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Ja, aber ich weiss nicht, ob das ganz so leicht ist. Auf die Frage Tates warum Chuncho ihn denn jetzt erschießt, weiss dieser ja keine Antwort. Die Dinge entwickeln eine Art von Eigendynamik. Anscheinend brechen sich da ganz sublime, in den Biographien der jeweiligen Beteiligten angelegte, Strukturen Bahn, die sich einer bewussten Kontrolle durch die Protagonisten völlig entziehen.
Findest Du? Ich würde sagen: Chuncho ist kein Mann der großen Worte - er kann ja auch nicht schreiben und lesen, ihm fehlt also gewissermaßen der Zugang zur Poesie und somit auch zur Dramatik oder zum Pathos. Dieses "wer weiß" ist dann vielleicht doppelt codiert: Zum einen entwickelt sich aus diesem Analphabetismus eine Art "urwüchsige Poesie" - denn das "wer weiß" ist ja durchaus auch im pathetischen und poetischen Sinne effektiv, obwohl die Person zu beiden Systemen eigentlich kaum Zugang hatte. Dass er intuitiv das richtige sagt, lässt uU erkennen, dass auch sein Handeln das intuitiv richtige ist - wie auch die Revolution eine Sache der Intuition scheint, die keine Kapital-Lektüre mehr vorauszusetzen scheint. Andererseits versetzt Chunco durch das (titelgebende) "wer weiß" den Gringo in den gleichen Zustand, in dem sich die Leute befinden, die Nino verarscht und verraten hat: Sein "warum" bleibt unbeantwortet, er kann - auch und vor allem aus seiner puritanischen "Geld-ideologie" heraus - in seinem Sterben keinen Sinn sehen und bekommt zudem die Antwort verweigert: So fühlt es sich an, wenn man Raubfutter ist und sich von einer Übermacht willkürlich hingeschlachtet sieht.
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Sehe ich ähnlich, wobei die völlig binäre Gegenüberstellung von "katholischer Völlerei" und "Puritanismus" eher in Richtung Folklore geht. Natürlich weisst Du das auch, aber dieses Klischee wird in der Tat im Film kommuniziert und macht in dem Fall auch einen gewissen Sinn.
Natürlich - ganz klar. Ich finde, vor allem diese Dichotomie, die der Film aufbaut, unterstreicht den parabelhaften Charakter der Erzählung. Es geht hier weniger um "Menschen", sondern um Typen und ideologische Entwürfe - mit dem Ziel, über die bloße Geschichte hinaus Verweisendes zu vermitteln. (andererseits könnte diese Vorgehensweise natürlich auch für eine relativ undifferenzierte Sicht der Dinge stehen - das will ich mal auf die Entstehungszeit und dessen historischen Hintergrund schieben)
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Trotzdem hat mir Tates Art irgendwie Respekt abgenötigt, diese pervertierte protestantische Arbeitsethik. Das hat Lou Castel wirklich sehr gut gespielt. Seine monotone deutsche Synchronstimme hat das noch unterstrichen. Auch diese "Geschlechtslosigkeit" finde ich erwähnenswert. An Frauen war er ja nicht im geringsten interessiert...
Ich empfand das alles die ganze Zeit als sehr nervig, vor allem auch deshalb hatte ich mittendrin wirklich ein paar Probleme, mir den Film anzusehen: Diese extrem lustlose Performance und noch dazu diese Synchrostimme...

Später erschließt sich natürlich, dass das Teil eines bewussten KOnzepts ist, klar. Doch bis dahin war's ein langer, staubiger Weg für mich.
Wobei Synchro: Ich hatte ohnehin das Gefühl, dass die sich durch eine ziemliche "Qualitäts-Dynamik" auszeichnete. Auch die "rassige Mexikanerin" hatte ja eine ähnlich trockene Stimme verpasst bekommen wie Nino. Deswegen war mir der Gedanke, dass es sich bei dieser Synchrostimme um eine bewusste Wahl handeln könnte, auch erst spät gekommen. Auch Chuncho war zum Teil (wenn er nicht grad lauthals rumbrüllte, sondern wenn er "normal" und "gesittet" sprach) teuflisch schlecht synchronisier, auch was die Lippenbewegungen betrifft.
Und: Kannst Du mir das den seltsamen Tonfehlern gegen Ende desFilm noch bestätigen?