Der Monroe ihre dicken Hupen
#121
Geschrieben 26. Juli 2005, 17:41
Wären mein DVD-Player nicht so wählerisch und asiatische DVDs nicht so oft von minderer Qualität, hier stünde ein Artikel über den – zumindest in den ersten 50 Minuten – wunderbaren Johnnie-To-Film PTU. So musste ich die Sichtung aber bis zur Anschaffung einer besseren DVD-Version des Films abbrechen und stattdessen den heißersehnten DANGER: DIABOLIK sehen. Ein Tausch, mit dem man mehr als nur leben
kann.
Bei DANGER: DIABOLIK handelt es sich um die Verfilmung eines italienischen Superheldencomics (der Kenner redet von "fumetti") unter der Regie von Mario Bava und mit so illustren Akteuren wie John Philipp Law als Titelheld, Marisa Mell als seine attraktive Gespielin Eva Kant, Michel Piccoli als Diabolik-Jäger Ginko (oder so), Adolfo Celi als Superschurke Valmont und Lieblingszahnlücke Terry-Thomas als Innen- und dann Finanzminister
Diabolik ist ein Superverbrecher, der nur an den besonders unmöglichen Verbechen Spaß hat, in feschen Latexklamotten auf die Pirsch geht, um seiner lüsternen Luxusfreundin jeden materiellen Wunsch zu erfüllen. Die Seite des Gesetzes ist den Tricks und Fallen des Heden zu keiner Zeit gewachsen und
lässt sich ein ums andere Mal auf der Nase herumtanzen.
Für konzeptionelle Verwandtschaft zum Comic sorgen vor allem die episodische Handlung, die sich von einem Höhepunkt zum nächsten hangelt und die farbenfrohe Inszenierung Bavas, der hier so etwas wie die Low-Budget-Version von 2001 hinlegt, zumindest, was die visuellen Effekte angeht. Bava lässt es in punkto Bildgestaltung, Setdesign und Kameraspielereien ziemlich krachen und zieht alle Register seines Fachs, was ziemlich viele sind – fast so als hätte der gute Diabolik selbst hinter der Kamera gestanden.
Am ehesten vergleichen kann man den Film wohl mit BARBARELLA, DANGER: DIABOLIK ist aber inhaltlich eher toughes Machokino als hippieeske Freie-Liebe-Parabel. Wer Psychedelia mag, Caper- und Superheldenfilme verehrt und sich für die Settings alter James-Bond-, Fantomas- oder auch Hitchcock-Filme erwärmen kann, sollte sich das hier nicht entgehen lassen. Und BEASTIE-BOYS-Fans wissen dann auch endlich, woher die die Inspiration für ihren "Body Movin'"-Clip her haben, der auf der US-DVD mit drauf ist und wichtige Szenen des Films adaptiert.
#122
Geschrieben 29. Juli 2005, 08:03
Da gibt's nicht viel zu zu sagen. Ein echter Wohlfühlfilm, den man eigentlich an einem Sonntagnachmittag gucken sollte, er funktioniert aber auch zu anderen Anlässen. Rundum gute, sprich spannende und lustige Unterhaltung mit einem wunderbaren Peter Ustinov und einer fantastischen Kulisse. Die Gags sitzen, ohne anzustrengen und gegen die großartige Einbruchssequenz sieht MISSION:IMPOSSIBLE ganz alt aus.
Nach diesem Caper-Movie-Klassiker braucht man auch solch halbgare, langweilige Starvehikel wie OCEAN'S ELEVEN (den von Soderbergh natürlich) oder sein Sequel nicht mehr. Nuff said.
#123
Geschrieben 29. Juli 2005, 08:13
Den seh ich immer wieder gern: Al Pacino als Serpico, der Hippiebulle, der mit seiner ehrlichen Art bei seinen allesamt korrupten Kollegen einen schweren Stand hat.
Beginnt der Film noch als eindeutig zu identifizierender Copthriller, macht Sidney Lumet ungefähr ab der Hälfte einen heftigen Schlenker Richtung Psychostudie: Der Wunsch, die Korruption aufzudecken, die Verzweiflung darüber, dass er seinen Job nicht "richtig" machen kann und die Angst vor den Kollegen, bei denen er auf der Abschussliste steht, machen aus dem lebensfrohen, witzigen Serpico einen zweifelnden, cholerischen Besessenen, der an nichts anderes mehr denken kann als an seine Mission.
SERPICO ist ein Film, der einen sehr angespannt hinterlässt: Al Pacinos Golden-Globe-prämierte Darstellung ist schlicht brilliant und macht den Druck, dem seine Figur jeden Tag ausgesetzt ist körperlich spürbar. Der Filz in hohen Positionen, die Ignoranz der Zuständigen tun ihr übriges, um Lumets Film für den Zuschauer zum Nervenkrieg zu machen. Auf der überschatteten "Wohlfühlseite" des Films steht sein 70er-Jahre-New-York-Flair, dass man so heute leider nicht mehr im Film findet. Die unglaublich coolen Outfits des Bullen – Schlapphüte, Hippiewesten etc. – leisten ihren Teil.
Ein Klassiker des Copfilms, an dem sich auch die leider rar gesäten modernen Vertreter immer noch messen lassen müssen. Spannend, anspruchsvoll und mit zahlreichen bekannten Gesichtern gut besetzt.
#124
Geschrieben 01. August 2005, 21:26
Zweite Sichtung. Immer noch toll. Aus den Top 10 des Jahres nicht mehr zu verdrängen, schätze ich.
We're all Goofy Goobers, yeah. Goofy, goofy, goober, goober, yeah!!!
#125
Geschrieben 01. August 2005, 21:40
Schwertkampf-Kung-Fu-Film von 1980, der stilistisch zwischen den Shaw-Brothers-Old-School-Filmen und dem New-Wave-Hongkong-Kino liegt. Das heißt, dass der kostümlastige Historienfilmanteil ergänzt wird von spektakulären Strippenziehereien und wildem Herumgehüpfe und Gefliege.
Regisseur Patrick Tam versäumt es leider, seinen Film mit der nötigen Stringenz zu versehen. So wird man relativ lang darüber im Unklaren gelassen, worum es eigentlich geht. Erst nach einer guten Stunde kristallisiert sich so etwas wie ein Plot heraus – etwas zu spät, denn bis dahin hat man, wenn man auf straightes Kung-Fu-Kino gehofft hat, so wie ich, längst die Hoffnung aufgegeben. Zwar ist THE SWORD durchweg schön anzusehen und extrem farbenfroh, aber während der ersten zwei Drittel schlicht langweilig. Wenn es mal zur Sache geht, macht das jedoch Appetit auf mehr – und das bekommt man dann im fulminanten und wegweisenden Schlusskampf auch geboten.
Vielleicht muss ich den Film auch noch einmal gucken. Aber im Moment: Schade, dass er nicht ein bisschen mehr Tempo hat.
#126
Geschrieben 01. August 2005, 21:52
"The first film about the un-making of a movie" – so wird LOST IN LA MANCHA treffend beworben. Es geht um das Nicht-Zustandekommen von THE MAN WHO KILLED DON QUIXOTE, den Film, den Terry Gilliam nach FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS machen wollte. Geschichten über Terry Gilliam und seine Probleme, die Filme zu machen, die er machen will, gibt es reichlich und so erwartete ich wieder die geballte Ladung aus Ignoranz seitens eitler Studiobonzen und Budgetproblemen.
Aber eigentlich ist alles ganz banal: Ja, das Budget ist zu klein, aber eigentlich ist es ein verheerendes Unwetter und eine Virusinfektion des Don-Quixote-Darstellers Jean Rochefort, die den Film am sechsten Drehtag zum Scheitern bringen. Was man in LOST IN LA MANCHA von Gilliams Vision zu sehen bekommt, macht indes große Lust auf THE MAN WHO ..., den alle Beteiligten nach wie vor machen wollen. Und man spürt, mit welcher Leidenschaft Terry Gilliam zu Werke geht, wie er es versteht aus dem Nichts etwas entstehen zu lassen. Wie er sich wie ein Kind freut und vor Vorfreude schier platzt und wie er in sich zusammenfällt, als er erkennt, dass sein großer Traum sich (vorerst) nicht erfüllen wird.
Eine tolle Dokumentation, die zeigt, wie banal das Scheitern eines Künstlers sein kann.
#127
Geschrieben 01. August 2005, 22:02
Was bei VAN HELSING nicht mehr geklappt hat, funktioniert im Mumiensequel noch einmal ganz gut. Warum, weiß ich aber auch nicht, denn im Grunde funktioniert auch dieser Streifen nach dem selben Prinzip: Man gebe dem Publikum alle 30 Sekunden etwas zum Staunen und dazwischen möglichst wenig Zeit zum Denken. Die CGI-Effects die laut Booklet State-of-the-art sein sollen, lassen darüber erschrecken, wie weit 2001 offensichtlich in der Vergangenheit liegt, denn mehr als einmal hat man den Eindruck, eine ramschige B-Movie-Produktion zu sehen. Atmosphäre zu erzeugen ist sicher nicht Sommers' Ding, mit solch jämmerlichen Plastikeffekten, würde aber auch der größte Regisseur versagen. Dennoch macht THE MUMMY RETURNS Spaß, gerade weil er nur ein überbudgetierter Trashfilm ist. Brendan Fraser und John Hannah bringen ihre One-Liner mit dem richtigen Timing über die Bühne, Rachel Weisz lässt ihre üppigen Brüste wogen, The Rock und Arnold Vosloo geben die grimassierenden Oberschurken und es gibt jede Menge fürs Auge.
Und die Ohren: 120 Minuten lang großer Krach, der einen danach nicht mehr lange belästigt. Spaß gehabt.
#128
Geschrieben 01. August 2005, 22:25
Die spinnen, die Thais! Zwar ist SARS WARS beileibe kein zweiter EBOLA SYNDROME (=asozialster Film aller Zeiten), dennoch muss man sich hier beizeiten schon mal an die Birne packen, was der Regisseur dieses Meisterwerks da für einen Wundertüte von einem Film zusammengekloppt hat. Innerhalb der ersten zwei Minuten schwappt der SARS-4-Virus von Afrika nach Thailand und breitet sich dort flugs aus. Statt an Husten- und Erstickungsanfällen leiden seine Opfer aber unter akuter Zombiefizierung und Blutdurst. Gleichzeitig wird noch ein reiches Unternehmertöchterchen von einer Bande inkompetenter Gangster gekidnappt und ein alter Meister beauftragt, sie mit Hilfe seines Schülers zu befreien. Sie wird in einem Hochhaus mit Disco im Keller gefangengehalten und dort versammeln sich bald auch die SARS-Zombies. Auf zum fröhlichen Showdown.
Der Film kann kurz als eine Mischung aus Lamberto Bavas DEMONI 2 und – ja, was denn noch? – beschrieben werden.Neben einigen happigen aber recht preiswerten Goreeffekten, schmerzhaft miserablen aber irgendwie sympathischen CGIs und vielen witzigen visuellen Einfällen, bei deren Umsetzung das knappe Budget manchmal etwas im Wege stand, punktet der Film vor allem durch seinen Humor. SARS WARS nimmt sich selbst kein Stück ernst, versteht es aber durchaus, einen eigenen Witz zu kultivieren, ohne auf alles zu scheißen und die Zuschauer zu nerven. Vor allem die asientypischen Anzüglichkeiten sorgen für den ein oder anderen Schenkelklopfer. Was gegenüber Fun-Splatter-Filmen westlicher Prägung positiv auffällt, ist, dass hier nicht überdeutlich das Bemühen zu spüren ist, den immergleichen Faves nachzueifern, sondern etwas eigenes auf die Beine gestellt wurde. Das fängt bei der merkwürdigen Videooptik und den kruden Effekten an und endet bei der Weigerung, sich mit seinen Ideen dem Status Quo des Budgets unterzuordnen. Ganz bestimmt kein guter Film, aber dennoch einer, dem man einen Ehrenplatz ganz nahe am Herzen freihalten möchte.
Und zum Schluss: die Animeparts sind fast so gut wie die aus KILL BILL.
#129
Geschrieben 06. August 2005, 19:33
Seinerzeit ein großer Hit in Korea – und ein sehr merkwürdiger Film. Vier "Jugendliche" überfallen aus Langeweile eine Tankstelle, schikanieren die Angestellten, prügeln sich mit einer Gang, machen allerhand Unfug und lassen einfach nur die Sau raus – ohne irgendeine Motivation zu haben. Das Ganze schwankt zwischen Drama und Komödie hin und her, bedient sich inszenatorisch auch schon mal beim cinema verité und sitzt so eigentlich zwischen allen Stühlen. Die Antihelden des Films sind zwar die Identifikationsfiguren für den Zuschauer, bleiben aber dennoch relativ undurchsichtig – richtig sympathisch sind sie wegen ihrer illusionslosen, gelangweilten und irgendwie auch sadistischen Züge nicht. Das Treiben auf der Tankstelle ist aber auch nicht richtig böse: Die Geiselsituation entwickelt sich schon zu einer recht dynamischen Konstellation, von der dann zum Teil auch die eigentlichen Opfer profitieren.
Um den Film richtig zu verstehen, müsste man sich wahrscheinlich genauer mit der gesellschaftlichen Situation in Südkorea auskennen. Wie hier die Anarchie zelebriert wird und unsere Helden am Ende in eine halbwegs versöhnliche Zukunft entlassen werden, deutet an, dass es ähnlich wie bei SPACE TRAVELERS aus Japan darum geht, sich und sein Leben zu inszenieren, aus der Konvention auszubrechen – auch wenn man dabei über die Stränge schlägt.
Insgesamt hatte ich den Film lustiger erwartet – eigentlich ist er sogar recht unangenehm. Kein echter Knaller, dafür ist er auch ein bisschen zu lang, aber ein interessanter Film auf jeden Fall.
#130
Geschrieben 07. August 2005, 09:59
Wenn Filmkritiker und -wissenschaftler versuchen, die Ursachen für den Niedergang des New Hollywood zu beschreiben und den Schuldigen zu benennen, ist ziemlich wahrscheinlich, dass die Namen von George Lucas und Steven Spielberg fallen, die mit ihrem Eventkino kleinere Produktionen mehr und mehr aus dem Kino verdrängt haben. Schaut man BAD BOYS II, weiß man nicht nur, was das bedeutet, sondern auch dass Lucas und Spielberg Waisenknaben im Vergleich mit Michael Bay und Jerry Bruckheimer sind.
BAD BOYS II bietet 140 Minuten lang atemlose Unterhaltung und unglaubliche Stunts – das Gehirn braucht aber nun mal Sauerstoff, um seine Arbeit zu verrichten. Statt eines kreativen Hirns steckt hinter BAD BOYS II wahrscheinlich eine 100-seitige Zielgruppen- und Marktanalyse und so wirkt der Film (?) dann auch, wie ein überlanges Best-of des Proletenfilms. Action und Comedy wechseln sich in genau abgesteckten Intervallen ab und sorgen so für den typischen, leblosen Bay-Charme. Die Gags richten sich an 5-Jährige und meist geht es darum, dass irgendjemand über einen oder beide Helden denkt, er/sie sei/seien schwul. Das hat dann schon was vom SCHUH DES MANITOU. Das, was im realsatirischen Booklet des Films als Ergebnis von Improvisation zweier komischer Talente gepriesen wird, ist schlicht und einfach Possenreißerei auf Kindergartenniveau.
Wenns kracht – das muss man dem Film zugute halten – kracht es richtig. Die Actionszenen sind unglaublich. Gegen die Verfolgungsjagd wirkt die entsprechende Sequenz aus MATRIX RELOADED wie ein Sandkastenspiel. Erstaunlich auch von welch zupackender Brutalität die Gewalt in diesem Film ist: Da werden Menschen von Kugeln zerfetzt, Gangster von den Helden förmlich hingerichtet, Leichen überfahren und Bösewichter in die Luft gesprengt. Und das alles abgefilmt, als sei es ein TUI-Werbeclip für den Aufenthalt im Libanon. Hier darf man schon von Gewaltverherrlichung sprechen, denn man merkt ganz deutlich, dass die Gewalt hier Teil der Strategie war, die Zielgruppe zu erreichen. Zwischen Kiddie-Humor, Buddy-Dramatik und eingepackt in Bays Zellophanoptik, wirkt das schlicht abstoßend – zumindest lässt sie schwer schlucken. Das ist auch der Unterschied zu 80er-Klopfern wie COMMANDO, INVASION USA oder CITY COBRA: Da war die Gewalt in käsige, hohle B-Filme eingebunden und relativ schnell zu entlarven. Außerdem bestand wohl nur eine kleine Chance, dass jemand Schwarzeneggers Amoklauf im Finale von COMMANDO mit der Realität verwechselte. Bei BAD BOYS II rühmen sich aber doch tatsächlich alle Beteiligten für den Realismus, den sie erreicht hätten. Hallo? Das ist nur noch zynisch und ekelhaft. Und dass der Film außerdem auch noch rassistisch ist wie nur was, macht den Eindruck nicht besser.
BAD BOYS II ist schon unterhaltsam, technisch einwandfrei und mir auf jeden Fall lieber als irgendein runtergekürzter Mist – aber trotzdem sollte man auf die Wundertüte nicht reinfallen. Der Film ist alles andere als unbedenklich ...
P.S. Nach Bay-Logik tritt nach Ecstasy-Konsum (wird natürlich nur in Dissen eingeworfen, in denen sich bisexuelle Silikonschlampen gegenseitig die Pillen auf die Zunge legen) der Tod nach spätestens zwei Minuten ein.
#131
Geschrieben 08. August 2005, 08:28
Dieser Kartenzocker-Film mit einem unvergleichlich guten Steve McQueen und einem eindrucksvollen Edward G. Robinson leistet gute Dienste dabei, zu erklären welchen Bedeutungswandel der Begriff der "coolness" durchgemacht hat.
Heute muss man dafür
1) hippe Styles kicken – entweder krasse Seventieshemden oder casualle "urban" Streetwear.
2) möglichst viel reden, oft "nigguh", "fuck" oder sonstwas sagen.
3) derbe Frisuren representen – wenn's geht gefärbt.
4) kiffen.
5) mit Pistolen rumfuchteln.
6) für alles Desinteresse zeigen.
7) alle anderen wie Scheiße behandeln.
Steve McQueen in CINCINNATI KID
1) trägt eine komische Öljacke und im Finale einen Anzug, der aussieht, als hätte er ihn zuletzt bei seiner Kommunion getragen.
2) er redet wenig und reißt keine Sprüche.
3) hat die typische Steve-Mc-Queen-Frisur.
4) er trinkt allerhöchstens Whiskey und auch das nicht zu oft.
5) – Keine Waffen in diesem Film.
6) hat ein ehrliches, einfaches Mädchen, glaubt an Ehrlichkeit und Freundschaft und alles, was er will, ist den Besten zu besiegen.
7) setzt sich für seine Frende ein und behandelt seine Gegner mit Respekt.
Ein schöner Film. Alle Filme in denen davon gesprochen wird, dass jemand gesagt hat, dass xyz wieder in der Stadt sei, und in dem Figuren Namen tragen wie "der scharfe Eddie" haben einen Platz in meinem Herzen. Sonst: Rip Torn und Karl Malden sind auch dabei und überzeugen vollends und Ann-Margret ist sexy as hell.
#132
Geschrieben 08. August 2005, 08:41
Meine Freundin liebt Klassiker – Filme mit Schauspielern wie z. B. Cary Grant, Spencer Tracy, James Stewart oder Katharine Hepburn. Deshalb haben wir am Samstag DESK SET gesehen oder – zu deutsch —EINE FRAU, DIE ALLES WEISS, eben mit besagter Hepburn und besagtem Tracy.
Ein lustiger, gemütlicher Film, der aufgrund seiner Thematik auch heute noch einiges von Interesse birgt: Tracy spielt so was wie einen Computerprogrammierer, dessen Erfindung, der EMMARAC, große Teile der Arbeit in Unternehmen übernehmen kann. Die Hepburn ist die Leiterin einer Telefonauskunft in der Firma, in der Tracy den neuen Computer einsetzen soll – in ihrer Abteilung. Natürlich verlieben sich beide, natürlich kann der Computer einen Menschen nicht ersetzen und natürlich wollte Tracy das auch gar nicht.
Es ist schon lustig, zu sehen, wie man sich 1957 einen Computer vorstellte – und das solch starintensives Kino heute wie eine Produktion des Ohnsorg-Theaters aussieht. Das ändert nichts daran, dass zwischen Tracy und der Hepburn die Funken nur so sprühen und dieser Film für einen Sonntag schlicht the right thing ist.
#133
Geschrieben 08. August 2005, 09:00
Endlich gesehen und die schmähliche Scharte ausgewetzt, die eine defekte Bootleg-DVD in meiner Filmbilanz verursacht hatte.
PTU ist ein Meisterwerk – nicht mehr, nicht weniger. Der Zuseher sollte sich aber von der Vorstellung verabschieden, einen nach konventionellen Mustern ablaufenden Thriller zu sehen zu bekommen. Johnnie To übt sich wie auch bei THE MISSION eher in der Dekonstruktion bestimmter typischer Thrillermotive und -tableaus.
Lam Suet ist Lo, ein Cop, der bei der Verfolgung eines Straßengangsters seine Dienstwaffe verliert. Simon Yam ist Kommanant der PTU, was wohl so etwas wie die Militärpolizei oder aber eine Spezialeinheit der Polizei ist, und verspricht Lo, ihm in dieser Nacht zu helfen, seine Waffe wiederzufinden. Die Suche der beiden führt sie durch einschlägige Adressen der Hongkonger Unterwelt, immer am Rande des Gesetzes entlang und immer haarscharf an der Enthüllung durch eine eifrige Kollegin von der Kriminalpolizei vorbei. Am Ende eskaliert das Drama in einem heftigen Shootout, mit dem niemand gerechnet hat.
Johnnie To löst diese Geschichte in fast statischen Aufnahmen auf. So hat man einen Film vor sich, der von Tableau zu Tableau springt und die Geschehnisse der Nacht als eine Verkettung von eigentlich unverbundenen Einzelaktionen darstellt. Die drei Hauptfiguren Lo, der Simon-Yam-Charakter und Lieh, die Polizistin, sehen immer nur einen Ausschnitt des Gesamtbildes. Und so entgeht ihnen schließlich auch Entscheidendes. Das Finale hat mit dem Rest des Films überhaupt nichts zu tun – wie sowieso viele Details und Figuren ebenso schnell wieder verschwinden wie sie aufgetaucht sind.
Tos Film begeistert vor allem formal: Die Bilder sind toll und leben von den Kontrasten von Schwarz und gleißendem Licht. Die Kamera widersetzt sich der "sprunghaften" Dramaturgie und schwebt schwerelos durch die Nacht. Die Atmosphäre kann man ein bisschen mit Manns COLLATERAL vergleichen, mit dem der Film zwar thematisch einiges gemein hat, der aber sonst in eine gänzlich andere Richtung geht.
Nicht ganz einfach, in ein paar Worten was Schlaues zu PTU zu sagen, ohne den falschen Eindruck zu erwecken. Am besten selbst gucken.
#134
Geschrieben 08. August 2005, 09:30
Puuh, ein Film, der die Aufgabe, darüber zu berichten, nicht gerade leicht macht, denn man muss ihn einfach selbst sehen – wenn man darüber schreibt, kann man eigentlich nur verlieren. Da ich aber gerade CINCINNATI KID gesehen habe und weiß, dass eine Niederlage von berückender Schönheit sein kann, versuche ich es doch:
OPERATION DANCE SENSATION nimmt trashige B-Actionfilme aufs Korn. Filme, in denen die Helden kernige Sätze sagen, immer rauchen, einen Dreitagebart haben und auf Namen wie "Atlas" oder "Jackson" hören. Filme, in denen harte Kerls gebrochen aus Vietnam zurückgekehrt sind und in Nostalgie und Alltagstrott versinken.
O.D.S. nimmt die Gewaltbereitschaft dieser Actionhelden voll aufs Korn, macht sich darüber lustig, dass diese Muskelprolls ihrem Leben keinen anderen Sinn geben können, als zu killen und treibt den diesem Genre inhärenten Waffenfetischismus im Finale grotesk auf die Spitze. Dadurch, dass er das Actionheldendasein "veralltäglicht", ergeben sich großartige Situationen. Und wie die Gosejohanns ihren Heimatort zum amerikanischen Actionschauplatz umgestalten – bzw. das einfach unterlassen haben – ist schlicht zum Schießen.
Für einen "Amateurfilm" ist O.D.S auch technisch wirklich beachtlich. Mit Schnitt und Kameraarbeit ist es den Machern ausgezeichnet gelungen, über die Begrenzungen des Budgets hinwegzutäuschen. Gegenüber CAPTAIN COSMOTIC haben sich auch die schauspielerischen Leistungen erheblich verbessert. Und der Soundtrack ist richtig gut! Und die Effekte, und die Gags und ...
Man könnte noch eine ganze Menge schreiben. Am besten trifft es aber: Mann, wie gerne wäre ich auf die Idee für diesen Film gekommen ...
#135
Geschrieben 09. August 2005, 17:06
meinen nächsten Eintrag wird es voraussichtlich erst Ende nächster Woche geben: ich weile nämlich ab morgen auf dem Fantasy Filmfest zu Köln, zu dem ich wieder mal eine Dauerkarte gelöst habe. Es gibt also viel zu tun nächste Woche und Beiträge zu folgenden Filmen:
KISS KISS BANG BANG
SIN CITY
THE SECRET ADVENTURES OF GUSTAVE KLOPP
CHRONICLES
SURVIVE STYLE 5+
MATANDO CABOS
ATOMIK CIRCUS
VARES: PRIVATE EYE
BOO
THE BIG WHITE
THE DARK HOURS
THE LAST SUPPER
UNA DE ZOMBIS
FEED
THE DESCENT
THE DEVIL'S REJECTS
ONE NITE IN MONGKOK
SOME
ARSENE LUPIN
DEATH TUNNEL
EYES OF CRYSTAL
THE ZODIAC
DEEPWATER
HELLEVATOR
EMPIRE OF THE WOLVES
BLOOD AND BONES
MAN THING
A BITTERSWEET LIFE
AB-NORMAL BEAUTY
PRIMER
THEY CAME BACK
THE PRESIDENT'S BARBER
GODZILLA:FINAL WARS
SATAN'S LITTLE HELPER
BOY EATS GIRL
DEAR WENDY
Bis dann
#136
Geschrieben 18. August 2005, 16:58
Wie versprochen gibt es jetzt den Fantasy-Filmfest-Rundumschlag. Da ich keine Lust habe, zu jedem Film einen eigenen Eintrag zu schreiben, handle ich die Filme jetzt in einem längeren Text ab. Da ich mich zum Festival immer in einen schlimmen Nerd verwandle, gebe ich auch ganz im Unterschied zu meinen sonstigen Gewohnheiten hübsche bunte Noten.
Zu meinen Bewertungskriterien: Ich bewerte von 0 (Müll) bis 10 (Meisterwerk). Da ich lieber feinere Abstufungen bei guten Filmen mache, fängt schon bei etwa 3 Punkten das positive Spektrum an. 3 Punkte bekommt ein durchschnittlicher Film, der zwar gut gemacht ist, aber halt nix Neues bietet. Ab 4 Punkten würde ich von einem guten Film sprechen.
Genug der langen Vorrede auf geht's:
Eröffnungsfilm war KISS KISS BANG BANG, dem neuen bzw. ersten Film von Shane Black, der bisher als Drehbuchautor von LETHAL WEAPON, LAST BOYSCOUT und LONG KISS GOODNIGHT aufgefallen ist. KISS KISS ist seine Rückkehr nach langjähriger Abstinenz und ein feines, unterhaltsames und pointiertes Filmchen mit einem wirklich tollen Robert Downey jr. in der Hauptrolle. Grandiose Dialoge, selbstreflexiver Humor, der nicht nervt, und die Black-typischen eruptiven Gewaltsausbrüche sind die Trademarks dieses hübschen Hollywood-Films. Das ist doppelsinnig gemeint. Einziges Manko: Inhaltlich wird hier nicht gerade das Rad neu erfunden, sondern ein etwas abgedroschenes Film-Noir-Thema abgespult. 5 Punkte.
SIN CITY ist ein harter Brocken: Formal absolut einzigartig, macht der Film es ein wenig schwer, sich den Figuren emotional zu nähern. Alles ist so überstilisiert, dass man eigentlich nicht von menschlichen Carakteren sprechen kann. Aber Rodriguez und Miller ziehen ihr Ding wirklich konsequent durch und das ist das beeindruckende dieses eigentlich extrem unkommerziell wirkenden Films. Das liegt nicht nur an der Gewalt und dem nackten Fleisch, sondern vor allem in der Erzählhaltung begründet: Alle drei Stories werden nahezu ausschließlich über voice-overs kommentiert, was vor allem in der Mickey-Rourke-Episode ein wenig ermüdend und monoton wirkt, aber sehr gut zur Atmosphäre passt. Leider erwischte mich am ersten Tag direkt eine kleine Müdigkeit, so dass ich in der finalen Episode mal etwas weggedöst bin. Würde ich gern bald noch einmal sehen. 7 Punkte.
THE SECRET ADVENTURES OF GUSTAVE KLOPP: Einer meiner Geheimtipps des Festivals. Eine Komödie, der man wahrscheinlich gern das Adjektiv "skurril" zuteilen möchte, die das aber nicht verdient hat. Denn dieser Film über einen narkoleptikeschen Comiczeichner ist viel mehr als nur ein Film zum ablachen. Das Ende ist dann auch beinahe tragikomisch. Ganz toll ist Benoit Poelvoorde, den viele aus MAN BITES DOG kennen dürften, der hier einen dilettantischen Karatetrainer und Jean-Claud-van-Damme-Verehrer spielt. Schön! 5 Punkte.
CHRONICLES: Relativ belangloses, wenngleich nicht schlechtes Thrillerchen um einen südamerikanischen Kindermörder und ein Fernsehteam, das die große Story wittert. Vielleicht etwas unterbewertet von mir, aber irgendwann verlor sich der eigentlich gut gemachte Film doch etwas in den vielen Dialogszenen. 3 Punkte.
SURVIVE STYLE 5+ ist ein japanischer Film, der die Geister scheiden wird: Neben der unfassbaren Ausstattung dieses Films begeistert er mit unzähligen schrägen Einfällen, Gags, Plots und Subplots und mit Vinnie Jones als britischem Auftragskiller, der seine Opfer mit unnachahmlichem Slang zu fragen pflegt: "What's your function in life?" Insgesamt muss man sich dann aber doch fragen, ob hinter diesen ganzen tollen Einfällen auch irgendwas versteckt ist, denn der größere Sinn des Treibens will sich nicht so recht erschließen. Da wäre mehr drin gewesen. 4 Punkte.
MATANDO CABOS ist so ein Film der einem eigentlich ein bisschen Leid tun muss: Sicherlich alles andere als schlecht aber einfach 10 Jahre zu spät. Krimikomödien um Verwechslung, Verstümmelung u.ä. gespickt mit "schrägen" Charakteren, kann ich einfach nicht mehr sehen. Auch dann nicht, wenn sie so gut gemacht sind wie MATANDO CABOS. SNATCH war sicher der letzte Fim dieser Art, den man gutheißen konnte. 2 Punkte.
ATOMIK CIRCUS: Hier fällt die Wertung schwer, denn die zweite Hälfte des Films habe ich komplett verpennt. Dennoch muss die Frage erlabt sein, was sich die Macher dabei gedacht haben: Ein Südstaaten-Kaff in den Sümpfen, in dem Vanessa Paradis das lokale Sangesmäuschen ist, wird von einer Alien-Invasion bedroht, der sich Jason Flemyng als erfolgloser Stuntman entgegenstellt. Als Trashfilm wäre das sicherlich spaßig gewesen, doch leider ist ATOMIK CIRCUS dafür dann wieder zu normal. Benoit Poelvoorde spielt hier auch wieder mit. 1 Punkt.
Tag 2 begann mit dem okayen finnischen Krimi VARES: PRIVATE EYE. Eigentlich auf Fernsehniveau, sorgten die finnischen Charaktere und der entsprechende Lokalkolorit doch für so viel Unterhaltung, dass man sich nicht übermäßig langweilen musste. 3 Punkte.
BOO war dann der erste große Müllhaufen des Festivals. Ein Horrorfilm, in dem wirklich gar nix funktionierte, noch nicht mal die billigsten Schocks haben gesessen. Ganz, ganz mies. Lediglich das eigentlich recht eklige Setting wusste einigermaßen zu gefallen, sonst war aber von Drehbuch bis hin zu den wirlich unfassbar miesen Schauspielern alles Scheiße. 0 Punkte.
THE BIG WHITE ist ein frecher FARGO-Nachzieher, natürlich ohne dessen Qualitäten auch nur annähernd zu erreichen. Es gilt ähnliches wie für MATANDO CABOS: Sowas braucht einfach kein Mensch mehr. Zwar sitzen die Gags und der Film war auch recht flott erzählt, aber wirklich ohne ein einziges Quentchen Substanz oder Tiefe. Da hilft auch die tolle Besetzung (Robin Williams, Holly Hunter, Woody Harrelson, Tim Blake Nelson) nix. 3 Punkte.
Und nochmal Rotz: THE DARK HOURS ist der Beweis, dass man Foren nicht trauen sollte, denn dieser strunzblöde Film wurde zum Geheimtipp hochgejubelt. Wer den Plottwist "Der ganze Film war nur die Todesfantasie der Hauptfigur, die in Wahrheit gerade im Sterben liegt" immer noch für "witty" hält, hat bei diesem Film sein El Dorado gefunden. Mir gehen solche pseudoschlauen Thriller nur noch auf den Geist. Und für "packende" Psychoduelle zwischen Psychopathen und Psychologen, bei denen der Böse nix besseres zu tun hat, als alberne Spielchen zu spielen, gilt dasselbe. 2 Punkte.
Da lobe ich mir doch Filme wie THE LAST SUPPER aus Japan: Zwar lockt die Story um einen Schönheitschirurgen, der auf den Geschmack von Menschenfleisch kommt, auch keinen mehr hinter dem Ofen hervor, aber hier ist es die Umsetzung, die den Film herausragen lässt: In slicken Bildern und einer seltsam ruhigen, teilnahmslosen Art erzählt, wird das blutige Treiben auf sehr merkwürdige Art ästhetisiert. Der Film wirkt aller Vordergründigkeit zum Trotz sehr entrückt. Nicht wirklich spannend oder gut, aber einfach anders. Vielleicht sogar ein bisschen unterbewertet von mir. 3 Punkte.
Und nochmal Schrott: UNA DE ZOMBIS aus Spanien leitete den äußerst schwach besetzen Samstag ein. Nerdige Horrorkomödie, die nach 15 Minuten ihr Pulver bereits verschossen hatte und auch durch Santiago Segura nicht mehr gerettet werden konnte. Ne halbe Stunde vor Schluss habe ich das Kino verlassen. 1 Punkt.
FEED von LAWNMOWER MAN Brett Leonard war ähnlich doof, wenn auch weniger dilettantisch. Aber eigentlich lebt auch dieser Film nur von seiner ekligen Prämisse, einer Art SE7EN-Spin-Off: Ein Psychopath mästet Frauen und lässt im Internet Wetten auf ihren Tod abschließen. Eklig ja, aber auch äußerst einfallslos und dumm. Und Brett Leonard hat in den letzten zehn Jahren wirklich gar nix Neues dazugelernt. 1 Punkt.
THE DESCENT von DOG-SOLDIERS-Macher Neil Marshall ist wirklich mal alles was ich bisher drüber gelesen habe: Blutiger Nerventerror von der ersten bis zur letzten Minute. Keine doofen Gags, kein Happy End. Hier wird die PITCH-BLACK-Grundidee jeglichen Ballasts befreit und einfach nur auf die Tube gedrückt. 6 Frauen müssen sich in einer Höhle einer mekrwürdigen unterirdischen Rasse erwehren, die großen Appetit hat. Klar, nicht alle Klischees werden gemieden, aber hier gibt es 90 Minuten lang Suspense und Gore. 6 Punkte.
THE DEVIL'S REJECTS ist für mich die größte Enttäuschung des Festivals. HOUSE OF 1000 CORPSES hat mir sehr gut gefallen, das hier war gar nix. Statt wieder in NATURAL-BORN-KILLEResken Gefilden zu graben und das mit 70er-Jahre-Horror zu verquicken, hat Rob Zombie diesmal allen Ballast über Bord geschmissen und ein Sequel gemacht, der das 70er-Jahre-Terrorkino 1:1 emuliert. Das wäre ja noch in Ordnung, doch leider ist ihm überhaupt keine Story mehr eingefallen. Stattdessen muss man sich am Ende, wenn die drei brutalen Serienmörder in den Freitod fahren (BONNIE & CLYDE lässt grüßen), noch eine Heroisierung dieser Unsympathen erdulden. Ich fand das einfach nur geschmacklos und daneben. Kackfilm. 2 Punkte.
MORTUARY vom ollen Tobe Hooper ist eine schöne Überraschung gewesen. Zwar kein richtig guter Film, kehr er mit diesem Zombiefilm so ein bisschen zu seinem Cannon-Stil zurück. Über weite Strecken ist MORTUARY ein Kinderfilm, um so deftiger wird es dann am Ende, als man dann feststellen muss, dass das doch kein Kinderfilm ist, sondern lediglich ein Horrorfilm mit kindlichen Hauptdarstellern. So kommt das alles doppelt fies. Schön auch, wie der Film die üblichen Spießigkeiten umschifft. Hier rauchen die Kinder, ohne dass es irgendwie kommentiert werden muss und einer der drei kindlichen Hauptdarsteller outet sich sogar! Nette Unterhaltung mit ein paar schönen Momenten. 4 Punkte
SOME aus Südkorea. Guter Polizeifilm, der angenehm unspektakulär ums Eck kommt, aber dennoch zwei Stunden gut unterhält. Erlesen gefilmt, tolle Musik, gute Darsteller. 5 Punkte.
ARSENE LUPIN: Strunzlangweilige Big-Budget-Historienverfilmung, die mich mit ihren an DER PAKT DER WÖLFE erinnernden Doofheiten schnell in den Schlaf der Gerechten getrieben hat. Sorry, aber dass ein französischer Meisterdieb, auch noch meisterhaft Kickboxen beherrscht, ist einfach nur eine beschissene Idee einfallsloser Drehbuchschreiber. Den Hauptdarsteller fand ich widerlich. 1 Punkt.
Das Kurzfilmprogramm GET SHORTY war eine Unverschämtheit! 0 Punkte.
GODZILLA: FINAL WARS: Ja, man hat viel darüber gelesen, über Ryuhei Kitamuras Godzillafilm. Monsterfans ärgern sich darüber, dass Big G zu wenig auftaucht und generell zu wenig Monsteraction gezeigt wird. Das kann man so sehen, ich hatte aber dennoch großen Spaß mit diesem bunten Film, der mit 125 Minuten aber auch gut und gerne 20 – 30 Minuten kürzer hätte sein dürfen. 4 Punkte.
DEEPWATER: Zunächst dachte ich, dass sei ja doch ein ganz netter, wenn auch gänzlich unspektakulärer und unnötiger Film. So ein bisschen die Billigversion von U-TURN, aber immerhin mit Peter Coyote und Michael Ironside. Doch dann kam der geniale Plottwist ... 1 Punkt.
EYES OF CRYSTAL ist ein italienisch/spanisch/englisch produzierter Giallo, der nix Besonderes bietet, aber alle Giallo-Ingredienzen zu einem stimmungsvollen Gebräu vermischt. Die Atmosphäre stimmt, die Darsteller überzeugen, die Morde sind recht fies. Da gibt es nix zu meckern. 5 Punkte.
EMPIRE OF THE WOLVES vom KISS OF THE DRAGON-Regisseur Chris Nahon hat mich ganz unvorbereitet erwischt: Ich dachte, dass sei wieder so ein einfach gestrickter, furioser Actionfilm, doch Nahon geht sehr viel ambitionierter zu Werke und das steht seinem Film sehr gut. Ein ernster und komplexer Cop-Thriller, der eher durch seine verschachtelte, ausladende Geschichte überzeugt als durch vordergründige Action. 6 Punkte.
BLOOD AND BONES war neben DEVIL'S REJECTS die größte Enttäuschung des Festivals. Von diesem japanischen Familienepos mit Kitano hatte ich viel erwartet und fast nix bekommen. Obwohl: Es ist schon beeindruckend, dass man einen zweieinhalbstündigen Film sieht und danach den Eindruck hat, keine einzige der handelnden Personen kennengelernt zu haben. Emotionale Bindung gleich Null. 2 Punkte.
Brett Leonards zweiter Festivalstreich ist die Marvel-Verfilmung MAN THING, die auch niemanden zu Begeisterungsstürmen veranlassen sollte. Die übliche Ökohorrorstory um fiese Unternehmer, die ein indianisches Naturheiligtum zerstören und so die Rache eines gehiemnisvollen Monsters heraufbeschwören.
Das Monster sieht sehr gut aus, die Effekte sind ordentlich und der Film profitiert sehr von seinem gruseligen Sumpf- und Mangroven-Setting. Im Grunde aber langweilig. 2 Punkte.
A BITTERSWEET LIFE aus Südkorea ist ein wunderschöner Film um einen Auftragskiller, der sich plötzlich seinem einstigen Auftraggeber gegenüber sieht. Der Film vereint gekonnt ernste und lustige Momente und begeistert mit tollen Bildern. Inhaltlich gibt es nix Besonderes, aber das geht schon in Ordnung, wenn sonst alles stimmt. Südkorea rockt. 6 Punkte.
Oxide Pangs AB-NORMAL BEAUTY ist ein zweischneidiges Schwert: Die erste Hälfte ist toll, toll gefilmt, toll erzählt, alles. Doch die zweite Hälfte will sich mit der ersten einfach nicht homogen zusammenfügen. Das Ende ist platt und die Entwicklung der Geschichte ist streng genommen fast antiklimaktisch. Schade. 4 Punkte.
PRIMER muss ich unbedingt nochmal sehen. Mit Untertiteln. Denn dieser Film besteht fast ausschließlich aus Dialogen, die leider aufgrund DV und nuscheliger Aussprache schwer zu verstehen sind. Es ging um Wissenschaftler, die eher durch Zufalle eine Zeitmaschine bauen und sich nach einem Selbstversuch mit ihren zeitversetzten Doubles herumplagen müssen, die ganz eigene Pläne haben. Ein irgendwie faszinierender, wenn auch eigentlich filmisch völlig unscheinarer Film. Ein Highlight. 7 Punkte.
THEY CAME BACK veranlasst mich zu einer ähnlichen Aussage, wenn hier auch nicht alles stimmte. Ein Zombiefilm ohne Zombies, so könnte man die Prämisse umschreiben. Die Toten kehren zurück, keiner weiß warum, aber sie müssen wieder in die Gesellschaft integriert werden. Ob das so einfach geht? Auch eher ein philosophischer, ruhiger Film, der viele Fragen aufwirft und gruselig ist, obwohl er das eigentlich gar nicht ist. Das meiste spielt sich im Kopf des Betrachters ab. Der Film ist leider einen Hauch zu lang und unterwirft sich am Ende unnötigerweise einer herkömmlichen Spannungsdramaturgie, die einfach nicht funktioniert. 6 Punkte.
THE PRESIDENT'S BARBER: Sehr schöner, lustiger und ruhiger südkoreanischer Film, der nichts Spektakuläres vollbringt aber dafür auch nichts falsch macht. Der Hauptdarsteller von SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE und JSA mal in einer ganz anderen Rolle. Und siehe da: auch hier brilliant. 5 Punkte.
BODY CONFUSION: Spanische TRUMAN SHOW-inspirierte Komödie um eine Filmfigur, die feststellt, dass sie nur gespielt ist. Bin nach dreißig Minuten gegangen, war langweilig. 1 Punkt.
Jeff Lieberman is back! Ob das so gut ist, muss jeder nach Sehen von SATAN'S LITTLE HELPER selbst entscheiden. Ich für meinen Teil hatte meinen Spaß mit diesem kleinen bösen Slasherfilm um einen Jungen, der an Halloween an einen Killer gerät, den er für den Teufel aus seinem Lieblingsvideospiel (siehe Titel) hält. Amanda Plummers Karriereknick manifestiert sich eindrucksvoll im Mitwirken in diesem Film, der unglaublich billig aussieht und an Liebermans Perlen nicht annähernd heranreicht. Verglichen mit anderem Horrorschrott ist das hier aber irgendwie charmant. 3 Punkte.
BOY EATS GIRL ist eine kleine Zombie-Teenie-Splatterkomödie, die sich von vergleichbarem Amischmutz darin unterscheidet, dass sie aus Irland stammt. Das tut dem Film sehr gut und rettet ihn vorm Absaufen. Ich habe mich ganz gut amüsiert. Ein schöner Timewaster zum Sixpack. 4 Punkte.
Absolutes Highlight des Festivals war dann aber doch der Abschlussfilm DEAR WENDY von Thomas Vinterberg nach einem Script von Lars von Trier. Es geht um Waffenfetischismus, Macht und Kontrolle und die Story ist in einem der Zeit enthobenen Paralleluniversum angesiedelt: einem kleinen Bergbaustädtchen, dass nur aus einem einzigen Platz zu bestehen scheint, der mehr als einmal an FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR erinnert. Rasant erzählt und inszeniert, begeistern vor allem der fantastische Voice-over von Hauptdarsteller Jamie Bell und der zwar kritische aber niemals predigende Ton sowie der Humor den der Brite wohl als tongue-in-cheek bezeichnen würde. 8 Punkte.
#137
Geschrieben 19. August 2005, 12:00
Johnnie Tos vorletzter Film macht schon in den ersten Sekunden unmissverständlich klar, dass man gerade im Begriff es, etwas Großes zu sehen. In einer ca. achtminütigen, ohne Schnitt gefilmten Sequenz, brennt To gleich zu Beginn ein absolutes Actionfeuerwerk ab, als sich Gangster und Polizisten einen Shootout auf offener Straße liefern. To gelingt es von der Entwicklung dieser Schießerei bis zu ihrem Ausgang mehrere Parteien einzufangen und ein Geschehen zu erfassen, dass sich auch noch auf zwei Ebenen (bzw. Etagen) erstreckt. Obwohl To Schießereien fast nur statisch in Schuss-/Gegenschussaufnahmen auflöst erreicht er durch seine virtuose Choreographie eine unheimliche eigene Dynamik.
Die Story steht diesem Stil in nichts nach: Als Bilder auftauchen, die während des oben erwähnten Shootouts entstanden sind, und einen Polizisten zeigen, der mit erhobenen Händen auf die Knie geht und um Gnade fleht, geht ein Aufschrei durch Hongkong: Die Stadt sei nicht mehr sicher, die Polizei böte keinen ausreichenden Schutz mehr. Die aufstrebende Polizistin Fong hat die rettende Idee: Die flüchtigen Gangster müssen in einer für die Medien perfekt inszenierten Show unschädlich gemacht werden. Dieser Plan resultiert in einem Kampf, in dem sich in einem Hochhaus mehrere Polizeieinheiten und zwei Gangstergruppen gegenüberstehen und ihren Konflikt sowohl mit Waffengewalt als auch durch die geschickte Manipulation der Medien austragen.
Nach PTU geht To wieder etwas kommerziellere Wege, dennoch weiß BREAKING NEWS zu jeder Sekunde mit genialen Einfällen und einem sauber konstruierten Drehbuch zu begeistern. Der Medien-Subplot hält einiges bereit, was über bloße Action hinausgeht, und der Actionteil wird noch durch atemlose Spannung befeuert. Tos Einsatz von Splitscreens macht hier ausnahmsweise wirklich mal Sinn und ist nicht bloß hippes Gestaltungselement. To-Fans und PTU-Verehrer werden Spaß an einem wiederkehrenden Motiv haben, denn To geht auch in BREAKING NEWS wieder seiner Handy-Obsession nach. So entlarvt er hier das kleine Schnurlose als Medium, dem man nicht immer trauen sollte.
Ein pointiertes, fanastisches Ende setzt diesem Highlight noch die Krone auf. Riesen-Actionkino mit Tiefgang.
#138
Geschrieben 22. August 2005, 16:58
Dieser Film von Terry Gilliam gilt ja als einer der gigantischsten Flops der Kinogeschichte und wird gern heranzitiert, wenn es darum geht, entweder Terry Gilliams miesen Ruf in Hollywood zu begründen, oder aber einen misslungenen Film von ihm zu nennen.
Über die (Budget)Probleme von MUNCHAUSEN kann ich nix sagen, zu dem Vorwurf, der Film sei misslungen, aber sehr wohl: Totaler Unsinn! Wie auch alle anderen Gilliam-Filme zeichnet sich MUNCHAUSEN durch fantasievolle Inszenierung, wunderschöne Settings, Liebe zum Detail und zur Fabulierkunst, wahrlich magische Momente und tolle Schauspieler aus. Zu bewundern sind etwa Eric Idle als superschneller Berthold, Robin Williams als König des Mondes (großartige De-Niro-Mafiosi-Persiflage), Uma Thurman als Göttin Venus und Oliver Reed als ihren szenestehlenden Ehemann Gott Vulkan. Die Szene, in der Munchausen (John Neville) sich von Venus zum Tanz bitten lässt, lässt auch die härtesten Männerherzen
erweichen.
Kritisch anzumerken ist über diesen Film höchstens, dass er in punkto Substanz nicht ganz an andere Gilliam-Werke herankommt. MUNCHAUSEN ist in erster Linie ein Märchenfilm, auch wenn Gilliam-typische Themen wie die realitätsstiftende Funktion von Imagination und Narration natürlich auch wieder eine Rolle spielen.
#139
Geschrieben 22. August 2005, 17:16
Von Wes Craven produzierter Horrorfilm von Robert Harmon, den viele bestimmt als Regisseur von HITCHER – DER HIGHWAYKILLER kennen. Wie so oft, ist das hier ein Film, der in den USA überwiegend verrissen wurde, in Wahrheit aber gar nicht so schlecht, sondern sogar ganz gut ist.
Kinder haben Angst vor der Dunkelheit. Zurecht, denn im Dunkeln lauern garstige Kreaturen. Was wäre, wenn es diese Kreaturen tatsächlich gäbe und sie Jahre später ihre "markierte" Beute von Einst holen wollten? Das ist die Prämisse des Films. Zugegeben, das ist weder besonders plausibel noch wahnsinnig originell, was der Film daraus macht ist aber durchaus sehenswert. Statt auf flashige Schocks und grellen Gore zu setzen, bemüht sich Harmon, nach und nach eine bedrohliche Stimmung aufzubauen.
Das Ende kommt sehr unvermittelt und überraschend und ist wie der Rest des Films vor allem deshalb so effektiv, weil er gemessen an den Gimmickschlachten, die man sonst zu sehen bekommt, so angenehm unspektakulär ist. Mit knapp 80 Minuten hat THEY auch genau die richtige Länge, um nicht zu nerven oder zu langweilen.
Solche Filme sind heute selten, was für mich ein Grund mehr ist, mich über diese kleine Entdeckung zu freuen. Ein kleiner Tipp: Ich habe die DVD für 6,99 bei real erstanden, vielleicht habt ihr ja Glück und erwischt auch noch eine.
#140
Geschrieben 24. August 2005, 12:44
Phänomenal! Die Liste von Filmen, deren Titel man auf eine goldene Silbertafel meißeln möchte, ist zwar lang, doch wer ca. 500 Filme im Jahr schaut, der weiß, dass die echten Umhauer sich dann doch eher rar machen. Eigentlich fast ein Grund zur Abstinenz. Vielleicht doch nur dreimal im Jahr ins Kino und dann von BUTTERFLY EFFECT total umgeblasen werden? Nee, is schon in Ordnung so. Es gibt sie ja dann doch noch, die Filme, bei denen man nach kurzer Zeit weiß, OK, das ist wieder so einer, ein Film für die Ewigkeit.
KEKEXILI (internationaler Titel: MOUNTAIN PATROL) macht mal wieder deutlich, was der olle Hitchcock meinte, als er sagte, man solle beim Film möglichst auf Dialoge verzichten, schließlich ginge es um die Bilder. Was KEKEXILI in dieser Hinsicht bietet ist dann auch schlicht atemberaubend und sagt tatsächlich mehr als 1000 Worte. Zur Handlung: Die tibetanische Antilope ist vom Aussterben bedroht. Wilderer haben den Bestand dieser Tiere in nur wenigen Jahren von über einer Million Exemplare auf unter 10.000 dezimiert. Alles wegen des kostbaren Fells. Die Mountain Patrol, eine Gruppe unentgeltlich arbeitender, freiwilliger Männer hat sich zur Aufgabe gemacht, die Wilderer zu fangen und die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. Ein Reporter aus Peking schließt sich ihnen an, kurz bevor sie wieder auf die Jagd gehen wollen: Einer ihrer Leute wurde von den Wilderern ermordet. Die Jagd führt sie in das unwirtliche Bergland im Himalaya, eben Kekexili genannt, immer auf den Fersen der Wilddiebe. Doch nur einer wird in seine Heimat zurückkehren.
Die Story ist einfach und beinahe emblematisch für das Genre des Abenteuerfilms. Doch durch die unglaublichen Bilder und die fantastische Atmosphäre wird dieser Film zum metaphysischen Gleichnis. Mensch gegen Mensch und Mensch gegen Natur – zwischen diesen beiden Polen spielt sich das Drama des Films ab. Doch auch politische Aspekte tauchen kurz auf. Der Regisseur steckt sein Themengebiet sehr geschickt ab, ohne zu viel zu sagen. Am Ende sind es eben die Bilder, die klarmachen, wo es lang geht. Und die sind wirklich unglaublich: Selten (nie?) habe ich solch eindrucksvolle Naturbilder gesehen. Jedoch ist diese Natur nicht einfach nur schön, sondern zutiefst ambivalent. Denn das, was vordergründig malerisch-idyllisch daherkommt, kann im nächsten Moment schon auf unbarmherzige Weise die Zähne zeigen. So ist es dann in KEKEXILI auch nicht der Kampf Mann gegen Mann, der die meisten Opfer fordert, sondern die schiere Übermacht der Natur. Es ist schwer, die Faszination, die von dem Film ausgeht, zu beschreiben, man muss diese unfassbaren Bilder selbst sehen. Die Reaktionen reichten bei mir von andächtigem Staunen bis hin zu ehrfürchtigem Erschauern. Seit IRREVERSIBLE hat kein Film mehr solch eine Wirkung hinterlassen. Mein Gott, ist das schon wieder lange her ...
Wen's interessiert: KEKEXILI beruht auf wahren Begebenheiten. Die Mountain Patrol, aktiv von 1993 – 1996, war erfolgreich, der Bestand der Antilopen wächst wieder.
#141
Geschrieben 25. August 2005, 11:58
Diesen Film habe ich lang gesucht, hatte ich doch viel Gutes über ihn gehört. So war ich auch entsprechend neugierig. Die DVD war mir immer zu teuer, aber Saturn hat Erbarmen und schmeißt die DVD derzeit zum Dumpingpreis von 6,99 raus. Ein Hoch auf den Kapitalismus!
"Der härteste Gangsterfilm aller Zeiten!" prangt bescheiden auf dem Cover – nun ja, das kann man so sehen, wenn man sonst keinen Gangsterfilm gesehen hat. Aber egal, man weiß ja, dass Klappentextautoren meist mit dem Klammerbeutel gepudert sind, von daher schockt mich solch grober Unfug sowieso nicht mehr. Der rätselhafte Beginn macht ein Verständnis zunächst schwierig: Finstere Gesellen tauschen Geld aus, stecken sich was in die eigene Tasche, dann wird ein Bier drauf getrunken, ein paar Häscher kommen, machen "buh" und schwupps schon liegen zwei Leichen zur Erbauung der Landbevölkerung am Straßenrand. Wer und warum bleibt jedoch unklar. Nächste Szene: Zwei Typen sitzen in einem Straßencafe, der eine gibt dem anderen irgendwelche Baupläne, eine trauernde Frau (sie trägt schwarz) kommt an und rotzt dem einen beherzt in die Visage. Ein Mann mit Schnurrbart beobachtet alles.
Ich dachte nach diesem Beginn schon, ich müsste meine Festplatte neu booten, aber gottseidank löst sich dann im Verlaufe des Films doch noch alles in Wohlgefallen auf. Man soll den gar nicht raffen, den Anfang!
Was gibts noch zu sagen? THE LONG GOOD FRIDAY erzählt die Geschichte von Harold Shand, einem Gangster, der sich seit Jahren bemüht, seine kriminelle Vergangenheit zu begraben und ein seriöser Geschäftsmann zu werden. Das ist nicht so einfach und Harold laviert so am Rande der Legalität herum. Sein neuester Coup soll London zur europäischen Hauptstadt machen und wird von ihm vor Investoren und Freunden als "historisches Ereignis" angekündigt. Einmal soll die Mafia noch helfen, dann ist Schluss mit dem Verbrechen. Doch irgendjemand scheint beschlossen zu haben, dem guten Harold einen langen Karfreitag zu bescheren – siehe Filmtitel.
Es ist die alte Geschichte: Die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach ablegen – und manchmal wird man von ihr eingeholt. Das klingt nun nicht besonders spektakulär, doch das tolle Drehbuch und ein ausgezeichneter Bob Hoskins veredeln das Gangsteropus. Hoskins ist ja eh so ein Schauspieler, an dem ich mich nicht sattsehen kann. Vielleicht liegt das auch daran, dass er sich ja doch recht rar macht. Während Schauspieler wie Christopher Walken, Dennis Hopper oder Gary Oldman ihren Kredit durch das Ausreizen ihrer Rollenklischees in doofen Filmen verspielt haben, kann Hoskins sein nun auch nicht gerade gewaltiges Spektrum auch heute noch überzeugend abdecken – siehe zuletzt etwa in UNLEASHED. Hier spielt er den tumben Gossenproleten dessen Ambitionen einfach eine Nummer zu groß für ihn sind, der immer noch nach dem Gesetz der Straße handelt, obwohl er doch längst in einer ganz anderen Liga mitspielt. Wie Tony Montana oder Carlito Brigante wird er am Schluss zur tragischen Figur. Und wer der letzten Szene beiwohnt,
wird unweigerlich Kiefer- und Kopfschmerzen bekommen: Harold Shand hätte die Straße besser nicht verlassen, denn was sich für ein Druck in ihm aufgestaut hat, lässt seine Migräne verursachende Mimik nur erahnen.
Was noch: Helen Mirren ist "heiß wie ein Knallfrosch" und hat Beine vom Arsch bis zum Boden und Pierce Brosnan als irischer Killer (in den Credits "Irishman No. 1") sieht aus, als sei er noch nicht ganz trocken hinter den Ohren. Eddie Constantine spielt auch mit, darf sich am Ende wüst von Harold beschimpfen lassen und erinnert ein bisschen an Boris Karloff.
Toller Film.
#142
Geschrieben 25. August 2005, 12:31
Britische Gangster, die Zweite. Diesen Film habe ich vor einigen Jahren auf dem FFF gesehen (2000?) und war einigermaßen weggeblasen. Gestern nach einigen Anläufen seit langem mal wieder komplett gesehen. Eindruck: Ein immenser Hassklumpen, dieser Film, mit kleinen Schönheitsfehlern, die ihn aber dann direkt noch interessanter machen.
Malcolm MacDowell als Londoner Unterweltgröße erfährt in der ersten Szene, dass Freddie Mays aus dem Knast entlassen wird. Diese Nachricht leitet dann eine laaange Rückblende ein, die seinen Aufstieg als Henchman von Freddie Mays, dem "Butcher von Mayfair", bis zu dessen Ende im Knast und der folgenden "Selbstständigkeit" erzählt. Der namenlose Charakter von McDowell – in den Credits heißt er nur "Gangster 55" – wird 1968 unter die Fittiche des berüchtigten Unterweltbosses genommen. Bald schon wird er vom Größenwahn und der Machtgier übermannt: Er will die Position seines Bosses einnehmen, koste es, was es wolle. Auch unlautere Mittel sind ihm Recht und so hat er erheblichen Anteil an der Inhaftierung von Mays.
Dreißig Jahre später treffen die beiden wieder aufeinander: Das schnieke Appartement Mays' bewohnt jetzt der Gangster. Doch der Butcher wird keineswegs von Rachegelüsten geplagt: Er will nur noch seine wiedererlangte Freiheit genießen. Dem Gangster 55 steht ein einsamer Tod bevor, sein Ruhm ist wertlos.
GANGSTER NO. 1 von Paul McGuigan leidet ein bisschen unter dem harten Bruch zwischen den ersten beiden und dem letzten Akt. Wird in den ersten 80 Minuten der Werdegang des Gangsters geschildert, sein Aufstieg vom kleinen Gauner zum unangefochtenen Herrscher der Londoner Unterwelt , treffen die alten Kontrahenten erst in den letzten 20 Minuten wieder aufeinander. In der von MacDowell äußerst intensiv und expressiv kommentierten Rückblende gibt Paul Bettany den "Young Gangster", der sich mehr und mehr als gewissen- und seelenloser Psychopath outet. Nachdem er dem Anschlag auf seinen Boss und dessen Geliebte tatenlos zugesehen hat, richtet er mit äußerster Brutalität den Verantwortlichen hin: Diese Szene hätte auch gut in eine originalgetreuere Verfilmung von AMERICAN PSYCHO gepasst. Je mehr der Young Gangster vom Wahnsinn gepackt wird, umso heftiger betrifft das auch die Inszenierung: McGuigan arbeitet mit zahlreichen Verfremdungseffekten, die einen ziemlich verstörenden Effekt haben und GANGSTER NO. 1 zu ziemlich hartem Brot machen. Keine Spur also von Guy-Ritchieeskem-Gangstergepose.
Im letzten Akt sind diese Brutalität und der schiere Wahnsinn dann nicht mehr zu toppen. Und der Film steht vor dem Problem, eine absolute Hassfigur als Protagonisten zu haben. Nur schwarzer Humor kann das durchaus tragische Ende des Films herbeiführen: Der Gangster will doch nur, dass er ebenso beneidet wird vom Butcher, wie er ihn einst bewunderte. Doch der Butcher hat mit der Vergangenheit abgeschlossen. Der Gangster ist ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit, an ihm will sich niemand mehr die Hände schmutzig machen. Malcolm MacDowell overactet sich fast ins Koma und der kaltblütige Massenmörder wird plötzlich zur Witzfigur. Aber noch mehr Gewalt hätte wahrscheinlich auch ein Dimensionstor nach Brutalien geöffnet.
Ein eindrucksvoller Film mit einer Blut, Schweiß und Tränen verströmenden Besetzung: Malcolm MacDowell, Paul Bettany spielen ganz nahe am Wahnsinn vorbei und David Thewlis als Edelgangster habe ich noch nie so gut gesehen. Angucken!
#143
Geschrieben 27. August 2005, 08:55
Alle drei Filme der Fantomas-Reihe in einem Abwasch – es gibt eh nicht so viel dazu zu sagen.
Mir fehlte wahrscheinlich etwas der nostalgisch verklärte Blick auf die Reihe: Habe die Filme zum ersten Mal gesehen und hatte etwas mehr erwartet. Teil 1 ist ein eigentlich recht unspektakulärer Film. Der Superverbrecher Fantomas – von dem ich immer dachte, dass er ähnlich wie Bavas Diabolik eigentlich ein good guy ist – verdingt sich hier noch recht bescheiden als Juwelendieb. Held des Films ist Jean Marais als Journalist Fandor, Louis de Funes, von dem ich noch nie ein großer Fan war, gibt den Clouseau für Ärmere. Ganz nett, aber nix, was besonders auffällt.
Teil 2 ist schon etwas interessanter: Fantomas hat hier endlich echte Weltherrschaftsambitionen und einen ziemlich bescheuerten Plan, der einen Telepathiestrahler betrifft. Juve, der trottelige Polizist, den Louis de Funes spielt, tritt mehr in den Vordergrund, Fandor wird zur Nebenfigur. Die bunten Sixties-Dekors, die ich schon beim ersten Teil erwartet habe, gibts hier endlich: Fantomas Festung der Einsamkeit ist ein auf dem Grund des Meeres liegendes Superlabor. Es gibt ein paar gute Gags um Juve. Leider hat Louis de Funes hier eine andere Synchronstimme, an die man sich erst gewöhnen muss. Redet sein Sprecher mit Siegerländer Akzent?
Teil 3 gefiel mir zunächst am besten, lässt im Lauf der Spielzeit aber Federn. Der deutsche Titel (aber auch der Originaltitel FANTOMAS CONTRE SCOTLAND YARD) führt in die Irre, denn Fantomas' Plan ist eigentlich wieder recht harmlos: Er erpresst eine Art Lebensberechtigungssteuer von den reichsten Männern der Welt. Der Komödienanteil ist hier noch höher als in den Teilen zuvor: Louis de Funes hat viele Gelegenheiten, seine Albernheiten zum besten zu geben, Fandor findet fast gar nicht mehr statt. Zum Glück, möchte ich sagen, denn Jean Marais hat den schmierigen Charme eines bierseligen Kommunalpolitikers. Es jagt mir wirklich die Ekelherpes in den Nacken, wenn ich mir vorstelle, dass der zu seiner Zeit wahrscheinlich ein echter Frauenschwarm war. Brrr.
Insgesamt durchaus nette Unterhaltung, der aber doch das gewisse Etwas etwas fehlt. Der Einfluss der ROSAROTER-PANTHER-Filme ist überdeutlich – das fängt schon bei den cartoonesken Credits an. Man könnte durchaus von einem Rip-off sprechen ... Aber Louis de Funes ist nun mal kein Peter Sellers und Andre Hunebelle – der Regisseur – kein Blake Edwards. So kommt das Treiben über nette Unterhaltung nie hinaus – es fehlen einfach die Überraschungen. Das Gimmick der Reihe – Fantomas' Gesichtslosigkeit und sein Einsatz von Masken – trägt das ganze irgendwie nicht. Aus heutiger Sicht sind diese Verwechslungsspielchen allesamt recht vorhersehbar. Trotzdem OK.
#144
Geschrieben 27. August 2005, 09:10
Immer wieder großartig! Es dauert wirklich keine dreißig Sekunden, dann ist man dem Film auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und wird erst extrem kurzweilige 145 Minuten später beeindruckt wieder losgelassen. Und das funktioniert wirklich jedes Mal!
Ray Liotta, der auch erzählt, ist großartig als Mafiaemporkömmling und koksender Paranoiker – letzteres eine Rolle, die er danach wohl auch im Privatleben gespielt hat. Schön, dass er mit NARC ein Comeback feiern konnte. Joe Pesci gibt den unberechenbaren, jähzornigen Tommy, was ihm einen verdienten Oscar einbrachte. Ganz groß die Szene, in der er den Barjungen umnietet, weil der ein bisschen frech war. Robert De Niro ist als Jimmy Conway in einer seiner letzten guten Rollen zu sehen und bietet genau das, was man von ihm in einer solchen Rolle erwartet. Gegen Ende wird seine Figur immer unheimlicher: Man denke an die Szene, in der er Lorraine Bracco in eine dunkle Seitenstraße schickt ...
Es stimmt einfach alles: Der voice-over ist fantastisch, die Schauspieler allesamt on top of their game – neben den genannten kann man auch Paul Sorvino und einen extrem dürren Samuel L. Jackson sehen –, der Soundtrack deckt 30 Jahre Musikgeschichte ab, die Dekors und Outfits sind zum niederknien, Dialoge, Kamera, Schnitt ... Kurzum: alles großartig. Besonders toll ist die 10- – 20-minütige Paranoiasequenz gegen Ende des Films, die einem wirklich das Herz bis in den Hals schlagen lässt. Wo ist er denn, der Hubschrauber?
Einziger Schönheitsfehler ist das etwas abrupte Ende, das irgendwie unfertig wirkt. Vielleicht liegts aber auch nur daran, dass man nicht will, dass dieser Film zu Ende geht. Der könnte einfach ewig weiterlaufen.
#145
Geschrieben 28. August 2005, 09:21
In einem alten MAD–Heft gab es mal so einen Gag, der nannte sich "Ich und meine große Klappe" oder so ähnlich: Auf dem jeweils ersten Bild sah man immer, wie ein Typ großspurig eine Behauptung aufstellte, die ihm dann im zweiten Bild zum Verhängnis wurde. So ähnlich fühle ich mich heute: Nachdem ich in meinem Beitrag zu THREE 2 noch über Takashi Miike gelästert habe – auch ein bisschen aus Provokationssucht –, hat mir sein hierzulande aktuellster Film IZO doch wieder recht gut gefallen. Es kam auf jeden Fall dieses alte Miike-Feeling auf, dass ich zuletzt bei ICHI THE KILLER verspürt habe.
Ein bisschen wirr und artsy for its own good ist IZO aber trotzdem. Es geht um einen Samurai (eben Izo), der irgendwann hingerichtet wird (fiese Anfangsszene) und daraufhin als personifizierter Hass durch die Jahrhunderte stürmt, um alle, die sich ihm in den Weg stellen, niederzumetzeln. IZO ist ein einziger langer Bodycount: Der Hauptcharakter kann wirklich nichts anderes als zu töten, was schon bald absurde aber auch tragische Züge annimmt, IZO darüberhinaus aber auch zu einem der gewalttätigsten Filme überhaupt macht. Die Zahl der Toten erreicht hier locker eine dreistellige Zahl – und das, obwohl keine Schusswaffen zum Einsatz kommen.
Da das Ganze noch nicht abgefahren genug wäre, erzählt Miike den Film sehr verschlungen mit vielen Zeitsprüngen, äußerst künstlichen Dialogen, die sich philosophisch mit dem Wesen menschlicher Existenz befassen, unterschiedlichem Material und collagenhaften Montagen von Archivmaterial (marschierende Soldaten, Stralin, Hitler & Co., Bombenexplosionen und verkrüppelte Tiere) und lässt einen japanischen Singer/Songwriter den Film in Bild und Ton begleiten, dessen Darbietungen zum schrägsten gehören, was ich je gehört habe und dessen Texte überhaupt keinen Sinn ergeben.
Das ist alles durchaus anstrengend und auch ein bisschen ermüdend, aber immerhin so angenehm größenwahnsinnig und abseitig, dass man dem Film doch bis zum Ende die Stange hält. Aus philosophischer Sicht ist IZO recht interessant: Die Menschheit wird als hasserfüllt und agressiv charakterisiert, Wesenszüge, die Geschichte – die als Aneinanderreihung von Revolutionen bzw. Massakern interpretiert wird – überhaupt erst ermöglichen. Miike entwirft ein ziemlich desillusioniertes Bild der Menschheit und hält uns mit IZO den Spiegel vors Gesicht. Es gibt eine tolle Szene in einer Schule, in der er die Kinder im Unterricht, nach Begriffen wie "Liebe", "Nation" und "Demokratie" befragt, ziemlich aufmüpfige Antworten geben lässt, die aus dem Handbuch der RAF stammen könnten: Die Nation ist eine kollektive Illusion, die von den Mächtigen als Konstrukt zur Verwaltung aufrecht erhalten wird etc. Und die Gegner, die sich Izo in der Gegenwart in den Weg stellen, sind keine Samurai und Soldaten mehr, sondern Bänker in feinen Anzügen. Das ist mit Sicherheit nicht neu sondern fast ein bisschen klischeehaft, in unserer apolitischen Zeit aber dennoch recht erfrischend.
Ich könnte jetzt noch seitenweise weiterschreiben und hätte den Film wahrscheinlich immer noch nicht ansatzweise erfasst. Deshalb lasse ich es einfach bleiben. Takeshi Kitano spielt auch mit und hat auf einer der DVD beiliegenden Postkarte Adiletten an.
#146
Geschrieben 29. August 2005, 20:04
Park Chan-Wook, Chan Wook-Park oder wie man ihn nun auch nennen will, ist für mich ja einer der ganz großen Regisseure der letzten Jahre, der sich, was schiere Perfektion angeht, eigentlich nur hinter Hirokazu Kore-eda verstecken muss, der gleich zwei makellose Filme hintereinander abgeliefert hat. Nach dem immensen Hype um OLDBOY gibt es ja jetzt die ersten "Rebellen", die wie Spielverderber auf vermeintliche Schwächen hinweisen müssen. Wer OLDBOY als prätentiösen Trash entlarvt haben will, ein albernes und unrealistisches Finale gesehen zu haben meint, der übersieht, dass schon die Ausgangssituation von OLDBOY alles andere als realistisch ist.
Obwohl sich SYMPATHY deutlich roher als OLDBOY darstellt, gibt es auch hier wieder so einige Verzerrungen, die deutlich machen, dass wir uns nicht in einem realistischen Abbild Seouls bewegen, sondern im fiktiven Raum – da kann es dann auch vorkommen, dass auf Aufklebern für illegale Organtransplantationen geworben wird und die dazugehörigen Organhändler ihr Geschäft in zugigen Bauruinen vollziehen. Und um der Dramatik willen, muss der Vater dann nicht nur sein totes Kind identifizieren, wie man das aus Krimis ja kennt, sondern gleich der Autopsie beiwohnen. Man kann das natürlich als Effekthascherei und überkonstruiert diffamieren, aber geht es nicht auch darum beim Film?
Wer SYMPATHY genau verfolgt, dem wird auffallen, dass neben der Rachethematik, die ja auch OLDBOY wieder trägt, ein weiterer Text abläuft, der eigentlich der interessantere ist: Es geht um Realitätskonstruktionen und die tragischen Wendungen, die das Leben durch die Lücken innerhalb dieser Konstruktionen nimmt. Die Hauptfigur ist taubstumm und nimmt nur Ausschnitte der Realität wahr. Dass er einen Hilferuf nicht hört, ist Ursache für den dramatischen Umschwung des Films. Weiterhin: Vier Jugendliche onanieren auf das, was sie für das lustvolle Stöhnen einer Frau halten. In Wahrheit sind es die Schmerzensschreie eines schwer kranken Mädchens. Auch vor dem Zuschauer machen diese Täuschungen nicht halt: Das Ende kommt vor allem deshalb so überraschend, weil Personen eingeführt werden, deren Existenz vorher mehr als unwahrscheinlich war.
Es gibt fantastische Schauspielleistungen zu bestaunen, großartige Bilder, äußerst abseitigen Humor, der in einer Szene fast an die Farrellys gemahnt, und einige Szenen, die sich mit Sicherheit einprägen werden. Nach zweimaligem Sehen halte ich SYMPATHY sogar für stärker als OLDBOY, weil er eben doch etwas roher ist.
#147
Geschrieben 29. August 2005, 20:40
Und noch ein Film, der mit einem Spruch von Nerdguru Quentin Tarantino beworben wird: "the roughest revenge picture ever made" steht hinten auf dem Cover. Das kann man durchaus so stehen lassen, allerdings ist THRILLER trotzdem nicht richtig gut.
Dieser Rape-and-Revenge-Streifen stammt aus Schweden, wurde 1974 von Bo Arne Vibenius gedreht und ist laut IMDB der erste Film, der in seinem Herkunftsland verboten wurde. Die Story ist, wie eigentlich bei allen Vertretern des Subgenres, schnell erzählt: Eine Mädchen wird als Kind sexuell missbraucht. Schwer traumatisiert verstummt sie völlig und lebt zurückgezogen bei ihren Eltern in einem schwedischen Dorf. Als sie per Anhalter einen Ausflug in die Stadt machen will, erwischt sie einen Fahrer, der sie einsperrt, heroinabhängig macht und zur Prostitution zwingt. Nachdem sich das Mädchen ihrem Schicksal ergeben hat, beginnt sie schließlich, sich auf eine grausame Rache vorzubereiten.
THRILLER ist äußerst roh und nüchtern erzählt. Auch Dialoge gibt es logischerweise so gut wie gar nicht. Das macht den Film zwar zu einem recht intensiven Erlebnis aber auch zu einem ziemlich eintönigen. Dennoch muss man schon den Hut vor dem alten Schweden ziehen, denn soviel Mut zur Lücke ist schon beachtlich. Es fragt sich, welches Publikum denn damit angesprochen werden sollte. Eigentlich ist THRILLER ein Kunstfilm: Seine auffallendsten Stilmittel sind ausufernde Zeitlupenstudien in den Gewaltsequenzen, gegen die Peckinpah ein Wurm ist: Die längste Sequenz dauert runde vier Minuten, ohne Pausen! Von einem Vefremdungseffekt zu sprechen ist da ja schon fast untertrieben. Der Prostituiertenalltag wird durch saftige Hardcoreeinlagen äußerst anschaulich illustriert – zum beherzten Griff an die Nudel wird sich hier aber wohl kein Mann bemüßigt fühlen, jedenfalls hoffe ich das. Und der schönste Splattereffekt aus dem NEW YORK RIPPER, die genüssliche Spaltung eines Augapfels, wird in diesem Film ebenfalls vorweggenommen und darf durchaus als programmatisch betrachtet werden. Auch wenn die Vermutung, dass Vibenius das nur gemacht hat, damit seine Hauptdarstellerin für den Rest des Films mit ner coolen Augenklappe rumlaufen kann, irgendwie plausibler klingt.
Die extrem attraktive Christina Lindberg, die in den 70ern auch in einigen einschlägigen deutschen Sexfilmchen mitwirkte, darf sich hier zwischendurch auch mal angezogen austoben. Lustiger Lapsus der DVD: In ihrer Filmografie heißt es statt "Schulmädchen" konsequent "Schuldmädchen" – wusste gar nicht, dass Schweden so katholisch ist!
Alles in allem ein sehr interessanter, wenn auch nicht unbedingt guter Film. Definitiv mal was anderes und verstecken muss er sich hinter Filmen wie I SPIT ON YOUR GRAVE oder anderen eigentlich auch nicht. Wer spaßigen Trash oder unschuldige Exploitation erwartet, ist hier aber definitiv an den falschen Film geraten. Wie der Titel schon sagt: a cruel picture.
#148
Geschrieben 02. September 2005, 19:57
Der erste Kinofilm seit langem, den ich mir in der deutschen Synchronfassung angesehen habe. Gerade in den zahlreichen Gesangspassagen hätte ich mir dann auch lieber Untertitel gewünscht, denn der Gesang der Oompa-Loopmpas ist alles andere als Lippensynchron und die Reime etwas schmucklos. Es spricht für Tim Burton, dass das seinem Film dennoch nichts anhaben kann.
BIG FISH war zwar nach dem ultradoofen PLANET OF THE APES wieder eine Rückkehr zur gewohnten Burton-Qualität, aber dennoch m. E. alles andere als Burton-typisch. BIG FISH ist sehr viel "realistischer" und wärmer als andere Burtonfilme, die ja stets in einer Kunstwelt angesiedelt sind. Ich finde, BIG FISH ist fast so etwas wie der Burton-Metafilm: Er erklärt, welche Bedeutung Geschichten haben, wie Geschichten unsere Wahrnehmung von Realität prägen und verändern. Naja, und CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK ist wieder eine solche Geschichte wie die Geschichte vom Riesenfisch in BIG FISH eine gewesen ist.
Wie gewohnt hat CHARLIE den sehr künstlichen und irgendwie auch ein bisschen sterilen Burton-Look und ist in seiner Motivik stark im gothic horror verwurzelt. Willy Wonkas Schokoladenfabrik ist das Spukschloss, um das sich zahlreiche Legenden ranken und das die Neugierde und Fantasie der Menschen anstachelt. Das Dorf um die Fabrik ist eine ins Absurde gesteigerte Version britischer Arbeitervororte aus der Industrialisierungszeit, aus dem eben nur Willy Wonkas Fabrik und das Haus Charlies herausstechen, das auch in Sleepy Hollow hätte stehen können. Charlie ist der staunende Junge, der noch in der Lage ist, zu träumen, und Willy Wonka der Zauberer und Hexenmeister, der beweist, dass noch eine Welt hinter der uns sichtbaren existiert. Johnny Depp spielte schon in ED WOOD einen Träumer, der sich nicht von der Realität in Ketten legen lassen will, und zu dieser Rolle kehrt er als Willy Wonka zurück, nachdem er in SLEEPY HOLLOW den Skeptiker gab, der von der Präsenz des Übersinnlichen erst überzeugt werden musste.
CHARLIE UND DIE SCHOKOLADENFABRIK ist wunderbar, bunt, verschroben, wild, verrückt, witzig, traurig, anrührend, geistreich, böse, wahr und albern zugleich und weit mehr als nur ein Kinderfilm. Und ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut, die Burtonversion meiner Wahlheimat Düsseldorf in einem US-Film iedersehen zu dürfen. Riesenlacher ...
#149
Geschrieben 05. September 2005, 21:11
Der letzte Film von Altmeister Peckinpah gilt nicht gerade als sein Meisterwerk. Auch wenn geldgeile Produzenten und andere Ahnungslose ihm bei der Entstehung dieses Films mal wieder kräftig in die Suppe gespuckt haben (sollen), so sind sowohl das Genre des verstrickten, konstruierten Agententhrillers - hier aus der Feder von Vielschreiber Robert Ludlum - als auch der Kolorit der beginnenden achtziger Jahre einfach nicht der geeignete Nährboden für das exitenzialistisch geprägte Machokino, mit dem Peckinpah in den 60ern und 70ern berühmt wurde.
Dennoch: Betrachtet man THE OSTERMAN WEEKEND heute, so bleibt einem nichts anderes übrig, als erstaunt zu sein, wie Peckinpah das Thema der medialen Realitätskonstruktion aufgreift und im Rahmen eines Agententhrillers äußerst subtil umsetzt - lange bevor das Mitte/Ende der 90er richtig hip wurde. Die Ludlumsche Romanvorlage, die ich als Teenager mal gelesen habe, wird nur äußerst rudimentär und mit einigen radikalen Änderungen adaptiert: Man merkt schnell, dass Peckinpah an dem agentösen Versteckpiel der Vorlage kein echtes Interesse hatte.
Stattdessen konzentriert er sich ganz auf den Überwachungs- und Täuschungs-Subplot, den er in der ersten Szene kongenial einleitet. Eigentlich nimmt diese Szene, in der wir anscheinend aus Sicht einer Überwachungskamera erst das Liebesspiel des Agenten Fassett (John Hurt) mit seiner Frau und dann deren Ermordung beobachten, das Thema des ganzen Films vorweg. Das körnige Bild und die entsprechenden Verzerrungen sowie der Übergang zur nächsten Szene, in der die Kamera von einem Fernseher aufzieht und den Blick freigibt auf zwei Männer, die sich die oben beschriebene Szene auf Videoband ansehen, lassen eigentlich keinen Zweifel an der Echtheit der Bilder. Und doch müssen den geübten Seher die minutiösen Schnitte, die es ermöglichen, dass er nichts verpasst, verwundern. Sieht man hier wirklich eine "echte" Aufnahme oder wird der Zuschauer an der Nase herumgeführt?
Diese Frage und das Spiel mit den technischen Manipulationsmöglichkeiten von Film und Fernsehen durchziehen den ganzen Film. Im Folgenden wird John Hurt von einem Wohnmobil (=Übertragungswagen) aus das Geschehen beim so genannten Osterman Weekend beeinflussen wie ein Regisseur. Sein Trick ist der Trick der Medien: Er präsentiert immer nur Ausschnitte der Wirklichkeit – und schafft so seine eigene Realität. So überzeugt er den Fernsehjournalisten John Tanner (Rutger Hauer), dass dessen Freunde (Craig T. Nelson, Dennis Hopper und Chris Sarandon) Verräter sind, die mit dem KGB unter einer Decke stecken. John Tanner wird sich am Ende denselben Trick zu eigen machen, um Fassett gegen den Mann im Hintergrund, den FBI-Chef Maxwell Danforth (Burt Lancaster), auszuspielen.
Peckinpah-Fans werden die Einfachheit der Handlung vermissen, die archetypischen Figuren und – ganz oberflächlich – die Actionszenen. Die zum Markenzeichen avancierten (und zu Tode besprochenen) Zeitlupenstudien gibt es hier zwar auch, aber sie wirken ein bisschen wie lustlose Fingerübungen. Die Schlussworte von Tanner erinnern frappierend an Peter Lustig ("Ausschalten!") und verbalisieren noch einmal, was eigentlich schon längst klar ist.
Trotzdem hochinteressant und wiederentdeckungswürdig und zudem toll besetzt.
#150
Geschrieben 11. September 2005, 18:03
Scorseses letzten Film habe ich im Kino leider verpasst, jetzt habe ich diese Scharte endlich ausgewetzt. Wie eigentlich immer bei Scorsese bin ich nicht enttäuscht worden: Einen schlechten Film hat der Mann einfach noch nicht gemacht. Selbst seine schwächeren Filme sind immer noch meilenweit über dem Durchschnitt. THE AVIATOR mag zwar weniger persönlich sein als seine "eigenen" Filme – das Biopic über Howard Hughes ist auf dem Mist von DiCaprio gewachsen und sollte eigentlich von Michael Mann gedreht werden, der dann lieber nur produziert hat - und ist ein bisschen glatter als man es sonst vom New Yorker gewohnt ist, dennoch hat mich der Film von der ersten Sekunde an gepackt.
Die Schauspieler sind allesamt fantastisch - hier sind vor allem Leo selbst, Cate Blanchett, die den Tonfall der Hepburn perfekt hinkriegt, Alan Alda und Alec Baldwin zu nennen -, das Drehbuch spannt einen riesigen Bogen von Ereignissen von historischen Ausmaßenen bis hin zu kleinen, persönlichen Momenten, ohne Tiefe vermissen zu lassen und visuell ist der Film eh eine Augenweide. Gut, man kann über die CGIs streiten, Fakt ist aber, dass die extrem stilisierten Bilder den Glamour der damaligen Zeit trefflich widerspiegeln. Scorsese beweist einmal mehr, dass er es wie kaum ein anderer versteht, den Zuschauer in andere Epochen zu versetzen.
Außerdem ist der Film mit großartigen Szenen und Momenten schier zum Bersten angefüllt: die diversen Flugzeugabstürze, der Zusammenbruch Hughes', sein Dinner mit dem fiesen Senator Brewster und natürlich die klimaktische Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss – allesamt zum Niederknien. Ich finde, dass es an diesem Film eigentlich nix zu meckern gibt. OK, an RAGING BULL, GOODFELLAS oder TAXI DRIVER, oder AFTER HOURS kommt THE AVIATOR nicht ganz ran, dazu fehlt ihm vielleicht etwas die Tiefe oder das verstörende Potenzial. Ein fantastischer Unterhaltungsfilm mit Anspruch ist Scorsese dennoch gelungen.
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