"All Is Full Of Love?"
#91
Geschrieben 28. Oktober 2006, 09:21
#92
Geschrieben 03. Dezember 2006, 23:05
#93
Geschrieben 04. Dezember 2006, 00:37
StephenDedalus sagte am 03.12.2006, 23:05:
Mit dir als Projektionsfläche bin ich mit Sicherheit "abwegig" Weißt du, was soll ich eigentlich darauf antworten? Stilistische Versatzstücke ist nun etwas harsch formuliert, aber mit Sicherheit kaum falsch. Aber: Es war dies eben der Film, der mich über den reinen "Inhaltsgucker" hinaus katapultiert hat. Der, der mir die Augen dafür geöffnet hat, dass da ein Bild ist - und eben nicht nur ein Abgebildetes. Ich will in der Hinsicht keine bedingungslose Differenz konstatieren, sondern betonen, dass es wohl ein wichtiger Schritt ist, bewusst über das bloße Sehen einer Geschichte hinauszuwachsen. Und jener Schalter muss nicht gerade durch stilistische Brillianz gedrückt werden, ganz im Gegenteil, vielleicht gerade durch eine Collage aus Versatzstücken, die optisch eben sehr wuchtig ist. Was rede ich hier - ich habe mich weder für das Alter noch das Wie zu rechtfertigen. Ich weiß nur, dass es so war. Es wird wohl schwierig sein, das zu beurteilen, wenn man nicht einmal weiß, was ich die 18 Jahre davor an Filmen geschaut habe, gekannt habe oder meinte zu kennen...
Bearbeitet von bekay, 04. Dezember 2006, 00:49.
#94
Geschrieben 04. Dezember 2006, 10:56
bekay sagte am 04.12.2006, 00:37:
um's rechtfertigen soll's auch nicht gehen - die frage die ich eigentlich stellen wollte, war auch: was hast du die 18 jahre davor gemacht ? klar, nicht jeder 16jährige wird an bergman oder greenaway herangeführt, aber mein "schlüsselerlebnis" dürfte ich so mit 12-13 gehabt haben; was so ungewöhnlich ja nicht ist, schließlich ist man mit dem medium ständig konfrontiert.
ich habe ja z.b. auch erst mit 16 angefangen bücher zu lesen, und dazu gibt es auch eine "geschichte"...
#95
Geschrieben 04. Dezember 2006, 11:54
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 10:56:
bekay sagte am 04.12.2006, 00:37:
um's rechtfertigen soll's auch nicht gehen - die frage die ich eigentlich stellen wollte, war auch: was hast du die 18 jahre davor gemacht ? klar, nicht jeder 16jährige wird an bergman oder greenaway herangeführt, aber mein "schlüsselerlebnis" dürfte ich so mit 12-13 gehabt haben; was so ungewöhnlich ja nicht ist, schließlich ist man mit dem medium ständig konfrontiert.
ich habe ja z.b. auch erst mit 16 angefangen bücher zu lesen, und dazu gibt es auch eine "geschichte"...
Ach weißt du, das ist mit Sicherheit schwierig zu beschreiben - natürlich war da von vornherein eine Affinität zu flimmernden & rollenden Medien. Ich war auch immer eine Art Freak unter Freunden, eben der Filmekenner. Und ich habe mir diesen Blödsinn auch zu Kopf steigen lassen - natürlich war meine Kenntnis weitestgehend auf den Mainstream beschränkt, mit einem "Tanz der Teufel II", über den ich mich prächtig amüsieren konnte, einmal dazwischen. Klar, es gibt andere wichtige Stufen - "Aliens" mit unter 10 Jahren (mit halb- oder einjähriger, fast traumatischer Alb/p-Traum-Phase), "Akte X", "Batman - The Animated Series", Carpenter-Schinken, 80er Komödien, Animes etc. pp. (& "Bad Taste" ) Die Liste könnte man weiterführen, sie ist doch auf Bekanntes beschränkt. Und: ich habe mich darüberhinaus nie für ein Dahinter und ein Wie interessiert. Filme haben mich fasziniert, ohne Frage, aber eben nur im rein regressiven Abtauchen in diese Welt und Geschichte. Ja, das änderte sich eben mit HdR. Was im übrigen vielleicht auch nichts mit dem Film, sondern eher mit meinem Verstand zu tun hatte. Und das passt auch zu meiner Entwicklung. Mit meinem bescheidenen Halbwissen habe ich mein Abi mit Bienchen abgeschlossen, obwohl ich eigentlich nichts, rein gar nichts verstanden habe...
#96
Geschrieben 04. Dezember 2006, 13:16
bekay sagte am 04.12.2006, 11:54:
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 10:56:
bekay sagte am 04.12.2006, 00:37:
um's rechtfertigen soll's auch nicht gehen - die frage die ich eigentlich stellen wollte, war auch: was hast du die 18 jahre davor gemacht ? klar, nicht jeder 16jährige wird an bergman oder greenaway herangeführt, aber mein "schlüsselerlebnis" dürfte ich so mit 12-13 gehabt haben; was so ungewöhnlich ja nicht ist, schließlich ist man mit dem medium ständig konfrontiert.
ich habe ja z.b. auch erst mit 16 angefangen bücher zu lesen, und dazu gibt es auch eine "geschichte"...
Ach weißt du, das ist mit Sicherheit schwierig zu beschreiben - natürlich war da von vornherein eine Affinität zu flimmernden & rollenden Medien. Ich war auch immer eine Art Freak unter Freunden, eben der Filmekenner. Und ich habe mir diesen Blödsinn auch zu Kopf steigen lassen - natürlich war meine Kenntnis weitestgehend auf den Mainstream beschränkt, mit einem "Tanz der Teufel II", über den ich mich prächtig amüsieren konnte, einmal dazwischen. Klar, es gibt andere wichtige Stufen - "Aliens" mit unter 10 Jahren (mit halb- oder einjähriger, fast traumatischer Alb/p-Traum-Phase), "Akte X", "Batman - The Animated Series", Carpenter-Schinken, 80er Komödien, Animes etc. pp. (& "Bad Taste" ) Die Liste könnte man weiterführen, sie ist doch auf Bekanntes beschränkt. Und: ich habe mich darüberhinaus nie für ein Dahinter und ein Wie interessiert. Filme haben mich fasziniert, ohne Frage, aber eben nur im rein regressiven Abtauchen in diese Welt und Geschichte. Ja, das änderte sich eben mit HdR. Was im übrigen vielleicht auch nichts mit dem Film, sondern eher mit meinem Verstand zu tun hatte. Und das passt auch zu meiner Entwicklung. Mit meinem bescheidenen Halbwissen habe ich mein Abi mit Bienchen abgeschlossen, obwohl ich eigentlich nichts, rein gar nichts verstanden habe...
mit dieser beschreibung vermischt sich das wieder ein wenig. den moment, wo ich die filmische grammatik bewußt wahrgenommen habe, könnte ich rückblickend nicht mehr datieren. - mein schlüsselerlebniss war "dead man", den ich damals ziemlich spät in der nacht zufällig im fernsehen erwischt habe, allerdings erst irgendwann in der mitte, mit ständiger sorge, bald ins bett zu müssen. von einer geschichte wußte ich also nichts und war allein von, na eben, dem film fasziniert. - bald darauf kam "fallen angels", an welchem ich die optik auch bewußt wahrgenommen habe, obwohl ich weit davon entfernt war, über filmische stilmittel sprechen zu können. ein freund hat mich dann an chris cunningham herangeführt, wo ich dann wohl endgültig gelernt habe, dass film (bzw. dessen gesteigerte wirkung) nix mit geschichten zu tun hat.
der erste regisseur dessen namen ich kannte, war tim burton, weil der im trailer zu "the nightmare before christmas" im vorprogramm zu "arielle" erwähnt wurde. das erschien mir damals (mit 10 ? etwas später vielleicht) eine sehr exklusive gemeinschaft zu sein, die anhänger eines mannes sind (im trailer war da die rede von einem muss für tim burton fans oder so), der so schönschräge filme macht, weshalb ich noch jahre bevor ich den film gesehen habe, den sundtrack und das buch zum film hatte
1999, in der vorfreudephase auf sleepy hollow, wo mein filmischer horizont an den fixsternen burton, jarmusch, kar-wai, gilliam und kusturica (buffalo '66 war damals noch an riccis namen gekoppelt, aber den mochte ich damals auch schon sehr) aufgehängt war, habe ich dann meinen deutsch- und videoAG-lehrer kennengelernt, der dann alles weitere besorgt hat...
achja, im sumpf der horrorabteilung einer englischen videothek habe ich in jüngeren jahren ausgiebig gewühlt und auch die akte-x-phase haben wir wohl gemein
#97
Geschrieben 04. Dezember 2006, 13:30
"Dead Man", obwohl erst vor 2 Jahren oder so gesehen, würde ich auch als wichtig beschreiben wollen - und "Fallen Angels", ja, das ist wohl auch eine Gemeinsamkeit. Und: liegt weit vor HdR... mit anderen Worten: Der Prozess des sich Näherns an das Medium Film kann ja nur schrittweise vollzogen werden, und wichtige Schritte gibt es da überall zu machen. Also wäre die Behauptung einer Zweiteilung meines "Verhältnisses" mit Film, wie beim FTB-Eintrag vielleicht der Eindruck entstehen könnte, gewiss falsch und vermessen. Da gebe ich dir recht.
Bearbeitet von bekay, 04. Dezember 2006, 13:37.
#98
Geschrieben 04. Dezember 2006, 13:41
- kennst du übrigens meine beiden hdr-ftb-einträge ?
http://www.filmforen.de/index.php?s=&...dpost&p=355
http://www.filmforen.de/index.php?s=&...ost&p=25600
vor allem der erste ist furchtbar (geschrieben), aber meine auffassung von damals ist doch recht eindeutig ablesbar.
Bearbeitet von StephenDedalus, 04. Dezember 2006, 13:47.
#101
Geschrieben 04. Dezember 2006, 14:36
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 13:48:
Der Rassismusvorwurf, der ja in deinem ersten Eintrag auch durchschimmert. Den kann man natürlich postulieren, weil er sich auch argumentieren lässt. Und man könnte lange darüber diskutieren. Was ich nicht will. Ich bin jedenfalls anderer Meinung.
Interessant finde ich deine Bemerkung zum dritten Film, dass die Filmfiguren sich gegenüber den Buchfiguren emanzipierten und durch die öffentliche Wahrnehmung einen eigenen Gehalt bekamen. Und doch wird dieser Gehalt für die Buchleser noch anders gelagert sein, ich denke bloß, man kann es nicht mehr zerlegen - und die Grenzen zerfließen...
#102
Geschrieben 04. Dezember 2006, 15:15
bekay sagte am 04.12.2006, 14:36:
dieser eigene gehalt ist für mich auch weitestgehend wieder zerbrochen. das ist aus einer ganz eigenen situation heraus geschrieben.
inzwischen überwiegt bei der rezeption (das ist dem fantasy genre überhaupt eigen; mit meiner freundin lese ich derzeit ja den ersten harry potter, da verhält es sich ähnlich) der wehmütige eindruck eines uneingehaltenen versprechens auf eine andere welt, bzw. eine erweiterung "unserer welt", die sich aus den ersten andeutungen heraus dann doch in eine bloße parallele "unserer welt" verläuft.
dante wäre da ein gutes gegenbeispiel, der entwirft tatsächlich ein eigenständiges weltbild, das auch, nun, durchgeistigt ist und das nicht bloß von stumpfem heroismus.
#103
Geschrieben 04. Dezember 2006, 15:40
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 15:15:
Hoffentlich in Englisch? Bei Harry Potter gebe ich dir übrigens ohne Einwände recht: Die Reihe ist gerade wegen des Coming of Age Aspekts samt Internatsatmo so beliebt. Spätere Bände sind dann wegen militanter Mobilmachung vielen Fans gar nicht mehr so heilig.
Es ist übrigens streitbar, ob nicht auch Tolkien ein eigenständiges Weltbild entworfen hat. Mit Dante kann ich da allerdings nicht vergleichen.
#104
Geschrieben 04. Dezember 2006, 16:09
bekay sagte am 04.12.2006, 15:40:
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 15:15:
Hoffentlich in Englisch? Bei Harry Potter gebe ich dir übrigens ohne Einwände recht: Die Reihe ist gerade wegen des Coming of Age Aspekts samt Internatsatmo so beliebt. Spätere Bände sind dann wegen militanter Mobilmachung vielen Fans gar nicht mehr so heilig.
Es ist übrigens streitbar, ob nicht auch Tolkien ein eigenständiges Weltbild entworfen hat. Mit Dante kann ich da allerdings nicht vergleichen.
nein, meine freundin kann zwar recht gut latein, dafür wenig(er) gut englisch.
ich mag daran, naiverweise, vor allem den erlösungsgedanken - so aus dem alltäglichen heraus in ein darüber-hinaus zu kommen. außerdem birgt der gedanke der magie ja eine umwertung in sich, die auch zumeist unausgedacht bleibt - geistige macht ist hier ja potentiell stärker (das ist auch z.b. in star wars so) als körperliche, oder auch wissenschaftliche, also mechanische. dennoch ordnen sich die magier und weisen männer stets dem pöbel unter (oder noch schlimmer: gliedern sich ein) und spielen sich arrogant als lenker und ratgeber auf.
es gibt lustigerweise ausgerechnet ein star wars comic (dark empire, glaube ich, hieß das), dass diesen gedanken einmal konsequenter ausformuliert, wo luke skywalker dann mithilfe der macht sternenzerstörer mit einer handbewegung explodieren lässt und so - das ergab dann auch optisch ziemlich spektakuläre auseinandersetzungen. (nicht so'n doofes private ryan massengewackel.) vor allem aber auch konflikte auf einem ganz anderen niveau. sarumans überlaufen zu sauron wäre ja potentiell der interessanteste aspekt der ganzen erzählung. aber sauron will ja nur irgendwie alles kaputt machen und wer ihn unterstützt ist einfach nur böse und dumm, weil der film überhaupt keine argumente für ihn anführt; überhaupt fehlt saurons utopie bzw. deren bisherige verwirklichung komplett. usw.
(- das alles ist ja ähnlich, wie mit den raumschiffen, die für jodorowskys dune entworfen wurden bzw. sci-fi-utopien wie in john difool, im kontrast zur filmischen wirklichkeit eines raumschiff enterprise oder eben star wars.)
heulen könnte man da...
mir fehlt da u.a. die philosophie. derartige weltbilder machen nur sinn, wenn sie metaphysisch getragen werden ...und das kann man vom herrn der ringe leider nicht behaupten. tolkiens entwurf eines übergangs von der antike ins mittelalter, lässt ja lediglich die kriegerische seite des olymp stehen, gemischt mit einigen verhinderten ideen aus dem christentum (gandalfs andeutung einer welt nach dem tod ist ja nurmehr lächerlich).
desweiteren steht die fülle an ideen, die z.b. den kreaturen gilt, in völligem widerspruch zu der kriegerischen ideologie, die hinter all dem steht und zunehmend mehr zum vorschein kommt. was im fantasy-bereich möglich wäre, wenn man endlich aufhören würde, heldengeschichten zu erzählen -
abgesehen davon ist es leider ziemlich beschissen geschrieben (habe kürzlich nach meiner extended-session nochmal reingeschaut und war eher entsetzt) und seinem ruf (unter fans) als sprach-genie bzw. (eigene) sprachen-erdenker wird tolkien nicht im geringsten gerecht - der joyce unter den fantasy-autoren muss erst noch geboren werden - wäre vielleicht auch der richtige ansatz: fantasy an reine sprach- (nicht erzähl-) kunst bzw. filmkunst zu koppeln.
Bearbeitet von StephenDedalus, 04. Dezember 2006, 16:19.
#105
Geschrieben 04. Dezember 2006, 17:46
Zur beschissenen Sprache: falls du seinen ungelenken, ausschweifend-nüchternen und pathetischen Stil meinst, so entsteht der doch in Anlehnung an die mittelalterliche Sprache. Muss einem ja nicht gefallen, aber ist doch durchaus funktional in der Verortung des Werkes als (pseudo-)mitteralterliche Sammlung mündlich überlieferter Legenden und Sagen.
Bearbeitet von bekay, 04. Dezember 2006, 17:49.
#106
Geschrieben 04. Dezember 2006, 18:05
bekay sagte am 04.12.2006, 17:46:
dann müßte er konsequenterweise in versen verfasst sein. (ist er zum glück nicht, weil tolkien nicht dichten kann ) - und auch wenn ich wenig von mittelalterlicher literatur weiß, so doch wenigstens, dass die sprache des herrn der ringe wenig damit gemein hat
auf welchen friedliche utopie läuft das dritte zeitalter denn hinaus ? - eine menschliche monarchie nach mittelaterlichem vorbild. das ist nun keine utopie, der ich irgendein akzeptables ideal zusagen könnte.
#107
Geschrieben 04. Dezember 2006, 18:09
bekay sagte am 04.12.2006, 17:46:
vorbild ist ja wohl ganz klar homer, auch in bezug auf dessen "logische und historische integrität" (die behauptung nehme ich jetzt einfach mal so hin) - nix neues unter der sonne, das.
#108
Geschrieben 04. Dezember 2006, 18:28
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 18:05:
bekay sagte am 04.12.2006, 17:46:
dann müßte er konsequenterweise in versen verfasst sein. (ist er zum glück nicht, weil tolkien nicht dichten kann ) - und auch wenn ich wenig von mittelalterlicher literatur weiß, so doch wenigstens, dass die sprache des herrn der ringe wenig damit gemein hat
In der ungelenken und umständlichen Ausdrucksweise liegt durchaus ein (bewusster?) Verfremdungseffekt, der uns diese Sprache "ferner bringt" - und so geeignet sein kann, eine Wirkung zu entfalten, wie sie alte Texte bzw. deren neuhochdeutschen Vers- oder Prosaübetragungen (die sich auch nur umständlich lesen lassen) auf uns haben.
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 18:05:
Erstens eine friedliche Monarchie, zweitens: wenn das keine mittelalterliche Utopie, was dann? Hier schließt sich ja der Kreis seines Zieles, eine alte, eigenständige Mythologie fernab unserer Zeit zu erschaffen, die auch einen vollkommen anderen Utopie-Anspruch, vollkommen andere Mechanismen inne hat. Und wieso müsste dieses Ideal für dich akzeptabel sein? Tolkien hat oft geung betont, es handelt sich nicht um eine Allegorie auf die aktuelle Zeit - und gerade das mach diese Welt ja so hermetisch und die Ideale u.U. kaum anstrebenswürdig...
#109
Geschrieben 04. Dezember 2006, 18:54
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 18:09:
bekay sagte am 04.12.2006, 17:46:
vorbild ist ja wohl ganz klar homer, auch in bezug auf dessen "logische und historische integrität" (die behauptung nehme ich jetzt einfach mal so hin) - nix neues unter der sonne, das.
Natürlich ist Homer hier Vorbild. Aber so wie Tolkien hat er seine Figuren gewiss nicht in einer eindeutig abgemessenen und faktischen aufbereiteten Welt stapfen lassen, sondern eher in einer symbolischen und , ja, fantastischen. Die Fantastik wird bei Tolkien durch und durch gegenständlich und eben messbar. Das meine ich mit ratio - ganz nach dem Vorbild von Descartes Methode: Eigene Maße schaffen und Messungen vornehmen. Die Landkarten samt Übereinstimmung von Maßstäben, Routen und Wanderzeit legen Zeugnis von dieser neuen Art von Fantasy ab, genauso wie die zeitliche Taktung der geschichtlichen Ereignisse (du hast ja selbst schon vom "dritten Zeitalter" gesprochen). Und das alles aus dem nichts zu schaffen und logisch aufzubereiten, das ist etwas Neues - Homer hat ja "nur" ein schon vorhandenes und geprägtes Welt- und Götterbild meisterhaft in einer Erzählung verschmolzen (klar, mit Sicherheit auch bearbeitet) ...
(und weiter will ich mich auch nicht aus dem Fenster lehnen.)
#110
Geschrieben 04. Dezember 2006, 19:02
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 13:41:
http://www.filmforen.de/index.php?s=&...ost&p=25600
vor allem der erste ist furchtbar (geschrieben), aber meine auffassung von damals ist doch recht eindeutig ablesbar.
geschrieben... furchtbar ...? hab doch gesagt, ganz abwegig ...
#111
Geschrieben 04. Dezember 2006, 20:11
bekay sagte am 04.12.2006, 18:28:
also wenn sich die literatur des altertums und mittelalters für dich nur durch ihre umständlichkeit auszeichnet...
mal völlig willkürlich herausgegriffen:
"sie kamen einigermaßen schnell voran, obwohl es jedesmal, wenn sie auf einer lichtung die sonne erblickten, so aussah, als seien sie merkwürdig weit nach osten gekommen. (...) jedesmal wenn sie sich hinaufgearbeitet hatten, erschienen die bäume noch dichter und dunkler, und immer war es am schwierigsten, einen weg nach links oben zu finden, und so mußten sie zwangsläufig nach rechts und nach unten gehen." (der ring wandert, s. 145)
so schreibt wahrlich nur einer, der landkarten als grundlage seiner prosa verwendet. ich habe mal markiert, was ich als schwammig und völlig ohne verve formuliert empfinde -
es mag an der deutschen übersetzung liegen, aber das ist der sprachstil eines biederen historikers und atlantenwälzers, kein entfremdungseffekt auf einen mittelalterlichen stil hin.
Zitat
eine friedliche monarchie ? unter einem könig, der kinder in den krieg schickt ?
wie wäre es denn mit einer sozialistischen utopie, nachdem die alten, monarchischen völker untergegangen sind ?
ich akzeptiere auch dantes utopie eines göttlichen KZs nicht, aber dahinter verbirgt sich wenigstens nicht das quasi-preußische wunschdenken eines erzkonservativen, biederen altenglischprofessors, das auch gegen dessen willen durchschlägt.
#112
Geschrieben 04. Dezember 2006, 20:21
bekay sagte am 04.12.2006, 18:54:
ja und obiges gruselkabinett an wischiwaschi-formulierungen gibt zeugnis vom erfolg einer solchen maßstabsgetreuen literatur für mich fallen die welten dennoch auseinander: saruman kann mit blitzen einen berg zum einsturz bringen, weshalb wehrt er sich dann nicht gegen die ents ? der feuerball, welcher er in der extended-szene gandalf gilt, hätte das problem doch gelöst ?
soll heißen: tolkien kann vielleicht ganz hübsche karten zeichnen, mag eine leidenschaft für historische schlachten haben, aber für eine wirkliche fantasie-welt reicht seine fantasie nicht aus. alle fantastischen elemente bleiben komplett unausgearbeitet - man bekommt keine vorstellung von der magie, keine von der religion mittelerdes, keine von saurons gegenentwurf zum status quo etc. -, tolkiens aufmerksamkeit gilt allein dem gewöhnlichen, dem spießigen. weiter vor traut er sich nicht.
was ich eigentlich sagen will, tolkiens buch ist überhaupt kein fantasy, sondern verkappte versatz-geschichte.
Zitat
mehr ego bitte
#113
Geschrieben 04. Dezember 2006, 20:27
bekay sagte am 04.12.2006, 19:02:
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 13:41:
http://www.filmforen.de/index.php?s=&...ost&p=25600
vor allem der erste ist furchtbar (geschrieben), aber meine auffassung von damals ist doch recht eindeutig ablesbar.
geschrieben... furchtbar ...?
dafür, dass ich damals recht lange an dem text gefeilt habe, sind ziemlich viele formulierungs-patzer enthalten, die ausdrucksweise ist sehr bemüht um fesche beschimpfungen, die sich nicht wirklich einfügen und außerdem nehme ich mich (darin) furchtbar ernst - (das mit dem hass und so: lächerlich...)
ein wenig erschreckend finde ich, wie ähnlich das dennoch meinem heutigen stil ist -
Zitat
quitschiquatschi...
#114
Geschrieben 04. Dezember 2006, 20:36
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 20:11:
Erstens: welches Buch?
Zweitens: Ist das die Krege-Übersetzung?
Drittens: Du verwechselst Film und Buch - Saruman war nicht fähig, Blitze und Feuerbälle zu beschwören, das sind Ausgeburten PJs Effekthascherei.
Viertens: du bewertest schon wieder diese Ideologie aus einem heutigen Standpunkt - und eben das ist nicht meine Herangehensweise. Und auch nicht die von Tolkien gewünschte. Deswegen ist sie natürlich nicht falsch
#115
Geschrieben 04. Dezember 2006, 21:24
bekay sagte am 04.12.2006, 20:36:
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 20:11:
Erstens: welches Buch?
Zweitens: Ist das die Krege-Übersetzung?
Drittens: Du verwechselst Film und Buch - Saruman war nicht fähig, Blitze und Feuerbälle zu beschwören, das sind Ausgeburten PJs Effekthascherei.
Viertens: du bewertest schon wieder diese Ideologie aus einem heutigen Standpunkt - und eben das ist nicht meine Herangehensweise. Und auch nicht die von Tolkien gewünschte. Deswegen ist sie natürlich nicht falsch
1. "der ring wandert" - der herr der ringe besteht aus sechs büchern, das ist das erste.
2. nein, carroux.
3. aber bergpässe kann er blockieren und gandalf kann balrogs töten. tut aber nichts daran, dass die homerische welt ihre reichhaltigkeit eben auch durch die bildhafte ausformulierung des "bösen" - das gibt es dort ja so nicht - bekommt.
4. wie denn sonst ? - was enthebt dich denn des heutigen ?
#116
Geschrieben 04. Dezember 2006, 21:44
bekay sagte am 04.12.2006, 20:36:
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 20:11:
Erstens: welches Buch?
Zweitens: Ist das die Krege-Übersetzung?
Die zwei Fragen habe ich selbst beantwortet. Und hier muss ich sagen: diese Reisebeschreibungen sind essentieller und eigentümlicher Bestandteil des Buches - ich will das nicht missen. Im übrigen befinden sich die Vier Hobbits gerade im alten Wald - Schwammigkeit wegen Orientierungslosigkeit inklusive Ach ja, ich halte HdR in der Carroux-Übersetzung für wunderschöne Prosa (samt Verfremdung )
"landkarten als grundlage seiner prosa" - im übrigen ist es wohl in der fiktionalen Konstruktion genau anders herum. Die Erzähler der Bücher sind ja die Protagonisten selbst, deren Geschichten Frodo nach dem Abenteuer sammelt. Die Kartographie der (Spät-)Antike und des Mittelaltern konnte sich zu großen Teilen immer nur auf Reisebeschreibungen verlassen, um Daten für ihre Karten zu kompilieren und über den Kugelentwurf der Erde zu legen. Da wir von einem gleichen Wissensstand ausgehen, sind die Reisebeschreibungen im Bestreben der Erschaffung einer altertümlichen Weltansicht essentiell. Denn nur so erhalten die Handelnden eine Vorstellung von dem Raum Mittelerde, seinen Ausmaßen und Orten.
Bearbeitet von bekay, 04. Dezember 2006, 21:45.
#117
Geschrieben 04. Dezember 2006, 22:18
StephenDedalus sagte am 04.12.2006, 21:24:
Äh, warte, lass mich denken, ah ja: Das Lesen von "Der Herr der Ringe"
Antike/mittelalterliche Literatur, mit denen können wir doch heutzutage kaum noch einen Abgleich mit unserer heutigen Perspektive vollführen. Oder könntest du heutzutage identifikatorisch dem Parzival zurufen: "Gott, bist du blöd, jetzt hast du einen Artusritter kaputt gemacht?" Wir können aber eben Einblicke in die Denkperspektive dieser anderen, grundverschiedenen Zeit gewinnen - und seiner Hintergründe. Und ähnlich macht es doch Tolkien, nur er liefert die Zeit und die Hintergründe gleich selbst mit. Aber: auch hier ist eine Grundverschiedenheit zur aktuellen Welt festzustellen - und das kann einem vom heutigen Standpunkt entheben. Und das ist auch ganz im Sinne einer Zweitschöpfung, die Tolkien seinem Konzept der fairy tales voranstellt. Sie enthebt uns von der primären Welt und ist absolut unabhängig von jener. Und was kann Fantasy besseres sein? (Gerade beim Blättern habe ich bemerkt, dass ich schnell nach Mittelerde zurück will, bei Gelegenheit.)
Zum Zaubern: glaube mir, ich habe gelesen, irgendwo in Tolkiens Schriften steht sehr, sehr genau beschrieben, wie und mit was die Zauberer Mittelerdes zaubern können. Und wieder zu den Beispielen: Gandalf macht den Balrog ganz old-school mit dem Schwert fertig - und Saruman konnte m.E. nach das Wetter beeinflussen und das Gewitter heraufbeschwören und somit den Pass blockieren (was er nicht konnte, war, zielgenau Blitze abzufeuern).
Und: wir kommen hier ja eh nicht auf 'nen grünen Zweig und diskutieren bald nur noch der formellen Gegensätzlichkeit willen
Bearbeitet von bekay, 04. Dezember 2006, 22:20.
#118
Geschrieben 04. Dezember 2006, 23:09
bekay sagte am 04.12.2006, 22:18:
Antike/mittelalterliche Literatur, mit denen können wir doch heutzutage kaum noch einen Abgleich mit unserer heutigen Perspektive vollführen. Oder könntest du heutzutage identifikatorisch dem Parzival zurufen: "Gott, bist du blöd, jetzt hast du einen Artusritter kaputt gemacht?" Wir können aber eben Einblicke in die Denkperspektive dieser anderen, grundverschiedenen Zeit gewinnen - und seiner Hintergründe. Und ähnlich macht es doch Tolkien, nur er liefert die Zeit und die Hintergründe gleich selbst mit. Aber: auch hier ist eine Grundverschiedenheit zur aktuellen Welt festzustellen - und das kann einem vom heutigen Standpunkt entheben. Und das ist auch ganz im Sinne einer Zweitschöpfung, die Tolkien seinem Konzept der fairy tales voranstellt. Sie enthebt uns von der primären Welt und ist absolut unabhängig von jener. Und was kann Fantasy besseres sein? (Gerade beim Blättern habe ich bemerkt, dass ich schnell nach Mittelerde zurück will, bei Gelegenheit.)
das hast du nun so ungenau formuliert, dass ich nicht ganz sicher bin, was du mir sagen willst. -
dem herrn der ringe wohnt zwangsläufig eine heutige perspektive inne, vor allem aber eine literarische tradition - weshalb es hier auch keine "grundverschiedenheit" gibt -, schon weil er eben nicht vor zweitausend, sondern vor fünfzig jahren geschrieben wurde. das buch einfach aus der (literatur)geschichte herauszuheben, nun, das wäre ein reiner glaubensakt - und ich glaube, darum geht es dir letztlich auch ?
Zitat
nein, aber ich diskutiere z.t. etwas ziellos, weil ich zwischendurch noch telefoniert und eine mail geschrieben habe -
#119
Geschrieben 05. Dezember 2006, 02:18
Ich will das Buch nicht aus einer Literaturgeschichte lösen, ganz im Gegenteil, ich will ihm eben eine besondere Stellung in ihr einräumen: als Versuch der Austreibung der Allegorie aus der fantastischen Literatur. Er will der Fanatasie zu ihrem eigenem Recht verhelfen. Was sind typischen Fantasien (und das finde ich nicht altmodisch): Der Prinz, der die adlige Schnitte abfängt, der Held, der die Gauner fertigmacht. Das Wesenhafte daran ist aber in jedem Fall, dass man daran glaubt, natürlich. Wenn man allerdings meint, absolute Monarchie wäre eine nicht erstrebenswerte, antiquierte Herrschaftsform, die a priori ungerecht und gewaltbereit ist, dann wird das nichts. Und wenn man in den Orks Juden sieht, die vom Herrenmenschen Hitler-Aragorn abgeschlachtet werden, erst recht nicht. Solchen Analogien und Vergleichen will Tolkien entgegenwirken, in dem er Ereignisse, Figuren und Völker soweit mit Fakten, Geschichte und Details unterfüttert, dass sie zu ihrem eigenen Recht kommen und kaum noch Abbilder unserer Realität sein können. Und da sind die Orks in dieser Welt nun einmal niederträchtige und bösartige Wesen, und Aragorn ein gerechter und gütiger König (Häuser der Heilung) - er ist der Held, der die Gauner zusammendrescht. Aktuell-ideologische Vereinnahmungen werden durch Logik und Historizität schwer gemacht. Aber weder unterdrückt, noch verhindert. Tolkien kann uns natürlich nicht vorschreiben, wie wir seine Geschichte zu verstehen haben. Er kann aber Richtungen und Spuren geben - und die gehen m.E. stark in Richtung Weltentwurf sui generis, der glaubhaft ist. Diese Art von alles umgreifender Zweitschöpung und übergreifender Erählung in ihr ist, soweit ich das überblicken kann, ein neues Phänomen und Konzept vieler Fantasy und SciFi Franchises geworden.
Bearbeitet von bekay, 05. Dezember 2006, 02:19.
#120
Geschrieben 05. Dezember 2006, 11:17
bekay sagte am 05.12.2006, 02:18:
auf derartig stumpfe analogien würde ich auch nicht setzen wollen. bzw. würde sie anders führen, drücken sie doch das missfallen aus, dass diese "zweitschöpfung" auch keine bessere (oder überhaupt entscheidend verschiedene) unter den welten ist, als die unsere, ohne dabei an konkrete beispiele gebunden zu sein.
weißt du, ich würde den herrn der ringe ja gerne mögen, wie ich es als kind getan habe, so wie ich auch manchmal gerne an den lieben gott glauben könnte, aber es geht leider nicht mehr -
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