Reality, what is it good for?
#271
Geschrieben 14. September 2006, 08:49
Nach dem Cliffhanger der zweiten Staffel war ich mehr als gespannt wie J.J. Abrams die Geschehnisse rund um Sydneys Verschwinden umsetzt. Die Möglichkeiten waren grenzenlos. Genutzt wurden sie allerdings nur teilweise. Das große Geheimnis wird in der Staffelmitte aufgedeckt und dient als erster dramaturgischer Höhepunkt. Trotzdem kann man mit der Entwicklung der Geschichte zufrieden sein, da zwar genug, aber nicht zuviel verraten wird.
Wie bereits in der zweiten Staffel tritt Sydneys Privatleben immer mehr in den Hintergrund. Selbst ihr bester Freund Will hat gerade noch einen Gastauftritt, was ich sehr schade fand. Doch insgesamt fällt die Verlagerung der gesamten Geschichte in den Bereich der Agency weit weniger ins Gewicht, als ich anfangs befürchtet hatte. Hier gibt es nun auch etliche neue Verwicklungen, die größtenteils mit Vaughns Frau zusammen hängen. Ein eigentlich recht einfacher Erzählstrang, der doch immer wieder für Aufregung und Verwirrung sorgt. Sehr Nett.
Schön fand ich, dass Sloan wieder einmal den anscheinend Guten mimen darf. Diese Rolle hat er ja bereits in der ersten Staffel gekonnt gemeistert - der Unterschied ist nur: Jetzt weiß auch der Zuschauer nicht, was denn nun dran ist an seiner Abwendung vom Bösen. Sloans Ex-Partnerin und Sydneys Mutter Irina Derevko tritt leider überhaupt nicht mehr in Erscheinung. Ist mir etwas so vorgekommen, als hätte die Schauspielerin keine Lust mehr oder andere Verpflichtungen gehabt. Sehr schade.
Insgesamt ist die dritte Staffel etwas schwächer, als die vorangegangene. Auch der Cliffhanger lässt einen nicht mehr atemlos auf der Couch sitzen. Dennoch kann ich es kaum erwarten, wie es nun weitergeht mit den Bristows. Da die deutsche DVD allerdings noch in den Sternen steht, muss ich wohl auf eine ausländische Fassung zurückgreifen - wer einen günstigen Tipp weiß: Bitte melden!
Äußerst unterhaltsame 8/10 Punkte.
#272
Geschrieben 16. September 2006, 12:25
Doug Limans eher klassischer Stil, musste einem Pseudodokustil weichen, der teils zwar interessant ist und für Unmittelbarkeit sorgt, der in gewissen Szenen aber auch gehörig nerven kann. Die Wackelkamera allein wäre noch nicht einmal so schlimm, doch in Kombination mit einem anscheinend hyperaktiven Cutter entstehen keine spannend montierten Verfolgungsjagden, sondern nur unübersichtlicher Bildbrei. Auch damit könnte ich eventuell noch leben, wenn allerdings innerhalb von zehn Minuten die dritte Verfolgungsjagd über den Bildschirm flimmert, dann kommt es selbst bei mir zu Ermüdungserscheinungen.
Über Schwächen in der Montage könnte ich auch noch hinwegsehen, wäre die Geschichte herausragend. Leider ist sie es nicht - im Gegenteil. Man bekommt quasi 1:1 die Geschichte des Vorgängers vorgesetzt, nur dass man als Zuschauer bereits über die Vergangenheit von Jason Bourne Bescheid weiß, was der Spannung nicht sonderlich zuträglich ist. Erneut ein Auftragsmord, der durch Rückblenden erzählt wird, erneut wird Bourne verfolgt und erneut steckt ein CIA-Mitarbeiter dahinter. Hatte Bourne im ersten Teil allerdings noch Marie als Partnerin, so muss er sich hier alleine durch Europa kämpfen. Dadurch fehlt jeglicher Gesprächspartner und die - sowieso schon distanzierte - Figur Jason Bourne wird immer blasser. Letztendlich gibt es auch hier keine Überraschungen in der Geschichte und es kommt alles so, wie man es sich von den ersten Minuten an erwartet. Vielleicht bin ich aber auch nur durch >> “ALIAS” etwas von komplexen Agentengeschichten verwöhnt.
Stärken des Films sind nach wie vor die tollen Locations. Da der Film größtenteils in Deutschland (Berlin und München) spielt, kommt eine ganz eigene Atmosphäre auf. Auch die Schauspieler wissen zu gefallen und stellen ihre Charaktere überzeugend dar. Leider war es das auch schon.
“Die Bourne Verschwörung” ist für mich ein Film mit einer Geschichte, die nicht unbedingt erzählt hätte werden müssen. Das hat man alles schon zu oft gesehen und ist - im Vergleich zum ersten Teil - ein echter Rückschritt. Kein totaler Reinfall, aber zu belanglos um gut zu sein oder wenigstens im Gedächtnis zu bleiben: 5/10 Punkte.
#273
Geschrieben 17. September 2006, 09:47
Der Film beginnt sehr nahe am Buch: Die Umgebung Jean-Baptiste Grenouilles im Paris des 18. Jahrhunderts wird glaubhaft und äußerst detailliert dargestellt. Die ruhige und sonore Erzählstimme Otto Sanders erzählt uns die Geschichte und ist in der Lage die gleiche beunruhigende Atmosphäre, die dem Roman innewohnt, heraufzubeschwören. Auch das Wesentlichte - die Darstellung der Gerüche - gelingt Tykwer ganz famos. Detailaufnahmen der Geruchsquellen, Aufnahmen der Geruchswege und Montagen derselben zeigen Grenouilles erweiterte Erfahrungswelt auf eine eindringliche Art und Weise - und auf die einzige, die ein rein audiovisuelles Medium darzustellen vermag. Trotzdem: Da es (noch) kein Geruchskino gibt, leider kein Vergleich zu den seitenlangen, ausufernden Beschreibungen des Romans.
Die Geschichte folgt der des Romans ziemlich genau. Alle wichtigen Stationen werden bereist und man hat nie den Eindruck eines reinen Abhakens der einzelnen Schauplätze. Den Charakteren wird genug Tiefe verliehen, so dass auch Nichtkenner der Vorlage große Freude an der filmischen Umsetzung finden dürften. Selbst die Orgienszene und Grenouilles letzter Gang sind enthalten - wenngleich auch in sehr abgeschwächter Form, was auch den dramaturgischen Höhepunkt des Films einiges an Wirkung nimmt. Ich weiß noch genau wie abgestoßen und doch fasziniert ich beim Lesen der letzten Seiten von “Das Parfum” war. Ein notwendiges - und darüber darf man Streiten - Zugeständnis an das Mainstreampublikum. Womit ich auch zu den negativen Seiten der Verflimung kommen möchte.
Der größte Schwachpunkt war für mich der Darsteller Grenouilles. Nicht dass Ben Whishaw seine Sache als Schauspieler nicht gut gemacht hätte - nein, seine Darstellung war sogar sehr überzeugend. Doch Grenouille ist im Roman eine hässliche Zecke, ein Monster, der wahre Abschaum. Ben Whishaw ist viel zu gutaussehend. Für Nichtkenner des Romans wohl nicht weiter störend, doch die Vorlage liefert solch ein detailliertes Bild der Kröte Grenouille, dass Whishaw wie eine weichgezeichnete und aufpolierte Version des Mörders wirkt. Wohl auch ein Zugeständnis an den Mainstream und damit den augenscheinlichen Erfolg an den Kinokassen. Ebenso wie der eingestreute Humor von Meister Baldini. Dustin Hoffmans Darstellung überzeugt zwar, doch die komischen Szenen sind einfach nur unpassend und nicht wirklich vorlagentreu. Das hätte nicht sein müssen.
Anonsten wurde mir der Schwerpunkt zu sehr auf die Morde gelegt. Die erste Hälfte des Films wirkt zwar etwas gehetzt, doch - in meinen Augen - insgesamt gelungener, da hier wirklich auf die Person Jean-Baptiste Grenouille und seine eigene Welt eingegangen wird. Die Selbstfindung in der Höhle kommt mir viel zu kurz und plötzlich. Ein paar visualisierte Gedankenreisen wären hier schön gewesen. Die zweite Hälfte ist zu sehr Krimi. Die Innenwelt des Mörders wird nahezu vollständig vernachlässigt. Aber irgendwo muss man in solch einer schwierigen Adaption wohl Prioritäten setzen.
Insgesamt war ich von “Das Parfum” sehr positiv überrascht. Im Gegensatz zu “Sakrileg”, der zweiten großen Romanverfilmung dieses Jahr, auf jeden Fall um Welten gelungener - und das bei der weitaus ansprungsvolleren Vorlage. Wenn man weniger auf den Erfolg an der Kinokasse geschiehlt hätte, wäre “Das Parfum” bestimmt ein kleines Meisterwerk geworden. Mich würde interessieren, was Stanley Kubrick zu Tom Tykwers Adaption gesagt hätte, welcher dem Roman die Unverfilmbarkeit attestiert hatte. Schade, dass er sich nicht mehr dazu äußern kann. Gelungen, aber mit - für Vorlagenkenner - teils gröberen Schwächen: 7/10 Punkte.
#274
Geschrieben 18. September 2006, 08:21
Wong Kar-Wai erzählt in seinem wohl populärsten Film zwei Geschichten über ungewöhnliche Begegnungen. Über unerfüllte Sehnsüchte. Über Liebe. Seine Figuren durchstreifen die neon erleuchteten Nächte Hongkongs auf der Suche nach Nähe und Zuneigung. Und manchmal auch nach einer Dose Ananas mit dem Verfallsdatum 01. Mai 1994. Dem Tag des 25. Geburtstags von Polizist 223 und dem Tag, an dem auch das Haltbarkeitsdatum seiner Liebe zu seiner Freundin May abgelaufen ist, die sich einen Monat zuvor von ihm getrennt hat. Solche Themen herrschen in Wong Kar-Wais Universum vor. Erzählt werden die Geschichten jeweils durch die handelnden Personen selbst. Hier wird die Melancholie fast schon greifbar und es entsteht eine Atmosphäre, die man nur in Kar-Wais Filmen findet.
Es ist diese Atmosphäre, die seine Filme so besonders machen. Man kann sie nicht beschreiben. Man muss sie selbst fühlen. Zudem gibt es unzählige von kleinen Szenen, die “Chungking Express” so unvergesslich machen. Wer kann nach diesem Film schon CALIFORNIA DREAMING hören, ohne an die im Schnellimbiss tanzende Faye Wong zu denken? Mein absoluter Magic Moment ist jedoch der Übergang zwischen den beiden Episoden. Wunderschön.
Was mir nicht so gefallen hat, ist der Sideplot um die Drogenschmugglerin. Zwar waren diese Szenen auch sehr interessant inszeniert und haben den Rhythmus des Films noch einmal beschleunigt, doch kommen sie mir immer etwas vor wie Fremdkörper. Zudem hat das Ende der zweiten Geschichte meiner Meinung nach zu sehr auf Melancholie gesetzt. Aber das ist auch so ziemlich die einzige Szene, die in diesem Film zu gewollt erscheint.
Insgesamt ist “Chungking Express” wirklich ein fantastischer Film. Mir gefällt jedoch Wong Kar-Wais direkter Nachfolger “Fallen Angels” noch eine Spur besser. Jeder, der sich auch nur etwas im Arthouse-Kino zu Hause fühlt und Geschichten über Menschen und ihre Beziehungen zueinander liebt, sollte “Chungking Express” eine Chance geben: 8/10 Punkte.
#275
Geschrieben 18. September 2006, 11:19
Die Exposition bis zur Ankunft in der Pyramide ist schön aufgebaut und macht Lust auf den kommenden Hauptteil des Films. Allerdings wird hier bereits klar, dass alle Charaktere den gängigen Monsterfilm-Klischees entsprechen und sie in der kommenden Stunde einer nach dem anderen den beiden Kreaturen zum Opfer fallen werden. In der Pyramide selbst wird die Truppe dann auch kräftig dezimiert, um am Ende eine Lt. Ripley-Gedächtniskämpferin zurück zu lassen. Würden die Monster nicht bekannten Franchises entspringen, könnte man den Film getrost als ziemliche Gurke bezeichnen.
Doch da sind sie: Aliens und Predatoren. Vereint in einem Film. Allein der Kampf der beiden Kreaturen in der Mitte des Films ist es wert gesehen zu werden. Genauso stellt man sich das vor. Bei der letzten Einstellung des gewinnenden Aliens zaubert Paul W. S. Anderson sogar eine wunderschöne Totale, die getrost aus einem “ALIEN”-Film stammen könnte. Leider bleibt es dann auch dabei. Der Rest ist reichlich uninspiriert und wenn sich Menschen und Predatoren verbünden, löst das beim Fan im ersten Moment nur Kopfschütteln aus. Wenigstens kommt es so am Ende noch zu einem netten Schlusskampf mit der Alienqueen. Danach konnte ich die neue Allianz sogar akzeptieren. Man darf eben nur nicht zuviel nachdenken und muss den Film als reine Actionunterhaltung abseits der beiden großen Vorbilder sehen. Dann schluckt man am Ende auch den Alien/Predator-Hybrid.
Nett fand ich übrigens, dass wenigstens ansatzweise versucht wurde den Originalen Tribut zu zollen, indem z.B. Lance Henrikson als Charles Bishop Weyland auftritt. Insgesamt hätte man bestimmt mehr aus diesem Universum machen können, doch der Film ist bestimmt nicht das Desaster, als das er gerne hingestellt wird: 6/10 Punkte.
#276
Geschrieben 19. September 2006, 11:45
Der Film beginnt mit einer Erinnerung, die für die Hauptfigur - einen von Robin Williams gespielten Cutter namens Alan W. Hakman - von großer Bedeutung ist und ihn bereits sein ganzes Leben verfolgt. Im Laufe des Films findet Alan heraus, dass ihn seine Erinnerung vielleicht täuscht. Nebenbei wird er zudem von einem Ex-Kollegen bedroht, der versucht an die Erinnerungen eines Konzernchefs heranzukommen. Diese eher kriminalistische Geschichte wirkt leider etwas aufgesetzt und die Motivation der Figuren will sich mir - auf emotionaler Ebene - nicht wirklich erschließen.
Umso interessanter sind die Diskussionen um die Möglichkeiten und Gefahren der angewandten Technik. Moralische und ethische Bedenken werden geäußert, die sich teils auch auf die klassischen audiovisuellen Medien anwenden ließen. Manipulation durch Auswahl und Montage. Eine sehr interessante Thematik, die leider nicht so weit vertieft wird, wie ich es mir gewünscht hätte. Allerdings auch verständlich, da hier immer noch ein Film mit Geschichte erzählt wird. Eine engere Verknüpfung der hoch interessanten Grundidee mit der Geschichte Alans wäre jedoch wünschenswert gewesen.
So bleibt am Ende nur ein leidlich spannender Film mit einem starken Robin Williams und einer intelligenten Ausgangssituation, aus der jedoch viel mehr herauszuholen gewesen wäre: 6/10 Punkte.
#277
Geschrieben 20. September 2006, 17:15
Ganz anders als bei den Vorgängern kommt “A History of Violence” also ohne fantastisch anmutende Geschöpfe und diesbezügliche Effekte aus. Auch die Inszenierung erlaubt sich keinerlei Experimente und bleibt dem Realismus treu. Durch die langsamen Kamerafahrten und die langen Einstellungen verbreitet der Film Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm. Wenn es dann zur - bereits im Titel angekündigten - Gewalt kommt, bricht diese nicht nur auf den Zuschauer herein, sondern auch auf die Figuren im Film.
Mir hat in “A History of Violence” besonders der ruhige Spannungsaufbau imponiert. Die geschaffene Atmosphäre ist unheilsschwanger und man weiß, das die Idylle jeden Moment in sich zusammenbrechen kann. Teils sind sogar Erinnerungen an David Lynchs “Blue Velvet” wach geworden. Auch nach den ersten Gewaltakten bleibt der Film seiner Linie treu und verhältnismäßig realistisch. Leider hat mir die aktive Vergangenheitsbewältigung von Tom/Joey nicht sonderlich gefallen. Hier wirkt alles viel zu comichaft überzogen. Ich hätte mir eine wendungsreicheres oder auch offeneres Finale gewünscht.
Insgesamt ist “A History of Violence” ein - aufgrund seiner ruhigen Inszenierung und seiner dichten Atmosphäre - toller Film. Die Geschichte ist einfach und realistisch. Leider fast schon zu einfach - und dem Realismus wird gegen Ende zudem etwas die Luft aus den Segeln genommen. Viggo Mortensen und Maria Bello können voll und ganz überzeugen. Ed Harris’ und William Hurts Charaktere waren mir dagegen zu comichaft angelegt. Vermutlich funktioniert die Vorlage hier besser. Trotzdem sehr sehenswert: 7/10 Punkte.
Übrigens: Auf den Tag genau 2 Jahre Filmtagebuch!
Wahnsinn, wie die Zeit verfliegt...
#278
Geschrieben 21. September 2006, 20:14
Der Film hat eine ganz besondere Atmosphäre: Er ist zwar eher ein Jugendabenteuer, als ein Horrorfilm - dennoch herrscht stets eine düstere Stimmung vor, die dem Film die nötige Ernsthaftigkeit verleiht. Die Geschichte um die Familie Emerson, die sich mit einem Vampirclan herumschlagen muss, erhält zwar keinen Originalitätspreis, bleibt aber stets spannend und interessant. Zudem besitzt sie einen - wie ich aus langjähriger Erfahrung sagen kann - sehr hohen Wiederanschauungswert.
“The Lost Boys” ist ein wahres Kind der 80er. Die Frisuren, die Kleidung, die Inszenierung und ganz besonders der Soundtrack sind so typisch für dieses Jahrzehnt, dass mir kaum ein zweiter Film einfällt, der mich so sympathisch in die 80er Jahre zurückversetzt. Hier funktioniert der zeitgenössische Soundtrack tadellos und nervt ausnahmsweise nicht. Ein Manko, mit dem meiner Empfindung nach sonst viele 80er Jahre Filme zu kämpfen haben.
Sehr interessant ist aus heutiger Sicht die Ansammlung an fantastischen Schauspielern. Allen voran sticht natürlich Kiefer Sutherland heraus, der hier den Vampirrocker mit viel jugendlichem Elan spielt. Besonders gefallen hat mir auch wieder Corey Feldman, der - wie bereits zwei Jahre zuvor bei >> “Die Goonies” - den jugendlichen Draufgänger spielen darf. Die eigentliche Überraschung war allerdings Richard Gilmore (Edward Herrmann) als Obervampir zu sehen.
“The Lost Boys” gehört zu einer Art Film, wie sie heute leider nicht mehr gemacht werden. Zitatenreich, unterhaltsam, liebevoll ausgestattet, tolle Schauspieler - und all das in einem Big Budget-Jugendfilm. Einer meiner persönlichen Klassiker: 9/10 Punkte.
#279
Geschrieben 24. September 2006, 10:15
Erzählt wird die Geschichte von Andrew “Large” Largeman. Einem Schauspieler, der bisher nur in einer großen Rolle zu sehen war, und sich seither mit Aushilfsjobs über Wasser hält. Alles ändert sich, als er vom Tod seiner Mutter erfährt: Nach 9 Jahren kehrt er zum ersten Mal zu seinen Wurzeln zurück - nur um zu Erkennen, dass diese Rückkehr eigentlich ein Neuanfang ist. In seiner Heimatstadt trifft er auf Sam (Natalie Portman), die Large durch ihre unkoventionelle Art dazu bringt sein Leben wieder als etwas Wertvolles anzusehen und sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.
In der Geschichte gibt es unzählige kleine Episoden, die voller Humor und teils doch voller Melancholie stecken. Mit Large kann ich mich irgendwie wunderbar identifizieren. Es werden Themen angesprochen, die zwar schon in vielen Filmen auf der Leinwand präsent waren, die aber noch nie so ehrlich und aus dem Herzen heraus behandelt wurden. Allein der Monolog zum Zuhause der Kindheit, nach dem man sich sein ganzes Leben sehnt, das aber nur noch in der Erinnerung existiert, weil das echte Zuhause diese Sehnsucht nicht mehr erfüllen kann - einfach nur wunderschön und so wahr. Dabei verliert sich die Geschichte allerdings nicht in solchen - teils schon philosophischen - Nebenplots, sondern bleibt stets interessant, frisch und ist nebenbei mit graniosen Charakteren bevölkert.
Zu Bewundern ist auf jeden Fall Zack Braff. Der Darsteller des tollpatschigen J.D. aus der tollen Dramedy “Scrubs” verkörpert hier nicht nur kongenial die Hauptrolle - nein, er hat auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt. Da er noch relativ jung ist, trifft er - zumindest für seine Generation - stets genau den richtigen Ton. Den trifft er auch beim Einsatz des Soundtracks, der so gut ist, wie kaum ein zweiter. Die Songs erzielen stets die richtige Wirkung und sind untrennbar mit den Bildern verbunden. Schön ist, dass er auch ohne den Film funktioniert - was ich nach unzähligen Durchgängen aus eigener Erfahrung sagen kann. Ansonsten möchte ich noch Natalie Portman hervorheben, die wie immer einen großen Teil zum gelingen des Films beiträgt. Eine tolle Schauspielerin für einen tollen Charakter.
Zack Braff hat mit “Garden State” einen Film geschaffen, der es von 0 auf 100 in meine Lieblingsfilme geschafft hat. Ich hoffe, er kann mit einem zweiten Film an seinen Erstling anschließen und freue mich schon sehr darauf. Wer diesen Film noch nicht kennt: Schaut ihn euch an, er kann glücklich machen - man muss es nur zulassen können: 10/10 Punkte.
#280
Geschrieben 24. September 2006, 10:17
Grundlegend für den neuen Stil ist wohl auch, dass hier erstmals nach einer Vorlage gearbeitet wurde: Elmore Leonards “Rum Punch”. Doch glücklicherweise ist auch Leonards Welt bevölkert mit Gangstern und Kleinkriminellen, die sich gar nicht so sehr von denen aus Tarantinos Filmuniversum unterscheiden. Eigentlich auch logisch, da Leonard schon immer eine große Inspirationsquelle für den Meister der pulp fiction war. Der Film ist gleichzeitig Adaption und Hommage - und er funktioniert in beide Richtungen.
Fantastisch ist die Ansammlung an hochkarätigen Schauspielern in teils ungewohnten Rollen. Allen voran Robert DeNiro, der hier den kiffenden Kleingangster Louis Gara gibt. Eine für ihn ungewohnte und schon allein deswegen urkomische Rolle. Samual L. Jackson gibt Waffenschieber Ordell Robbie gewohnt lässig und mit einer Coolness, die ihresgleichen sucht. Pam Grier und Robert Forster - die beiden Altstars des Films - spielen auf, als wären sie nie in der Versenkung verschwunden. Auch hier wieder die Verbindung von Hommage und Eigenständigkeit. Michael Keaton durfte seine Rolle als Ray Nicolette ein Jahr später in einer weiteren Elmore Leonard-Verfilmung - Stephen Soderberghs “Out of Sight” - sogar wiederholen. Von den Auftritten von Brigdet Fonda, Sid Haig und Chris Tucker fange ich gar nicht erst an. Man sieht auf jeden Fall einmal wieder deutlich: Tarantino kennt die Branche, er kennt die Darsteller und er kennt ihre Filme. Er weiß mit der Erwartungshaltung zu spielen und besetzt teils gezielt gegen das Image - und das stets mit Erfolg.
Neben Geschichte, Darstellern und Dialogen ist natürlich der Soundtrack eine wichtige Größe in jedem Tarantino-Film. Auch in “Jackie Brown” passt er wie die Faust aufs Auge. Er gräbt stets Perlen aus, die ohne seine Filme wohl nie mehr ein größeres Publikum erreicht hätten. Der Mann hat nicht nur ein Auge fürs Detail, sondern auch ein Ohr.
Mit “Jackie Brown” hat sich Tarantino 1997 gezielt gegen die Erwartungshaltung seines Publikums gestellt. Mit Abstand betrachtet auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Mit “Pulp Fiction” oder “Kill Bill” hätte schließlich auch niemand gerechnet. Der Meister bleibt seinem Stil zwar stets treu, erfindet sich aber auch jedes Mal selbst neu. Er macht seine Filme in erster Linie für sich - und für ein Publikum, das Filme genauso liebt, wie er selbst: 10/10 Punkte.
#281
Geschrieben 26. September 2006, 11:52
Die Geschichte setzt ungefähr dort ein, wo wir sie am Ende der Miniserie verlassen haben: Die letzte Flotte der Menschheit ist auf der Flucht vor den Zylonen. Immer wieder kommt es zu Konfrontationen. Nebenbei hat die Crew der Galactica mit Problemen wie Wasser- oder Treibstoffknappheit und einem Schiff voller Schwerverbrecher zu kämpfen. Die Tatsache, dass die Zylonen menschliche Form angenommen haben entwickelt sich auch immer mehr zum Problem und lässt sich nicht länger verheimlichen.
Die Storylines sind größtenteils abwechslungsreich und unterhaltsam. Doch leider nur größtenteils. Die Abenteuer von Helo und der zweiten Sharon auf Caprica fand ich eher nur ermüdend, da hier nichts wirklich aufregendes passiert ist. Allein in den letzten beiden Episoden bekommt dieser Nebenplot einen Sinn. Davor empfand ich ihn eher als störende Unterbrechung der Hauptgeschichte. Auch Dr. Baltars Beziehungprobleme mit seiner Zylonenfreundin fand ich eher nervend, allerdings nicht mehr so schlimm wie in der Miniserie - vermutlich habe ich mich inzwischen einfach daran gewöhnt.
Ansonsten ist alles beim Alten: Grandiose Weltraumszenen, tolle Charaktere und eine “Wing Commander” ähnliche Atmosphäre auf der Brücke und dem Hangar. In der letzten Episode gibt es zudem noch einen fiesen Cliffhanger, nach dem ich die zweite Staffel auf jeden Fall auch anpacken werde. “Battlestar Galactica” ist für mich zwar keine Offenbarung, doch nach “Firefly” die beste Sci-Fi-Serie, die ich kenne: 7/10 Punkte.
#282
Geschrieben 27. September 2006, 14:38
Im Gegensatz zu damals kenne ich heute nahezu alle großen Mafia- und Gangsterfilme. Neben der “Der Pate”-Trilogie gehört Martin Scorseses “GoodFellas” klar zu den wichtigsten Filmen dieses Genres. “Casino” wirkt etwas wie eine ausgedehnte Version des Mittelteils dieses Klassikers. Erzählt wird folglich die bekannte Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Gangsters. Als besondere Elemente sind hier die Hauptrolle, die Las Vegas in dem Film spielt, sowie der Schwerpunkt, der auf die Ehe von Sam „Ace“ Rothstein gelegt wird, hervorzuheben.
Wie bereits in “GoodFellas” verwendet Martin Scorsese Voice Over als erzählerisches Mittel. In “Casino” sprechen jedoch zwei Personen, was dieser - von mir ohnehin geschätzten - Erzählform noch eine besondere Note verleiht. Der Zuschauer verfolgt die Geschichte folglich aus zwei verschiedenen Perspektiven, was wichtig ist, da sich die Hauptfiguren im Laufe des Films immer weiter auseinander leben.
Grandios hat mir die erste Hälfte des Films gefallen. Der Aufstieg von Ace und die Abläufe im Casino wurden in den schillerndsten Farben präsentiert und fantastisch inszeniert. Auch die Geschichte wirkt hier stets frisch und unverbraucht. Der Fall der beiden Gangster gegen Ende des Films ist mir in ähnlicher Form allerdings schon zu oft begegnet, als dass “Casino” hier besonders hätte Punkten können. Zudem hätte der Film meiner Meinung nach um gut eine halbe Stunde gekürzt werden können. Ich habe mich zwar nicht gelangweilt, aber das Timing fand ich nicht so perfekt, wie beispielsweise bei “GoodFellas”.
Schön fand ich es überigens Robert De Niro und James Woods nach Sergio Leones “Es war einmal in Amerika” wieder gemeinsam vor der Kamera zu sehen. Wenn auch in gänzlich anderen Rollen. Schauspielerisch und inszenatorisch ist “Casino” - wie jeder Film von Scorsese - sowieso über jeden Zweifel erhaben. Ein wahres Feuerwerk an Perfektionismus: 8/10 Punkte.
#283
Geschrieben 30. September 2006, 12:04
Die Geschichte wird aus der Sicht von Kleinganove Harry Lockhart (Robert Downey Jr.) erzählt, der nach einer Verwechslung plötzlich mitten im Interesse von Hollywood steht. Dies ist allerdings nur der Auslöser für ein paar wilde Eskapaden, die Harry fortan mit seinem neuen Partner, dem schwulen Privatdetektiv „Gay“ Perry, zu bestreiten hat. Fortan gibt es unzählige Leichen, eine Femme Fatale, sowie diverse Wortgefechte, die an Skurrilität teils nicht zu überbieten sind.
„Kiss Kiss Bang Bang“ macht Spaß, keine Frage. Doch irgendwie verrennt sich der Film meiner Meinung nach etwas in seinen unzähligen Ideen. Die Geschichte wartet mit Wendungen auf, die man aufgrund des hohen Tempos kaum wahrzunehmen im Stande ist. Zudem befindet man sich beinahe im Minutentakt an neuen Locations, die ebenso schnell wieder mit neuen Figuren aufgefüllt werden. Einerseits entsteht dadurch eine wirklich mitreißende Dynamik, doch andererseits kann man das Handeln der Identifikationsfiguren nicht wirklich nachvollziehen, wodurch eine Distanz zu ihnen entsteht. Diese wird durch die gewählt Erzählform noch größer. Harrys Voice Over beschränkt sich nicht nur auf die Geschichte an sich – nein, er spricht den Zuschauer direkt an, spult den Film vor und zurück und macht klar, dass man hier nur einen Film sieht. Einerseits wirklich innovativ und auch amüsant, doch leider wird hierbei völlig die Magie des Eintauchens in die Geschichte zerstört. Ich denke weniger wäre hier mehr gewesen.
Shane Black hat mit „Kiss Kiss Bang Bang“ einen wirklich unterhaltsamen und mit bösen Späßen angereicherten Film geschaffen. Die Figuren – und ihre Darsteller – sind zudem überaus sympathisch. Doch leider hätte man sich mehr auf die Chemie zwischen ihnen und die Geschichte an sich verlassen sollen, dann wäre aus dem Film eine rundere Sache geworden: 7/10 Punkte.
#284
Geschrieben 02. Oktober 2006, 21:57
In “Collateral” treffen Figuren aufeinander, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Taxifahrer Max (Jamie Foxx) trifft auf den eiskalten Killer Vincent (Tom Cruise). Die Begegnung ist eher zufällig und für beide Charaktere schicksalhaft. Gegensätze ziehen sich anscheinend an - und das nicht nur in der Liebe. Während der gemeinsamen Nacht lernt man als Zuschauer die Charaktereigenschaften der beiden Figuren kennen. Ihre Träume, ihre Wünsche und auch ihre Schwächen und Ängste. In diesen Szenen erscheint mir der Film am stärksten, wenngleich die Gegensätzlichkeit teilweise auch recht plakativ dargestellt wird.
Im letzten Drittel verwandelt sich der fast schon philosophisch angehauchte Film in einen knallharten Thriller. Der Wechsel wirkt jedoch organisch und führt die - an sich äußerst simple - Geschichte zu einem konsequenten und spannenden Ende. Hier kann Michael Mann zeigen, dass er Actionsequenzen äußerst eindrucksvoll in Szene zu setzen weiß, ohne dabei seine Figuren zu vernachlässigen.
Der Film lebt vom Zusammenspiel von Jamie Foxx und Tom Cruise, welches wirklich fantastisch funktioniert. Beide Darsteller können ihre Stärken ausspielen und besonders Tom Cruise als einsamer Wolf weiß in dieser für ihn untypischen Rolle zu Punkten. Die Sympathien liegen jedoch klar bei Jamie Foxx’ (fast schon zu) liebenswertem Taxifahrer.
Mögliche Kritikpunkte: Meiner Meinung nach hätte man noch etwas mehr mit dem Gedanken von Gegensatz und Schicksal spielen können - die Szene mit dem Wolf wäre schon einmal ein Anfang gewesen. Die beinahe schon traumähnliche Atmosphäre des nächtlichen L.A. hätte auf jeden Fall genug Potential gehabt. Was der Atmosphäre jedoch teils abträglich war: Der entsetzliche Videolook. Bei den draußen spielenden Nachtaufnahmen nicht zu übersehen. Fand ich extrem störend, da der Film dadurch teils sehr billig und amateurhaft gewirkt hat. Verstehe ich nicht, da viele Szenen auch auf 35 mm Film gedreht wurden. Warum dann der Einsatz von Video? Hat für mich weder stilistisch noch dramaturgisch Sinn gemacht. Vielleicht gibt es dazu ja ein paar klärende Worte im Making Of.
“Collateral” ist ein starker Film mit toller Atmosphäre, der jedoch etwas unkonventionellere Wege hätte einschlagen können. Zudem ist für mich der Einsatz von Video eine mehr als fragliche Technik in einem Film wie diesem. Trotzdem sehr sehenswert: 8/10 Punkte.
#285
Geschrieben 04. Oktober 2006, 21:22
Der nette Herr auf dem Bild ist Troy Duffy. Barkeeper. Musiker. Regisseur. Arschloch. So wird er zumindest in “Overnight” portraitiert. Der Film zeigt seinen Aufstieg vom Niemand zum Big Player in Hollywood - und da (wie uns “Der König der Löwen” gelehrt hat) alles ein ewiger Kreislauf ist, bekommt man auch wieder seinen Abstieg zum Niemand zu sehen. Eine klassische Geschichte. Dieses Mal ist sie jedoch wirklich so geschehen.
Es ist teils kaum zu glauben, wieviel Selbstvertrauen und -sicherheit Duffy an den Tag legt. Der pure Wahnsinn. Er beißt sich wirklich in das Businnes hinein. Er will um jeden Preis seine Ziele erreichen. Am Erstaunlichsten: Es gelingt ihm! Er dreht “The Boondock Saints”. Ein Barkeeper dreht den Kulthit der späten 90er. Unglaublich - besonders wenn man die äußeren Umstände betrachtet. Noch unglaublicher ist, dass der Film - nach etlichen Querelen mit Miramax - gerade einmal mit fünf Kopien gestartet ist und seinen Ruhm erst auf VHS/DVD erreichen konnte. Dumm nur, dass Troy Duffy keinen Cent von dem Erlös aus Verleih und Verkauf sieht. Auch seine großspurigen Pläne im Musikbusinnes sind gescheitert, nachdem er innerhalb von sechs Monaten nur knapp 700 Alben verkauft. Einfach nur unglaublich.
So interessant die Geschichte ist, so einseitig wird sie in “Overnight” präsentiert. Troy Duffy ist der Bösewicht. Sicher, er führt sich teils wirklich auf wie ein - Pardon! - Arschloch. Doch kam mir diese Dokumentation teils wie eine persönliche Abrechnung mit ihm vor. Der viel stärkere zerstörerische Einfluss in Form von Harvey Weinstein wurde nur am Rande erwähnt. Man merkt auf oft genug die Unerfahrenheit der Dokumentarfilmer. Viele Dinge erscheinen redundant, andere habe ich vermisst. Insgesamt trotzdem einfach eine unglaubliche Geschichte, die eine dunklere Seite zeigt - nicht nur von Hollywood. Auch von dem, was die Gier nach Ruhm und Erfolg im Menschen auslösen kann: 8/10 Punkte.
#286
Geschrieben 08. Oktober 2006, 16:09
Richard Kellys “Donnie Darko” ist ein fantastisches Erlebnis. Außer David Lynchs “Mulholland Drive” kenne ich keinen anderen Film, der seine Rätselhaftigkeit so gut bewahren kann, ohne dabei zu künstlerisch oder abgehoben zu wirken. Den Film durchzieht dabei eine (alb)traumhafte Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Jedes Mal, wenn ich denke das Gesehene vollständig begriffen zu haben, fördert mein Bewusstsein neue Ungereimtheiten ans Tageslicht. So schön das Rästelraten auch ist, so erhoffe ich jedoch stets die Intention des Regisseurs zu verstehen. Ohne das fiktive Buch “The Philosophy of Time Travel”, das auf der DVD der Kinoversion vorliegt, hätte ich die Geschichte um das Tagentenuniversum, lebende Empfänger, Artefakte, manipulierte Tote und Lebende usw. nie auch nur annähernd begriffen - und ich bin mir sicher, dass niemand ohne diese Hilfe dahinter kommen kann, da diese essentiellen Informationen im Film verschwiegen werden. Das war ein Problem, das ich der ursprünglichen Version angelastet habe, denn ein Film muss auch ohne zsätzliche Informationen seine Geschichte offenbaren können. Diesen Missstand zu beheben, habe ich mir vom Director’s Cut erhofft.
Im Folgenden möchte ich kurz auf die Änderungen und ihre Wirkung eingehen: Die erweiterten und neuen Szenen fügen sich meiner Meinung tadellos in den Film ein und verhelfen den Charakteren zu mehr Tiefe. Ob alle nötig gewesen wären, lässt sich schwer sagen. Nicht gefallen haben mir die Änderungen im Soundtrack, was vermutlich daran liegt, dass ich den Score/OST im Kinocut bereits zu gut kenne und liebgewonnen habe. Nun zur größten Chance - und gleichzeitig auch zur größten Schwäche - des Director’s Cuts: Der Einbindung einzelner Kapitel aus “The Philosophy of Time Travel”. Die Seiten werden zu kurz gezeigt um ein Verständnis des Inhalts beim Zuschauer zu erreichen. Zudem wäre ein Vorlesen des Inhalts in Kombination mit kleinen Animationen im Stil von Roberta Sparrows Illustrationen schön gewesen. Ich denke, das hätte viel zum Verständnis beigetragen. So wirken die Einblendungen leider immer etwas wie störende Fremdkörper. Noch störender fand ich die überarbeiteten Effekte, wie z.B. das überlagernde Gitter bei der finalen Montage. Auch die technischen Texte, die öfter erschienen sind, empfand ich unpassend - solch eine Art Science-Fiction ist “Donnie Darko” nicht.
Anonsten ist mir wieder einmal der wunderbare Score und das Produktionsdesign aufgefallen. Man wähnt sich wirklich in den 80ern. Auch die Schauspieler empfand ich erneut als grandios besetzt. Herausgestochen ist dieses Mal besonders Donnies Mutter, die ich erst kürzlich als Präsidentin Laura Roslin in “Battlestar Galactica” gesehen habe. Schön auch das Zusammenspiel der Geschwister Gyllenhaal.
Insgesamt habe ich mir vom Director’s Cut wohl mehr (bzw. weniger) erhofft. Eine definitive Version von “Donnie Darko” gibt es meiner Meinung nach also (noch) nicht. Der >> Kinocut ist mir jedoch in vielen Dingen sympathischer. In Ergänzung mit einer gedruckten Version von “The Philosophy of Time Travel” dürfte die alte Version auch am meisten Spaß machen. Trotz allem auch in dieser Fassung ein klasse Film: 9/10 Punkte.
#287
Geschrieben 10. Oktober 2006, 11:54
“From Dusk Till Dawn” war zudem einer der wenigen Filme, die ich auf VHS besessen habe - bzw. noch besitze: Die ungeschnittene Widescreen-Version aus UK, gekauft von besagtem 18jährigen Freund im WOM. Was war ich damals stolz. In den kommenden Jahren habe ich den Film unzählige Male gesehen, bis er sich irgendwann totgelaufen hatte. Nun - etliche Jahre später - die erneute Sichtung und ich kann immer noch verstehen, was mich damals so fasziniert hat.
Auch heute noch macht die Verbindung zweier Genres auf mich einen frischen und innovativen Eindruck. Doch im Gegensatz zu den ersten Sichtungen, gefällt mir die erste Hälfte deutlich besser. Diese ist typisch Tarantino und angereichert mit abgefahrenen Dialogen und dem schwärzesten Humor. Allein der Prolog. Fantastisch. Der Film ist hier wahrlich eine Gradwanderung zwischen An- und Entspannung. Er macht Spaß, doch es schwingt stets etwas Unangenehmes mit. Ich habe hier öfter an Rob Zombies “The Devil’s Rejects” denken müssen - eine ähnliche Atmosphäre. Ab dem Titty Twister nimmt deutlich die Handschrift von Robert Rodriquez zu. Die nun folgenden Splattereinlagen machen immer noch Spaß - zumal auch hier der für Tarantino typische schwarze Humor vorherrscht - doch sind die Abnutzungserscheinungen etwas stärker, als in der ersten Hälfte.
Nachdem der Film in meinem Freundeskreis die Runde gemacht hatte, hat die Anzahl der an Halloween im schwarzen Anzug erscheinenden Jungs deutlich zugenommen. Die Zitate sind in den täglichen Wortschatz mit eingeflossen und Darsteller wie George Clooney oder Harvey Keitel wurden als Garant für gute Unterhaltung gewertet. Von Regisseur und Autor einmal gar nicht zu sprechen. Der Soundtrack wurde auf Parties rauf und runtergespielt und selbst heute höre ich ihn noch gerne. “From Dusk Till Dawn” war ein Phänomen.
Nachdem ich nun unzählige Filme mehr gesehen habe, kann ich nur sagen, dass ich nach all den Jahren “From Dusk Till Dawn” auch heute noch in mein Buch der coolen Filme aufnehmen würde: 9/10 Punkte.
#288
Geschrieben 11. Oktober 2006, 11:36
Auch heute noch zeigt Paul W. S. Andersons Sci-Fi-Thriller Wirkung. Teils ist der Film tatsächlich äußerst spannend und unheimlich. Ein Geisterhaus im Weltraum. Sicher sind die meisten Schockeffekte äußerst berechenbar und werden zudem sehr plakativ eingesetzt, doch gerade die dadurch geschürte Erwartungshaltung - “Jetzt passiert es gleich!” - lässt mich als Zuschauer schonmal unruhig auf der Sofakante sitzen.
Fantastisch ist das Produktionsdesign gelungen. Die Event Horizon bleibt wirklich im Gedächtnis. Wahrlich ein eigener Charakter im Film. Bei der Lewis & Clark hingegen musste ich öfter an die Nostromo denken - besonders beim Besprechungsraum. Alles in Allem trägt die schöne Gestaltung, aller für den Film wichtigen Elemente, jedoch viel zu starken Atmosphäre bei.
Die Geschichte lebt von der Atmosphäre. Ohne diese würde kaum etwas übrig bleiben. Die Idee ist leidlich innovativ und setzt sich hauptsächlich aus Genreversatzstücken zusammen. Ich weiß noch wie enttäuscht ich bei der besagten Kinosichtung war, als sich die Bedrohung als reines Hirngespinst herausgestellt hat. Dennoch fand ich die Idee in “Event Horizon” noch um einiges besser umgesetzt, als im thematisch mehr als ähnlichen “Sphere” aus dem Folgejahr.
“Event Horizon” ist sicherlich Paul W. S. Andersons bester Film, wenngleich ich auch “Resident Evil” oder >> “Alien vs. Predator” zumindest den Unterhaltungswert nicht absprechen will. Dieser Genrehybrid hat zudem noch eine grandiose Atmosphäre und eine gesunde Portion Horror mit auf den Weg bekommen und ist - nicht nur aus diesem Grund - wirklich sehenswert: 7/10 Punkte.
#289
Geschrieben 13. Oktober 2006, 22:07
Die erste Stunde war ich sogar ein paar Mal kurz davor abzuschalten. Ich habe mir von “The 40 Year Old Virgin” sicherlich keine hochgeistige Unterhaltung erhofft, aber schon etwas mehr als einen schlechten “American Pie”-Abklatsch. Warum müssen sich die 30 bis 40jährigen Charaktere ununterbrochen über Schlampen und Muschis unterhalten? Wird das vom Publikum allgemein als lustig empfunden? Sprechen erwachsene Männer tatsächlich so über Frauen und Sex? Bin ich humormäßig da irgendwie falsch gepolt? Fragen über Fragen. Mich hat diese penetrant ordinäre Ausdrucksweise leider nur genervt. Zudem die Handlung auch nicht viel mehr Substanz vorweisen konnte.
Die zweite Hälfte war dann deutlich angenehmer. Weniger “Männergespräche” und mehr Handlung. Hier kommt es sogar zu einigen richtig netten Szenen. Insgesamt ist dieser Teil des Films jedoch auch zu lang. So gezwungen gewagt die Produktion bei nackten Tatsachen und der Sprache erscheint, so zieht sie wenn es um die Handlung geht den - um es mit den Worten echter Männer zu sagen - Schwanz ein. Die Geschichte verläuft genauso, wie man es erwartet. Keine Überraschungen. Nichts. Dann jedoch kommt eine grandiose Musicalnummer, die mich meinen Groll beinahe vergessen lässt. “Hair” war selten so unterhaltsam.
Zugute halten muss ich dem Film seine gut aufgelegten Darsteller. Allen voran Steve Carell, der wirklich komisches Potential besitzt. Neben ein paar wenigen Lachern und einem fantastischen Schluss hat der Film leider kaum etwas zu bieten, das ihn sehenswert machen würde: 5/10 Punkte (davon einer für die Tanznummer).
#290
Geschrieben 16. Oktober 2006, 21:07
“Into the Blue” ist genau das Richtige für die jetzt kürzer werdenden Abende: Sonnendurchflutete Bilder, ein chilliger Soundtrack, schöne Körper, nicht zu viel Geschichte und verhaltene Action. Der perfekte Feierabendfilm. Abschalten und genießen. Eigentlich würden ja auch die grandiosen Unterwasseraufnahmen reichen. Doch der Rest ist gerade so anspruchslos, dass er nicht weiter stört und mich als Zuschauer von einem Beauty Shot zum nächsten führt. Allein die letzte halbe Stunde wird etwas unruhig und erinnert einen daran, dass es sich hierbei um einen Spielfilm handelt. Mit Geschichte und so.
Irgendwie kann ich dem Film auch nicht böse sein, hat er mir doch 100 Minuten perfekten Eskapismus geboten. Die Darsteller sind auch nicht so schlecht, wie stets behauptet wird. Wer will in diesem Film schon Jodie Foster oder Al Pacino sehen? Nein, Jessica Alba und Paul Walker sind hier wahrlich die Idealbesetzung. Die Geschichte schrammt haarscharf am Nichtvorhandensein vorbei, was jedoch den positiven Nebeneffekt hat, dass man beim Abschweifen in gedanklich südlichere Regionen nicht all zu viel verpasst. Wirklich genervt haben mich allein die 08/15-Gangster-Hip Hopper. Lächerliches Pack. Hat aber irgendwie auch wieder zu Oberflächlichkeit des Films gepasst. Also Schwamm drüber.
Mehr gibt es hierzu wirklich nicht zu sagen. Tolle Bilder, tolle - vorsicht Wortspiel - Figuren und gute Unterhaltung. Was will man - zumindest ab und an - mehr? 6/10 Punkte.
#291
Geschrieben 21. Oktober 2006, 11:38
Herausstechend bei “Tarzan” ist besonders der technische Aspekt. Die Hintergründe waren hier zum ersten Mal wirklich dreidimensional und haben sich zugleich perfekt in den handgezeichneten Film eingefügt. Eine Technik names Deep Canvas hat es den Künstlern ermöglicht direkt auf die 3D-Geometrie zu malen und somit den handgezeichneten Look zu bewahren. Dadurch sind atemberaubende Actionszenen entstanden, die den Zuschauer erstmals völlig in den Zeichentrickfilm hineinziehen. Fantastisch.
Von der Geschichte her gesehen gibt es keine großen Überraschungen. Typisch Disney: Sympathische Figuren, lustige Sidekicks, der obligatorische Bösewicht und natürlich ein happy ending. Allein die Ruppigkeit der Kampfszenen ist überraschend und hat für eine Kürzung um rund 48 Sekunden in der deutschen Version geführt. Damit auch unter 6jährige den Film sehen können. Wieder einmal eine äußerst sinnvolle Entscheidung von Disney Deutschland. Der Film wirkt durch diese Kürzungen für Kinder diesen Alters in besagten Szenen nämlich kaum weniger bedrohlich.
Alles in allem kommt “Tarzan” zwar nicht ganz an die großen Meisterwerke von Disney heran, es ist aber dennoch ein fantastischer Film, der zeigt, dass es eine Fehlentscheidung war die klassiche Animationsabteilung von Disney zu schließen. Glücklicherweise hat John Lasseter - der Chef von Pixar und inzwischen auch von Disneys Animationsabteilung - erkannt, dass es in erster Linie um die Geschichte geht und somit geplant, auch die klassische Animation wiederzubeleben: 8/10 Punkte.
#292
Geschrieben 29. Oktober 2006, 11:24
Ich mag Shyamalans Films. Sogar sehr. Für mich ist er der Spielberg des Mysteriösen. Mit “The Sixth Sense” hat er mir eines meiner unglaublichsten Kinoerlebnisse beschert. Von “Unbreakable” war ich zunächst etwas enttäuscht, habe dann aber begriffen, dass man die Filme des Inders nicht allein auf die - fast schon obligatorische - überraschende Wendung reduzieren darf. “Signs” hat seine persönliche Stellung bei mir gefestigt und auch “The Village” hat mich sehr überzeugt. Bei der zweiten Sichtung sogar noch mehr, da ich hier mit den richtigen Erwartungen an den Film herangehen konnte. “The Village” ist kein Horrorthriller, wie uns diverse Trailer und die Marketingkampagne weismachen wollten - “The Village” ist ein zutiefst menschliches Drama, das sich dramaturgisch bei den düsteren Genres bedient. Doch das Drama steht klar im Vordergrund.
Der Film funktioniert auch am besten in seinen zwischenmenschlichen Szenen. Wunderschöne Bilder werden von einem wunderschönen Score unterstützt. In manchem Szenen wähnt man sich gar in einem Köstumfilm. Doch es liegt eine stete Bedrohung in der Luft. Auch diese zeigt Wirkung. Shyamalan kann das sehr gut. Atmosphäre schaffen. Erwartungen wecken. Auch die etwas lauteren Szenen wissen zu gefallen. Bei der Erstsichtung bin ich mehr als nur einmal zusammengezuckt. Doch solche Szenen stellen in “The Village” eine Minderheit dar.
Das vielgescholtene Ende ist für mich nur konsequent. Oberflächlich betrachtet sicher einmal wieder eine typische Wendung. Allerdings untypisch inszeniert. Nicht auf den Effekt aus, sondern allein um der Geschichte zu dienen. Hier offenbart sich das ganze menschliche Drama. Man kann ihm nicht entkommen. Alles ist eine Illusion. Wie das Medium Film selbst.
“The Village” eignet sich besonders für Menschen, die sich bisher noch nicht wirklich mit unheimlichen Filmen beschäftigen wollten und eher auf bodenständige Kost stehen. Dieser Film kann der erste Schritt in eine neue Welt sein. Doch auch für Freunde des Genres bietet der Film mehr, als er oberflächlich betrachtet erkennen lässt. Ein moralisches Märchen in zauberhaften Bildern: 8/10 Punkte.
#293
Geschrieben 29. Oktober 2006, 11:25
Meine Erstsichtung von "Dead End" war solch ein außergewöhnliches Filmerlebnis. Ich war bei meiner Schwester und wir haben uns den Film zu dritt angesehen. Jeder war konzentriert und hat sich auf den Film eingelassen. Beste Voraussetzungen also für einen unheimlichen Abend. Der Film hat auch tatsächlich Wirkung gezeigt und ist mir seither als einer der grusligsten Filme in Erinnerung. Wohl auch, weil ich an jenem Abend noch einen ca. 30minütigen Heimweg mit dem Auto vor mir hatte. Natürlich durch den Wald. Natürlich in einer stürmische Winternacht. Natürlich ist mir auch kein Auto begegnet. Eine wahrlich einprägsame Autofahrt, die das Filmerlebnis deutlich erweitert hat.
Mir hat der Film auch gestern ausgezeichnet gefallen. Die Mischung aus schwarzem Humor, Grusel und Schockszenen weiß wirklich zu gefallen. Besonders stark ist zudem die Atmosphäre. Man wähnt sich als Zuschauer mit auf der endlosen Straße. Die Orientierung fehlt. Man weiß nur es geht immer weiter und weiter. Die beinahe schon surrealistischen Zwischenstops verstärken dieses Gefühl der Hilflosigkeit. Überwiegt anfangs noch der - mal mehr, mal weniger gelungene - schwarze Humor, so steigert sich die Spannung gegen Ende ins Unermessliche. Das Ende ist dann mehr oder weniger überraschend, kann aber aufgrund der vielen Anspielungen im Hauptteil des Films voll und ganz überzeugen. Der letzte Schlussgag wäre zwar nicht nötig gewesen, zeigt aber noch einmal die Freude der Regisseure am schwarzen Humor.
"Dead End" ist ein wirklich außergewöhnlicher Film. Leider ziemlich unbekannt und ich befürchte von meinen Mitsehern wird er auch nicht besonders gute Mund-zu-Mund-Propaganda erfahren. Wer sich jedoch auf neue Seherlebnisse einlassen will und schwarzem Humor nicht abgeneigt ist, der bekommt mit "Dead End" eine kleine Perle des modernen Horrorkinos zu sehen. Ungewohnt, schockierend, lustig. Hier stimmt einfach die Mischung: 8/10 Punkte.
#294
Geschrieben 30. Oktober 2006, 09:45
Die erste Hälfte von “Red Eye” hat mir ziemlich gut gefallen. Nette Charaktere, netter Storyverlauf und mit dem Flughafen/Flugzeug ein mehr als ansprechendes Setting. Als dann der eigentliche Thriller beginnt war ich auch noch gut bei der Sache, was zu großen Teilen an Cillian Murphy liegt, der eine wirklich intensive Performance hinlegt. Zwar kommt es während des Flugs zu keinen großen Überraschungen, doch entwickelt sich ein Psychospiel, das wirklich ausbaufähig gewesen wäre.
Dann jedoch kommt die Landung, was einem filmischen Absturz gleichkommt. Hier verwandelt sich “Red Eye” in einen typischen Wes Craven-Film. Beinahe wähnt man sich in einem neuen “Scream”-Abklatsch. Das Ganze ist zwar durchaus ansprechend und spannend inszeniert, zieht der vorher relativ sorgsam vorbereiteten Geschichte allerdings sowas von den Boden unter den Füßen weg, dass hier wirklich nichts mehr zu retten ist. Meiner Meinung nach hätte Craven den Film im Stil der ersten Hälfte fortführen und wenigstens einmal auf den Slasher-Part verzichten sollen.
“Red Eye” ist durchaus unterhaltsam. Ein netter Thriller. Aber eben auch nicht mehr. Möglichkeiten, die durchaus vorhanden gewesen wären, werden aber für 08/15-Actionszenen verschenkt: 5/10 Punkte.
#295
Geschrieben 01. November 2006, 09:58
Der Übergang von der dritten zu vierten Staffel ist nicht halb so aufwühlend, wie bei der davor. Allerdings kommt es zu einer Konstellation, die ich anfangs fast schon etwas lächerlich fand: Arvin Sloane leitet die neue Geiheimabteilung der CIA. Wie oft wollen sie Sloane noch rehabilitieren und mit Sydneys Skepsis spielen? Das habe ich mir anfangs gedacht, doch wie so oft bei “ALIAS” sind die Zweifel aufgrund des hohen Unterhaltungswertes doch schnell wieder verflogen. Auch die neue Umgebung - das APO-Hauptquartier - fand ich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig. Zwar ein schönes Design, aber irgendwie zu sauber für “ALIAS”. Doch auch daran habe ich mich schnell gewöhnt.
Die Geschichte plätschert in der ersten Hälfte der Staffel meiner Meinung nach etwas vor sich hin. Zwar gibt es interessante Einsätze, doch ein großartiger Storyarc ist nicht auszumachen. Dies ändert sich jedoch in der zweiten Hälfte. Altbekannte Gesichter treten wieder in Erscheinung, es gibt neue Feinde und die liebgewonnenen Hauptfiguren werden in höchst dramatische Situationen gebracht. Davor gibt es dann noch einige humoristische Episoden, wie z.B. die Rettungsaktion Marshalls - dafür liebe ich “ALIAS”. Die letzten Episoden spitzen sich dann immer weiter zu. Rambaldi. Die Prophezeiung. Hier soll alles aufgelöst werden. Wird es auch. Irgendwie. Mich lässt diese Auflösung der - über die letzten Staffeln aufgebauten - Geschichte um Rambaldis Artefakte jedoch ziemlich kalt. So grandios ich auch die Atmosphäre dieser Zombie-Episoden fand. Der Cliffhanger am Ende der Staffel wirkt dann zwar etwas aufgesetzt, zeigt aber deutlich Wirkung. Ein wortwörtlicher Knaller.
Die vierte Staffel von “ALIAS” ist meiner Meinung die bisher schwächste. Aber immer noch sehr gut und damit besser als die meisten anderen Serien. Tolle Geschichten, tolle Figuren und wie immer schön überzeichnet. Hat tierisch Spaß gemacht und nun beginnt leider das Warten auf die UK-Veröffentlichung der fünften - und leider letzten - Staffel von J.J. Abrams Ausnahmeserie: 8/10 Punkte.
#296
Geschrieben 01. November 2006, 20:34
Am meisten profitiert “Creep” von seiner Location. Ich denke jeder war schon einmal in größeren U-Bahn-Labyrinthen wie Berlin, London oder Paris und kann deshalb das mulmige Gefühl nachvollziehen, das einen dort zu beschleichen droht: Dunkelheit. Einsamkeit. Seltsame Geräusche. Ratten. Und letztendlich ein Irrer, der aussieht wie Gollum. Das ist wahrlich der Stoff aus dem Albträume gemacht sind.
Der Regisseur weiß diese Elemente auch effizient einzusetzen. Anfangs kommt das Grauen noch langsam, dann steigern sich die Schockeffekte und die Enthüllung des Monsters kann es sogar fast mit “The Descent” aufnehmen. Das Monster selbst übrigens auch. Scheint ein entfernter Verwandter der Crawler zu sein. Nachdem das Rätsel um den Killer gelöst ist, verändert sich der Film. Weniger Grusel, mehr Terror und Blut. Teils ist dies gelungen (Käfigszenen), teils wirkt das Treiben des verrückten Gynekologen eher aufgesetzt und ist zu gewollt schockierend (OP-Szene). Gegen Ende des Films nimmt unsere Hauptfigur (Franka Potente) dann noch ein paar geistige Auszeiten, nur um kurze Zeit später über sich selbst hinauszuwachsen und das Monster effektvoll in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Das alles lässt sich weit weniger unbefriedigend anschauen, als es hier eventuell den Eindruck macht. Liegt vermutlich an der angenehm kurzen Laufzeit des Schockers.
“Creep” funktioniert. Er verbreitet bei der Sichtung ein ungutes Gefühl. Ein Horrorfilm eben. Technik und Kameraarbeit passen zum schmutzigen Look des Films. Die U-Bahn-Stimmung kommt wirklich perfekt rüber. Allein die Geschichte offenbart wieder einmal die typischen Schwächen des Genres: Schwache Figurenzeichnung, kaum Überraschungen und eine eher unbedriedigende - da nicht existente - Auflösung. Alles in allem jedoch weit entfernt von der Katastrophe, als die “Creep” verschrieen ist. Sollte man sich als Genrefreund ruhig einmal ansehen: 6/10 Punkte.
#297
Geschrieben 03. November 2006, 23:16
Einige Jahre später hatte ich eine erneute Begegnung mit “Toy Story”: Ich hatte während meines Zivildienstes eine Woche am Stück Nachtwache im Behinderteninternat und musste mir jede Nacht die Zeit zwischen 22:00 und 8:00 Uhr um die Ohren schlagen. Da das TV-Programm zu dieser Tageszeit eher bescheiden ist, bin ich dazu übergegangen mir die diversen Videos der Bewohner anzuschauen. Zu 99 Prozent waren dies Kinderfilme. Darunter auch beide ”Toy Story”-Teile. Ich weiß noch genau wie sehr ich die Nachtwachen gehasst habe. Doch die Nächte, in denen ich mir “Toy Story” angesehen habe, sind mir nicht ganz so schlimm vorgekommen.
Seitdem habe ich den Animationsklassiker noch unzählige Male gesehen und jedes Mal hat sich wieder dieses wohlige Gefühl eingestellt, wie ich es bei meinen nächtlichen Sichtungen hatte. Zudem habe ich über die Jahre verstanden, wie wichtig und außergewöhnlich “Toy Story” für das Genre ist. Ein Meilenstein. Viele Filme bekommen dieses Prädikat, doch auf kaum einen trifft es so sehr zu, wie auf diesen. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass seit der Erstaufführung schon über 11 Jahre vergangen sind. Unglaublich, dass “Toy Story” komplett mit Forward Kinematic animiert wurde. Unglaublich, dass der Film auch heute noch so frisch wirkt, wie am ersten Tag.
Damals hat man man Pixar noch belächelt und nur die neue Technik gesehen. Es sei ja gar kein richtiger Disneyfilm, hieß es. Heute ist es anders. Heute hat Pixar Disney den Rang als wichtigstes Animationsstudio abgelaufen. Heute ist Pixar Disney und ich hoffe, dass Pixar seinen hohen Standard halten kann.
Auch wenn “Toy Story” storymäßig sicherlich nicht der ausgefeilteste Pixarfilm ist, so ist er doch einer der wichtigsten. Mit ihm wurde eine neue Ära eingeläutet. Er ist einer der Gründe, warum ich mich für 3D Grafik und Animation beigeistern konnte und immer noch begeistert bin. Ein unglaublich unterhaltsamer Meilenstein mit viel Herz und Verstand: 10/10 Punkte.
#298
Geschrieben 05. November 2006, 23:21
Der Einstieg des Films ist ungewohnt und birgt Überraschungen, findet man sich doch in einem von Buzz Lightyears Abenteuern wieder. Doch schnell wird klar, dass man nur einem Videospiel beigewohnt hat und sich in vertrauter Umgebung befindet: Andys Kinderzimmer - und alle im ersten Teil liebgewonnenen Charaktere sind wieder mit von der Partie. Pixar wäre jedoch nicht Pixar, hätte auch dieser ungewöhnliche Prolog keine Bedeutung für die spätere Handlung des Films. Somit ist alles beim Alten - und doch ganz neu.
Die Geschichte scheint anfangs der des ersten Teils verdächtig ähnlich: Ein Spielzeug rettet das andere. Nur mit vertauschten Rollen. Doch Woodys Odyssee entpuppt sich als Reise zu seinen Wurzeln und zum Kern des Spielzeugdaseins. Er lernt neue Figuren kennen. Es kommt zu Konflikten und langen Gesprächen. Eine für alle befriedigende Lösung scheint unerreichbar. Doch auch eine solche hält die Geschichte parat - und das ohne aufgesetzt zu wirken.
Während Woody mit seinem Schicksal kämpft, macht sich ein Rettungstrupp unter der Führung von Buzz Lightyear auf den weiten Weg durch die Stadt, der dabei einige Abenteuer zu erleben hat. Dieser Handlungsstrang ist deutlich humor- und temporeicher. Hier wird auch der Bogen zum Prolog gespannt, der einige klasse Gags enthält (”Ich bin dein Vater!”). Schließlich werden beide Erzählstränge in einem furiosen Finale verbunden, das für alle Beteiligten - und soviel darf ich verraten - nur glücklich enden kann.
Man sieht: “Toy Story 2″ steht seinem Vorgänger wahrlich in nichts nach. Dieser ist mir zwar immer noch etwas sympathischer, was er wohl seiner Eigenschaft als Genre-Meilenstein zu verdanken hat, doch objektiv gesehen spielen beide Filme in einer Liga. Sollte Pixar sich zu einem dritten Teil entschließen, werde ich auf jeden Fall einer der ersten sein, die eine Kinokarte lösen. Ein wundervolles Märchen für Kinder und junggebliebene Erwachsene: 10/10 Punkte.
#299
Geschrieben 07. November 2006, 21:53
Eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Motorräder. Die Begeisterungsfähigkeit, die viele - vornehmlich männliche - Mitmenschen hierfür an den Tag legen, ist mir völlig fremd. Dennoch habe ich irgendwie nachfühlen können, wie es sein muss, sich auf nur zwei Rädern auf eine Reise um die Welt zu begeben. Trotz der steten Präsenz der motorisierten Maschinen und den diesbezüglichen Problemen, standen diese jedoch nie (zu sehr) im Vordergrund. “Long Way Round” rückt eher die Menschen und ihre Erfahrungen auf dieser außergewöhnlichen Reise ins Zentrum - und das macht die Serie wirklich zu etwas Besonderem.
Auch die logistischen Aspekte eines solchen Mammutunternehmens werden in den 10 Folgen ausführlich beleuchtet. Es kommen viele Teammitglieder zu Wort, wodurch auch stets etwas Abwechslung zur reinen Reisedokumentation vorhanden ist. Am meisten gewinnt die Serie jedoch durch ihr beiden “Hauptdarsteller” Ewan McGregor und Charlie Boorman. Beide machen während des Trips Höhen und Tiefen durch, doch wirken ihre Handlungen oder Gefühlsausbrüche selten aufgesetzt, was sonst bei Dokumentationen häufiger der Fall ist.
Es ist wirklich interessant die fremdartigen Länder und Landschaften durch die Augen von solch - durch unzählige Filme - vertraut wirkenden Personen wie Ewan McGregor zu sehen. Man fühlt sich fast als wäre man dabei gewesen. Sicher ist andererseits auch klar, dass durch den Zusammenschnitt der drei monatigen Reise auf knapp 10 Stunden, das Material durch einen großen Filter gelaufen ist. Das Endprodukt entspricht natürlich der Selektion der Produzenten und lässt garantiert einige unschöne Szenen der Reise vermissen. Doch dieser Umstand sollte jedem Zuschauer einer Dokumentation sowieso klar sein und wenn man sich dessen bewusst ist, kann man “Long Way Round” wirklich genießen.
“Long Way Round” ist eine wirklich unterhaltsame und sehenswerte Reisedokumentation auf einem Sender, der ansonsten nur recht obskure Sendungen im Programm hat. Wer nun neugierig geworden ist: Ab nächstem Dienstag um 20:15 Uhr wird die Serie auf DMAX wiederholt. Mir hat der Trip um die Welt auf jeden Fall viel Vergnügen bereitet: 8/10 Punkte.
#300
Geschrieben 08. November 2006, 13:52
“Sky Captain and the World of Tomorrow” basiert auf einem Kurzfilm, den Regisseur Kerry Conran über etliche Jahre zusammen mit ein paar Freunden in seiner Garage gedreht hat. Die Sets und die Nachbearbeitung entstanden komplett an seinem Homecomputer mit gängiger Consumersoftware. Das Ergebnis ist wahrlich unglaublich. Aufgrund dieses Kurzfilms hat Conran einen Produzenten gefunden, der mutig genug war, aus dem Kurzfilm einen Kinofilm zu machen. Das Endergebnis ist mehr als beeindruckend und wirklich gelungen, bedenkt man das geringe Produktionsbudget und die mangelnde Erfahrung des Regisseurs.
Das Design des Films ist fantastisch. Der Look entspricht den von 30er/40er Jahre Film noir Produktionen. Auch Überblendungen und Schnitte erinnern an diese Periode. Das Produktionsdesign fügt sich wunderbar in diese stilistische Epoche ein und ist - trotz der Sci-Fi-Elemente - vollständig retro gehalten. Komplettiert wird der Look durch die Farbgebung, die teils an frühe Nachcolorierungsprozesse erinnert.
Am besten jedoch gefällt mir an “Sky Captain and the World of Tomorrow” - neben dem Titel - die eigentliche Geschichte. Die beiden Hauptfiguren Polly Perkins und der titelgebende Joe “Sky Captain” Sullivan ergänzen sich wunderbar und streiten beinahe den kompletten Film über. Hier werden Erinnerungen an Indy und seine Begleiterinnen wach. Auch der Score scheint einem “Indiana Jones”-Film entsprungen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich hier einen jungen John Williams und nicht Edward Shearmur dahinter vermuten. Auch der Rest des Films erinnert an die guten, alten Abenteuerfilme. Sicherlich alles eine Spur überdrehter und comichafter, doch die Kerngeschichte ist wunderbar klassisch und einfach sympathisch.
“Sky Captain and the World of Tomorrow” bietet neben seinen herausragenden technischen Aspekten eine äußerst unterhaltsame Geschichte und gut aufgelegte Darsteller. Es ist wirklich schade, dass der Film relativ wenig Beachtung erfahren hat. Er hätte es verdient: 8/10 Punkte.
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