"Now it's dark!"
#361
Geschrieben 04. April 2004, 17:08
Regie: Paul Verhoeven
Ficken um die Dämonen zu vertreiben. Ficken um die Erinnerung an "Sie" los zu werden. "Sie", das ist Olga, ist Erics (Rutger Hauer) große Liebe. Die Liebe seines Lebens. Eine obsessive Liebe, die jegliche Konventionen, jegliche Hürden, jegliche Grenzen bricht. Eine intensive Liebe, eine wahre Liebe, eine ehrliche Liebe.
Eric ist ein junger Künstler und trifft, nach einer in die Hose gegangenen Ausstellung, Olga als er wieder nach Hause trampt. Und schon im Auto geht es ab. Die beiden können die Augen nicht voneinander lassen. Sie necken sich beide, sie machen sich gegenseitig scharf. Ruckzuck geht es auf den nächsten Parkplatz um die schnell entfachte Lust aufeinander zum Entladen zu bringen. Schnell wird geheiratet was vor allen Dingen Olgas Mutter gar nicht so gerne sieht. Zum Glück ist der lebenslustige Vater, zu dem Olga ein liebevolles Verhältnis bewahrt hat, da sehr locker.
Doch bald schon ziehen dunkle Wolken am sonnigen Himmel auf...
Ein Film der atmet, ein Film in dem ständig etwas passiert. Überall sprühen die Einfälle nur so aus Paul Verhoeven und Gerard Soeteman heraus. Ob bei der schwangeren Brautpaar, deren Fruchtblase bei der Trauung platzt, das durchnummerierte Ficktagebuch von Eric, der die verschiedensten Frauen aufgabelt etc.
Wenn ich bedenke, daß aus Hollywood um die selbe Zeit der brave LOVE STORY abgekurbelt wurde muß ich schon die Kotze zurückhalten. Das hier ist ein Film, der noch in 100 Jahren frisch sein wird. Frisch weil er ehrlich mit seinen Figuren umgeht. Frisch, weil das Ende so viel niederschmetternder und ergreifender ist als dieser Hollywood-Kitsch. Frisch, weil er wohl in zwei Szenenabschnitten die Blauspause für zwei "bahnbrechende" Hollywood-Filme war. Ende. Aus.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#362
Geschrieben 05. April 2004, 14:29
Regie: Nicholas Ray
Wenn es auch nur zwei Filme sind mit denen sich James Dean für immer einen Platz in meiner persönlichen Heldenliste verdient hat (der andere ist EAST OF EDEN), so mag ich gar nicht an seinen beruflichen Werdegang denken, den er eingeschlagen hätte, wenn er nicht diesen tödlichen Autounfall im September 1955 gehabt hätte. Obwohl man im Nachhinein natürlich immer leicht sagen kann, daß er sich nicht von Hollywood auffressen lassen würde, hinterlassen mir Interviews mit Elia Kazan immer einen anderen Eindruck. Unsicher war Dean, der sich in Fotos zu einer einsamen und zerrissenen Persönlichkeit stilisieren ließ, die er vielleicht auch wirklich war. Ich bin davon überzeugt, daß er irgendwann sich dem Druck seiner Erwartung gegenüber einem Millionenpublikum ergeben hätte und dann in Filmen mitgespielt hätte, die ihm deutlich gegen den Strich gingen. Ich meine hier vor allen Dingen die Festlegung auf einen bestimmten Rollentyp, den er eben mit diesem Film und Kazan's EAST OF EDEN darstellte. Irgendwann wäre er in diesem Kreis gefangen gewesen und es hätte kein Entkommen für ihn gegeben. Deswegen sehe ich seinen frühen Tod in gewisser Weise als einen Segen für ihn.
Jetzt muß ich auch noch irgendetwas zu diesem Film loswerden, aber das ist gar nicht so einfach. Es ist immer wieder ein enormer Eindruck, den diese große Studioproduktion bei mir hinterlässt, die sehr offen und vor allen Dingen ehrlich die Probleme der jungen amerikanischen Generation der 1950er anspricht. Entweder wollen die Eltern ihre fast erwachsenen Kinder nicht verstehen oder sie sind erst gar nicht für sie da. Selbst die Institution der Schule ist keine Stätte der Geborgenheit, wie man an dem Ausflug zum Griffith-Observatorium und der Vorführung im Planetarium sehen kann. Überraschend ist da für mich aber, daß sich die jungen Kids zumindest zwei Erwachsenen (der Mitarbeiter vom Jugendamt und die farbige Haushälterin aus Platos Elternhaus) anvertrauen. Und diese nehmen Anteil an ihrer Situation, aber sind doch machtlos über die Ereignisse, die da kommen werden.
Aber auch untereinander sind sich die Kids nicht grün. Jim Stark (James Dean) erregt an seinem ersten Schultag in der neuen High School sofort die Aufmerksamkeit einer Bande. Er ist gerade erst mit seinen Eltern und seiner Großmutter hergezogen, weil er an anderer Stelle Probleme hatte. Und auch hier gerät er zwischen die Fronten. Konflikte mit den Eltern auf der einen Seite und mit der Bande und ihrem Anführer Buzz (Jim Backus) auf der anderen Seite. Doch er schließt auch Freundschaften mit Judy (Natalie Wood), der Freundin von Buzz und Plato (Sal Mineo). Mit ihnen beiden teilt er das Schicksal eines Heranwachsenden, der von seinen Eltern überhaupt nicht als Persönlichkeit angesehen wird. Die drei raufen sich zusammen und werden eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich schon bald gegen äußere Mächte zur Wehr setzen muss. Einer von ihnen wird dabei tragisch auf der Strecke bleiben.
Ein großartiger Film, getragen von hervorragenden Darstellern, einem ernstzunehmenden Thema und dem richtigen Gespür für Dramatik.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#363
Geschrieben 07. April 2004, 16:50
Regie: Oliver Stone
Vietnam, die Wall Street, Richard Nixon, Vietnam, die Doors, John F. Kennedy, wieder Vietnam...da kommt dieser Football-Film schon fast wie eine Trotzreaktion daher. Aber eine sehr erfrischende, denn Stone ist bei mir in den letzten beiden Jahren mit seinen Filmen aus den 1960ern, vornehmlich den Vietnam-Filmen und den Präsidentenporträts irgendwie auf den Senkel gegangen. ANY GIVEN SUNDAY spielt im Hier und Jetzt, nur Coach Tony D'Amato (Al Pacino) hängt in Erinnerungsfetzen noch an die alte Zeit Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre. Das Team der Miami Sharks steht vor einem Wendepunkt in seiner Geschichte. Der letzte große sportliche Erfolg, der Gewinn des Pantheon-Cup, liegt schon vier Jahre zurück und seit dieser Zeit manövriert sich das Team in eine immer größere Krise. Während der Trainer an alte Football-Ideale und altmodischen Spielzügen festhält bekommt er ständig Druck von der Chefetage. Die Besitzerin Chritina Pagniacci (Cameron Diaz) will Erfolge und auch wieder mehr Geld in ihren Kassen sehen. Und zu allem Übel verletzt sich der in die Jahre gekommene Star-Quarterback Jack Rooney (Dennis Quaid) bei einem Spiel so schwer, daß er für viele Wochen ausfällt. Auftritt Willie Beamen (Jamie Foxx) ein Spieler, der bisher noch nie die Chance bekommen hat zu zeigen, was in ihm steckt. Und das schlägt sich auf das Spiel und die Einstellung der Spieler untereinander nieder. Die Leistungen sind wechselhaft. Bittere Niederlagen, brilliante Spielzüge, Medieninteresse. Da ist der Erfolg für Beamen, doch er setzt ihn leichtfertig aufs Spiel. Er befolgt weder die Anweisungen seines Coaches D'Amato und das Stück, welches er vom großen Kuchen der Popularität abschneidet will ihm gar nicht bekommen.
Der Film wirkt auf mich wie eine späte Fortsetzung von WALL STREET. Auch hier muß ein junger Bursche all die Verführungen des plötzlichen Erfolgs verdauen. Er steht hier nicht zwischen zwei übermächtigen Figuren, die sich um ihn streiten, sondern zwischen seinem Gewissen und der Verpflichtung gegen dem Team über. Muß sich Bud Fox noch mit Drohung durch eine Gefängnisstrafe den Hals aus der Schlinge ziehen und an seinen Vater denken, vermittelt D'Amato nur seine Sicht der Dinge und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Eine Entscheidung kann nur aus Beamen selbst heraus kommen.
Von der formalen Umsetzung unterscheidet sich der Film in seiner Rasanz und brachialen Visualität in keinster Weise von NATURAL BORN KILLERS, THE DOORS oder JFK. Immer noch treibt die Kameraarbeit von Robert Richardson den unaufmerksamen Zuschauer Schweißperlen auf die Stirn, sorgt der Schnitt für ein rasantes Tempo. Famos ist der Soundtrack mit dem Stone meinen Puls ein ums andere Mal in die Höhe schnellen lässt. Das Ei fliegt in Zeitlupe zu Rap-Musik und findet die Arme des Receivers, das Huddle stellt sich zu wummernden Bassgitarren zum nächsten Spielzug auf, bei Fatboy Slim zittert die Kamera während sich die Spieler tacklen.
Wie immer bei Stone gibt sich hier ein großes Ensemble der unterschiedlichsten Darsteller die Klinke in die Hand. Zusammen mit der Inszenierung und dem lockeren Drehbuch ergeben sich die wahnwitzigsten und skurrilsten Situationen, ader auch einige magische Momente.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#364
Geschrieben 08. April 2004, 17:30
Regie: Tim Burton
Vor einiger Zeit habe ich die Befürchtung gehabt, daß Tim Burton irgendeines fernen Tages vielleicht einmal der Stoff für seine filmischen Visionen ausgehen könnte. Von PEE WEE'S BIG ADVENTURE bis hin zu PLANET OF THE APES war seine Filme vor allem verschrobene, schrullige, manchmal nicht ganz ernst zu nehmende Märchengeschichten, die mich durch ihren skurillen Humor immer bestens unterhalten haben.
Mit dem gerade eben gesehen BIG FISH, schlägt Tim Burton meiner Meinung nach eine neue Richtung in seinem Schaffen vor. Denn das erste Mal fügt er seinem Universum das Grundgerüst eines ernsten Hintergrundes hinzu. War man vorher noch über die Schicksale von fantastischen Charakteren wie dem Edward mit den Scherenhänden, Ichabod Crane oder einem Jack Skellington verbunden, so präsentiert Burton nun das Schicksal von Menschen aus Fleisch und Blut. Die Frage, die sich mir stellt ist, ob er immer so wie in der Vergangenheit hätte weiter machen können, oder ob BIG FISH die logische Konsequenz, ein Eingeständnis auf das Älterwerden ist. Mal schauen, was er diesem wunderbaren Film nachfolgen lässt.
Ich hatte seit vier Monaten eine enorme Erwartungshaltung, die sich aufgrund des Filmtrailers in den letzten Tagen ins Unermäßliche auftürmte. Als dann das Licht im Saal dunkel wurde und die ersten zarten Töne von Danny Elfmans Musik ertönten war ich wieder im Burt'schen Universum in dem man sich sofort vertraut fühlt, bei dem es aber merkliche Veränderungen gibt. Der Ernst der Lage wird schon in den ersten fünf Minuten deutlich als es zu einem Streit zwischen Vater und Sohn kommt, der die beiden entzweien lassen wird. Dabei macht Burton nicht den Fehler, den Rest des Films als eine Läuterung des Sohnes aufzuziehen, der gefälligst von Anfang an daran hätte glauben sollen, daß sein Vater all seine Geschichten wirklich erlebt hat. Zumindest ich hatte das Gefühl, daß all diese Geschichten nur dem Zweck dienten, einem trostlosen Alltag zu entfliehen. War Edward Bloom (Albert Finney) in Wirklichkeit doch nur ein kleiner Fisch, der sich und seiner Familie den Alltag schönredete indem er all diesen Münchhausengeschichte aufgetischt hat? Davon ist keine Spur zu finden, aber zumindest doch väterlicher Stolz seitens Edwards gegenüber seinem Sohn William (Billy Crudup).
Der Film baut sich bewußt zu einem Ende auf, indem Fiktion und Wirklichkeit nebeneinander und völlig gleichberechtigt existieren. Nicht nur sind die Geschichten Edward Blooms sooft wiederholt worden, daß nicht nur er ein Teil seiner Geschichten ist, sondern auch Burton selbst schafft sich mit BIG FISH ein eigenes Denkmal, indem er seine Arbeit aus früheren Geschichten mehr oder aber auch weniger deutlich zitiert.
Abschließend muß ich wieder völlig konsterniert feststellen, wie nach mittlerweile einer Stunde der Film immer noch die stärksten Emotionen mit seinen Bildern, Stimmungen und Situationen bei mir heraufbeschwört. Das ist ein Indiz dafür, wie sehr mich der Film gerührt und aufgewühlt hat.
Danke, Tim.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#365
Geschrieben 09. April 2004, 20:58
Regie: Paul Schrader
Der rasante Aufstieg und der lange bodenlose Fall in die Trostlosigkeit ist das Thema dieses Films von Paul Schrader. Ich hatte eigentlich erwartet, daß er hier auch das Drehbuch verfasst hat, aber die Übernahme eines fremden Scripts stört mich bei Paul Schrader überhaupt nicht.
Bob Crane (Greg Kinnear) steigt als einer von vielen Radiomoderatoren zu einem beliebten TV-Star der Serie HOGAN'S HEROES Mitte der 1960er auf. Man kann jetzt nicht unbedingt sagen, daß er eine außergewöhnliche Persönlichkeit in der amerikanischen Schauspielerzunft dargestellt hat, aber trotzdem hilft ihm seine Popularität dabei mit dutzende von Frauen zu schlafen. Das wäre ja auch nicht weiter interessant, wenn er nicht diese Bettgeschichten mit Hilfe seines Freundes John Carpenter (Willem Dafoe), einem As auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik, auf Video festhalten würde.
Erweckt Crane zunächst den Eindruck des biederen und langweiligen Familienvaters, der einmal von einer richtig großen Rolle träumt, so unglaublich tolpatschig und zufällig scheint sein Spaß an der Freude mit den weiblichen Verehrerinnen. Aus diesen gelegentlichen Treffs mit Carpenter entwickelt sich ein eigenwillige Freundschaft, die nur noch darauf abzielt, soviele Frauen wie möglich rumzukriegen und mit ihnen Heimkino-Porno zu filmen. Im Laufe des Films und der zurückgelegten Zeit (1965 - 1978) werden die technischen Möglichkeiten, die den beiden Männern zur Verfügung stehen, dabei immer ausgefeilter. In einhundert Minuten macht man in dieser Hinsicht eine sehr spannende Geschichtsübung in Sachen Videotechnik mit.
Von diesem kleinen Detail bin ich manchmal so sehr fasziniert, daß ich manchmal den Fluß der Handlung außer Acht zu lassen scheine. Zwei Ehen Bob Cranes gehen wegen seiner Sexsucht in die Brüche, die Karriere ist mit dem Ende der Serie 1971 auf einem absteigenden Ast. Das Geld wird sich fortan beim sogenannten Dinner-Theater verdient und man hofft noch auf eine wichtige Rolle beim Film. Doch die Sucht ruht nicht und schreitet immer weiter fort, bis sich auch die letzten Freunde von ihm abwenden.
Die sehr üppige Inszenierung mit kräftigen Farben und sehr kontrollierter und ruhiger Kameraführung macht im zusehends chaotischen Lebenswandel Bob Cranes einer ebensolche kontrollierte Rastlosigkeit Platz. Die Farben verschwinden fast völlig und machen blassen, manchmal auch grellen Tageslichtaufnahmen Platz. Die Kameraführung wechselt von ruhigen Dolly- und Steadycamaufnahmen zu beabsichtigt verwackelten Handkameraeinsätzen, welche die Stimmungsschwankungen von Bob Crane passend einfängt. Dagegen sind die verwaschenen und unscharfen Bilder der Vidicon-Kamera, die übrigens mit einer ebensolchen auch gemacht wurden, von einer bedrückenden Stasis.
Ich muß an dieser Stelle auch einmal eine Lanze für das hervorragende Zusatzmaterial der DVD brechen. Nicht nur verfügt diese DVD über drei Audiokommentarspuren (von Paul Schrader, Greg Kinnear u. Willem Dafoe), sondern auch über geschnittene Szenen, Trailer und über die knapp fünfzig Minuten lange Dokumentation "Murder in Scottsdale" über den Mordfall Bob Crane, bei der ermittelnde Polizisten, Anwälte und auch Familienangehörige von Bob Crane und John Carpenter zu Wort kommen. An dem Film kann ich mich kaum sattsehen, so hervorragend sind die Leistungen aller Beteiligten vor und hinter der Kamera.
Wieder mal so ein Film von Paul Schrader, der, wenn er von jemanden anderen inszeniert worden wäre, lange nicht so lustig und auch gleichzeitig tragisch hätte ausfallen können. Obwohl eine reale Persönlichkeit reiht sich die Figur des Bob Crane nahtlos in das Kabinett der tragischen Helden von Paul Schrader ein. Er findet einen gleichberechtigten Platz neben Michael Courtland aus OBSESSION, Travis Bickle aus TAXI DRIVER, John LeTour aus LIGHT SLEEPER, Frank Pierce aus BRINGING OUT THE DEAD, Jake LaMotta aus RAGING BULL.
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#366
Geschrieben 10. April 2004, 21:51
Regie: Francis Ford Coppola
Kann man eigentlich ein abschließendes Urteil über ein Film fällen, den man seit seinem Kinobesuch vor über zehn Jahren und in der ganzen bis heute mehrere Male (annähernd zwei Dutzend Mal) gesehen hat? Nein. In den mannigfaltigen Adaptionen des Vampir-Stoffes stellt diese Variante die werkgetreuste dar, die gerade wegen diesem immensen Hang zum Geschriebenen allerdings auch kaum Neues bietet. Das war anscheinend auch Coppolas erklärtes Ziel als er sich an seine Umsetzung der erotischen, blutigen und zutiefst tragischen Geschichte machte.
Von allen von mir bisher gesehenen Verfilmungen der Geschichte um Graf Dracula und seine Abkömmlingen ist das die üppigste und schwelgerischste, die manchmal mit faszinierenden Bildern und darstellerischen Leistungen überzeugen kann, aber sich dann wieder in teilweise dümmlichster Selbstverliebtheit und Zitierwut suhlt. Coppola fährt dabei ein geradezu beeindruckendes Arsenal filmischer Manipulation auf um mich zu verzaubern. Entfesselte Kamera, kunstvolle Überblendungen, Splitscreen, traumwandlerische Filmmusik, Make up, die wundervollen Kostüme, Sets etc. pe pe.
Die Darsteller bleiben in diesem Overkill zwangsläufig manchmal nur Karikaturen ihrer Selbst und es gelingt nach ihren jeweiligen Einführungen nur sehr selten einen bleibenden Eindruck bei mir zu hinterlassen. Am meisten sagte mir dabei das Zusammenspiel der drei Verehrer der schönen Lucy, nämlich Quincy P. Morris (Bill Campbell), Jack Seward (Richard E. Grant) und Lord Arthur Holmwood (Cary Elwes) zu. Die schwirren nämlich wie Motten um die kapriziöse Lucy Westenra (Sadie Frost), die sich später in ihrem labyrinthartigen Garten, übrigens der zweitbesten Sequenz des Films nach dem bravourösen Anfang, von Dracula, hier halb Mensch, halb Wolf, nehmen lässt. Ich habe die Szene immer als Opfergang zum Altar empfunden, wo sich Lucy endlich einem Mann hingeben kann, nach dem sie schon so lange sucht. Eine ähnliche Erfahrung macht Mina (Winona Ryder), die Zeuge dieser Kopulation wird, in der Kinematografen-Sequenz selbst durch, als Prinz Vlad/Dracula (Gary Oldman) ihr den aus dem Zoo entflohenen Wolf vorstellt. Eine ähnliche Konstellation widerfährt Mina auch als sie zum einen von Dracula mit Absinth in einen tranceartigen Zustand und letztendlich gefügig gemacht wird und als sie von Prof. Abraham van Helsing (Anthony Hopkins) in Hypnose versetzt wird.
Völlig hinter den Möglichkeiten spielen Keeanu Reeves als Jonathan Harker und Tom Waits als der irre gewordene Renfield. Sie füllen nur das Bild hinter dem Part aus, ohne ihn annähernd mit Leben füllen zu können. Zumindest wird dem Charakter des Renfield in seinen kurzen Auftritten mit einigen ekelhaft schönen Makroaufnahmen des insektenkauenden Mundes und dem rollenden Auge, daß nach etwas Essbarem sucht ein klein wenig Kantigkeit verliehen.
Gary Oldman kommt mir in der Titelrolle manchmal arg verloren und verkümmert vor. Manchmal unter Tonnen von Make-up und zugegeben wunderbaren Kostümen von Eiko Ishioka, ist er körperlich arg eingeschränkt. Das geht dann sogar soweit ihn eingepfercht in seinem Sarg oder einer mit Erde gefüllten Kiste zu zeigen. Wenn er allerdings als junger Prinz durch das London um die Jahrhundertwende streift, werden ihm manchmal arg peinliche Sätze aufgezwungen. Nur mit Hilfe der romantischen Musik vermag er es nicht der Lächerlichkeit anheim zu fallen.
Abschließend bleibt mir festzustellen, daß Mina zum Ende des Films hin wohl ganz dem Grafen gehört obwohl sie ihn und ihre Retter von den Mächten der Finsternis erlöst. Denn das letzte Bild, welches wir von ihr sehen zeigt sie als fleischgewordene Kopie von Elisabeta, der früheren Braut Draculas.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#367
Geschrieben 11. April 2004, 19:17
Regie: Brian De Palma
Nach RAISING CAIN ist es eine enorme Durststrecke um mal wieder einen lupenreinen De-Palma-Diamanten zu entdecken. In den vergangenen zehn Jahren befand sich De Palma in einem Irrgarten aus Kommerzkino (MISSION: IMPOSSIBLE, MISSION TO MARS), Gangsterdrama (CARLITO'S WAY) und nur auf den ersten Blick vielversprechenden Thrillern (SNAKE EYES). Ob es einer logischen Konsequenz gleichkommt oder eine Flucht nach vorne darstellt kann ich noch nicht beurteilen, aber das er FEMME FATALE in Europa realisierte, ist zunächst einmal als Glücksfall zu betrachten. Das ich hier nun im Verlauf die Handlung ausgiebigst zitiere, möge man mir bitte verzeihen, aber sie ist auch für mich ein Hilfe das gerade erlebte zu verarbeiten.
Rebbeca Romijn-Stamos wird in der Rolle der Laure dem Titel des Films mehr als gerecht. In einer bravourösen Eröffnungssequenz ist sie erst als williges Mittel zum Zweck eingeführt, das für zwei Gangster Diamanten im Wert von zehn Millionen Dollar stehlen soll, die sich in Form eines metallenen Tops, welches exakt einer Schlange nachempfunden ist, am ansonsten nackten Oberkörper eines Starlets befinden. Doch Laure hatte wohl von Anfang an eigene Pläne. Sie nutzt einige Unachtsamkeiten und Pannen der Gangster und ihrer Helfer, die sich im Verlauf der Sequenz als katastrophal herausstellen, aus, um mit der Beute zu entfliehen.
Und jetzt befindet sie sich auf der Flucht. Und diese ist im Grunde so ziellos, daß die nun folgenden Ereignisse genauestens observiert werden müssen. An einem topografisch und für den Film äüßerst wichtigen Kirchenplatz, trifft sich Laure mit ihrem Intermezzo aus der Toilette und wird dabei schon von einem ihrer ehemaligen Partner und zufällig vom Paparazzo Nicholas Bardo (Antonio Banderas) beobachtet. Ganz und gar nicht darüber erfreut, daß dieser ihr Treffen fotografiert zieht sich Laure in die Kirche zurück in der gerade eine Trauerfeier stattfindet. Und auch hier wird sie nicht lange verweilen können, da zwei der Trauergäste sie mit jemanden verwechseln und ihr folgen als sie überstürzt die Kirche verlässt.
Ihre Flucht führt sie zurück in ihr Hotelzimmer, wo sie allerdings von einem ihrer Geschäftspartner, der der Polizei entkommen konnte erwartet wird. Zwischen den beiden entbrennt ein Kampf und Laure endet nach einem Sturz über das Geländer des 2. Stocks in einem Satz Kisten, die ihren Sturz, der sonst tödlich geendet wäre auffangen. Das Ehepaar, daß ihr bis ins Hotel folgte und ihre Spur dort verlor, steht direkt daneben und verfrachtet Laure in eine fremde Wohnung.
Es fällt mir immer wieder auf das in solchen Momenten in denen sich die Filmhandlung nach dem ersten Akt einem ruhigen Ende nähert, nun zwangsläufig ein Ereignis eintritt, welches einen logischen Bogen für den zweiten Akt aufbauen muß. In diesem Fall ist es Lily, eine junge Frau mit der Laure in der Kirche verwechselt worden ist. Die Trauerfeier zu der Lily nicht erschienen war, war für ihren Mann und ihre junge Tochter ausgerichtet, die anscheinend bei einem Unfall ihr Leben verloren haben. Verzweifelt darüber, daß sie ein Flugticket in die Vereinigten Staaten verloren hat, wo sie ein neues Leben starten wollte, nimmt sich Lily das Leben. Laure, die anfangs ob ihrer Ähnlichkeit zu der jungen Frau verblüfft ist, nimmt kaltschnäuzig die Gelegenheit war und nimmt Lilys Platz an Bord des Flugzeugs ein. Das Flugticket hat sie im Badezimmer in einem Mantel mit Lilys Ausweispapieren entdeckt.
Sieben Jahre später...Nicholas Bardo erhält den Auftrag ein Foto von der äußerst kamerascheuen Ehefrau des neuen amerikansischen Botschafters (Peter Coyote) zu schießen. Es gelingt ihm und es ist niemand anderes als Laure, die den Botschafter auf dem Flug in die USA zuvor kennengelernt hat. Die landesweite Veröffentlichung des Bildes entgeht auch nicht den beiden Gangstern, von denen einer gerade aus dem Gefängnis entlassen worden ist. Die sind ganz wild darauf sich ihre Beute zurück zu holen. Laure wäre aber keine femme fatale, wenn sie jetzt nicht alle Register ihres Könnens ausspielen würde. Mit vorgespielter Verzweiflung der von ihrem Mann verprügelten Ehefrau und raffinierten Verführungskünsten spinnt sie Bardo in ihr hinterhältiges Spiel ein. Sie sorgt dafür, daß er von der Polizei dingfest gemacht wird und als ihr Entführer dasteht. Der Grund für ihr Verhalten ist der, der unzufriedenen Ehefrau. Ihr Ehemann hatte einen Großteil seines Vermögens darauf verwendet sich politische Verbindungen zu beschaffen und so ein hohes Amt zu bekleiden. Und da sie sich als Botschafterehefrau ihrem Mann bei protokollarischen Anlässen sicherlich nicht entziehen kann, bedeutet zwangsläufig, daß sie in der Öffentlichkeit steht, aus der sie ja immer einen Grund hatte, fern zu bleiben. Also hat sie all das kaltblütig inszeniert um sich an ihren ach so verständnislosen Ehemann zu rächen und ihm ein hübsches Sümmchen abzunehmen mit dem sie dann wieder abtauchen kann.
Wie schon Barbara Stanwyck in DOUBLE INDEMNITY glaubt Laure die Zügel fest in der Hand zu haben, doch sie hat nicht mit ihren ehemaligen Partnern und dem beherzten Eingreifen des von ihr ziemlich gehörnten Nicholas Bardo gerechnet. Und jetzt macht De Palma etwas was eigentlich geradezu verboten gehört. Er zeigt dem Zuschauer ganz kess den Mittelfinger und lässt Laure aus ihrem Traum erwachen. Viele werden sich hier wohl verschaukelt über diesen zugegebenermassen billigen Trick vorkommen, aber De Palma hat im Verlauf seiner Thrillerhandlung nun wahrhaftig genügend direkte, als auch indirekte Hinweise ausgelegt und ein geradezu exemplarischer Beispiel virtuoser Filmkunst abgegeben, damit man nach dieser hunterachtzig Grad Wendung der Geschichte treu beisteht.
Das einzige Detail, daß mich an De Palmas Umsetzung der Story gestört hat, war offensichtliche Hinweis, den der Zuschauer erhält und mit dem er einen rettenden Anker erhält. Ich spreche von der TV-Interview des Esoterikers, dessen Worte Laure keck kommentiert, als sie sich in Lilys Wohnung umsieht bevor sie in die Badewanne steigt. Einen Verdacht bezüglich der kommenden Umsetzung mögen kluge Geister vielleicht da schon haben, wenn man die ruhigen Einstellungen von Laure in der Badewanne genauer untersucht. Die tickende Uhr, das fließende Wasser, der schwerer werdende Körper, die überlaufende Wanne, das draußen tobende Gewitter.
Und daß er seinen Film noch mit einem befriedigenden Finale und einem wohlwollenden Ende ausstattet rechne ich ihm auch hoch an. Das Lily ein besseres Leben bevorsteht ist offensichtlich, aber vielleicht ist auch die erneute Begegnung von Laure und Nicholas Bardo eine Initialzündung ihr bisheriges Leben zu beenden. Die Bedrohung ist ja ausgeschaltet. Aber das würde sicherlich keinen interessanten Filmstoff ausmachen und De Palma sicherlich kaum reizen weiter auszuloten.
Abschließend bleibt mir anzumerken, daß De Palma mit FEMME FATALE gleichzeitig einen Neuanfang als auch einen Rückblick auf sein früheres Schaffen erreicht hat. Ich blicke gespannt in die Zukunft, die hoffentlich noch vielen De-Palma-Fimen erfüllt sein wird.
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#368
Geschrieben 12. April 2004, 22:10
Regie: Terry Gilliam
Mir scheint so als ob Terry Gilliam zwischen THE ADVENTURES OF BARON MUNCHHAUSEN und FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS nur Filme gemacht hat um seinen Ruf als kreativer und auch an der Kinokasse erfolgreicher Regisseur zu erhalten. Das er nicht das Drehbuch für diese beiden Filme (der andere ist THE FISHER KING) verfasst hat, soll hier nur als Randnotiz stehen. Denn es sollte ihm durchaus möglich sein, etwas aus dem fremden Stoff zu ziehen, daß für ihn von Interesse sein könnte.
Mir kommt TWELVE MONKEYS wie eine Sparflammenversion seines Meisterstücks BRAZIL vor. Denn auch hier legt sich ein einzelner Mann mit Mächten an, die er kaum kontrollieren kann und die am Ende zu seinem Untergang führen wird. James Cole (Bruce Willis) lebt als einer von wenigen überlebenden Menschen in einer nicht allzu fernen Zukunft. Die Menschheit wurde 1996 von einem hochansteckenden Virus fast vollständig ausgelöscht und nur noch selten wagen sich "freiwillige" Kundschafter wie Cole an die Oberfläche um Proben zu sammeln, die eine Bekämpfung des Virus ermöglichen sollen. Wie es die wenigen überlebenden Menschen geschafft haben eine Zeitmaschine zu entwickeln mit der sie Kundschafter auch zurück in die Vergangenheit versetzen können, dürfte wohl ein Rätsel der Drehbuchautoren David & Janet Peoples bleiben und muß einfach als gegeben hingenommen werden.
Jedenfalls wird James Cole dazu auserkoren den noch nicht mutierten Stammvirus im Jahr 1996 ausfindig zu machen und eine Probe davon mit zurück zu bringen. Als einziger Hinweis der von der Vergangenheit um den Ausbruch des Virus übrig geblieben ist, ist die "Armee der 12 Monkeys", die anscheinend für die Verbreitung verantwortlich sind. Das diese Überlieferungen hinsichtlich der Verursacher des Virus gänzlich falsch sind und James zusammen mit der Psychaterin Dr. Kathryn Reilly (Madeleine Stowe) somit einer falschen Fährte hinterherjagen ist wieder mal so ein klassisches Drehbuchkonstrukt.
Woraus der Film letztendlich seinen Reiz gewinnt ist die von Terry Gilliam gewohnte etwas unordentliche Umsetzung. Obwohl mit Bruce Willis ein zugkräftiger Star engagiert ist, hat Gilliam wohl kaum über ein immense Budget verfügt. Alte Fabrikgebäude , viele Außendrehs, enge Autokameraszenen. Das alles in manchmal hibbeligen Szenerien, die nicht so sehr vom Schnitt oder dem Inszenierungsstil, sondern von den Darstellern wie Brad Pitt mit Leben gefüllt werden. Das war bei BRAZIL noch ganz anders, wo die Darsteller und die Inszenierung kaum stillstehen wollten.
Ganz im Zuge der apokalyptischen Bedrohung, die sich erst mit dem Finale des Films auf dem Flughafen so richtig etabliert, wo der Film schon fast Züge einer Hitchcock'schen Geschichte annimmt, hatte die Story vorher eher die Merkmale einer etwas makabren Mann/Frau-Beziehung versucht zu analysieren. Das die beiden aber immer wieder auseinandergerissen werden, indem Cole immer wieder von seinen Auftraggebern in die Zukunft zurück geholt wird, fand ich doch eher armselig konstruiert und einer gewissen inneren Spannung, die gerade aufgebaut wurde, eher abträglich.
Kein ganz und auch kein halber Gilliam-Film, aber immer noch sehr unterhaltsam und mit den kleinen Bruchstücken aus denen der Film zusammengesetzt worden ist, eine sehr unterhaltsame Angelegenheit. Vor allem, wenn man ihn einige Zeit lang nicht mehr gesehen hat.
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#369
Geschrieben 13. April 2004, 13:58
Regie: Robert Rodriguez
Das Osterwochenende 2004 neigt sich einem Ende entgegen und bevor eine arbeitsreiche Woche wieder vor liegt vergnüge ich mich noch mal schnell mit diesem äußerst unterhaltsamen Filmchen. Ich komme dabei zu dem Schluß das vor allem die erste Stunde des Films eigentlich ganz und gar unter dem Einfluß von Quentin Tarantino steht und erst in der letzten Dreiviertelstunde der Inszenierungsstil von Robert Rodriguez durchscheint. Das fiel mir zumindest heute auf, da ich von Rodriguez bisher nur DESPERADO gesehen habe.
Die Flucht der beiden Gecko-Brüder Seth (George Clooney) und Richard (Quentin Tarantino) ist mit ihren verschrobenen Begebenheiten im Tankstellenladen, im Motelzimmer und im Wohnmobil der gekidnappten Fuller-Familie von sehr viel Dialogwitz und einigen unangenehmen Situationen geprägt. Als den Geckos die Überquerung der texansichen Grenze nach Mexiko gelingt und sie sich zu einem vereinbarten Treffpunkt mit einem örtlichen Gangster treffen wollen schlägt dieses Road/Kidnap-Movie aber eine ganz andere Richtung ein. Ich hätte mir gewünscht vor einigen Jahren die ungeschnittene Fassung zu sehen, aber trotzdem war es ein irrsinniges Erlebnis zu entdecken, was im "Titty Twister" wirklich vor sich geht. Doch mit der DVD kam ich schließlich nicht nur in den Genuss den Film in voller Länge sondern auch in Englisch anzuschauen. Ist schon äußerst wahnwitzig das Abwehren der blutrünstigen Vampire für immerhin zehn Minuten mitzuverfolgen. Fast die gesamte, größtenteils weibliche Belegschaft, wird dahingerafft und mit Sex Machine (Tom Savini) und Frost (Fred Williamson) werden den Helden noch zwei draufgängerische Machosidekicks zur Seite gestellt. Köstlich die Szene als Frost von seinen Erfahrungen von Vietnam berichtet, als Sex Machine bestürzt bemerkt wie er sich langsam in einen Vampir verwandelt.
Das Tarantino irgendwie eine Affinität zu nackten weiblichen Füssen hat mag ja bekannt sein. Solche Szenen finden sich ja in PULP FICTION, JACKIE BROWN, KILL BILL Vol. 1 und auch hier. Aber mir ist heute auch aufgefallen, daß er sehr gerne Einstellungen wählt die eine subjektive Perspektive einer Person einnimmt, die sieht wie die Kofferraumtür eines Autos über ihr aufgemacht wird. Solche Einstellungen gibt es in RESERVOIR DOGS, JACKIE BROWNund auch in KILL BILL Vol. 1. Es ist mir aber jetzt nicht bekannt ob es so etwas auch in PULP FICTION gibt. Da machen Jules Winfield und Vincent Vega nur den Kofferraum ihrer Karre auf um sich Kanonen heraus zu holen.
Rodriguez kann man eigentlich mehr als Holzfäller statt Filmregisseur bezeichnen. Um Szenen mit darstellerische Tiefe schert er sich einen Dreck, sondern haut viel lieber ordentlich auf den Putz. Und das eine dermassen zweitklassige Band wie Tito & Tarantula so eine enorme Popularität durch den Film bekommen hat, liegt ganz zweifellos am wunderbaren Tanz von Santanico Pandemonium (Salma Hayek).
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#370
Geschrieben 14. April 2004, 15:55
Regie: Kevin Smith
Ich muß ehrlich zugeben, daß ich zuerst sehr enttäuscht war nachdem ich diesen Film gesehen habe. Das mag sicherlich daran liegen, daß mich Smith's CHASING AMY so sehr mitgerissen hat und ich von dem Staraufgebot dieses Films, welches sich mal kryptisch, aber dann wieder sehr direkt über Religion, Glauben und Gott auslässt, eher abgeschreckt war, als das ich mich sicher durch das Fahrwasser dieser Geschichte geführt wusste. Da ich nicht an den Herren und Meister und seinen Sohn Jesus Christus glaube, kann der Film kaum bei mir missionieren, aber er kann mich mit seinen Anzüglichkeiten und Verweisen köstlich unterhalten.
Doch mit einigen Darstellern werde ich immer noch nicht warm. Jason Lee als Azrael ist nichts anderes als eine coole Type, die mit den beiden gefallenen Engel Loki (Matt Damon) und Bartleby (Ben Affleck), die gesamte Welt beherrschen will. Dabei hat Azrael auch kein Problem sich mit Luzifer und Gott persönlich anzulegen, auch wenn die Existenz dabei draufgeht. Dann noch Chris Rock als der 13. Apostel Rufus, den ich aus irgendeinem mir nicht ersichtlichen Grund (vielleicht seine Mitwirkung in LETHAL WEAPON 4) überhaupt nicht leiden kann. Mir geht der Kerl mit seiner Stimme einfach nur auf den Geist. Da wäre jemand vom Format eines Samuel L. Jackson, der auch Smiths erste Wahl für die Rolle war, besser gewesen. Oder wenigstens Dwight Ewell, der den Black-Panther-Verschnitt in CHASING AMY so treffend gab. Und auch Ben Affleck ist mit seiner Rolle als Bösewicht keine Idealbesetzung. Als er in CHASING AMY nicht wusste was um ihn herum geschieht, war er gut, weil er mit seinen limitierten Fähigkeiten darauf reagieren konnte, aber hier muß er eine tragende Rolle spielen. Und das misslingt ihm eindeutig.
Der Rest der Besetzung ist allerdings eine wahre Freude. Ganz besonders Alan Rickman als die genervte Stimme Gottes und Linda Fiorentino als unfreiwillige Blutsverwandte Jesus', die in einer Abtreibungsklinik arbeitet und die eine göttliche Mission erhält sind fantastisch. Wenn man sich auf sie konzentriert, bekommt man die Essenz der Story mit. Das ist mir in der Vergangenheit nicht aufgefallen. Die Gründe dafür habe ich schon genannt.
Überraschend ist für mich zu sehen, wie wenig die beiden Knallköppe Jay (Jason Mewes) und Silent Bob (Kevin Smith) in der Story stören. Sie sind überhaupt keine Fremdkörper, sondern greifen von Zeit zu Zeit entscheidend in die Handlung ein. Eine Erkenntnis, die vorher von ihren dreckigen Witzen und Anzüglichkeiten, die ich heute richtig genossen habe.
Es wird Zeit für mich, etwas tiefer in das View-Askew-Universum einzutauchen. Das heißt für mich noch einige Zeit mit diesem Film zu verbringen und Ausschau nach den anderen Filmen von Smith zu halten. Vielleicht entgeht mir da ja sonst etwas.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#371
Geschrieben 15. April 2004, 21:52
Regie: Dwight H. Little
Zehn Jahre sind nach der blutigen Halloween-Nacht des Jahres 1978 vergangen in der Michael Myers mehrere Menschen ermordet hat. Eigentlich hatte er es ja nur auf seine Schwester Laurie abgesehen. Zehn Jahre bzw. sieben sind auch nach John Carpenters und Rick Rosenthals ersten Filmen vergangen. Den dritten Teil der Reihe habe ich bis heute nicht gesehen und habe auch irgendwo nicht das Verlangen diesen Umstand zu ändern.
Wieder ist Halloween und dieses Mal gelingt Michael die Flucht als er zurück in seine alten Nervenheilanstalt Smith's Grove überführt werden soll. Der Zuschauer und auch Michael erfährt, daß es noch einen lebenden Verwandten, nämlich ein kleines Mädchen namens Jamie Lloyd (Danielle Harris) gibt. Sie ist Michaels Nichte und die Tochter von Laurie Strode, die schon gar nicht mehr lebt. Vermissen tue ich Jamie Lee Curtis in diesem Film überhaupt nicht. Ihre Präsenz beschränkt sich nur auf zwei Fotografien, die ihre kleine Tochter aufbewahrt.
Der Film ist eine Rückkehr zum Erstling von John Carpenter und lebt ganz und gar von der unheimlichen Atmosphäre des Halloween-Festes und dem Ende der Erntezeit. Die Blätter sind von den Bäumen gefallen, die Kinder kostümieren sich und ziehen des Nachts durch die Straßen Haddonfields und gehen ihrem "trick or treat" nach. Eine willkommene Sache ist dies, zumal der zweite Film der Reihe fast durchgängig in einem kleinen Hospital in Haddonfield in derselben Nacht spielte.
Der Film macht auch zum ersten Mal die Obsession von Dr. Sam Loomis (Donald Pleasance) deutlich, der schwer gezeichnet von den Konfrotationen mit Michael, eine manische Persönlichkeit spielt, die nicht davor zurück schreckt einen Lynchmob aus alternden Kleinstadtcowboys auf die verlassenen Straßen Haddonfields loszulassen. Hier gelingt Dwight H. Little sehr stimmungsvolle Nachtaufnahmen der verlassenen Haupt-, Neben- und Seitenstraßen hinter denen sich der Mörder mit der weißen, konturlosen Maske verbergen könnte.
Verständnisvoll geht der Film mit der Situation der kleinen Jamie um, die als Waise ständig unsicher und ängstlich, durch ihren Alltag geht. Da sehe ich über das Liebeskarussell ihrer Stiefschwester Rachel (Ellie Cornell), die ihren Freund an die gutausgestattete Tochter des Sheriffs verliert, mal gnädig hinweg.
Der Film hat während der ersten zwei Drittel ein sehr gemächliches Tempo, daß nur von den gelegentlichen Auftritten Michael Myers aufgelockert wird, der hier und da gezeigt wird, wie er sich näher an Haddonfield "heranarbeitet". Da weiß vor allen Dingen die Szene an der Tankstelle am besten zu gefallen, bei der Little sich nicht scheut die berühmte VERTIGO-Kamerafahrt sehr effektvoll zu variieren.
In seinen letzten zwanzig Minuten bekommt der Film einen deutlichen Temposchub. Im Haus des Sheriffs hexelt sich Michael durch seine Gegner und hetzt Rachel und Jamie in einer sehr eindrucksvollen Szene auf das Dach des Hauses. Alles schön unheimlich, aber dann packt Little den Holzhammer aus und lässt innerhalb von fünf Minuten zwei Schockmomente auf mich los, die mich aufschreien lassen. Ist sicherlich gut gewesen, daß ich den Film schon zwei Jahre nicht mehr gesehen habe, denn sonst hätte ich darauf nicht so stark reagiert.
Das Ende des Films haben sich die Filmemacher von HALLOWEEN H20 hier mehr als nur dreis abgekuckt. Irgendwie musste man der Curtis wohl einen Grund verschaffen ihrem Bruder den Kopf abzuschlagen. Hier wird er nach der Bekanntschaft mit der Motorhaube eines Pick-up-Trucks allerdings kurzerhand über den Haufen geschossen.
Es war mir ein sehr großes Vergnügen und eine sehr reinigende Erfahrung diesen Film heute Abend anzuschauen. Und dieser Film ist einer der seltenen Glücksfälle einer mehr als ordentlichen Fortsetzung.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#372
Geschrieben 16. April 2004, 11:43
Regie: Christopher Morahan
Legt man einem überkorrekten und auf penible Pünktlichkeit bedachten britischen Gentleman, der auch noch Direktor einer öffentlichen Hauptschule ist, diverse alltägliche Hindernisse auf seinem Weg zu einer wichtigen Konferenz von Schuldirektoren in den Weg, so hat man eine köstliche Komödie über den Verlust jeglicher Kontrolle und ein stetes Abdriften in eine geradezu verzweifelte Genervtheit.
Brian Stimpsons (John Cleese) Leben und das seiner Mitmenschen ist von der Uhr geprägt. Jede Schultag finden sich um 9.20 Uhr all die kleinen Übeltäter vor seinem Büro ein, die er in der großen Pause mit dem Fernglas auf dem Schulhof herauspickt. Er ist überkorrekt, aber damit so erfolgreich und ein Könner in seinem Beruf, daß er als erster Direktor einer öffentlichen Schule bei dieser Konferenz in Norwich, die sonst nur von Direktorn privater Schulen geleitet wird, den Vorsitz erhält. Ein wahrhaftig historischer Augenblick. Doch nur ein kleiner Versprecher befördert ihn nicht in den 10.25-Uhr-Zug nach Norwich, sondern in das Auto einer seiner Schülerinnen, mit der er sich nun auf den Weg nach Norwich macht. Und auf diesem Weg geht so ziemlich alles schief, was nur schiefgehen kann. Die Polizei ist hinter ihm her, weil er bei einer Tankstelle nicht für das Benzin gezahlt hat, die Eltern der Schülerin Laura (Sharon Maiden) befürchten, daß ihre Tochter entführt worden ist, Stimpsons Ehefrau (Alison Steadman) verdächtigt ihren Mann ein Verhältnis mit der jungen Frau zu haben.
Köstlich die Szene mit den drei Telefonzellen, von denen eine außer Betrieb, eine besetzt und eine ein 10p-Stück nicht annimmt. Da verliert selbst der distinguierte Stimpson seine guten Manieren und demoliert die einzig funktionerende Telefonzelle, als er vom anderen Ende der Leitung nicht gehört wird.
Doch die Reist führt nicht nur über Autobahnen und Landstraßen, sondern auch querfeldein über Felder mit einem kurzen Zwischenstop in einem Kloster und dem Raub eines Porsches samt Kleider des Fahrers.
Schön ist wie ich finde die Szene mit der alten Schulfreundin Stimpsons (Penelope Wilton), die dem Zuschauer klarmacht, wieso Stimpsons Leben so zwanghaft von Pünktlichkeit und Überkorrektheit beherrscht ist.
Ein äußerst vergnüglicher kleiner Film, der sehr im Schatten von Cleeses Mitwirkung bei Monty Python und seinem Überfilm A FISH CALLED WANDA steht. Übrigens ist dies der erste und bisher einzige Film, der Cleese angeboten wurde, bei dem er die Hauptrolle spielt. In Ermangelung einer deutschen Veröffentlichung auf DVD blieb mir nichts anderes übrig auf die amerikanische Veröffentlichung zurück zu greifen. Und dabei habe ich festgestellt, daß die deutsche Synchronisation absolut hervorragend ist und dem Original in nichts nachsteht.
"Recht so!"
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#373
Geschrieben 16. April 2004, 22:34
Regie: Joel Schumacher
Eigentlich müsste man Joel Schumacher und Drehbuchautor Andrew Kevin Walker ihnen die Filmrolle mit dem Negativ wegen der letzten halben Stunde dreimal um die Ohren schlagen. Das würde ich zumindest tun, denn ich bin so verärgert mit was für einer ekelhaften Form der Selbstjustiz hier, unter dem Deckmantel einer vermeintlich ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema "Snuff" und Untergrundpornographie, umgegangen wird.
Dabei weiß der Film bis dahin durchaus plausibel, von einigen darstellerischen Missgriffen abgesehen, durchaus zu fesseln. Ein Privatdetektiv (Nicolas Cage) erhält von der Witwe eines Großindustriellen den Auftrag, die Herkunft einer Rolle mit einem 8mm-Film zu ergründen, in der eine junge Frau anscheinend für einen sexuellen Hintergrund ermordet worden ist. Seine Reise führt in dabei von einer Küste der Vereinigten Staaten zur anderen und auch in das Herz des Landes. In dieser sozial schwachen Gegend spürt er zum einen die Mutter des Mädchens und ihren Ex-Freund auf und findet heraus, daß sie so wie viele andere Mädchen von einer großen Filmkarriere in Hollywood geträumt hat. Die folgenden Szenen in einem den normalen Zuschauer wohl eher unbekannten Teil der Stadt Los Angeles, führen die Filmemacher mich in einen Sumpf aus Pornoläden, Videoshops, illegalen Hinterhofmärkten und versteckten Filmbörsen von Extremliebhabern. Bondage, S&M, Rape-Filme....für diese Sequenzen gebührt Schumacher, Walker und ihren Darstellern Nicolas Cage und Joaquin Phoenix durchaus eine nicht geringes Maß an Anerkennung. Solche Dinge in einem amerikanischen Mainstreamfilm zu sehen hat etwas Spannendes und irgendwo auch eine Entschuldigung an meiner natürlichen Neugier. Inwieweit einige dieser Videos, die im Verlaufe dieser Sequenz gezeigt, wirklich aus dieser Szene stammen oder für den Film gestellt sind, würde mich interessieren. Bei den Videos des Filmkünstlers Dino Velvet (Peter Stormare) besteht dahingehend kein Zweifel.
So sehr ich diese Sequenz mag, gefällt mir die Wendung des Films zu einem Selbstjustizdrama überhaupt nicht. Das sich der Privatdetektiv die Erlaubnis von der Mutter des getöteten Mädchens holt um die letzten beiden Verantwortlichen für diesen Mord umzubringen, ist eine Storywendung bei der ich innerlich abblocke. Denn im Nachhinein schwindet meine Anerkennung des Films in eine nicht gerade clevere Ausbeutung des Themas für Unterhaltungszwecke. Die einfache Erklärung, daß sich der Großindustrielle den Film bestellt hat, weil er es wollte und das Geld dazu hatte, ist wohl als Rettungsleine für ein begriffstutziges Publikum ausgeworfen worden. Denn gerade die Wirklichkeit in den täglichen Nachrichten zeigt doch, daß es nicht so ist. Da kann man auch "Machine" (Chris Bauer) noch so oft behaupten lassen, daß er es tut weil es ihm gefällt und das der Teufel Thomas Welles verändert hat. Einen anderen Eindruck bekomme ich deswegen noch lange nicht von diesem 35mm-Film.
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"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#374
Geschrieben 17. April 2004, 14:53
Regie: Stanley Kubrick
Kubrick hat sich, soweit ich das mitbekommen habe, immer sehr stark mit dem Thema Krieg auseinandergesetzt. Wenn man sich Filme wie PATHS OF GLORY, in gewisser Hinsicht SPARTACUS und Passagen aus A CLOCKWORK ORANGE, DR. STRANGELOVE, BARRY LYNDON und eben diesen Film anschaut versteht man auch warum. Sein Erstlingswerk FEAR AND DESIRE kann ich nicht beurteilen, da wohl nur die wenigsten Gelegenheit hatten, diesen vom Regisseur zurück gezogenen Film anzuschauen.
Ich finde die Erkenntnis, daß viele mir bekannte Personen diesen Film als ultracooles Unterhaltungsfilmchen bezeichnen äußerst befremdlich. Das ist mir heute wieder in einigen Sequenzen des Films wieder schmerzlich bewusst geworden. Manche Menschen können sich mit dem Inhalt des Films anscheinend auf keiner ernsthaften Ebene auseinandersetzen.
Die ersten vierzig Minuten durchleuchtet Kubrick mehr als nur detailliert, wie lange man jegliche Emotion bei einem denkenden Menschen abtöten kann. Die Ausbildung zu einem Killer durch tagelangen Drill, bietet in ihrer Deutlichkeit dahin gehend kaum noch Überraschungen bei mir. Ich hatte mir heute sogar einmal den Luxus genommen nach Anschlußfehlern Ausschau zu halten und habe bemerkt, wie Sgt. Hartman (R. Lee Ermey) Pvt. Joker (Matthew Modine) nach seinem John-Wayne-Vergleich erst mit der einen nach dem Schnitt mit anderen Faust in den Magen boxt. Leider vermisse ich in diesen ersten vierzig Minuten manchmal meinen lebhaften Emotionen, die ich hatte, als ich den Film vor gut zehn Jahren das erste Mal gesehen habe. Da löste vor allem die Bestrafung Pvt. Pyles (Vincent D'Onofrio) durch seine Kameraden, eine ziemliche Angst bei mir aus. Anstatt zusammen zu halten, wird auf jemanden eingeprügelt der unsicher ist und diese Unsicherheit auch zeigt.
Im zweiten Teil des Films geht Kubrick meiner Meinung der Frage nach, warum die US-Amerikaner in Vietnam so gescheitert sind. Die Überheblichkeit gegenüber der vietnamesischen Bevölkerung, die im Film allerdings nur aus Prostituierten, Zuhältern und Soldaten zu bestehen scheint, stellt Kubrick visuell als auch in Dia- bzw. Monologen dar. Der überhebliche Blick aus dem Hubschrauber und der Soldat am Maschinengewehr, der die Menschen auf dem Ackerland zum Spaß niederschießt, die visuelle Teilung der amerikanischen Truppen und der Bauern durch einen kleinen Fluß will ich hier als Beispiele aufführen. Als sprachliches Beispiel sollte man sich die Hue City Interviews des Filmteams anhören. Da ist es schon fast als exemplarisch, ja schicksalhaft zu bezeichnen, wenn die harten Marines von einem weiblichen Scharfschützen in Schach gehalten werden und ihnen die nackte Angst ins Gesicht geschrieben ist.
Die Figur des Pvt. Joker, den wir die ganze Zeit über begleiten und der sich mit zynischen Witzen und Bemerkungen krampfhaft abzulenken versucht, ist am Ende auch ein Teil dieses großen dreckigen Krieges.
Mit dem Einzug der Steadycam Anfang der 1980er Jahre wurden auch die Filme Kubricks bewegender. Vom beengten Labyrinth der Korridore und Gänge des Overlook Hotel in THE SHINING steckt Kubrick sein Kamerateam auf weite Flächen. Am Horizont steigen "wunderschöne" Rauchschwaden brennender Gebäude in den Himmel. Ich könnte mir darunter ein Postkartenmotiv mit dem Satz "Schöner Sterben in Hue" vorstellen. Ich möchte am liebsten FULL METAL JACKET als den am schönsten fotografierten Film Kubricks bezeichnen, aber damit würde ich den anderen Filmen ihre ebensolche Brillianz absprechen. Und das möchte ich nur äußerst ungerne tun.
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#375
Geschrieben 18. April 2004, 07:44
Regie: Brian De Palma
Wenn man als Filmemacher so besessen von einem Film ist, daß man die Grundidee aus diesem Film nimmt und eine eigenständige Geschichte aufbaut, die auch noch funktioniert, hat man schon einmal die halbe Miete eingefahren. Und wenn man dann noch echte Könner vom Schlage eines Paul Schrader, Vilmos Zsigmond und Bernard Herrmann hinter der Kamera versammelt und den Film mit den richtigen Darstellern besetzt, ist man auf der Gewinnerstraße.
Das ist der letzte "große" Film bei Brian De Palma gewesen, den ich bis vergangenes Jahr noch nicht gesehen hatte. FEMME FATALE lag mir als aktuellstes Werk zwar schon vor, aber dieser hier war mir nur von seinem Namen und von einem Stück Filmmusik, dem recht kurzen "Valse lente", geläufig. Und von diesem kurzen Musikstück konnte ich mir überhaupt keine Vorstellung auf den ganzen Film machen.
Auf jeden Fall hält dieser De Palma, wie eigentlich jeder seiner Filme immer wieder Überraschungen und Inhalte parat, die bei mir immer ein stetiges Verlangen nach einem Wiedersehen auslösen. Da nimmt man immer wieder kleine Hinweise auf, die man in seine frühere Sichtweise des Films hinzufügt. Ich bin deshalb zu dem Schluß gekommen, daß es De Palma nur vordergründig darum geht hier einen Thriller zu inszenieren, sondern darauf aus ist ein Geschichte über Schein und Sein zu erzählen. Es scheint sich vordergründig um eine Geschichte über Geldgier seitens Robert LaSalles (John Lithgow) zu handeln, der seinem Freund und Geschäftspartner die Anteile an einem wertvollen, aber nicht erschlossenen Stück Land abknöpfen will, aber eigentlich geht es darum ob Michael Courtland (Cliff Robertson), der einst seine Ehefrau (Geneviève Bujold) und seine junge Tochter bei einem missglückten Befreiungsversuch einer Entführung, wirklich seine Familie geliebt hat.
Clever versteckt Paul Schrader seine Hinweise im Drehbuch. Vilmos Zsigmond zaubert atemberaubend schöne Aufnahmen von Florenz und New Orleans auf den Schirm. Dabei nützt er augenscheinlich die gleichen Kamerafilter für die Szenen im Jahr 1959 wie Hitchcock in den gespenstischen Aufnahmen in VERTIGO. Bernard Herrmanns aufregende Filmmusik ist neben der Kameraarbeit, aber der eigentliche Glücksfall. Brodelnd und aufgeregt, dann verinnerlicht und langsam und mit dem Frauenchor mystisch überhöhend. Bei einigen der stillen Passagen, wenn in der Kirche in Florenz ein leise Orgel spielt oder als sich Sandra Portinari (Geneviève Bujold) im Haus das Porträt von Michaels erster Ehefrau und dessen Tochter singt ein leiser Frauenchor. Das sind für mich die schönsten musikalischen Momente des Films.
OBSESSION ist einer dieser überaus reichen Filme, die ich niemals müde werde immer wieder anzuschauen. Das ich dabei zwangsläufig Vergleiche mit Alfred Hitchcocks VERTIGO ziehe, tut der Qualität dieses Film überhaupt keinen Abbruch. Einige der Momente finden sich auch in beiden Filmen wieder. Dabei stach heute vor allem die Szene von Sandra heraus, die im Ponchatarian Park das Denkmal von Michaels Familie betrachtet und den Namen der Ehefrau berührt und ihr Gesicht auf den Stein drückt. Mir kam da sofort die Szene von Madeleine Elster (Kim Novak) in den Sinn, die am Baumstumpf im Sequoia-Wald ihren Geburts- und Todestag in den Baumrinnen aufzeigt.
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#376
Geschrieben 18. April 2004, 21:28
Regie: Paul Verhoeven
Ich habe den Film bestimmt seit eineinhalb Jahren nicht mehr gesehen und gestern wurde mir überhaupt erst bewusst, was für bedeutendes Stück Zelluloid Paul Verhoeven, Ed Neumeier, Phil Tippett, Basil Poledouris, Jon Davison und Alan Marshall da geschaffen haben. Ich glaube es wird sehr lange dauern bis ein solcher Film, der auf der visuellen, tonalen und emotionalen Tonleiter ein grimmiges Konzert spielt, wieder einmal aus der Traumfabrik Hollywood kommen wird.
Ein Film von dem ich einfach nicht genug bekommen kann. Mitreißend, aufwühlend, detailverliebt und vor allen Dingen nachdenklich stimmend. Und dabei haut Verhoeven uns den Spiegel direkt vor die Schnauze. Junge, schöne Menschen ziehen, angetrieben von einer faschistischen Progandagesellschaft, in einen interstellaren Krieg gegen Rieseninsekten um letztendlich zu Nazis zu werden.
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#377
Geschrieben 19. April 2004, 16:55
Regie: Akira Kurosawa
Nach langer Zeit auch mal wieder ein Kurosawa-Film bei mir. Die exorbitante Lauflänge, vor allem bei seinen Spätwerken, spare ich mir immer für Tage auf an denen ich mich fit genug fühle mitzuhalten. Einhundertundachtdreißig Minuten sind zwar jetzt nicht eine stolze Zahl doch die andere Herangehensweise dieses japanischen Filmemachers ist man nun einmal nicht gewöhnt durchzuhalten.
KAKUSHI TORIDE NO SAN AKUNINist der erste Breitwandfilm im filmischen Schaffen von Kurosawa und seine Art eine Geschichte nur durch einzuleiten wird sofort in der ersten Szene deutlich. Dabei fiel mir heute auf, daß Kurosawa seine Weitwinkelaufnahmen aus denen der Film größtenteils besteht, wie auch seine anderen Einstellungen stets im Fokus hat und kein Detail unscharf ist. Der Ausbruch der Gefangenen aus der Burg ist ebenso wie das Feuerfest ein beeindruckendes Beispiel wie man eine Menschenmasse so kontrolliert, daß man einen spektakulären Effekt für die Kamera erhält. Befindet sich die Kamera mit den Schauspielern aber auf einem Hügel, so kann man weit in das Land hinausblicken, was gelegentlich nur von Nebelbänken verhindert wird.
Die Geschichte an sich ist eine Mischung aus THE TREASURE OF THE SIERRA MADRE und THE WILD BUNCH. Im von einem Krieg zwischen verschiedenen Häusern zerrissenen Japan finden zwei ewig miesepetrige Bauern, die gerade aus einem Gefangenenlager geflohen sind, einen Goldschatz. Kurz darauf werden sie von General Rokurota (Toshiro Mifune) gezwungenermaßen dazu rekrutiert, diesen Schatz an einen sicheren Ort zu schaffen. Rokurota reist inkognito mit Prinzessin Yuki (Misa Uehara), die mit dem Gold ihren rechtmäßigen Thron beansprucht. Auf sie ist steckbrieflich ein hoher Preis ausgesetzt.
Im Grunde ist der Film nichts anderes als ein Road-Movie, bei dem die Charaktere unterschiedlichste persönliche Erfahrungen durchzumachen haben. Die beiden Bauern lernen das ihre Loyalität zu den gerade gewonnenen Freunden stärker ist als ihre Gier nach dem Gold. Böse kann ich den beiden sowieso nie sein, da sie sich viel zu tolpatschig verhalten, wenn sie mit dem Gold ausbüchsen wollen. Die Prinzessin kann sich in das gemeine Volk assimilieren und lernt ein anderes Leben als das hinter hohen Burgmauern kennen. Und auch Rokurota macht im Verlauf der Handlung eine Wandlung vom grimmigen, misstrauischen und mürrischen Schweiger zu jemanden, der sich auf andere verlassen muß.
Auch das lange ausgespielte Speer-Duell zwischen ihm und dem feindlichen Samurai-Hauptmann Tadokoro, welches einer zuvor rasanten Verfolgunsjagd zu Pferd folgt, bei der Rokurota zwei Soldaten zu ihrem Hauptquartier zurück verfolgt, macht mit Hinblick auf das Finale Sinn.
Ein großartiger Film, der sich nicht so sehr auf Wörter denn auf Bilder verlässt. In dem übergroßen Szenario verliert Kurosawa die Figuren niemals aus dem Auge und macht auch nicht den Fehler sie zu überzeichnen.
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#378
Geschrieben 20. April 2004, 17:33
Regie: Adrian Lyne
Ich kann mich jetzt ad hoc nicht erinnern wann ich zum ersten Mal etwas über diesen Film gelesen oder gehört habe. Erst dürfte aber bestimmt schon zehn Jahre her sein. Es bot sich mir nie Gelegenheit an den Film auf Video oder im Fernsehen anzusehen. Mit diesem Gedanken dürfte ich mich wohl beschäftigt haben, als ich mir die DVD besorgt habe. Ob der Film jetzt ein bahnbrechendes Aha-Erlebnis im Stile eines THE SIXTH SENSE oder THE USUAL SUSPECTS seinerzeit ausgelöst kann ich nicht wiedergeben, aber mit dem Wissen um Filme mit einem ähnlichen Ende machte der Film nach seinem Ende einen nicht mehr ganz so hervorragenden Eindruck.
Der Postangestelle Jacob Singer (Tim Robbins) wird von schrecklichen Kriegserinnerungen in Vietnam und den Unfalltod seines jüngsten Sohnes heimgesucht. Unheimliche Gestalten manifestieren sich in seiner unmittelbaren Umgebung und er glaubt auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden. Als ein ehemaliger Kriegskamerad in von denselben Erfahrungen berichtet und er kurz darauf bei der Explosion seines Autos ums Leben kommt, fürchtet Jacob um sein Leben.
Das ist in groben Zügen umrissen, der Plot des Films. Wenn ich oben eine gewisse Enttäuschung über den Ausgang der Geschichte zeige, so muß ich doch anmerken wieviele Filme sich gerade dieser finalen Wendung bedienen um Aufmerksamkeit beim Publikum zu erlangen. Das viele solcher Filme letztendlich nichts anderes als Rohrkrepierer sind und danach nur noch durch ihre formalästhetische Grundkonzeption ein Interesse bei mir wecken, ist nicht gerade schmeichelhaft für diese Art der Filmerei.
Adrian Lyne gelingen aber einige passablen Stimmungsmacher, die den Film doch sehr sehenswert machen. Das Umherirren Jacobs im U-Bahntunnel, das Auftauchen der Dämonen in extremen Stresssituationen und die Angst nicht zu wissen was mit und um herum einem geschieht sind greifbar und erschreckend real dargestellt. Das Ende der Geschichte kann man aber doch recht schnell herausfinden, zumal es ganz offen beim gruseligen Hospitalaufenthalt gesagt wird und Jacob seinen Freund Louis (Danny Aeillo) als Engel bezeichnet, der ihm ebensolche Weisheiten bei ihren Treffen mitgibt. Spannend ist der Film vor allem in seiner Überschneidung der Wirklichkeit auf dem Schlachtfeld und der Fiktion, dem Traum Jacobs nach einem zweiten Leben nach seiner Heimkehr aus Vietnam. Das sein Wunschtraum ein Produkt der gleichen Droge ist, die letztendlich für sein und das Dilemma seiner Kameraden verantwortlich ist, ist ein weiterer spannender Aspekt dieses Vexierspiels.
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#379
Geschrieben 21. April 2004, 14:00
Regie: Milos Forman
1993 veröffentlichten R. E. M. ihr Album "Automatic for the People" und die zweite Singleauskoppelung war ein Song, der den gleichen Titel wie dieser Film trägt. Hochmelodisch wurde der Song, in Verbindung mit einem hervorragenden Videoclip, bald zu einem meiner Lieblingslieder, aber ich habe mich immer gefragt, wer dieser "Andy Kaufman in a wrestling match" wohl sein könnte. Die Antwort erhielt ich gut sechs Jahre später im Kino. Inwieweit sich die Drehbuchautoren von dem Song selbst oder der Person Andy Kaufman haben inspirieren lassen ist mir nicht bekannt, aber der Film traf schon im Kino schon mit seinem Beginn den richtigen Nerv bei mir. Der Film reiht sich nahtlos in die anderen Werke Milos Formans ein, der immer von Individuen erzählt, die gegen ein große Übermacht anzukämpfen haben und sich nicht unterkriegen lassen wollen. Sei es AMADEUS, THE PEOPLE VS. LARRY FLYNT oder Randall P. McMurphy in ONE FLEW OVER THE CUCKOO'S NEST.
Vom kleinen Unterhalter in einer Stand-up-Comedy-Show zum gefeierten Fernsehstar von "Saturday Night Live" und der Serie "Taxi" zeichnet der Film mehr die Kunst der Unterhaltung, so wie Andy Kaufman sie sieht, als sein Privatleben nach. Kommt es einmal zu Charakterisierungen des privaten Andy Kaufman wird deutlich, daß er ein ebenso turbulentes und eigenwilliges Privatleben geführt hat. Dabei wird vor allen Dingen deutlich, daß Andy Kaufman nur eines wollte. Die Leute zu unterhalten und von ihnen wahrgenommen zu werden. Die Angst mit seiner Arbeit nicht von ihnen zu beachtet zu werden ist dabei immens groß.
Was den Film so faszinierend macht ist die Mitwirkung vieler Beteiligter aus Andys Privat- und Berufsleben. Nicht nur ist der Film für eine kurze Wiedervereinigung der Darsteller der Serie "Taxi" verantwortlich, sondern bringt Danny de Vito, einem Mitwirkenden dieser Serie, im vorliegenden Film als Manager von Andy Kaufman an dessen Seite.
Der Film hat meines Erachtens nur ein kleinen Fehler: er deckt alle genialen Späße Andy Kaufmans gnadenlos auf. Wäre es nicht besser darüber im Unklaren zu bleiben, wer Tony Clifton ist? Würde man sich nicht auch wundern warum plötzlich das Bild des Fernsehers eine Störung zu haben scheint? Oder ob Jerry Lawler mit Kaufman bei dessen Catch-Kampf zusammenarbeitet? Das entmystifiziert das Bild dieses Mannes, der mit diesem R. E. M.-Song das erste Mal in mein Bewußtsein trat und für eine große Verwunderung sorgte. Aber das ist noch lange kein Grund für mich, diesem Film immer wieder mit einem enormen Enthusiasmus zu begegnen. Und wenn am Ende Tränen der Rührung in meine Augen schießen und besagtes Lied wie eine triumphierende Hymne erklingt, ist diese klitzekleine, dunkle Wolke der Enttäuschung wie weg gefegt.
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#380
#381
Geschrieben 22. April 2004, 17:10
Regie: Jimmy Sangster
Was war denn das bitte schön für ein Film? Mit der allgemein britisch assoziierten Lässigkeit und einer Prise schwarzen Humors sucht sich der junge Baron Frankenstein (Ralph Bates) Rohmaterialien für seine Kreation. Lasst mich kurz abschweifen.
Von den insgesamt sieben Frankenstein-Filmen, welche die britischen Hammer-Studios zwischen 1957 und 1973 realisierten, hat dieser Film ein nicht zu übersehende Andersartigkeit. Zum einen führte hier nicht Terence Fisher den Stab der Filmcrew an und zum anderen ist hier nicht Peter Cushing in der Rolle des Frankenstein zu sehen. Anfang der 1970er versuchte Hammer den Inhalt seiner Filme für ein erwachseneres Publikum attraktiv zu machen. Das bedeutet eine Zunahme von exzessiver Gewaltdarstellung und ordentlicher Zuführung nackter und vor allen Dingen üppiger Frauenkörper. Offensichtlich haben diese Maßnahmen nicht gefruchtet, denn Hammer ging 1976 unter. Spaß machen diese späten Filme trotzdem noch. Vor allem wenn sie so unaufgeregt, aber gleichzeitg schamlos sind.
Während Cushings Porträtierung eine gewisse Nonchalance und Höflichkeit, mit einer Prise Arroganz gewürzt, enthielt, die man ihm noch einigermassen sympathisch abnahm, so ist Ralph Bates' Frankenstein ein sadistischer Jüngling, der mit einer pervertierten Freude um sich herum für Mord und Totschlag sorgt. Er ist unverschämt zu seinen Lehrern, plant den Tod seines Vaters, blickt herablassend auf ehemalige Klassenkameraden herunter. Und mit allem kommt er auch noch durch. Genauso häßlich wie sein Innenleben ist auch die Kreatur, die er aus dutzenden Leichenteilen zusammengeschustert hat. David Prowse, der seine bekannteste Rolle hinter der Makerade des Darth-Vader-Kostüms in den STAR-WARS-Filmen hatte, ist in seinem schlurfenden Gang und der ekelerregenden Art seine Opfer anzublicken eine exakte Kopie von Frankensteins Innenleben.
Danke, Mr. Sangster für diesen überaus kranken Film.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#382
Geschrieben 23. April 2004, 18:02
Regie: Michael Wadleigh
Dieser Film datiert in eine ähnliche, wenn nicht sogar exakt dieselbe persönliche Zeitepoche zurück, in der er ich spätabends das erste Mal ALIEN und TANZ DER VAMPIRE zu Gesicht bekommen habe. Tatort war immer derselbe Fernsehsender: nämlich das ZDF. Die Wiederholung dieser Äußerungen in diesen Einträgen soll nur verdeutlichen, wie sehr mich diese Filme damals beeindruckt haben und das auch immer noch tun. Immerhin seit mehr als fünfzehn oder mehr Jahren. Dieser Film gehört somit zu einer Handvoll Filmen, die meinen Filmgeschmack entscheidend mitgeprägt haben. Die Herbeisehnung einer adäquaten Veröffentlichung auf dem Heimkinosektor dieser Filme, war da ein ganz verständlicher Wunsch, der zum größten Teil auch schon erfüllt wurde. So kann man sich mit diesen Filmen sooft auseinandersetzen wie man will. Und dabei noch Sachen entdecken, welche die zuvor gefasste Meinung festigen und ein noch komplexeres Bild des jeweiligen Films im eigenen Kopf entstehen lassen.
Was mich damals an den Film beeindruckt hat und das auch noch heute anhält ist die zeitweise absolute famose technische Umsetzung, die mich sprichwörtlich in einem Würgegriff nimmt. Ende der 1970er/Anfang der 1980er machte das amerikanische Kino im Bereich der Kameratechnik mit der Steadycam und dem Louma-Kran einen großen Schritt Richtung Entfesselung der bisher eingeschränkten visuellen Darstellungsmöglichkeiten. WOLFEN ist einer dieser Filme, von denen ein großer Reiz mit dieser Technikspielerei ausgeht. Dabei hat es der Inhalt des Films nicht gerade leicht mit den ähnlich gearteten und fast zeitgleich veröffentlichten Filmen AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON und THE HOWLING zu konkurrieren. Die Tatsache, daß WOLFEN als ernsthafte Parabel angelegt ist und nicht über den augenzwinkernden Humor, der auf die Huldigung eines als ausgestorben geglaubten Filmgenres gerichtet ist, seiner Konkurrenz verfügt, mag vielleicht als Grund genügen. Mir genügt es nicht, denn ich bin mir ziemlich sicher, daß ich WOLFEN vor AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDONgesehen habe, was sich sicherlich nicht unerheblich auf meine Meinungsbildung ausgewirkt hat. Auf jeden Fall fährt der Film ein sehr beeindruckendes Potential an kontrollierter Roheit auf. Ein bisweilen ohrenbetäubender Soundtrack, verzerrte Geräusche, eine atonale Filmmusik von James Horner. Auf der anderen Seite die verfremdeten Aufnahmen der subjektiven Kamera, die rasant, dann auch wieder duckend durch verschiedenste Orte gleitet. Es gibt aber auch einige Einstellungen, die mit dem gezeigten Bild an sich eine enorme Wirkung bei mir verursachen. Die Bilder auf einem Hängenbrückenpfeiler, hinten die Skyline von Manhattan. Da wurde mir richtiggehend schwindelig.
Aber worum geht es nun eigentlich...ein ziemlich respektabler Industriemagnat namens Christopher van der Veer, seine Ehefrau Pauline und ihr Chauffeur bzw. Bodyguard werden im Battery Park in Manhattan brutalst abgeschlachtet. Der zynische und sehr phlegmatische Polizist Dewey Wilson (Albert Finney) macht sich mit der Investigativspezialisten Rebecca Neff (Diane Venora) auf, diesen Fall zu knacken. Die Mordwaffe, die zu extremen Verstümmelungen geführt hat ist unbekannt. Als aber in der Süd-Bronx Obdachlose auf die gleiche Weise umkommen, gerät Wilson in einen überlebensgroßen Fall, der ihn sein Leben kosten könnte.
Bis heute habe ich das Ende des Films als hoffnungsvoll empfunden, aber das muß ich ganz klar zurücknehmen. Das wußte natürlich bis jetzt niemand außer mir, aber das ist einer dieser neuen Eindrücke, die ich heute erhalten habe. Wer und überhaupt warum für diese Morde verantwortlich ist geht natürlich aus dem Titel hervor und wird auch recht eindeutig vor dem Finale erklärt. Und das gibt wiederum einen nicht gerade schmeichelhaften Kommentar auf die moderne (amerikanische) Zivilisation wieder. Der moderne Mensch, der mit seinen technischen Spielereien alles unter Kontrolle zu haben scheint, sich aber nicht mehr auf seine ihm von der Natur geschenkten Sinne verlässt. Und selbst mit all seiner Technik versteht er es immer noch nicht einmal richtig umzugehen. Die Überwachungsorganisation verdächtigt eine Terrorristengruppe namens "Götterdämmerung", Prof. Ferguson (Tom Noonan) wird ein Opfer, weil er die Technik für einen makabren Scherz mißbraucht, der Mann, der seinen Motorroller nicht starten kann und auf die Nase fällt, der Pathologe Whittington (Gregory Hines), der seine Coladose öffnet und vor dem lauten Knall zusammenschreckt, weil er direkt daneben ein Abhörgerät installiert hatte.
Haben die Menschen überhaupt noch ein Recht auf der Erde weiter so ihr Unwesen zu treiben? Auf jeden Fall nicht wenn sie weiterhin so ausbeuterisch zur Tat schreiten. Die letzte Einstellung verbreitet demnach ein sehr unwohles Gefühl bei mir. Die Indianer auf dem Pfeiler einer der großen New Yorker Hängebrücken, vielleicht Götter einer fast untergegangenen Zivilisation, die wachsam ihre Augen auf Manhattan gerichtet haben.
Bemerkenswert sind einige der am Film beteiligten Macher. Das ist der einzige Spielfilm den Michael Wadleigh realisiert hat. Elf Jahre zuvor regte er mit seinem Dokumentarfilm WOODSTOCK für beträchtliches Aufsehen. Produziert wurde der Film von Rupert Hitzig, der einige Jahre später mit dem kleinen Teenieslasher SLEEPAWAY CAMP ein anderes Genre bediente. Der Film basiert auf dem Roman von Whitley Strieber, dessen eigenen Erfahrungen mit der Begegnung Außerirdischer in dem Film COMMUNION verarbeitet wurden. Schon komisch...
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
"The movie never changes. It can't change. But everytime you see it, it seems different because you are different. You see different things." (12 Monkeys)
#383
Geschrieben 24. April 2004, 10:55
Regie: Peter Bogdanovich
Der Berlinale hatte in diesem Jahr das New Hollywood als umfassende Retrospektive in ihrem Programm und auch auf 3SAT liefen einige Filme aus dieser recht kurzen Zeit, die ich einmal als amerikanisches Autorenkino bezeichnen möchte. Mir waren bisher nur drei oder vier Filme von Peter Bogdanovich bekannt. Dieser gehörte definitiv nicht dazu, aber gerade einmal fünf Minuten, die ich von diesem Film in der 3SAT-Ausstrahlung gesehen hatte, reichten für mich aus. Bezeichnenderweise war es die Trixie-Delight-Episode mit der hinreißend schnippischen Madeleine Kahn, die ich bewundern durfte. Und es war ausgerechnet die Einstellung als sie sich auf dem Grashügel zur kleinen Addie (Tatum O'Neal) umdreht, die mich über ihren viel zu frühen Tod trauern ließ.
Doch von Madeleine Kahn einmal abgesehen hat der Film ja noch viel mehr zu bieten. Nämlich die Geschichte eines kleinen Mädchens, daß sich nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter, einem ihrer Liebhaber, dem Trickbetrüger Moses Pray (Ryan O'Neal), anschließt. Offensichtlich ist für mich, daß die beiden einsamen Seelen einander brauchen auch wenn sie das niemals zugeben würden, wenn man sie fragen würde. Egal ob sie sich streiten oder Witwen ausnehmen. Zwischen den beiden entsteht ein starkes Band. Und die kleine Addie lässt es in ihrer kindlich burschikosen Art nicht zu, daß sich jemand zwischen sie stellt. Schon gar nicht so ein wandelnder Modesalon, wie Trixie Delight.
Der Film beschwört in der Epoche in der er spielt, die große Depression, zweifellos ein vergangenes Kino herauf und gibt sich betont unspektakulär und ruhig. Turbulent wird es vor allem gegen Ende, als das ungleiche Pärchen dem Whiskeyschmuggel verschreibt und sich den örtlichen Sheriff (John Hillerman) damit aufbringt. Kurios, daß der sich mit seinem Zwillingsbruder dadurch noch ein kleines Zubrot verdient hat.
Es ist irgendwie schade, daß Bogdanovich anscheinend ausgebrannt ist und nicht mehr in der Lage ist einen anständigen Film zu Stande zu bringen. Von dem was ich weiß zählt er zu einer Reihe von Filmemacher, die nach dem Ende dieser kurzen Blütezeit des amerikanischen Kinos ihren Orientierungssinn verloren haben. Das er sich jetzt verstärkt als Filmhistoriker gibt, ist vielleicht eine Verschwendung von Ressourcen. Auf jeden Fall bin ich für Filme wie diesen, TARGETS und WHAT'S UP DOC? ewig dankbar.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#384
Geschrieben 24. April 2004, 21:20
Regie: David Fincher
Die offensichtlichen Probleme, die Fincher bei der Realisierung dieses Stoffes hatte, können auch mit der verlängerten Fassung nicht ausgemerzt werden. Als Teenager habe ich seinerzeit schon mitbekommen, daß der Film wegen künstlerischer Differenzen einige Zeit verschoben wurde. Immerhin mehr als ein halbes Jahr verging nach der ersten Ankündigung. Mir war es seinerzeit recht schnuppe, denn ich wollte mehr über die Geschichte des Alien erfahren. Eigentlich erfährt man überhaupt nichts Neues, sondern ist nur Augenzeuge einer Variation des ersten Films. Wovon Fincher profitiert sind die technischen Fortschritte in der Umsetzung, die in den dreizehn Jahren seit der Veröffentlichung des ersten Films, das Filmemachen und Geschichteerzählen erleichtert haben.
Wenn man einmal ganz ehrlich ist, gibt der Stoff wirklich nicht mehr her als für zwei Filme. Dann hat es sich ausgelutscht und kann kaum noch Interesse wecken. Warum also tue ich mir diese Filmreihe immer wieder an? Um irgendwo noch ein Quentchen an neuen Entdeckungen zu machen. Da kommt die für die DVD zusammengestellte "Rohschnittfassung", die auf den neuesten Stand der Technik gebracht und mit zusätzlichen optischen und digitalen Effekten aufpoliert wurde gerade recht.
Ein grundsätzlich anderes Filmerlbnis stellt sich nicht ein. Der Erzählfluß ist weit ausschweifender und es wird etwas mehr Wert auf die Charakterisierung einiger Nebenfiguren gelegt. Für etwas Aufsehen sorgen bei mir einigen Änderungen in Bezug auf den Storyverlauf. Der Wirt des Alien ist hier ein Ochse und nicht ein Hund wie in der Kinofassung. Auch gibt es eine Nebenhandlung um einen Gefangenen, der das gerade gefangene Alien wieder freilässt.
Das einzige was man dem Film vorhalten kann ist meine Erkenntnis, daß er kaum greifbare Interpretationspunkte enthält. Das ist der Plot. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Ein Versuch eine traurige Stimmung über Verlust aufzubauen, wird zugunsten einer hippen Darstellung der Gefängnisinsassen ein ums andere Mal aufgegeben. Das ist bitter, denn die Umgebung in welcher der Film spielt hätte hier durchaus das Potential zu einigen dramatischen Szenen geben können. Nur manchmal scheint ein Hauch von apokalyptischer Stimmung auf. Leider muß ich mich bei diesem Film immer auf andere Schauwerte stützen. Das ist hier das wirklich hervorragende Set-Design der Gefängnisanlage. Schade, daß es heute nicht zu mehr gelangt hat.
Ähnlich verhält es sich übrigens auch mit ALIEN RESURRECTION, der durch seinen augenzwinkernden Humor und sein visuelle Umsetzung einiges Interesse bei mir verursacht. Vor allem dessen Ende gebe vielleicht noch einen Stoff für einen fünften ALIEN-Film her.
"Time kills critics my dear." (Lisztomania)
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#385
Geschrieben 25. April 2004, 10:39
Regie: Jean-Jacques Annaud
Im Schulunterricht war die Behandlung des Unterrichtsstoffes um die menschliche Evolution recht sparsam aufstaffiert. Wie bringt man auch vier Millionen Jahre der Entwicklung vom Urzeitmenschen zum heutigen modernen Menschen in fünfzehn Unterrichtsstunden adäquat unter. Trotzdem ist diese Zeit für mich recht fruchtbar gewesen, denn neben dem schulischen Teil beschäftigte ich mich auch zu Hause etwas mehr mit dem Thema. Schließlich will man mit zwölf oder dreizehn Jahren in irgendeinem Themenbereich als smart daherkommen. Eine ziemlich große Hilfe waren da die wundervollen "Was ist was?"-Bücher und natürlich die entsprechenden visuellen Umsetzungen.
Dieser Film ist wohl verantwortlich für meine Sichtweise über die menschliche Evolutionsgeschichte. Sicherlich viel deutlicher als die "Dawn of Man"-Sequenz in 2001 - A SPACE ODYSSEY. Hätte ich den Kubrick-Film eher gesehen, wäre es vielleicht anders herum. Aber sei es wie es ist...dieser Film hat bei mir auch einen gehörigen Eindruck hinterlassen.
Ich verstehe den Film heute als den Versuch, die oben angesprochene "Dawn of Man"-Sequenz weiterzuführen. Nach dem Erwachen einer bewußten Intelligenz ist der tägliche Überlebenskampf gegen wilde Urzeittiere, Hunger und Kälte das bestimmende Bild der menschlichen Existenz. Am Porträt des Stammes der Ulam und dreier Krieger begibt sich der Zuschauer auf eine Reise durch eine gefährliche Landschaft. Man ist auch der Suche nach Feuer, daß die Sippe bei einem Kampf mit den Neandertalern verloren hat. Sie selbst wissen zwar mit dem Feuer umzugehen, können es aber nicht selbst erzeugen.
Evolutionär korrekt ist der Film natürlich überhaupt nicht. Wieviele verschiedene Menschenrassen gleichzeitig nebeneinander existierten weiß zwar niemand exakt sagen zu können, aber die fünf im Film dargestellten Menschenrassen haben doch wesentliche Unterschiede. Entweder sind diese körperlich in ihrer Statur oder dem fast tierischen Aussehen ihrer Gesichter zu entnehmen oder sie lassen fast schon Wesenszüge des modernen Menschen erkennen. Cro-Magnon, Neandertaler, Australopithecus, Erectus ecetera pe pe.
Weiß einen die Geschichte zu fesseln? Schon, auch wenn einige kurze Abschnitte auf mich den Eindruck erwecken, als seien sie zur Auflockerung der durchweg vorherrschenden Trostlosigkeit eingebaut worden. Damit meine ich gar nicht so sehr, die Szene mit dem Stein, sondern z. B. die Flucht der drei Krieger vor den Säbelzahntigern (übrigens deutlichst als Löwen auszumachen, denen man Papphauer an die Schnauze geklebt hat). Szenenweise kommt sogar eine recht epische Stimmung auf, die offen philosophische Interpretationsmöglichkeiten zulässt.
Dabei ist die Zukunft des Pärchens Naoh (Everett McGill) und Aki (Rae Dawn Chong) am Ende noch ungewiß. Man blickt in den vollen Mond, doch immer noch wirkt das einzelne Feuer in der Urlandschaft verloren. Die Evolution hat aber gezeigt, daß das Wissen weitergegeben wurde. Der Mensch hat es geschafft und steht an der Spitze der Evolution.
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#386
Geschrieben 25. April 2004, 22:38
Regie: Brian Yuzna
Dr. Herbert West (Jeffrey Combs) treibt wieder einmal sein Unwesen. Seit dreizehn Jahren sitzt er nunmehr schon im Gefängnis. Er ist in seinen Möglichkeiten zwar etwas eingeschränkt, aber seine Besessenheit ist dieselbe geblieben. Jetzt muß er seine Fehler aus der Vergangenheit in Ordnung bringen. Doch leider macht er dabei viele neue Fehler. Ich würde West gar nicht mal so sehr als schlechten Menschen charakterisieren, sondern als jemanden der über eine ziemliche Obsession verfügt und sich schwer tut diese später einzusehen.
Der neue Gefängnisarzt Dr. Howard Phillips (Jason Barry) in die Haftanstalt versetzt wird, der als Kind mitansehen musste, wie ein von Dr. West reanimierter Leichnam seine Schwester umbrachte, macht sich West wieder an sein altes Verführungsspiel heran. Die charmante Journalistin Laura (Elsa Pataky), der sadistische Gefängnisdirektor Brando und einige andere Gefangene komplettieren die neuerliche Freakshow von Brian Yuzna.
Gestern abend konnte mich der Film überhaupt nicht beeindrucken, was wohl damit zusammenhing, daß ich während der Vorstellung eingeschlafen bin. Aber mit einem frischen Gemüt macht der Film einen halben Tag später enorm viel Laune. Was die beiden Vorgängerfilme auszeichnete war das geringe Budget und das ist beim dritten Streich nicht anders. Aber mit dem Segen der modernen Filmnachbearbeitung ist aus dem kargen Stück Zelluloid eine klinisch reines, aber keineswegs steriles Produkt geworden. Das hat mich sehr stark an die Laboratmosphäre von RESIDENT EVIL erinnert und ist genau wie bei diesem von einem immensen Vorteil. Dabei wird sich fast auschließlich auf gute, handgemachte Effektarbeit verlassen. Es gibt einige computergenerierte Effektsequenzen, aber die sind recht eindrucksvoll in die Filmhandlung integriert worden.
Andererseits bin ich der Überzeugung, daß einige Abschnitte des Films bewußt dazu geschaffen worden sind, um den Kultstatus der Reihe, vor allem aber den des ersten Films, in irgendeiner Art und Weise gerecht zu werden, ja sogar zu übertreffen. Wie verzweifelt wird da versucht noch mal eine ähnliche Intensität wie die diabolische Figur eines Dr. Hill (David Gale) herauf zu beschwören, aber er langt nur zu einigen etwas deplaziert wirkenden sadomasochistischen Abschnitten. Außerdem meine ich damit noch nicht einmal die Szenen des Häftlings und seiner Haustierratte, die unfreiwillig zu einem Versuchstier von Herbert West wird, sondern die Szenen mit dem Gefangenen Speedball, der sich das grüne Serum als reinen Drogenkick spritzt, weil er vorher keine roten Pillen vom Doktor bekommen hatte.
Alles in allem ein nicht zu verachtender morbider Filmspaß, der mich daran erinnert mal wieder den zweiten Film der Reihe anzuschauen.
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#387
Geschrieben 26. April 2004, 14:54
Regie: Michael Powell & Emeric Pressburger
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#388
Geschrieben 26. April 2004, 19:21
Regie: Quentin Tarantino
Ich kann nur von meiner Warte aus sprechen und feststellen, daß ich zu sehr von der ersten Ausgabe dieser Rachegeschichte verwöhnt wurde. Gestern abend habe ich meine deutsche Leih-DVD angeschaut und heute trudelte die um drei Minuten längere japanische DVD ein, welche eine Fassung beeinhaltet, die den "Showdown at the House of Blue Leaves" in Farbe zeigt. Da mußte natürlich erst einmal ausgiebigst drin gestöbert werden und dann vor dem Kinobesuch noch ein Film mit einem rumpolternden, am Ende kahlköpfigen Soldaten (das Bild oben) angeschaut werden.
Ich ging also ziemlich vorbelastet in die Nachmittagsvorstellung und bin ein wenig enttäuscht. Enttäuscht deswegen, weil der gute Quentin vier Gänge zurückgeschaltet hat und die Braut nicht mehr töten lässt. Jetzt wird das ganze schon beinahe ausdiskutiert. Und das ist nicht richtig. Ganz und gar nicht richtig.
Abgefunden habe ich mich damit noch nicht ganz, aber ich kann schon wieder über einige Sachen nur positives berichten. "Das einsame Grab der Paula Schultz", ein klein wenig RASHOMON am Anfang und am Ende, Ennio Morricone, David Carradine (der coolste Hurensohn seit Mr. Wolf) an seiner Flöte, Michael Madsen, schleimig und herruntergekommen, ein richtig kleiner Wicht und Pai Mei.
Mich will ein ungutes Gefühl der Uninspirirtheit nicht loslassen. Irgendwie ist die Teilung des großen Films in diese beiden Häppchen keine gute Entscheidung gewesen, da man sich an dem großen VOL. 1 satt ist und den Nachtisch in Form von VOL. 2 nicht mehr gewillt ist anzurühren. Ein Gefühl, welches ich gestern bei einem ausgiebigen Abendessen in einem Lokal (es gab ein viel zu großes Rumpsteak, Pommes, gemischter Salat, Erbsen) ebenfalls hatte.
Ich setze nun die Hoffnung auf eine erneute Begegnung mit VOL. 2 in seiner englischen Originalsprachfassung oder auf die integrale Schnittfassung, die Quentin uns hoffentlich nicht lange vorenthält.
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#389
Geschrieben 28. April 2004, 12:10
Regie: David Fincher
Immer mehr entwickelt sich dieser Film neben FIGHT CLUB zu meinem meistgesehensten Film von Fincher. Sind seine anderen Filme ja in gewisser Hinsicht noch als Charakterfilme zu bezeichnen spielt es bei diesem Kammerspiel meiner Meinung nach überhaupt keine Rolle mehr, wer die jeweiligen Rollen mit Leben ausfüllt. Hätte Fincher den Film mit unbekannten Darsteller besetzt, aber den gesamten Rest ebenso beibehalten hätte der Film überhaupt nichts von seiner Kraft eingebüßt.
Was ich mit ziemlich Wohlwollen aufgenommen habe, war die Tatsache, daß der Film alles andere als geschwätzig daher kommt. Dialogsätze beschränken sich gerade einmal auf das Notwendigste, nur ab und zu gibt es mal einen Satz, den man auch hätte weglassen könnte. Worum es Fincher eigentlich ging ist meiner Meinung nach der Versuch einen reinen Kamerafilm zu drehen. Die Kamera sieht alles. Während die Überwachungskameras nur einen jeweiligen Ausschnitt zeigen können, hat Fincher seine Filmkamera von jeglichen Fesseln befreit und schickt sie auf eine reizvolle Besichtigungstour durch das Haus.Treppengeländer, Schlüssellöcher, Luftschächte...die Kamera passt überall herein. Gerade die Fokussierung auf winzige Details macht den größten Spaß des Films aus. Der Putz im Panikraum bröckelt leicht von der Oberfläche während Raoul seinen Vorschlaghammer schwingt, die Leuchtdiode der Taschenlampe wird einer makroskopischen Kamerauntersuchung unterzogen.
Wenn man sich dann noch einigermaßen auf die Handlung konzentrieren kann bekommt man einen guten Thriller geliefert, der mit dem Tode Juniors und dem Kidnapping Stephen Altmans leider etwas an Intensität verliert. Warum allerdings unbedingt Meg Altman ein klautrophobisches Handicap angedichtet werden mußte, welches dann überhaupt nicht weiter verfolgt wird ist mir ein Rätsel. In einem solchen Thriller ist die Hinführung auf eine solche, den Charakter in entsprechenden Situationen beeinflussenden, nicht weiter ausgeführte Eigenschaft fehl am Platze.
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#390
Geschrieben 28. April 2004, 20:52
Regie: Clint Eastwood
Das ist einer dieser Filme, die ich anfangs überhaupt nicht verstanden habe, die allerdings mit jeder weiteren Sichtung bei mir an Ansehen und Hochachtung steigen. Ich möchte sogar einmal behaupten, daß UNFORGIVEN Clint Eastwood auf der absoluten Höhe seiner limitierten schauspielerischen und inszenatorischen Möglichkeiten zeigt. Besser war er vor- und hinterher nicht mehr. Vielleicht tue ich damit THE BRIDGES OF MADISON COUNTY Unrecht, aber ich denke das kann der gute alte Clint noch verkraften.
Eastwood hatte diesen Film ja seinen beiden Mentoren Sergio Leone und Don Siegel gewidmet und man spürt ihren Geist in fast jeder Aufnahme und in beinahe jedem Satz. Einher geht hier eine behäbige, auf den ersten Blick fast schon langweilig zu nennende Inszenierung. Doch die Inszenierung ist nur der Deckmantel für eine so sehr viel reichere Hintergrundgeschichte, die nicht nur auf die Filmcharaktere, sondern auch auf Eastwoods Leinwandkarriere selbst abzielt. Der große Wilde Westen mit seinen kaltblütigen Revolverhelden wird gänzlich auf den Kopf gestellt. Die meiste Zeit waren diese furchtlosen Mistkerle sturzbesoffen um überhaupt ein Gefühl der Angst zu haben oder die so verklärende, immerhin auf Augenzeugen beruhende Geschichtsschreibung, ist nichts anderes als das Produkt einer Groschenromanprosa. Die heutigen Revolverhelden sind dagegen nichts anderes als bubenhafte Aufschneider, die denken, daß schon eine gefährlicher Name genügt um Eindruck zu schinden.
Wenn man bedenkt, daß Eastwood seinen William Munny reichlich verklärend mit dem von ihm komponierten "Claudia's Theme" einführt und ihn nachher den Engel des Todes sehen lässt, so sehr ist man am Ende bestürzt, wie zwingend die Rückverwandlung zur um sich schießenden Kampfmaschine von statten geht. Jegliche Bedenken, die man vor Beginn der Reise oder währenddessen hatte sind über Bord geworfen worden. Ob William Munny jemals ein guter Mensch war, das kann auch der Schlußtitel nicht beantworten. Hier überlässt man dem Zuschauer gerechterweise eine eigene Meinung wie er sich mit der Legendenbildung des Wilden Westens auseinander zu setzen hat.
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