Gibt einiges nachzuholen (aktuelle gibt es das Ganze ja
an bekannter Stelle )...
Black Snake Moan
(Craig Brewer, USA 2006)
So langsam aber sicher muss ich die "Großen" des Jahres noch nachholen, und da ich BLACK SNAKE MOAN im Kino verpasst hatte, nun eben auf DVD. Auf DVD, die - so muss man Paramount an dieser Stelle wirklich mal loben - bildtechnisch wirklich auf Referenzniveau arbeitete, so großartig ist dieser Transfer. Und wenn dann auch noch der Film Freude bereitet, dann sitzt man wirklich etwas Großem bei. Doch alles nach und nach. BLACK SNAKE MOAN entwickelt sich nämlich langsam, kommt anfangs als schwüles Südstaatendrama daher, das einmal mehr von Gott, dem verlorenen Glauben und einer gescheiterten Liebe handelt. Samuel L. Jacksons Figur ist die Wut, gemischt mit Melancholie und einem Riecher für Gerechtigkeit. Christina Riccis Charakter, eine Sexbesessene Schlampe, die den White Trash kaum anschaulicher darstellen könnte. Sie ist im Gefühlschaos, sucht die Lösung ihrer Probleme im Alkohol und in den Drogen. Ihr Freund (gar nicht übel: Justin Timberlake) zieht gen Irak, lässt sie mit ihren Problemen allein.
Die Wege all dieser Figuren sollen sich schon bald kreuzen und so entwickelt sich BLACK SNAKE MOAN langsam aber sicher zu einer Mischung aus Drama, Thriller, Musikfilm und Komödie - ich meine, auf die Idee, eine Frau bei sich zu Hause anzuketten, muss man erst einmal kommen. Brewers Film lässt sich nämlich nicht einfach in eine Kiste stecken, denn dafür ist er einiges zu vielschichtig. Vielleicht nicht in seiner Prämisse, die einmal mehr die konservativen Werte und Tugenden hochhält, aber in seiner Inszenierung, in der er die Realität des Öfteren mit dem Gegenteil vermischt, ohne es dabei aber zu übertreiben. Der Film hat nämlich ein Gespür für Timing, verschenkt kaum Zeit, sondern füllt diese wohl proportioniert. Und auch wenn das Ende zugegeben wirklich dick aufgetragen, ja wohl fernab jeder Realität ist, so bleibt BLACK SNAKE MOAN nicht nur ob seiner grandiosen Darsteller im Gedächtnis, sondern auch wegen seinem Blues, den er ganz einfach im Blut hat.
Fido
(Andrew Currie, Kanada 2006)
Wieder so ein Kandidat, den ich auf dem Fantasy Filmfest verpasst hatte (oder einfach nur zu geizig war, 8,00 EUR pro Film springen zu lassen). Doch die acht Euro wären jedenfalls ordentlich investiert gewesen, wie sich jetzt herausstellt, denn FIDO ist eine herrlich erfrischende Komödie, die dort ansetzt, wo SHAUN OF THE DEAD den Abspann anrollen ließ. Wir schreiben die fünfziger Jahre (?), es herrscht zumindest eine vordergründige Idylle, Zombies leben mit den Menschen Hand in Hand. Zu verdanken ist dies einer Erfindung der Firma Zomcom, die es doch tatsächlich schaffte, die Zombies mit einem Halsband zu kontrollieren und für den Alltag einsatzfähig zu machen. Klingt bekannt, nicht? Richtig, denn auf diese Idee im Zombieuniversum kam bereits Zombieurvater George A. Romero, der in DAY OF THE DEAD ein ähnliches Szenario spann. FIDO führt diese Idee nun konsequent fort und haucht den Zombies menschliches Leben ein, bringt ihnen Erinnerungen und Menschlichkeit zurück - zumindest einem.
Denn das es bei all der Freizügigkeit der Bestien auch Opfer zu beklagen gibt, ist dabei so sicher wie das Amen in der Kirche. FIDO führt uns historisch ein, zeigt im schwarz-weiß Dia einen Überblick über die Zombiekriege, die viele Opfer forderten und die Menschen von nun an zwingt in Bereichen zu agieren, die durch einen Zaun geschützt sind (klingt noch mal nach Romero, nämlich nach LAND OF THE DEAD, nicht?). Doch was wäre ein Zombiefilm, wenn alles glatt laufen würde und die Zombies ihre Fleischeslust nicht ausleben könnten? FIDO ist dabei aber nicht unbedingt nur Zombiekomödie, sondern auch eine feine Familienkomödie und ein period piece, das die Scheinheiligkeit der damaligen gutbürgerlichen Gesellschaft konsequent entlarvt, stets mit feinem Humor versetzt. FIDO ist das, was man wohl drollig nennen kann, verzichtet dabei aber nie auch auf einige deftige Goreeinlagen. Er weiß, dass er kein großer oder gar wichtiger Wurf ist, sondern ein Unterhalter mit einem frischen, knallbunten Anstrich. Ein Film, wie man ihn viel zu selten auf dem Fantasy Filmfest sieht und der wie gemacht für dieses scheint.
Aliens vs. Predator: Requiem
(Colin Strause, Greg Strause, USA 2007)
Ja, da waren die Erwartungen dann wohl doch etwas zu hoch. Ich bin ja einer der wenigen, die dem ersten Teil doch einiges abgewinnen konnten, allein schon deshalb, weil man zwei der größten Filmmonster zusammenführte und die beiden sich mal ordentlich die Köpfe einschlagen durften. Da machte es auch nichts, dass die Story von einem wenig begabten Autoren stammen dürfte und sich der Goregehalt in Grenzen hielt. Umso größere Begeisterung herrschte also bei Ankündigung eines Sequels - mit mehr Gore, mehr Aliens und Predator und einer besseren Story (?). Leider stellt sich nun heraus, dass sich die vermeintlichen Verbesserungen gegenüber dem ersten Teil in Grenzen halten. Es gibt kaum mehr Aliens, kaum mehr Action und die Figuren und deren Handlungsrahmen sind fast noch beschränkter als jene im ersten Teil (und das will was heißen). Eine herbe Enttäuschung also, zumindest auf den ersten Blick.
ALIENS VS. PREDATOR: REQUIEM - man denke nur an den deutschen Titel, der weniger als überhaupt keinen Sinn macht - hat aber nämlich auch einige Momente, die durchaus unterhaltsam sind. Zum einen wären da die Figuren, die allesamt so blass bleiben, dass sie einem sofort wieder egal sind. Perfekt Voraussetzung also, um sich auf die große Schlachtplatte zu freuen, ja gäbe es sie denn. Sagen wir es so: Wer den Red Band Trailer kennt, der kennt auch alle Splatterszenen… Gut, es gibt auch noch eine, die man nicht kannte und die PREDATOR huldigt, wirkte sie nur nicht so extrem aufgesetzt, aber das tut hier ja sowieso alles. Zum anderen darf für die Zielgruppe (männlich, jung, Computerspiel erfahren) natürlich nicht das eye candy fehlen, das außer den Bikini aber leider nichts zeigt. Ja, so bleiben dann wohl mehr oder weniger nur noch die Kämpfe, mit denen AVPR leicht punkten kann, auch wenn diese meist so dunkel sind, dass man nicht einmal die Hand vor Augen sieht, geschweige denn Predatoren, die Aliens zu Brei verarbeiten.
Unterm Strich bleibt eine mehr als dürftige Fortsetzung eines objektiv betrachtet ebenfalls mehr als dürftigen Filmes. Die Action stimmt größtenteils nicht, die Figuren und Handlung sind Käse und mit den sechs Filmen der beiden Universen hat das sowieso nicht mehr viel gemein. Einzig und allein der Soundtrack hebt sich da noch am ehesten positiv hervor. Da stimmt es nicht gerade mit Freude, dass das Finale dann noch überdeutlich auf einen dritten Teil der Reihe anspielt - ALIEN und PREDATOR hatten zusammen ja schließlich auch vier Fortsetzungen...
Die Hard - natürlich schon vor dem Fest gesehen und zum ersten Mal im O-Ton, ist McTiernans Film wohl so etwas wie die Blaupause des Actionfilms.
House of the Dead - schon wieder ein Dr. Boll! Und um ehrlich zu sein, ich habe den Film sogar zwei Mal - hintereinander - geschaut. Einmal ohne Audiokommentar und einmal mit AK. Ohne Letzteren ist das natürlich einmal mehr ein riesiger Haufen Kot, der bei Kollegen klaut und kopiert, dass sich die Balken biegen. Würde er das wenigstens ordentlich machen, aber nein, nicht dieser Film. Hier stimmt wirklich überhaupt nichts. Dann, beim zweiten Mal mit AK ist der Film plötzlich ein völlig anderer. House of the DeadDr. Boll und zwei andere Deutsche - der Kameramann (?) und der Tontechniker (?) setzen sich bei Kaffee und Kuchen zusammen und kommentieren fröhlich munter den Haufen Scheiße Film. Da macht es dann auch nichts, dass alle zehn Minuten das Handy eines der Männer klingelt und die jeweilige Person natürlich rangeht. Doch damit nicht genug, denn Uns-Uwe ist ja schließlich auch ein Hundefreund, und so beglücken und bisweilen auch seine beiden Tölen (lautstark).
Selbstverständlich unterhält man sich auch über die attraktiven Darstellerinnen:
"Boah, die hatte riesige Möpse, weil die zu der Zeit stillte - aber leider hatte sie einen Freund." Weitere Kostproben gefällig?
"Also der Film zeigt wirklich mal alles. Viele Horrorfilme zeigen ja vieles nur im Off, aber der Film zeigt wirklich alles und ist ultrabrutal.",
"Viele haben gemeint, der Film sei scheiße, aber der war so teuer und ist technisch auf einem so hohen Level, dass die mal die Augen aufmachen sollten, denn der Film ist klasse und superteuer." Da wundert es dann auch nicht, dass sie beiden anderen Kommentatoren lieber mal still sind (was aber nicht heißen soll, dass sie vom Film und ihren Taten minder begeistert sind). Wie gesagt, ohne AK ist der Film totale Kacke, mit Kommentar ist das Ganze aber Gold wert, ja geradezu unbezahlbar. Wie gesagt, ich könnte stundenlang weiterzitieren, aber das würde einem nur die Vorfreude nehmen.
Hotel Chevalier
(Wes Anderson, USA 2007)
So, bevor ich gleich ins Bett gehe, erstmal noch eine kleine Kritik zum kleinen Vorfilm zu THE DARJEELING LIMITED. Natürlich macht HOTEL CHEVALIER erst mit dem Hauptfilm so richtig Sinn, was aber nicht heißen soll, dass er nicht auf eigenen Beinen stehen kann. Wir werden mitten ins Geschehen geworfen, sehen einen Mann (Jason Schwartzman), der auf einem Bett liegt, Musik hört und sich offensichtlich langweilt. Er ist allein, einsam, das wird recht schnell deutlich. Dann kommt Nat Portman, die - ja, es scheint ja keinem entgangen zu sein - uns ihren Allerwertesten zeigt. Das jedoch nicht selbstzweckhaft, denn sie bereitet dem einsamen Mann eine Freude, reißt ihn aus seiner Lethargie und haucht ihm irgendwie neues Leben ein. HOTEL CHEVALIER ist ob seiner Situationskomik und einem tollen Protagonisten äußerst amüsant, nachdenklich und richtig schön verliebt, und das nicht nur ins Detail (wobei der iPod dann doch etwas stört). Er gleicht einem WKW, allen voran in der Bildsprache und Optik - und das soll was heißen. Ein feiner Kurzfilm, der keine Minute verschwendet und seine Prämisse präzise auf den Punkt bringt.
The Darjeeling Limited
(Wes Anderson, USA 2007)
Arthouse. Das Kino abseits der großen Publikumsmassen, abseits der großen Multiplexe. Buchstäblich, denn um den Film zu sehen musste ich extra 30km weit fahren, den vielen Multiplexen und nicht existenten Arthousekinos hier im Umkreis sei Dank. Doch was tut man nicht alles für einen Film, der im Vorfilm sogar eine halbnackte Natalie Portman zeigt? Und wie sich herausstellte, sollte es sogar ein ganz besonderes Kinoerlebnis werden. Der Name: Studio Museum. Der Ort: (meine) Universitätsstadt Tübingen. Ein Kino ohne Platzkarten, mit putziger Lobby, fein distinguiertem Publikum und einem Saal, der eher einem Heimkino als einem Lichtspielhaus gleicht. Tja, wer Arthouse will, bekommt es hier auch. Wir kommen fünf Minuten vor Start in den Saal, alle der knapp 50 Plätze sind nahezu belegt, nur ganz hinten noch zwei freie Plätze. Die Leinwand erscheint von hier aus so groß wie mein LCD zu Hause, die beiden normalwüchsigen Damen vor uns nehmen uns fast die ganze Sicht auf die Leinwand. Es kommt mehr Werbung fürs TV, denn fürs Kino, aber sei’s drum. Atmosphärisch passt das zum Film, keine Frage.
Der spirituelle Trip der drei Brüder (Owen Wilson, Adrien Brody, Jason Schwartzman) ist mein erster Wes Anderson und wohl gleichzeitig auch der Startschuss für eine Retrospektive, denn mit THE DARJEELING LIMITED erschafft er eine sehr schöne Mischung aus Komödie und Drama. Die erste Hälfte strotzt nur so vor feinem Humor, feuert einen Gag nach dem anderen ab, ohne dabei auch nur ansatzweise in Klischees oder ähnliches abzudriften. Anderson zeigt uns die Welt auf eine ganz besondere Art und Weise, mit viel Humor, absichtlichen Stereotypen und einem großen Spiegel. Jeder der drei Brüder hat issues, auf den ersten Blick total unterschiedlicher Natur, sind sie im Kern jedoch kaum voneinander zu unterscheiden. Sie laufen weg oder versuchen es zumindest, am liebsten vor sich selbst. Es scheint nicht nur ihnen der einfachste Weg aus der Misere zu sein, oder? Was sich in der ersten Hälft noch eher in den Hintergrund drängt, wird spätestens in der zweiten, die auch leicht weniger humorvoll daherkommt, in den Fokus gerückt.
Es geht um Selbstfindung, Vorurteile, Identität und dergleichen, wobei jedoch anzumerken ist, dass Anderson darauf bisweilen doch recht unsubtil, ja grob, anspielt (bspw. wenn Wilson kurz seinen Verband vor den anderen öffnet und sich ihnen dabei auch seelisch öfnet). Themen, die der Rezipient nur zu gut kennen dürfte, egal ob er zwei Brüder hat oder nicht. Und genau hier kann Andersons Film auch punkten, denn anders als viele andere ist er mit diesen moralischen Themen nicht zugekleistert oder schwingt selbstsicher die Moralkeule, nein, er bleibt stets luftig-leichte Unterhaltung, die keinem wehtun will und auch nie anstößig wirkt. Die Prämisse beeinflusst dies aber nicht, im Gegenteil. Die Charaktere sind zum Verlieben, herrlich verschroben und voller Überraschungen, ebenso wie die tolle Musikauswahl, die immer wieder im Hintergrund wahrzunehmen ist (wenn auch einmal mehr durch einen/den iPod). Wilson, Brody und Schwartzman agieren und harmonieren dabei perfekt, die Chemie stimmt zwischen den drei (nicht deren Figuren) stimmt von Anfang an.
THE DARJEELING LIMITED ist großes Independentkino, das so liebenswert wie wertvoll ist. Und wenn das Publikum dann auch noch so herrlich agiert (Stille, in den lustigen Momenten lautes Lachen), das Ambiente passender nicht sein könnte, dann kann man wirklich ruhigen Gewissens sagen, dass dies ein perfekter Start ins Kinojahr 2008 ist.
Ossi's Eleven
(Oliver Mielke, Deutschland 2008)
Ja, der Titel sagt ja eigentlich schon alles: Es handelt sich nämlich um das ostdeutsche Pendant zum Clooney-Vehikel. Dass das Ganze dabei aber nur begrenzt mithalten kann, dürfte wohl ebenfalls klar sein. Das schöne dabei ist jedoch, dass er es auch gar nicht will. Regisseur Mielke schafft einen schönen Kontrast zum Hochglanz Las Vegas’ und zeigt statt gigantischen Casinos eben gigantische Plattenbauten. Hier ist keiner glücklich, hier kann man nicht gewinnen, nur verlieren. Leider verliert auch der Film größtenteils, denn auch wenn er die halbe Riege deutscher Entertainmentstars für sich gewinnen kann, so ist es letzten Endes doch Stefan Jürgens, der das Ganze vor dem Totalausfall rettet. Klar sind die Figuren irgendwie putzig, man hat sich sogar wie im "Original" einen Ausländer mit an Bord geholt, doch so richtig harmonieren wollen die Elf nicht nur im Film nicht. Man fragt sich einfach ständig "war das wirklich nötig?". Unterhaltsam ist das Ganze ja einigermaßen, doch angesichts der Pointen, die schon hundertmal da gewesen sind, und des katastrophalen Timings (trotz der Laufzeit von 90 Minuten kam es mir vor wie 120) - der eigentliche Raub nimmt nur zirka zehn Prozent des Ganzen Filmes ein - macht sich dann doch eher Mühseligkeit breit.
Für das ostdeutsche Publikum vielleicht ganz okay (größtenteils lief der Film auch in den ostdeutschen Sneak Previews), da dieses mit den Ganzen Referenzen noch mehr anfangen kann, für alle anderen aber wohl eher ein zwiespältiges Vergnügen. Es bleibt wohl das ewige Problem des deutschen Filmes, der außer Komödien mit deutscher B-Prominenz fast nichts auf die Reihe bekommt. Und wenn man mal bedenkt, dass bereits OCEAN’S ELEVEN zwei mäßige Fortsetzungen nach sich zog, dann fragt man sich doch einmal mehr, warum man mit dem Filmmaterial nichts Besseres angefangen hat. Ach ja, Sasha sollte lieber beim Singen bleiben, denn für das Schauspielern scheint er alles andere als geboren zu sein, ganz zu schweigen von der unfassbar nervigen Collien Fernandes, deren Rolle so nötig war wie eine gebrochene Nase.
I Am Legend
(Francis Lawrence, USA 2007)
Hmm, komisch, aber irgendwie habe ich kaum Lust, darüber etwas/viel zu schreiben. Das spricht per se nicht gegen den Film, aber auch nicht gerade für ihn. Richtig, das Mittelmaß, das ist es, dass I AM LEGEND wohl am trefflichsten beschreiben würde. Der Film befindet sich sogar leicht über dem Mittelmaß, denn allein die Ausgangssituation ist schon mehr als beeindruckend (auch wenn es dieses Setting ja schon in den beiden vorherigen Filmen gab). Ich meine, was würde ein jeder von uns tun, mit was würden wir uns die Zeit totschlagen? DVDs leihen (wie altmodisch!), mit Puppen sprechen und auf Frischfleischsuche gehen, wie Will Smith alias Robert Neville dies alles tut? Ich meine, man hat ganz New York zur freien Verfügung, man kann jedes Auto fahren, das man will, alles essen, was man findet, alle Regeln ignorieren, die es gibt - fragt sich nur für wie lange? Neville hat dies alles längst hinter sich, er beschränkt sich nunmehr aufs Wesentliche, hat seine Pubertät quasi hinter sich. Es geht ihm um eine Lösung des Problems, um die Frage nach Schuld und Sühne.
Seine Katharsis bekommt er auch, so viel darf man wohl verraten. Neville krallt sich an Dingen fest, die der Zuschauer für lächerlich, ja geradezu infantil ansieht - ohne jedoch selbst in der Situation zu stecken. Und erneut stellt sich die Frage: Was würde ich tun? Neville wird nicht geistig krank, zumindest nicht schwerwiegend. Er hat Gott(es Geschöpfe), und die (traurige) Gewissheit, dass er an alledem eine Mitschuld trägt, die es zu tilgen gilt. Besonders hier zeigt I AM LEGEND seinen christlichen Kontext deutlich. Das Ganze wirkt wie das Jüngste Gericht, ein Armageddon, das dem biblischen extrem nahe kommt. Neville verliest die Zahlen, 90 Prozent der Menschheit auf einen Schlag tot, und daran sind sie selbst schuld.
"God didn't do this. We did!" Und selbst Nevilles finale Blasphemie ist nur ein weiterer Indikator dafür, dass auch er sündig geworden ist und das Paradies sogar ihm vorenthalten wird. Angesichts Smiths Überzeugungen natürlich alles andere als verwunderlich, dass es gerade er ist, der diesen christlich-konservativen Film trägt. Er tut dies mit Bravour, keine Frage.
Zumindest so lange er allein ist, denn danach geht es mit dem Film leider ziemlich Bergab. Man bekommt mehr von den Infizierten Zombies/Vampiren/Wasauchimmer zu sehen, die man eigentlich nie richtig sehen wollte, zumindest nicht deren mäßige CGI. Sie brechen mit dem vorher mühsam aufgebauten Szenario, verwandeln den Film von einem Drama in ein Horrorfilm, der wie maßgeschneidert aufs junge Zielpublikum zugeschnitten ist - 28 WEEKS LATER, 30 DAYS OF NIGHT, DAWN OF THE DEAD und Co. lassen grüßen. Vom mehr als enttäuschenden und prompt einsetzenden Ende ganz zu schweigen. Eines muss man ihm dann aber dennoch lassen, nämlich seine Schockmomente. Diese erreicht er zwar wie fast jeder Teenhorror in erster Linie durch plötzliche Tonüberraschungen, diese sind aber nicht nur dank THX erste Sahne. Bis zu besagtem Finale ist Lawrences Film aber sowieso eine schöne, leicht zu verköstigende Charakterstudie, die interessante Fragen stellt, ohne dabei aber Antworten zu geben. Will Smith als “Dr. Apokalypse” ist wirklich große Klasse, und so hat mich besonders jene Szene, in der er die Puppe in der Videothek anspricht, doch wirklich berührt - ein wirklich toller Moment.
I AM LEGEND verschenkt sehr viel Potential, das wird es wohl am ehesten treffen. Und dennoch wird er die Kassen klingeln lassen, das hat nicht nur der total gefüllte Saal gestern deutlich gemacht (der ansonsten eher mäßig besetzt ist). Es ist Kino, wie es auf die Masse zugeschnitten ist - ein Superstar als Aufhänger, Action für die Jungs und genug Elemente, um auch das weibliche Publikum anzusprechen (Smiths Morgengymnastik). Der erste große Blockbuster des Jahres und ich muss feststellen, dass ich wohl langsam doch zu alt für so etwas werde. Ich werde wohl auch zu alt mich an meine eigenen Vorgaben zu halten, denn jetzt ist das Ganze hier worttechnisch doch epischer geworden, als ich eigentlich vorhatte.
Batman Begins - schon ewig nicht mehr gesehen und deshalb wohl auch nicht verwunderlich, dass ich so vieles vergessen hatte. So zum Beispiel die Spielkarte (des Jokers), die ja eine direkte Brücke zu THE DARK KNIGHT schlägt oder die geniale Verfolgungsszene mit dem Tumbler (und erst Zimmers geniales Stück Molossus dazu). Nicht entfallen war mir aber die nervige Figur Liam Neesons, welche die Weißheit ja mit Löffeln gefressen zu haben scheint. Macht aber nichts, denn ansonsten ist BATMAN BEGINS eine der besten Comicverfilmungen, wenn nicht sogar die beste. Da macht es auch nichts, dass das Bild der HD DVD mich eher ein klein wenig enttäuschte.
World Trade Center - noch immer so gut und intensiv wie damals im Kino. Stone versteht es, die Ereignisse von 9/11 würdig umzusetzen und den Helden ein Denkmal zu setzen. Da darf Pathos und Co. natürlich nicht fehlen - und so sehr ich die Jesus-Szene auch schätze, so unästhetisch kommt sie daher. Bild und Ton der HD DVD sind gut, mehr nicht.
Serenity - nein, ich habe FIREFLY nicht gesehen, was sich im Nachhinein wohl doch als falsch oder zumindest hinderlich herausstellte. Um ehrlich zu sein: Ich habe keinen blassen Schimmer, um was es in SERENITY überhaupt geht. Ich hatte keinerlei Beziehung zu den Charakteren, da mir auch kein einziger von ihnen näher gebracht wurde. Um den AHTB zu zitieren:
"Ja, ist eigentlich unverantwortlich den Film einfach so zu verkaufen. Der gehört in ein Firefly Boxset rein und nicht einfach als Sci-Fi Western in den Einzelverkauf." Recht hat er, der Gute. Aber die viel wichtigere Frage lautet jetzt doch: Habe ich Lust, FIREFLY nachzuholen? Nein, habe ich nicht. Irgendwie wirkte das alles wie eine krude Mischung aus START TREK und STAR WARS, ohne eigene Ideen. Muss nicht sein. Die HD DVD hingegen präsentiert sich vorallem visuell sehr stark.
Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street
(Tim Burton, USA/UK 2007)
Burtons neuer Film ist wohl der Film der Golden Globes - und auch bei den Oscars wird es wohl nicht anders aussehen. Jeder Burton-Fan bekam schon nach dem Poster feuchte Hosen, vom Trailer und den unzähligen Ausschnitten der Musikeinlagen ganz zu schweigen. Nun, zu den Fans Burtons würde ich mich als letztes zählen, MARS ATTACKS! ist nett, SLEEPY HOLLOW ebenfalls, das Remake von PLANET OF THE APES bleibt am besten unerwähnt. Mehr seiner Filmografie kenne ich bisher nicht. Dennoch war die Vorfreude groß, nicht zuletzt auch wegen der Mischung aus Broadway-Musical und Spielfilm, welche sich nun als großartig herausstellte. Außer einigen Bollywoodstreifen würde mir jetzt ehrlich gesagt auch kein Film einfallen, der diese "Symbiose" so konsequent eingeht und noch erfolgreich dazu. SWEENEY TODD öffnet bereits mit gesungenen Dialogen, gibt die Richtung von Beginn an vor, sowohl in Hinsicht auf die dunkel angehauchte Story als auch auf die vielen Musikeinlagen.
Dabei ist Erstere gar nicht mal so komplex, vielmehr erinnert sie an eine klassische Tragödie: Ein Mann verliert durch die Machthaber sein Hab und Gut (inklusive Frau und Tochter), kehrt Jahre später zurück und rächt sich an seinen Peinigern... Klingt nicht unbedingt nach einem Stoff, der noch nie verfilmt wurde, richtig. Doch gab es das schon mal mit solch einer dunklen Grundstimmung, solch einer fantastischen Mischung aus Gesang und Dialog? Ich denke nicht. SWEENEY TODD wird in erster Linie von einem großartigen Johnny Depp getragen, keine Frage. Er ist mit Leib und Seele dabei, das merkt man jede einzelne Sekunde der knappen zwei Stunden, die der Film für sich beansprucht. Doch damit nicht genug, denn auch der restliche Cast, allen voran Helena Bonham Carter, liefert eine Performance ab, die den Kinobesuch allein schon deshalb rechtfertigt - und wie oft geht man ins Theater/die Oper, wegen des Schauspielers und nicht unbedingt wegen des Stückes? Wie gesagt, an Superlativen kann man in Hinsicht auf die Darsteller wirklich nicht genug anführen (okay, Rickman ist vielleicht der einzige, der - sagen wir nicht unbedingt - gut singen kann).
Burtons Neuer scheint schlichtweg perfekt zu sein - neben dem Genannten vor allem einmal mehr in der Farbgebung und den einzelnen Einstellungen -, wäre da nicht doch der ein oder andere kleine Schönheitsmakel. Zum einen gibt es einige kleine Längen, auf denen zu lange herumgetrampelt wird (die Liebe des Richters zu seiner Tochter, einige Gesangseinlagen). Der Fokus scheint einige Male dann doch nicht fokussiert genug und so eröffnet SWEENEY TODD dann doch auch mal den ein oder anderen kleinen Nebenkriegsschauplatz, wodurch dann auch die genannten Längen entstehen. Von dem Gesangseinsatz, der natürlich bisweilen redundant wirkt, mal abgesehen. Des Weiteren kommt das Ende weiß Gott zu abrupt und zu unausgegoren daher, lässt einige Charaktere sogar vollkommen auf der Strecke. Man sitzt in seinem Sessel und ist sich nicht sicher, ob das wirklich schon der Abspann ist, der da über die Leinwand flimmert. Aber sei es drum, denn angesichts der vorherigen 110 Minuten, in denen der Film einfach nur magisch erscheint, fällt das Genannte nicht groß ins Gewicht.
SWEENEY TODD ist nichts für Leute, die mit Musicals, Theater oder ähnlichem überhaupt nichts anfangen können. Vielmehr ist es noch immer ein Broadwaystück, ausgeschmückt und leicht gestrafft. Die Musik ist episch, kräftig sowohl in ihrer Prämisse, als auch in ihrer Performance. Das bezieht sich jedoch keinesfalls nur auf den Gesang der Darsteller, bei dem man sowieso kaum glauben kann, dass dieser tatsächlich von ihnen selbst stammen soll, sondern auch auf die Musik selbst, die in ihrer Größe kaum greifbar scheint. Noch lange nach dem Abspann wird die Musik in den Ohren klingen, wirken und dafür sorgen, dass man den dämonischen Barbier, der besonders in der zweiten Hälft extrem düster und diabolisch gerät, nicht so schnell aus dem Gedächtnis verliert. Mit SWEENEY TODD ist Burton einer der besten Filme des Jahres gelungen - und das sage ich schon jetzt, wo noch nicht einmal der erste Monate des Jahres zu Ende ist, ja! Groß, ganz groß!
The Mist
(Frank Darabont, USA 2007)
Oh Mann, ich kann es eigentlich immer noch nicht glauben, was ich da vor einigen Stunden auf der Leinwand gesehen habe. Eigentlich war ich mir ja ziemlich sicher, dass es ziemlich schwer würde, I KNOW WHO KILLED ME dieses Jahr noch zu unterbieten, doch mit der King-Short-Story-Adaption THE MIST zeigt Darabont eindringlich, dass es doch gar kein Schweres ist, dies zu tun. In seinem Film funktioniert rein gar nichts, vor allem wohl nichts, wie es von ihm beabsichtigt war. Zu allererst einmal ist der Horrorfilm nämlich mehr Komödie als Horrorfilm oder Thriller. So sehr man es auch versucht, man kann das Geschehen auf der Leinwand einfach nicht ernst nehmen, und so lässt sich THE MIST dann doch recht gut als Gagfeuerwerk lesen. Die Kreaturen sehen zwar auf den ersten Blick meist wie ihr reales Pendant aus (wobei es auch ziemlich abgedrehte Viecher gibt), doch erhascht man mal einen Blick auf deren “Gesicht”, dann hat man schon den ersten Lachkrampf zu überstehen - von den mindestens weltklasse Animationen mal ganz zu schweigen. Der Höhepunkt findet sich dann aber in einem
bug, der jeden Jurassic Park-Besucher noch mehr erstaunen würde, als jeder dort lebende Dino.
Doch damit nicht genug, denn was den Kreaturen an Schreckpotential fehlt, das besitzen die Darsteller. Ich kann nicht glauben, dass das wirklich der Punisher war, der da als Hauptdarsteller zu sehen war - nicht nur weil er aufgegangen ist wie Hefeteig, sondern auch wegen seiner Darstellung, die Jenseits von Gut und Böse ist. Auch seinen Kollegen sieht man die Freude förmlich ins Gesicht geschrieben, da wundert es auch nicht, dass man den Protagonisten diese grandiosen Dialoge in den Mund gelegt hat, die jeder TV-Gerichtsshow-Autor hätte besser hinbekommen als Darabont. Und genau wie bei diesen Shows erging es mir auch im Kino, ich wollte das Elend endlich beenden, umschalten und nach etwas Besserem suchen. Doch durch Schmerzen merkt man, dass man noch lebt, dachte ich mir und blieb brav sitzen, zumal ich meine beiden Begleiter ja nicht allein lassen konnte. Und tatsächlich, ich sollte dafür belohnt werden. Das Ende macht nämlich einiges wieder wett, so konsequent und herrlich doof ist es. Nur doof, dass mir einmal mehr nach einem Lachanfall war als nach einem Haufen Dramatik. Da konnte auch der gute Score von Mark Isham nichts mehr retten, denn der wurde ohne jegliches Gespür einfach über die Bilder geschmissen, sodass es erneut sehr wehtat.
Wie gesagt, als Komödie oder noch besser als Partyfilm, eignet sich THE MIST hervorragend. Er hat alles, was man von solch einem Film erwartet: Grandiose Dialoge, begnadete Darsteller, einen unfassbaren Spannungsbogen, CGI, die selbst Bays Letzten in den Schatten stellen und eine Prämisse, die mindestens so episch und subtil ist wie Goethes Faust. Nicht zu vergessen dass er Munition herzaubern kann und Hundefutter für 30 Jahre führt. Kaum zu glauben, dass dieser Mann für THE GREEN MILE und THE SHAWSHANK REDEMPTION verantwortlich zeichnet (geschweige denn der Film von der US-Kritik so gut rezipiert wurde). Aber ihm glaube ich sowieso nichts mehr, denn gegen ihn ist seine falsche Prophetin (Marcia Gay Harden) geradezu ein Brunnen der Wahrheit.
Firs Blood -
"They drew first blood, not me." In den letzten zwei Jahren nun schon zum dritten Mal gesehen, aber ich muss sagen, dass er mir noch nie so gut wie dieses Mal gefallen hat. Allein der Anfang, Rambo wird mit seinem Hundeblick eingeführt, untermalt vom genialen Score Jerry Goldsmiths - vom dramatischen und hochemotionalen Finale - inklusive
It's a Long Road - ganz zu schweigen. Sehr empfehlenswert übrigens auch die Betrachtung der Himmelhunde, die sich dem Film in all seinen Facetten widmen (dito Teil 2).
Rambo: First Blood Part II -
"Hate!? I'd die for it!" Ja, zugegeben, er schlägt eine deutlich andere Richtung ein als dies noch FIRST BLOOD tat. Die Reihe wird politisch, dank Stallones Drehbuch (James Cameron distanzierte sich ja später vom Mitschreiben dieses). Das tut dem Ganzen aber überhaupt keinen Abbruch, im Gegenteil. Stallone markiert Gut und Böse ganz deutlich, holt einmal mehr sein Messer raus (ich will die Replika davon!) und metzelt im Schnitt zirka einen Russen/Vietcong - Kommunisten eben - pro Minute. Spätestens wenn Trautman (Richard Crenna) sich Rambo am Schluss annimmt, schlägt die Freude aber in Tränen um, Tränen der Wahrheit, Tränen der Nostalgie:
"I want, what they want, and every other guy who came over here and spilled his guts and gave everything he had, wants! For our country to love us as much as we love it! That's what I want!" Dann noch Frank Stallones
Peace in our Live... Ich hole mein Taschentuch heraus. Ende.
The Bourne Ultimatum - hat mir dieses Mal sogar noch besser gefallen als noch im Kino. Greengrass versteht es, wie traditionelles Actionkino auszusehen hat, so ganz ohne Effekthascherei und sonstigem Ballast. Seine Spionagegeschichte ist "greifbar", nicht nur ob der realen Bilder, sondern vorallem auch wegen der schnörkellosen Story. So hat ein heutiger, qualitativ hochwertiger Actionfilm schlicht und ergreifend auszusehen, Punkt. Der Ton der HD DVD ist gut, das Bild sogar sehr gut.
No Country for Old Men
(Ethan Coen, Joel Coen, USA 2007)
Der amerikanische Süden. Hitze, Staub, Wüste. Es rauscht durch die Lautsprecher, man spürt die Schwüle und die willkommenen Winde, die einem um die Ohren fegen. Das Land ist weit, schier unüberschaubar, mit weit und breit nichts als trockenem Boden, einigen Bäumen und mittendrin einigen Männern, jungen Männern. Jede Einstellung ist eine Offenbarung, ein weitflächiges Stilleben - man will kaum glauben, dass es sich hierbei nicht um ein Gemälde handelt. Diese ersten Minuten von NO COUNTRY FOR OLD MEN fesseln, werfen den Zuschauer direkt ins Geschehen und gönnen ihm keine Pause. Im Gegenteil, nach den schönen Bildern bekommt man erst einmal wieder weniger schöne Bilder zu sehen: Gewalt, in all ihren Facetten, schmerzhaft, real. Es ist kein gewöhnlicher Killer (Javier Bardem), weiß Gott nicht. Er hat das Glück stets auf seiner Seite, denkt er zumindest, er fordert es heraus, spannt den Bogen bisweilen ziemlich weit. Es ist sein Land, es gelten seine Regeln, jeder der sich ihm in den Weg stellt wird beseitigt, ohne das kleinste Anzeichen von Mitleid.
Das muss auch bald Josh Brolin feststellen, der den Fehler begeht, sich ihm und seinem Geld in den Weg zu stellen. Er ist jung, kennt die Weite des Landes. Doch weiß er auch mit wem er sich da angelegt hat? Als Zuschauer weiß man es schnell, denn heißt es im Trailer noch
"What's this guy supposed to be the ultimate badass?", so trifft es wohl nichts besser als ebenjene Aussage. Javier Bardem mimt einen Killer, der kälter, ausdrucksloser - er selbst ist dabei aber ausdrucksvoller als kaum ein Killermimender Darsteller vor ihm - und brutaler nicht sein könnte. Sein Gegenpart, Josh Brolin agiert nicht weniger grandios, auch wenn er als good guy (zumindest im direkten Vergleich mit Bardems Figur) natürlich weniger stark im Gedächtnis bleiben dürfte als Bardem, der einem in wirklich jeder einzelnen Szenen einen Schauer über den Rücken jagt. NO COUNTRY FOR OLD MEN wird von diesen beiden Größen ohne Probleme getragen, da bedürfte es eigentlich gar keinem Tommy Lee Jones oder Woody Harrelson mehr. Ersterer hat aber eine ganz bestimmte Funktion, er sorgt nämlich für den Humoranteil in dem sonst durch und durch düsteren Thriller. Er ist dabei jedoch weniger comic relief als der alte Mann, der die eine oder andere amüsante Anekdote zu erzählen hat.
Nicht anders verhält es sich mit Harrelson. Doch egal wie präsent oder lustig die beiden auch sind, so gehört dieser Coen ganz klar Brolin und Bardem. Ihr Duell führt die beiden nicht nur quer durch Texas und Mexiko, sondern auch quer durch alle Schichten dieser Gesellschaft(en). Es kommen Fragen auf, Fragen nach Glück, Bestimmung, Prinzipientreue. Diese beschäftigen nicht nur die beiden Kontrahenten, sondern auch (zwangsweise) deren Angehörige. Da wäre beispielsweise Tommy Lee Jones' Figur des Sheriffs, der dem Killer immer einen Schritt hinterher ist, ihn erst gar nicht zu sehen bekommt. Doch er hinterlässt Zeichen, Zeichen, die Sheriff Bell (Jones) deuten kann. Er weiß, dass dieses, sein Land verkommen ist. Er ist es diese Welt nicht mehr gewohnt, diese von Drogen und Geld korrumpierte. Da können ihm auch seine Freunde nicht von großer Hilfe sein, denn dazu sind sie auch zu alt. Gerade hier setzen die Coens ihre Prämisse, die nicht nur den Titel widerspiegelt. In ihrem Film gibt es keine Helden, denen das Land gehört. Jeder hat sein(e) Last(er) zu tragen. Nicht einmal der im Genre sonst so heroischen Sheriff, den der scheint schon lange Opfer seiner Lethargie und seines Galgenhumors geworden zu sein.
Dieser ist es auch, der die Dialoge prägt, wenn sich diese mal nicht auf die beiden Protagonisten und deren schlichten, aber dennoch subtilen Informationsaustausch konzentrieren. NO COUNTRY FOR OLD MEN lässt sowieso lieber Bilder sprechen, und so kommt der Film neben den relativ wenigen Dialogen auch nahezu ohne Musik aus, lässt besonders die eingangs genannte Weite des Landes für sich (eindrucksvoll) sprechen. Auch plottechnisch hebt sich der neue Coen bisweilen meilenweit von seinen Kollegen ab. Nicht unbedingt wegen des Plots an sich (hier wurden ja bereits viele Stimmen laut, die A SIMPLE PLAN anführten), sondern wegen der konsequenten Inszenierung dessen. Joel und Ethan Coen nehmen gewalttechnisch keinerlei Blatt vor den Mund und zeigen die Gewalt so, wie sie auch ein David Cronenberg zeigen würde - nämlich als das, was sie ist: drastisch und roh. Ihr vermeintlich psychopathischer Killer will dabei auch nicht so recht in eine Klischeekiste passen, auch wenn er natürlich bisweilen Eigenschaften aufweist, die kein Killer mehr nicht vorzeigen kann. Doch das fällt überhaupt nicht ins Gewicht, denn ihr Film ist perfekt, so wie er ist. Geht man nur mal ins Detail, dann scheint sich hier immer mehr zu erschließen. Der Weite des Landes wird die Enge der Beziehung, der Motels und deren Schächte, den Stiefeln und dem verwundbaren Fleisch gegenübergestellt - da scheint der Titel noch das Offensichtlichste zu sein.
NO COUNTRY FOR OLD MEN würde man das Abräumen bei den diesjährigen Oscars gönnen. Er hätte es verdient, keine Frage, denn er ist schlichtweg perfekt. Denkt man nur mal an die unzähligen Vehikel, die sich heutzutage (Psycho)Thriller nennen, dann wächst der Film nur noch weiter. Angesichts der doch recht beeindruckenden Filmauswahl, die dieses Jahr noch auf uns zu kommt, kann man wohl dennoch mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass er - wie im letzten Jahr bei den amerikanischen Kritikern - den besten Film des Jahres markiert.
We Own the Night
(James Gray, USA 2007)
Die Ähnlichkeit ist nicht von der Hand zu weißen. Die Ähnlichkeit, die James Grays Film in Hinsicht auf den besten Film des vorletzten Jahres - zumindest laut der Academy -, THE DEPARTED, besitzt. Das ist ja nicht weiter schlimm, aber es zeigt sehr deutlich, dass es in WE OWN THE NIGHT nichts, absolut gar nichts Neues zu sehen gibt (was es bei Scorseses Film streng genommen ja auch nicht gab). Auf der einen Seite befinden sich die Drogenbosse, einmal mehr Russen, auf der anderen die Guten, Cops wie Mark Wahlberg - um die dritte Brücke zu Scorseses Film zu schlagen - und Robert Duvall. Dass das natürlich nicht gut gehen kann, ist so offensichtlich wie Nicolas Cages schwindendes Haar. Umso erstaunlicher also, dass es Gray dennoch gelingt, den Karren nicht gegen die Wand zu fahren, sondern einen recht spannenden Thriller aus dem Stoff zu stricken. Diese Tatsache hat er aber auch dem Cast zu verdanken, keine Frage. Mark Wahlberg, Robert Duvall und Joaquin Phoenix, diese drei Namen tragen den Film, heben ihn aus all dem Thrillereinheitsbrei heraus. Natürlich schöpft keiner sein Potential voll aus, doch das müssen sie auch gar nicht.
Ganz anders verhält es sich mit Eva Mendes. WE OWN THE NIGHT verweist sie einmal mehr auf die zweite Bank, ja verschenkt die Frau, die hier nicht einmal als eye candy einen guten Job macht. Vielmehr ist sie nervender Ballast, der die Flüssigkeit des Filmes nur aufhält und unnötige Nebenschauplätze eröffnet. Vom farblosen Bösewicht und dessen Klischeebeladenem Anhang ganz zu schweigen. Doch genug geschimpft, denn damit wären auch schon alle Schwächen von WE OWN THE NIGHT angeführt. Reden wir lieber über das Positive, wie beispielsweise den tollen Soundtrack, der die 80er authentisch wieder belebt und mit Blondie genau meinen Geschmack trifft. Ferner muss man ihm auch eine gewisse Emotionalität anrechnen, die zwar nie so tief geht, wie beispielsweise ein INFERNAL AFFAIRS (無間道), aber dennoch einige tolle Szenen vorzuweisen hat (auch wenn die Beerdigungsszene, die zu ebendiesen zu zählen ist, fast 1:1 aus THE DEPARTED - ein weiterer Cent in die Erwähnungskasse - übernommen zu sein scheint). Salopp könnte man aber auch sagen, dass der Film sich durch Pathos und Gewalt rettet. Das Pathos ist hier groß, weiß aber vor allem gegen Ende hin zu gefallen. Und auch in Sachen Gewalt geht man im Vergleich mit anderen recht weit.
WE OWNT THE NIGHT wird niemals so weit kommen wie es THE DEPARTED oder AMERICAN GANGSTER (wenn auch zu Unrecht) taten, doch das ist auch nicht weiter schlimm. Er will nichts besonderes sein, versucht nicht zwanghaft episch oder tiefgehend zu wirken. Er erzählt ganz einfach eine konventionelle Geschichte, ist dabei leicht überdurchschnittlich und sorgt für knappe zwei Stunden kurzweilige Krimiunterhaltung. Ein weiterer massenkompatibler, netter Thriller Marke Hollywood eben.
National Treasure: Book of Secrets
(John Turteltaub, USA 2007)
Nett, ja, doch. Eben genau das, was ich nach dem ersten Teil und dem Trailer von diesem Sequel erwartet hatte. Familientauglich heißt hier wohl das Stichwort. Es ist ein Film, der keines der Familienmitglieder ausschließt - okay, die ganz jungen vielleicht -, denn NATIONAL TREASURE: BOOK OF SECRETS tut keinem weh und ist didaktisch und moralisch so sauber wie es ein Film aus dem Hause Disney eben ist. Es gibt Action, ja, aber die ist nie so grafisch oder explizit, dass die Kleinen nachts nicht mehr schlafen können. Umso erstaunlicher, dass diese sogar durchaus bei den Großen ankommt, auch wenn sie im Vergleich mit Harrison Fords Kultcharakter natürlich auf der Strecke bleibt. Abraham Lincoln, das geheime Buch des Präsidenten, eine Schatzkarte im Schreibtisch der Queen - die Ideen scheinen den Drehbuchautoren wohl nie auszugehen. Natürlich ist das bisweilen doof und konstruierter als konstruiert, aber einen gewissen Charme und Witz besitzen diese Theorien durchaus. Und vor allem will ich nicht wissen, wie viele Menschen bald am Mount Rushmore stehen werden und Wasser auf die Felsen gießen...
Ebenfalls anrechnen muss man dem Sequel auch seinen Cast. Zur Stammbesetzung aus dem ersten Teil stoßen nun sogar Größen wie Helen Mirren und Ed Harris, die den Film natürlich um einiges bereichern. Über Cage lässt sich natürlich einmal mehr streiten, doch für diese Art von Film scheint er dann doch passend, denn das so etwas bisweilen von Overacting lebt, dürfte keinen (nach dem ersten Teil) wundern. Schön auch, dass BOOK OF SECRETS nicht die üblichen Sequelzutaten benutzt und gemäß denen höher, schneller und weiter zu sein/gehen als das Prequel. Zwar ist mir Teil Eins nicht mehr allzu präsent, aber wenn ich mich recht erinnere, hatte der sogar mehr Action zu bieten als BOOK OF SECRETS. Sowieso würde ich Teil Eins Teil Zwei dann doch leicht vorziehen, da er mir einfach auch in Hinsicht auf die amerikanische Geschichte um einiges didaktischer und potenter erschien. Jedenfalls ist Turteltaubs Fortsetzung ein feiner Abenteuerfilm geworden, der genau das ist, was man von ihm erwartet, nämlich nettes Popcornkino, an dem sich niemand stört, dessen Halbwertszeit aber der einer Tüte Popcorn gleich kommt.