Reality, what is it good for?
#301
Geschrieben 13. November 2006, 12:34
“Stay” spielt - wie alle Filme diesen Genres - mit der Realitätswahrnehmung seiner Figuren. Auch der Zuschauer hat damit zu kämpfen. Man weiß, dass irgend etwas nicht in Ordnung ist. Dass es eine Lösung für die verzerrte Wahrnehmung geben muss. Die Suche nach dieser Lösung macht bei dieser Art von Film am meisten Spaß. Die Lösung selbst ist häufig leider enttäuschend oder offensichtlicher, und damit weit weniger mysteriös, als man sich gewünscht hätte. So auch in “Stay”. Zu oft hat man diese Auflösung bereits gesehen. Zu viel wurde mit der Erwartungshaltung gespielt - und dennoch: Der Film lässt mich als Zuschauer nicht unbefriedigt zurück.
Marc Forster gelingt es, eine äußerst eindringliche Atmosphäre zu schaffen. Die Welt ist trist. Es überwiegen dreckige Gelbtöne, die nur durch sterilkaltes Blau unterbrochen werden. Auch das Leitthema von Selbstmord, Schuld und Sühne trägt zur beinahe schon hoffnungslosen Atmosphäre bei. Die Dunkelheit wird etwas durch Ewan McGregors Charakter gebrochen, der stets noch etwas Optimismus auszustrahlen imstande ist. Das Finale des Films mag letztendlich geschichtlich enttäuschen, doch werden hier manche stilistische Entscheidungen erst offensichtlich (z.B. die angesprochenen Gelbtöne). Überhaupt wirkt der Film sehr genau durchkomponiert. Jedes Bild und jeder Übergang wirken wie ein kleines Kunstwerk, was wiederum durch die Geschichte des Kunststudenten reflektiert wird und somit nicht aufgesetzt wirkt.
“Stay” bietet tolle Unterhaltung und lädt zum Mitraten ein. Das Ende ist dann leider etwas enttäuschend, was dem Film einen Spitzenplatz unter seinen Genrekollegen verwehrt. Punkten kann Marc Forster jedoch mit Stilsicherheit und Anspruch. Insgesamt ein wirklich tolles Seherlebnis: 8/10 Punkte.
#302
Geschrieben 14. November 2006, 10:24
Der Film fängt stark an. Sehr stark. Die Atmosphäre im Frankreich des späten 12. Jahrhunderts ist so dicht, dass man fast den leisen Schnee in der Luft schmecken kann. Wirklich wunderbar. Hier lernt man Balian kennen. Einen Schmied, der vom Schicksal gebeutelt wurde. Mit ihm stürzt man förmlich in die Geschichte hinein. Da auch für die Figur ein neues Leben beginnt, kann man sich als Zuschauer leicht mit dem Schmied identifizieren. Die Reise nach Jerusalem wird beeindruckend und ohne Längen dargestellt. Zugleich wird die Geschichte hier bereits in einem enormen Tempo weitergetrieben. Kürzungen - wie im Kinocut - erscheinen mir hier fast unmöglich. Ich fand wirklich jede Szene wichtig und sehenswert.
Balians Ankunft und sein Fuß fassen in Jerusalem fand ich auch nett anzusehen. Allerdings sind mir hier einige Rhythmusprobleme aufgefallen. Teils kamen mir die Szenen und Handlungen der Figuren zu spontan und unbegründet vor, teils zu langatmig. Doch auch dieser Teil der Geschichte strahlt eine große Faszination aus und als Zuschauer muss man sich an eine Hand voll neuer Charaktere gewöhnen, die im weiteren Verlauf der Geschichte eine große Rolle spielen werden.
Der letzte Akt der Geschichte findet seinen Höhepunkt in der Schlacht um Jerusalem, die zwar beeindruckend dargestellt wird, aber irgendwie ein Gefühl des Mittendrinseins vermissen lässt. Die direkten Handlungen vor und nach der Schlacht fand ich wesentlich imposanter. Vielleicht hat man in der Post-”Der Herr der Ringe”-Ära einfach auch schon zu viele Leinwandschlachten diesen Ausmaßes gesehen. Das Ende des Films macht dann noch einmal deutlich, wie ausschlaggebend die damaligen Ereignisse selbst für die heutige Zeit noch sind. Anders als in vielen ähnlichen Filmen haben die abschließenden Texttafeln tatsächlich etwas zu vermitteln und machen Eindruck. Schön gelöst und durch den wundervollen Score auch auf emotionaler Ebene berührend.
Mir hat Scotts “Königreich der Himmel” sehr gut gefallen. Meiner Meinung nach steht das Epos seinem indirekten Vorgänger “Gladiator” in nichts nach. Die Botschaft, was guten Glaube ausmachen sollte - und das egal in welcher Religion - ist stets präsent und wirkt dennoch nie aufdringlich. Scott hat seine Themen wahrlich gut gewählt und hat sich einmal mehr als Meister der visuellen Erzählkunst erwiesen. Auch bei den Darstellern kann man dem Film keine Vorhaltungen machen. Selbst Orlando Bloom konnte mich in der Rolle des friedfertigen Ritters überzeugen. Schade nur, dass Liam Neesons Figur so früh abtritt. War eine interessante Rolle.
“Königreich der Himmel” ist für mich einer der gelungensten modernen Historienfilme. Sollte man sich als Freund des Genres auf jeden Fall in der vom Regisseur gewünschten Fassung ansehen: 9/10 Punkte.
#303
Geschrieben 16. November 2006, 10:57
Anfangs war ich noch eher skeptisch. Dokukamera und fast nur auf Larry David zentriert. Kann das gut gehen? Oh ja, es kann! Die Geschichten sind genauso komplex konstruiert wie in “Seinfeld”. Zudem kann man nun deutlich erkennen, dass Larry wirklich das Vorbild für George war und teils hat er mich in seinem Verhalten gar an Jerry Seinfelds Seriencharakter erinnert. Durch den Dokustil wirkt alles noch viel unmittelbarer und ist, denke ich, nochmal eine Stufe näher am echten Larry David dran.
Auch die Nebenfiguren passen wie die Faust aufs Auge. In den ersten Folgen war ich sogar noch unsicher, ob nicht auch diese Figuren von ihren realen Vorbildern gespielt werden. Werden sie nicht - doch die Schauspieler sind so perfekt gewählt, dass sie sich nahtlos in Larry Davids Universum einfügen. Auch mit Gaststars - die sich alle selbst spielen - wird nicht gegeizt: Ted Danson, Jason Alexander, Julia Louis-Dreyfus, Ben Stiller, David Schwimmer, Mel Brooks und noch viele mehr. Hier hat Larry David ein glückliches Händchen bewiesen und seine Bedeutung in der Branche wird mehr als deutlich. Eine Tatsache, die bis ins ferne Deutschland anscheinend noch nicht vorgedrungen ist…
Das größte Kapital von “Curb Your Enthusiasm” sind - neben Larry David - die erzählten Geschichten. In jeder Staffel gibt es eine Rahmenhandlung, die meist in der letzten Folge ihren Höhepunkt findet und vollständig aufgelöst wird. Daneben gibt es in jeder einzelnen Folge einen Subplot, der mindestens ebenso aberwitzig ist. Seit “Seindfeld” habe ich keine so intelligenten Drehbücher mehr in einer Comedysendung gesehen. Teils abgrundtief böse und manchmal haarscharf am Rande des guten Geschmacks und doch immer sympathisch. Wirklich ganz groß!
Ich hoffe nun, dass es tatsächlich noch zur geplanten sechsten Staffel kommt. Der deutsche Abklatsch “Pastewka” ist leider kein würdiger Ersatz. Ich habe zwar einige Folgen über mich ergehen lassen, doch Begeisterung wollte sich nicht einstellen. Zwar kein Totalreinfall, aber einfach zu plump und gewollt inszeniert und gespielt. Von den Drehbüchern einmal ganz zu schweigen. Mit deutscher Comedy werde ich einfach nicht warm. Umso bedauerlicher finde ich es, dass Sendungen, die humormäßig 100%ig auf meiner Wellenlänge liegen, hierzulande einfach keinen Anklang finden. Die Leute wissen einfach nicht, was ihnen entgeht: 10/10 Punkte.
#304
Geschrieben 21. November 2006, 14:41
“The Last Kiss” ist das Remake eines italienischen Films. Normalerweise stehe ich Remakes eher skeptisch gegenüber, da sie nur selten Neues zu einer bekannten Thematik hinzufügen können (siehe “Vanilla Sky” o.ä.) - doch ohne Kenntnis des Originals konnte ich “The Last Kiss” gestern unbeschwert genießen. Betrachtet man “Garden State” als Märchen über das Erwachsenwerden, so ist dieser Film eher die ungeschönte Realität. Es geht umd Probleme, Beziehungsängste und Fehler die begangen werden. Trotz heiterer Momente ist der Grundton des Films eher ernst - aber nicht schwermütig.
Ich denke jeder, der so langsam aber sicher auf die 30 zugeht kann sich sehr gut mit Braffs Charakter identiffizieren. Das Leben wird plötzlich so ernst. So bedeutsam. Es müssen wichtige Entscheidungen getroffen werden. Ich selbst kann diese Angst vor der eigenen Zukunft ziemlich gut nachvollziehen - und ich denke hier liegt die wahre Stärke des Films. Zumindest mir war ein verständnisvolles Mitfühlen möglich. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt.
Michael (Zack Braff) stürzt sich in ein Abenteuer, von dem er selbst weiß, dass es falsch ist. Hier wird auch kein Rückzieher gemacht: Im Film geschieht das, was man in der eigenen Realität wohl nicht so leichtfertig machen würde. Ich zumindest nicht. Auch wieder eine Stärke des Films. Es gibt bestimmt viele Menschen - vielleicht besonders Männer - die in einer solchen Situation ähnlich reagieren würden. Doch der Film funktioniert auch für Zuschauer, die nicht über die zweifelnden Gedanken hinauskommen. Der Film zeigt wie es weitergehen könnte. Dass nicht jede getroffene Entscheidung richtig ist. Dass es häufig kein zurück gibt, das Leben jedoch immer seinen Lauf nimmt. Diese Umstände zeigen sich nicht nur im Haupterzählstrang, sondern finden ihre Entsprechung auch in den Geschichten der besten Freunde.
Das Ende des Films lässt den Zuschauer schließlich selbst mit einer Entscheidung zurück: Wie wird es für Michael und Jenna weitergehen? Wird sie ihm verzeihen? Wenn ja, wird es wirklich sein letzter Fehltritt gewesen sein? Das Ende kommt plötzlich und ist dennoch die einzig konsequente Lösung, wie der Film enden kann.
“The Last Kiss” ist ein schöner, lustiger und teils trauriger Film. Ich konnte mit den Figuren über große Teile wirklich mitfühlen und auch die Bereiche die mir fremd waren, konnten mich auf der Leinwand überzeugen. A propos überzeugen: Die Wahl der Darsteller - allen voran Zack Braff - fand ich ausgezeichnet. Sehr glaubwürdig und sympathisch. Der visuelle Stil ist zurückhaltend und doch effektiv und sehr passend. Der Soundtrack ist zudem wieder einmal mehr als gelungen. Eine wahrlich gelungene Auswahl!
Insgesamt ist “The Last Kiss” ein wirklich interessanter und schöner Film über die dunklere, aber nicht hoffnungslose Seite von Beziehungen. Zwar nicht so magisch und 100%ig einen Nerv bei mir treffend wie “Garden State”, aber dennoch besser als die meisten anderen sogenannten romantischen Komödien: 8/10 Punkte.
#305
Geschrieben 23. November 2006, 11:32
Die fünfte Staffel von J.J. Abrams Agentenserie beginnt erstmals ohne zeitlichen Abstand zur vorhergenden Episode. Dennoch muss man sich bald mit einer ungewohnten Situation abfinden. Bereits in der ersten Episode stirbt eine der Hauptfiguren. Ich war wirklich ziemlich geschockt, kam es doch bisher immer zu wundersamen Rettungen. Dennoch wird diese Storyline konsequent und logisch im Serienstil fortgesetzt und man gewöhnt sich als Zuschauer schneller an die neue Situation als einem lieb ist. Bald stoßen auch neue Verbündete zum Team, die eine willkommene Abwechslung darstellen. Schön ist auch, dass die alten Charaktere nicht vernachlässigt werden und in der letzten Staffel auch wirklich jede wichtige Figur der Serie noch mindestens einen Auftritt absolvieren darf. Das Serienuniversum wirkt dadurch äußerst schlüssig - etwas, was ich bei vielen anderen Serien vermisse. Insofern ist es vielleicht positiv zu bewerten, dass “ALIAS” bereits nach der fünften Staffel eingestellt wurde.
Vom Stil her besinnt sich die fünfte Staffel wieder auf die Anfänge der Serie. Es gibt wieder vermehrt verdeckte Operationen und Doppelagenten. Auch die episodenübergreifende Haupthandlung tritt wieder stärker in den Vordergrund. Es kommt zu einigen spannenden Wendungen und Einsätzen - und gegen Ende wird sogar die Rambaldi-Geschichte zu einem überzeugenden Abschluss gebracht. Man mag sich hier teils spektakulärere Bilder gewünscht haben, doch mir hat das charakterbezogene Ende und die Frage nach Schicksal und Selbstbestimmung wirklich äußerst gut gefallen. Hier war dann auch eine deutliche inhaltliche Parallele zu J.J. Abrams zweitem Serienhit “Lost” auszumachen. Als einzigen Kritikpunkt sehe ich hier allein die etwas überhetzte Handlung in den letzten Episoden, was wohl durch die Kürzung der Staffel von 22 auf 17 Folgen zu erklären ist. Schade, aber es wurde das Beste daraus gemacht.
Ich habe noch nicht viele Serien komplett gesehen. Bei den 40minütigen Shows ist mir bisher auch noch keine Serie untergekommen, bei der mich das Ende so mitgenommen hat. “Dawson’s Creek” war mehr als schwach. “Ally McBeal” hat gegen Ende auch nicht mehr überzeugt. Doch bei “ALIAS” fällt der Abschied wirklich schwer. So ist es mir bisher nur nach dem Ende von “FRIENDS” ergangen. J.J. Abrams hat wirklich eine tolle Serie mit grandiosen Schauspielern und einer durchgängig sehr guten Qualität geschaffen. Im Folgenden möchte ich noch ein Staffel-Ranking vornehmen. Objektiv gesehen lassen sich die Plätze zwei und drei wohl vertauschen, doch hat mich die fünfte Staffel emotional einfach mehr gepackt:
1. “ALIAS - Staffel 2″
2. “ALIAS - Staffel 5″
3. “ALIAS - Staffel 1″
4. “ALIAS - Staffel 3″
5. “ALIAS - Staffel 4″
“ALIAS” ist wirklich eine Ausnahmeserie und ich kann sie auch Skeptikern nur ans Herz legen. Ich habe wirklich selten solch ein in sich stimmiges Serienuniversum gesehen. Die fünfte Staffel ist schließlich der krönende Abschluss einer (fast) perfekten Geschichte: 9/10 Punkte.
#306
Geschrieben 30. November 2006, 10:56
Man darf “Ice Age” einfach nicht mit den Filmen von Pixar vergleichen. Haben diese ausgefeilte Geschichten und Figuren mit wirklicher Tiefe, so ist “Ice Age” eine simple Aneinanderreihung von Gags. Diese sind aber teils so gelungen und komisch, dass sie das Nichtvorhandensein einer Geschichte fast vergessen machen. Man kann es vielleicht so formulieren: Bei Pixar wird man in eine Welt hineingezogen, bei “Ice Age” bleibt man nur Zuschauer. Aber das macht nichts. Manchmal ist Zuschauen eben auch amüsant.
Die drei Hauptfiguren sind nett anzusehen und sind eindeutig definiert. Allen voran Sid und Manfred. Der vorlaute Tollpatsch und das mürrische Mamut. Beide - wie es sich für einen Animationsfilm gehört - mit einem guten Herz ausgestattet. Diego, der dritte im Bunde, fällt dagegen schon etwas ab und muss zu oft als reines Mittel zum Zweck für die Geschichte herhalten. Ebenso das Kind. Überhaupt ist der gesamte Erzählstrang der die Menschen involviert unglaublich schwach: Die Modelle, die Animation, die Story. Alles nicht wirklich gelungen und trotz der kurzen Laufzeit des Films, wirken diese Stellen doch recht zäh. Glücklicherweise hat man im zweiten Teil komplett auf die Menschen verzichtet und sich ganz und gar den Urviechern gewidmet.
“Ice Age” funktioniert am besten, wenn Slapstick ins Spiel kommt. Hier läuft die Animation zur Hochform auf. Ganz große Klasse. Man muss sich wirklich nur die ersten drei Minuten anschauen und schon weiß man, wo die Stärken liegen. Auch Sid hat einige solche Momente zu bieten. Auch die Macher scheinen sich dieser Stärken bewusst gewesen zu sein, denn in der Fortsetzung überwiegen solch körperbetonte Slapstickeinlagen.
Die Blue Sky Studios haben mit “Ice Age” einen Film geschaffen, der sich Vergleiche mit Pixar gefallen lassen muss, diesen allerdings nicht standhalten kann. Die Geschichte ist einfach zu schwach und selbst die netten Charaktere wirken im Vergleich wie Abziehbilder. Die Animation hat zwar wirklich starke Momente, doch auch von der technischen Seite hinterlässt ”Ice Age” einen durchwachsenen Eindruck. Als kurzweiliger Slapstickfilm schaffen es Sid, Manni und ganz besonders Scrat dennoch bestens zu unterhalten: 7/10 Punkte.
#307
Geschrieben 30. November 2006, 10:57
Anders als die meisten Animationsfilme ist “Bunny” eher traurig und melancholisch. Dennoch ein fantasievolles Märchen. Realistisch texturiert und animiert, fast an Stop-Motion erinnernd. Dazu das Thema Tod und ein Happy End. Ich hätte nicht gedacht, dass solch eine Kombination so gut funktioniert. Erstaunlich und ergreifend. Mir stellt sich nun die Frage ob solch erwachsene Animation auch jemals den Weg auf die Kinoleinwand finden wird oder ob diese Technik dem Genre des Kinderfilms vorbehalten bleibt: 9/10 Punkte.
#308
Geschrieben 02. Dezember 2006, 10:30
“Shrek” ist für mich so ein Zwischending. Zwar ist die Geschichte etwas komplexer, als z.B. bei “Ice Age” und die Figuren besitzen mehr Tiefe und erfahren mehr Charakterentwicklung, doch fehlt auch hier das Hineingesogenwerden in die Welt, wie es bei Pixarfilmen der Fall ist. “Shrek” ist mehr Parodie. Eine Märchenparodie - und eine ziemlich gelungene. Zwar zeigen die Gags nach einiger Zeit ein paar Abnutzungserscheinungen, doch im Großen und Ganzen funktioniert “Shrek” auch heute nach unzähligen Sichtungen noch unglaublich gut.
Technisch ist “Shrek” auch noch ziemlich auf der Höhe der Zeit. Manche Sequenzen sind wirklich atemberaubend. Besonders die Prinzessin ist eine der besten menschlichen CGI-Figuren, die mir bisher untergekommen sind. Selbst in den großen Actionszenen gibt es kaum Grund zur Klage. Am besten gefällt mir aber die durch Licht und Umgebung geschaffene Atmosphäre. Genau so muss eine Märchenwelt aussehen.
Insgesamt immer noch ein herausragender Animationsfilm, den ich vielleicht schon zu oft gesehen habe. Ich denke der zweite Teil würde mir heute besser gefallen, da ich ihn noch nicht fast auswendig kenne. Doch auch der Ur-Oger macht trotz allem noch tierisch viel Spaß: 8/10 Punkte.
#309
Geschrieben 07. Dezember 2006, 10:08
Die Grundidee ist simpel und doch genial: Ein Mann lässt sich in ein Gefängnis einsperren, um seinen Bruder vor der Todesstrafe zur retten. Den Plan dazu hat er bis ins kleinste Detail ausgetüftelt und es gibt unzählige Faktoren, die bei der Durchführung beachtet werden müssen. Diese sind meist nicht berechenbar und involvieren andere Häftlinge. Durch die Vorbereitungen im unberechenbaren Gefängnisumfeld entsteht eine Spannung, wie sie größer nicht sein könnte. Wirklich fantastisch. Zudem endet jede Episode mit einem fiesen Cliffhanger, so dass man meist einfach weiterschaut, auch wenn es die Zeit eigentlich nicht erlaubt.
Bei “Prison Break” gibt es - im Gegensatz zu den meisten anderen Serien - keine sogenannten Füllepsioden. Es wird stets die Geschichte vorangetrieben. Neben der Haupthandlung im Gefängnis gibt es eine parallele Handlung mit den Anwälten des Todeskandidaten, die daran arbeiten eine diesbezügliche Verschwörung aufzudecken. Beide Erzählstränge ergänzen sich perfekt und man hat beinahe das Gefühl einen Thriller zu lesen, so dicht ist die Handlung der Serie. Wäre “Prison Break” ein Roman, würde man von einem Pageturner sprechen.
Kritikpunkte gibt es kaum. Allein im letzten Drittel scheinen Probleme aufzutauchen, nur um die Flucht weiter zu verzögern. Vermutlich ist das aber auch realistisch, da am Anfang einfach alles zu glatt gegangen ist. Des Weiteren konnte ich mich mit der obligatorischen Flashback-Episode nicht so wirklich anfreunden. Sicher war es nett die bekannten Figuren in ihrem ursprünglichen Umfeld zu sehen, doch außer evtl. von Michael und Lincoln erfährt man eigentlich nichts wirklich interessantes. Die Morphiumsucht der Ärztin fand ich zudem mehr als unnötig und aufgesetzt, da im Vorfeld keinerlei Anzeichen zu sehen waren. Als hätte man der Figur nachträglich ein Problem angedichtet. Zwar ist die Folge nicht wirklich schlecht, doch hätte ich kleinere Flashbacks in einzelnen Episoden besser gefunden - wenn auch nicht so ausufernd wie bei “Lost”.
Alles in Allem ist “Prison Break” so ziemlich das Spannendste und Unterhaltsamste, was ich seit Langem gesehen habe. Wirklich eine dicke Empfehlung. Bin schon mehr als gespannt auf die zweite Staffel. Anfangs hatte ich ja eher Befürchtungen, wie sie die Geschichte weiterführen wollen, doch die letzte Folge hat mich eines besseren belehrt. Die (beinahe) perfekte Serienunterhaltung: 9/10 Punkte.
#310
Geschrieben 09. Dezember 2006, 11:54
“The Departed” erzählt im Grunde die Geschichte zweier Männer, die in Konkurrenz zueinander stehen. Die das genaue Gegenteil voneinander sind. Und doch ähnlich. Billy Costigan (Leonardo DiCaprio), der Undercovercop und Colin Sullivan (Matt Damon), der Undercovergangster. Beide wissen um den anderen. Sie wissen jedoch nicht, wer der andere ist. Die Fäden laufen beim irischen Gangsterboss Frank Costello (Jack Nicholson) zusammen, der gleichzeitig FBI-Informant ist. Stoff genug also für ein Gangsterdrama der Extraklasse. Hinzu kommt zudem eine Polizeipsychologin (Vera Farmiga), die von den beiden gegensätzlichen Männern geliebt wird und zudem die einzige Vertrauensperson in diesem zwielichtigen Spiel ist.
Wenn ich nicht wüsste, dass “The Departed” ein Remake ist, dann wäre ich nie auf den Gedanken gekommen. So sehr atmet der Film die dreckige Luft aus Scorseses Gangsteruniversen. Seine Handschrift ist in jeder Szene erkennbar. Selbst die Figuren - allen voran Frank Costello - sind typisch für diese Art von Film. Für Scorsese. Allein Billy ist etwas zu gut. Auch das Ende ist untypisch. In der letzten Szene des Undercovercops war ich wirklich geschockt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich denke jedoch diese Szene hätte eine weiter reichende Wirkung gehabt, wenn am Ende Colin nicht doch noch Gerechtigkeit widerfahren wäre. Erschien mir etwas wie ein Mittelweg und wenig konsequent. Doch egal wie man es dreht und wendet, das gesamte Ende ist untypisch für Scorsese und seine üblichen Charaktere. Und vielleicht gerade deshalb so überraschend gut gelungen.
Mehr als typisch für Scorsese ist jedoch die unglaubliche Inszenierung. Da stimmt einmal wieder alles. Man fühlt sich wirklich in die dreckige Gangsterwelt hineinversetzt. Die Kamera von Michael Ballhaus und die geniale Musikuntermalung tragen zur besonderen Atmosphäre bei. Allein die Szene in der Billy seinen Einstand ins Viertel feiert und THE HUMAN BEINZ mit NOBODY BUT ME erklingen. Wahnsinn. Neben der Inszenierung stechen besonders die fabelhaften Schauspieler heraus. Allen voran natürlich Jack Nicholson. Doch auch Leonardo DiCaprio kann wieder einmal zeigen, was er wirklich drauf hat. Auch Matt Damon macht seine Sache gut. Von dem grandiosen Supportcast einmal gar nicht zu sprechen.
Martin Scorsese ist mit “The Departed” fulminant in sein Genre zurückgekehrt. Und das ausgerechnet mit einem Remake. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass das Original wirklich um so viel besser ist. Dafür liebe ich Scorseses Gangsteruniversen und die dreckige Atmosphäre einfach viel zu sehr. Ich werde “Infernal Affairs” jedoch bei Gelegenheit eine faire Chance geben.
“The Departed” mag nicht Scorseses bester Film sein. Vielleicht auch nicht der beste seit “GoodFellas”. Aber bestimmt der beste seit “Casino”. Zumindest meiner bescheidenen Meinung nach: 8/10 Punkte.
#311
Geschrieben 14. Dezember 2006, 22:29
Zunächst einmal fällt die klassische Inszenierung auf. Man fühlt sich sogleich in einen altmodischen Abenteuerfilm versetzt. Dennoch wirkt der Film nicht altbacken im negativen Sinne. Man muss bedenken, dass er inzwischen bereits über 15 Jahre auf dem Buckel hat. Es macht auch heute noch wirklich Spaß der Bande um Robin Hood bei ihren Raubzügen zuzusehen. Ebenso imposant sind die Kampfszenen geraten. Audiovisuell kann mich der “König der Diebe” auch heute noch voll und ganz überzeugen.
Die erzählte Geschichte zeigt da schon eher Schwachstellen. Sie ist zu geradlinig und bereits zu oft erzählt worden, als dass man als Zuschauer noch irgendwie überrascht werden könnte. Fast schon zu klassisch. Dennoch fällt dieser Umstand meiner Meinung nach nicht all zu sehr ins Gewicht, da es aufgrund der flotten Inszenierung nie langweilig wird. Kostner und Konsorten spielen die wilde Bande allesamt sehr überzeugend und sind anscheinend mit Spaß bei der Sache.
Mit Spaß bei der Sache war anscheinend auch Alan Rickman. Sein Sherriff von Nottingham ist derart überzogen angelegt, dass man sich beinahe in einer Satire wähnt. Mich würde nicht wundern, wäre Mel Brooks nicht aufgrund seiner Performance zu der Idee von “Robin Hood: Helden in Strumpfhosen” (OT: “Robin Hood: Men in Tights”) gekommen. Ich schätze Rickman als Darsteller wirklich sehr. Doch hier hat mich sein Overacting gewaltig genervt - besonders da er ansonsten einer der Schauspieler mit dem nuanciertesten Spiel ist. Überhaupt empfand ich den Subplot um seine Mutter und die schwarzen Rituale eher als unnötig von der Geschichte ablenkend.
“Robin Hood: König der Diebe” ist leider ein Film, der in der Erinnerung besser wirkt, als er eigentlich ist. Dennoch macht Costners Ausflug ins Sherwood Forrest auch heute noch Spaß. Es ist jedoch nicht der Klassiker, den ich mir erhofft hatte. Einen Pluspunkt gibt es von mir noch für den Cameo von Sean Connery als Richard Löwenherz: 8/10 Punkte.
#312
Geschrieben 17. Dezember 2006, 14:37
Ich muss vorausschicken, dass ich weder die Vorlage von Roald Dahl, noch das 70er Jahre Musical mit Gene Wilder kenne. Dementsprechend unvoreingenommen konnte ich mich auf Tim Burtons Version einlassen. In der ersten halben Stunde wird dem Zuschauer der titelgebende Charlie samt Großfamilie vorgestellt. Dieser lebt in ärmlichsten Verhältnissen und hofft auf nichts mehr, als einmal die Schokoladenfabrik von Willy Wonka besuchen zu dürfen. Dieser Teil ist wirklich schön erzählt und bringt einem die Figuren sehr nahe. Dazu kommt ein tolles Setdesign und sympathische Schauspieler.
Nachdem Willy Wonka fünf goldene Eintrittskarten zu seiner Schokoladenfabrik unter das Volk gebracht hat, bricht erstmals Tim Burtons kunterbunter, ziemlich böser Humor durch. Die überzogene Darstellung der vier anderen Gewinnerkinder steht in völligem Kontrast zum liebevollen Portrait des bescheidenen Charlie. Insgesamt ist auch dieser Teil gelungen, doch frage ich mich, warum manche Klischees hier so breitgetreten werden - und außerdem: seit wann wird in Düsseldorf bayerisch gesprochen?
Nachdem sich die Tore zur Schokoladenfabrik geöffnet haben, bricht ein audiovisuelles Feuerwerk über die Besucher herein. Wirklich unglaublich, wie ideenreich und verspielt die Darstellung des Innenlebens der Fabrik ist. Man kann sich gar nicht satt sehen, an den zuckersüßen - und gleichzeitig ziemlich boshaften - Ideen Willy Wonkas. Besonders der erste Raum mit dem Schokoladenfluss ist ein Meisterwerk des überdrehten Setdesigns. Man kann sich als Zuschauer wirklich vorstellen, dass hinter jeder Tür der Fabrik neue Wunder darauf warten entdeckt zu werden. Leider ist die Struktur der Geschichte hier zu voraussehbar und einfach getrickt. Man weiß eigentlich schon immer, was im nächsten Raum geschieht. Nur noch nicht wie. Dieses wie ist dann glücklicherweise immer so unterhaltsam umgesetzt, dass dem Film trotz Voraussehbarkeit nicht die Luft ausgeht.
Schauspielerisch ist auch alles im Lot. Johnny Depps Willy Wonka ist sehr überdreht und teils sogar fast etwas unheimlich. Aber das ist das tolle an Burton: Seinen Märchen haftet immer etwas Düsteres und Verdehtes an, was die Filme auch für Erwachsene geniesbar macht. Mit einem anderen Regisseur hätte der Film schnell im Kitsch versinken können.
Tim Burton ist mit “Charlie und die Schokoladenfabrik” wirklich ein toller Märchenfilm gelungen, der für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet ist. Leider übertrumpft der audiovisuelle Eindruck etwas die Geschichte. Trotzdem ein rundum empfehlenswertes Erlebnis: 8/10 Punkte.
#313
Geschrieben 19. Dezember 2006, 21:57
Ich weiß gar nicht wie oft ich den Film schon gesehen habe. Als Kind unzählige Male. So wie die meisten Abenteuer um die Chaosfamilie Griswold. Ins Erwachsenenalter hat sich jedoch nur “Christmas Vacation” hinüber retten können. Bisher habe ich nur die synchronisierte Version gehen, doch heute habe ich festgestellt, dass Familienoberhaupt Clark Griswold (grandios: Chevy Chase) im Original noch besser flucht. Auch wenn es anfangs ungewohnt ist, kann ich jedem nur empfehlen, sich die “Schöne Bescherung” auch einmal auf Englisch anzusehen.
Zum Film selbst brauche ich wohl nicht mehr viel zu sagen. Er funktioniert einfach. Die Versatzstücke aus Slapstick, Sitcom, Brachialhumor, Satire und auch leiseren Tönen überzeugen auch heute noch. Teils sind die Szenen zwar unglaublich platt und man fragt sich, wie man das jemals lustig finden konnte - so geht es mir jedes Mal im Epilog - doch bereits im nächsten Moment wird man in das Weihnachtschaos hineingesogen und fühlt sich einfach pudelwohl bei den Griswolds. Der Film schafft es trotz seiner Bruchstückhaftigkeit eine Eigenständigkeit zu erzielen, die eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt. Aber das kann man wohl nur verstehen, wenn einen der Film bereits über so viele Jahre begleitet hat.
Ich finde es auch jedes Mal toll wieder neue alte Darsteller zu entdecken: Julia Louis-Dreyfus (Elaine Benes, “Seinfeld”), Doris Roberts (Marie Barone, “Everybody Loves Raymond”) und viele andere. Ein tolles Ensemble! Alles überragend natürlich: Chevy Chase. Eine seiner besten Leistungen.
Für mich gehört “Christmas Vacation” einfach zu Weihnachten und ich bin froh, den Film auch dieses Jahr wieder einmal gesehen zu haben. Objektiv betrachtet ist die folgende Wertung bestimmt zu hoch, doch der Film hat mich einfach schon zu oft zu gut unterhalten, als dass weniger als 9/10 Punkte gerechtfertigt wären.
#314
Geschrieben 23. Dezember 2006, 10:10
Die Geschichte ähnelt wieder sehr der des ersten Teils. Unsere Freunde sind auf einem Weg von A nach B und haben dabei allerlei Abenteuer und aberwitzige Situationen zu meistern. Der größte Pluspunkt ist hier deutlich der Wegfall der Menschen. Das bringt den Film meiner Meinung nach einen sehr großen Schritt nach vorne. Zudem sind die neuen Charaktere um Mammutdame Ellie ein wirklicher Mehrwert. Doch auch die bekannten Figuren - allen voran Faultier Sid - können ihre Charaktereigenschaften nun voll ausspielen, da keine Einführung ihrer Eigenheiten mehr nötig ist. Alles in allem verdient “Ice Age 2″ mit seiner Geschichte garantiert keine Auszeichnungen, doch wurden meiner Meinung nach die gröberen Fehler des ersten Teils vermieden und seine Stärken ausgebaut.
Technisch macht die Fortsetzung des Kinohits noch einmal einen großen Sprung nach vorne. Besonders die Fell- und Flüssigkeitssimulation kann überzeugen. Die neuen Tiere haben zudem ein tolles Charakterdesign und überhaupt wird die gesamte Eiszeitwelt durchdachter und einheitlicher gestaltet.
Neben allen bisher erwähnten Vorzügen, macht sich auch die erhöhte Präsenz der Eichhörnchenratte Scrat positiv bemerkbar. Insgesamt hat mir ”Ice Age 2″ besser als sein Vorgänger gefallen, was eher selten vorkommt. Sicherlich wurden viele Änderungen vorgenommen, um dem Massengeschmack zu entsprechen (Scrat) und die Geschichte gewinnt keine Innovationspreise, doch solange das Endergebnis so unterhaltsam ist wie hier, soll es mir recht sein: 8/10 Punkte.
#315
Geschrieben 24. Dezember 2006, 13:17
Es wird die Geschichte eines kleinen Jungen (Tom Hanks) erzählt, der am Weihnachtsmann zu zweifeln beginnt. Um ihm wieder den Glauben zu schenken, wird er im Polarexpress auf eine Reise zum Nordpol mitgenommen, wo er - wer hätte es gedacht - auf den Weihnachtsmann (Tom Hanks) trifft. Bis er dort ankommt, gilt es einige Abenteuer zu überstehen, bei denen ihm neue Freunde, ein Schaffner (Tom Hanks) und der sinnbildliche Geist der Weihnacht (Tom Hanks) zur Seite stehen. Viel mehr Geschichte steckt nicht im Film. Das Ende kommt dann genau so, wie man es seit den ersten paar Minuten erwartet hat und auch sonstige Überraschungen halten sich in Grenzen.
Was also macht den Film so wirklich sehenswert? Ganz klar: Die Optik. Audiovisuell ist der Film wirklich eine Wucht. Selten habe ich einen technisch so bemerkenswerten Film gesehen. In manchen Szenen - meist Totalen - kann man wirklich kaum unterscheiden, ob da nun CGI-Figuren oder echte Menschen spielen. Wirklich fantastisch. In den meisten Szenen offenbart der Film aber ganz deutlich seine Herkunft. Die Bewegungen sind zu flüssig und kleine Details im Bewegungsablauf fehlen einfach. Dennoch bin ich manchmal aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen. Allerdings hat dieser Umstand auch vom eigentlichen Film abgelenkt. Zu konzentriert war ich auf den technischen Aspekt.
“Der Polarexpress” verbreitet zwar durchaus eine weihnachtliche Atmosphäre, doch ist diese so überstilisiert, dass es schwer fällt einen Bezug dazu herzustellen. Zudem ist der Junge eine Figur, die leider am emotionslosesten geraten ist, was die Identifikation wiederum erschwert. Geschichte und Emotionen gehen im bunten Lichtermeer einfach unter. Die letzten Szenen im Haus des Jungen haben es dann doch geschafft zu mir durchzudringen und mich an die Weihnachtsfeste meiner Kindheit denken lassen. Insofern ein versöhnlicher Abschluss.
Robert Zemeckis ist mit “Der Polarexpress” eine technische Meisterleistung gelungen, bei der die Geschichte leider etwas untergeht. Der Film wird es somit wohl auch nie unter meine persönlichen Weihnachtsfilme schaffen, doch sehenswert ist die audiovisuelle Pracht allemal: 7/10 Punkte.
#316
Geschrieben 27. Dezember 2006, 09:29
Aufgrund der angepassten Erwartungshaltung, konnte ich dem Film gestern viel mehr abgewinnen. Die erste Stunde - bis zum endgültigen Betreten von Narnia - fand ich im Kino schon ziemlich gelungen und auch gestern hat mir dieser Teil wieder am besten gefallen. Schön gespielt und inszeniert, mit einer tollen Atmosphäre. In Narnia selbst wirkt die Geschichte dann etwas zerfahren, was aber wohl an der Vorlage liegt. “Die Chroniken von Narnia” sind eher Kinderbücher und somit wirkt auch die Verfilmung teils zu sehr auf Kinder zugeschnitten. Dies wäre an sich nicht schlimm, doch es beißt sich etwas mit der pompösen, epenhaften Inszenierung. Nicht Fisch und nicht Fleisch, wie man so schön sagt.
Ein weiterer Kritikpunkt sind für mich die Hauptfiguren. Sie sind - besonders für Kinder - viel zu stereotyp gezeichnet. Wirklich schade, da eine Identifikation somit nicht immer leicht fällt. Allein Lucy schafft es mich als Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen und wird für mich somit zur einzigen echten Identifikationsfigur, was wahrlich kein Ruhmesblatt für den Film ist.
Der Film hat jedoch auch gute Seiten: Wunderbare Landschaftsbilder und teils grandiose Effekte. Aslan war - zumindest bis “King Kong” - so ziemlich das beeindruckendste, was ich je auf der Leinwand gesehen habe. Ganz groß. Auch die Endschlacht weiß audiovisuell zu Punkten, wenngleich auch hier wieder die Diskrepanz zwischen kindgerechtem und erwachsenem Fantasyfilm vorherrscht. Die Geschichte schwächelt zwischen der starken ersten Stunde und der guten letzten halben Stunde zwar etwas, doch kann man - wenn man mit der richtigen Erwartungshaltung an “Die Chroniken von Narnia” herangeht - durchaus seinen Spaß haben.
Andrew Adamson schafft es zwar in keinster Weise an Peter Jacksons Meisterwerk heranzukommen - er muss sich selbst Ron Howards “Willow” geschlagen geben - doch verbeitet sein Film eine schöne Fantasyatmosphäre und weiß audiovisuell größtenteils voll zu überzeugen. In einem so raren Genre ist das durchaus die eine oder andere Sichtung wert: 7/10 Punkte.
#317
Geschrieben 30. Dezember 2006, 11:01
Das Ende der vierten Staffel wird ziemlich interessant aufgelöst. Mir war klar, dass Jack irgendwie wieder mit der CTU in Kontakt tritt und es eine neue Terrorbedrohung geben wird. Glücklicherweise haben die Autoren Jacks Rückkehr einigermaßen nachvollziehbar und logisch gestaltet. Zudem hat man den Zuschauer - mit dem Tod dreier Hauptfiguren - schon zu Beginn wissen lassen, dass mit dieser Staffel endlich eine Weiterentwicklung eintritt. Sicher bleibt der Rahmen - Jack Bauer/CTU/Terror - bestehen, doch nimmt die Geschichte dieses Mal wirklich wieder unerwartete Wendungen und Subplots, die zu Beginn eher langweilig und - in Bezug auf die vorangegangenen Staffeln - redundant wirken, entpuppen sich als die wahren Höhepunkte von Tag 5.
Inszenatorisch und schauspielerisch bleibt alles beim alten. Kiefer Sutherland ist Jack Bauer und der ist immer noch eine der interessantesten Charaktere der Serienwelt. Drei Gaststars sind mir dieses Mal besonders aufgefallen: Connie Britton (”Chaos City”), Sean Astin (”Der Herr der Ringe”) und Peter Weller (“RoboCop”). Sehr überzeugend fand ich zudem Gregory Itzin als Präsident Charles Logan. Die Figur wird wirklich von Folge zu Folge verabscheuungswürdiger. Sehr stark gespielt.
Am meisten profitiert Tag 5 von der Geschichte um den Präsidenten. Dadurch bekommt “24″ eine neue Ebene. Diese Wendung hat mir wirklich ausgesprochen gut gefallen und selbst das Füllmaterial um die First Lady wurde perfekt in die Handlung integriert. Außerdem ist mir aufgefallen, dass der Echtzeitfaktor in Tag 5 so gut funktioniert, wie selten zuvor. Häufig müssen zeitkritische Aufgaben erledigt werden und auch die restliche Handlung wirkt nicht mehr ganz so unglaubwürdig in 24 Stunden gepresst, wie noch an Tag 4.
Auch “24 - Staffel 5″ schließt mit einem Cliffhanger ab, der alle Möglichkeiten offen lässt. Nichts grandioses, aber durchaus brauchbar. Ich bin äußerst gespannt auf Tag 6 und nach Tag 4 endlich wieder versöhnt mit Jack Bauer: 8/10 Punkte.
#318
Geschrieben 01. Januar 2007, 15:42
Ich sehe mir ja eigentlich auch ganz gerne ruhigere Filme an. Auch für Hollywoodkino bin ich immer offen. Selbst Liebesfilme à la “Notting Hill” haben bei mir einen Platz im cineastischen Herzen. Auch Kitsch und Klischees sind ab und an durchaus akzeptabel. Doch in “Liebe braucht keine Ferien” kommt all das zusammen und ist in der Summe wirklich zu viel des Guten. Sicher hat der Film auch nette Szenen und die Sichtung hat nicht weh getan, doch wird das alles in billigen Klischees und übermäßigem Kitsch erstickt.
Selbst Kate Winslet, die ich für eine der echtesten Schauspielerinnen halte, verkommt hier zum wandelnden Klischee. Ihre Iris wird natürlich von der bösen Männerwelt ausgenutzt und sie kann nichts dagegen unternehmen, weil sie den bösen Jungen einfach so sehr liebt. Leider wird diese Geschichte äußerst plump erzählt, was die Figur häufig nur erbärmlich wirken lässt. Sehr schade. Auf der anderen Seite gibt es dann die Traumprinzen, die schon wieder so gut sind, dass man es fast nicht aushält: Alleinerziehend, gutaussehnd, aufoperungsvoll, Witwer. Der Stoff aus dem Frauenträume sind? Ich weiß es nicht, tippe aber eher darauf, dass Jude Law der Grund für die hingebungsvollen Seufzer war.
Die Handlung um Jack Blacks Figur und die Anspielungen auf Hollywood haben mir dann schon besser gefallen, auch wenn Black in “The Holiday” zum zahmen Schoßhund verkommt. Richtig gelungen fand ich Dustin Hoffmans Cameo und auch Eli Wallachs Arthur Abbott hatte die Sympathien auf seiner Seite, wenngleich er der typische nette alte Mann war, wie er seit Ron Howards “Cocoon” in jeder zweiten Komödie auftaucht. Ein weiteres Klischee in einem klischeehaften Film. Aber eines von den gelungeneren.
Insgesamt ist “Liebe braucht keine Ferien” weichgespühltes Hollywoodkino, mit teils netter Atmosphäre und schönen Sets. Die Darsteller überzeugen und doch springt kein Funke über. Es fehlt jeglicher Biss und mangelt an Überraschungen. Das Ende war bereits nach 5 Minuten absehbar und selbst der Weg war einfach nur der Weg und nicht das Ziel.
Bei der Verwendung FROU FROUs LET GO wusste ich nicht, ob ich mich ärgern oder freuen soll. Insgesamt trifft das den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Der Film ist weder toll noch ein Ärgernis. Er ist einfach nur da - und das ist in meinen Augen zu wenig. Absoluter Durchschnitt: 5/10 Punkte.
#319
Geschrieben 05. Januar 2007, 14:48
Die von amerikanischen Drehbuchautoren geschriebene Geschichte hat im Vorfeld anscheinend für einigen Wirbel gesorgt. In den USA wollte niemand sich an das - angeblich - heikle Thema heranwagen. Umso besser! Ich möchte gar nicht wissen, was aus diesem Film geworden wäre, hätten z.B. die Farrellys das Drehbuch in die Hände bekommen. Dennoch verstehe ich die ganze Aufregung nicht: Wo ist das Problem? In dem Film wird nicht über Behinderte gelacht, sondern über das Verhalten ihrer Mitmenschen. Zudem finde ich es gut, dass nicht die Mitleidsschiene gefahren wird, so wie in den meisten Filmen über Behinderte. Ich habe während meiner Zivizeit viele Behinderte kennen gelernt und bin mir sicher, sie alle hätten sich bei “Wo ist Fred?” köstlich amüsiert und sich in keinster Weise angegriffen gefühlt.
Die Geschichte ist simpel, steckt aber voller Witz und wirklich lustiger Einfälle. Zudem ist sie toll inszeniert und erstklassig besetzt. Ich habe gestern festgestellt, dass ich Til Schweiger eigentlich doch ganz gerne sehe, Jürgen Vogel selbst in Nebenrollen zur Hochform aufläuft, Christoph Maria Herbst vielseitiger ist, als ich dachte, und Alexandra Maria Lara einfach supersüß ist. Ergänzt werden die Kernschauspieler durch famose Nebendarsteller, die den Film erst lebendig machen. Sehr sympathisch.
Insgesamt bin ich besonders vom Humor des Films sehr angetan. Da trifft Slapstick auf Situationskomik und beides wird in eine klassiche Screwballkomödie eingebettet. Hat bei mir einen Nerv getroffen. Schön auch die eher versteckten Anspielungen: So hängt in Freds Wohung (Anmerkung: Fred bowlt gerne) ein Poster von “The Big Lebowsky” oder bei der Erpressung des AKs (denkt mal alle an Mittermeier) läuft im Hintergrund “Das kleine Arschloch”. Solche subtilen Details füllen die Lücken in der Geschichte locker auf und machen einfach Spaß.
Schön fand ich auch die Musikuntermalung. Als dann im Abspann CHASING CARS von SNOW PATROL lief, war ich vollends zufrieden. Leider steht zu befürchten, dass der Film ziemlich untergeht - bzw. schon untergegangen ist. Ich empfehle deshalb jedem, der noch die Chance hat, den Film in einem vollen Kino zu sehen, diese Möglichkeit auch wahrzunehmen: 8/10 Punkte.
#320
Geschrieben 08. Januar 2007, 10:16
Ins Auge springt sofort die Inszenierung. Schnell. Roh. Hart. Modern. Danny Boyle hat das britische Kino durch “Trainspotting” neu definiert. Ich vermute, dass die Filme von Guy Ritchie in dieser Form nicht existieren würden, hätte Boyle nicht den Wegbereiter gespielt. Doch das Junkiedrama ist mehr. Die klassischen Themen des britischen Kinos à la Ken Loach - Arbeitslosigkeit, mangelnde Perspektiven, soziale Missstände etc. - werden hier in eine neue Generation transportiert. Der Drogenkonsum zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Film. Er hat auch vom Erzähler Besitz ergriffen. Auch vom Zuschauer. Man steckt tief drin in dieser selbstzentrierten und hoffnungslosen Welt eines Junkies.
Dem Film wurde häufig vorgeworfen, er würde den Drogenkonsum glorifizieren. Zu positiv darstellen. Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Ich kenne kaum einen Film, der die Auswirkungen der Sucht abstoßender darstellt als “Trainspotting”. Natürlich hört der Zuschauer aus dem Off, wie toll es ist auf Heroin zu sein. Natürlich wird man durch die audiovisuelle Gestaltung in andere Sphären getragen. Man erlebt den Film schließlich durch die Augen von Renton. Doch genauso lebt man den kalten Entzug. Die Schmach. Die Hoffnungslosigkeit. Den Identitätsverlust. Angst. Paranoia. Tod.
Die Kunst des Films ist ja gerade, dass Drogen nicht verteufelt werden. Dass man nicht von Anfang an die negativen Auswirkungen sieht. Könnte man sich sonst mit den Figuren identifizieren? Könnte man sonst nachvollziehen, was die Faszination ausmacht? Gerade die Verbindung von abgedrehtem Humor und grausamsten Bildern, die einem das Lachen im Hals stecken lassen, ist die Stärke des Films. Dadurch werden die kaputten Charaktere sympathisch und liebenswert. Man interessiert sich für sie und bekommt die Konsequenzen ihres Handelns umso unmittelbarer zu spüren.
Danny Bolye hat mit “Trainspotting” ein kleines Meisterwerk geschaffen. Unbequem, hart und doch unterhaltsam. Eine Gradwanderung. Für die Beteiligten und den Zuschauer. Zudem spielt Ewan McGregor hier die Rolle seines Lebens. Ganz groß. Für mich einer der stärksten Filme der 90er: 9/10 Punkte.
#321
Geschrieben 11. Januar 2007, 12:07
Im Gegensatz zur vorhergehenden Staffel wird (noch) mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen und spektakuläre Weltraumszenen gelegt. Der - meiner Meinung nach - größte Schwachpunkt (Gaius Baltar samt Zylonenfreundin) wird auf ein Minimum reduziert. Auch gibt es wieder unterschiedliche Handlungsstränge, die jedoch nicht so zerfahren wirken, wie mir dies teils in Staffel 1 negativ aufgefallen ist. In meinen Augen insgesamt eine deutliche Verbesserung.
Der Verlauf der Geschichte bleibt stets spannend und es wechseln sich epische mit eher charakterbezogenen Episoden ab. Fand ich ziemlich gut gelöst. In der letzten Folge überschlagen sich die Ereignisse. Anfangs war ich noch skeptisch, doch je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir diese Wendung. Durch die Wahl Baltars zum Präsidenten, der Besiedelung des Planeten, sowie des erneuten Auftauchens der Zylonen eröffnen sich neue Möglichkeiten im Serienuniversum. Die Vorfreude auf die dritte Staffel steigt dadurch immens. Dennoch denke - und/oder hoffe - ich, dass sich die Menschheit nach ein paar Folgen wieder auf der Flucht befinden wird bzw. ein großer Teil der Handlung wieder auf der Galactica und Pegasus spielen wird. Wie gesagt, es bleibt spannend.
Bei den Schauspielern ist mir erstmals aufgefallen, woher ich Billy kenne: “Nobody’s Watching”. Dadurch hat mir die Serie gleich nochmal besser gefallen - wenn leider auch nur für kurze Zeit. Ansonsten spielen alle Darsteller äußerst überzeugend und passen sehr gut in ihre Rollen. Sehr gut passen auch die visuellen Effekte. Diese wurden meiner Auffassung nach noch einmal kräftig aufpoliert und müssen sich selbst hinter aktuellen Kinofilmen nicht mehr verstecken. Ich habe selten so überzeugende Weltraumszenen gesehen.
“Battlestar Galactica” hat mich nun vollends erwischt. Sicher gibt es immer noch einige Schwachpunkte, doch im Großen und Ganzen konnte sich die Serie mit dieser Staffel fest in meinem Pflichtprogramm etablieren: 8/10 Punkte.
#322
Geschrieben 13. Januar 2007, 10:36
Ich kann mir jedoch vorstellen, warum viele Leute Schwierigkeiten mit dem Film haben. Actionliebhaber werden vermutlich von der ersten Stunde abgeschreckt, in der die Figuren und ihre Umfeld behutsam charakterisiert werden. Freunde des ruhigeren Films können dagegen mit dem Teil auf der Insel wohl weniger anfangen. Zu viele Urviecher und Actionsequenzen. Wen hatte Peter Jackson also als Zielgruppe im Kopf? Wahrscheinlich sich selbst. Und damit Menschen, die Filme lieben. Jede Art von Film. Nicht nur spezielle Genres. Vermutlich sollte man zudem ein Faible für klassische Monsterfilme haben. Ein Filmgeek sein. Doch “King Kong” ist nie so abgehoben oder so speziell, dass nicht auch das normale Publikum seine Freude an diesem grandiosen Abenteuerspektakel haben könnte.
Trotz seiner ultramodernen Technik ist Jacksons “King Kong” ein klassischer Abenteuerfilm. Es gibt eine strikte Dreiteilung der Geschichte, die Figuren transportieren die Naivität des 1933er “King Kong” in die heutige Zeit und die Monsterszenen sind genauso atemberaubend übertrieben, wie 1933 bestimmt auch die Stopmotionsequenzen für das damalige Publikum gewirkt haben müssen. Alles in Allem ist auch Jacksons moderner “King Kong” ein klassischer Abenteuerfilm und auf einen solchen sollte man sich einlassen können, wenn man seinen Spaß haben will.
Von der Ausstattung, über die Inszenierung, bis hin zu den Schauspielern: Alles ist stimmig. Man fühlt sich in eine fantastische Welt versetzt, die durch die erste halbe Stunde die nötige Glaubwürdigkeit verliehen bekommt. Sicher spielt Jack Black den Orson Welles-Verschnitt manisch übertrieben, Adrian Brodys Jack Driscoll geht in dem bunten Treiben fast etwas unter und Naomi Watts’ Ann Darrow überstrahlt alle anderen Figuren. Das geht aber voll in Ordnung, da die Darstellung der Figuren perfekt in die überhöhte Realität des Abenteuerfilms passt und die Hauptrolle sowieso ein anderer spielt: “King Kong”.
Der große Affe ist wirklich ein Meisterwerk. In den meisten Einstellungen wirkt er so lebensecht, wie kein zweiter CG-Charakter. Unglaublich. Man fühlt mit ihm mit. Kann Ann Darrow verstehen. Er bewegt sich wie ein Tier, verhält sich wie ein Tier. Sind ansonsten nicht alle computergenerierten Sequenzen (Dinojagd etc.) perfekt gelungen, Kong ist es. Der Affe hebt den Film über das Niveau eines einfachen Abenteuerfilms und verleiht ihm eine neue Dimension von Tiefe. Vielleicht sehe ich das aber auch nur so, weil ich verstehen kann, wie schwer es ist, einen glaubwürdigen CG-Charakter zu schaffen, der mit seiner Umwelt interagiert und zudem noch Gefühle beim Zuschauer weckt. Ein wahres Meisterwerk.
Peter Jacksons “King Kong” ist altmodisches Abenteuerkino, kombiniert mit modernster Technik. Das macht den Film in meinen Augen besonders reizvoll. Alles ist larger than life - genau so, wie es bei dieser Art von Film sein muss: 9/10 Punkte.
#323
Geschrieben 19. Januar 2007, 23:03
Nach dem Zusammenbruch des Studiosystems waren es vor allem die jungen, wilden Filmemacher, die das Publikum ins Kino gelockt haben. Inspiriert vom europäischen Autorenfilm und den damals äußerst erfolgreichen B-Movies, haben sich Filmemacher wie Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, aber auch Steven Spielberg und George Lucas ihren festen Platz im neuen Hollywood gesichert.
Dieser Aufstieg in den Filmolymp wird anhand von Interviews, Filmausschnitten, Produktionsvideos und -fotos, sowie animierten Kinoplakaten gezeigt. Die Art der Präsentation ist dabei äußerst unterhaltsam und es macht Spaß, alten Haudegen wie Dennis Hopper oder Peter Fonda bei ihren Erinnerungen an diese wilde Zeit zuzuhören. Dabei wird versucht eine objektive Perspektive beizubehalten und die Interviewpartner selbst als Zeitzeugen sprechen zu lassen. Dies gelingt größtenteils auch und ist - wenn man den zusätzlichen Interviews auf der DVD glauben mag - um einiges näher an der Wahrheit, als die Buchvorlage.
Ich kann “Easy Riders, Raging Bulls” jedem empfehlen, der sich auch nur etwas dafür interessiert, wie das neue Hollywood entstanden ist. Heute sitzt man fast schon ungläubig vor dem Fernseher und fragt sich, wie sich die Filmkultur in so kurzer Zeit so stark ändern konnte. Heute läuft nichts mehr ohne Zielgruppenanalyse, Testscreenings, großangelegte Marketingkampagnen etc. Der Grundstein dafür wurde allerdings schon damals gelegt. Die jungen, wilden Filmemacher sind erwachsen geworden. Äußerst sehenswert: 9/10 Punkte.
#324
Geschrieben 26. Januar 2007, 23:19
Wie auch bei den vorhergegangenen Tarantinofilmen, gab es im Vorfeld von “Kill Bill” viel Gerede um Gewaltverherrlichung und verschiedene Schnittversionen. Der Unterschied zu den sonstigen Gerüchten: Dieses Mal ist etwas dran. “Kill Bill” wurde zweigeteilt und zudem ist extra für den japanischen Markt eine härtere Fassung veröffentlicht worden. Seitdem warten Fans auf der ganzen Welt - oder zumindest die mit Internetanschluss - auf eine vollständige Schnittversion. Ich stehe dem etwas skeptisch gegenüber. Zumindest was die Zusammenführung beider Volumes betrifft, denn ich kann mir “Kill Bill” - so gelungen er ist - nicht wirklich als vierstündiges Epos vorstellen.
Wenn ich schon einmal bei verschiedenen Fassungen des Films bin: Die zensurbedingte in schwarz/weiss gehaltene Kampfszene kann mich nicht einmal als Pseudostilmittel überzeugen. “Kill Bill” lebt von seinen knalligen Farben, seiner comichaften Gewaltdarstellung und der entsprechenden Inszenierung. Leider geht all das mit der Entsättigung der Farben verloren. Uma Thurman steckt nicht umsonst in einem knallgelben Anzug. Wirklich schade. In der internationalen Fassung wirkt diese Sequenz für mich somit etwas fehlplatziert. Dennoch ist dieser Versuch der künstlerischen Selbstzensur wenigstens ein interessanter Ansatz.
Nachdem nun die Rahmenbedingungen abgeklärt sind, komme ich zum eigentlichen Film: Wow! Tarantino überrascht immer wieder aufs Neue. “Kill Bill” ist der Spaghettiwestern unter den asiatischen Revengemovies. Grandios, wie Tarantino die Genres plündert und ihre Versatzstücke geschickt zu etwas kombiniert, das in dieser Form noch nicht da war. Die Geschichte ist simpel. Es geht um Rache. Nicht mehr und nicht weniger. Dabei ist eher der Weg das Ziel. Der Weg und wie dieser inszeniert wurde. Poppig bunt mit ungewohnten Stilmitteln, äußerster Brutalität und stets einem augenzwinkernden Humor. Dieser bunter Cocktail ist dabei in sich erstaunlich konsistent. Macht Spaß und definitiv Lust auf mehr.
Uma Thurman ist die perfekte Darstellerin für die Rolle der Braut. Lucy Liu eine ebenso imposante Gegenspielerin. Die restlichen Figuren gehen etwas unter. Das ist auch etwas mein Problem mit dem Film. Außer der Braut gibt es keine Identifikationsfiguren und sie selbst ist nur von der Rache geleitet. Dies funktioniert zwar tadellos, doch die wortreichen Personenkonstellationen - die bisher in allen Tarantinfilmen vertreten waren - fehlen mir dann doch etwas. Aber vielleicht folgt das noch in Volume 2, den ich bisher leider noch nicht sehen konnte. Es sind leider oft die Filme, auf die man ewig wartet, für deren Kinosichtung sich partout keine Zeit finden lassen will.
“Kill Bill: Vol. 1″ hat mir dieses Mal fast noch besser gefallen, als damals im Kino. Es braucht aber bestimmt noch einige Sichtungen, damit der Film zu seinen Vorgängern aufschließen kann. Ich bin nun auf jeden Fall erst einmal sehr gespannt auf Volume 2: 9/10 Punkte.
#325
Geschrieben 28. Januar 2007, 11:45
“Kill Bill: Vol. 2″ ist das genaue Gegenstück zu Volume 1. Hat der erste Teil von abgedrehten Actionsequenzen und einer überschschwänglichen Inszenierung gelebt, so findet man sich in Volume 2 eher in einem klassischen Tarantinofilm wieder. Lange Einstellungen. Langsame Kamerafahrten. Ausführliche Dialoge und ebensolche Monologe. War Volume 1 Martial Arts mit Italowesternanteilen, so ist Volume 2 Italowestern gespickt mit Martial Arts. Bereits die Eröffnungssequenz in der Kirche atmet die Opernhaftigkeit eines Sergio Leone Westerns. Unglaublich intensiv und wunderbar fotographiert. Diese Ruhe zieht sich durch den gesamten Film und wirkt - auch mit Volume 1 im Hinterkopf - nie fehlplatziert.
Neben der grandiosen Eröffnungssequenz haben es mir besonders die Szenen im Sarg, der Kampf im Trailer, sowie die Lehrstunden mit Meister Pei Mei angetan. Hier war ich fast noch überzeugt, der Film könnte Volume 1 noch übertreffen. Doch mit fortschreitender Laufzeit, gab es einige Szenen, die ich nicht mehr so hundertprozentig überzeugend fand. Allen voran der alternde Bordellbesitzer. Für sich genommen bestimmt nett und unterhaltsam, im Film aber eher störend und einfach unnötig für die Geschichte.
Dann endlich: Das Finale. Bill. Kill Bill. Das lange Vorspiel mit der Tochter und den Gesprächen fand ich zwar irgendwie sinnvoll, da hier das Dilemma (Töten des Vaters) kurz angeschnitten wurde und auch der Inhalt (Superman) durchaus ansprechend war. Doch letztendlich wurde ich emotional nicht so mitgerissen wie erhofft. Das gleiche gilt für den Schlusskampf. Sicher war es konsequent auch hier mit der Erwartungshaltung zu brechen und den lang erwarteten Kampf überraschend (und doch irgendwie erwartet) schnell enden zu lassen. Doch auch hier gilt: Irgendwie unbefriedigend und nicht so befreiend wie erhofft.
Insgesamt ist auch Volume 2 ein wirklich toller Film. Die Figuren bekommen endlich die nötige Tiefe und ihre Motivation wird klarer, wodurch sich die Braut auch endlich einen Namen verdient: Beatrix Kiddo. Auch ergeht es ihr nicht wie anderen Racheengeln, die sich nach getaner Arbeit leer und nutzlos fühlen (Budd und Elle Driver) - nein, sie ist jetzt Mutter und fällt dadurch nicht in das erwartete Loch. All dies ist schön konstruiert und teils gibt es wirklich fantastische Szenen, doch irgendwie wirkt der Film auf mich unrund und - wenn man das Ende betrachtet - emotional zu wenig mitreißend. Vielleicht würde eine Gesamtfassung “Kill Bill” doch noch ein Stück nach vorne bringen. Mit vielleicht einer etwas anderen Chronologie der Szenen. Vielleicht. Ich kann es nicht sagen, würde mir aber auch diese Fassung auf jeden Fall ansehen.
Tarantino hat mit “Kill Bill” ein höchstinteressantes und unterhaltsames Racheepos geschaffen. Tolle Bilder, tolle Figuren, grandiose Actionsequenzen. Müsste ich Volume 2 getrennt bewerten, würde ich nach der aktuellen Sichtung 8/10 Punkte vergeben. Das Gesamtwerk schafft es dagegen locker auf 9/10 Punkte - und das war schließlich erst die der Anfang...
#326
Geschrieben 29. Januar 2007, 10:07
Der Film hat eine - für einen Dokumentarfilm - beachtenswerte Erfolgsgeschichte hinter sich. Ein wahrer Kassenmagnet. Vermutlich durch die gewählte Thematik und die Art der Inszenierung auch verständlich. Die meisten Dokumentarfilme sind unbequem. “Die Reise der Pinguine” unterhält ganz einfach. Wie ein guter Spielfilm. Unterstützt wird diese Wirkung durch die Narration. Erzählt wird der Film aus der Sicht dreier Personen, die jeweils für die männlichen und weiblichen Pinguine, sowie ihre Jungen stehen. Der Film erinnert dadurch an eine Erzählung und wirkt sehr lebendig. Leider gleiten die Beschreibungen teils ins fast schon poetisch kitschige ab, was auf negative Art und Weise von den Tieren ablenkt.
“Die Reise der Pinguine” lebt von den Bildern. Fantastische Bilder. Grandiose Bilder. Bilder, die den Oscargewinner von unzähligen anderen Tierfilmen abheben. Es ist eben doch etwas anderes, ob auf Film- oder Videomaterial gedreht wird. Wirklich beeindruckend. Stimmig dazu wirkt die erzählte Geschichte, die von der Kraft der Natur zeugt. Doch die eigentlichen Stars sind die Hauptdarsteller selbst. Die Pinguine. Besonders als die Jungen geschlüpft sind, hat der Film schon allein aufgrund seines Niedlichkeitsfaktors gewonnen.
Insgesamt ist “Die Reise der Pinguine” ein tolles Erlebnis. Für einen Dokumentarfilm eventuell inhaltlich etwas mau, doch das wird durch die Bilder mehr als ausgeglichen. Die Wirkung ist vermutlich noch stärker, wenn man den Lebenszyklus der Kaiserpinguine noch nicht kennt: 8/10 Punkte.
#327
Geschrieben 03. Februar 2007, 11:49
In den folgenden Jahren habe ich “Vier Hochzeiten und ein Todesfall” erstaunlich oft gesehen, wobei mir besonders die Figuren und die Atmosphäre des Films ans Herz gewachsen sind. Inzwischen sind seit der letzten Sichtung einige Jahre vergangen. Doch da ich die Nachfolger aus der Feder von Richard Curtis (”Notting Hill” und “Tatsächlich… Liebe”) recht gelungen fand, wurde es meiner Meinung nach einmal wieder Zeit für eine Auffrischung der Erinnerungen. Umso passender, dass es den Film zurzeit für gerade einmal 2,99 € bei Weltbild (auch in den Ladengeschäften) gibt.
Auch heute noch kann mich der Beziehungsreigen um die Gruppe von sympathischen Hochzeitsgängern begeistern. Der Aufbau ist geschickt: Aller Figuren werden über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten begleitet. Allerdings werden nur Hochzeiten (und eine Beerdingung) gezeigt. Die Charakterisierung bleibt deswegen gerade so oberflächlich, dass man der Handlung einige Logikfehler verzeihen kann, und geht doch so tief, dass einem die Figuren ans Herz wachsen. Meiner Meinung nach sehr schön gelöst.
Die Geschichte ist eigentlich ziemlich simpel und fast schon vernachlässigbar. Der Film lebt von den Figuren und der Atmosphäre auf den Feiern. Dort stolpern die Charaktere teils etwas unbeholfen herum, was Erinnerungen an eigene Erlebnisse mit großen Festen dieser Art aufkommen lässt. Allerdings sieht die Bilanz bei mir etwas anders aus: Ich war schon auf mehr Beerdigungen als Hochzeiten. Sollte mir das zu denken geben?
Zwar merkt man dem Film sein Alter von inzwischen 13 Jahren in manchen Szenen schon an, doch gefällt er mir heute immer noch sehr gut. Damals war Hugh Grants trottelig charmante Art eben noch eine echte Neuerung. Insofern kann man den Film durchaus als Klassiker unter den RomComs bezeichnen: 8/10 Punkte.
#328
Geschrieben 05. Februar 2007, 19:21
Wie bereits vor 10 Jahren, besticht immer noch der unglaubliche Detailreichtum. Zudem wirkt der Film aufgrund der physikalisch präsenten Sets und Figuren einfach realer, als die meisten computergenerierten Filme. Aardman hat wirklich eine fantastische Arbeit geleistet. Ich mag gar nicht daran denken, wie unglaublich aufwendig die Stop Motion-Animation in den Actionsequenzen gewesen sein muss. Die Macher verdienen meinen vollen Respekt. Ich erinnere mich noch an meine erste Studienarbeit, in der ich mit der gleichen Technik gearbeitet habe. Obwohl letztendlich nur ein 90sekündiger Kurzfilm mit zwei supereinfachen Figuren herausgekommen ist, waren die Aufnahmen sehr nervenzerrend. Vielleicht zeige ich ihn hier gelegentlich einmal. Dann kann man auch sehen, wie verdammt gut Aardman ihr Handwerk verstehen.
Nun aber zum Film selbst: Die Geschichte ist an klassische Gruselfilme angelehnt und wird in einem aberwitzigen Tempo erzählt. Da gibt es keine einzige überflüssige Szene. Oft driftet der Film in die Parodie ab, was sehr gut zum überdrehten Stil der Erzählung passt. Der Schwerpunkt liegt - wie bereits bei den Kurzfilmen - immer auf den beiden Hauptfiguren und der Chemie zwischen ihnen. Der Verlauf der Geschichte ist generell ziemlich vorhersehbar, doch schadet das dem Film nicht unbedingt. Man merkt hier aber teils, wer die eigentliche Zielgruppe ist. Dennoch gibt es mehr als genügend versteckte Gags, die auch den erwachsenen Zuschauer ansprechen (z.B. der nackte Wallace versteckt seine Preziosen hinter einer Pappschachtel, auf der ‘May contain nuts’ zu lesen ist).
Insgesamt ist auch das erste Kinoabenteuer von Wallace und Gromit ein riesengroßer Spaß. Dennoch kommt der Film meiner Meinung nach nicht ganz an den Ausbruch des Federviehs heran. Wenn man etwas für Animation übrig hat: Auf jeden Fall ansehen! 8/10 Punkte.
#329
Geschrieben 11. Februar 2007, 12:15
Wo fange ich nur an? In “Saw III” bleibt nun beinahe nichts mehr davon übrig, was den ersten Teil in meinen Augen wirklich sehenswert gemacht hat. Keine ungewisse Ausgangssituation, keine Psychospielchen, keine überraschende Auflösung. Darren Lynn Bousmans Fortsetzung reduziert die Reihe - noch mehr als im zweiten Teil - auf die Darstellung kreativer Tötungsarten. Etwas, das im Original nur einen Bruchteil der Handlung ausgemacht hat. Wirklich schade. War aber zu erwarten.
In “Saw III” geht es von Anfang an zur Sache: In den ersten 20 Minuten prasseln die blutigen Szenen nur so auf den Zuschauer ein. Ich habe nichts gegen Gewaltdarstellungen in Filmen. Sie sollten allerdings etwas zur Geschichte oder wenigstens zur Atmosphäre beitragen. Doch was in diesen ersten Minuten in “Saw III” so ausführlich dargestellt wird, bringt die Geschichte um keinen Schritt weiter. Nichts. Nada. Es gibt zu diesem Zeitpunkt keine Identifikationsfigur, keine Handlung, nur die blanke Gewalt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Film schon fast abgeschrieben.
Glücklicherweise folgen dennoch einige Handlungssequenzen, die dem bunten bzw. roten Treiben wenigstens etwas Sinn einhauchen. Jigsaw ist - wie bereits im letzten Teil - kurz davor das Zeitliche zu segnen und will noch ein letztes Spiel spielen. Dieses besteht erneut aus einer Aneinanderreihung von Fallen und kann emotional nicht wirklich mitreißen, da der Spieler viel zu unsympathisch dargestellt wird und er dieses Mal nicht um sein Leben kämpft, sondern um das von Menschen, die er sowieso lieber tot sehen würde. Klingt seltsam, ist aber so. Parallel entführt das mörderische Dreamteam Jigsaw/Amanda eine Ärztin, die sich um Jigsaws Hirntumor kümmern soll. In diesem Handlungsstrang folgt eine Szene, die Ridley Scotts Finale von “Hannibal” zu übertreffen scheinen will. Gelingt ihr auch. So allein auf die Detailversessenheit der Darstellung reduziert. All das lässt mich als Zuschauer zwischen Ekel und Belanglosigkeit schwanken. Keine gute Mischung. Doch eingestreut werden immer wieder Rückblenden, die sich auf den ersten Teil der Horrorsaga beziehen. Man sieht Jigsaw bei den Vorbereitungen zu seinem großen Auftritt in Teil 1, man sieht ihn bei der Vorbereitung zu Amandas Falle und beim Basteln der Puppe. Diese Szenen bringen wirklich Atmosphäre und tragen zum Gesamtwerk “Saw” bei. Leider machen solch gelungene Szenen nur einen Bruchteil des Films aus. Der Rest geht in Blut und Schweinehack unter.
Meiner Meinung nach hat sich die Horrortrilogie in die völlig falsche Richtung bewegt. Man hätte die gelungenen Szenen aus beiden Fortsetzungen nehmen und daraus einen würdigen zweiten Teil schaffen sollen. Das hätte etwas werden können. Leider will man auch im - oder gerade im - Horrorgenre nur immer höher, weiter und schneller hinaus. Dieser Umstand hat “Saw III” für mich ziemlich belanglos gemacht. In Teilen zwar durchaus gelungen, insgesamt aber einfach nur enttäuschend. Ob ich dem kommenden vierten Teil noch eine Chance geben werde? Der dritte kommt für mich leider nicht über 4/10 Punkte hinaus.
#330
Geschrieben 18. Februar 2007, 12:58
Im Vorfeld waren viele Stimmen zu hören, die den Politthriller als langweilige Kopie von Soderberghs “Traffic” dargestellt hatten. Sicherlich ist eine gewisse strukturelle und inszenatorische Verwandschaft nicht zu leugnen. Gaghan hat schließlich die Drehbücher zu beiden Filmen geschrieben. Zudem handelt in beiden Fällen um Politthriller, die ähnlich wie Robert Altmans Klassiker “Short Cuts” aufgebaut sind. Dennoch ist “Syriana” weit davon entfernt eine Kopie zu sein. Geschweige denn langweilig.
Den Inhalt hier wiederzugeben, würde wohl den Umfang des Eintrags sprengen. Zudem muss ich zugeben, bei der gestrigen Sichtung bestimmt nicht alle Details der komplexen Korruptionsgeschäfte mitbekommen zu haben. Der Film ist komplex. Sehr komplex. Man muss wirklich aufpassen, um wichtige Zusammenhänge zu erkennen. Es gibt eine Vielzahl an Figuren und noch mehr Hintermänner, die nur kurz in Erscheinung treten und doch von äußerster Wichtigkeit für die Handlung sind. Dabei bleibt “Syriana” über weiter Strecken dennoch übersichtlich, spannend und erschütternd.
Die Geschichten gipfeln in einem Höhepunkt, der von den Figuren in den vorangehenden beinahe zwei Stunden detailliert vorbereitet wird. Welten treffen aufeinander. Ideologien. Letztendlich geht es jedoch um Geld und Macht. Die Stärke von “Syriana” ist, dass die Figuren dem Zuschauer doch ziemlich schnell ans Herz wachsen. Sicherlich ist das bei der Vielzahl an Charakteren und der begrenzten Laufzeit nur bedingt möglich, doch gerade unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen, zeigt sich die wahre Stärke des Films. So hat mich der Tod des Jungen doch sehr berührt und auch die Folter des CIA-Agenten fand ich in seiner Intensität weit grausamer, als die gesamten Folterszenen in “Saw III”.
“Syriana” ist ein wirklich toller Film, der zum Nachdenken anregt. Trotz seiner Komplexität schafft er es zu unterhalten und mitzureißen. Wer etwas für Politthriller - und insbesonders “Traffic” - übrig hat, dem wird auch Gaghans Film über das korrupte Ölgeschäft gefallen: 9/10 Punkte.
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