viech mit einem Pentagramm auf der Brust und ist Spezialeffektespezialist Buechler nicht so gut gelungen. CELLAR DWELLER bewegt sich auf ordentlichem Seifernopern-Niveau, erlaubt sich platte Verhohnepiepelungen von moderner Kunst (leider nicht sehr lustig) und versucht, einen Horror-Comic hinzubekommen. Leider ergibt die Story nicht viel Sinn, und das Finale ist auch mehr als dürftig. Hat mir früher besser gefallen, aber damals war ich auch Allesfresser, genau wie das Monster. Splatter bleibt weitgehend aus, und ich glaube nicht einmal, daß das an der Fassung lag. Immerhin dauert der Quatsch nicht viel länger als 70 Minuten. Hoffe mal, daß der nächste wiederbelebte „Empire“-Film mehr rockt.
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#434 Cjamango

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Geschrieben 01. Februar 2007, 15:04

Ghost Town (TV)

Die Kombination von Horror- und Westerngenre hat mich immer sehr fasziniert, bietet sie doch reichhaltige Möglichkeiten. Daß diese Möglichkeiten leider in den seltensten Fällen eingelöst wurden, ist bedauerlich. Tatsächlich sind es eher nominelle Western, die in diesem Bereich gepunktet und die Pionierzeit der USA mit dämonischem Rauhreif überzogen haben, z.B. Clint Eastwoods fabelhafter EIN FREMDER OHNE NAMEN oder italienische Übungen wie DJANGO UND DIE BANDE DER BLUTHUNDE. Im Horrorbereich führten die Geisterreiter meistens nur zu Autokino-Schmonzes minderer Machart wie BILLY THE KID VS. DRACULA oder CURSE OF THE UNDEAD. Es wäre schön, wenn es mal einen richtigen Horror-Western gäbe, mit authentisch aussehenden Westernern, ordentlichen Sets und inszenatorischer Finesse. Sachen wie RAVENOUS (der kommerziell ein ziemlicher Flop war) werden aber wohl selten bleiben.

GHOST TOWN ist immerhin einen deutlichen Tacken besser als UNDERGROUND WEREWOLF von gestern. Es geht um einen Deputy Sheriff, Langley, der in der Wüste von Texas einer verschwundenen reichen Tochter hinterherspüren soll. Dabei stößt er zuerst auf eine Gummimumie, die ihm Quatsch erzählt, und dann auf die Geisterstadt Cruz del Diablo. Und da dummle sisch sonderbare Geschdalde, die alle vor 100 Jahren gelebt haben, den Schrecken von einst aber immer wieder durchleben müssen: Der dämonische Gunslinger Devlin setzt alles in Angst und Schrecken. Langley muß sich in den Fußstapfen Wyatt Earps bewähren...

Ganz unterhaltsam gemacht, wenngleich inszenatorisch ein ziemlicher Schuß in den Ofen. Angefangen wurde die Produktion angeblich von einem unbekannten Australier namens Richard Governor, der sich aber mit der Crew überwarf und vom Second-Unit-Regisseur und vom Kameramann Mac Ahlberg ersetzt wurde, die das Ding zu Ende kurbelten. Es scheint so, als habe Governor versucht, dem Film eine künstlerische Note zu verleihen, feat. lange Einstellungen, mystisches Gewaber etc. Da es sich hier um einen „Empire“-Exploiter handelt, war das aber wohl kaum die richtige Herangehensweise, denn die Authentizität des Gezeigten geht stramm gegen Null bzw. erreicht das Niveau einer billigen TV-Serie. Hauptdarsteller Franc Luz sieht aus wie eine Mischung aus Horst Janson und kalifornischem Gemeinschaftskundelehrer, die „Westerner“ sehen alle aus wie Kulissenschieber in Bad Segeberg, und die Frauen haben alle typische 80er-Jahre-Frisuren und -Makeup. Die Musik besteht größtenteils aus billigem Synthiegejuckele und paßt somit nicht wirklich. Auf der Plusseite immerhin gibt Jimmy Skaggs als Oberbösewicht eine sehr genüßliche Vorstellung, die im Original deutlich besser kommt als in der deutschen Fassung, und als anspruchslose Unterhaltung ist der Film durchaus zu goutieren. Man trauert nur etwas den verpaßten Möglichkeiten nach. Aber immerhin, ein klein wenig besser als der Durchschnitt der typischen Horror-Heuler ist er schon, und mit Sicherheit viel besser als der jüngst veröffentlichte Horrorwestern SEVEN MUMMIES – der war mal richtig banane...
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#435 Cjamango

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Geschrieben 01. Februar 2007, 18:54

Caved In (DVD)

Christopher Atkins sieht aus wie eine schwule Version von Steve Railsback und spielt einen professionellen Reiseführer, der gegen fürstliches Entgelt einige betuchte Ausländer durch eine stillgelegte Mine in der französischen Schweiz geleiten soll, wo eine geheime Smaragdhöhle vermutet wird. Wem es hier schon zu kompliziert wird, der kann sich freuen: Auf einmal kommen lauter riesige Hirschhornkäfer aus der Wand und reißen alles in kleine Fetzen! Ha, ha... Für eine TV-Produktion ist CAVED IN extrem blutrünstig und weist auf einen Überschuß an Tiereingeweiden hin, der von den Filmemachern großzügig unter den Akteuren aufgeteilt wird. Die computergenerierten Käfer sehen aus wie komplette Grütze, springen fröhlich durch die Gegend und geben lustige Geräusche von sich. Wenn sie zerplatzen, spritzen sie alles voll mit grüner Gülle, von der dann in den Nahaufnahmen nichts mehr zu sehen ist. Die Schauspieler sind grauenhaft. Christopher Atkins (Brooke Shields´ Partner in DIE BLAUE LAGUNE – ächz!) würde besser in eine tägliche Telenovela passen, ist aber auch mit einer fürchterlichen Familie gestraft – ein fetter kleiner Junge und zwei blonde Bimbos (Mutter und Tochter), die eine schlimme Diktion und schlimme Stimmen haben und in der zweiten Hälfte die ganze Zeit über dumm rumkreischen. Gib´ den beiden Ischen deutsche Stimmen, dann passen die hervorragend nach Castrop-Rauxel! Beide werden zudem durch identische blonde Dauerwell-Fickmich-Frisuren verunstaltet – schlimm. Als Regisseur fungiert Richard Pepin, der frühere Partner von Schundfilm-Zampano Joseph Merhi, und man kann ihm immerhin nicht vorwerfen, daß zu wenig passieren würde. Wer in der Laune ist auf diese Art von Film wird passabel bedient. Der IQ liegt knapp über Zimmertemperatur. Mich hat das Ganze stark erinnert an Bert I. Gordon mit Computereffekten und jeder Menge Splatter. Siegfried, Roy und Christopher – das Trio Infernal!
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#436 Cjamango

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Geschrieben 09. Februar 2007, 20:19

Heartstopper (DVD)

Nun denn, wer Krankenhaus-Horrorfilme mag, kann sich diesen B-Slasher ja mal anschauen. Die Story ist hanebüchen und erinnert etwas an Jim Isaacs HORROR SHOW: Ein gemeingefährlicher Verbrecher, Chambers, soll auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet werden. „Old Sparky“ hat gegen den Unhold aber keine Chance, da jener mit dem Teufel im Bunde steht. Bereits im Krankenwagen zeigt er erste Anzeichen von Lebhaftigkeit, die sich für die Belegschaft des Krankenhauses zu einer veritablen Katastrophe auswächst, da Chambers in der Folge reihenweise Herzen herausreißt. Warum er solch eine Fixierung auf Herzen hat, ist mir schleierhaft, aber vielleicht hatten Regisseur Bob Keen (ein FX/Masken-Veteran) und seine Jungs gerade einen Sonderposten ergattert. Aus irgendeinem Grund ist Chambers hinter der jungen Sara her, in der er wiedergeboren zu werden wünscht. Sie sei „one in a million“, wird als Erklärung gereicht. Ist aber auch wurscht, denn in erster Linie geht es darum, daß ordentlich auf die Kacke gehauen werden darf, und trotz reichlicher Schnitte ist das Ding in der deutschen Fassung immer noch ziemlich saftig. Keine Ahnung, wie das im Original abgegangen sein mag. Robert Englund spielt den Sheriff und schmiert bis zu seinem Exitus, aber das versteht sich von selbst, denn der Mann würde auch noch schmieren, wenn er einen Briefkasten spielen würde. Insgesamt handelt es sich um einen Film schlichten Gemüts, der ganz in der Tradition der 80er-Jahre-Slasher steht und zum Glück nur relativ sparsam Kaspereien auffährt, mal abgesehen von dem albernen computeranimierten Tattoo. Wer HALLOWEEN 2 mochte und sich vor den (relativ unauffälligen) Schnitten nicht fürchtet, könnte das bekommen, was er sich wünscht.
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#437 Cjamango

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Geschrieben 11. Februar 2007, 01:45

Hard Candy (DVD)

Der 32-jährige Fotograf Jeff chattet bereits seit einiger Zeit mit der 14-jährigen Hayley. Seine Absichten scheinen harmlos zu sein, doch als sie ihn unbedingt persönlich kennenlernen will, willigt er ein. Nach einem Treffen in einem Café nimmt er sie sogar mit nach Hause, wo Hayley die volle Lolitanummer abzieht, schüchterne Blicke, Kulleraugen – das volle Programm. Leider bekommt Jeff zu spät mit, daß sie ihm Drogen in den Drink getan hat. Als er erwacht, findet er sich an einen Stuhl gefesselt. Hayley liest ihm die Leviten und erläutert ihm haarklein, was sie von alten Säcken hält, die mit kleinen Mädchen nach Hause fahren. Zu Jeffs unendlichem Leidwesen ist es damit allerdings noch nicht getan – sie will seine Eier...

Autsch! HARD CANDY ist ein Psychothriller, der zur Gänze ohne offene Brutalitäten auskommt, trotzdem aber eine deutliche Gesundheitswarnung verdient: Hodenträger sollten es sich zweimal überlegen, ob sie sich den Film antun wollen, denn er macht keine Gefangenen. Minutiös wird die unerfreulichste Episode im Leben des Fotografen Jeff geschildert. Seine Peinigerin, Hayley, ist hochintelligent, unternehmungslustig und geradezu erschreckend gut vorbereitet. Obwohl ihr Charakter zu Beginn nervt – sie ist ein Miststück, da gibt's kein Vertun! –, wird die Sympathievergabe dadurch erschwert, daß sie eigentlich völlig recht hat: Jeff ist ein kleiner Rapunzelprinz, doch ob es sich bei ihm auch um einen waschechten Pädophilen und womöglich sogar Kindermörder handelt, das erweist sich im Verlauf der kammerspielartigen Handlung. Regieneuling David Slade (vormals Videoclip-Regisseur) spielt auf geschickte Weise mit den Erwartungen des Zuschauers, der sich einige Male geneppt sehen darf. Was in HARD CANDY gezeigt wird, ist streckenweise harter Tobak, wenngleich der Horror im wesentlichen ein Resultat der Kunst des Regisseurs, des guten Drehbuchs und überzeugender Schauspielerleistungen ist. Umso erfreulicher, daß die Eindeutschung wirklich gelungen ist, was in Anbetracht der emotionalen Talfahrten, die der Film unternimmt, nicht ganz einfach gewesen sein wird. HARD CANDY ist eine richtig feine Überraschung und wird sehr bald seinen Weg in meine DVD-Sammlung finden. Exzellent.

„Schwanz ab, Schwanz ab, runter mit dem Männlichkeitswahn...“ (Die Ärzte)
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#438 Cjamango

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Geschrieben 18. Februar 2007, 18:07

World Trade Center (DVD)

Die Geschichte zweier Polizisten, die am 11. September unter den Trümmern des Titelgebäudes begraben werden und ihrer Befreiung harren.

Technisch nahezu perfekt, aber trotzdem ärgerlich. Normalerweise würde ich es als zumindest dubios betrachten, gerade einmal fünf Jahre nach dem Anschlag (der immerhin das größte nationale Trauma der USA seit dem Vietnam-Krieg darstellen dürfte) einen Film zu machen, der die Katastrophe als Storylieferant für ein saftiges Melodrama verwendet. Wenn sich aber gerade Oliver Stone, dessen bisherige Tätigkeit als Regisseur sich meistens mit dem Thema „USA – Mythos und Wirklichkeit“ auseinandersetzte, an die Arbeit macht, erscheint es doch zumindest rätselhaft, wenn sich das Resultat dann so offensichtlich um eine Einordnung des tragischen Ereignisses drückt und die Einzelschicksale betont in den Vordergrund rückt. Den 11. September so völlig aus jedem Kontext herauszureißen, ist eigentlich nicht statthaft und noch viel weniger sinnvoll, da es nun einmal gewisse Dinge gab, die zu dem Anschlag geführt haben, und ebenso Dinge, die sich aus diesem Anschlag ergeben haben, z.B. zwo Kriege mit vielen Schicksalen, die ebenfalls die hier praktizierte Rundumbehandlung verdient hätten. WORLD TRADE CENTER arbeitet mit Klischeesituationen, die recht professionell arrangiert werden. Abgesehen von zwei oder drei Szenen bekommt man aber kaum mit, daß es auch noch andere Verschüttete gab. Die Storyführung haftet permanent an den menschlichen Reaktionen der beiden Protagonisten und ihrer Angehöriger. Nic Cage und Michael Pena machen ihre Sache gut, ebenso ihre weiblichen Counterparts. Und trotzdem hat man das Gefühl, der selben Gefühlsmaschinerie aufzusitzen, wie sie damals vom Fernsehen betrieben wurde und in deren Fahrwasser so schöne Folgeerscheinungen wie der „patriot act“ und die erfolgreiche TV-Serie „Krieg gegen den Terror“ geboren wurden. WORLD TRADE CENTER überrascht hier und da durch interessante Details, die aber nicht weiter verfolgt werden. Es gibt die berühmte Jesuserscheinung, die dem Nic-Cage-Charakter Mut macht. Es gibt einen frommen Ex-Marine vom Lande, der unbedingt was tun muß, zwar gezeichnet wird als „Crackpot“, der im wirklichen Leben den Taubendreck von Windschutzscheiben abkratzen müßte, im Film aber zu einem der vielen Helden wird, denen der Film im finalen Absacken in die Gefühlssauce Tribut zollt. Wie immer in solchen Fällen wird es wohl so gewesen sein, daß es echte Helden gegeben hat, aber dieses andauernde Hochlebenlassen von hehren Gefühlen und Heldentaten ist eben dasselbe verlogene Geblubber, das auch in Kriegspropagandafilmen das Durchhaltegefühl beschwören soll. Es ist alles herzlich unrealistisch; da helfen auch die vielen realistischen technischen Details nichts mehr. Unterm Strich hat Oliver Stone – der einige sehr bemerkenswerte Filme gemacht hat und alles andere als ein unkritischer Betrachter der amerikanischen Gegenwart ist – hier einen dicken Honigeimer mit Kitsch abgeliefert, der sich vor einer Einordnung und Bewertung des Geschehens drückt und menschelt, bis der Arzt kommt. In der Wirklichkeit kommt aber meistens kein Arzt, und so kann man dem Film auch nicht wesentlich mehr entnehmen als professionell gefertigtes Entertainment der oberen Budget-Liga. Und für Oliver Stone ist mir das entschieden zu wenig.
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#439 Cjamango

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Geschrieben 23. Februar 2007, 12:09

Spartan (DVD)

Val Kilmer spielt einen amerikanischen Geheimdienstmann (Army Ranger), der der Tochter eines Politikers hinterherspüren muß. Jene ist nämlich von Bösewichtern entführt worden. Seine Nachforschungen lassen ihn entdecken, daß nicht allen seiner Kollegen an einer „sauberen“ Aufklärung des Falles gelegen ist...

Ein nüchterner Ausflug in die Welt der Geheimdienste, bei der sich Edeldramatiker David Mamet wohl von der Serie 24 hat beatmen lassen. Daß das Resultat nicht so wirklich zündet, liegt in der Hauptsache daran, daß die Story kein emotionales Zentrum für den Zuschauer bereithält, denn ausnahmslos alle Charaktere sind völlig unsympathisch, mal abgesehen von Derek Lukes Buddy-Rekrut, der aber wenig zu tun bekommt. Kilmers Protagonist ist eine richtige Sau, bricht Leuten die Arme, versprüht herrenmenschelnde Gemeinplätze und tut all das, was die amerikanische Außenpolitik im Moment in ihrer Außenpolitik vertritt – der Zweck heiligt die Mittel. Daß die Figur im Verlauf des Dramas etwas an Kontur gewinnt, wird von Mamets Beharren auf gestelzten Dialogen (sorry, so spricht im wirklichen Leben kein Mensch!) unterlaufen. Die vergleichsweise tumbe Herangehensweise von 24 produziert Spannung im Quadrat, was bei Mamet leider nicht hinhaut. Stattdessen werden die Krimiaspekte von Anspielungen auf die griechische Sagenwelt aufgemöppelt, was aber zumindest bei mir nicht zu tiefergehenden Einsichten geführt hat. Das Entführungsopfer ist auch eine ziemlich doofe Bratze. Handwerklich ist SPARTAN eine saubere Leistung, hat das Herz auf dem richtigen Fleck (Schlußszene!) und ist auch ansonsten okay, aber trotzdem vermisse ich was. Vielleicht erwarte ich von Mamet auch zuviel, denn Sachen wie OLEANNA, WAG THE DOG oder andere seiner Werke finde ich ziemlich brillant. SPARTAN verspricht viel und löst wenig ein. SYRIANA gefiel mir auf seinen Anti-Hollywood-Pfaden deutlich besser, zumal jener von Anfang an klarstellt, daß es ihm nicht primär um Spannungserzeugung geht, sondern um eine Abbildung des komplizierten Geflechts aus Wirtschaft, Politik und Geheimdienstaktivitäten. Im Falle von SPARTAN hätte etwas mehr trivialer 24-Schnokes nicht geschadet. Ein Plus ist immerhin der überraschende Auftritt von Ed „Al Bundy“ O'Neill als Geheimdienstboß – kaum wiederzuerkennen, der Mann. Im übrigen bin ich der Meinung, daß man Karthago zerstören sollte. Oder auch nicht. Ist ja eigentlich ganz hübsch da.
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Geschrieben 23. Februar 2007, 12:29

Baader (TV)

Gestern mit meiner Süßen gekuckt. Deutschland im Herbst, hier realisiert als muntere Szenenzusammenstellung, die einigermaßen erfolgreich versucht, einen Einblick in die menschlichen Grundlagen des bewaffneten Widerstandes zu gewähren. Christopher Roth (sehr aktiv als Cutter in Hollywood) verzichtet dabei auf eine Bewertung der Vorgänge, denunziert weder die RAF noch ihre Gegner. Das mag manchem zu wenig sein, aber da ich ein Semester lang an der Bremer Uni verbracht habe und damals von den Wichtigtuern der seligen „Marxistischen Gruppe“ zugemüllt worden bin mit ihrem rhetorischen Elan, fand ich den Verzicht auf linken Kitsch eigentlich sehr wohltuend. Baader (gut gespielt von Frank Giering) wird dargestellt als aggressiver Proll, der trotz seiner ihm von der Gruppe verpaßten Rolle als Intellektueller in erster Linie romantischen Idealen der „Bonnie & Clyde“-Liga folgt und seinen Status als Alphamännchen sichtlich genießt. Es wird deutlich, daß die Ideale (repräsentiert durch pathetische, aber dem in solchen Kreisen gepflegten Sprachduktus wohl gemäße Phrasen) nur ein Vorwand sind, um die eigene Axt zu schleifen. Das erinnert mich sehr an meinen Eindruck von Politikern der Gegenwart, die immer große Worte vom Allgemeinwohl im Munde führen, dabei aber nur ihre privaten Verhexungen kompensieren. Roth bastelt am Schluß einen sehr hübschen Einfall ein, indem er Baader ein Ende beschert, wie er es sich wahrscheinlich selbst gewünscht hätte.

Ein guter Film, der mir nur dadurch Schwierigkeiten bereitete, daß ich die handelnden Personen so grimmig unsympathisch finde. Die RAF hat nicht nur Deutschlands Linke in die Absurdität getrieben, sondern ihren erklärten Feinden einen Opferstatus verpaßt. Was für arme Tröpfe. Wenn jemand eine Klamottenversion der Story drehen möchte, biete ich mich jederzeit für das Verfassen eines Drehbuches an, so Richtung „RAFler allein im Wald“.
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Geschrieben 05. März 2007, 14:59

JFK (DVD)

„Black is white, and white is black.“

Meine ambivalente Haltung zu den Filmen von Oliver Stone war etwas, das ich schon lange einer kritischen Revision unterwerfen wollte. Daß die gruselig aufgemachte DVD-Box von Warner hier für wenig Geld angeboten wurde, setzte mich in die Lage, meinem Vorsatz Taten folgen zu lassen.

Um nicht ausgerechnet mit JFK beginnen zu müssen, entlieh ich mir aus der Videothek seine früheren Filme PLATOON und GEBOREN AM 4. JULI. Grippegebeutelt feierte ich ein Wiedersehen mit den beiden Oscar-Preisträgern, und siehe da – sie gefielen mir eigentlich ziemlich gut! PLATOON hatte ich in Erinnerung als zwar aufregendes, aber übermäßig pathetisches Dschungeldrama, in dem ein goldbelockter Willem Dafoe einem übel vernarbten Tom Berenger entgegentritt. Dazwischen läuft dann noch Charlie Sheen als falbes Identifikationsangebot herum, und Samuel Barbers „Adagio For Strings“ (auch bekannt als „Theme From PLATOON“!) säuselt die ganze Zeit über gemütsvoll im Hintergrund. Die Zeichnung der „gooks“ (Schlitzaugen) war nicht wesentlich differenzierter als in Michael Ciminos DIE DURCH DIE HÖLLE GEHEN oder die der Gegner in Ridley Scotts WIR GEGEN DIE BÖSEN BIMBOS, äh, BLACK HAWK DOWN, aber wenn man mal davon ausgeht, daß PLATOON nicht wesentlich viel mehr darstellen soll als die streng subjektive Sicht einiger armer Schweine, die qua sozialer Stellung in den Krieg geschickt worden sind, bietet der Film einige zu jenem Zeitpunkt durchaus ungewöhnliche Leckerli. So findet Heroismus größtenteils nicht statt. Die Rekruten robben durch den Schlick, zoten wild herum, wissen nicht genau, was sie eigentlich da sollen, wo sie sind. Alle Männlichkeitsposen erweisen sich als gegenstandslos, sobald Feindberührung stattfindet. Dann herrscht die nackte Panik, alles ballert wild durcheinander. Keine souveräne Kriegstaktik, mit der sich Offiziere dicketun können. Geredet wird zwar von Flanken, Hinterhalt und feindlichen Linien, doch die behauptete Militärstrategie findet keine Entsprechung in der Realität. Die besteht aus Blut, Schweiß und vollen Hosen. Reines Glück, wenn man mal tatsächlich auf den Feind schießt und nicht etwa auf die eigene Vorhut.

GEBOREN AM 4. JULI ist in dieser Hinsicht noch extremer und serviert mit Ron Kovic (Tom Cruise) einen fromm aufgezogenen und denkbar konservativen Jungspund, der voller Ideale in den Krieg zieht. Der Beginn des Filmes ist ziemlich grandios und arbeitet mit Kitschbildern zuhauf, die derselben Kleinstadtvision der sechziger Jahre entstammen, wie sie vom TV jener Tage vorgelebt wurde. Das Kriegsgewimmel beschränkt sich dann auf lediglich 15 Minuten und zeigt zuerst, wie amerikanische GIs ein Dorf mit Frauen und Kindern plattmachen (shades of My Lai, wie auch schon in PLATOON), dann erschießt Cruise auf einmal einen seiner eigenen Kollegen und bekommt eine Kugel ins Rückenmark. Dumm gelaufen – der Held wird heimgekehrt. Bevor ihm die Ehrungen seiner Kleinstadt zuteil werden können, liegt er aber erst einmal ein Jahr im Veteranenkrankenhaus, wo hoffnungslos unterqualifizierte Fachkräfte die Versehrten in ihrem eigenen Urin liegenlassen. Da der Kriegseinsatz Unsummen verschlingt, bleibt eben nichts mehr für die Versorgung der Verletzten übrig, und man spürt, daß es für Cruise schon ein Glück darstellt, als impotenter Krüppel nach Hause zu kommen. Und hier zeigte sich mal wieder, daß ich dicht am Wasser gebaut habe, wenn ich erkältet bin – nonstop suppte es über meine Wangen. Derselbe Effekt trat allerdings auch beim Fußballspiel auf, dem ich mich danach widmete, so daß dies vermutlich nicht am Film allein lag. Während ich BORN ON THE 4TH OF JULY im Kino noch ziemlich Grütze fand, mußte ich nach nunmehr bald 20 Jahren dem Umstand Tribut zollen, daß Stone ein exzellenter Regisseur ist und die formalen Aspekte seiner Arbeit glänzend beherrscht. Wie es aber freiwilligen wie unfreiwilligen Humor gibt, so gibt es auch freiwilligen und unfreiwilligen Kitsch. In der Regel handelt es sich bei Stone um freiwilligen Kitsch, der von ihm außerordentlich geschickt eingesetzt wird, um die Oberflächlichkeit der von ihm dargestellten Gesellschaft zu zersetzen. Dabei bedient er sich einer Art Hyperrealismus, die – in David Lynch gar nicht mal so unverwandter Form – eine pseudonaturalistische Kulisse durch Verfremdungseffekte zu einer Art Pervertierung des amerikanischen Traumes werden läßt. Daß die Filme nicht sehr subtil sind, sondern „groß gedruckt und leicht zu lesen“ (kicher!), macht sie mir nicht weniger sympathisch. Vom gängigen liberalen Hollywoodkino unterscheidet Stone nicht nur die ungewöhnlich hohe formale Meisterschaft, sondern die offenkundige Freude daran, liebgewonnene Mythen auseinanderzuhebeln. Was der Vietnamveteran Stone dabei mit dem verlorenen Krieg und seiner nachmaligen Verklärung anstellt, ist aller Ehren wert. Kein weinerliches „Wir sind von der Regierung und vom Volk im Stich gelassen worden“-Gejammere, sondern die deutliche Feststellung, daß der Krieg ein einziger großer Fehler war. Im Falle des Ron Kovic ist das ein Lernprozeß, der vom überzeugten Befürworter des Systems zum überzeugten Gegner führt. Da gibt es nicht viel zu deuteln.

Als ich JFK damals im Kino sah (und noch die gruselige Oscar-Präsentation von 4TH OF JULY im Hinterkopf hatte), spöttelte ich über den „Film zur Legende“, was ja auch durchaus auf THE DOORS zutraf. Im Kino lachte ich ein paar Mal laut, spätestens beim pathosgetränkten Monolog Kevin Costners, als ihm eine silbrig glänzende Träne über die Wangen läuft, und auch bei der kitschigen Abspannwidmung, die der Jugend gilt, die den Keim der Zukunft in sich trägt, oder ein ähnlicher Schwurbel. Beim nochmaligen Ansehen mußte ich allerdings feststellen, daß es sich bei JFK größtenteils um einen hervorragenden Film handelt, dessen formale Brillanz mich schier von den Socken gehauen hat. Hätte man sich die überlange Gerichtsszene am Schluß und die recht irrelevanten Familienprobleme des Costner-Charakters geschenkt, wäre der Film sogar makellos. Auch so steht er aber recht allein da als Mischung aus politischem Tatsachenbericht und politischer Fiktion. Daß diese beiden Pole nicht problemlos voneinander zu trennen sind, macht JFK als bedingungslos verläßliche Darstellung der amerikanischen Wirklichkeit zwar nur begrenzt relevant, aber seine Botschaft verschickt der Film in der Tat mit der unmißverständlichen Effektivität einer Abrißbirne. Was an der Oberfläche zu sehen ist, ist trügerisch. Es gibt nicht nur eine Wahrheit (die subjektive Wahrheit der Justiz), sondern viele verschiedene Interessengruppen, die für das, was passiert, die Verantwortung tragen. Sündenböcke sind leicht gefunden und werden der gerechtigkeitshungrigen Bevölkerung vorgeworfen wie die Christen den Löwen. Die Lüge ist allgegenwärtig. JFK demonstriert das nachdrücklich, und während ich früher Oliver Stone eher in einen Topf warf mit optimistischen Patrioten wie Frank Capra (dessen Botschaft meistens lautete, daß jeder noch so schlichte Amerikaner zum Ziel gelangen kann, so er sich innerhalb des Lügenmeers hartnäckig und lauter verhält und seinen Zielen treu bleibt), so halte ich ihn jetzt für einen wesentlich intelligenteren und verläßlicheren Chronisten der Gegenwart. In JFK kübelt er sein Publikum zu mit Fakten und Informationen, die den Zuschauer nur deshalb nicht überwältigen, weil alles ungemein geschickt collagiert und miteinander in Zusammenhang gebracht wird. Die Costner-Figur des Bezirksstaatsanwalts fungiert dabei mit ihrer humorlosen Beharrlichkeit als einsame Fackel in einem Ozean aus verwirrenden Zusammenhängen, die jedem Verschwörungsfan Stoff für wenigstens zwei Leben liefern. Die anfängliche Frage, wer denn nun eigentlich der Mörder von Kennedy war, wird zunehmend bedeutungslos, denn man lernt, daß das historische Ereignis eingebettet war in Vorgänge, die nicht nur die Geschicke der Vereinigten Staaten betrafen – eine Einschätzung, die ich bei Stones neuem WTC-Opus peinvoll vermißt habe. JFK macht das eigentlich ziemlich richtig, behauptet auch nicht, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein, sondern schärft nur den Blick für das Verbrecherpotential der Mächtigen. Verschwörungstheoretischem Geraune setzt er die Präzision seiner Inszenierung entgegen, die aus den ersten zwei Stunden des Filmes eine ungemein spannende (wenn auch – wie schon erwähnt – nur begrenzt verläßliche) Geschichtsstunde macht. Die von mir damals bespöttelten Bestandteile des Werkes fallen mir jetzt nicht mehr ins Gewicht. Insgesamt halte ich den Film für ähnlich gelungen wie Francesco Rosis und Damiano Damianis Werke, die die Verzahnung von Politik, Wirtschaft und organisierter Kriminalität in Italien aufgezeigt haben. JFK leistet das für die USA und hinterläßt trotz einiger pathetischer Zugeständnisse eine tiefe Verunsicherung, die an vielen amerikanischen Zuschauern nicht spurlos vorübergegangen sein dürfte. Verglichen mit anderen Vertretern des liberalen Hollywoodkinos seit den 70ern ist JFK regelrecht subversiv und in jedem Fall ein deftiger Arschtritt. Und brillant gemacht ist er zudem.
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#442 Cjamango

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Geschrieben 05. März 2007, 19:47

Art School Confidential (DVD)

Nach BAD SANTA der nächste Rundumschlag von Comic-Fan Terry Zwigoff, der sich diesmal dem bunten Alltag an einer Kunstschule widmet. Jerome möchte gerne Künstler werden und begibt sich zum Strathmore College, wo er sich die nötigen Anregungen erhofft. Sofort verliebt sich der junge Romantiker in die hübsche Audrey, doch er findet in dem gutaussehenden Misanthropen Jonah schon bald einen Konkurrenten. Gleichzeitig treibt in der Umgebung der Akademie ein Mörder sein Unwesen und metzelt drauflos. Ist Jonah vielleicht der Killer? Der heruntergekommene Maler Jimmy, der seinen Haß auf die Kunstwelt in Alkohol ertränkt? Der latent schwule Kunstlehrer Sandiford (John Malkovich), der seit 25 Jahren an seiner Kunst feilt und Tag für Tag vom hohlen Geschwätz arroganter Studenten genervt wird?

Tja, das ist die Frage! ART SCHOOL CONFIDENTIAL strotzt vor bösartigen Charakterisierungen, lauter elitären und hochneurotischen Studenten, die frisch von der Schule kommen, aus dem Elternhaus ausgezogen sind und nun denken, zeitlebens für Handarbeit überqualifiziert und „was Besseres“ zu sein. Jeder definiert sich durch sein Geschwätz, das in der Regel nicht der Wahrheitsfindung, sondern der akademischen Form des Schwanzvergleiches dient. Statt sich einfach mal um einen ordentlichen Stich zu kümmern und das eigene Wohlbefinden, wertet man sich auf, indem man die gleichen aggressiven Gruppenrituale nachvollzieht wie einst auf der Schule, nur auf einem höheren Niveau. Der Film ist in dieser Hinsicht zwar sehr unbarmherzig, vermeidet aber dumpfe Diffamierungen, weil man als Zuschauer den Irrungen & Wirrungen, die der Protagonist miterlebt, mit Andacht folgt, auch wenn man ihm gelegentlich kluge Dinge zurufen möchte. Es ist mir fast schon etwas peinlich, aber ich fand den Film großartig – absolut super! Ich möchte mal behaupten, daß all jene, denen BAD SANTA etwas gesagt hat, hier ebenfalls großen Spaß haben werden. Umwabert wird alles von Beethovens fünftem Klavierkonzert, und das ist mal richtig große Kunst. ART SCHOOL CONFIDENTIAL ist ein Gewinner.
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#443 Cjamango

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Geschrieben 06. März 2007, 00:00

Salon Kitty (Video)

Der Mythos um die berühmte Pension Schmidt nahe des Kurfürstendammes und ihre Rolle in der Spionagetätigkeit der Nazis geriet in der Nachkriegszeit außer Kontrolle. Was einst eine Möglichkeit offerierte, ausländischen Informationsträgern ihre Geheimnisse aus der Nase bzw. der Hose zu ziehen, wurde zu einer heftig beraunten Mata-Hari-Aktion großen Stils. Leider gibt es kaum schriftliche Unterlagen, die die Aktivitäten belegen, und auch die Zeitzeugen, die man hätte befragen können (und die keine finanziellen Interessen mit ihren Preisgaben verfolgten), gingen allmählich den Weg allen Fleisches.

Tinto Brass´ üppig produzierter und von Bond-Designer Ken Adam prachtvoll ausgestatteter SALON KITTY ist an einer authentischen Darstellung nicht gelegen. Stattdessen reiht sich dieser Wendepunkt im Schaffen des dicken Mannes mit der Zigarre nahtlos ein in die Interpretation der Nazizeit als eine Folge denaturierter Sexualität, wie sie italienische Regisseure wie Visconti, Fellini, Wertmüller oder Bertolucci betrieben hatten. Von Visconti hatte sich Brass Helmut Berger und Ingrid Thulin ausgeborgt. Die Thulin spielt Kitty Kellermann, Lebedame und Chanteuse, die den Edelpuff „Salon Kitty“ unterhält. Ohne ihr Wissen schöpfen Untergruppenführer Wallenberg (Berger) und seine Schergen Informationen ab. Die Rolle der schönen Verführerinnen spielen junge Frauen aus allen Lebensbereichen, denen allen eine starke Bindung zum Nationalsozialismus zu eigen ist. Eingebettet in das stark von Fellini beatmete Monstrositätenkabinett ist eine seichte Liebesgeschichte, die sich zwischen Hure Margherita und dem Hauptmann Hans Reiter (prust!) abspielt. Mit dieser Liebesgeschichte könnte man freilich nicht einmal das Herz von Edelweißroman-Lesern erwärmen, aber es geht Brass auch nicht um die Geschichte, sondern um die Bilder der umgebogenen Sexualität. Wie auch in seinen späteren Erotikfilmen stellt Brass eine normale Sexualität (verbunden mit Liebe, Freude, Spaß, freiem Willen) einer unnormalen Sexualität gegenüber, die hier von den Nazis und ihren Helfershelfern repräsentiert wird. Helmut Berger spielt seinen Herrenmenschen Wallenberg als frauenhassenden Protzhansel, der sich privat am liebsten mit hübschen Naziknaben in der Sauna herumdrückt und in meiner Lieblingsszene Schweißbänder mit Hakenkreuzen um die Arme trägt. Der wunderbare John Steiner hat einen seiner besten Auftritte als Bergers unmittelbarer Vorgesetzter, Dan van Husen ist sein Adjutant. Heutzutage wäre solch eine bizarre Mischung aus Sexfilm und Behandlung der Nazi-Vergangenheit wohl nicht mehr möglich, aber ein Zirkus wie dieser ist mir immer noch hundertmal lieber (und dünkt mir letztlich erhellender) als museale Rekonstruktionen à la DER UNTERGANG, deren vorsichtige Penibilität und Detailfixiertheit mir immer etwas nach dubiosem Respekt vor der Materie riecht. Nein, ich bin sehr für das dolle Auf-die-Kacke-Hauen. SALON KITTY wird so manchem geschmacklos erscheinen, aber ich denke, er zeichnet ein treffliches Zerrbild des NS-Regimes, dessen Irrationalität man mit einer rationalen Herangehensweise kaum gerecht wird.

In einer Szene bekommt eine Hure bei einem besonders ekligen Freier einen Durchdreher und beginnt wie am Spieß zu brüllen: „Heil Hitler! Fotze! Schwanz! Sieg Heil! Arschloch!“ Das ist zwar reichlich überdreht, kommt meinem Eindruck von den Nazi-Ritualen als stark touretteverdächtig aber sehr entgegen. Ein guter Film, den man mal bei uns in seiner integralen Fassung auf DVD herausbringen sollte.
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Geschrieben 06. März 2007, 02:48

The Key - Der Schlüssel (Video)

Liebe, Besessenheit und Tod von Meisterhand! Diesen ungerechterweise wenig bekannten Brass könnte man auch SCHEINTOT IN VENEDIG nennen. Der Aschenbach des Filmes ist der Brite Nino Rolfe (Frank Finlay), ein Kunstexperte, der im faschistischen Italien sein kärgliches Lehrersalär dadurch aufbessert, daß er getürkte Bilder beglaubigt, darunter auch „entartete Kunst“ von Egon Schiele und Konsorten. Der Vergleich mit Aschenbach hinkt allerdings, denn die einstige Sublimierung durch geistige Genüsse hat der gelehrte Mann hinter sich gelassen und schwimmt nun im Lustseiber. Obwohl er mit seiner jungen Frau, Teresa (Stefania Sandrelli), seit 20 Jahren verheiratet ist, zeigt sie sich merkwürdig verklemmt, was ihm scheinbar einst keine Probleme bereitete, aber jetzt grimmt ihm der Sud. Da er nicht in der Lage ist, ihr seine Wünsche auf direktem Wege zukommen zu lassen, schreibt er seine „Ferkeleien“ in ein Tagebuch und läßt den Schlüssel wie zufällig liegen, damit sie es zu lesen bekommt. Das tut sie auch, ist sauer und verfaßt selbst ein eigenes Tagebuch zur Fremdlektüre. Auf diesem Wege der indirekten Kontaktnahme werden beide ihrer jeweiligen Bedürfnisse gewahr, was allerdings durch den jungen Laszlo kompliziert wird, den Teresa ganz aufregend findet. Rolfe, der eigenartige Fetischvorlieben für seine Frau entwickelt hat (so zieht er sie einmal aus, als sie bewußtlos ist, und fotografiert sie), findet seine Eifersucht auf verwirrende Weise erregend. Kann das faschistische Familienglück wiederhergestellt werden?

LA CHIESA basiert auf einem mehrfach verfilmten Roman des Japaners Junichirô Tanizaki, der auch die Vorlage zu dem überaus eigentümlichen Sexdrama DAYDREAM (ebenfalls mehrere Verfilmungen) lieferte. Wie in den meisten japanischen Geschichten, die sich mit Sex befassen, geht es um eine zutiefst gestörte Beziehung, in der die Unnatürlichkeit des Zusammenlebens ihre Entsprechung in einer Denaturierung des Sexlebens findet – Wasser auf die Mühlen von Sexfreund Brass, der die Geschichte flugs ins Mussolini-Italien seiner Kindheit verlegt hat. Mit Finlay und der Sandrelli hatte er ungewöhnlich gute Schauspieler zur Verfügung, die ihren Anteil daran haben, daß dies nicht nur ein weiterer tumber Sexfilm ist, sondern eine ernsthafte Geschichte über Sex, die man sich interessiert bis zu Ende betrachten kann. Wie üblich macht Brass aus seiner Vorliebe für das Vorzeigen von nackten Tatsachen kein Hehl, doch auch wenn manche Brass deswegen als eben den schmutzigen alten Mann begreifen, als der er sich selbst so gerne präsentiert, so führt der Voyeurismus der Regie dazu, daß die Story glänzend funktioniert, geht es hier doch um sexuelle Besessenheit. In seinen jüngeren Produktionen hat Brass allzu häufig die unverbindliche Route eingeschlagen und sich auf Geschichten verlegt, die alle wie Kompendien typischer Brass-Merkmale wirken. Hier hat er eine richtig gute Story zur Hand, die er mit gewohnter Sorgfalt und Freude am (gelegentlich sehr deutlichen) Detail in Szene setzt. Trotz der schicksalshaften Verstrickung, in der sich die Figuren befinden, regiert stets ein positiver und bisweilen sogar humorvoller Ton die Erzählung, der sich aber niemals störend auswirkt. Mir ist erneut aufgefallen, wie wenig gute Erotikfilme es eigentlich gibt. Dies ist einer von ihnen, und es ist schon sehr schade, daß dieser ungewöhnlich gute Brass ebenfalls noch seiner DVD-Auswertung harrt. Ich harre mit.
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Geschrieben 06. März 2007, 15:55

Miranda (DVD)

Mit vor Erregung bibbernden Fingern führte er seinen Lachs direkt an ihre sehnsüchtige Liebespforte. Ihre Lippen waren ein einziges „Ja!“ Sämiger Vaginalsulz troff aus den Tiefen ihres erwartungsfrohen Leibes. Sie war bereit. Bereit für sein williges Fleisch, seinen Freudendocht, den er ihr nur zu begierig in die Spalte drosch. Sein ganzes Denken war wilder Sex. Ein flammendes Inferno der enthemmten Libido, das keine Gefangenen machte in diesem Widerstreit der Säfte.

Habe ich Eure Aufmerksamkeit? Gut, weiter:

„Wir raten ab“ urteilte damals der katholische „film-dienst“, wenn ich mich recht entsinne. In der Tat ist Tinto Brass´ Schilderung der Erlebnisse der lebenslustigen Wirtin Miranda (Serena Grandi) eindeutig muschilastig, unter Einbeziehung sämtlicher anderen Körperteile. Und doch hat man es hier nicht mit einer an den Po verlegten Version der Zotenverse um die „Wirtin von der Lahn“ zu tun. Miranda ist nämlich eine äußerst starke Frauenfigur, ist direkt, ehrlich und nimmt sich das, was sie will. Sie steht damit in krassem Gegensatz zu den männlichen Charakteren des Filmes, die sich alle in hanswurstiger Weise um sie balgen, als ginge es um ihr Leben. Nach der Oberflächenmoral ihrer Zeit (Faschismus erneut) ist Miranda vermutlich eine Schlampe, da ihr Geliebter Gino in den Krieg gezogen ist. Doch warum macht der auch so was Beknacktes? Als Zuschauer gewinnt man das Gefühl, Miranda würde ihm nach seiner Rückkehr kein X für ein U vormachen, denn Miranda lügt nicht, niemals. Sie macht keinem ihrer Paramours etwas vor, und wenn sich die Leute in ihrer Eifersucht wälzen, so ist das wahrlich ihr eigenes Problem. Es sind nämlich eher die Männer, die negativ gezeichnet werden, denn sie funktionieren nach dem alten „Madonna-Hure“-Prinzip: Frauen sollen schön nuttig sein, damit man sie gut höckern kann; aber wehe, die eigene Frau zeigt Bedürfnisse und benimmt sich nicht wie eine Heilige, wie die Mamma. Bigotterie pur, gewonnen aus der Milch der frommen Denkungsart. Anders da Miranda, die kein Hehl aus ihrer Freude am Sex und Freude am Leben macht. Wie sie selbst es ausdrückt: „In unserem Leben gibt's eine Menge Punkte, und aus den Punkten wird irgendwann mal eine Linie. Ich bin immer noch bei den Punkten. Aber es ist nicht gesagt, daß ich nicht mal dem Richtigen begegne, und dann habe ich meine Linie!“ Miranda gehört die ganze Zuneigung von Brass, denn sie ist die reine, unverstellte Natur, keine Männerängste verkörpernde „femme fatale“. Ebenfalls richtig guter Brass.

P.S.: Der Amerikaner Andy J. Forest, der zu jener Zeit in einigen italienischen Filmen auftauchte, ist heute übrigens ein angesehener Bluesmusiker und wohnt in New Orleans. Gerade im Internet gefunden.
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#446 Cjamango

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Geschrieben 10. März 2007, 15:59

The Wicker Man (2006) (DVD)

Es bereitet mir immer großes Vergnügen, eine Minderheitenmeinung abgeben zu können. Ich finde das Remake gar nicht so schlimm. Sicher scheint mir, daß Regisseur Neil LaBute den bizarren Humor des Originals verstanden und versucht hat, ihn in sein Remake hinüberzuretten. Das große Problem des Filmes liegt nur halt darin, daß die Rezeptionsgewohnheiten des heutigen Publikums sich völlig von denen des Jahres 1972 unterscheiden. Daß der neue THE WICKER MAN mehr oder weniger von der Leinwand gelacht wurde, empfinde ich als unangemessen. Er ist sehr sorgfältig gemacht, vorzüglich fotografiert und mit Sicherheit sehr eigentümlich. Nur ist da die Verhexung, daß man ein Remake nicht völlig losgelöst von der Vorlage bewerten kann. Und hier gewinnt Robin Hardys Film von einst um Längen.

Also: Nicolas Cage spielt einen Highwaycop namens Edward Malus (hui buh!), der einen Brief von einer früheren Verlobten bekommt. Willow Woodward (Kate Beahan) hat ihn einst sitzenlassen und ist auf eine Insel verschwunden, auf der sich eine merkwürdige Sekte niedergelassen hat und dort eine Art naturfixiertes Matriarchat betreibt. Willow hat ein Kind bekommen. Das kleine Mädchen ist nun verschwunden, weshalb sie ihren Verflossenen bittet, mal vorbeizuschauen. Highwaycop Malus scheint zum Vermißtendezernat versetzt worden zu sein, denn er erscheint auf der Insel Summersisle, um nach dem Rechten zu sehen. Vielleicht erzählt er das den Bewohnern auch nur – das wäre dann Amtsanmaßung, aber sei's drum. Die Frauen der Insel sind keine aggressiven Kampflesben, sondern naturbelassene Späthippies mit psychoanalytischem Überbau. Die Männer treten kaum in Erscheinung und sind stumpfe, leicht degeneriert wirkende Arbeitsdrohnen. Geleitet wird der Bienenstaat von Frau Summersisle (Ellen Burstyn), die von einer langen Reihe tiefreligiöser Naturanbeter abstammt und eine Alternativgesellschaft begründen wollte. Soweit die Fakten.

Das neue Drehbuch von LaBute weicht von Anthony Shaffers Original in einigen signifikanten Punkten ab. So macht es aus Lord Summersisles „Irischer Frühling“-Konzeption eine etwas an die Amish-Sekte erinnernde Bienengeschichte, in der die Frauen den Ton angeben und Männer nur Mittel zum Zweck sind. Man könnte argwöhnen, daß hier Angst vor Frauen Pate stand, aber warum auch nicht? Horrorfilme befassen sich nun mal mit Universalängsten, und die sind eben meistens infantiler und somit konservativer Natur. Nicolas Cages Charakter ist deutlich blasser als jener von Edward Woodward im Original. Der Kasus Knacktus im Original war ja der Umstand, daß Woodwards steifer britischer Polizist eine Jungfrau war – ein fast schon absurdes Geht-nicht im Hinblick auf seine Heldenfunktion und eine ironische Bezugnahme darauf, daß Helden nach landläufiger Meinung erfahren und mit allen Fruchtwassern gewaschen zu sein haben. Mr. Cage nun hätte wohl niemand den Jungfrauenstatus abgenommen, so daß er lediglich ein moralisch aufrechter Streiter für Recht & Ordnung ist, der einem (hier: seinem) Kind hinterherspürt. Immer noch im Konzept enthalten ist die Ausrichtung der Parallelgesellschaft auf Fruchtbarkeit und heidnische Naturverbundenheit. Da LaBute ein recht guter Regisseur zu sein scheint, funktioniert das eine gewisse Zeit lang auch recht gut. Erst gegen Ende geht der Film komplett über Bord und übertreibt es mit den lustigen Einlagen, von denen zumindest ich überzeugt bin, daß sie beabsichtigt sind. Mein Favorit ist sicherlich jene Szene, in der Cage eine unbewaffnete Frau mit dem Revolver bedroht und ihr Fahrrad klaut. Da hat es im Kino sicherlich Gelächter satt gegeben. Paßt aber nicht wirklich in den Kontext, denn Cage erfüllt hier wesentlich eher die Funktion eines „richtigen“ Helden, als dies Woodward im Original tat. Im Original war das Ende eine wahrhaft schockierende Episode, mit der wohl kaum ein Zuschauer gerechnet hätte. Die Neuverfilmung serviert sie technisch okay, ohne großen Firlefanz und knochentrocken. Danach setzt es aber einen Epilog, den man sich getrost hätte schenken können, da er die Horrorfilmkonvention bedient und somit den leichten Weg wählt. Unterm Strich ist THE WICKER MAN erwartetermaßen deutlich schwächer als das Original, aber es war wohl schon ein Fehler, es überhaupt zu versuchen. Immerhin hat es LaBute ernsthaft und mit Respekt versucht, was zwar in einem Mißerfolg resultiert, aber einem deutlich ehrenhafteren als das 1:1-Remake von DAS OMEN, das bei mir nur bodenlose Langeweile erzeugt hat und alles, aber auch wirklich alles schlechter macht als der Vorgänger. THE WICKER MAN ist immerhin nicht so schlecht wie sein Ruf. Aber die Szene mit dem Fahrrad ist wirklich Irrsinn...
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#447 Cjamango

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Geschrieben 10. März 2007, 16:00

Der Teufel trägt Prada (DVD)

Mir war mal nach was Leichtem.

Andy ist ein häßliches kleines Entlein, das gerne Journalistin werden möchte. Durch die Gunst des Geschicks bekommt sie die Chance, Assistentin bei der Modezeitschriftchefredakteurin Miranda Priestly (Meryl Streep) zu werden – ein Job, für den viele andere Frauen töten würden, da Mrs. Priestly eine der mächtigsten Gestalten des Mediengewerbes ist. Wer auf ihrer Shitlist landet, braucht sich keine Gedanken mehr um seine journalistische Zukunft zu machen, sondern kann schon mal nach Würstchenbuden Ausschau halten. Andy stellt fest, daß Kriecherei und Mobbing beileibe keine Fremdworte sind. Auch ihre Beziehung zu dem netten Portweinsoßenkoch Nate (stöhn) leidet darunter. Wird auch sie zu einem Medienzombie werden?

Es handelt sich natürlich um einen Unterhaltungsfilm, der es mit seiner Kritik an den Mißständen nicht übertreibt. Würde auch niemand wirklich ernstnehmen, da in Hollywood dieselben menschlich defizitären Zombies herumlaufen wie überall, wo Geld wohnt. Die Botschaft ist also klar: „Sei nett zu deinem Nachbarn und verkaufe deine Seele nicht für den Erfolg. Bleibe, wer du bist, selbst wenn der Aschenputtel-Job auf Dauer auch nicht abendfüllend ist.“ Wenn man also nicht gerade den neuen NETWORK erwartet, ist DER TEUFEL TRÄGT PRADA eine zwar vorhersehbare, aber zumindest unterhaltsame Angelegenheit, da es viele nett beobachtete Spitzen gegen High-Society-Menschendarsteller gibt, die Frau mit dem Pinguingesicht zugegebenermaßen brillant spielt, und Stanley Tucci ist auch ziemlich gut als ihr tuckiger Assistent. Nichts also, was jemanden vom Hocker reißt, aber als leichtes Entertainment für den verregneten Sonntagnachmittag geht das in Ordnung. Man sollte es nur nicht mit Medienkritik verwechseln...
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Geschrieben 12. März 2007, 17:37

Snack Bar Budapest (DVD)

Nach MIRANDA drehte Brass das zwar vollsaftige, aber relativ unverbindliche Nachkriegsdrama CAPRICCIO (EINE ITALIENISCHE AFFÄRE). Es scheint so, als habe ihm zu jener Zeit etwas gefehlt, denn mit SNACK BAR BUDAPEST blickte er wieder zurück in seine Anfangsjahre als Regisseur, in denen Sex zwar ein prominentes Thema seiner Arbeiten war, aber nicht der alleinige Beweggrund. Die Geschichte vom namenlosen Ex-Anwalt (Giancarlo Giannini), der in die Dienste des jugendlichen „Geschäftsmannes“ Molecola tritt, um sich eine freie Zukunft zu erkaufen, dabei aber leider tiefer in die Grütze gerät, als ihm lieb ist, ist ein existentialistisches Gangsterdrama französischen Zuschnitts, in dem Brass seinen Protagonisten in einer Welt herumstromern läßt, die ausschließlich aus Tätern und Opfern besteht. Wer es sich leisten kann und genügend Ellenbogen besitzt, wird zur Bestie; wer nicht ganz so viel Ellenbogen besitzt, wird zum Helfershelfer der Bestie; und die Restlichen fallen unter den Tisch. Der Avvocato wollte mal jenseits dieses ernüchternden Systems punkten und sein Leben auf der Grundlage von Werten erschaffen, aber alles, was ihm dies einbrachte, war der Knast. SNACK BAR ist nicht wirklich für Zuschauer geeignet, die sich von Brass einen dicken Lümmel erwarten. Unbekleidete Frauen gibt es auch hier zuhauf, aber sie sind lediglich Kollateralschäden in einem bösen Spiel. Der Film könnte nicht unerotischer sein – statt zum Schwitzen bringen einen die meistens in grellen Neonfarben ausgeleuchteten Sets zum Frösteln. Nackte Haut wirkt nicht sexy, sondern wie etwas, das man beim Leichenbestatter vorfinden kann. Ein immens deprimierender Film, der fast den Eindruck erweckt, als seien Brass´ Erotikfilme als seine ganz private Flucht vor einer Weltsicht zu werten, die die Menschheit als dem Leben völlig entfremdet begreift. Liebe und Sinnlichkeit sind lediglich Trugbilder, denen einzelne Menschen noch hinterherlaufen, doch sie scheitern kläglich. Zusammen mit Marco Ferreris AFFENTRAUM würde SNACK BAR ein glänzendes Doppelprogramm abgeben. Insgesamt mochte ich den Film, aber partykompatibel ist er beim besten Willen nicht, und die Musik von Zucchero ist wahrhaft gräßlich. Nun ja, mit seinem nächsten Film, PAPRIKA, ging Tinto bekanntlich wieder andere Wege.

P.S.: Der pubertierende Bösewicht, Molecola, hat sogar zwei Teufelshörner, wenn auch verfremdet – zwei dicke Eiterpickel links und rechts neben seinem Kinn...

P.P.S.: Brass hat wie üblich einen Gastauftritt, nämlich in den Erinnerungen des Avvocato, wo er einen ekligen Richter mit Hitlerbärtchen spielt, dessen Ko-Juroren zwei Schaufensterpuppen sind. In einer Szene, die in einem Kino spielt, läßt er seinen eigenen THE KEY von ungesitteten Zuschauern zerstören, die den Film offenkundig nicht scharf genug finden. Wenn da SNACK BAR BUDAPEST gelaufen wäre – nicht auszudenken, hihi.
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#449 Cjamango

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Geschrieben 20. März 2007, 09:42

Zwischen Himmel und Hölle (DVD)

An diesen Film hatte ich mich bislang noch nicht herangetraut, da mir Buddha nicht so fürchterlich viel sagt und ich Arges erwartete. Stimmt aber gar nicht – ist einer von Oliver Stones richtig Guten! Zumindest finde ich ihn immens interessant im Zusammenhang mit Hollywoods traditionellen Behandlungen von Krieg im allgemeinen und Vietnam im besonderen. HEAVEN & EARTH ist die Kinoversion zweier Memoiren der südvietnamesischen Farmerstochter Le Ly. Inmitten der Kriegswirren bemüht sie sich um das nackte Überleben und muß dabei einige Federn lassen. Sie trifft einen strahlenden Ritter auf seinem hohen Roß, der sie mit in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nimmt. Dort lernt sie das wahre Grauen kennen und fragt sich, was wohl aus ihrer Heimat geworden ist...

Im Anfangsteil schildert Le Ly ihre Kindheit und frühe Jugend, die im wesentlichen daraus besteht, daß ihr friedliches Dorf ständig von irgendwelchen Hajupeis in Uniform heimgesucht wird. Mal sind es Franzosen, mal die Amerikaner, mal der Vietkong, mal die Volksarmee. Immer werden alle deftig rangenommen, besonders die Frauen. Je nach Farbe der Uniformen wird eine Menge geredet, aber unterm Strich sieht es so aus, daß Soldaten in erster Linie Soldaten sind, für welche Firma sie auch immer arbeiten. Die Landbevölkerung hängt ihrem Glauben und ihrem bäuerlichen Alltag nach. Das Land wird mißbraucht und ausgesogen. Le Ly ist eine von vielen und muß sich später auch in der großen Stadt behaupten. Und dann kommen die G.I.s: Schon im Stützpunkt wird sie von einem Unteroffizier fast vergewaltigt. Man bietet ihr an allen Ecken Geld an für Yankee-Bum-Bum. „Laß´ dich für den Weltfrieden ficken!“, wie es ein launiger Feldjäger formuliert. Überall wird ausgebeutet und abgezockt. Man kann nicht behaupten, daß Oliver Stone mit seinen ehemaligen Kameraden übermäßig freundlich umgeht. Dann läuft ihr Tommy Lee Jones über den Weg, der anständig und sauber aussieht und ihr Vertrauen gewinnt. Zusammen mit ihm kommt sie nach Amerika, und dort beginnt der nackte Horror: Vorstadtsupermärkte, dicke, schwätzende Frauen mit Einkaufswagen, ignorante Verwandte, die das neue orientalische Mäuschen vom Sohnemann für eine kleine Nutte halten, die dankbar zu sein hat für die Brosamen, die ihr vom frommen Christenteller zurieseln. Und der Ritter entpuppt sich dann auch noch als eine ziemliche Ernüchterung. Eine Ernüchterung von einigen Gnaden, oh ja. Es wird deutlich, daß die Protagonistin eine Wandlerin zwischen den Welten ist, da sie ihre Heimat für immer verloren hat. Die ist richtig kaputtgedroschen worden. Stone verkneift sich eine Parteinahme und schildert alle Militärs als gleichermaßen widerwärtig. Am Schluß kommt sogar noch der Vietkong-Bruder Le Lys zu Wort, und was er sagt, ist ebenfalls nicht ganz unrichtig. Ein ganz hervorragender Film, dessen einziger Nachteil im Aufwallen von Gefühlssauce besteht, die den Schluß etwas kompromittiert. Man kann schlecht einerseits von der Heiligkeit von Reiskörnern und den schlichten Dingen erzählen und dann Kitaros gruselige Musik über Hochglanzaufnahmen sonnenüberfluteter Felder legen. Das war eine schlechte Entscheidung. Davon abgesehen trifft der Film für mich aber die richtige Note. Das Bereitlegen von Taschentüchern zahlt sich allerdings aus. Tip: Erst PLATOON kucken, dann diesen hier.
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#450 Cjamango

    Pauschalterrorist

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Geschrieben 22. März 2007, 12:11

Natural Born Killers (DVD)

Hach ja, der böse Film von Oliver Stone!

Eingestandenermaßen fand ich NBK damals im Kino sehr atze und sah in ihm nicht wesentlich mehr als ein besinnungsloses Draufdreschen, ein effekthascherisches Massaker an den Sinnen. Zu meinen Lieblingsfilmen von Stone gehört er auch jetzt noch nicht, aber ich bewundere immerhin die Intelligenz und Sorgfalt, die in ihn eingeflossen ist – eine Intelligenz, die ich Tarantino und vor allen Dingen Flitzpiepen wie Rodriguez nach wie vor nicht zubillige.

Was den Film seinerzeit so kontrovers machte, war nicht das beeindruckende Ausmaß der dargestellten Gewalt, sondern ihre Ästhetisierung – NBK böllert sein Publikum zu mit filmischen Verweisen, formalen Mätzchen und Chic an allen Fronten. Die Perspektive der Opfer wird konsequent ausgeklammert. Das wichtige Wort ist aber „konsequent“, denn anders als bei Kollegen wie Troy Duffy (DER BLUTIGE PFAD GOTTES) oder Robert Rodriguez erschöpft sich Oliver Stones Tätigkeit nicht in geistloser Oberflächenreizerzeugung, sondern macht eigentlich alles richtig. Der Vorwurf, NBK glorifiziere die Freizeitaktivitäten des White-Trash-Killerpärchens Micky & Mallory, ist völliger Mumpitz, zumal in geradezu exemplarischer Form und Sorgfalt aufgezeigt wird, warum die beiden zu den Monstern geworden sind, als die sie präsentiert werden. Möglicherweise ist der moralische Schluckauf, den der Film erzeugte (und immer noch erzeugt), vergleichbar mit der übersteigerten Reaktion auf Winfried Bonengels hervorragenden BERUF: NEONAZI – vielleicht hätte Stone einfach überdeutlich klarstellen sollen, daß Micky & Mausi Böses tun und als gewaltbereite Soziopathen strikt abzulehnen sind. Wäre Stone diesen simplen Weg gegangen, hätte er seinen Film aber entkernt, denn NBK funktioniert nur deshalb so intensiv, weil er den Glanz des Desperadotums eindringlich abfeiert. Viele Passagen von NBK sind romantisch und einfach toll – die „Heirat“ auf der Brücke etwa, wo zwischendurch einige gröhlende College-Nulpen vorbeidonnern und Harrelson nur meint: „An unserem Hochzeitstag bringen wir keinen um!“ Stone kommentiert das Geschehen ununterbrochen, indem er die Serienmörder von Filmfetzen und kitschigen Rock'n'Roll-Rebellentum-Motiven umwabern läßt. Das macht er auch mit den anderen Schmierlappen des Filmes, dem frauenhassenden Bullen Jack Scagnetti (toll: Tom Sizemore!), dem abgehalfterten Gefängnisdirektor Tommy Lee Jones und dem völlig moralfreien und offensichtlich ständig zugekoksten TV-Mann Robert Downey. Noch holzhammeriger kann man eigentlich kaum darstellen, daß alle Charaktere das Produkt einer völlig maroden Gesellschaft sind, die auf Ausbeutung und Mißhandlung basiert. Dabei muß man als Betrachter seinen Kopf schon ziemlich tief im Po haben, um den Film ernstzunehmen, denn wem bei all dem Krach nicht auffällt, daß NBK eine schwarze Komödie ist, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Als ich den Film 1995 im Kino schaute, wurde der Anfang der Vorstellung von einem mächtigen Rocker kompromittiert, der sich in einer der ersten Sitzreihen breitbeinig aufrichtete, das Evil-Zeichen machte und Micky und Mallorys Raststätten-Attacke jubelnd begleitete. Keiner der anderen Leute – mich eingeschlossen – traute sich, den tumben Muskelmann auf sein ungebührliches Betragen aufmerksam zu machen. In gewisser Weise paßte dieses Erlebnis ganz gut zum Film und zu der entrüsteten Resonanz, die er nach sich zog. Dummheit gibt es überall, und man sollte dem Herold Stone die Botschaft nicht vergelten. Bei manchen äußert sich die Dummheit in viehischer Brutalität, wie bei Micky & Mallory; bei anderen mündet der innere Kahlschlag darin, daß man andere Länder ausbeutet oder selbiges befürwortet, und zwar aus der komfortablen Sicherheit des heimischen Lehnstuhles heraus. Stone schildert solche gesellschaftlichen Fehlentwicklungen. Er tut dies in Gestalt eines in jeder Beziehung überbordenden Zirkus' dessen formale Blitzkrieg-Attitüde aber seinem Thema vollauf entspricht – Mindfuck allenthalben. Man mag den Film lieben oder auch einfach nur genervt abwinken – dumm und bedenklich finde ich den Film mittlerweile nicht mehr. In gewisser Weise hat der ewige Moralist Stone mit diesem Black-Comedy-Ansatz und seiner ironischen Figurenzeichnung sogar eine ungewöhnlich subtile Form gefunden, sein Anliegen über die Rampe zu tragen. Man sollte nur in der Lage sein, für die Dauer des Filmes seine intellektuelle Distanz etwas beiseite zu legen – dann funktioniert er recht gut. Ansonsten ist man vermutlich eher genervt von all dem Krach... *grins*
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