"Now it's dark!"
#571
Geschrieben 14. November 2004, 10:25
Regie: Michel Gondry
"Beim nächsten Ton ist es...eine Erinnerung weniger."
Schon nach der ersten Sichtung kann ich erfreut feststellen etwas richtig fantastischem beigewohnt zu haben, daß nicht nur skurril unterhaltend ist, sondern auch mir persönlich einige Stiche versetzt hat. Dabei macht es der Film in seiner sehr verschachtelten Erzählweise erst gar nicht so einfach. Nach gut einer Stunde war ich imstande, hinter die Bedeutung der ersten fünfzehn Minuten zu kommen. Auf jeden Fall kann ich feststellen, daß ich heute den Film mit dem längsten Prolog gesehen habe. Man ist ja mittlerweile schon gewohnt den Titel eines Films nicht mehr am Anfang mitgeteilt zu bekommen. Umso größer war meine Überraschung, daß nach siebzehn Minuten doch noch ein richtiger Titelvorspann mit Schauspielern und Crew auftauchte.
Das ist nun der vierte Film, den ich, mit einem Drehbuch von Charlie Kaufman versehen, gesehen habe und der Facettenreichtum, in Verbindung mit einer cleveren Inszenierung, die bis auf CONFESSIONS OF A DANGEROUS MIND jedes Mal meine grauen Zellen in Schwerstarbeit versetzte, wird auch hier wieder aufs Äußerste strapaziert und das es sich maniriert anfühlt. Es stellen sich zwar sehr viele Aha- und Oho-Erlebnisse ein, aber die gehen mit für mich schwer erträglichen Szenen von Schuld, Enttäuschung und Trauer einher, die sich auf die eine oder andere Weise mit Momenten aus meinem Beziehungsproblemen decken. Das der Film mit seinem eher fantastisch anmutenden Thema klug und weise umgeht und es nicht für biedere komödiantische Unterhaltung vergeudet rechne ich den Machern sehr hoch an. Ich wage mal zu behaupten, daß Kaufman mit diesem Skript so etwas wie sein Meisterstück vorgelegt hat, daß von einem hervorragenden Regisseur und engagierten Schauspielern mehr als nur großartig umgesetzt wurde. Ich habe trotz anfänglicher Schwierigkeiten nie das Gefühl gehabt, daß hier jemand nur einfach seine Pflicht erfüllt, weil er einen dicken Scheck in der Tasche hat.
Ein Film der mich geradezu dazu einlädt, ihn noch viele, viele weitere Male anzuschauen und seinen angesprochenen Themen und die eröffnenden Chancen zu verarbeiten.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#572
Geschrieben 15. November 2004, 11:01
Regie: Geoffrey Wright
"Class dismissed!"
Ein mehr oder weniger gelungene Slasherfilm-Variation, die sich ein ungeschriebenes Gesetz dieses Filmgenres als vermeintlichen Aufhänger nimmt um statt dessen mit einer ziemlich halbseidenen Kriminalhandlung dann und wann zu langweilen.
In dem kleinen Städtchen Cherry Falls sucht ein(e) Serienmörder(in) bevorzugt Highschool-Schüler(innen), welche das Attribut der Jungfräulichkeit erfüllen. Das versetzt nicht nur den örtlichen Sheriff (Michael Biehn) und die Leitung der Schule in Aufregung, sondern auch die Schüler selber. Die organisieren nämlich eine große Orgienfeier um so aus dem Opferraster des Killers heraus zu fallen.
Im Prinzip ein sehr vielversprechende Ausgangssituation, die sich aber genau wie alle anderen neuen Slasherfilme manches Mal selbst im Weg steht. Das ist nämlich dann der Fall, wenn es an die altbewährte Inszenierung von Schock- und Spannungssequenzen hinausläuft. Da gibt sich dann die Regie ähnlich einfallslos und beliebig, wie so viele andere Filme des Genres, die sich im Fahrwasser von SCREAM suhlen. Gut fünfzig Minuten schaut man dem Treiben noch recht gespannt zu. Man hat sich schon so seine Gedanken gemacht, wer der Mörder eigentlich sein könnte und man ist auch einigen falschen Fährten auf den Leim gegangen. Bis dahin konnten wenigstens auch noch die verschiedenen Perönlichkeiten der Teenager einigermaßen bei der Stange halten.
Die Demaskierung des Mörders und sein Grund für die Taten ist dann wieder so hingeklatscht, daß ich es kaum glauben mag. An eine wirklichen Auseinandersetzung ist man deshalb natürlich auch überhaupt nicht im geringsten interessiert. Da der Film auch schon vor seinem US-Kinostart ordentlich Federn lassen musste, fällt auch das Finale reichlich unspektakulär aber dennoch blutig aus.
Brittany Murphy, die mir das erste Mal in 8 MILE an der Seite von Eminem aufgefallen ist, spielt hier im Prinzip einen ähnlichen Charakter. Vielmehr vollführt sie ganz bewusst diese Wandlung um einerseits ihren Vater, den Sheriff, auf die Palme zu bringen, ihre Freund in arg sexuelle Bedrängnis zu bringen und ihren Lehrer in gewisser Weise herauszufordern. Es würde mich nicht wundern, wenn hier auch noch ein paar Szenen fehlen. Candy Clark (THE MAN WHO FELL TO EARTH) hat bis auf ihrer ersten Szene, in der sie dem Freund ihrer Filmtochter reichlich alkoholisiert eindeutige Avancen macht, nicht sehr viel zu melden. Im Prinzip hätte man ihren Part auch komplett streichen können.
Trotzdem ist der Film doch ein recht kurzweiliges Vergnügen, da er es ziemlich gekonnt schafft überhaupt nicht ernst genommen zu werden.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#573
Geschrieben 16. November 2004, 11:46
Regie: David Lynch
Seit zwei Jahren warte ich nun schon auf eine Veröffentlichung der zweiten Staffel der Serie. Damit das Warten nicht ganz so schmerzhaft ausfällt und da ich den Mörder Laura Palmers sowieso schon kenne, ist der Film zwar kein Lückenbüßer, aber so etwas wie ein schöner Bonus. Der Film erzählt nicht nur eine, sondern zwei Geschichten. Es gibt zunächst ein halbstündige Einführung, die ebenfalls von einem Verbrechen handelt und nur entfernt etwas mit dem Fall Laura Palmer zu tun hat. Hier wird ein junges Mädchen namens Teresa Banks ermordet aufgefunden und das FBI schickt die Agenten Chester Desmond (Chris Isaak) und (Kiefer Sutherland) nach Twin Peaks um den Fall aufzuklären. Als Chester Desmond sich alleine auf die Suche nach Spuren des Verbrechens macht, verschwindet er mysteriöserweise.
> Ein Jahr später finden wir uns wieder im Städchen Twin Peaks wieder und erleben die letzte Woche im Leben von Laura Palmer (Sheryl Lee). Ihren Mörder kann man schon in der ersten Staffel bei genauerer Betrachtung ausfindig machen, bevor er in der zweiten Staffel enttarnt wurde. Hier ist es also nur eine Frage der Zeit bis es zum Mord an Laura kommt. Bis dahin schließt Lynch so einige Lücken und wirft enorm viele neue Fragen auf, die mir ein ums andere Mal sehr gefallen, aber auch viel Leichenfledderei ausmachen. Da wird all das Mysteriöse aufgeklärt und wieder durchgekaut, was man schon aus der Serie kannte. Bis auf den sehr gut ausgebauten und gespielten Charakter der Laura Palmer, einem Mädchen, das seine Sexualität gerade erst entdeckt und von unheimlichen Visionen heimgesucht wird, gibt sich der Film ansonsten eher zurückhalten. Will sagen, er fügt dem Gerüst der Serie kaum etwas Neues hinzu.
Technisch gibt sich die Umsetzung als ein Mischmasch zwischen Fernsehgeschichte und Kinofilm, wobei der Hang ganz eindeutig in Richtung Film geht. Brilliant in der Kameraführung, Beleuchtung und Musik hilft er ein wenig, über den, für David Lynchs Verhältnisse, etwas schwachen Inhalt hinwegzukommen.
Auf jeden Fall lohnt es sich den Film alleine deswegen anzusehen, um viele der Seriendarsteller wieder in ihren alten Rollen agieren zu sehen.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#574
Geschrieben 17. November 2004, 11:56
Regie: Helge Schneider
"Zehnkaufen weniger neunkaufen..."
So herrlich locker und leger, so absolut gar nicht mit dem Zeigefinger draufzeigend schüttelt Tausendsassa Helge Schneider, den ich bisher mit Desinteresse gestraft hatte, dieses häßlich schöne Filmchen aus seinem Ärmel und in meine Gedankengänge.
Teddy Schu (Helge Schneider) ackert sich die Seele als Zeitungsausträger, Fischverkäufer und Gigolo aus dem Leib um seiner geliebten Frau ein besseres Leben zu ermöglichen. Die macht ihm aber lieber nach Herzenslust zur Sau. Wie gut, daß Teddy mit seinen beiden Kollegen Howard und Steinberg in einer kleinen Kneipe jeden Abend jazzen kann und so für kurze Zeit dem tristen Alltag entflieht.
Wie ich es schon aus einigen Ausschnitten aus früheren Filmen von Helge Schneider erwartet hatte, war der Film eine Sammelsurium von skurrilen Charakteren und ironisch/melancholischen Situationen. Bei einigen Figuren machten sich dann auch ganz starke Assoziationen zu den klitzekleinen Nebenrollen in David-Lynch-Filmen breit. Selbst den frühen Woody Allen vor dessen Stadtneurotiker-Zeit konnte man noch ausmachen. Das aber alles mit dem wohl als typisch anzusehenden Gestus von Schneider, mit dem er mir in den letzten zehn Jahren schon so einige Male hier und da über den Weg gelaufen ist.
Mehr als nur positiv nehme ich da zur Kenntnis, daß Schneider seine Heldenfiguren, die sich bevorzugt in der Kneipe treffen, niemals ausbeutet, sondern als Menschen zeigt, für die es nicht schöneres auf der Welt gibt, als die Liebe zum Jazz. Da fällt es dann auch nicht schwer neugierigen Nachbarn, der gehässigen Ehefrau, blumentopfwerfenden Musikbanausen oder den ganzen Gelegenheitsarbeiten den Rücken zu kehren und die Einladung von Helge Lindenberg und seiner Galaxo Gang anzunehmen um bei denen "für ordentliche Mucke zu sorgen". Diese finale Wendung hat mich übrigens sehr an "Louis und seine außerirdischen Kohlköpfe" erinnert. Es würde mich nicht wundern, wenn sich Schneider von dem Film hat inspirieren lassen.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#575
Geschrieben 02. Dezember 2004, 22:01
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Nach etwas mehr als zwei Wochen ohne Tagebucheintrag, der Grund war der Absturz meines alten Rechners und der darauf folgenden Neuanschaffung eines leistungsfähigeren Computers, ist dieser Film ein mehr als perfekter Einstieg für die Wiederbelebung meines Filmtagebuchs.
Von Fassbinder war mir bisher nur sein Ausländerdrama ANGST ESSEN SEELE AUF bekannt. Und da sich Kinowelt nun neben den Filmen Werner Herzogs auch noch dazu entschlossen hat eine Edition mit Fassbinder-Filmen zu veröffentlichen, war das ein mehr als willkommene Gelegenheit mich näher mit diesem Filmemacher auseinander zu setzen.
Zuerst einmal bin ich erstaunt, dass dieser „nur“ fürs Fernsehen produziert wurde und erst knapp ein Vierteljahrhundert später eine Kinoauswertung erfahren hat. Ich habe in den letzten Jahren eigentlich immer die Erfahrung machen müssen, dass TV-Filme erschreckend langweilig anmuten. Und wenn man sich dann noch die massenkompatible Einheitsware an mehr oder weniger fragwürdigen Produktionen der Privaten anschaut mag ich eigentlich nur noch erschaudern.
Der Name Michael Ballhaus sollte hier eigentlich bei den meisten Aufmerksamkeit erzeugen. Das ist die erste Zusammenarbeit des schon seit mehr als zwanzig Jahren in Hollywood tätigen Kameramanns mit Fassbinder. Zusammen mit dessen hervorragenden Drehbuch und punktgenauen Platzierungen der Schauspieler im eigentlich eher einschränkenden Vollbildformat ergibt das einen mehr als faszinierenden und dichten Film. Den trotz oder gerade wegen diesem Vollbild lässt er sich erst recht nicht einschränken.
Mal gibt es lange statische Einstellungen und dann auch wieder lange Einstellungen mit komplizierte Fahrten und Kameraschwenks, welche das Auge mehr als verwöhnen. Das alles wäre natürlich Augenwischerei, wenn es nicht eine Geschichte zu erzählen gebe und die ist so ungemein unangenehm, dass ich manches Male mit dem Kopf geschüttelt habe.
Doch die ersten zwanzig Minuten macht es mir das hin und wieder übertriebene Spiel einiger Darsteller gar nicht so leicht. Ich bin fast geneigt abzuschalten, weil ich mir sage denke, dass Fassbinder da doch bitte schön hätte eingreifen sollen. Aber es bessert sich mit dem Augenblick als der eigentliche Plot einsetzt.
Was hier Margit Carstensen als die Titelfigur Martha und vor allem Karlheinz Böhm, als ihr Ehemann Helmut in der Folge abliefern in eine wahrhaft phänomenale Leistung. Karlheinz Böhm scheint die meiste Zeit über nur mit den Augen zu schauspielern und explodiert immer am Höhepunkt einer Szene oder aber auch völlig unvermittelt und daher mehr als überraschend.
Gegen Ende habe ich, und wohl auch die Charaktere das Gefühl, dass sich der Kreis der Geschichte zu einem zwangsläufigen und unauswegbaren Ende hin schließt. Da ergibt sich Martha ihrem Schicksal, welches sie eigentlich gar nicht wollte und lächelt genauso wie Helmut, der nun die Gewissheit hat sie für immer ganz für sich alleine zu haben.
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#576
Geschrieben 03. Dezember 2004, 22:19
Regie: The Wachowski Brothers
“I have sampled every language. French is my favourite. Fantastic language especially to curse with…it’s like wiping your ass with silk. I love it.” - Der Merowinger
Drei Sichtungen hat es letzten Endes gebraucht um mir ein endgültiges Urteil über den zweiten Film dieser Trilogie zu bilden. Er ist für mich nichts anderes als eine als Actionfilm getarnte Komödie in der sich die Autoren nicht zu schade sind, ihren Figuren ein gehöriges Maß an Fetischen zu zugestehen. Es ist fast nicht zu glauben, wie oft ich mich während der heutigen Sichtung einerseits über die todernsten Mienen der Akteure auf der Seite der Menschen amüsiert habe, weil diese gerade ihre nicht nur ihre absolute darstellerische Unfähigkeit preisgibt, sondern den Film zu dem macht was er eigentlich ist.
Da tanzt Zion, der Zufluchtsort der Menschheit vor den Maschinen, den letzten Feiztanz (Vor, zurück…Jungle-Beat), Neo und Trinity bespringen sich bei jeder Gelegenheit und der Rest der Truppe faselt irgendein Zeug, was man sowieso schnell wieder vergisst.
Auf der anderen Seite ist es dann die ungemeine Spielfreude der Gegenspieler von Neo, Trinity und Morpheus. Nämlich Agent Smith, der Merowinger und seine Trulla Persephone als auch die Albino-Rasta-Zwillinge. Hier bestätigt sich die alte Mär vom viel interessanteren Part als Filmbösewicht. Agent Smith kriegt 'nen Ständer, wenn er sich mit Neo kloppt, der Merowinger bringt mit einem modifizierten Stück Schokoladenkuchen in Restaurantbesucherin zum Orgasmus und pinkelt bevorzugt auf der Damentoilette, Persephone will Zungenküsse mit Neo austauschen…göttlich…!
Der erste Film hatte ja noch ein klares Ziel, nämlich Neo davon zu überzeugen, dass er der Auserwählte ist. Ein Ziel hat dieser Streifen im Prinzip nicht. Es wird zwar eine Bedrohung für Zion vorgestellt, aber die Geschichte schlägt kurz darauf einen Haken und es muss unbedingt eine obskure Type namens Schlüsselmacher befreit werden, die nach ihrer drehbuchgerechten Erfüllung abgemurkst wird. Dann muss halt eben wieder die Liebe und das Leben von Neos Fickschlitten Trinity wieder als Aufhänger herhalten. Das ist das Problem, wenn man einen als ganzes konzipierten Film in zwei separate Teile aufsplittert.
Im Zuge der Kinoauswertung hatten sich ja viele über den Inhalt und die Umsetzung echauffiert, aber im Prinzip wird hier nichts anderes geboten als in den Filmen von Quentin Tarantino. Ein munteres Zitate raten der Filmgeschichte. Hier ein bisschen Spaghetti-Western, da ein bisschen Samurai-Säbelgerassel, John-Woo-/Sam-Peckinpah-Zeitlupensequenzen, Superrman-Flugeinlagen, Bud-Spencer-/Terence-Hill-Kloppereien und viel theologisches Gefasel.
Dazu dann noch viele schlechte, ja sogar unnütze und hölzerne Dialoge/Szenen/Schauspieler, aber auch einige gute Einfälle, die teilweise Eigenständigkeit erkennen lassen. Ein Film, der sich auf den ersten Blick viel zu ernst nehmen lässt, aber mit der richtigen Einstellung hervorragend unterhält. Diese Einstellung hatte ich vorher nämlich nicht.
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#577
Geschrieben 05. Dezember 2004, 23:09
Regie: Joel Coen
Ganz konkrete Erwartungen oder gar Hoffnungen habe ich an dem jüngsten Werk der Gebrüder Coen nicht gehabt, denn wenn man sich einen Film von ihnen anschaut ist man ja eigentlich immer sicher etwas ganz und gar eigenes vor sich zu haben, dass noch immer keine Nachahmer gefunden hat. Bis auf zwei Filme habe ich nun auch alle Filme von ihnen gesehen und finde jeden von ihnen zumindest einmalig sehenswert. Bei anderen Filmen, kann man allerdings gar nicht genug kriegen. Und dieser jüngste Streich läuft bei mir irgendwo Gefahr sehr schnell dazu zu gehören. Mir ist dabei schon bewusst, dass es sich hier um eine Neuverfilmung handelt, aber ich konnte mich glücklicherweise völlig unbefangen diesem Film hingeben.
Ein recht skurilles Ganovenquintett angeführt vom Akademiker G. H. Dorr (Tom Hanks) nistet sich im Vorratskeller der alten farbigen Dame Marva Munson (Irma P. Hall) ein, um von dort aus einen Tunnel zum Tresorraum eines Casinos zu graben. Der Film reizt auf vielerlei Art und Weise meine Lachmuskulatur. Zunächst einmal ist es die sehr ausgiebige Einführung der sechs Charaktere, die ganz eindeutig klar macht, was man in den nächsten siebzig Minuten von jedem einzelnen zu erwarten hat. Was dann noch zählt ist, die Charaktere und ihre unterschiedlichen Marotten und Eigenheiten aufeinander prallen zu lassen. Auffallend ist hier, dass das Gespann dem sehr schätzenswerten Marlon Wayans allerlei Fäkal- und Kraftausdrücke ins lose Mundwerk legen, die mir im Kontext der Geschichte gar nicht mal so unsympathisch waren.
Mal zwischen Slapstick- und Situationskomödie, aber auch reichlich akademischen Hokuspokus hin- und herschwankend, gibt es auch wieder diese ganz typischen Bilder, die man vom Coen-Kosmos schon kennt. Ganz besonders hat es mir der riesige Müllberg angetan, der sich genau wie das Casino auf einer künstlichen Insel mitten auf dem Mississippi befindet und das pausenlos von einem großen Müllschiff angefahren wird. „Wofür soll dieses Bild gut sein?“ denke ich mir, um die Antwort im Finale zu erhalten.
Wieder mal hervorragend von Roger Deakins’ Kamera eingefangen, wissen vor allem die schönen Sets und auch die Musik zu gefallen. Dabei fällt vor allem auf, dass Carter Burwell in dem Film kaum noch zu vernehmen ist. Der Anteil an Gospelstücken ist dermaßen erdrückend, aber keinesfalls störend. Abschließend komme ich aber nicht umhin festzustellen, dass ich so etwas wie eine Best-Of-Präsentation gesehen habe. Eine sehr ansehnliche, die auf weitere Filme der Coens hoffen lässt.
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#578
Geschrieben 07. Dezember 2004, 12:23
Regie: Wayne Kramer
"Hey Shelly. Check it out. The new Mega Million.
I call her Marnie. You know 'cause she’s one frigid broad."
Ein Cooler ist ein Angestellter eines Casinos, der davor zu sorgen hat, dass Spieler, die gerade eine Glückssträhne zu haben scheinen, eben von dieser abzubringen haben. Natürlich soll das möglichst unauffällig geschehen. Dieser Typus im Spielerfilm-Genre ist mir bisher noch gar nicht begegnet, ja ich wusste noch nicht einmal, dass es eine derartige Berufsbezeichnung inoffiziell zu geben scheint. Dabei ist man in der doch recht eindrucksvollen Anzahl von solchen Subgenre-Filmen in den letzten Jahren mehr als ausreichend versorgt worden.
Dem Cooler Bernie Lootz (William H. Macy) werden im Film fast schon übernatürliche Kräfte angedichtet. Es braucht nicht unbedingt nur seiner bloßen Anwesenheit am jeweiligen Spieltisch oder Einarmigen Banditen um eine Gewinnsträhne zu unterbrechen, nein, die persönliche Befindlichkeit des Protagonisten selbst ist von dessen Arbeitserfolg regelrecht abhängig. Und da Bernie recht ausgiebig vom Pech verfolgt ist, ist er nicht nur der beste Cooler aller Zeiten, sondern auch ein unschätzbarer Mitarbeiter für das Casino Shangri-La und dessen Besitzer Shelly Kaplow (Alec Baldwin). Ihm ist wirklich jedes Mittel recht um ihn zu halten, da auch seine Stellung mittlerweile in Gefahr gerät vom Disneyland-Konsum, der Las Vegas beherrscht, weggefegt zu werden. Als Bernie jedoch eine heftige Affäre mit der Kellnerin Natalie (Maria Bello), die alsbald in wirkliche Liebe umschlägt, beginnt, leidet unter seinem persönlichen Glück auch seine Profession.
Ein im Grunde genommen eher heiterer Genrevertreter, den Wayne Kramer hier inszeniert hat. Sehr solide und stimmig, aber doch irgendwie ohne eigenen Charakter. Am meisten Spaß macht der Film sicherlich dann, wenn man frühere Vertreter dieses Subgenres wie z. B. CASINO oder HARD EIGHT schon zu Gesicht bekommen hat. Vor allem der Scorsese-Film schwebt wie ein übermächtiger Titan, wie ein ganz und gar definitives Stück Zelluloid zum Thema Las Vegas, über ähnliche Filme. Dieser Film fügt deshalb nur wenig Neues zum Thema bei, ja zitiert unverhohlen sogar beide vorher genannten Filme. Unbestreitbar ein Schauspielerfilm überzeugt der Film aber in dieser Hinsicht vollständig.
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#579
Geschrieben 07. Dezember 2004, 23:45
Regie: Michel Gondry
Ich kann nicht genau sagen, was ich für Erwartungen in dieses Projekt von Regisseur Michel Gondry, der hier sein Spielfilmdebüt abliefert, Produzent Spike Jonze und Drehbuchautor Charlie Kaufman gehegt habe. Sicherlich waren alle drei Namen in nicht gerade einfacher Grund den Film mit der kalten Schulter zu begegnen. Irgendwo hatte ich schon vor einigen Monaten einen Kurzkritik gelesen, die sich aber mehr über das Aussehen von Patricia Arquette ausgelassen hat, als etwas wirklich Hilfreiches über den Film zu berichten. Da wurde sich mokiert, dass Kaufman seinen weiblichen Filmfiguren immer wilde Frisuren verpasst. Nun, das ist hier zwar auch der Fall, aber leider liegt es sehr viel schwerer, dass dieses Skript völlig wirr geschrieben ist und die Besetzung einiger Rollen nicht gerade schmeichelhaft ausgefallen ist.
Dem Film liegt ein recht bizarres Dreiecksverhältnis zugrunde. Lila Jute (Patricia Arquette) ist durch eine Hormonstörung mit einem ungewöhnlichen starken Haarwuchs ausgestattet, der ihr nicht nur ein ziemlich verkorkstes Liebesleben, sondern auch die Rolle als „Queen Kong“ in einer kleinen Varietéshow eingebracht hat. Verzweifelt versucht sie diesem Haarwuchs Herr zu werden. Dann gibt es noch den verschrobenen Wissenschaftler Nathan (Tim Robbins), der das Tischverhalten von Mäusen belegen will. Und dann gibt es noch Puff (Rhys Ifans), der seit dem Kindesalter im Wald lebt und denkt, dass er ein Affe ist. Er fällt in die Hände von Nathan, der ihn in seinem Labor domestizieren will (wohl das Herzstück des Films). Gleichzeitig macht sich seine Assistentin Gabrielle (Miranda Otto) an ihn heran, was den Kindskopf ziemlich aus der Fassung bringt.
Es sind jetzt gar nicht mal so sehr die absolut bizarren Charaktere, die mir ein stetiges Stirnrunzeln verursachen, sondern die stetig zwischen hin- und her springende Erzählweise. Da erzählt Puff vor einem ehrenwerten Gericht die Geschichte, Nathan spricht aus dem Jenseits und legt dem Zuschauer seine Sichtweise dar und Lila versucht die Geschehnisse einigen Ermittlungsbeamten zu erklären. Also eine klare Rückblendenstruktur. In diesen Rückblenden gelingt es dem Film aber überhaupt nicht, mir sein Anliegen nachdrücklich zu vermitteln. Die immer wieder auftretenden grellen Effekte sind hier ungemein störend. Manchmal allerdings können sie in einzelnen Momenten zu einem Lächeln bewegen, was mich bei dem ansonsten schrecklich unwitzigen, ja sogar grenzdebilen Streifen doch eher nachdenklich macht. Diesen Makel schiebe ich zum einen auf die Schauspieler (vor allem Robbins und Ifans), die mir völlig fehlbesetzt erscheinen und natürlich dem wirren Drehbuch. Für mich der bisher schlechteste Film nach einem Drehbuch von Charlie Kaufman. Ist mir fast ein Rätsel, wie Gondry und Kaufman den so wunderbaren ETERNAL SUNSHINE OF THE SPOTLESS MIND hinbekommen haben.
Sehr befriedigend und irgendwo auch erfreut habe ich zur Kenntnis genommen, dass Gondry zwei Ideen aus Musikvideos der Sängerin Björk in seinem Film sinnvoll untergebracht hat. Die Waldszenen sind eindeutig an „Human Behaviour“ angelegt und Lila Jutes Naturbücher erinnern an „Bachelorette“.
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#580
Geschrieben 11. Dezember 2004, 11:05
Regie: William Wyler
Was macht ein amerikanischer Regisseur, wenn er die höchsten aller Ehrungen erhalten hat und von den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen eingeholt wird? Er dreht einfach weiter Filme, die sich mehr oder weniger mit diesen Thematiken befassen. Das schaffte William Wyler mit dem Psychodrama THE CHILDREN’S HOUR und diesem kammerspielartigen Thriller, der sich bis auf eine Ausnahme vollständig auf zwei Darsteller verlässt.
Der Bankangestellte und leidenschaftliche Schmetterlingssammler Freddie Clegg (Terence Stamp) fügt seiner Kollektion ein neues Exemplar in Form der Kunststudentin Miranda Grey (Samantha Eggar) hinzu, die er mitten in London am helllichten Tage entführt. Er erhofft sich von ihrer Anwesenheit etwas Seelenfrieden zu finden. Er möchte das ihn jemand kennen lernt, das eine Liebe entsteht und am Ende vielleicht sogar eine Heirat. Doch wie kann er sich in seiner Position als Entführer seinem Opfer als potentieller „Partner fürs Leben“ interessant machen, wenn er weder etwas über sich zu erzählen weiß oder die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen ihnen nicht anerkennt und zu unterdrücken versucht?
Man kann nicht sagen, dass Wyler den Film als Fingerübung betrachtet hat. Die ersten zwanzig Minuten, in denen sich Freddie an sein Opfer heranmacht und sie schließlich in sein Versteck bringt, beinhalten, bis auf eine Flashback-Sequenz, die ich eher als unnötig empfunden habe, überhaupt keinen Dialog. Wyler versteht es hier großartig die Geschichte nur mit Bildern einzufangen. Ambivalenz gewinnt der Film dann in der Folgezeit durch die stetige Beeinflussung Mirandas, die alles Mögliche versucht um ihrem Gefängnis zu entkommen. Fluchtversuche, ein versteckter Hinweis in einem Brief, welchen sie an ihre Mutter schicken soll; ja sogar die völlige Unterwerfung und anschließende Abhängigkeit gegenüber Freddy können ihn niemals ganz überzeugen.
Ein gar nicht mal so veraltet wirkender Film, wie er auf den ersten Blick vielleicht scheint, hat er es verstanden mich über die gesamte Spielzeit über zu fesseln. Einige Drehbuchschwächen und die teilweise grauenvoll heitere Musikuntermalung von Maurice Jarre muß man allerdings dabei Kauf nehmen.
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#581
Geschrieben 14. Dezember 2004, 20:33
Regie: Anthony Waller
Ich war doch etwas erstaunt den Namen Richard Fleischer auf dem Hintercover dieser DVD zu lesen, die ihm Drehbuch und Regie attestierte. Die Auflösung kam sofort mit dem Filmvorspann: es handelt sich um einen Druckfehler. Ist mir ziemlich unbegreiflich, da der Rest korrekt wiedergegeben worden ist. Aber man sollte sich von diesem kleinen Fauxpas nicht abschrecken lassen, denn es erwartet einen ein grundsolider Thriller, der ob einiger Härten sehr daran interessiert ist das Genre ironisch zu brechen.
„Billy“ Hughes (Marina Sudina) arbeitet in einem ziemlich heruntergekommenen Filmatelier in Moskau als Maskenbildnerin auf dem Set eines Low-Budget-Thrillers, der unter der Ägide eines ziemlichen unfähigen Regisseurs steht. Als sie nach Drehschluss im Atelier eingeschlossen ist und aufgrund ihrer Stummheit nicht in der Lage ist Hilfe zu rufen, wird sie zufällig Zeugin der Dreharbeiten zu einem Snuff-Film.
Bestimmen im ersten Teil des Films deutlich herausgearbeitete und sehr gut umgesetzte Spannungsmomente, folgt im zweiten Teil des Films eine Wendung auf der anderen. Man kann da noch durchaus mithalten, aber mir erscheinen einige dieser Ideen doch eher unnötig verkomplizierend. Ohne diese Szenen müsste man aber auf den mysteriösen Gaststar verzichten.
Es wird auch deutlich wie sich Waller vor Alfred Hitchcock verbeugt. Da wird einmal der Klimax aus REAR WINDOW sehr clever miteinbezogen oder die Kamerafahrt aus VERTIGO ebenso effektvoll wiederholt. Solche kleinen Zitate, die noch im Film Sinn machen sehe ich gerne auch wenn sie bei weitem nicht diese klassische Eleganz besitzen.
Ganz eindeutig ebenfalls „low budget“ gibt sich der Film auch manches Mal in seiner von mir anfangs erwähnten ironischen Brechung. Da wird zum einen die Profession der Spezialeffekte durch den Kakao gezogen oder aber auch sehr witzige Nebenfiguren wie das russische Ehepaar eingeführt. Die anfangs gewöhnungsbedürftige Filmmusik, die mir zur Eröffnung erst Kopfzerbrechen und dann ein Lächeln aufs Gesicht zauberte kann man von der klanglichen Qualität und Art durchaus mit DELLAMORTE DELLAMORE vergleichen.
Anthony Waller verbeugte sich meiner Meinung nach mit der Besetzung der russischen Schauspielerin Marina Sudina dem italienschen Thrillerregisseur Dario Argento. Von ihrem Aussehen her ist sie ziemlicher eindeutiger Verweis auf Jessica Harper in SUSPIRIA und Cristina Marsillach in OPERA.
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#582
Geschrieben 15. Dezember 2004, 18:07
Regie: Jonathan Hensleigh
Da hat der Hensleigh aber Glück gehabt. Ohne der sehr guten ersten Drehbuchhälfte von DIE HARD WITH A VENGEANCE hätte er wohl kaum weitere Drehbücher zu Actionfilmen verkaufen, geschweige denn einige davon sogar produzieren können. Alle waren doch recht einträgliche Kassenerfolge. Da liegt es natürlich nahe ihm auch mal den Regiestuhl anzubieten. Und das hat man ihm mit dieser Marvel-Comicverfilmung nun auch getan, die sich vor allem der Ruppigkeit von Actionfilmen der 80er Jahre bedient und zeitweise mit Einstellungen aus dem Bilderkanon eines Michael Bay oder Tony Scott kokettiert. Das aber nur ganz, ganz selten.
Nachdem die gesamte Familie des Undercover-Agenten Frank Castle (Thomas Jane) umgebracht wurde, weil er den Tod des jüngsten Sohn eines schwerreichen Gangsters namens Howard Saint (John Travolta) zu verantworten hat, schickt sich Castle seinerseits an, den Verantwortlichen und alle seine Handlanger und Familienangehörigen selbst umzubringen.
Ich fragte mich während des gesamten Films ob man mich verarschen will. Warum um alles in der Welt einen Oldschool-Actionfilm aus dem Ärmel schütteln? Das hat man vor zwanzig Jahren gesehen und dort auch um einiges einfallsreicher. Der Versuch diese Rachegeschichte mit Selbstironie, Familienzwist und diversen Filmzitaten bei mir schmackhaft zu machen funktioniert überhaupt nicht. Bei den Actionszenen gibt man grundsätzlich einfallslos und vertraut auf die Kunst der Schauspieler von denen achtzig Prozent grundsätzlich gelangweilt zu sein scheinen und ihr Programm auf Sparflamme herunter spulen. Addiert man dann auch noch nervende Nebencharaktere, einen schlechten Schnitt, der einen Anschluß- und Logikfehler an den anderen reiht und eine lahmarschige Filmmusik hinzu, kümmert man sich interessierter um den Popel in der Nase oder die Wäsche auf dem Bügelbrett.
Wenn ich nun schon an eine mehr als nur mögliche Fortsetzung denke, bekomme ich es schon mit der Angst zu tun.
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#583
Geschrieben 17. Dezember 2004, 01:42
Regie: Lars von Trier
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#584
Geschrieben 17. Dezember 2004, 21:31
Regie: Paul Schrader
Ich glaube es kommt nur bei diesen als bedeutungsschwanger konzipierten Filmdramen vor, dass ich mich manches Mal weder für die Charaktere noch für die Inszenierung begeistern kann. Paul Schrader hat es mit diesem Scheißdreck von Zelluloidverschwendung nicht nur geschafft die erste halbe Stunde mit überhaupt gar nichts zu füllen, sondern den ersten Anflug von Interesse, welcher nach dieser Zeitspanne aufzukeimen scheint, völlig zu vermasseln.
Christopher Walken imitiert sein übliches Repertoire als Darsteller, Helen Mirren erschreckt mich mit totaler Lustlosigkeit (man bedenke welche Kinorolle sie direkt davor gespielt hat), Rupert Everett fragt sich wie sich eine Frau bei der Penetration fühlt, in einer Szene, die nicht von ungefähr einer unfreiwilligen Komik entbehrt und Natasha Richardson ist hübscher als ihre Mutter Vanessa Redgrave im gleichen Alter.
Manchmal schöpft man noch Hoffnung, wenn sich das junge Paar in den Gassen des nächtlichen Venedig verliert. Ansonsten ist man durch den kackbraunen Look der Innenaufnahmen angewidert, wird von Angelo Badalamenti mit arabischen Klängen und einer sehr offensichtlichen Nino-Rota-Imitation gestraft und vom plötzlichen Schnitt nicht nur aus der einen oder anderen interessanten Szene plötzlich herausgerissen, sondern auch noch in zwei uninteressante Folgeszenen verfrachtet.
Das ich das die gesamte Spielzeit durch gestanden habe, kann man schon als Masochismus bezeichnen. Neben der Rupert-Everett-Szene gibt es nur noch einen positiven Aspekt zu vermelden. Das von Robert Peak entworfene Bildmotiv ist das schönste, welches ich bisher auf einer DVD erblicken konnte.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#585
Geschrieben 20. Dezember 2004, 12:56
Regie: Liliana Cavani
Wie auch schon Anthony Minghella’s THE TALENTED MR. RIPLEY handelt es sich hier um die zweite Adaption des Nachfolgeromans von Patricia Highsmith um den bisexuellen Lebemann und Killer aus Notwendigkeit. Die Jugend ist inzwischen von ihm abgefallen und John Malkovich spielt den Part als einen Menschen, der jeden seiner Schritte kontrolliert abwägt und sich nicht von Gefühlen aus der Ruhe bringen lässt, wie es ihm vielleicht noch in der Vergangenheit passiert ist. Er hat die Vorzüge seines Lebensstils genossen und auch seine sexuelle Ausrichtung ist nicht mehr die treibende Kraft seiner Handlungen.
Als ihn sein ehemaliger Lebensgefährte Reeves (Ray Winstone) bittet einen Mord für ihn zu erledigen, schlägt ihm Tom stattdessen vor einen Neuling anzuheuern. Dieser Neuling ist der an Leukämie erkrankte Jonathan Trevanny (Dougray Scott), der widerstrebend einlenkt. Als beim zweiten Auftrag jedoch etwas schief läuft und es einen Überlebenden gibt, sehen sich Jonathan und Ripley in dessen Anwesen bald einer Schar Auftragskiller der russischen Mafia gegenüber, die Rache nehmen wollen.
Handwerklich solide mit einigen guten räumlichen Darstellungen inszeniert, fehlt es dem Film vor allem in der Figur des Dougray Scott an genügend schlüssiger Ausarbeitung um Glaubwürdigkeit zu erlangen. Da der Film in einigen Szenen in Berlin und in einem IC der Deutschen Bahn gedreht wurde (auf der einen Seite witzig und sehr spannend: der Dreifachmord im Zug-Klo) ist man doch recht gut unterhalten. Von der Cavani hatte ich heute übrigens auch noch ihren Film FRANCESCO mit Mickey Rourke in der Hand. Zusammen mit THE NIGHT PORTER sicherlich zwei Filme, die ich mir in der nächsten Zeit noch anschauen werde.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#586
Geschrieben 22. Dezember 2004, 12:38
Regie: Brian De Palma
Ich wusste überhaupt nicht was ich von diesem Frühwerk Brian De Palmas erwarten sollte. Umso überraschter bin ich hier ein sehr entspannten, unerwartet komischen und einen sehr oft schockierenden Film gesehen zu haben, der mich schon in den ersten fünf Minuten sehr begeistert hat.
Robert De Niro spielt da einen ziemlich schmierigen Voyeur namens Jon Rubin, der sich in einem schäbigen Apartment einmietet um mit seiner 8mm-Kamera die Aktivitäten der Menschen im Hochhaus gegenüber filmt. Bei einem findigen Pornofilm-Produzenten versucht er seine Idee zu verkaufen um so aus seinem Hobby einen Beruf zu machen. Und als erstes „Opfer“ hat er sich die allein stehende Judy Bishop (Jennifer Salt, SISTERS) ausgesucht, die als unwissendes Opfer allerdings viel zu leicht rumzukriegen ist. Eine ziemlich dunkle Note erhält die Geschichte als sich Jon einer radikalen Theatergruppe anschließt, die mit ihrem Slogan „Be Black Baby“ realistisch anmutende Happenings über die Unterschiede der weißen und schwarzen Bevölkerung inszeniert. Rubin vollzieht mit einer bestürzenden Leichtigkeit die Wandlung vom Beobachter zum aktiven Beteiligten.
Ein sehr leichtfüßiger und vor allen Dingen subversiver Low- bzw. No-Budget-Filmspaß, den Brian De Palma da aufgegriffen hat. Trotz der Entscheidung die Filmhandlung die meiste Zeit als Film im Film ablaufen zu lassen, entsteht keinerlei Distanz in meiner Rolle als Betrachter. Und irgendwo ist die Figur des Jon Rubin auch ein kleiner Vorgriff auf Travis Bickle.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#587
Geschrieben 23. Dezember 2004, 12:04
Regie: David Cronenberg
Das ist nun die zweite Sichtung von David Cronenbergs erstem Spielfilm. Ich war mir nicht ganz sicher, wie dieser Low-Budget-Horror bei all den geschmackvoll inszenierten späteren Filmen ab VIDEODROME auf mich wirken würde, aber überraschenderweise konnte mich dieses Frühwerk auch jetzt noch ziemlich unterhalten.
In einem wohl seinerzeit als geschmackvoll zu bezeichnenden Hochhaus (heute würde man das als hässlichen Betonklotz abtun), dem so genannten Starliner Tower, drehen einige der Bewohner gewalt- und sexualtechnisch gesehen am Rad. Wie sich im Laufe des Films herausstellt hat ein Professor einen Parasiten entwickelt, der im Gegensatz zu seinem eigentlichen Auftrag nicht die Funktion von erkrankten Organen übernimmt, sondern die Libido der Infizierten um ein x-beliebiges Vielfaches erhöht.
Was ich an dem Film so überaus spannend fand, war Cronenbergs Spiel mit der Sexsucht als Antriebskraft für menschliches Verhalten. Cronenberg macht nicht gerade unverhohlen einige Andeutungen dahingehend, dass es dafür unbedingt eines Parasiten bedarf. Unterschwellig transportiert Cronenberg in den Anweisungen an seine Darsteller, dass sie von vornherein über ein Libido verfügen, die nicht unbedingt durch den Parasiten vergrößert werden muß.
Von der inhaltlichen Ebene einmal abgesehen ist es teilweise schon erschreckend, wie hässlich konventionell einige Szenen daherkommen. Die regen in mir nicht gerade einen Horror, sondern einen Hang zu unfreiwilliger Komik. In einigen Statements von Cronenberg hört man aber diesbezüglich auch beschwichtigende Worte, dass bei ernsthafter Betrachtung Bestandteile seiner frühen Filme durchaus als lächerlich zu bezeichnen sind. Darunter fällt meiner Ansicht nach die Szene mit der älteren Dame, die den Anzug tragenden Restaurantangestellten vernascht („I’m hungry for love!“).
Cronenberg scheut auch nicht davor zurück, einige Themen in diese fantastische Handlung zu packen, die man sehr gut darin verstecken kann. Gleichgeschlechtliche Liebe, Andeutungen von sadomasochistischen Aktivitäten und Inzest. Ziemlich harter Tobak, der einerseits Penetrationsängste hervorrufen kann (das orale/vaginale/anale Eindringen der Parasiten) oder ob seiner einfachen Bildhaftigkeit (die beiden Kindern auf Knien an der Leine) zu Lachanfällen bei mir führt.
Die zweite Betrachtung von Cronenbergs erstem Spielfilm hat sich für mich also mehr als gelohnt, da sie nicht nur eine gewisse Ernsthaftigkeit vermittelt, sondern aufgrund der Genrekonventionen auch zu komischen Situationen führen kann.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#588
Geschrieben 24. Dezember 2004, 16:50
Regie: Alfred Hitchcock
Drei Sichtungen innerhalb von zweieinhalb Jahren hat es gebraucht, um doch endlich mal zu einem halbwegs abschließenden Urteil zu Hitchcocks erstem in den USA gedrehten Film zu kommen. Komischerweise ist es bei dem unerhört großen filmischen Werk Alfred Hitchcocks daher auch nicht gerade uninteressant, die Entstehungsgeschichte dieses Films bei einer wertenden Aussage außer Acht zu lassen. Es dürfte klar sein, dass sich Hitchcock zunächst wie im Schlaraffenland gefühlt haben dürfte. Unter solchen Bedingungen wie in der Traumfabrik mit einem ordentlichen Budget hatte er in seiner Heimat noch nicht gearbeitet, doch mit dem Produzenten David O. Selznick hatte er gleichzeitig jemanden, der wohl nicht nur jede Entscheidung was Besetzung, Drehbuch etc. des Regisseurs zu beeinflussen mochte, sondern auch das letzte Wort über das abgelieferte Werk hatte.
Mir gefällt vor allem die erste Filmhälfte besonders, da hier noch nicht auf den eigentlichen Plot der Geschichte Bezug genommen wird und der dann völlig die Oberhand gewinnt. Eigentlich wäre die zweite Filmhälfte eine Domäne Hitchcocks, aber mit einem Drehbuch über das er keine Kontrolle hatte und welches sich in der Folge auf lang gezogene Dialogszenen verlässt ist auch er machtlos gewesen. Alleine die Szene in dem kleinen Häuschen in dem Maxim (Laurence Olivier) der zweiten Mrs. De Winter (Joan Fontaine) vom Tode Rebeccas erzählt geht fast fünfzehn Minuten. Viel Arbeit für einen Schauspieler und von Olivier auch gut herübergebracht, aber schrecklich um über eine so lange Zeitspanne es filmisch fesselnd einzufangen. Und ich muss gestehen, dass ich nach dieser Szene für gut fünf Minuten weggedöst war.
In der ersten Stunde gelingt es Hitchcock locker und sehr gelöst seine Geschichte zu präsentieren. Das Kennen und Lieben lernen zwischen Olivier und Fontaine (die übrigens niemals mit ihrem richtigen Namen angesprochen oder erwähnt wird) ist zum einen sehr romantisch und ironisch von Hitchcock gehandhabt. Mit zunehmender Kenntnis über sein Gesamtwerk fallen dann auch immer die gewissen Kleinigkeiten, Scherze und persönlichen Vorlieben des Regisseurs ein, die er geschickt verpackt zu transportieren versteht.
Auch die Ankunft und die ersten Wochen auf dem Anwesen Manderley sind interessant. Wie ergeht es wohl der Filmheldin Joan Fontaine, die als einfaches Mädchen von Nebenan in die gehobene Gesellschaft durch ihre Blitzhochzeit katapultiert wird. Es gibt viel zu entdecken und für sie zu lernen und ich als Zuschauer begebe mich genau wie die Fontaine gerne auf eine Führung durch Manderley, welche Hitchcock einfallsreich gestaltet hat.
Judith Anderson als Mrs. Danvers, die heimliche Herrscherin Manderlays ist super, aber ihre Rolle wird bis auf das Finale beinahe völlig belanglos, weil ihr Einfluss durch ihre ständige Abwesenheit verliert. Auch wieder so ein Jammer, den man auf die schlechte zweite Drehbuchhälfte schieben muss, die ständig versucht eine etwaige Schuld Maxim De Winters herunter zu spielen versucht.
Am Ende haben mir noch George Sanders, der einen Streifenpolizisten schroff anblafft, und die Kamerafahrt auf das brennende Kopfkissen gefallen. Die hat Orson Welles ein Jahr später für seinen CITIZEN KANE hervorragend kopiert.
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#589
Geschrieben 26. Dezember 2004, 11:01
Regie: Richard Franklin
Ich glaube es ist bestimmt acht oder neun Jahre her, seit ich die drei Fortsetzungen von Alfred Hitchcocks Meisterwerk zuletzt gesehen habe. Zu Lebzeiten des Regisseurs hätte man sich bei Universal wohl nicht getraut eine Fortsetzung vom Stapel zu lassen, aber zwei Jahre nach dessen Tod sah die Sache wohl ein bisschen anders aus.
Hinter der Kamera hat man ein sehr beeindruckendes Team von ausgewiesenen Könnern versammelt. Dean Cundey an der Kamera, Hilton A. Green als Produzent, Tom Holland als Drehbuchautor, Jerry Goldsmith als Komponist der Filmmusik, Albert Whitlock als Effektspezialist und mit Richard Franklin einen Epigonen des Meisters, der mit PATRICK und ROAD GAMES nicht gerade unerfahren in diesem Genre ist und Hitchcock auch dort schon Tribut zollte. Da macht die Rückkehr an den Schauplatz des Verbrechens einen nicht zu unterschätzenden Spaß aus.
Anthony Perkins geht in seiner Paraderolle sichtlich auf und spielt ihn in der Fortsetzung auf gänzlich andere Art und Weise. Die zweiundzwanzig Jahre Aufenthalt in der Psychiatrie haben ihn geheilt und er geht etwas unsicher, aber mutig in diesen neuen Lebensabschnitt. Doch kaum das er bei seinem Haus und dem Motel wieder angekommen ist, wird er von Telefonanrufen und schriftlichen Mitteilungen seiner Mutter terrorisiert. Und bald darauf ereignen sich auch schon die ersten Morde.
Man erkennt deutlich die Bemühungen der Filmemacher dem Film eine eigenständige Note zu verleihen und das Original in ansprechender Weise zu würdigen. Es finden sich viele Referenzen in Einstellungen und Montagetechniken, die schon das Original auszeichneten. Deswegen schafft es der Film allerdings nur in einigen wenigen Augenblicken mit eigenen Bildern sich vom großen Bruder zu lösen. Gelungen finde ich aber einige Momente, die sich eher indirekt beim Originalfilm bedienen. Dazu zählen die zwei Szenen, die Anthony Perkins am Klavier zeigen, wie er zwei Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven spielt.
Die Besetzung kann sich im Großen und Ganzen sehen lassen, doch bei einigen habe ich das Gefühl, dass sie entweder fehlbesetzt sind oder ihre Rollen schlichtweg unnötig sind. Dennis Franz hat mir sehr gefallen als schmieriger Motel-Manager, der bis zu Normans Rückkehr das Motel geführt hatte. Meg Tilly wirkte auf mich eher unbeständig und Vera Miles und Robert Loggia farblos.
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#590
Geschrieben 28. Dezember 2004, 11:39
Regie: Kathryn Bigelow
Langweilig...
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#591
Geschrieben 29. Dezember 2004, 11:46
Regie: Anthony Perkins
Wie man eigentlich so ziemlich alles verkehrt machen kann, zeigt die zweite Fortsetzung von Alfred Hitchcocks Thriller-Meisterwerk. Diesmal hatte sich anscheinend kein vernünftiger Regisseur gefunden, der sich an dem schweren Erbe die Finger verbrennen wollte, also setzte sich Perkins selbst auf den Regiestuhl. Mich wundert es, dass auch hier wieder einige gute Leute hinter den Kulissen agieren. Bruce Surtees (THE OUTLAW JOSEY WALES)an der Kamera und Charles Edward Pogue (THE FLY) schrieb das Drehbuch.
Nach der sehr gelungenen Eröffnung des Films, die eine kleine Hommage an die kleine katholische Mission aus VERTIGO ist, verflacht der Film zusehends zu einem uninspirierten Slasher, der den in den beiden Vorgängerfilmen so mühsam aufgebauten Charakter des Norman Bates als „Mörder von der Stange“ degradiert. Manchmal denkt man, dass der Film vielleicht doch noch die Kurve kriegt, wenn er die Duschszene mit einem religiösen Motiv
zu verbinden versucht oder wenn Anthony Perkins seinen ersten Auftritt in dem Film gut bewerkstelligt. Doch der Film präsentiert sich bald als eine lahme Nummernrevue, die zum Ende hin auch noch reichlich abstrus aufgelöst wird.
Den schwarzen Humor, welchen man versucht hat einzubringen, zündet nur in den seltensten Fällen. Ein solches Ende hat die Reihe, als solche ja überhaupt nicht geplante, wahrhaftig nicht verdient.
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#592
Geschrieben 30. Dezember 2004, 01:37
Regie: Ed Harris
Ich weiß gar nicht recht wo ich ansetzen soll. Wie macht man einen völlig von Selbstironie befreiten Film über einen neurotischen und manisch-depressiven Maler, der sich selbst und die Menschen um ihn herum immer auf Distanz hält, aber gleichzeitig vom Publikum geliebt werden will und mit seiner Arbeit Geld verdienen will.
Ed Harris hat gut neun Jahre an diesem Film über den Maler Jackson Pollock gearbeitet, der Mitte der 1940er Jahre die moderne Malerei mit der so genannten Tropf-Methode revolutionierte. Er setzte bei seinen Gemälden den Pinsel nur noch indirekt ein, indem er die darauf befindliche Farbe über das Gemälde spritzte oder sie direkt aus der Farbdose auf die Unterlage tropfen ließ. Durch diese Methode war Pollock völlig frei in der Wahl seines Inhalts und der Umsetzung seiner Arbeit. Länge, Breite oder Höhe spielten für ihn plötzlich keine Rolle mehr.
Sicherlich ist Harris zu Gute zu halten, dass er seinen Film ohne überdramatisierende Höhepunkte inszeniert hat und auch hier und da ein gutes Geschick für Szenenspiel entwickelt. Dabei wird deutlich, dass er mit einer enormen Hingabe an die Mal-Szenen gegangen ist und völlig nüchtern, eigentlich eher kühl distanziert, die Privatperson Jackson Pollock versucht hat, greifbar zu machen.
Ganz besonders hat mir die „Liebesszene“ zwischen Harris und Marcia Gay Harden (sie spielt Pollocks spätere Filmehefrau Lee Krasner) gefallen. Diese ist in ihrer Statik und ein Einstellungswahl nicht nur brilliant ausgewählt, sondern auch zurückhaltend gespielt. Des Weiteren wird man noch durch gute Schauspieler und eine gute Filmmusik verwöhnt. Ein doch recht beachtliches Regiedebüt, dass durchaus einem zweiten Durchgang standhalten könnte.
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#593
Geschrieben 31. Dezember 2004, 10:12
Regie: Volker Schlöndorff
So nach den ersten fünf bis zu Minuten habe ich den Eindruck, hier einen ähnlich guten Film von Schlöndorff zusehen wie etwas DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM. Hier schlägt sich Schlöndorff ganz bewusst auf die andere Seite und versucht die Geschichte der RAF-Terroristen Rita Vogt (Bibiana Beglau) zu erzählen, die Anfang der 80er Jahre einen Handel mit den Behörden der DDR eingeht und sich selbst und ihren Mitstreitern freies Geleit im Osten zusichern lässt. Die gehen auf den Handel ein, so kann man wenigstens dem Klassenfeind eins auswischen. Die einzige Bedingung ist, dass keine Aktivitäten der Gruppe im Osten stattfinden dürfen. Während es einen Teil der Gruppe bald wieder danach strebt davon zu ziehen entscheidet sich Rita für die Assimilierung in die Gesellschaft der DDR. Eine neue Identität und ein ganz normaler Job soll sie vor den Zugriff der Behörden aus dem Westen schützen.
Was mir sehr gefallen hat Schlöndorffs gutes Gespür für Locations und diese interessant einzufangen. Das hilft ein wenig über die doch sehr wendig abgehandelte erste halbe Stunde hinweg, in der man kaum Zeit zum Atmen findet. Da geht es von West- nach Ost-Berlin, nach Beirut, Paris und wieder zurück in den Osten. Gute Darsteller und eine von GOOD-BYE-LENIN!-Kitsch sehr ferne Sicht der Dinge täuschen aber nicht über die grenzenlose Naivität der Hauptfigur weg. Die lässt sich einerseits von Geheimdienstmann Erwin Hull (Martin Wuttke) von A nach B dirigieren, reagiert dann aber völlig verständnislos bei menschlichem Miteinander. Von einer Ähnlichkeit der Figur Rita Vogt und Katharina Blum kann also nie die Rede sein. Die Musikauswahl mit Stücken der Rolling Stones, Sting, Nina Hagen etc. kommt mir gewagt, aber richtig vor.
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#594
Geschrieben 01. Januar 2005, 11:54
Regie: Renato Polselli
Vor gut zwei Monaten hatte ich den Film schon einmal im Player, aber hatte ihn nach einer Stunde Laufzeit abgestellt. Ich war einige Male weggedöst, was zum einen von einer gewissen Müdigkeit herrühren dürfte und zum anderen, weil die italienische Fassung mit englischen Untertiteln einiges an Konzentration erfordert, die ich seinerzeit wohl nicht aufzubringen im Stande war. Diese Sprachbarriere erachtete ich auch jetzt noch als etwas groß, aber mit der nötigen Aufmerksamkeit habe ich festgestellt, dass ich es hier mit einem ganz guten Genrevertreter zu tun hatte, der schon von Anfang an nicht dem gängigen Giallo-Muster folgen will. Die deutsche Fassung soll dem Vernehmen nach auch eine ziemliche Ausgeburt an haarsträubenden Dialogsätzen sein.
Dr. Herbert Lyutak (Mickey Hargitay) führt eine unglückliche Ehe mit seiner jungen Frau Marzia (Rita Calderoni). Er liebt sie zwar, doch seine Unfähigkeit mit ihr den Geschlechtsakt zu vollführen, bringt ihn schier um den Verstand. Sie wiederum wird von beunruhigenden Visionen von Folterungen und lesbischen Orgien heimgesucht. Darin tauchen nicht nur sie und ihr Ehemann auf, sondern auch ihre beinahe gleichaltrige Nichte Joaqunie und ihr Hausmädchen. Als Ventil für das Versagen bei seiner Frau stellt Lyutak jungen Mädchen nach, die er nach einem bestimmten Grad der Erregung, die sich selber in ihm aufstaut, umbringt. Da er als Kriminalpsychologe bei der Polizei tätig ist, fällt es ihm auch nicht schwer den Verdacht auf einen Unschuldigen zu lenken, der in der Folge sehr daran interessiert ist herauszufinden, wer der eigentliche Mörder ist. Denn in der Folge geschehen weitere Morde, die nicht von Lyutak begangen worden sind.
Ein wenig ist von genreüblichen Zugeständnissen im Film zweifelsohne vorhanden. Einerseits gibt es ein Verwirrspiel um den zweiten Killer und einen Haufen sleaziger Sexszenen, die für mich teilweise an der Grenze der unfreiwilligen Komik waren. Von einer Identifikation mit den beiden Hauptfiguren kann zwar überhaupt keine Rede sein, aber ihr gestörtes Miteinander in ihren „Alltagsmomenten“ offenbart nicht ein gewisses Unwohlsein bei mir. Nein, mit solchen Personen möchte man es wirklich nur im Film zu tun haben. Wobei ich vor allem Mickey Hargitay nun hier auch nicht unbedingt großes schauspielerisches Talent attestieren möchte.
Gegen Ende verliert der Kriminalaspekt immer mehr an Bedeutung welches einem Dreiecksverhältnis Platz macht, das vorher nicht direkt angedeutet wurde, weil die entsprechende Figur überhaupt nicht adäquat eingeführt wurde.
Ganz und gar anders wirkt da die amerikanische Schnittfassung auf mich. Ich würde an dieser Stelle gerne wissen, ob es beabsichtigt war, eine alternative Fassung für den amerikanischen Markt zu schaffen oder ob die zusätzlichen Szenen (ich spreche nicht von den Vietnam-Sequenzen) einfach nur Bestandteile einer Rohfassung waren, aus denen später die italienische Fassung entstand.
Die amerikanische Fassung fällt aufgrund ihrer geringeren Laufzeit (es fehlen annähernd zwanzig Minuten) deutlich ab. Nicht nur wurden einige Szenenabschnitte zusammengekürzt, sondern auch Nebenhandlungen entweder fallen gelassen oder neue hinzugefügt. Mich wunderte schon bei der Sichtung der italienschen Fassung das Fehlen der im Vorspann genannten Bonita. Die taucht in der amerikanischen Fassung aber auf.
Die Entscheidung die gesamte Filmhandlung als Traumhandlung eines sterbenden Soldaten zu schildern will sich mir nicht ganz erschließen. Auf jeden Fall hat sich nicht mehr diesen unangenehm direkten Beigeschmack, den die italienische Fassung bei mir auslösen konnte.
Auf jeden Fall war es ein sehr kurzweiliges Exploitationvergnügen mit einigen ziemlichen Logikbrüchen in beiden Filmversionen.
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#595
Geschrieben 02. Januar 2005, 11:55
Regie: David Koepp
Fünf Jahre und einige Drehbücher für andere Filme hat David Koepp gebraucht, um nach STIR OF ECHOES wieder mal auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen. Seine Skripts zu Thrillern wurden nach meiner Ansicht, eigentlich immer recht ansprechend umgesetzt und sein eigener Film sagte mir auch sehr zu, da machte es mich doch stutzig, dass er sich dieses Mal einer Vorlage von Stephen King bediente. Aber irgendwie sah ich doch sofort eine logische Konsequenz, wenn man selbst als Drehbuchautor, die Geschichte eines Autors adaptiert, die von einem Autor handelt, umsetzen will.
Die besten Stephen-King-Adaptionen sind meiner Ansicht nach die mehr oder weniger aus der Sicht eines Autors erzählten Geschichten. Von THE SHINING über STAND BY ME bis nach MISERY sind ja schon genug Variationen dieser Thematik umgesetzt worden.
Mort Rainey (Johnny Depp) bekommt es mit dem ziemlich bedrohlichen wirkenden John Shooter (John Turturro) zu tun, der ihn beschuldigt eine Story von ihm geklaut zu haben. Shooter droht damit Raineys Leben zur Hölle zu machen, wenn dieser ihm nicht einen Gegenbeweis liefern kann.
Am treffendsten möchte ich SECRET WINDOW einmal als „Shining für Arme“ bezeichnen. Während in Kubricks Filmadaption der Kopf von Jack Torrance so wildeste Phantasiegebilde erschafft, dass ihn zwangsläufig der Wahnsinn überfällt, ist der Auslöser für Mort Raineys Irrsinn nur die Affäre seiner Ehefrau Amy (Maria Bello) mit einem anderen Mann.
Der Druck unter dem Mort nun steht führt zwar zu einer Schreibblockade doch seine Gedanken gehen dafür eher auf Reisen. Shooter verlangt nicht nur von ihm den Beweis für die Story zu liefern, sondern auch das Ende umzuschreiben. Rainey erscheint ob dieser Forderung verwirrt doch ich als Zuschauer bin über diesen und andere Hinweise doch sehr rasch im Bilde was hier abläuft.
Was bei Kubrick zu einem mehr als unheimlichen Ehedrama im Overlook Hotel mutiert, verkommt hier zu einem Legen von falschen Fährten, denen ich allerdings überhaupt nicht mehr auf den Leim gehen kann. David Koepp verkauft mit zwar mit seinen über den ganzen Film verstreuten Hinweisen zwar nicht mich, aber seine Hauptfigur für dumm. Das an sich ist ja nicht so schlimm, aber es wird leider nur sehr plump dabei vorgegangen. Da wäre eindeutig mehr Potential drin gewesen.
Johnny Depp muss das instinktiv gespürt haben, denn seine Performance ist in den besten Momenten von einer Schnodderigkeit, die mich doch einige Male schmunzeln ließ. Aber seine Jack-Nicholson-Imitation im Finale war doch etwas zu viel des Guten.
Aber nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe, komme ich nicht umhin, diesen Film doch eher als unterurchschnittlich zu bezeichnen. An zwei Einstellungen lässt sich nämlich feststellen, dass etwas mit der Story, so wie wir sie sehen, etwas nicht stimmen kann. Diese sind nur etwas schwer zu entdecken, da die mittlerweile derart entfesselten Kameratechniken des Hollywoodkinos überall hindurchgehen können.
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#596
Geschrieben 02. Januar 2005, 19:29
Regie: Chia-Liang Liu
Das ist so ziemlich der beste Streifen um gegen den ganzen kollektiven Weihnachtswahnsinn am 24. Dezember entgegen zu steuern. Erst einen Tag vorher im örtlichen Kaufhaus für wenig Geld mitgenommen und dann als willkommene Alternative zu rosabäckigen Rauschebärten in roten Sportanzügen und Volksmusik-Geschiss in den Player geworfen. Ich entschuldige hiermit allerdings auch die späte Anerkennung im Filmtagebuch.
Von Quentin Tarantino als bester Shaw-Brothers-Streifen bezeichnet, war ich zunächst ziemlich erschrocken. Gordon Liu, Meister Pai Mei aus KILL BILL Vol. 2, schwört einem Tartarengeneral Rache für die Ermordung seiner Familie. Um ihm entgegen treten zu können muss er allerdings die hohe Kunst des Kung Fu erlernen. Also schleicht er sich in ein Shaolin-Kloster ein und steigt innerhalb von fünf Jahren, die ein knallhartes Training beinhalten, zu einem wahren Kampfsport-Tausendsassa auf. Dann wird dem gemeinen Despoten der Garaus gemacht.
Zwanzig Minuten Exposition sind nötig, die über die später aufkommende und sehr mitreissende Brillanz des Streifens sehr täuschen können. Man muss erst typisch asiatische Grimassen und hochnäsiges Schurkengehabe über sich ergehen lassen, bevor man mit rund fünfundsiebzig Minuten an Trainingssequenzen belohnt wird, die nicht nur über visuellen und handlungstechnischen Einfallsreichtum verfügen, sondern auch nicht langweilig zu werden drohen. Da gibt es auch einige ironische Brechungen, die mir sehr gefallen haben. Mogeleien mit Drähten habe ich nur in zwei Einstellungen ausmachen können. Die ausgeklügelten Kamerafahrten, Reißschwenks und Zooms sind aber eine wahre Augenweide.
Storytechnisch ist der Film natürlich keine Offenbarung, aber die dürfte bei einer Rachegeschichte auch nicht gerade zu erwarten sein. In den letzten zwanzig Minuten wird die Motivation des Filmhelden zwar reichlich unlogisch, aber schließlich muß dem Affen ja noch Zucker gegeben werden. Aber wenn man erstmal seinen Blutdurst gestellt hat, kann sich ja wieder brav im Kloster verkriechen.
Der Streifen hat mich sehr hungrig auf weitere Filme der Shaw Brothers gemacht. Mal sehen was ich mir demnächst einverleiben werde.
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#597
Geschrieben 04. Januar 2005, 23:08
Regie: Renny Harlin
Ich glaube das hier ist der einzige Film vom Finnen Renny Harlin, den man sich öfter als zweimal anschauen kann. Und es ist meines Wissens nach, der einzige Hai-Film, der mir neben Steven Spielbergs Film aus dem Jahr 1975 aus diesem Genre gefällt. Obwohl aus diesem Genre nicht so viele Vertreter gesehen habe.
In der amerikanischen Forschungsstation Aquatica, vor der amerikanischen Westküste gelegen (die Filmbeschreibung gibt fälschlicherweise den Atlantik an), sucht ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Dr. Susan McCallister (Saffron Burrows,) nach einem Heilmittel gegen die Alzheimer-Krankheit. Den Wirkstoff für dieses Mittel extrahiert man recht rabiat direkt an der Quelle: mit einer übergroßen Nadel wird direkt in den Kopf des Tierchens gestochen und dessen Gehirn angezapft. Die Leiterin des Forschungsteams hat die Haie mittels Genmanipulation nicht nur zu einem Riesenwachstum angeregt, sondern sie dabei versehentlich auch noch mit Intelligenz versorgt. Und stellt sich die karge Wochenendbesatzung des schwimmenden Labors die Frage, was ein 8000 Pfund schwerer Marco-Hai mit einem Gehirn in der Größe eines V8-Motors wohl im Schilde führt.
Im Gegensatz zum Spielberg-Film kann man hier erfreut feststellen, dass der Streifen sich nicht besonders ernst nimmt. In der berühmt-berüchtigten 10-Kleine-Negerlein-Taktik gibt es ein bisschen Charaktervorstellung am Anfang und der Vorstellung des Schauplatzes. Und schon lässt Mr. Harlin die Haie auf die Darsteller los. Das sind zum größten Teil hervorragende Animatronik-Modelle von Marcos, die ein klein wenig für ihre Filmversion aufgepäppelt wurden. Ihre doppelten Zahnreihen erinnern mich dabei mehr an eine Venusfliegenfalle, als an ein Haifischgebiss. Die computeranimierten Haie sind eher misslungen, aber bei der Art von Film ging es nicht um Realismus, sondern einfach um Pragmatismus.
Einerseits auf blanke Schocks, aber auch auf Suspense ausgelegt, weiß mich der Film doch jedes Mal bestens zu unterhalten. Mit Samuel L. Jackson und Stellan Skarsgård hat man zwei respektable Schauspieler neben dem mehr körperlich agierenden Rest des Ensembles besetzt. Und hätten sich Harlin und sie nicht getrennt, so wäre garantiert Geena Davis anstatt Saffron Burrows in der Rolle der fehlgeleiteten Wissenschaftlerin besetzt worden.
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#598
Geschrieben 06. Januar 2005, 16:22
Regie: Alfred Hitchcock
Ich habe einiges in Sachen Hitchcock aufzuarbeiten und darunter fallen alle seine Spätwerke nach MARNIE. Warum ich mich bisher nicht für diese Filme nicht interessiert habe kann ich nicht genau sagen, aber es wird wohl an den enormen Eindrücken seiner Filme von 1954 bis 1964 liegen, die mir alle fast ausnahmslos gefallen. Es muss wohl an den gängigen Artikeln liegen, die von einem Niedergang Hitchcocks berichten. Er verlor während den 60ern ja nicht nur viele seiner wichtigsten Mitarbeiter hinter der Kamera. Auch das Studiosystem brach zusammen und die Wahl für einen interessanten Stoff kam für ihn erschwerend hinzu. Die Geschichte, die er hier zu erzählen hat, lässt sich vom Grundgefühl her wie THE TROUBLE WITH HARRY beschreiben. Eine kauzige Kriminalkomödie…wobei der von mir erwähnte Film überhaupt keine Kriminalelemente enthält.
Hier werden zwei getrennte Geschichten zunächst parallel nebeneinander erzählt, die sich dann zufällig treffen und wieder verlaufen, um dann in der letzten Viertelstunde zu einer werden. Die eine Geschichte erzählt von der falschen Hellseherin Madame Blanche (Barbara Harris) und ihrem Freund George Lumley (Bruce Dern), die den Glauben an übersinnliche Phänomene ihrer Opfer ausnutzen und Kontakt mir verstorbenen Familienmitgliedern aufnehmen. Sie kommen gerade so über die Runden, bis Blanche einen dicken Fisch an der Angel hat. Sie soll den verschwundenen Neffen einer reichen alten Dame ausfindig machen.
Die zweite Geschichte erzählt von einem anderen Gaunerpärchen, Arthur Adamson (William Devane) und seiner Lebensgefährtin Fran (Karen Black), die ausgewählte Personen kidnappen und gegen teure Edelsteine einzutauschen pflegen, die sie in Gehänge eines Kronleuchters in ihrem Haus verstecken.
Es macht einen sehr großen Spaß Hitchcock beim Erzählen seiner Geschichte zu zusehen. Vor allem die ersten fünfundzwanzig Minuten dienen der sorgfältigen Einführung der beiden Gaunerpärchen. Mir erscheint keine Szene zu lang oder zu langweilig. Nüchtern betrachtet müssten eigentlich beide Pärchen ins Kittchen verfrachtet werden, aber man spürt deutlich die Sympathie, die man für den Taxifahrer und die falsche Hellseherin hat. Die können am Ende ruhig die Belohnung kassieren. Nachdem was sie durchgemacht haben, werden die garantiert keine krummen Sachen mehr machen.
Ein wortwörtlich augenzwinkernder und sehr unterhaltsamer Film mit einer sehr erfrischenden Filmmusik von John Williams, hervorragend aufgelegten Darstellern und sehr gewitzten Dialogen. Zwar kein Abschluss mit einem Paukenschlag und auch kein routiniert heruntergekurbeltes Stück Film, sondern eine liebevoll erzählte Geschichte.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#599
Geschrieben 08. Januar 2005, 22:03
Regie: Alex Proyas
Ich war ja schon ziemlich verwundert, aber auch gespannt, was Hollywood aus dem Isaac-Asimov-Buch für einen Film machen wollte. Mit Regisseur Alex Proyas war schon mal ein guter Handwerker an Bord, dessen DARK CITY mit seinem Retro-Look sehr erfreut hat, aber dessen THE CROW mich nur herzhaft aufgähnen ließ. Nun also ein Roboter-Film mit Will Smith in der Hauptrolle. Nach den ersten Trailern war ich aufgrund der flapsigen Komikeinlagen schon abgeschreckt. Entweder traut man Will Smith keine dramatische Rolle zu oder aber er hat selbst auf diesen Szenen bestanden.
Roboter gehören im Jahr 2035 zum alltäglichen Bild der modernen Gesellschaft. Sie sind Bedienungen in Bars, Müllmänner, tragen Einkaufstüten und nehmen auch sonst jede von Menschen nicht so gern verrichtete Arbeit ab. Ihr Zusammenleben mit den Menschen ist auf drei feststehende Gesetze aufgebaut ohne die sie sonst nicht im Alltag teilhaben dürften. Doch der Tod des Wissenschaftlers Dr. Alfred Lanning (James Cromwell), Leiter beim führenden Robotikkonzern USR, ruft Detective Spooner (Will Smith) auf den Plan. Er verdächtig den Roboter Sonny, den Prototypen einer neuen Robotergeneration, die kurz vor der Auslieferung steht.
Man spürt deutlich wie die Macher darauf aus waren ein eigenständiges und möglichst originelles Abbild der Zukunft zu kreieren. Das Chicago des Jahres 2035 ist das genaue Gegenteil des Los Angeles im Jahr 2019 aus BLADE RUNNER. Es ist taghell und die Sonne scheint kräftig und warm. Kein Regen, keine Dunkelheit. Das Stadtbild wird von Glashochhäusern und Hochgeschwindigkeitsautobahnen geprägt. Fast könnte man meinen, dass die Menschen mit sich und ihrer Umwelt ins Reine gekommen sind.
Die Schwäche des Films macht sich dann aber auch schon unter der Oberfläche sehr rasch bemerkbar. Anstatt sich dem Filmtitel zu verschreiben und sich auf die Figur des Roboters Sonny einzulassen, macht der Film das was man von einem Hollywood-Sommerblockbuster zu erwarten hat. Reichlich Action, augenzwinkernde Komik und viel sinnloses Herumwirbeln der Kamera. In den wenigen Momenten in denen der Roboter Sonny mit seinen Kollegen agiert spielt er diese dann aber glatt an die Wand. Im werden die besseren Dialoge in den Sprechschaltkreis gelegt. Nicht sehr schmeichelhaft gegenüber seinen menschlichen Mitstreitern. Die Idee Will Smith quasi als Halb-Roboter zu charakterisieren ist zwar ganz nett, aber wenn Sonny am Ende des Films die Hand schüttelt komme ich auf den Gedanken, als ob Sonny dankbar sein müsste, dass er Spooner eben diese drücken darf.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#600
Geschrieben 09. Januar 2005, 22:42
Regie: Chris Walas
Vor gut fünfzehn oder vierzehn Jahren, noch zu den Zeiten des alten Schweizer Pay-TV-Senders Teleclub gesehen, entdeckte ich diesen Film noch gestern Abend in der Videothek. In der 18er-Abteilung eingerahmt zwischen anderen seligen Vertretern aus der gleichen Entstehungszeit. Ich hatte so gut wie keine Erinnerung mehr an den Film also war es nicht gerade einfach seiner Anziehung zu widerstehen. Diese Anziehung wird natürlich nur durch das sehr gute Cronenberg-Remake ausgelöst, aber von Zeit zu Zeit muss man auch mal masochistisch veranlagt sein und sich auch solchen elendigen Fortsetzungen aussetzen.
Im Film dreht es sich um Martin Brundle (Eric Stoltz), dem Sprössling von Brundle-Fliege und Veronica Quaife, der als Protegé bei Bartok Industries, dem ehemaligen Arbeitgeber seines Vaters, aufwächst. Mit der DNA seines Vaters ausgestattet wächst er innerhalb von nur fünf Jahren zu einem ausgewachsenen jungen Mann heran, der genau wie er mit allen Vorzügen und Unzulänglichkeiten ausgestattet ist. Sein Ziehvater behandelt ihn vermeintlich liebevoll, ist aber in Wirklichkeit darauf aus, dass er sich nicht nur in eine Fliege verwandelt, sondern ihm auch dabei hilft, die von seinem Vater entwickelte Teleportationsapparatur ihm zugänglich zu machen.
In den ersten fünfzig Minuten bekommt man nicht nur eine Variation aus der ersten Hälfte des ersten Films geliefert, sondern man bekommt es auch einigermaßen hin eine eigene Story aufzubauen. Der Film ist aber zu keiner Zeit darauf aus einen inneren Konflikt wie im Cronenberg-Film abzuliefern, sondern die Fliege in den letzten zwanzig Minuten als veritables Filmmonster zu verwenden, welches die Sicherheitskräfte des Industriekomplexes und einige Wissenschaftler über die Klinge springen lässt. Da werden Rückgrate gebrochen, Gesichter mit Kotztropfen verätzt und Köpfe mit Fahrstühlen zermantschen. Über eine bessere TV-Optik, die zeitweise sehr daran interessiert zu sein scheint, das Aussehen des ersten Films zu kopieren, kommt man darüber kaum hinaus. Aber dann und wann fängt man einige bemerkenswerte Einstellungen ein, die ein Bemühen erkennen lassen. Die Darsteller sind teilweise überzeichnete Karikaturen: die nette Arbeitskollegin und spätere Liebschaft, der wandelnde Muskelstrang als Chef des Sicherheitspersonals, Wissenschaftler mit einem dünnen Nervenkostüm. Nur über John Getz’ Auftritt konnte ich mich jenseits der Genrekonventionen richtig freuen. Christopher Youngs Filmmusik kommt leider über eine Kopie seines Hellraiser-Themas nicht hinaus.
Es war ganz unterhaltsam den Film nach so langer Zeit wieder einmal zu sehen. Bis zur nächsten Sichtung können dann jetzt auch wieder fünf Jahre vergehen.
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