"Now it's dark!"
#721
Geschrieben 11. Juli 2005, 22:05
Regie: Steve Hillenburg
„Also mal im Ernst, wenn du kindisch bist, dann bin ich auch kindisch.”
Als ich vor einigen Monaten mal durch das Abendprogramm gezappt habe, hing ich plötzlich auf einem privaten Kanal fest, der einen ziemlich hoch angesetzten Programmplatz auf meiner Fernbedienung inne hat und deshalb wohl auch niemals zuvor von mir eingeschaltet worden war. Selbst in meiner Fernsehzeitung ist der Kanal vorher nie aufgefallen, da auf ihm nie etwas von besonderem Interesse für mich lief. Ein quadratischer Schwamm, ein Seestern, ein Tintenfisch und ein undefinierbares Nagetier in einem Raumanzug wurde auf einer Inselattrappe von ausgestopften Möwen attackiert. Ich dachte mir nur was dieser Mist denn jetzt wieder soll, bis die vier, auf den ersten Blick äußerst schlechten Requisiten, ins Wasser fallen und die Handlung unter Wasser weitergeht. Da wechselte es plötzlich zu traditioneller Zeichentrickanimation. Was, zum Donnerwetter noch mal, war denn das gewesen? Es war meine ersten Begegnung mit Spongebob Schwammkopf und seinen drei Kumpels Patrick Star, Thaddäus Tentakel und Sandy Cheeks, welche oft sinnlose Unterwasserabenteuer am Grunde des Bikini Atolls erleben. Eine Zeichentrickserie für Kinder aber auch Erwachsene, wie ich seitdem mehr und mehr feststellen konnte, über einen quadratischen Schwamm, die in den USA beim Kindersender Nickelodeon ausgestrahlt wird. Nun also der erste abendfüllende Spielfilm nach noch nicht einmal fünf Jahren. Selbst die Simpsons habe es nach über fünfzehn Jahren noch nicht zu einem abendfüllenden Spielfilmabenteuer gebracht.
Helle Aufregung herrscht in Bikini Bottom. Sogar die Medien berichten davon als Eugene Krabbs, Inhaber der „Krostigen Krabbe“, sein zweites Restaurant aufmacht. Und dafür muss er natürlich einen Manager ernennen. Schon lange wünscht sich der treuherzige Spongebob mal befördert zu werden und umso niedergeschlagener reagiert er als er erfährt, dass er übergangen worden ist. Um Manager zu sein, muss man eben ein ganzer Mann sein und darf sich nicht kindisch benehmen. Doch die Trauer währt nicht lang, denn der böse Mr. Plankton hat die Kröne König Neptuns gestohlen und die Schuld Mr. Krabbs in die Schuhe geschoben. Zum Beweis das er nicht kindisch ist und Mr. Krabbs nichts nachtragt, macht sich Spongebob mit seinem Kumpel Patrick, einem einfältigen Seestern auf, die Krone König Neptuns wiederzubeschaffen.
Das ist ganz sicher der irrwitzigste abendfüllende Zeichentrickfilm gewesen, den ich bisher gesehen habe. Das einzige was mir an Ideenreichtum und subversiver Intensität da noch in den Sinn kommt, sind die Cartoons von Chuck Jones. Der Plot wird immer wieder zugunsten von aberwitzigen Situationen und Momenten vernachlässigt. Aus noch nicht einmal achtzig Minuten reiner Spielzeit holt man so ziemlich das Maximum heraus. Das Ergebnis: ich liege ständig vor Lachen unter dem Tisch mit Tränen in den Augen. Hier wird so ziemlich alles veralbert, was es zu veralbern gibt. Man erfährt warum ein König überhaupt eine Krone trägt, es wird der Hasselhoff geritten, ordentlich Schuhgeplattelt, zum Tauben-Nüsschen-Lied abgefeiert, Kellner genervt, ein Sandwich gefahren und Piraten sind völlig aus dem Häuschen Kinokarten für den Spongebob-Schwammkopf-Film ergattert zu haben. Des Wahnsinns fette Beute.
Keine falsch aufgesetzte Moral, keine besonderen technischen Sperenzchen. Einfach ein ganz ehrlicher, absolut alberner, kindlicher und gerade deswegen toller Spass. Treffer! Versenkt.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#722
Geschrieben 13. Juli 2005, 19:06
Regie: William Friedkin
Zu behaupten, dass Friedkin völlig einfallslos an diesen Cop-Thriller herangegangen ist kann man nun gerade nicht behaupten. Aber trotzdem bleibt ein mehr als schaler Nachgeschmack im Munde hängen, wenn man sich diesen Film noch mal vor seinem geistigen Auge ablaufen lässt.
Der Secret Service Agent Richard Chance (William Petersen) ist als Beamter für Falschgeld-Delikte schon lange hinter dem Kriminellen Eric Masters (Willem Dafoe) her, der als Falschgelddrucker die Gegend um Los Angeles mit seinen Blüten bepflastert. Chance nimmt die Sache sehr persönlich und schwört, denn Masters hat seinen älteren Kollegen und Freund ermordet. In seinem blinden Hass schreckt er auch nicht davor zurück, den langen Arm des Gesetzes gehörig zu strapazieren. Masters setzt im Verlauf erst einmal alles daran einen seiner Kuriere aus dem Weg zu räumen, die Chance eingebuchtet hat, da er befürchtet, dass dieser ihn verpfeifen könnte.
Zu erwarten, dass Friedkin einen ähnlichen Kracher wie THE FRENCH CONNECTION hinlegt, der ihn immerhin als einen der hoffnungsvollsten jungen Regisseure im New Hollywood aufsteigen ließ, ist natürlich vermessen und das habe ich auch nicht verlangt, aber man kann doch bitte schön ein bessere Umsetzung einer solchen Story erwarten, als eine wie sie mir hier präsentiert wird. Ich will ja nicht verächtlich klingen, aber es ist schon seltsam mit was für klischeebeladenen Situationen und Charakterzügen er seine Figuren ausstattet und diese dann in die Hände von teilweise völlig fehlbesetzten Schauspielern legt, die ihre Rollen auch noch völlig überzogen spielen. Der einzige, der kontinuierlich gute Arbeit leistet ist Kameramann Robby Müller, der oft ein Los Angeles in ständigem Zwielicht der magischen Stunde einzufangen versteht. Als ziemlich grausam empfand ich die Filmmusik, die zwar hier und da effektvoll mit dem Schnitt verwoben wurde, aber dann, zusammen mit dem Film- und Tonschnitt, auch für einige Totalausfälle sorgt.
Ich hatte mir doch etwas mehr davon erhofft, aber nach jüngeren Trash-Granaten wie THE HUNTED sollte ich bei anderen Filmen von William Friedkin nicht mehr allzu viel erwarten. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort war er leider nur ein einziges Mal.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#724
Geschrieben 18. Juli 2005, 09:12
Regie: Leni Riefenstahl
Reich an hinterfotzigem Blablabla von bösen Menschen, reich an strammer Marschmusik, reich an „schönen“ Gesichtern, an Fahnen, Standarten, Menschenmassen und haste nicht gesehen.
Aber meistens unglaublich langweilig, weil sehr repetetiv in der Auswahl von Szenenabfolgen. Teilweise miserabelst geschnitten und gefilmt. Ganz selten nur von einer filmischen Kraft, die von Montage, Kamerafahrten, Musik und Einstellungen forciert wird, und die man auch, und das drücke ich mit größter Vorsicht aus, objektiv gut finden kann, ohne dem ideologischen Hintergrund auf den Leim zu gehen.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#725
Geschrieben 19. Juli 2005, 15:00
Regie: Dennis Hopper
Ich war vor einigen Wochen doch recht angetan von dem, was sich mir da bei den Öffentlich/Rechtlichen bot. Mein älterer Bruder schwärmte ja schon seinerzeit von dem Streifen und ich selbst hatte den schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr gesehen. Das ich den Film dann auch noch einige Tage nach seiner Fernsehausstrahlung günstig auf dem Silberscheibchen ausmachen konnte, war ein weiterer Glücksfall, zumal ich ihn im Fernsehen nur auszugsweise angesehen habe. Also wurde es Zeit für eine Auffrischung. Die kurzen, doch recht freizügigen Ausschnitte, die ich von dem Streifen zu Gesicht bekommen hatte, sorgten allerdings dafür, dass sich meine Nervenenden fast ausschließlich auf solche optischen Reize konzentrierten. Virginia Madsen und Jennifer Connelly ziehen nehmen ordentlich blank.
Es ist eine Geschichte, die bestimmt schon dutzende Male erzählt worden ist und sich sooft wiederholen lässt, bis man die Lust daran verliert. Im sonnigheißen Texas, mitten in der Wüste, strandet Harry Madox (Don Johnson) in einem kleinen verschlafenen Nest. Er angelt sich recht kaltschnäuzig einen Job als Autoverkäufer. Da sich als einzige Freizeitaktivität nur das örtliche Striplokal anbietet, sagt Harry zu einer heißen Affäre mit der Frau seines Chefs, Dolly Harshaw (Virginia Madsen), nicht nein. Verkompliziert wird das ganze aber noch, weil er sich auch noch in die blutjunge Sekretärin Gloria Harper (Jennifer Connelly) verguckt. Die wird von einem schmierigen Hillbilly (William Sadler, die Kampfsau aus DIE HARD 2) erpresst. Um sich und Gloria aus der Patsche zu helfen, raubt Harry mit einem cleveren Trick die Bank aus. Dolly ist von der Liason Harrys und Glorias allerdings alles andere als angetan und so entwickelt sich ein immer intriganter werdendes Netz aus Lügen, die sich um Harry herum wickeln.
Also an den Darstellern lag es nun nicht gerade, dass der Film nicht bei mir funktionierte, sondern eher an der vertrackten Story. Die schlägt nämlich so viele Haken, dass man eher verwirrt dasteht, als begeistert. Da hätte man mehr draus machen können. Ansonsten ist der Film aber ganz passable Unterhaltung, wenn auch nicht ein ganz so überragende Neo-Noir, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Der Jazz-Soundtrack ist recht hörenswert, wenn auch hin und wieder ganz schön klischeehaft und übertrapaziert, aber Jack Nance in der Nebenrolle des Bankdirektors, der des nachts Stripperinnen Geldscheine an den Slip steckt, ist ein toller "scene stealer".
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#726
Geschrieben 21. Juli 2005, 19:40
Regie: Robert Wise
Es ist schon ein starkes Stück wenn Männer wie Robert Wise, Nicholas Meyer, Joe Dante oder Julian Blaustein, seines Zeichens Produzent, den gerade von mir gesehenen Film mit stolzgeschwellter Brust, als einen wichtigen Beitrag für das SciFi-Genre bezeichnen. Ich hingegen konnte es einfach nicht fassen mit was für hanebüchenen Mitteln hier einfach nur auf Effekte abgezielt wurde und eine mehr als fadenscheinige Ideologie transportiert werden sollte. Die unglaublichen Drehbuchlöcher und dilettantischen Regie- und Logikfehler, sowie die zuweilen biedere Charakterzeichnung, lasse ich erst mal außer Acht.
Wir schreiben das Jahr 1951. Mitten in Washington D. C., der Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika, landet ein außerirdisches Raumschiff. Ihm entsteigen Klaatu (Michael Rennie), dem sein friedlicher Besuch auf der Erde, erst mal mit einem Pistolenschuss in die Magengegend vergolten wird und ein riesiger Roboter mit dem Namen Gort. Klaatus Mission: alle politischen Führer der Erde an einen Tisch bringen, da das Schicksal der Erde auf dem Spiel steht. Zu dumm nur, dass seinem Verlangen aufgrund der Engstirnigkeit diverser politischer Führer nicht nachgekommen wird. Als er sich von seinen Verletzungen erholt hat, bückst er aus der lockeren Bewachung aus und taucht als Mr. Carpenter in einer kleinen Wohngemeinschaft in der Stadt unter. Hier lernt er unter anderem die Witwe Helen Benson (Patricia Neal) und ihren Sohn und erfährt etwas über die Eigenarten der Menschen. Während die Behörden Washingtons nach dem Weltraummann suchen, kontaktiert Klaatu den Wissenschaftler Prof. Barnhardt (Sam Jaffe), um mit seiner Hilfe ein Treffen mit den geistigen Vertretern der Menschheit zu vereinbaren. Als ein Zeichen seiner Macht, lässt Klaatu für eine halbe Stunde das öffentliche Leben auf der gesamten Erde zum Erliegen kommen. Das lassen sich die Behörden natürlich erst recht nicht bieten und knallen ihn ein zweites Mal ab. Diesmal aber richtig. Doch mithilfe seiner überlegenen Technik kann sich Klaatu wiederbeleben lassen und warnt am Ende die Menschheit vor ihrem Expansionsdrang, der sie in Zusammenhang mit ihren Atomwaffen zu einer Bedrohung für ihren unmittelbaren Nachbarn im All macht.
Ich dachte am Ende wirklich: „Habe die sie nicht mehr alle auf dem Christbaum?“ Ein schnöder Oberlehrermanier plaudert Klaatu mal aus dem Nähkästchen und verklickert der gebannt lauschenden Menschheit, wie sie es geschafft haben friedlich zu nebeneinander zu existieren. Die haben ihr Schicksal in eine Polizeimacht in Form von Robotern, von denen jener Gort einer ist, gelegt, die bei jeglicher Form von Aggression unbarmherzig einschreiten. Also Burschens, wenn ihr nicht lieb zueinander seid und schön auf Friede, Freude, Eierkuchen macht, dann kommt der böse Blechmann und ätzt euch mit seinem Laserstrahl weg. Also Arschbacken zusammenkneifen und schön kuschen, auch wenn es schwer fällt. Und gerade dieses „auch wenn es schwer fällt“ ist nach meinem Empfinden der Knackpunkt. Die Menschen von ihren Atomwaffen zu befreien, wird wohl kaum deren Aggressionspotential dergestalt mildern, dass sie auf einmal zahm wie Meerschweinchen werden.
Von dieser Ungeheuerlichkeit einmal abgesehen, zeigt der Film aber auch wieder mal die typisch biedere Form von amerikanischer Unterhaltung, welche mir ganz schön sauer aufgestoßen ist. Macht mir ja sonst nicht sonderlich viel aus, ist mir auch größtenteils Schnurz wegen was denen dabei etwas abgeht, aber in Zusammenhang mit der pazifistischem Botschaft des Films, die pikanterweise mit einem Golden Globe gekürt wurde, komme ich nicht umhin mich auch darüber auszulassen. Der Film ist fast durchweg sehr hölzern und unsicher gespielt und inszeniert. Das merkt man an vielen der gestelzten wirkenden Dialogszenen. Dann gibt es enorme Verständnis- und Logikfehler, die mich ordentlich zusammenzucken ließen. Da tigert Klaatu die Rampe seiner fliegenden Untertasse runter und zückt ein undefinierbares Objekt. Hätte er eigentlich besser stecken lassen sollen, da er die Knarren der Soldaten gesehen haben muss. Später dann tapert der Roboter Gort völlig unbehelligt durch halb Washington, das vor Militärs eigentlich überquellen müsste und holt sich den leblosen Körper Klaatus aus einer Gefängniszelle (!). Außerdem wird man mit enorm vielen Aufnahmen von Militärfahrzeug und kommandierenden Offizieren gefoltert, die fleißig ihre Suchmeldungen in die Kamera plärren. Der rudimentäre Sprachgebrauch fängt noch gut zwei Minuten bei mir an, gehörig auf die Nerven zu fallen.
Zumindest beweist der Film in einigen Szenen ein wenig Sinn für Humor, wenn z. B. beim Stillstehen des öffentlichen Lebens in einer Einstellung ein Bauer gezeigt wird, der mit einer nicht funktionieren Melkmaschine erfolglos versucht, den Zitzen einer Kuh Milch zu entlocken.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#727
Geschrieben 23. Juli 2005, 17:00
Regie: Tim Burton
Wie wird man invasionsgeile Marsianer los, die vorher nur ihr Unwesen auf Kaugummikarten getrieben haben und sich nun eine diebische Freude daraus machen, den amerikanischen Kongress, halb Washington und Las Vegas, Paris, das Taj Mahal und Mount Rushmore abfackeln, dabei Erinnerungsfotos für ihr persönliches Fotoalbum schießen, sich Godzilla und „Ein Duke kommt selten allein“ reinziehen und Atomexplosionen im wahrsten Sinne des Wortes in der Pfeife rauchen?
Tim Burton, der Meister fürs ziemlich Schräge im amerikanischen Kino, kam mit seiner Variante einer außerirdischen Invasion der Erde nur einige Monate nach INDEPENDENCE DAY in die Kinos. Aber im Gegensatz zu dem Sommer-Blockbuster verfügt Tim Burton mit seinem Film nicht nur über eine ungleich höhere Starpower, sondern auch über die schrägeren Einfälle.
Was ich bisher überhaupt nicht wusste ist, dass Burton viele der Kartenmotive im Film originalgetreu nachstellt. Wenn man sich den Film noch mal in Erinnerung ruft kann man hier sehr gut viele Parallelen ausmachen. Nur gut, dass Burton die ganzen Insektenangriffe, die auf den Karten schon für mich ziemlich nervenaufreibend dargestellt sind, im Film nicht eingefangen hat. Das dürfte aber eher story- und geldtechnische Gründe haben. An Fantasie, Ruppigkeit und einer gehörigen Portion Subversivität mangelt dem Film nämlich ganz und gar nicht.
Mal sehen wie sich der gute Tim mit CHARLIE AND THE CHOCOLATE FACTORY und THE CORPSE BRIDE bei mir aus der Affäre ziehen wird.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#728
Geschrieben 24. Juli 2005, 20:02
Regie: Russ Meyer
Susan Sarandon würde bestimmt fuchsteufelswild werden, wenn man THELMA & LOUISE mit diesem ungleich mitreißenderen Filmchen von Russ Meyer vergleichen würde, aber die Parallelen sind wirklich nicht von der Hand zu weisen. Beides sind Filme über Frauen, welche sich in ziemlicher Outlawmanier durch ein Western-Szenario bewegen und auf ihrem Weg einige Kurz und Klein schlagen. Wo beim Film von Ridley Scott immer noch irgendwo eine emanzipatorische Note durchscheint, regiert bei Russ Meyer die nackte Grimmigkeit. Ich kann den Vergleich der beiden Filme gar nicht mehr anders herleiten, als das ich noch weiß, dass ich die beiden Filme vor mehr als zehn Jahren das erste Mal gesehen habe. In geringen Zeitabständen zueinander. Jedenfalls sind sie mir beide seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
Drei, wie bei Russ Meyer immer üblich und sicherlich wohl bekannt, üppig gebaute Go-Go-Tänzerinnen rasen mit ihren flotten Sportwagen durch die kalifornische Wüste und habe jede Menge Spaß. Die drei Mädels sind sich trotz des Spaßes den sie haben nicht sonderlich grün. Varla (Tura Satana) mit ihren pechschwarzen Haaren, einem ebenso schwarzen und vor allem an der Oberweite viel zu engen Outfit, ist die Anführerin der Drei. Die blonde Billie (Lori Williams) tanzt besonders gerne aus der Reihe während Rosie (Haji) eher die Vorsichtige des Trios ist. Mitschleppen tun sie das brave Mädchen Linda (Susan Bernard). Ihr Freund hatte sich in handgreiflicher Art und Weise mir Varla angelegt und diese Attacke mit dem Leben bezahlen müssen. Die Vier stranden nach einiger Zeit auf einer heruntergekommenen Ranch, die von einem alten Mann (Stuart Lancaster) und seinen beiden Söhnen bewohnt wird. Die drei Mädels wollen hier nicht nur reichlich Dollars abkassieren, sondern auch die kleine Linda loswerden. Doch auf der Ranch kocht ein noch viel heftigeres Süppchen.
Russ Meyers B-Film zeichnet sich nicht nur durch seine drei charismatischen Hauptdarstellerinnen, zwei davon kommen aus der Branche des erotischen Anheiz-Tanzens, aus, sondern vor allem durch seine völlig überdrehte Darstellung aller Begebenheiten. Nach dem Motto „Alles ist möglich!“ wird nicht davor zurück geschreckt, äußerst wilde Raufereien zu präsentieren, sondern auch kaltschnäuzige Dialoge den Figuren in den Mund zu legen und sie mit extremen Charakterzügen auszustatten. Das sich im Verlaufe der zugegebenermaßen dünnen Story ausgerechnet der alte Knacker im Rollstuhl als die Wohl schlimmste Figur im Film herausstellt, ist da noch die mindeste Überraschung. Und der Look von Tura Satana stand wohl Pate für Lucy Lawless in der Fantasy-Serie XENA: WARRIOR PRINCESS.
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#729
Geschrieben 26. Juli 2005, 20:09
Regie: Akira Kurosawa
Ein nach meinem Empfinden immer wieder durch und durch aufrüttelnder Film und sicherlich das Beste, was ich von Akira Kurosawa im Speziellen und vom japanischen Kino im Allgemeinen, bisher gesehen habe. Ein in jeglichen Aspekten herausragend inszenierter und gespielter Film, inhaltlich so überragend und in seiner Aussage so klar, dass es schon fast unerträglich ist, dabei zuzuschauen.
Es scheint als ob die Welt untergeht, denn der wolkenbruchartige Regen vor dem drei Männer, ein Holzfäller, ein Priester und ein weiterer Mann unter dem Eingangstor zur antiken japanischen Hauptstadt Kyoto Schutz suchen, will einfach nicht aufhören. Vor drei Tagen schien noch die Sonne erzählt der Holzfäller, aber dann kam ein Mann, ein Samurai, gewaltsam zu Tode. Das alleine ist aber noch nicht Grund genug für die Weltuntergangsstimmung mit welcher der Film eröffnet wird, sondern die unterschiedlichen und nicht gerade zuverlässigen Aussagen der Zeugen, die vor dem Gericht Zeugnis über das Ereignis ablegen, welche vor allem den Priester an der menschlichen Seele zweifeln lassen.
Sind das alles Lügen, welche die Zeugen auftischen? Kurosawa liefert unterschiedliche Bilder zu ein und demselben Ereignis. Er nimmt dafür die Position des jeweiligen Hauptprotagonisten ein und präsentiert dessen Erzählung als gegebene Realität. Wechselt der Erzähler sind auch Kernmomente des Ereignisses und die Handlungen der Protagonisten völlig unterschiedlich. Jeder scheint die Wahrheit auf seiner Seite, das Recht für sich gepachtet zu haben, doch jede noch so plausible Erklärung und Aussage wird im Verlauf relativiert und in ihrem Wahrheitsgehalt erschüttert. Kein Wunder, dass man da an der Menschheit mitunter berechtigte Zweifel hegt.
Der Hoffnungsschimmer am Ende des Films, in Form eines zurückgelassenen Babys, welches die drei Männer finden, mag sich zunächst wie eine schlechte und ungelenke Manipulation Kurosawas anfühlen. Der Holzfäller ist erbost darüber, dass der Streuner sich den Kimono des Neugeborenen schnappt und es seinem Schicksal überlassen will. Als der Holzfäller, der zuvor noch das Gericht belogen hat, sich dann um das Kind kümmern will, reagiert der Priester seinerseits misstrauisch und wirft dem Holzfäller Verletzendes an den Kopf. Der Regen hat inzwischen aufgehört...
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#730
Geschrieben 28. Juli 2005, 17:43
Regie: Woody Allen
Fortsetzung meiner ganz persönlichen Woody-Allen-Reihe. Den habe ich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, glaube ich nur ein einziges Mal gesehen, aber dank meiner Vernarrtheit in SciFi-Geschichten ist der mir verständlicherweise nie mehr ganz aus der Erinnerung gewichen. Das hängt wohl damit zusammen, dass der Film recht gut gewesen sein muss, wie sich dann auch bei der heutigen Auffrischung als richt herausstellte.
Wenn ich richtig informiert bin präsentiert Allen hier erstmals das Image des neurotischen New Yorkers, der aber nicht in seiner Heimatstadt für reichlich Turbulenzen sorgt, sondern zweihundert Jahre in der Zukunft sein Unwesen treibt. Zwar noch nicht in der typisch intellektuellen Art und Weise, die man bei ihm schon fast als berüchtigt bezeichnen kann, sondern eher durch Slapstick.
Miles Monroe (Woody Allen) ließ sich wegen einer Magenverstimmung im Krankenhaus behandeln, doch Komplikationen zwangen die Ärzte dazu seinen Körper einzufrosten. Zum Zwecke der Spionage für eine Untergrundbewegung, die gegen ein Polizeiregime revoltiert, aufgetaut, nimmt Miles Reißaus und landet als Hausroboter verkleidet bei der Künstlern Luna (Diane Keaton). Gemeinsam machen sie sich nun daran, den Führer des Regimes zu stürzen.
Allen nutzt die Gelegenheit sich ordentlich über so ziemlich alles lustig zu machen, was ihm nicht gerade heilig ist. Vegetarier, frigide Künstler, Politiker, Religion, Philosophie und die vielen modernen Errungenschaft in Medizin, Technik und täglichem Leben.
Die Treffsicherheit von Allens Witzen ist selbst nach über dreißig Jahren noch enorm hoch, auch wenn es hin und wieder einige platte Witze und klischeehafte Beschreibungen gibt. Gar nicht mehr erinnern konnte ich mich an die Grimassen, die Allen hier und wieder schneidet. Passt aber auf jeden Fall zu seinem hibbeligen Charakter. Diane Keaton fand ich ganz ordentlich in dem Film. Ist wohl neben MANHATTAN der einzige Film mit ihr, der mir gefällt und sie einem durch ihr Spiel nicht auf die Nerven fällt.
Schade finde ich, dass sich Allen höchst selten auf solche Genreveralberungen eingelassen hat. Mir kommen da immer noch die beiden Episoden aus EVERYTHING YOU ALWAYS WANTED TO KNOW ABOUT SEX in den Sinn, die diesem Film hier gar nicht so unähnlich sind. Köstlich fand ich die Verballhornung des Computers aus 2001 – A SPACE ODYSSEY. Da hat man sogar bei der deutschen Synchronisation auf Kontinuität Wert gelegt.
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#731
Geschrieben 29. Juli 2005, 19:02
Regie: Tom McCarthy
Nach zwanzig Minuten hatte ich von diesem bis dahin sehr biederen, krampfhaft lustigen und ekelhaften Film die Nase gestrichen voll. Zum Kotzen!
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#732
Geschrieben 31. Juli 2005, 16:00
Regie: Samuel Fuller
Kelly (Constance Towers), eine Ex-Hure, versucht verzweifelt ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. In dem hübschen Städtchen Grantville hofft sie endlich Fuß zu fassen. Hier läuft sie direkt dem örtlichen Sheriff namens Griff (Anthony Eisley) in die Arme, der sofort erkennt mit wem er es hier zu tun hat. Er möchte sie am liebsten in die Nachbarstadt verfrachten und er rät ihr daher, in einem dortigen Callgirl-Club anzuheuern, denn da wäre sie bestens aufgehoben. Umso überraschter ist er dann, als er Kelly dort nach einiger Zeit nicht antrifft und herausfindet, dass sie als Krankenschwester in einem Heim für behinderte Kinder arbeitet. Als sich Kelly dann in Grant (Michael Dante) verliebt, einem begehrten Junggesellen und direkten Nachkommen der Stadtgründer, scheint es so, als ob sie doch noch die Kurve zu kriegen scheint. Sie beschließen zu heiraten. Unangenehme Erinnerungen an ihre Vergangenheit kann sie verdrängen und einer Arbeitskollegin, die sich in dem Etablissement das schnelle Geld erhofft, aber ungewollt schwanger wird, kann sie helfen, aber nichts bereitet sie auf ihre Entdeckung von Grants wahrer Persönlichkeit vor.
Die Sympathien sind in diesem dreckigen Pulp-Drama wieder eindeutig auf der Seite von Constance Towers zu finden. Das war schon in SHOCK CORRIDOR nicht anders, wo sie die Freundin des tragischen Helden spielte, aber hier hat sie den ganzen Film alleine zu tragen. Mit einer tollen Eröffnungsszene, die mit der eigentlichen Story des Films nichts zu tun hat, wird man unvermittelt in den Film hinein geworfen. Danach seziert Fuller auf perfide Art und Weise eine Dreiecksbeziehung auf seine Art und Weise. Er geht dabei nicht ganz so zynisch und böse wie im bereits erwähnten SHOCK CORRIDOR vor, doch es bleibt ein immens bitterer Nachgeschmack im Mund hängen. Dabei ist es ziemlich interessant zu beobachten, wie Fuller die steilen Klippen der Filmzensur umschifft. Es sollte ja noch ein paar Jahre dauern, bis in dieser Beziehung alle Dämme brachen.
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#733
Geschrieben 04. August 2005, 18:15
Regie: Steven Soderbergh
Ich muss zugeben, beim ersten Mal sprühten so gut wie gar keine Funken von dem Film auf mich über. Woran das gelegen haben mag oder in was für einem Gemütszustand ich mich vor zwei Jahren befand, kann ich nicht mehr nachvollziehen, aber nachdem ich ihn mittlerweile zum fünften Mal gesehen habe, hat er sich mir immer mehr erschlossen, ist mir sogar richtig ans Herz gewachsen. Dieses einfache Abtun damals ist mir jetzt eher peinlich.
Soderberghs Bearbeitung des Stoffes, nach einem Zukunftsroman von Stanislaw Lem, stellt, im Gegensatz zum sowjetischen Film von Andrei Tarkovksy, eine durch und durch emotionale Geschichte in den Mittelpunkt. Der Psychologe Chris Kelvin (George Clooney) fliegt nach einem Notruf zur Raumstation Prometheus, die um den Planeten Solaris kreist, einem Gasplaneten von gigantischen Ausmaßen. Hier findet er seinen Freund Gibarian (Ulrich Tukur) tot und die restlichen beiden Besatzungsmitglieder, Snow (Jeremy Davies) und Dr. Gordon (Viola Davis), in einem Zustand starken Stresses auf. Den Grund für die seltsamen Geschehnisse findet er heraus nachdem er sich schlafen legt. Denn plötzlich findet sich ein genaues Ebenbild seiner verstorbenen Frau Rheya (Natascha McElhone) neben ihm ein. Erschaffen von Solaris, aufgrund der unterbewussten Wünsche der Menschen, welche ihre Liebsten so sehr vermissen, interagieren diese unheimlichen Phantome mit ihrer Umgebung.
Der Plot des Films erinnert mich entfernt an das Finale von 2001 – A SPACE ODYSSEY, als sich Astronaut David Bowman nach dem Sturz durch das Sternentor in den viktorianisch eingerichteten Räumen wiederfindet und als Versuchskaninchen einer höheren Macht gebraucht wird, welche ihn letzten Endes eine neue Entwicklungsstufe beschreiten lässt. Doch hier steht nicht nur das Schicksal der Menschen in Gestalt von Chris Kelvin zur Debatte, sondern auch die Gefühle der Phantome, diesen fleischgewordenen Manifestationen von Gedanken. Während Kelvin ganz und gar beunruhigt von diesen Erscheinungen ist, versucht dieses Wesen, welches seiner Frau so ähnlich sieht, selber zu verstehen wer es eigentlich ist. Fast ausschließlich befasst sich der Film mit dieser Thematik. Mal auf emotionale oder auf philosophische, in einer Szene aber auch auf sehr komische Art und Weise. Der Filmlänge ist dabei mit gerade einmal neunzig Minuten, wenn man den Abspann weglässt, ziemlich knapp bemessen, aber trotzdem strahlt der Film eine völlige Ruhe aus, der an einem Schwebezustand erinnert.
Das langsame Tempo sorgt außerdem dafür, dass man sich kaum satt hören oder sehen kann an diesem Film. Cliff Martinez elektronische Filmmusik erzeugt zunächst eine Kühle, die mit den Gefühlen der Protagonisten einhergeht. Entledigt sich Kelvin in der Station aber erst einmal seiner blaugrauen Raumkombination, wird er also Mensch, und träumt von seiner verstorbenen Frau, halten warme Akkorde und Phrasen in der Musik Einzug.
In dem hervorragenden Set Design, hervorragend ausgeleuchtet und fotographiert, möchte man am liebsten stundenlang selber umherspazieren. Die Schauspieler, welche darin bewegen, mögen zwar Spielball einer höheren Macht sein, aber die Gefühle sind echt.
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#734
Geschrieben 06. August 2005, 21:26
Regie: Alfonso Cuarón
Zuerst dachte ich, dass es für jemanden, der weder eines der Bücher oder gar die ersten beiden Filme gesehen hat, schwer werden könnte sich mitten hinein zu stürzen, aber erstaunlicherweise hat mir dieser Film besser gefallen, als drei Filme aus dem fernen Land Mittelerde zusammen. Und das obwohl ich diesem Hype um die Buchveröffentlichungen, die mit einem entsprechenden Trara im Fernsehen beobachtet habe, doch eher misstrauisch gegenüberstand.
Ich kann das nur annehmen, aber zu Beginn des Films befindet sich Harry Potter (Daniel Radcliffe) in den Schulferien bei seinem Onkel. Ein sonderlich glücklichen Eindruck macht er nicht, zumal er auch noch von seiner Tante ordentlich fertig gemacht wird. Er ist ein heranwachsender Teenager und Schüler an der Zauberschule Hogwarts, im Norden Englands. Ja, Zauberei und fantastische Situationen sind in dieser Welt eine ganz normale Sachen. Nur können sie nur von Kindern wahrgenommen werden. Die Erwachsenen sind blind für diese Sachen. Harrys Eltern wurden vor Jahren vom bösen Sirius Black ermordet, der soeben aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und nun nach Harry sucht. Black ist der Handlanger eines gewissen Lord Voldemoort, einem Erzfeind von Harrys Vater, gewesen.
Nach Harrys Rückkehr zur Zauberschule verläuft eigentlich alles in geregelten Bahnen. Zusammen mit seinen Freunden Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) nimmt er ganz normal am Unterricht teil. Doch Dumbledore, der Leiter der Schule, hat Grund zu der Annahme, dass Sirius Black die Schule bald heimsuchen wird. Um für die Sicherheit der Schüler zu sorgen, erlaubt er den Dementoren, geheimnisvollen, mit wehenden schwarzen Umhängen versehenen Wesen, alle Tore der Zauberschule und deren nähere Umgebung zu überwachen. Und die sorgen mit ihrer Anwesenheit für reichlich Furcht und Aufregung in der Zauberschule.
Was ich neben der eigentlichen Geschichte über einen heranwachsenden Teenager, welcher sich mit einem schrecklichen Ereignis aus seiner frühesten Kindheit immer wieder auseinandersetzen muss an dem Film so überaus faszinierend fand, war die völlige Überraschung und damit einhergehende Spannung auf das, was als nächstes folgt. Kontinuierlich wird man mit fantasievollen Bauten (das Innere der Zauberschule hat es mir in der Hinsicht besonders angetan), einer stellenweise beachtlichen Inszenierung und schönen Spezialeffekten bestens bei Laune gehalten. So viel Freude hatte ich selten an einem Blockbuster-Film der letzten Zeit. Mir fällt da nur SPIDER-MAN 2 ein, der vom Spassfaktor her, da noch mithalten kann.
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#735
Geschrieben 08. August 2005, 19:05
Regie: John Boorman
Walker (Lee Marvin) will sein Geld wieder haben. Dreiundneunzigtausend Dollar. Um dieses Geld hat ihn sein Kumpan Mal Reese (John Vernon) betrogen. Gemeinsam hatten die beiden eine Geldübergabe hochgenommen und kamen so zu einem enormen Batzen Geld. Darüber hinaus hat Reese ihm auch noch seine Frau ausgespannt. Zu dumm nur, dass Reese nicht richtig dafür gesorgt hat, Walker zu beseitigen. Zwei Schüsse haben nicht ausgereicht um Walker das Leben zu nehmen. Jetzt lebt er nur noch für ein Ziel: Reese fertigmachen und sein Geld wiederbekommen. Doch der hat sich mit seinem Geld in eine zwielichtige Immobiliengesellschaft, die Organisation genannt, eingekauft, die ihre Geschäftsaktivitäten bevorzugt in der Unterwelt abwickelt. Nun, eingekauft stimmt nicht so ganz. Er hatte Schulden zu begleichen ansonsten wäre übel mit ihm umgesprungen worden. Doch das ist Walker herzlich egal. Eiskalt und emotionslos pflügt er sich durch eine Phalanx von Verbindungsmännern und Gefolgsleuten der Organisation hindurch. Dabei bleibt ziemlich viel Kleinholz und das eine oder andere Gangsterleben auf der Strecke.
Ein wenig Hilfestellung erhält er von dem mysteriösen Yost (Keenan Wynn), der ein besonderes Interesse daran hat, die Organisation aufzureiben, und von Chris (Angie Dickinson), der Schwester seiner Frau. Stetig arbeitet sich Walker an die Spitze der Organisation. Irgendjemand wird bezahlen müssen.
Ich frage mich immer wie dieser, stellenweise sehr fragmentarische, Film auf den amerikanischen Kinogänger seinerzeit gewirkt haben mag. Von einer nicht linearen Erzählstruktur hatte man damals wohl noch nie etwas zu Gesicht bekommen. Mit einer Selbstverständlichkeit, die von jeglichem Manierismus entfernt ist, springt der Film von Rückblende, normaler Handlung, Traumsequenzen, surrealen Situationen, wie der Szene im Musik-Club und Szenenvorgriffen umher. Das alles in einer Virtuosität und Präzision, die einem schlichtweg den Atem zu nehmen droht, obwohl diese Stilmittel schon bis zur Vergasung in anderen Filmen danach missbraucht worden sind. Lee Marvin spielt seine Rolle mal einer erstaunlichen Subtilität, dann aber auch die des brodelnden Vulkans, der oft genug zum Ausbruch kommt. Dass die Existenz seines Charakters dem Tode näher zu sein scheint als dem Leben, wird ihm nicht nur einige Male von Chris unter die Nase gerieben, sondern wird auch durch den Filmschnitt und die Inszenierung immer wieder herausgestellt. Ob das nun wirklich der Fall zu sein scheint, lässt man offen.
Ein großartiger Film, der indirekt Pate stand für Steven Soderberghs Rache-Film THE LIMEY und das Remake PAYBACK mit Mel Gibson vor Scham in der Erde versinken lässt.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#736
Geschrieben 10. August 2005, 11:58
Regie: Reinhard Schwabenitzky
"Schreiben Sie es auf, ich beschäftige mich später damit!"
Dieter Hallervorden ist Bruno Koop, Besitzer der kleinen Kneipe „Brunos Sorgenpause“, die kurz vor dem Abriss steht. Dieter Hallervorden ist auch Hans Immer, Vorstandsvorsitzender der Immer International AG, herrschsüchtig und kontrollliebend. Seine Mitarbeiter hat er fest unter seiner Knute. Keinerlei Vergünstigungen, harsche Kontrollen, drakonische Strafen bei den geringsten Vergehen. Er will, dass die kleine Kneipe Koops einem Großbauprojekt weicht. Als Immer einem Entführungsversuch von drei Ganoven entkommen kann, sitzt er in der Klemme. Sein Wachschutz befindet sich nach einer Lohnkürzung im Streik und die Berliner Polizei ist mit der bevorstehenden Ankunft von Präsident Reagan („Hasta la vista, muchachos!“) schon voll ausgelastet.
Da kommt es ihm gerade recht, dass Koop bei einer Schlägerei in einer pikfeinen Bar für Immer gehalten wurde und nun eine enorme Rechnung für den angerichteten Schaden begleichen soll. Er schlägt dem völlig verdutzten Koop einen Handel vor. Koop soll sich für ein paar Tage als Immer ausgeben, damit dieser nicht den Ganoven in die Hände fällt. Koop nimmt an, was im Verlauf der Geschichte für einige turbulente Verwicklungen sorgen wird.
Es dürften schon einige Jährchen ins Land gezogen sein, seit ich den Film das letzte Mal zu Gesicht bekommen habe. Als er einige Jahre nach seinem Kinoeinsatz im Fernsehen lief, war er auf jeden Fall immer eine sichere Bank für meine Vorstellung von deutschem Humor, da ich schon die diversen Sketchsendungen von Dieter Hallervorden schon als Halbwüchsiger immer komisch fand. Umso gespannter war ich nun, wie der Film nach mehr als zehn Jahren auf mich wirkt.
Erst einmal war ich völlig überrascht wie schnell ich wieder in den Film hineingefunden hatte. Der militärisch zackige Ton, den Hallervorden als Hans Immer an den Tag legt und mit dem er seine Belegschaft unter totaler Kontrolle hat, war, neben dem hervorragenden Set-Design von Immers Büro, heute einer der beiden Aspekte des Films gewesen, die mir am besten gefallen haben. Neben diese schönen satirischen Spitzen gibt es allerdings auch viel an debilen Klamauk und schlechten Slapstick zu beklagen, der mir doch in einigen Momenten so ein bisschen sauer aufstieß. Ein Umstand den übrigens auch Hallervorden im Bonusmaterial der Silberscheibe erwähnt. „Das gäbe es doch ein wenig Patina, hier und da.“
Großen Unterhaltungswert gewinnt der Film durch den unsicheren Bruno Koop, der sich eher schlecht als recht durch den Betrieb und Konferenzen hangelt, aber mit zunehmender Dauer den Spieß umdreht als er erfährt, dass Immer derjenige ist, der seine Kneipe abreißen will.
Erfreut zur Kenntnis genommen habe ich die Tatsache, dass Arno Jürging, Udo Kiers Gehilfe aus den Filmen BLOOD FOR DRACULA und FLESH FOR FRANKENSTEIN, hier wieder in einer Nebenrolle als Hans Immers Sekretär Eck auftrat. Ich hatte mich letztens noch gefragt, was der gute Mann nach den beiden Filmen noch so angestellt hat. Erwähnenswert sind auch noch Ruth-Maria Kubitschek, die als betrogene Ehefrau Hans Immers auftritt, und Elfi Eschke als Frau Kranich.
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#737
Geschrieben 11. August 2005, 11:42
Regie: Andrei Tarkovsky
Nach den einschmeichelnden Klängen von Johann Sebastian Bachs F-Moll-Choralpräludium sehe ich mit Sicherheit die schönsten vier Minuten Film, die ich in mehr als zwanzig Jahren bisher zu Gesicht bekommen habe. Leise plätschert und rauscht Wasser in einem Tümpel, Grillen zirpern, ein Kuckuck ruft. Tarkovsky gelingt es wundervoll unaufdringlich, zutiefst lyrisch, aber auch nicht ohne eine gewisse Tragik seine Hauptfigur, den Psychologen Kris Kelvin (Donatas Banionis) einzuführen. Der wird dieser Idylle, welche das Landhaus seines Vaters umgibt, nach einer langen Einführung bald den Rücken kehren, denn der von der Raumstation, welche den Planeten Solaris umkreist, zurückgekehrter Kosmonaut Berton, berichtet von phantastischen Phänomenen auf der Oberfläche des Planeten. Kelvin findet an Bord der Station, durch die Erklärung der verbliebenen Besatzungsmitgliedern Dr. Snaut und Dr. Sartorius heraus, dass der Ozean, der den Planeten Solaris umspannt ein lebender Organismus ist, welcher die Gedanken der auf der Raumstation befindlichen Menschen an Familienangehörige in feste Materie verwandelt.
Es hängt wohl nicht nur mit der enormen Laufzeit des Films zusammen, dass ich nach ca. zwei Stunden das Interesse an der Geschichte verloren und den Film ausgemacht habe. Mir sagte die Konstellation der Charaktere untereinander und der Verlauf der Handlung überhaupt nicht zu. Tarkovsky neigt in seiner Fassung dazu die gesamte Spannung herauszunehmen und erklärt die Situation auf der Raumstation bereits zu Anfang. Nach meinem Empfinden lag auch kein besonderer Grund Kelvins vor, die Erde überhaupt zu verlassen. Nach dem Tod seiner Ehefrau und dem Tod seiner leiblichen Mutter hatte er bei seinem Vater eigentlich ein Refugium gefunden. Als später dann seine Frau Hari (Natalya Bondarchuk) auf der Station von Solaris erschaffen wird, kommt mir deren Austausch bei all der Mühe, die sich Tarkovsky macht, überhaupt nicht bei mir an. Der Storyverlauf und der Ansatz der Charaktere im Remake von Steven Soderbergh finde ich da um ein Vielfaches interessanter. Und Soderbergh schafft es dabei, seinen Film nicht nur eine Stunde kürzer laufen zu lassen, sondern mich auch stärker zu berühren, als es Tarkovsky möglich wäre, der sich eher mit metaphysischen Faseleien, grässlichem Set-Design und einer allzu ruppigen Inszenierung herum schlägt. Keine Frage, die beiden Hauptdarsteller spielen wundervoll, aber wer kichert nicht, wenn Kelvin sich direkt nach seiner Ankunft auf der Raumstation erst mal lang und breit auf den Boden fläzt, weil er über seine offenen Schnürsenkel stolpert. So ein Tollpatsch aber auch.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#738
Geschrieben 13. August 2005, 16:30
Regie: Ralf Gregan
Im recht informativen Beiheft zu dieser wunderschönen Veröffentlichung, lüftet sich mir das große Geheimnis, welches der Film bislang für mich bereit hielt. Er lief in den letzten fünfunddreißig Jahren sehr selten im Fernsehen und wurde auch noch nie auf einem Trägermedium ausgewertet. Deshalb ist er mir bis heute auch unbekannt geblieben. Mit dem Blödel-Image der späteren Didi-Filme und seinen diversen Fernseharbeiten wie „Nonstop Nonsens“ oder „Abramakabra“ hat der Film nun überhaupt nichts gemein. Am ehesten ließe sich ein Vergleich mit den frühen Slapstickarbeiten Woody Allens ableiten. Vielleicht war das der Grund, warum der Film nicht gezeigt wurde. Auf jeden Fall war ich höllisch gespannt, im Verlauf höchst erfreut und gut unterhalten, am Ende sogar hellauf begeistert von diesem kleinen hübschen Filmchen.
Ulrich Vogler (Dieter Hallervorden), Student der Sinologie, bekommt nach der Scheidung von seiner Frau Probleme mit der Jugendfürsorge. Die glauben ihm nämlich nicht, dass er seinen kleinen Sohn Dieter (Dieter Hallervorden Jr.) durch die frühen Jahre der Kindheit bringen kann. Ulrich wird klar wie er aus dieser Zwickmühle heraus kommen kann: er muss sich eine Partnerin suchen. Die sollte nicht nur mit dem kleinen Dieter auskommen, sondern auch, ganz wichtig, Königsberger Klopse vorzüglich zubereiten können. Eine enorme Hürde, welche erst einmal erklommen werden muss. Nach einigen erfolglosen Versuchen schaltet Ulrichs Kumpel Lothar eine Annonce in einer Tageszeitung, die sich später auch noch zu einer großen Titelstory entwickelt. Die Zeit drängt. Entweder der Hafen der Ehe für Ulrich oder das Jungenhaus für den kleine Dieter. Dabei ist die ideale Partnerin für Ulrich schon direkt vor seiner Nase: die nette Angestellte von der Fürsorge.
Dieser Film markiert den Beginn von drei großen Karrieren. Erstmalig arbeiten hier Ralf Gregan als Regisseur, der mit Hallervorden, welcher hier ebenfalls seine Kinodebüt abliefert, auch später noch sehr oft zusammengearbeitet hat und Michael Ballhaus an der Kamera. Zeichneten sich die späteren Hallervorden-Filme eher durch eine, sagen wir einmal unausgegorene Mischung der Zutaten aus, so stimmen sie hier alle perfekt und sind genau aufeinander abgestimmt. Danach war das eigentlich nie wieder der Fall.
Überrascht war ich von einigen erotischen Szenen, die jetzt nicht unbedingt die verhältnismäßig hohe Freigabe des Films erklären. Eine gewisse Frivolität hatte ich natürlich schon erwartet, aber nicht unbedingt eine Nacktszene. Dazu muss man glaube ich aber auch anmerken, dass Hallervorden später nie wieder eine solche Szene gedreht hat.
Davon mal abgesehen versprüht der Film mit seinem hohen Tempo, netten Wortwitzen und schönen Slapstickeinlagen einen nicht zu verachtenden Unterhaltungswert, der auch noch einiges an Atmosphäre aus seinem Entstehungsjahr in die heutige Zeit mit hinüberrettet. Dazu zählt nicht nur die hübsche Garderobe der Damen, sondern die Bezeichnung "Student" als Schimpfwort. Vater und Sohn beim Einkaufen im Supermarkt, die Cowboyfilm-Szene im Kindergarten oder als sich Hallervorden nach dem großen Zeitungsartikel auf Schritt und Tritt beobachtet von der weiblichen Bevölkerung beobachtet wird.
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#739
Geschrieben 15. August 2005, 07:30
Regie: Alejandro Jodorowsky
Alejandro Jodorowsky ist ein Mann, mit dem ich mich noch nicht allzu sehr befasst habe. Hier und da habe ich eher bruchstückhaft etwas über ihn erfahren, einzelne Interviewausschnitte gelesen bzw. gehört und bisher einen seiner Filme, EL TOPO, auch schon gesehen. Er ist nicht gerade das was man als Filmregisseur bezeichnen könnte, dazu ist sein Output über die Jahrzehnte viel zu gering. Filme, sind ein Teil der mannigfaltigen Möglichkeiten seines künstlerischen Ausdrucks. Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, ist neben der Malerei und dem Gestalten von Comics, vor allem die hohe Kunst der Pantomime der Hauptbestandteil seiner Kunstfertigkeit. Sie ist sogar die Kunstrichtung, aus der er ursprünglich stammte. All das ist sinnvoll im Hinterkopf zu behalten, wenn man sich einen seiner Filme anschauen sollte. Zumindest war es für mich äußerst hilfreich, denn man bekommt schon sehr schnell mit, dass dieser Film eher für sich selbst spielt. Und das trotz der Tatsache, dass sich Jodorowsky in diesem Film vielerlei Stilmittel und Handlungselemente aus Horrorfilmen der letzten zehn Jahre bedient zu haben scheint. Hier ein bisschen Dario Argento, da ein wenig Clive Barker, eine Prise Federico Fellini. Das Ganze gewürzt mit einer ordentlichen Prise Exploitation und Gore-Szenen, welche in ihren plötzlichen Ausbrüchen eine beeindruckende Wirkung bei mir hinterlassen haben. Hat aber wohl auch eher damit zu tun, dass man bei dem langsamen Tempo, welches der Film an den Tag legt, nicht unbedingt damit rechnet, plötzlich Zeuge einer doppelten Armabtrennung oder eines äußerst unschönen Messermordes zu sein. Auf jeden Fall gibt der Film, obwohl ich das ja einige Male hin und wieder befürchtet hatte, keinen Hinweis darauf, was nun als Nächstes folgen könnte. Die darüber hinaus mit religiösen Fanatismus, lasziver Sexualität und erlösendem Finale aufgeladene Geschichte, trägt zusätzlich zu der Atmosphäre bei.
Fenix (Axel Jodorowsky), Sohn von zwei Zirkusangestellten wird im Jungenalter Zeuge eines ehelichen Zwistes seiner Eltern. Die von religiösen Wahn besessene Mutter, die wie eine Hohnpriesterin einen illegal errichteten Tempel, zu Ehren eines geschändeten Mädchens errichtet, vor einem Abrisskommando erfolglos zu bewahren versucht, ertappt ihren Ehemann (Guy Stockwell), wie sich dieser mit einer anderen Zirkusartistin, einer am ganzen Körper tätowierten Frau, amüsiert. Im Affekt sexueller Begierde schneidet er der Ehefrau beide Arme ab und richtet sich anschließend selber. Fenix landet traumatisiert in einer Psychatrie, gar nicht mehr Mensch, sondern Adler, wie ihn sein Vater nach einem schmerzvollen Ritual hat Glauben lassen. Jahre später, inzwischen erwachsen, hört er den Ruf seiner Mutter und bricht aus der Anstalt aus um mit ihr eine Pantomimenshow auf die Beine zu stellen. Die Mutter ist das Gehirn und die treibende Kraft, Fenix ist im wahrsten Sinne des Wortes die handelnde Kraft des Duos. Gemeinsam suchen sie nun nach der Ehebrecherin, der Tätowierten, die sich inzwischen als Prostituierte verdingt.
Trotz des hier und da auftretenden Overactings besitzt der Film eine recht stimmungsvolle Atmosphäre mit einigen sehr schönen Einfällen. Den Versuch eine Brücke zum alten Universal-Horrorfilm THE INVISIBLE MAN zu schlagen finde ich amüsant, aber für Fenix’ Charakter eher weniger haltbar. Die Sequenz als die weißen Zombiefrauen aus ihren Gräbern emporsteigen finde ich hingegen fantastisch. Alles in allem ein doch recht brauchbarer Horrorfilm, der Lust auf mehr von Jodorowsky macht.
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#741
Geschrieben 17. August 2005, 11:39
Regie: Kim Ki-duk
Nach SEOM ist dies mein zweiter Film des koreanischen Regisseurs Kim Ki-duk. Die Erwartungshaltung war schon enorm, was nicht zuletzt an dem herausragendem, von Rapid Eye Movies selbst entworfenen, Trailer lag, den man sich, losgelöst vom eigentlichen Film, unendlich oft anschauen kann.
Yeo-Jin (Kwak Ji-min) und Jae-yeong (Seo Min-jeong) sind zwei richtig dicke Freundinnen, die ein besonderes Verhältnis miteinander pflegen. Beide wollen nach Europa und die Flugtickets finanzieren sich die beiden indem sich Jae-yeong prostituiert. Doch vor allem Yeo-Jin, welche die Preise aushandelt und den Treffpunkt festlegt, ist die Situation in welche sich ihre Freundin immer wieder begibt schier unerträglich. Als die Polizei während eines Treffens einschreitet, stürzt sich Jae-jeong aus dem Fenster.
Nach dem Tod ihrer Freundin sieht Yeo-Jin keinen Grund mehr die geplante Reise nach Europa durchzuführen. In einem Anflug von Schuldgefühlen trifft nun sie sich mit jedem der früheren Freier und zahlt ihnen nach dem Schäferstündchen das Geld zurück. Yeo-Jins Vater (Leo Eol) wird eher zufällig Zeuge von einem solchen Treffen. Am Anfang ist es schiere Verzweiflung, dann unbändige Wut, die ihn dazu treibt die Männer zu verfolgen und sie mit ihrer Tat zu konfrontieren. Einige gehen verängstigt ihrer Wege, einen treibt er in den Selbstmord, nachdem er ihn vor dessen Familie erniedrigt hat und einen anderen bringt er um.
Am Ende fährt er mit seiner Tochter aufs Land…
Ki-duk legt seinen Film über minderjährige Prostituierte als Psychodrama in drei Akten an, welches in seinen intensivsten Momenten die Gefühle seiner Protagonisten an die nackte Oberfläche zu holen imstande ist. Hervorragend fotografiert, fast immer sicher in der Schauspielführung, mit herzzerreißender Musik unterlegt und völlig in sich selbst ruhend, überzeugt der Film mit seiner goldbraunen herbstlichen Atmosphäre, welche einmal je unangenehm unterbrochen wird. Die gleichnishaften Zwischentitel „Vasumitra“, „Samaria“ und „Sonata“ sind nur auf den ersten Blick manipulativ gewählt.
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#742
Geschrieben 18. August 2005, 10:55
Regie: Dario Argento
Was Dario Argento mit seinem jüngsten Film abgeliefert, spottet eigentlich jeglicher Beschreibung, wenn man ihn dann erst einmal ansieht. Ich kenne leider keinen seiner Filme nach OPERA, aus diesem Grund kann ich auch nicht beurteilen inwieweit sein Abstieg erklärbar wäre, aber dieser absolut uninspiriert heruntergekurbelte Giallo ist meilenweit von dem entfernt, mit dem er vor dreißig Jahren Erfolge feiern konnte. Vorgewarnt war ich durch einige Berichte schon, aber im Verlauf dann doch ziemlich erschrocken, wie schlecht der Film geworden ist.
Die Geschichte dreht sich um einen Serienmörder der junge römische Frauen kidnappt und sie als Einsatz in einem perfiden Pokerspiel einsetzt, mit dem er via eines Internetportals mit der Polizei verbunden ist. Gewinnt eine der beiden Spielpartner drei von fünf Runden, wird das Opfer entweder freigelassen oder ermordet. Argento macht den groben Fehler, den Film die ganze Zeit aus der Sicht von zwei ermittelnden Beamten, der Kommissarin Anna Mari (Stefania Rocca, HEAVEN) und dem irischen Austauschbeamten John (Liam Cunningham), zu erzählen. Völlig sinnfrei und für die Story überhaupt nicht von Belang wird eine Romanze zwischen den beiden ausgespielt. Nebenbei rekrutieren die beiden auch noch einen gewieften Videopokerspieler, einen Teenager von neunzehn Lebensjahren, welcher das Onlinespiel im Beisein der gesamten Abteilung durchexerzieren muss. Denn anscheinend ist keiner der Polizeibeamten in der Lage, mal eben eine Pokerrunde durchzustehen, bei der auch noch das Gesicht des jeweiligen Opfers in einem kleinen Fenster als Webcam-Übertragung zu sehen ist. Ein Teenager ist dazu wohl abgebrüht genug. Was für ein herrlicher Drehbucheinfall… :fab:
Im haarsträubend inszenierten Finale wird mal dann mal wieder ein völlig unbefriedigender Beweggrund seitens des Killers, den man übrigens mit etwas Geschick und Verständnis schon nach fünf Minuten Spielzeit entlarvt hat, für all seine Bluttaten genannt.
Es war schon eine ziemliche Tortur, sich diesen unglaublich lieblos und unsicher inszenierten Film anzuschauen. Weder gibt es kameratechnische Spielereien oder Einstellungen, die Argentos frühere Giallos wohltuend hervorhoben, noch gibt es einen jenseits der eigentlichen Handlung vorhandenen Subtext in den Bildern. Gut, ein oder zwei Sachen finden sich in früheren Filmen wieder, aber eine höchst beunruhigende Wirkung erzielen sie bei weitem nicht.
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#743
Geschrieben 21. August 2005, 09:09
Regie: Gus Van Sant
Gus Van Sant, dem ich nach dem unglaublich missratenen Remake von Alfred Hitchcocks PSYCHO ganz bewusst die letzten Jahre gemieden habe, hat sich mit zwei Filmen wieder bei mir versöhnt. Vor einigen Wochen sah ich ELEPHANT, der aufgrund seiner Thematik, welche die schrecklichen Massaker an der Columbine Highschool in Littleton in den USA und hier in Deutschland am Erfurter Gutenberg Gymnasium in Erinnerung ruft, es bei mir schon schwer hatte, aber einen größtenteils neutralen Ton traf. Davor drehte er diesen Film hier, der ebenso ohne eine nennenswerte narrative Struktur verfügt.
Zwei junge Männer (Casey Affleck, Matt Damon), beide als Gerry tituliert, ein Wort, welches die beiden im Film als unbestimmbaren Slangausdruck verwenden, betreten einen Wildnispfad und verlaufen sich kurze Zeit später in dem unwegsamen Gelände, welches von Bergen, steinigen Hügel und einem großem Salzsee gekennzeichnet ist.
Van Sants Film lässt sich sehr leicht als Metapher für den Überlebenswillen des modernen Menschen in der freien Natur, aber auch als gefährliche Unbekümmertheit gegenüber sie deuten. Die beiden Männer verlassen ihr sicheres Auto, die sichere Strasse und betreten unbefestigtes Gelände, ohne Wegweiser oder Hinweisschild. Ein kurze Unachtsamkeit genügt schon und schon verlieren sie jegliche Orientierung. Sie werden sie niemals wiederfinden und sich immer weiter verlaufen. Sie haben dann auch noch mehr Glück als Verstand als sie sich trennen, um, jeder für sich, nach einem bestimmten Punkt im Gelände zu suchen, der sie aus der Wildnis herausführen könnte. Doch da sie weder über einen Kompass, noch über andere Errungenschaften der modernen Zivilisation verfügen und auch nicht in der Lage zu sein scheinen nach Wasser zu graben, wird die Lage für sie immer hoffnungsloser.
Van Sant inszeniert sein Überlebensdrama ohne wertende Aussage über die beiden Männer. Er eignet sich eher den Blick der übermächtigen Natur an, welche das vor ihr abspielende Drama mit der ihr eigenen Sachlichkeit zur Kenntnis nimmt. Nämlich überhaupt nicht. Sie kommt den beiden Männern nicht in die Quere, die wie zwei kleine Striche in der Landschaft umher irren, sie gibt ihnen aber auch keine Hilfestellung.
In teilweise schwer zu ertragenden, endlos langen Einstellungen legt er die Hoffnungslosigkeit und die grenzenlose Unbeholfenheit der beiden Männer zu Tage. Sieben Minuten dauert eine Einstellung, in welcher sich einer der beiden auf einen fünf Meter hohen Felsen gestellt hat und sich nun nicht in der Lage sieht wieder hinunter zu klettern. Drei Minuten hält die Kamera eine Profilaufnahme der beiden Gesichter, während die Männer zügig voranschreiten. Erst im Gleichschritt, dann immer wieder verschoben. Ein Hinweis darauf, was für eine Uneinigkeit über die gerade gewählte Marschrichtung herrscht. Und immer wieder die endlos erscheinende Landschaft, ohne ein Zeichen von Zivilisation. Wolken am Himmel, in Zeitraffer gefilmt. Der Wind pfeift oder es herrscht Stille nur dreimal unterbrochen von Arvo Pärts „Spiegel im Spiegel“ und „Für Alina“.
Ein grandioser Film!
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#745
Geschrieben 28. August 2005, 08:11
Regie: Uwe Langmann
Ich muss gestehen, dass ich zunächst davon ausging, dass ich die vom Regisseur zugeschickte Silberscheibe (dafür noch mal allerherzlichsten Dank) verklüngelt hatte. Es herrschte ein ziemliches Chaos auf meinem Schreibtisch. Dann plagte mich die ganze letzte Woche auch noch eine ziemliche Zahnentzündung, welche immer noch auf ihre Behandlung wartet. Deswegen war auch mein täglicher Bedarf an eine Auseinandersetzung mit bewegten Bildern, den Schmerzen sei Dank, ziemlich im Keller. Und wenn der liebe Mensch wissen möchte, was ich denn nun von seinem Kurzfilm halte, dann muss ich wohl oder übel meinen alte Knochen mal in Bewegung setzen.
Nach den fünfundzwanzig, auf rund neunzig Minuten verteilten, Kurzfilmen der Sammlung 25 QUOTATIONS AT 25 FRAMES PER SECOND gibt es nun einen Film mit einer durchgehenden Handlung und einer deutlich zurückgeschraubten Anzahl von Einstellungen. Dem Thema entsprechend angepasst wurde hier auf optische Spielereien, bis auf einer ungenehmen Ausnahme, verzichtet und auf vollstes Vertrauen in die Wahl der Kamerawinkel, die äußeren Einflüsse und die Musikuntermalung gesetzt.
Ein mysteriöser Brief, in dem, wie sich später herausstellt, nichts steht, führt einen jungen Mann auf eine Reise in verschiedene menschenleere Gegenden. Von zu Hause weg ins Niemandsland. Das ist zunehmend beunruhigend, doch zum Glück nichts anderes als ein Traum, denn glücklicherweise befindet sich der junge Mann in Wirklichkeit auf dem Weg zurück in seine Heimat. Da wo man sicher ist.
Es ist schon ein deutlicher Sprung gegenüber der oben genannten Kurzfilmsammlung in der Beherrschung der Kamera als sehendes Auge zu verzeichnen. Es sieht, trotz des etwas unscharfen Monitorbildes an meinem Rechner, alles sehr edel aus. Vom organisatorischen Standpunkt aus gesehen, dürfte der Film wohl auch einen Haufen Arbeit gemacht haben. Vor allem die Einstellung mit leeren Wohnsiedlung dürfte nicht einfach von statten gelaufen sein. Ich glaube der einzige Aspekt, der mir nicht gefallen hat, war der etwas aufdringliche Musikeinsatz während der Bahnhofsepisode. Aber ansonsten passte das alles.
Die Schlusseinstellung des Films ist, so könnte ich es mir vorstellen, wieder eines dieser nonverbalen, persönlichen Dinger des Regisseurs. Ich liege vielleicht komplett verkehrt, aber sie erinnert mich doch sehr stark an den Kafka-Kurzfilm bei 25 QUOTATIONS AT 25 FRAMES PER SECOND.
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#746
Geschrieben 29. August 2005, 11:41
Regie: Mario Bava
Wenn sich der Monat August seinem Ende nähert, die Sonne sich merklich früher hinter dem Horizont verkriecht und ein stattliches Gewitter mit Blitz und Donner Einzug hält, dann wird es so langsam aber sicher Zeit, diesen nicht zu übersehenden Ankündigungen Tribut zu zollen. Und wer wäre da nicht besser geeignet als der italienische Hitchcock Mario Bava höchstpersönlich?
Auch wenn der deutsche Filmtitel "Die toten Augen des Dr. Dracula" es suggerieren möchte, hier sind keine Nackenbeißer mit spitzen Zähnen unterwegs, die nach dem Blut von jungen Frauen lechzen. Der einzige Doktor, der im Film auftritt, er trägt den recht ungewöhnlichen Namen Eswai (Giacomo Rossi Stuart), ist auch noch höchst lebendig und sehr daran interessiert, die seltsamen Vorkommnisse in einem kleinen Dörfchen zu ergründen. Denn das Dorf wird schon seit geraumer Zeit von einer schrecklichen Todesserie heimgesucht, die soeben schon ihr zwölftes Opfer gefordert hat. Die verängstigen Dorfbewohner machen den Geist eines jungen Mädchens für die schrecklichen Tode verantwortlich. Eswais Nachforschungen deuten immer mehr auf das unheimliche Schloss der Baronessa Graps hin. Mit Monica (Erika Blanc), einer jungen Frau, die in das Dorf zurückgekehrt ist um das Grab ihrer Eltern zu besuchen, macht sich Eswai in Richtung des Schlosses auf und stellt bald fest, dass hier der Hort für ein schreckliches Geheimnis zu finden ist.
Es knarrt und kracht sehr ordentlich im Holzgebälk der Türen und Böden, feiner Dunst und Nebel liegt über dem halbverfallenen Örtchen und des Nachts ist es sinister finster. Ja, Mario Bava versteht es wirklich vorzüglich die Stimmungsschraube immer mehr von wohligem Grusel in Richtung zurück gehaltenen Schrecken zu drehen. Es macht schon einen enormen Spass dem Treiben in diesem kleinen klassischen Horrorfilmchen zuzuschauen. Die Schauspieler sind wider Erwarten doch nicht so schlimm, wie ich das in Erinnerung hatte, aber möglicherweise kaschiert die vorzügliche Inszenierung einen großen Teil solcher Defizite. Bava packt einige Male richtig tief in die optische Trickkiste und wenn es erst einmal in das geheimnisvolle Schloss geht scheint es so als ob er kaum noch zu bändigen ist, was seine Einfälle angeht. Ganz besonders hat es mir die Sequenz angetan, in der Eswai immer wieder durch einen Raum läuft um nach der Tür wieder an der selben Stelle zu sein und sich später selbst eingeholt hat. Ein nachhaltiger Moment im Film, das.
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#747
Geschrieben 31. August 2005, 20:25
Regie: Woody Allen
Es ist schon seltsam, dass mir dieser Film mehr als zwölf Jahre hin und wieder im Gedächtnis als irgend etwas Besonderes herumspukte und sich beim Wiedersehen als etwas gar nicht so Besonderes entpuppte. Ob es an der seltsam heiteren Musikuntermalung liegt, welche zu dieser Krimiburleske, die wie der Filmtitel es schon verrät, gar nicht passen will oder liegt es einfach an der eklatanten Einfallslosigkeit von Regie und Drehbuch, die überhaupt keine Knöpfe bei mir betätigen konnte? Wer weiß es schon? Auf jeden Fall hilft die enorme Stardichte und die eine oder andere schöne Einstellung auch nicht über achtzig Minuten Langeweile viele müde Gags hinweg.
Interessant finde ich ja, dass sich einiges vom Werk Franz Kafkas in dem Film wiederfindet, aber dann hätte ich auch gleich bei Steven Soderberghs KAFKA bleiben können. Der ist filmisch, wie auch schauspielerisch sehr viel interessanter.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#748
Geschrieben 01. September 2005, 20:44
Regie: George A. Romero
Mit einer nicht gerade unverhohlenen Vorfreude und diebischen Vergnügen während des Kinobesuchs bekam ich genau das was ich im Grunde erwartet hatte. Einen wunderschön altmodischen Splatterfilm vom Meister höchstpersönlich, welcher dem von ihm vor beinahe vierzig Jahren geschaffenen Genre eine weitere Nuance hinzufügt. Zwar nicht mehr ganz so subtil verschachtelt wie noch im ersten NIGHT OF THE LIVING DEAD, aber auch wenn sich die Zeiten geändert haben mögen, die Menschen haben sich nicht geändert.
Vom eingekesselten Farmhaus, zum eingekesselten Kaufhaus über das unterirdische Raketensilo bis zur abgeriegelten Stadt Fiddler’s Green. Der Spielplatz auf dem Romero seinen lebenden Toten aussendet, um die anderen lebenden Toten anzugreifen, wird zunehmend größer. Immerhin geht es hier um Lebensraum. Und den brauchen beide Parteien.
Der skrupellose Geschäftsmann Kaufman (Dennis Hopper) hat sich mit der Stadt Fiddler’s Green ein halbwegs sicheres Refugium geschaffen. Von zwei Seiten mit einer natürlichen Grenze in Form eines Flusses geschützt und von der dritten Seite mit Stacheldraht umzäunt, lässt es sich Kaufman und die reiche Bevölkerung der Stadt ganz gut gehen. Die Klasse der Armen wird solange mit Brot und Spielen in Schach gehalten. Und damit die fiesen menschenfressenden Stinker nicht für dunkle Wolken am Horizont sorgen, beschäftigt Kaufman auch eine guerillaartige Söldnertruppe angeführt vom besonnenen Riley (Simon Baker) und dem hitzköpfigen Cholo (John Leguizamo). Cholo strebt zu Höherem. Er will zur erlesenen Klientel Kaufmans gehören. Deshalb hat Cholo für ihn in den letzten drei Jahren viel Drecksarbeit erledigt. Als Kaufman einen Rückzieher macht droht Cholo, der sich inzwischen im Besitz der "Dead Reckoning", einen zu einer waffenstarrenden Festung umfunktionierten Schwerlasttransporter, befindet, das symbolträchtige Hochhaus der Stadt mit Raketen zu beschließen. Riley, der eigentlich nichts weiter will außer aus der Stadt zu verschwinden, geht mit Kaufman einen Deal ein, um Cholo von seinem Vorhaben abzubringen. Währenddessen macht sich eine Armee Ungeheuer auf, die Stadt zu besuchen.
Von dem eigentlichen Plot einmal abgesehen, welchen Romero dazu nutzt um Cholo als Terrorristen, wie Kaufman ihn nennt, zu charakterisieren, der das System von innen heraus stürzen will, ist natürlich wieder mal Romeros eigentliches Betätigungsfeld, das in Szene setzen seiner Schäfchen wieder mal genau das, was mich mehrere Male mit der Zunge laut schnalzen ließ. Auch wenn er das Umfeld um Riley, der Hure Slack (Asia Argento) und Konsorten mit der meisten Spielzeit versorgt, gehören die Sympathien doch recht eindeutig den menschenfressenden und langsam fortbewegenden Untoten. Die haben es sich, dank ihres recht intelligenten Anführers in den Kopf gesetzt, ebenfalls das Paradies Fiddler’s Green mit dem Blut und den Eingeweiden seiner Einwohner zu beflecken. Und dazu bekommen sie reichlich Gelegenheit, denn ihre Lernkurve zeigt steil nach oben.
War der Zombie Bub in DAY OF THE DEAD noch ein Versuchskaninchen in Dr. Logans Horrorlabor, so reimt sich der Tankstellenzombie (Eugene Clark) dank täglicher Tagesabläufe die Fertigkeiten so langsam aber sicher zusammen. Hier und da vielleicht noch unbeholfen, aber Übung macht bekanntlich den Meister. Und seinen untoten Mitstreitern ist er ein guter Anführer. Die haben gelernt, sich nicht mehr vom sprichwörtlichen Feuerwerk ablenken zu lassen, was sie in der Vergangenheit zu hervorragenden Zielscheiben machte.
Die fast durchweg präsente lakonische Gelassenheit der Charaktere gegenüber ihrer Situation, ich möchte es mal achselzuckende Nüchternheit bezeichnen, macht eine stärkere Bindung an den einen oder anderen Charakter fast unmöglich. Einigen von ihnen wird diese Einstellung das Leben kosten.
Von den ganzen inhaltlichen Phrasen jetzt mal abgesehen, macht es einen enormen Spass diesen rustikalen und schnörkellos inszenierten KJ-Kracher im reinen Ambiente eines Multiplex anzuschauen. Nach Herzenslust werden hier wieder Innereien ausgeweidet, Köpfe zerschossen oder vom Rest der Körpers separiert. Beste Szene: ein Zombie beisst einem weiblichen Opfer das Bauchnabelpiercing heraus. Uaah, aber ich hatte meine Spass…der Rest der gut zwei Dutzend Zuschauer war, wie sollte es auch sonst gewesen sein, in Lethargie gefallen. Lebende Tote eben.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#749
Geschrieben 04. September 2005, 22:58
Regie: Dario Argento
So langsam aber sicher entwickelt sich dieser Film immer mehr zu meinem Lieblings-Argento. Ich denke der Grund für die erneute Sichtung lag in der maßlosen Enttäuschung, welche mir Argentos jüngster Film IL CARTAIO so unerwartet beschert hatte. Von der Uninspiriertheit also zur höchsten Formvollendung.
Der Krimiautor Peter Neal verlässt New York um nicht nur sein neues Buch "Tenebrae" zu promoten, sondern auch um seiner Ex-Freudin Jane zu entkommen. Doch noch nicht mal in Rom angekommen, wird man schon Zeuge eines höchst brutalen, sexuell aufgeladenen Mordes. Eine Frau, welche zuvor noch in einem Buchgeschäft ein Exemplar von Peter Neals Buch klauen wollte und schon dort von ihrem Mörder beobachtet wird, wird mit einer von einem Rasiermesser durchgeschnittenen Kehle aufgefunden. In ihrem Mund steckten herausgerissene Seite aus dem Buch "Tenebrae". Gerade erst im Hotel angekommen, findet Peter Neal einen Briefumschlag mit einer Nachricht des Mörders und wird auch schon von der Polizei erwartet. In der Folge geschehen weitere Morde ähnlicher Brutalität und gleichen Inhalts. Eine lesbisches Pärchen muss ebenso sterben, wie die Tochter des Hotelmanagers. Während die Polizei im Dunkeln tappt, begibt sich Neal auf eigene Spurensuche.
Mit jeder erneuten Begegnung wächst bei mir nicht nur die Begeisterung für diesen inhaltlich vielschichtigen Giallo, sondern auch die Erkenntnis, wie frisch und oftmals überraschend der Film immer noch bei mir wirkt. Einige der Plottwists waren mir gar nicht mehr bewusst und auch einige der von Argento clever gesetzten Schockmomente hatte ich so nicht mehr in Erinnerung. Die Besetzung finde ich von den Hauptrollen bis in die kleinste Nebenrolle durchweg geglückt, denn Argento gelingt es alle seine Figuren mit klaren Zügen zu charakterisieren. Die unterkühlt aufgewühlte Synthesizermusik ist der blanke Wahnsinn und korrespondiert hervorragend mit der gleißend hellen Ausleuchtung der streng funktionalen Innenräume und den brachialen Gewaltausbrüchen.
Was ich außerdem wieder einmal bemerkenswert finde, ist die Tatsache, dass ich während dieses Eintrags viele Stimmungen und Gedanken zu dem Film nicht mehr in Worte zu fassen in der Lage bin. Der Film eignet sich perfekt dazu in beim Sehen auszudiskutieren, wenn alle Beteiligten ihn kennen. Das einzige was mir jetzt noch in den Sinn kommt ist, dass der Film nur in einem kleinen Punkt eine Schwachstelle aufweist, welche das Handlungsgerüst der letzten halben Stunde eigentlich ins Wanken bringen müsste. Ansonsten habe ich an diesem Film rein gar nichts auszusetzen.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#750
Geschrieben 05. September 2005, 21:47
Regie: Woody Allen
Ein wider erwarten doch sehr lohnender, aber gleichzeitig auch sehr anstrengender Film von Woody Allen, den ich seit seiner Kinoauswertung nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte und der fast ausschließlich aus Streitgesprächen zu bestehen scheint und wie eine filmische Sitzung beim Psychoanalytiker wirkt. Anhand von zwei Ehepaaren, die sich trennen und zu anderen hingezogen fühlen, versucht Allen eine Antwort auf die Frage zu finden, ob es sinnvoll ist sich dauerhaft zu binden und der Langeweile anheim zu fallen oder frei, aber dafür allein und möglicherweise auch unglücklich, sein Liebesleben zu gestalten.
Dank der selbstreflexiven Momente, welche im letzten Drittel des Films Einzug halten, unterläuft Allen sehr geschickt das Dilemma die vorher gestellte Frage beantworten zu müssen. Denn was unzähligen Dichtern, Denkern und Wissenschaftlern vorher nicht gelungen ist, dass kann auch Allen nicht gelingen. Der Part der von Lysette Anthony gespielten Aerobic-Trainerin bleibt, im Gegensatz zu den anderen Charakteren im Film, doch recht blass und wird von Allen eher chargierend in Szene gesetzt. Wohl der einzige Schwachpunkt dieses enorm dialoglastigen Films. Judy Davis brilliert.
Der Film wirkt beinahe wie eine Blaupause für den fünf Jahre später entstandenen DECONSTRUCTING HARRY, was sich vor allem an den hin und wieder auftretenden sprunghaften Schnitt und die hier noch zurückgenommene, blumige Sprache ablesen lässt. Die wackelige Handkamera ist für Allen wohl eine Neuerung, zumindest ist sie mir in keinem seiner früheren Filme aufgefallen.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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