LOLA MONTEZ (BRD/F 1955/R: Max Ophüls/VHS: Aufz. ARD/01.04.04)
Am Ende sitzt sie da, in einem Kasten, einem Käfig ähnlich, wie eine Jahrmarktsensation und lässt sich für einen Dollar begrapschen vom sensationslüsternen Publikum, das zuvor in der Zirkuskuppel ihr Leben in bewegten Bildern, einer bizzaren Nummernrevue, bestaunen durfte.
Dieses Ende der Lola Montez wird während des gesamten Films in kleinen Episoden, die sich mit Rückblenden zu den realen Stationen ihres Lebens abwechseln (verknüpft mit traumhaft schönen Überblendungen) bereits angedeutet und vorweggenommen, stets beifallheischend kommentiert vom peitschenschwingenden Impressario.
Im Grunde ist damit zur Struktur dieses Films auch schon alles gesagt, die Geschichte schafft es durch den konsequent kühlen und distanzierten Stil ihrer Erzählung erst gegen Ende wirklich zu berühren, nämlich dann, wenn man erstmals einen Blick hinter die ikonenhafte Maske der schönen Lola werfen darf und einem die Tragik ihrer Figur, die sich zuvor nur andeutet, erstmals vollends bewußt wird.
Aber auch wenn dieses Meisterwerk des ansonsten vom Heimatfilm durchtränkten deutschen Nachkriegskinos durch seine Geschichte nur bedingt mitzureißen vermag, ein Hochgenuß ist es trotzdem.
Das ist vor allem der geradezu überbordenden Wucht seiner Bilder zu verdanken, die in ihrer Komposition wahrlich beängstigend perfekt und atemberaubend schön ist. Dabei kann ich mich kaum erinnern, jemals einen Film gesehen zu haben, in dem das damals ja noch gar nicht so alte CinemaScope-Format erschöpfender und virtuoser genutzt wurde wie hier. Nahezu im gesamten Film wird die gesamte Breite des Bildes benutzt, Einstellung für Einstellung wohldurchdacht und keinen Finger breit verschwendet, im Gegenteil, wenn einmal ein Gesicht nur oder ein Gegenstand wichtig ist, ist auch nur dieser zu sehen, der Rest des Bildes bleibt dann schlicht und einfach schwarz.
Mindestens ebenso faszinierend ist dabei auch immer wieder das Spiel mit der Schärfe, dem Bildervordergrund und dem Bildhintergrund, das wird häufig so clever genutzt, dass in manchen Szenen fast ein dreidimensionaler Effekt entsteht der einen zusammen mit zahlreichen anderen optischen Spielereien und Experimenten praktisch vergessen lässt, dass es sich hier um einen immerhin bereits 49 Jahre alten Film handelt, den allerdings damals das selbe Schicksal ereilte wie viele andere, die ihrer Zeit weit voraus waren: er wurde verkannt, vom publikum nicht angenommen und von seinen diversen produzenten und verleihern verstümmelt und verschlimmbessert, in dem man wesentliche Teile der Handlung einfach entfernte oder ummontierte.
Mittlerweile existiert der Film zumindest wieder annähernd in seiner Urfassung, bei der in der ARD gezeigten Fassung handelte es sich, wenn ich mich recht entsinne um eine Restaurierung durch das deutsche Filmmuseum in München und viele Teile waren der französischen Fassung (die dritte neben einer englischen und der ursprünglichen deutschen Fassung) entnommen und dementsprechend auch mit dem französischen O-Ton versehen.
In Memoriam: Peter Ustinov