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Aufzeichnunngen aus dem Kellerloch
#31
Geschrieben 03. August 2004, 18:25
So 13.6.2004 – VHS
Wie Frankenheimer hier ohne jedes Bemühen von aufgestautem Videothekenwissen, aber auch ohne falsche Scheu vor billigen Effekten die Abgefeimtheiten von Elmore Leonard in Szene setzt, das steckt den ganzen ironischen 90er-Jahre-Mumpitz sowas von locker in die Tasche, daß es mir eine wahre Freude ist. Jost Vacano trägt das seine zum Gelingen dieses Filmes bei – sein eiskalter Blick auf die Rückseiten der Stadt der Engel ähnelt Robby Müllers virtuoser Arbeit in Friedkins ebenfalls völlig unterschätztem 80er-Thriller To Live and Die in L.A.
#32
Geschrieben 03. August 2004, 18:26
Mo 14.6.2004 – DVD
Der schlafwandlerisch-sichere Rhythmus, die abgrundtiefe Todessehnsucht, die simple Schönheit der Bilder, die Myriaden von Ratten, das Röcheln von Kinski, das irre Lachen von Topor, das finale Grinsen von Bruno Ganz, die sonderbare Atmosphäre von Verwesung, in der selbst Rottöne einen fahlen Grünstich haben – all dies hat eine imponierende, aus jeder Zeit gefallene Klasse.
#33
Geschrieben 03. August 2004, 18:27
Mo 14.6.2004 – DVD
Herzog ist kein Erzähler, seine Filme sind augenscheinlich Abbildungen von Offenbarungen, derer er teilhaftig wurde. Er ist ein Mystiker, der einzige (?), den das deutsche Kino hervorgebracht hat. Ihm gelingen Bilder, die man so noch nicht gesehen hat. Angesichts dieses absonderlichen Hypnose-Experiments stellt sich allerdings die Frage, ob man sie auch wirklich sehen will... Ja!
#34
Geschrieben 03. August 2004, 18:28
Di 15.6.2004 – DVD
Darf man eine mehr oder weniger hilflose Person als Hauptdarsteller ausbeuten? Herzog hat es getan und ich vergebe ihm. Bruno S. ist so etwas wie ein lebender V-Effekt in einem Film, der seine Wissenschafts- und Aufklärungskritik vielleicht eine Spur zu vernehmlich vorträgt. Aber wieder gelingen Herzog Bilder von so eigenwilliger Schönheit, daß ich ihm seine inhaltlichen Überdeutlichkeiten verzeihe.
#35
Geschrieben 03. August 2004, 18:30
Mi 16.6.2004 – DVD
Eine weitere Strophe in Herzogs großem Gesang vom menschlichen Scheitern. Diesmal spielt Bruno S. sich selber, und das Ergebnis fällt entsprechend grandios aus. STROSZEK weist in seiner Episodenhaftigkeit auf die eigentlich von Herzog mit dem Bruno geplante »Woyzeck«-Verfilmung hin und ist eine einzige Kette von ganz und gar wahrhaftigen und zugleich hochstilisierten Augenblicken. Frappierend, daß diese Schußfahrt dreier Verlorener bei aller Tragik zugleich immer auch absurd komisch ist. Vielleicht liegt es an Herzogs genereller Ironiefreiheit, die ihm einen humorvollen Blick bei gleichzeitiger tiefer Anteilnahme erlaubt.
#36
Geschrieben 03. August 2004, 18:31
Do 17.6.2004 – DVD
Wahnsinn in jeder Beziehung. Großartig vor allem wegen der konsequenten Verweigerung von Kostümfilm-Ästhetik. Kinski hat von der ersten bis zur letzten Sekunde die Gefährlichkeit einer nadelfeinen, stählernen Klinge. Im übrigen eine mehr als deutliche Vorlage von APOCALYPSE NOW.
#37
Geschrieben 03. August 2004, 18:31
Fr 18.6.2004 – DVD
Eigentlich scheint Büchners fetzenhafte Szenenfolge eines physischen, psychischen und gesellschaftlichen Absturzes die ideale Vorlage für Herzog zu sein. Trotz des für diesen Regisseur einmaligen Aufgebotes an hochkarätigen Profi-Schauspielern mußte ich mich durch die kurzen 80 Minuten hindurch- – naja, nicht direkt -quälen, aber doch: – -zwingen. Der Film hat etwas Ausgebranntes, das zwar das Thema spiegelt, aber mich letztlich nicht fesseln konnte, auch wenn die festgewurzelte Kamera, die marionettenartig agierenden Darsteller und die puppenstubenhaften Kulissen gelegentlich an den »Struwwelpeter« in der Interpretation der Tiger Lillies erinnerten.
#38
Geschrieben 03. August 2004, 18:32
Sa 19.6.2004 – DVD
In diesem lässigen Alterswerk läßt Wilder seinen Hauch von Geschichte (die ein TV-Movie heute, mit drei überflüssigen Nebensträngen aufgebrezelt, in 90 Minuten herunterspulen würde) zweieinhalb Stunden lang zart über uns hinstreichen – ohne daß zu irgendeinem Zeitpunkt die Spannung zwischen den Figuren nachließe oder der Erzählfaden durchhinge.
#39
Geschrieben 03. August 2004, 18:33
Sa 19.6.2004 – VHS
Auch wenn in dieser Fiktion, anders als im Leben, am Ende alles gut wird, gelang dem unbestechlichen John Frankenheimer ein wuchtiger Polit-Thriller, der die sonst so scharf gezogene Grenzlinie zwischen Terroristen und Terrorisierten immer wieder verwischt. Die mulmig-dunklen Vorahnungen, mit denen die Story (von Thomas Harris) hantiert, wurden von der Wirklichkeit inzwischen eingeholt.
#40
Geschrieben 03. August 2004, 18:34
So 20.6.2004 – VHS
»Das Filmbild muß Graphik werden.« Finde ich auch. Sowieso. Und überhaupt: Meilenstein.
#41
Geschrieben 03. August 2004, 18:35
So 20.6.2004 – Cinemaxx Potsdamer Platz 11
Elegische Reise durch die Seelenlandschaft eines Schizophrenen. Obwohl Ralph Fiennes die Darstellung des Irren stark forciert, entfaltet sich der Horror so subtil, daß man ihn beinahe übersieht. Bildkompositionen und Soundtrack sind von gewohnt hoher Cronenberg-Qualität, im Endergebnis läßt mich die komplexe Verzahnung von Außen- und Innenschau jedoch erstaunlich kalt.
#42
Geschrieben 03. August 2004, 18:40
So 20.6.2004 – DVD
Hübsche Idee – NOSFERATU-Regisseur Murnau engagiert aus Gründen der Authentizität für die Titelrolle seines Filmes einen echten Vampir –, die leider dröge ausgeführt wurde. Trotz guter Besetzung (Malkovich, Dafoe, Kier) erschöpft sich der Film in ein paar flachen Witzchen übers »method acting«. Nach trägen 60 Minuten sah ich mich gezwungen, die Fast-Forward-Taste zu betätigen.
#43
Geschrieben 03. August 2004, 18:41
Mo 21.6.2004 / Mi 23.6.2004 – DVD
»Sinn des Verbrechens ist die Herrschaft des Verbrechens.« Meiner Meinung nach Langs bester Film, und er hat sehr viele sehr gute gemacht.
#44
Geschrieben 03. August 2004, 18:42
Mo 21.6.2004 – DVD
Herzog, das zeigt sein 68er Debut, war vom Start weg sympathisch desinteressiert an den Zeitläuften. Statt von der Weltrevolution zu schwadronieren, folgt er seinen Obsessionen und schickt konsequenterweise auch seinen Protagonisten auf den Ego-Trip.
#45
Geschrieben 03. August 2004, 18:43
Mi 23.6.2004 – DVD
Die Aldo-Moro-Entführung als Folie für einen spröden Polit-Thriller. Nie sah die italienische Hauptstadt so grau, so vernieselt, so scheiße aus wie in diesem Film über die Zeit der Roten Brigaden. In gewisser Weise ist YEAR OF THE GUN eine zynische Variation von Wylers ROMAN HOLIDAY: Wieder geht es um einen amerikanischen Journalisen in Rom, dem eine große Story in den Schoß fällt – nur entpuppt sich die Prinzessin diesmal als Terroristin.
#46
Geschrieben 03. August 2004, 18:44
Do 24.4.2004 – DVD
Diese Höllenfahrt ins kalte Herz der Moderne steht (nicht weit entfernt von 2001) wie ein Monolith in der Filmgeschichte. Mit der gleichen Souveränität wie Kubrick fegte auch Tati alle Regeln der klassischen Filmdramaturgie beiseite. Sein Thema ist nicht mehr und nicht weniger als die Welt des Spätkapitalismus, der Film eine Art Neuauflage von MODERN TIMES. Aber während sich Charlie geradezu rührend naiv im Räderwerk altertümlicher Maschinen verhakelte, liefert PLAYTIME seine Figuren einer allumfassenden Abwesenheit von Lebenslust aus. Tatis Komik zeigt sich auf ihrem Höhe- und Endpunkt: ultraminimalistisch und supertotal zugleich. Mit anderen Worten: es ist so komisch, daß es nichts mehr zu lachen gibt.
#47
Geschrieben 03. August 2004, 18:45
Fr 25.6.2004 – DVD
Die Betonung liegt auf »mein«. Weniger ein Film über Kinski als ein Film über Herzog. Der Mann polarisiert – entweder man schwärmt oder man kotzt. Mir persönlich imponiert sein egomaner Wahnsinn, der ihn – und mich, seinen gewogenen Zuschauer – an Orte geführt hat, von denen zuvor nicht bekannt war, daß es sie überhaupt gibt.
#48
Geschrieben 03. August 2004, 18:46
Sa 26.6.2004 – Delphi
Vor neun Jahren spazierten Céline und Jesse durch das nächtliche Wien und redeten, redeten, redeten. Jetzt treffen sie sich in Paris wieder und reden, reden, reden. Die Jahre haben Spuren hinterlassen – auf ihren Gesichtern, in ihren Seelen. Linklater treibt ein bezauberndes Spiel mit romantischen Klischees und wie nebenbei gelingt ihm auch noch eine hinreißende Reflexion über das, was die Zeit mit uns macht.
#49
Geschrieben 03. August 2004, 18:47
So 27.6.2004 – DVD
Der Film vermittelt nicht nur alles, was man über Kapitalismus und Kommunismus wissen muß, er ist auch ein lohnendes Studienobjekt für perfektes Komödientiming.
#50
Geschrieben 03. August 2004, 18:48
Mi 30.6.2004 – Broadway A
Mit staubtrockenem Witz, der sich vor allem in minutiös choreographierten Totalen entfaltet, wird die Geschichte des Frührentners und Hobbyakkordeonisten Schultze erzählt, der urplötzlich von Vaters alter Polka die Schnauze voll hat und auf seine alten Tage den Blues entdeckt. Ausgehend von der sogenannten Realität, schafft SCHULTZE durch Dehnung der Zeit und durch die extreme Stilisierung von Photographie und Schauspielerführung, etwas, was der Abbildung von äußerer Wirklichkeit diametral entgegengesetzt ist: Landschaften und Interieurs werden zur Übersetzung von Stimmung und psychischer Disposition der Figuren. Darin ähnelt er Herzog und seinem »inneren Landschaften«.
#51
Geschrieben 03. August 2004, 18:49
Mi 30.6.2004 – DVD
Die Party als Inbegriff des 60er-Jahre-Lebensgefühls wird bis zum vollständigen Zusammenbruch des Systems durchzelebriert. Eine theoretisch ganz vorzügliche Komödie. Leider konnte ich nur selten lachen. Das war zwar beim deutlich verwandten PLAYTIME auch so, aber der späte Tati läuft ja eher unter Kulturkritik – was man von Edwards in diesem Falle nicht sagen kann.
#52
Geschrieben 03. August 2004, 18:49
Do 1.7.2004 – DVD
Pappkulissen, Nebelschwaden und jede Menge Farbfolien in den Scheinwerfern. Fühlt sich an, wie der Pilot zu einer Serie, die dann doch nicht realisiert wurde.
#53
Geschrieben 03. August 2004, 18:50
Do 1.7.2004 – DVD
Das Kind, der Ball, die Angst. Und wiederum der beherzte Griff in den Farbkasten. Vielleicht waren das ja bisher alles die falschen Bavas. Oder ich bin einfach der falsche Zuschauer. Das wird’s wohl sein.
#54
Geschrieben 03. August 2004, 18:52
Fr 2.7.2004 – DVD
Keine Erzählung – ein »Lichtspiel«, übervoll von ausgetickten Bilderfindungen. Ansonsten fällt mir zu diesem Film nur ein, daß ich mich von meinen (unseren) kulturellen Wurzeln hin und wieder schmerzhaft abgeschnitten fühle. Murnau war mit Doktor Faust und seiner Zeit über die Jahrhundert hinweg auf unmittelbare Weise vertraut. Solche Bezüge in die deutsche Geschichte gibt es heute nicht mehr.
#55
Geschrieben 03. August 2004, 18:53
Fr 2.7.2004 – DVD
Unkaputtbare Gerichtsplotte aus einer Zeit, als alte, häßliche Männer in Hollywood noch Hauptrollen spielen durften – Charles Laughton forever! Sicher nicht Wilders bester Film, aber es ist schon toll, wie er diese kühl durchkonstruierte Unterhaltungsmaschine in ein lebendiges Drama verwandelt, das mich auch beim zigsten Sehen noch einfängt.
#56
Geschrieben 03. August 2004, 18:53
Sa 3.7.2004 – Cinestar Sony Center 8
Harmloser Spaß mit vermutlich sehr geringer Halbwertzeit. Die gesteigerte Rechenleistung der Computer mag beeindrucken, dafür wurde leider der Schmuddel-Faktor der Erstausgabe deutlich zurückgefahren. Immerhin bekommt Antonio Banderas Gelegenheit zu seiner besten Performance seit dem GESETZ DER BEGIERDE.
#57
Geschrieben 03. August 2004, 18:55
Sa 3.7.2004 – DVD
Borges erfand Pierre Menard, der den »Don Quijote« Wort für Wort neu erzählen wollte. Gus Van Sant treibt es nicht ganz so pathologisch – er gestattet sich bei seiner Reprise die eine oder andere Abweichung vom Original. Auch wenn ich nicht genau verstehe, zu welchem Ende er sein Spiel betreibt, ermöglicht mir Van Sants absonderliches Experiment immerhin den unverbrauchten Blick auf etwas durch und durch Bekanntes, und es ist schön zu sehen, daß PSYCHO – wie ein Beatles-Song – auch von einer halbgaren Cover-Version nicht zerstört werden kann. Ein echtes Manko: Ann Heche, nicht weil sie schlecht wäre, sondern weil sie nicht den Star-Nimbus mitbringt, den ihre Rolle verlangt – ich hätte gerne Michelle Pfeiffer als Marion Crane gesehen. Wie immer eine Augenweide: Christopher Doyles Kameraarbeit.
#58
Geschrieben 03. August 2004, 18:56
So 4.7.2004 – DVD
Kein Knaller, aber auch lange nicht so schlecht wie oft behauptet. Joe Esterhaz pumpt jede Menge Sex, Macht, Geld und Blut in eine ziemlich einfach gestrickte Noir-Intrige. Linda Fiorentino füllt die Barbara-Stanwyk-Rolle voll aus. Friedkins Inszenierung ist von gewohnter Güte, auch wenn die Vollbild-Abtastung der DVD den Genuß erheblich schmälert.
#59
Geschrieben 03. August 2004, 18:56
So 4.7.2004 – DVD
Locker und leicht – der schwimmt sogar in Champagner. Immer wieder ein großes Vergnügen.
#60
Geschrieben 03. August 2004, 19:01
Mo 5.7.2004 – DVD
Durchgeknallte Grand-Guignol-Oper. Coppola greift in alle verfügbaren Tasten, und es ist ihm offenbar völlig wurscht, ob die Töne zusammenklingen oder nicht. Das Wunder des Films: die Wucht der visuellen und akustischen Kraftmeierei triumphiert letztlich über fahrlässig schlechtes Storytelling und einige höchst zweifelhafte Schauspielerleistungen.
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