Regie: Jane Campion
In ganz wenigen Momenten des Films habe ich manchmal das Gefühl einem feministischen Plädoyer beizuwohnen. Dieses Gefühl hält sehr lange vor bis sich die stumme Ada (Holly Hunter) auf einen Handel mit dem virilen Vorarbeiter George Baines (Harvey Keitel) einlässt, um ihr Piano von ihm zurück zu erhalten. Vorher ist die sehr niederschmetternde Situation für Ada, die von ihrem Vater mit dem Farmer Alisdair Stewart (Sam Neill) verheiratet wurde, der sein Glück als Kolonist in Neuseeland versucht und ständig mit den dort eingeborenen Maori in einem sinnlosen Handel über Land steht.
Was ich vorher überhaupt nicht bemerkt hatte, anscheinend weil ich den Film schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen habe, war die Tatsache, daß da noch viel mehr passiert als die zentrale Liebesgeschichte zwischen Ada und Baines. Die Vorbereitung der weit verstreuten britischen Kolonisten und ihrer Dienstmädchen auf ein Theaterstück über König Blaubart, daß auf sehr amüsante Art und Weise von den Maori gestoppt wird und eben der vergebliche Versuch Stuarts sein Land zu vergrößern. Das er sich damit den Zorn der Maori zuzieht, die nich wollen, daß ein Friedhof ihrer Ahnen entweiht wird, ist ihm entweder nicht bewusst bzw. bekannt. Ich denke eher, daß es ihm wie viele Kolonisten egal ist.
Ob ich den Film seinerzeit im Kino zusammen mit meinem älteren Bruder gesehen habe, kann ich nicht genau sagen. Die wahrhaftig beeindruckenden Bilder von der Ankunft Adas am Strand, als sich die helfenden Hände der Maori ihr entgegenstrecken und eine gewaltige Welle nach der anderen an das Land gedrückt wird, hätten mir in diesem Zusammenhang eigentlich im Gedächtnis bleiben müssen. Heute wirkten sie auf jeden Fall atemberaubend. Da können mich auch das kammerartige Spiel der beiden Hauptdarsteller nicht mehr schocken. Vor allem dann nicht wenn die beiden blank ziehen. Das aber in dem kantigen Gesicht Holly Hunters mit jedem fallenden Kleidungsstück immer mehr Sinnlichkeit zu bemerken ist, ist schon eine hervorragende Leistung von Licht und Schauspiel. Ziemlich unverständlich finde ich den Oscar für die kleine Anna Pacquin. Im Grunde genommen ist sie nur die Übersetzerin für ihre stumme Mutter und erhält bis auf ihr Ballettanz keine Gelegenheit aus dieser Rolle auszubrechen. Da ist der Preis für die kleine Tatum O'Neal in PAPER MOON viel gerechtfertigter. Aber schlechter macht das den Film dadurch auch nicht.