Der Monroe ihre dicken Hupen
#421
Geschrieben 09. Juli 2006, 09:31
Boxer, Vollasi und Schnurrbartträger Rene Weller ist Dany Wagner, seinerseits Boxer, Vollasi und Schnurrbartträger. Peter Althof, Bodyguard, Berufsschläger und Hackfresse ist der Karatekämpfer Andreas, der ebenfalls ähnliche Talente vereint (außer Bodyguard). Da Nürnberg nicht so groß ist und Legenden sich dort schnell über den Weg laufen, treffen sich der Superboxer und der Superkarateka in einer Filiale der Volksbank, die gerade überfallen wird. Bankräuber, die so dumm sind, eine Filiale mit dem Namen "Knoblauchsland" ausrauben zu wollen, haben nichts anders verdient als von Rene (mit weißem Angoraschal) und Peter vermöbelt zu werden. Die beiden sind Helden und laufen sich immer wieder über den Weg – meist in unfassbare Klamotten gehüllt. Als zwei Frauen dazukommen – eine Arzthelferin (Bea Fiedler) und eine andere Schnalle (Jacqueline Elber) – gibt's Eifersüchteleien zwischen den Titanen. Noch auffe Tanzfläche wird der Kampf Boxer gegen Karateka vereinbart, zwei Wochen später dann jedoch nach kurzer Zeit abgebrochen. Nicht etwa, weil man ein Einsehen mit den vom drögen Kampfgeschehen gelangweilten Zuschauer zu schonen, sondern weil in dirty Nürnberg fiese Drogendealer die Menschen vergiften und daher mal ordentlich was aufs Maul brauchen. Gesagt, getan. Als die Helden mit ihren Perlen dann ganz spontan einen Urlaub planen, kommt die Racheaktion der Bösen dazwischen. Die Perlen werden beim Shoppen entführt, doch die narrensichere Beschreibung dreier Kinder führt Dany und Peter auf die richtige Spur. "Eine Blonde und eine Dunkelhaarige ..." – "Das sind sie!" Nürnberg ist eben klein. Es gibt eine letzte Prügelei, Dany setzt sich mit seinen Eierkneiferjeans und dem Bomberblouson lässig auf die Tischkante und ruft die Bullen, dann ist Feierabend. Am Flughafen wird nochmal lustig gepost, und Tschüss.
MACHO MAN ist kein Film, sondern eine reine Selbstdarstellungs- und Werbenummer für seine beiden Hauptdarsteller, die hier unablässig als Supertypen charakterisiert werden und nebenbei ihren jeweiligen Beruf ins rechte Licht rücken dürfen. Den zum Scheitern verurteilten Versuch der Schauspielerei muss man zum Glück also von beiden nicht befürchten. Das Milieu, in dem sich die Handlung abspielt, ist im Gegensatz zur Selbstwahrnehmung der Helden aber so proletenhaft und billig, dass MACHO MAN fast zur Tragikomödie wird. Der Rene und der Peter halten sich für den heißesten Scheiß, hängen mit ihren hässlichen und dummen Schlägerfreunden aber doch nur in miesen Pinten, schmierigen Zuhälterdissen und winzigen Boxtempeln ab. Ihre Superperlen sind zwei niveaulose Trullas, vor allem Bea Fiedler ist einfach zum Schreien und verkörpert einen Typus, den man vielleicht noch hinter den Tresen schäbiger Kleingärtnervereinskneipen findet, aber garantiert nicht in Filmen. Das Verhältnis Mann – Frau ist gänzlich unverkrampft. Männer sind eben so gemacht, dass sie sofort hemmungslos an allem rumschrauben, was anderen Geschlechts ist, und die Damen lassen sich das gern gefallen, vor allem, wenn es sich bei den Herren um solche charmanten und gebildeten Burschen wie den Rene und den Peter handelt. Das ist wirklich ekelhaft, wenn man das als normaler Mensch mit ansehen muss. Ekelhaft und aus historischem Interesse hoch interessant sind auch die Klamotten, die hier ausgestellt werden. Was in den letzten Jahren des Eighties-Revival so als "typische Bekleidungssünde" dieser Zeit bezeichnet wurde, ist NICHTS gegen das, was die Darsteller dieses Films hier tragen. Vor allem Rene Weller schießt den Vogel ab mit seinen Raumfahrer-artigen Overalls, die ihn aussehen lassen wie das Michelin-Männchen mit Fönwelle. Peter Althof hält sich dagegen mit der stets kleidsamen Kombination aus Lederblousons, -hosen und -krawatten richtig zurück. Rene quetscht sich zum Ausgleich zum hellblauen Overall lieber auch mal in seine Spandexhosen, um seinen kleinen Hardbody zu präsentieren und stöckelt dann fast wie ein magersüchtiger Strichjunge durch den Film. Der kann echt vor Kraft kaum laufen. Und dass er Rhythmus hat, beweist eine unfassbare Tanzszene, in der er mit der drallen Bea (leicht overdressed im goldenen Glitzerkleid über schwarzen Leggings) zu tumber Eightiesmucke abschwoft. Ich könnte noch stundenlang so weitermachen, aber es dürfte klar sein: MACHO MAN ist einzigartig, wagemutig, unvergänglich. Ein Monument!
#422
Geschrieben 09. Juli 2006, 10:12
Die drei alten College-Freundinnen Trina, Abbey und Jackie treffen sich jedes Jahr, um ein gemeinsames Wochenende zu verbringen. Die Reise in den dunklen Tann findet ihr jähes Ende als sie von zwei fehlgeleiteten Männern überwältigt und in deren Haus verschleppt werden, wo sie unter dem strengen Regime ihrer Mutter leben. Die folgende Folterei kostet Jackie das Leben. Abbey und Trina gelingt die Flucht und gemeinsam kehren sie zurück, um Rache zu nehmen.
Auch bei der xten Sichtung hat mich dieser Film wieder ziemlich erwischt. Beeindruckend ist vor allem auf wieviel verschiedenen Ebenen er funktioniert. Als ziemlich fieser Backwood-Terror, als Vertreter des Rape & Revenge-Subgenres und als überaus schwarze Komödie, die sich mit fehlgeleitetem Fernsehkonsum und dysfunktionalen Mutter-Sohn-Beziehungen befasst. Die beiden mordenden Wonneproppen Ike und Addley sind in ihrem verfallenen Blockhaus im Wald zwischen unzähligen Paraphernalia der Popindustrie eingepfercht und da keines der zahlreichen Fernsehgeräte noch komplett funktionstüchtig ist, sind die beiden auch gezwungen, ihr eigenes Fernsehprogramm für die strenge Mutter zu erstellen. Diese Shows beginnen meist sehr harmlos mit typischen Filmszenarios – die Frau auf der Parkbank, das kleine Mädchen, das singend über die Straße läuft – enden dann aber stets mit Qual, Folterei und Vergewaltigung. So wie diese Spiele von harmlosen Kindereien zu brutalen Gewaltzelebrierungen umschlagen, ändert sich von da ab auch der Ton des Films: Konnte man ihn vorher noch als recht gewöhnlichen Vertreter des Slasherkinos identifizieren, wird Kaufmans Film zunehmend düsterer und bitterer. Die abschließende Racheaktion der verbleibenden Frauen ist überhart, der Mord an der Mutter macht deutlich, dass auch persönliche Befindlichkeiten Einzug in die Taten halten. Trina, die selbst unter ihrer schwerkranken Mutter leidet, bringt am Ende nämlich nicht nur die Mutter der beiden Folterer um, sondern stellvertretend auch ihre eigene. Es hätte nicht den effektiven Schlussgag gebraucht, um den Anflug von Happy End zu verhindern. MOTHER'S DAY ist bei uns vor allem durch seine Beschlagnahmung bekannt geworden und durch seine Rezeption in der Doku-Sleaze-Granate MAMA, PAPA, ZOMBIE. Dass seine Gewaltdarstellungen hartes Brot sind, ist klar, genauso klar ist allerdings, dass dieser Film als reiner Gewaltfilm ziemlich missverstanden ist. Und vom affirmativen Fun-Splatter des Slasher-Films ist er weit entfernt.
#423
Geschrieben 10. Juli 2006, 00:49
Didi Hallervordens erster Kinofilm war für mich noch Neuland, hat mich aber voll für sich gewonnen. Die Story um den Berliner Taxifahrer Herbert Böckmann, der unwissend die Leiche eines russischen Geheimagenten schnurstracks nach Ostberlin kutschiert und daraufhin sowohl vom KGB als auch vom CIA für einen Spion gehalten wird, atmet den Geist des Kalten Krieges und ist ein seltenes Beispiel für einen deutschen Unterhaltungsfilm aus den Achtzigern, der sich die reale Kulisse des geteilten Deutschlands auch inhaltlich zunutze macht. Zwar schwenkt der Film bald schon in Richtung harmlosen Klamauks um, dennoch gefällt DER SCHNÜFFLER, der seinen Titel der Tatsache verdankt, dass der ängstliche Herbert von seinem love interest ein Fläschchen mit einem angeblichen Wundermittel erhält, an dem man nur zu riechen bzw. schnüffeln braucht, um zum Superhelden zu mutieren. So ausgerüstet dreht Herbie voll auf, bis er am Ende erkennt, dass er einem Placebo aufgesessen ist, mithin tatsächlich ein absoluter Vollprofi ist. Wer mit dem Fernsehen der Achtziger aufgewachsen ist, wird seinen Spaß daran haben, die zahlreichen bekannte Gesichter wiederzuerkennen: von Thilo Prückner, Siegfried Wischnewski, Gustl Bayrhammer, Carl Düring und Manfred Lehmann bis hin zu internationalen Stars wie Anton Diffring und Eddie Constantine reicht die Liste. Keine Sensation, aber gute Unterhaltung, die zur nostalgischen Verklärung einlädt.
#425
Geschrieben 11. Juli 2006, 23:54
Die Deutsche Margaret (Irene INFERNO Miracle) und ihre italienische Cousine Lisa wollen über Weihnachten aus dem winterlichen München nach Italien, um dort Lisas Eltern zu besuchen. Im Zug (Margarets Tante: "Planes are always late these days" – those were the times ...) werden sie von zwei Hallodris (Gianfranco De Grassi und Flavio SUSPIRIA Bucci) belästigt, derer sich bald schon eine dekadente Dame (Macha DEEP RED Meril) annimmt. Die folgende Bambule an Bord des Zuges führt dazu, dass selbiger angehalten wird. Die beiden Mädchen können den Haudraufs entkommen und umsteigen, doch bald bekommen sie wieder Gesellschaft von ihren Häschern, die sich angestachelt von der pervers angehauchten Dame auf äußerst unangenehme Art an den Mädels vergehen und sie in Folge umbringen. Es folgt das alte LAST HOUSE ON THE LEFT-Spielchen: Am Zielort begegnen die Bösewichter den Eltern Lisas, die die drei lustigen Zwei bei sich aufnehmen, bis sie erfahren, mit wem sie es zu tun haben. Und dann bricht sich der Hass des Bürgertums Bahn ...
Aldo Lados Film zeigt von Beginn an eine Welt voller Gewalt und Machtkämpfe: Der Weihnachtsmann entpuppt sich erst als Säufer, dann wird er inmitten des weihnachtlichen Getümmels von den beiden Proleten vermöbelt und beraubt, ohne dass es jemanden interessiert. Während Lisas Eltern sich mit ihren betuchten Freunden Prinz-Prospero-artig in ihrem mondänen Landhaus verschanzen, um in Platitüden und weltfremden Thesen über den Zustand der Welt zu schwadronieren, zeigt die namenlose Passagierin wie das geht mit dem Bürgertum und dem Proletariat: Sie muss nur das Röckchen lüpfen, schon tun die depperten Hools alles für sie: Pussy makes the world go round. Die beiden Mädchen sind zur falschen Zeit am falschen Ort, der einzige Zeuge – ebenfalls ein Bürgerlicher – gefällt sich besser in der Rolle des Voyeurs als in der des Lebensretters. Am Ende sind die Gewalttäter tot, vom Papa (Enrico Maria Salerno) brutal hingemetzelt, die eiskalte Agitatorin darf sich auf ihren Stand berufen und wird verschont.
Das alles ist ziemlich plakativ und wie man das vom italienischen Kino der Siebziger kennt extrem klassenkämpferisch. Es ist der meisterhaften Regie Aldo Lados zu verdanken, dass NIGHTTRAIN MURDERS dennoch ungemein effektiv geworden ist. Der zunächste recht lebhafte Film findet seinen bedrückenden Höhepunkt in der Sequenz im Nachtzug, die in eisblaues Licht getaucht wird. Der Tod der beiden Mädchen bestimmt den Ton des letzten Drittels: karge Winterlandschaften, ausgestorbene Bahnhöfe in der Wallachei, Nebel- und Rauchschwaden, die durchs Bild ziehen. Hervorzuheben ist außerdem der fantastische Score von Ennio Morricone, dem auch durch das Titellied von Zauselkopp Demis Roussos nichts anhaben kann. Dem heutigen Zuschauer mag wohl vor allem das merkwürdige Frauenbild missfallen, denn Macha Merils Figur ist arg konstruiert und entbehrt jeglicher Realitätsnähe.
#426
Geschrieben 12. Juli 2006, 00:25
Die Secret-Service-Agenten Jimmy Hart (Michael Greene) und Richard Chance (William Petersen) sind dem Künstler und Geldfälscher Eric Masters (Willem Dafoe) auf der Spur. Während der Ermittlungen wird Jimmy von Masters umgebracht – zwei Tage vor seinem Ruhestand. Sein Freund Richard, ein aufbrausender Dangerseeker, brennt auf Rache. Mit seinem neuen Partner, dem Vorzeigebeamten John Vukovich (John Pankow), und der Informantin und Geliebten Ruth (Darlanne Fluegel) begibt sich Richard auf die Jagd und überschreitet zunehmend die Grenzen der Legalität.
Wow! Erschloss sich mir dieser als Meisterwerk der Achtziger deklarierte Film bisher nie wirklich, hat er mich heute völlig weggeblasen. William Friedkins letzter wirklich guter Film adaptiert seinen FRENCH CONNCTION kongenial für die oberflächlichen Achtziger und ist nicht zuletzt als Kommentar zu den zahlreichen Tough-Cop-Actionfilmen dieser Dekade hoch interessant. Die anfängliche Strategie, den Fälscher Masters als Oberarsch hinzustellen und Richard als moralisch bevorteilten Helden, wird von Friedkin im Verlauf des Films völlig unterwandert, die Erwartungshaltung des Zuschauers wird mit Füßen getreten. Dabei bedient sich Friedkin des Bildes des Bungeesprungs: Mit solchen Mutproben verdient sich Richard nicht nur ein Zubrot in Form von Wettgewinnen, es hilft ihm auch, seine scheinbar unkontrollierbare Energie zu befriedigen (eine interessante Parallele übrigens zu Petersens CSI-Charakter Grissom, der sich mit Achterbahnfahren vom Job entspannt). Und so wie der Agent sich von Brücken in die Tiefe stürzt, so wird auch der Zuschauer mehr als einmal ins Leere gestoßen. Das Geschehen gerät mehr und mehr außer Kontrolle, wird völlig unvorhersehbar und in diesen inhaltlichen Sog gerät zunehmend auch die Form des Films: Aus dem Krimi/Thriller wird ein apokalyptisches Psychogramm, dessen Ende zu den abgründigsten der Filmgeschichte zählen dürfte. Die Achtziger werden als höllisches Jahrzehnt enttarnt und L. A. ist das Zentrum dieser Hölle. Von Kameramann Robby Müller wird alles in blutrotes Licht getaucht und es ist klar: Alle, die sich in dieser Stadt tummeln, haben Dreck am Stecken und dürfen die ewige Verdammnis erwarten. Der typische Eighties-Synthie-Score von Wang Chung (toll!) entfaltet vor diesem Hintergrund eine sehr eigene Dynamik. Neben Petersen (unglaublich gut!), Dafoe und Pankow sind John Turturro, AMERICAN FIGHTER-Sidekick Steve James und die adrette Debra Feuer zu sehen. Ein neuer Lieblingsfilm – suche immer noch meinen Kopf ...
#427
Geschrieben 12. Juli 2006, 16:07
Wong Chi Hang (Anthony Wong) killt im Zorn einen Bekannten und flieht danach aus seiner Heimat Hongkong nach Macau, wo er sich unter neuem Namen als Restaurantbesitzer verdingt. Aber auch dieses Restaurant hat er nicht mit rechten Dingen erworben, wie ein am Strand angetriebener Müllsack voller abgetrennter Körperteile belegt. Die Polizei steht bald bei ihm vor der Tür und treibt den jähzornigen Misanthropen zu weiteren Morden, bevor sie ihn schließlich festnehmen können. Doch ein wichtiger Beweis fehlt und der Massenmörder will einfach nicht gestehen ...
THE UNTOLD STORY verursachte Mitte der Neunziger einen ziemlichen Wirbel wegen seiner Gewaltdarstellungen und gilt als DER CAT-III-Film überhaupt. Die geschnittene Hongkong-Fassung, die ich seinerzeit in die Finger bekam, rechtfertigte diesen Wirbel nicht wirklich und auch sonst ist nur der CAT-III-übliche menschenverachtende Ton bei gleichzeitig überaus schmuckloser Regie im Gedächtnis geblieben. Nach Sichtung der ungeschnittenen DVD hatte ich nun allerdings das dringende Bedürfnis, mich mit Stahlwolle und Scheuermilch zu reinigen. Bah, was für ein widerliches Teil! Das liegt weniger an den Splattereffekten, die rund 15 Jahre nach Entstehung des Films nichts wirklich neues bieten und auch nicht besonders gut gemacht sind, sondern an der spekulativen Art, mit der hier brutalste Gewaltdarstellungen in einen strukturell völlig unausgegorenen Unterhaltungsfilm gequirlt werden. Die erste Hälfte von UNTOLD STORY widmet sich überwiegend den Polizisten und bietet einen sexistischen Brachialhumor, der die Errungenschaften der deutschen Achtzigerkomödien oder POLICE-ACADEMY-Filme wie geistreiche Humorpretiosen erscheinen lässt. Die drei dämlichen Bullen machen sich über ihre Tomboy-Kollegin und ihre Oberweite lustig und geifern unablässig auf die aufgebrezelten Bordsteinschwalben, die ihr Chef (Danny Lee) ins Polizeirevier mitzubringen pflegt (!!!). Die Verbrechen Anthony Wongs sind demgegenüber von beeindruckender Kaltschnäuzigkeit und Brutalität und verleihen dem Film eine perfide Janusköpfigkeit.
In der zweiten Hälfte, in der der Bösewicht dann in die Hände der Staatsgewalt gerät, nimmt der Film dann zu allem Überfluss auch noch einen reaktionären und gewaltverherrlichenden Ton an, der die Filme Bronsons oder Norris zu pazifistischen Heimatfilmen degradiert. Da wird der Gefangene gefoltert und gequält – unter anderem sperrt man ihn ins Gefängnis, auf dass ihn der dort eingeknastete Verwandte eines seiner Opfer ordentlich die Leviten lese –, ohne dass das in irgendeiner Weise problematisiert würde. Im Gegenteil, die Polizisten machen auch noch Witzchen darüber! Das findet seinen Höhepunkt darin, dass der nach einem Selbstmordversuch in einem Krankenhaus gelandete Wong erst ein Aufputschmittel gespritzt bekommt, damit er nicht mehr schalfen kann, und später noch mit gezielten Wasserinjektionen in den Rücken verhindert wird, dass er sich hinlegen kann. Diese Quälerei soll dann am Ende durch sein Geständnis legitimiert werden, dass uns in einer Rückblende sein Verbrechen schildert: Dort verliert Regisseur Hermann Yau dann jegliche Scheu und zeigt dem sich mittlerweile mit eingefrorenem Gesicht vor dem Fernseher windenden Zuschauer, wie der Killer eine ganze Familie dahinmetzelt, fünf Kleinkinder inklusive. Hallo, geht's noch? Man muss dem Film ja zugute halten, dass er daraus keinen Riesenspaß macht, dennoch fragt man sich schon, welche Vorstellungen im Fernen Osten von Unterhaltung kursieren und welche Kinderstube Yau genossen hat, der ja mit EBOLA SYNDROME noch einen ähnlichen Brummer auf dem Kerbholz hat. THE UNTOLD STORY ist aus diesem Blickwinkel sicherlich ziemlich erhellend und interessant, als "Filmkunstwerk" aber absolut unbedeutend, als Unterhaltung nicht nur völlig untauglich, sondern absolut hassenswert. Soviel kalkulierten Zynismus habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Ekelhaft. Und deshalb wahrscheinlich und zum Glück absolut einzigartig.
#428
Geschrieben 12. Juli 2006, 22:56
Die tierischen Bewohner eines Waldes gucken nach überstandenem Winterschlaf ziemlich doof aus der Wäsche als sie feststellen, dass quer durch ihren schönen Wald eine riesige Hecke verläuft, hinter der merkwürdige Zweibeiner ihr Unwesen treiben. Der schlaue und draufgängere Waschbär RJ, der einem Grizzly die Vorräte geklaut hat und diese schleunigst wiederfinden muss, belehrt die Ahnungslosen über die Vorzüge der menschlichen Siedlung, denn Menschen tun bekanntlich nichts anderes als essen und Nahrungsmittel brauchen alle jetzt dringend. So begeben sie sich begeistert auf Raubzug nach Junkfood, nicht wissend, dass RJ sie nur als Hilfskräfte für seinen eigenen Plan benötigt. Nur die ängstliche Schildkröte Vern spürt, dass da was faul ist – und zieht den Zorn aller auf sich. Am Ende gibt es natürlich zusammenzuhalten, um dem Bären, der zickigen Vorstadtgeschäftsfrau und dem fiesen "Verminator" ein Schnippchen zu schlagen.
Dreamworks neuestes Animationswunder ist wieder einmal ein großer Spaß geworden. Die tierischen Charaktere sind wunderbar und bekommen wie gewohnt von tollen Sprechern (u. a. Bruce Willis, Nick Nolte, Thomas Haden Church, Avril Lavigne) Leben eingehaucht. Den Vogel schießt Steve Carell ab, der mit dem hyperaktiven Eichhörnchen Hammy den witzigsten Charakter abbekommen hat. Sein großer Auftritt am Ende – mittels eines Energydrinks wird ihm sozusagen der Turbo-Boost verliehen, der alles um ihn herum quasi in Zeitlupe ablaufen lässt – zählt für mich jetzt schon zu den lustigsten Momenten der jüngeren Filmgeschichte. Ohne Scheiß, das muss man wirklich gesehen haben! Aber auch sonst bietet OVER THE HEGE clevere, witzige, hier und da auch mal hintergründige Unterhaltung (der Wegwerf- und Fresstrieb des Menschen kriegt auf sehr charmante Weise sein Fett weg), die technisch vom Allerfeinsten ist. Dagegen stinken die läppischen CGIs so manchen Realfilms ab. Man kann über die immergleiche Moral von der Geschicht – Zusammenhalt, Kampfgeist, das Innere wiegt schwerer als das Äußere etc. – denken, was man will. In solchen Filmen finde ich sie völlig unproblematisch. Vor allem, wenn das Mädchen neben einem sitzt und vor Begeisterung über die possierlichen Kreaturen herumquietscht ...
#429
Geschrieben 17. Juli 2006, 17:06
Roy Munson (Woody Harrelson) ist ein großes Bowlingtalent, hat aber von der Welt keine Ahnung. So fällt er auf einen bösartigen Trick von Ernie McKracken (Bill Murray), einem missgünstigen Kontrahenten, herein, der ihm seine Hadn und die Karriere kostet. Dem Suff verfallen geistert Roy 17 Jahre später durch die Bowlinghallen, bis er auf Ishmael (Randy Quaid) trifft, der ein ähnliches Talent aufweist, wie Roy damals. Weil bald ein großes Turnier in Reno ansteht, will Roy den jungen Mann überreden, was sich jedoch als recht schwierig erweist: Er gehört zu einer Amish-Gemeinde ...
Der zweite Film der Farrellys nach DUMB & DUMBER ist gleichzeitig ihr bester: Die Gags prasseln im Minutentakt und in gewohnt derber Manier auf den Zuschauer ein, der dennoch nie den Kontakt zum Geschehen verliert, weil er mit Woody Harrelson und Bill Murray zwei Schauspieler zusehen darf, die ihre karikaturesk überzeichneten Figuren mit Leben füllen. Gerade letzterer gefällt mir hier als selbstverliebter, verlogener und größenwahnsinniger Bowler wesentlich besser als in seinen letzten lethargischen Rollen. Ein persönlicher Fave und immer noch eine der besten Komödien der letzten Jahre. Mehr gibt's nicht zu sagen.
#430
Geschrieben 17. Juli 2006, 17:39
Bei Erstsichtung vor ein paar Jahren war ich nach dem Gütesiegel "Beschlagnahmung" doch etwas enttäuscht von diesem Slasher, der in Sachen Blutvergießen und Creative Killings außer der Lieblingswaffe des Killers – ein gigantischer Drillbohrer – nichts Besonderes zu bieten hatte. Nach Fabses schönem Eintrag war ich etwas verdutzt: Hatte ich da den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen?
Die neue Sichtung dieses Slasherfilms barg dann tatsächlich einige schöne Überraschungen. SPM ist nicht nur richtig knorke, zeitweise fies spannend und mit seinem knapp 75 Minuten überaus rasant, sondern auch der wohl einzige feministische Slasherfilm überhaupt. Mit Amy Holden Jones saß eine Frau auf dem Regiestuhl und das Drehbuch stammt von Rita Mae Brown, die ansonsten als Schriftstellerin und Bestsellerautorin in weniger trüben Gewässern angelt. Zusammen ist es den beiden gelungen, mit ein paar geschickten Kniffen aus dem typischen phallokratischen Slasherfilm einen Film über den (gelungenen) weiblichen Widerstand zu machen.
Der Killer mit seinem Phallusbohrer ist hier im Gegensatz zu den meisten anderen Slashern tatsächlich als Mann apostrophiert: keine zombiefizierte Urgewalt a la Jason, kein personifiziertes Böses wie Michael Myers. Und der Killer hat es auf ein paar Mädchen abgesehen, die sich eben nicht bei erstbester Gelegenheit aufs Kreuz drehen, sondern stattdessen lieber einen Abend mit ihren Freundinnen verbringen. Das erste Opfer aus der Hauptdarstellerinnenschar ist dann auch das Mädel, dass sich von ihrem Freund zum Sex geradezu überreden lässt, anstatt wie verabredet bei ihren Freundinnen zu bleiben. Als sie sich bei ihren Freundinnen entschuldigt, sagt ihr Gastgeberin Trish nur, dass sie schließlich allein für ihre Entscheidungen verantwortlich sei. Und darum scheint es den ganzen Film über zu gehen: Bestraft wird nicht der Sex allein, sondern die Unterwerfung unter die männliche Perspektive. Voyeuristische Momente, wie die Standardduschkabinenszene, werden dann auch ziemlich enttarnend abgewickelt. Keine die Nackedeis lüstern abschwenkende Kamera wird geboten, sondern eine sehr ökonomische Fleischbeschau: Rücken, Brüste, Po, Rücken, Brüste, Po. Ganz oft werden in SPM Kameraperspektiven als männliche Subjektive aufgelöst, sodass der männliche Zuschauer sich bald schon mit dem Killer identifizieren muss. Überhaupt sind die Mädchen dieses Films ganz gut darin, auf sich selbst aufzupassen, während die Jungs als delirierende Samenschleudern und Pickelträger gezeichnet werden, die ihrer Beschützerfunktion schon deshalb nicht gerecht werden, weil sie an nichts anderes als an nacktes Fleisch denken können. Auch dass der Niedergang des Killers mit der Zerstörung seines Bohrers eingeleitet wird, spricht Bände. Doch das ist nicht alles, was SPM zu bieten hat: Es gibt noch einige Zitate und postmoderne Kniffe zu bestaunen, die man in einem Film von 1982 nicht unbedingt erwartet. Insgesamt also eine sehr angenehme Überraschung und ein richtig guter Film.
#431
Geschrieben 17. Juli 2006, 17:50
Christian Duguay hat schon das ein oder andere Mal unter Beweis gestellt, dass er es versteht, einen Film gut aussehen zu lassen. Bei einem Film wie SCREAMERS war das allein zu wenig, für dieses Wesley-Snipes-Vehikel reicht es aber völlig aus. Der Film ist weniger Straight-Forward-Actionbombe als vielmehr ein Agententhriller im Stil der Siebziger, der mit einigen optischen Schmankerln aufgepeppt wurde. Wesley Snipes ist ein Agent im Dienste der UNO, der den Mord an einem chinesischen Botschafters aufklären soll. Die Ermittlungen führen ihn – wie das so geht – nach ganz oben.
Der Film ist relativ aufgeweckt, gefällt mit seiner kunstvollen Kameraarbeit, schönen Aufnahmen und einer Auflösung jenseits des Plottwists und des Happy Ends. Es gibt einige Härten zu bestaunen und eine feine Besetzung: Neben Snipes agieren Anne Archer, Donald Sutherland, Cary-Hiroyuki Tanaka, James Hong und Michael Biehn. Runde Sache, das.
#432
Geschrieben 18. Juli 2006, 10:16
Ein persönlicher Lieblingsfilm. Als dieser Monsterflick Teil 1998 nach einigen Verschiebungen in die Kinos kam, zeugte das vom großen Mut des Verleihers: Mit dem deutschen Titel OCTALUS mehr als gestraft und ohne große Stars durfte man ein baldiges Absaufen an der Kasse erwarten. Und so war es dann auch. Der Hundd an der Tastatur saß aber mit einigen lieben ebenso geschmacksverirrten Freunden und zwei, drei anderen Gestalten in der ersten Reihe des Multiplexes in Köln (bis nach Krefeld hatte es der Film dann doch nicht geschafft) und skandierte schon vor Beginn lauthals "Oc-ta-lus, Oc-ta-lus!" Wir hatten für Spaß bezahlt und den sollten wir bekommen.
Regisseur Stephen Sommers hat hier einen im besten Wortsinn altmodischen Monsterfilm hingelegt, der gegenüber den beiden MUMMY-Filmen vor allem durch seinen Trashappeal die Nase vorn hat. Die Story ist in einem Satz umrissen, es gibt – vom überwiegend gelungenen CGI-Monster abgesehen – weder unnötige Gimmicks noch sonstige Versuche, aus dem Film mehr zu machen als er ist. Und wenn dann mal das Zwerchfell angesprochen wird, dann liegt das nicht zuletzt an den herzhaft einfältigen Dialogen, die imhO absichtlich so doof sind. Auch die Darsteller – Treat Williams, Famke Janssen, Kevin J. O'Connor, Anthony Heald, Wes Studi und Jason Flemyng – hatten offenkundig ihren Spaß und tragen sehr zum Gelingen bei.
Für mich ist dieser Film ein absoluter Geheimtipp: DEEP RISING hätte es eigentlich gar nicht geben dürfen, umso schöner, dass er doch da ist. Ein Film, den man nicht mit allzu vielen Menschen teilen muss und der bestimmt nie ein Sequel erhält.
#433
Geschrieben 19. Juli 2006, 12:01
Kommissar Jordan (Jean-Paul Belmondo) wird nach Marseille berufen, um dort den florierenden Drogenhandel zu unterbinden und den Drogenzar Meccacci (Henry Silva) dingfest zu machen. Nach einigen Verfolgungsjagden zu Lande, zu Wasser und in der Luft liegt in Jordans Wohnung eine Leiche und der in jeder Hinsicht schlagfertige Bulkle wird zur Sitte nach Paris strafversetzt. Doch auch wenn Kleinvieh auch Mist macht, will Jordan lieber den Drogenbaron fassen.
Ja, auch in Europa wurden in den Achtzigern reaktionäre Actionfilme gedreht und nicht selten war der alternde Belmondo der Hauptdarsteller. So stürzt er sich auch hier unterstützt von der Eloquenz Rainer Brandts ins Getümmel, beleidigt Schwarze ("Du hässlicher schwarzer Affe!"), demütigt Dealer ("Mausepaul geh mal unter Deck, sonst holst du dir in dem Wind noch einen Kleckermann im Näschen!"), reißt nebenbei eine Bordsteinschwalbe auf, befreit minderjährige Prostituierte und ärgert seine Vorgesetzten. Der Film reiht diese Ereignisse tatsächlich genauso aneinander wie sich das hier liest und folgt keiner gewöhnlichen Spannungsdramaturgie, sondern eher dem Schema des "realistischen" Polizeifilms. Realistisch ist das Dargebotene allerdings überhaupt nicht. Belmondo ist ein Superheld, der auf eigene Faust loszieht und der Kritik seiner papiertigernen Vorgesetzten mit Verachtung und einem lockeren Spruch begegnet. Bemerkenswert sind vor allem die Stunts, die von Regisseur Jacques Deray sehr in den Vordergrund gerückt werden und in denen sich der damals bereits 50-jährige Schauspieler als absoluter Draufgänger und Lebensmüder präsentiert. Diese Szenen und das Suhlen im Schmutz der Gosse sind es, die den Film doch zu einem recht rasanten Erlebnis machen – der durch einen groovenden Basslauf angetriebene Score von Altmeister Morricone tut sein Übriges. In einer Nebenrolle tritt der mittlerweile zum Hollywood-Klischee-Bösewicht verkommene Tcheky Karyo als auf die schiefe Bahn gekommener Ziehsohn Jordans auf.
#434
Geschrieben 19. Juli 2006, 12:18
Ein Serienmörder, namen Minos geht in Paris um. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Straßen von sexueller Unzucht zu befreien, und beschäftigt den Kommissar Le Tellier, der eigentlich immer noch hinter dem Bankräuber Marcucci hinterher ist, welcher ihm einst ein Schnippchen schlug.
Verneuils Film ist ein sehr unterkühlt inszenierter Thriller, der wie auch schon DER AUSSENSEITER von seiner nichtlinearen Erzählung profitiert. Da lässt Le Tellier die Verfolgung des Triebmörders schon mal sausen, weil er die Möglichkeit hat, seinen Erzfeind Marcucci zu schnappen. So entsteht der Eindruck einer Kontinuität, die über den Film hinausgeht. Die Figuren werden mit einem Leben ausgestattet, welches für einen solchen Film sicher nicht typisch ist. Die zahlreichen Actionsequenzen, in denen Belmondo sich einmal mehr als echter Kletteraffe und Gefahrensucher darstellt, wirken ebenfalls roh und echt, kein Vergleich zu dem Effektspektakel, zu dem solche Szenen heute gern verkommen. Hier ist die Gefahr sehr greifbar, was nicht zuletzt dadurch realisiert wird, dass Verneuil auf einen dramatisierenden Score in diesen Szenen völlig verzichtet hat. Der Serienmörder Minos weist sich mit seiner sexuellen Neurose als Vorläufer eines John Doe aus Finchers SEVEN aus. Doch auch hier reizt Verneuil dieses Thema nicht aus, sondern belässt es bei einigen skizzenhaften Andeutungen, die Vieles im Unsichtbaren lassen und den Serienmörder nicht völlig entzaubern. Ungewöhnlich wird der Film gegen Ende: Zum Showdown geraten plötzlich die Medien ins Blickfeld des Films, ihre Berichterstattung behindert mehrfach die Ermittlungen und die obligatorische Expertenrunde im Fernsehen, die den Geisteszustand des Killers erkunden will, wird zur eiskalten und klinischen Aburteilung eines psychisch bereits zerstörten Menschen. Verneuil thematisiert auch das Sehen selbst, denn Minos ist auf einem Auge blind: In seinen Subjektiven sehen wir auf einer Seite des Bildschirms die Reflektion des Glasauges in seiner Sonnebrille. Ein ziemlich psychedelischer Effekt. Insgesamt ein sehr interessanter und ungemein spannender Film, in dem auch Belmondos Charakter einige interessante Facetten erhalten hat.
#436
Geschrieben 19. Juli 2006, 20:43
Nach eigenem Empfinden ist das der bekannteste "späte" Belmondo, was sich nicht zuletzt daran ablesen lässt, dass er es zu einem Sequel gebracht hat. Gleichzeitig ist DER PROFI weniger reißerisch als etwa DER AUSSENSEITER und verlegt sich mehr auf das Drama zwischen den Figuren denn auf bloße Action, was vor allem nach dem Beginn des Films verwundert.
Belmondo ist der Elitesoldat Josselin Beaumont, der von seiner Regierung den Auftrag erhalten hat, den Präsidenten eines afrikanischen Fantasiestaates umzubringen. Kurz vor der Ausführung des Mordplans überlegt man es sich in Frankreich anders und verkauft den Soldaten kurzerhand an den Feind. Unter unmenschlichen Bedingungen eingeknastet, beschließt Beaumont sich an den Verantwortlichen zu rächen und bald schon gelingt ihm die Flucht. Pünktlich zu seiner Rückkehr meldet sich auch der Präsident N'jala in Paris als Staatsgast an ...
Belmondo initiierte diesen Film selbst, weil er von der literarischen Vorlage – dem Erlebnisbericht eines Geheimagenten – sehr begeistert war. Und wie angesichts einer solchen Vorlage zu erwarten ist, präsentiert sich DER PROFI ideologisch als äußerst zwiespältig. Streng genommen hat man es auch bei DER PROFI mit einem Selbstjustiz- und Rachefilm zu tun, nur dass sich die Rache hier gegen den Staat richtet, der als zynisch und menschenverachtend gezeichnet wird. Die zuständigen Beamten sind entweder brutal, schlicht krank oder aber – so sie sympathisch wegkommen sollen – einfach nur Verräter. An vorderster Front steht der Polizist Rosen (Robert Hossein), der vor keiner Schandtat zurückschreckt, um Beaumont in seine Gewalt zu bekommen. Der "Held" wiederum stilisiert seine persönlichen Motive zu einer Ideologie um, die sich als ebenso zynisch darstellt, wie die des Systems, dass er bekämpfen möchte. In DER PROFI steckt eine resignative und fatalistische Weltsicht, die wenig zu bejubeln übrig lässt.
DER PROFI ist also trotz der kalauernden Brandt-Synchro ungemein düster, wenn nicht sogar nihilistisch, was durch den grandiosen Morricone-Score noch unterstrichen wird. Das Hauptthema des Film ist so ungemein tragisch und gleichzeitig von einer eisigen Präzision, dass es einem erst die Tränen in die Augen und dann den Schauer in den Nacken treibt, denn man weiß sobald die ersten Töne erklingen, dass dieser Film kein Happy End bereithält. Passend dazu entwickelt Regisseur Georges Lautner seine Geschichte passend zum Geschehen langsam und zermürbend, aber gleichzeitig immer unaufhaltsam auf das unausweichliche Ende hin. Keine rasanten Actionpassagen lenken von dem gegenseitigen Belauern und Taktieren ab. Nein, die Tätigkeit der porträtierten Staatsbeamten kommt hier wirklich nicht gut weg.
#437
Geschrieben 20. Juli 2006, 23:14
Im Grunde kann ich Funxtons Eintrag von gestern nicht viel hinzufügen. DER PROFI 2 ist keine Meisterleistung, aber dennoch ein Film, der einen netten Flow entwickelt, dem man sich gern hingibt. Auffällig ist der Verzicht auf Action, der einen etwas stutzen lässt, wenn man an den nur vier Jahre älteren DER AUSSENSEITER denkt. Aber diesem Großstadtflair der Achtziger kann ich mich einfach nicht entziehen und die Synchro vom Brandt ist auch wieder sehr fein. Mein Favorit: Als sein bester Freund zu Beginn vorschlägt, eine Nachtclubsängerin in ihrem Etablissement zu besuchen sagt Bebel: "Beruflich oder zum Nudelniedel?" Dass dem alten Recken ein Kind angehängt wird, ist weniger nervig als gedacht, sorgt sogar für ein paar Lacher, weil der Zwerg dem Belmondo ständig die Tour bei seinen zahlreichen Weibern vermasselt. Dass der LE SOLITAIRE betitelte Streifen auf deutsch zur PROFI-Fortsetzung gemacht wurde, entbehrt zwar vordergründig jeglicher Logik, ist dann aber in Hinblick auf einige Details doch wieder verständlich: Einige bekannte Gesichter aus dem "Vorbild" tauchen auf und der Handlungsspielraum von zwei Jahren spielt ebenfalls wieder eine Rolle: In beiden Filmen definiert diese Zeitspanne den Handlungsspielraum zwischen Anfang und Ende, das in beiden Filmen die Rache für eine zurückliegende Tat ist. Lustig finde ich immer wieder, zu sehen, wie schäbig doch in Filmen aus den Achtzigern die "schicken" Nightclubs aussehen. Man erwartet förmlich, dass gleich Rene Weller mit einer seiner Friseusen durchs Bild läuft. Und die Gesangsdarbietung von Carlos Sotto Mayor – das ist tatsächlich eine Frau – wird wie weiland bei Prinzessin Stephanie von Monacos Song "Irresistible" nur duch massiven Einsatz von Hall erträglich gestaltet. Trotzdem steigt die Stimmung im Club nach dessen Ende beträchtlich. Da sollte man sich vielleicht mal über die Buchungspolitik Gedanken machen ...
#438
Geschrieben 23. Juli 2006, 14:03
Die heranwachsende Mary erfährt, dass ihre ältere Schwester Jacqueline in den Straßen von Greenwich Village verschwunden ist. Sie macht sich auf den Weg nach New York und bringt dort in Erfahrung, dass sich ihre Schwester einem satanistischen Zirkel angeschlossen hat – allerdings nicht aus Überzeugung, sondern schlicht aus dem Bedürfnis, der urbanen Isolation zu entfliehen. Weil sie daher schon bald nicht mehr mit der rechten Überzeugung bei der Sache ist, plant man ihre Beseitigung. Kann Mary mit ihren zahlreichen männlichen Helfern die geplante Ermordung verhindern?
Was sich recht konventionell liest ist einer der bizarrsten, enigmatischsten, düstersten, schönsten und gleichzeitig verstörendsten Filme überhaupt. Mit diesem frühen Vorläufer des Noir-Kinos hat es Produzent Val Lewton mal wieder geschafft, seinen Auftraggebern den gewünschten Horrorfilm zu servieren, ohne tatsächlich einen Horrorfilm gedreht zu haben. THE SEVENTH VICTIM ist ein – man verzeihe den Ausdruck, aber selten hat er mehr Sinn gemacht als hier – äußerst kafkaesk geratener Film, der sich mit Einsamkeit, Todessehnsucht und Selbstmord befasst. Wirklich herausragend an Lewtons Film, der von Regisseur Mark Robson wunderschön fotografiert wurde, ist seine Atmosphäre: Irgendwas ist eigenartig an den Geschehnissen, ohne dass man als Zuschauer in der Lage wäre, genau zu benennen, woran das liegt. Nichts von dem, was in THE SEVENTH VICTIM passiert, ist so abseitig, dass es in den Bereich des Fantastischen reicht, alles scheint ganz normal, ist aber dennoch immer gerade soweit daneben, dass man sich daran stößt. Da gibt es die erste Begegnung zwischen Mary und ihrer Schwester, bei der Jacqueline sich beinahe in Luft auflöst, eine äußerst gespenstische Szene in einem U-Bahn-Zug, haufenweise verstörte Gestalten und ein absolut niederschmetterndes, düsteres Ende. Formal erreichen Robson und Lewton dieses Ergebnis nicht nur durch die sehr schattigen Bildkompositionen, sondern vor allem durch die Dialoge, die seltsam gehemmt und vorsichtig geführt werden. Es wirkt beinahe so, als hätten die Sprechenden Angst, von jemandem gehört zu werden. So liegt eine ungreifbare Bedrohung über dem Geschehen, noch bevor sich diese Bedrohung in irgendeiner Form konkretisiert. Die PSYCHO vorgreifende Duschszene macht dann auch dem letzten klar, dass THE SEVENTH VICTIM in seiner Bedeutung für das Kino des vergangenen Jahrhunderts kaum zu überschätzen ist. Dass ich den Film gleich zweimal hintereinander ansehen musste (beim zweiten Mal mit dem sehr interessanten Audiokommentar), mag das belegen.
#439
Geschrieben 23. Juli 2006, 14:20
Die Filmkritik scheint sich, was diesen Film angeht, auf eine einhellige Meinung geeinigt zu haben, die sich ungefähr so paraphrasieren lässt: Mit dem Wechsel auf dem Regiestuhl hat mit dem dritten X-MEN-Film eine Verlagerung von düsteren, mehrdeutigen Superheldenfilm hin zum eskapistischen Spektakel stattgefunden, das zwar ganz ansehnlich ist, aber eben nicht mehr so interessant wie Singers Vorgänger. Diese Sicht teile ich überhaupt nicht, mir hat dieser dritte Teil mit einigem Abstand am besten gefallen. Das hat zwei Gründe: Erstens halte ich Singers Arbeit in den ersten beiden Filmen für maßlos überschätzt. Der immer wieder strapazierte politische Subtext, ist nicht von Singer etabliert worden, sondern steckt schon in der zugrundeliegenden Comicserie und ist insofern auch Bestandteil von Brett Ratners Sequel. Was Ratner wesentlich besser gelingt als Singer, der lieber bei kleineren Filmen wie THE USUAL SUSPECTS geblieben wäre: Er schafft es, dem Geschehen das käsige B-Movie-Flair auszutreiben und endlich einmal die in Singers Filmen immer bloß behauptete apokalyptische Stimmung auf die Leinwand zu bringen. In Ratners Film hat das Geschehen endlich die Größe, die man von einem solchen Film erwarten darf. Das Finale ist großartig, die Effekte denen der beiden Vorgänger sowohl technisch als auch kreativ meilenweit überlegen. Natürlich gibt es auch einige Schwächen, die man allerdings auch aus Singers Filmen kennt: So hat man einige Figuren wieder nur des Franchises halber in den Film gesteckt – Colossus und Angel kommen über den Status von Randfiguren nicht hinaus. Auch in der Charakterentwicklung gibt es einige Unplausibilitäten: Dass Storm nun plötzlich die neue Anführerin der X-Men werden soll, scheint durch nichts gerechtfertigt, wie überhaupt jemand endlich einmal erkennen sollte, dass Halle Berry einfach gar nix kann. Auch der Schlussgag macht den Eindruck, dass die Filmemacher Angst vor der eigenen Courage bekommen haben, denn eigentlich hat man bis dorthin den Eindruck, die Serie habe nun ein echtes Ende gefunden. Fans der DARK-PHOENIX-SAGA, auf der dieser Film basiert, mögen enttäuscht sein – wie etwa Obernerd Harry Knowles –, ich finde aber, dass die Szenen um Phoenix/Jean Grey wirklich klasse geworden sind. Das einzige, was das Geschehen hätte toppen können, wäre eine Nacktszene von Famke Janssen gewesen, auf die ich nun schon seit über zehn Jahren vergeblich warte.
#440
Geschrieben 24. Juli 2006, 00:42
London zur Zeit der Aufklärung: In der Heilanstalt Bedlam (von "Bethlehem") führt der zynische Master George Sims (Boris Karloff) ein strenges Regiment. Die "loonies" sind unter menschenunwürdigen Umständen weggesperrt und werden schon mal gern zur Belustigung des Adels verhökert. Die junge Frau Nell Bowen (Anna Lee), die sich selbst als Gespielin des fetten Lord Mortimer (Bily House) verdingt, gefällt sich zunächst in der gefühlosen Pose des Adels, entdeckt jedoch schon bald ihr Mitleid für die Kranken. Nach einem Gespräch mit dem Quäker Hannay (Richard Fraser) beschließt sie endgültig, etwas zu tun, um dem fiesen Sims das Handwerk zu legen. Doch der weiß seine Karten geschickt zu spielen und schon bald findet sich Nell selbst als Gefangene von Bedlam wieder. Doch Hannay verspricht, ihr zu helfen.
Mark Robsons vierte und letzte Zusammenarbeit mit Val Lewton erreicht nicht mehr die Klasse von THE SEVENTH VICTIM oder ISLE OF THE DEAD. BEDLAM erinnert mehr an Lewtons THE BODY SNATCHER und ist wie dieser in zweierlei Hinsicht ein period piece: Zum einen, weil er einen historischen Stoff behandelt, zum anderen, weil der Film selbst heute etwas angegraut wirkt. BEDLAM ist ein moralisches Lehrstück, was sich schon in der dem Film vorangestellten Schrifttafel andeutet: Ein unvollständig wiedergegebenes Zitat, das die Zeit, zu der der Film spielt, als Zeitalter der Aufklärung bezeichnet, verdeutlicht Lewtons Intention, im folgenden Film die Unrechtmäßigkeit dieser Namensgebung zu enttarnen. Die Geschichte entwickelt sich dann sehr langsam, relativ vorhersehbar und manchmal unangenehm melodramatisch. Der Audiokommentator bei THE SEVENTH VICTIM behauptete, dass Lewtons Filme nicht "dated" seien; auf BEDLAM trifft das nicht zu. Zwar gibt es einige starke Szenen und Karloff liefert erneut eine absolute Glanzleistung ab, insgesamt ist der Film mir aber viel zu moralisch und religiös gewesen. Schade.
#441
Geschrieben 24. Juli 2006, 21:08
Halbblut Chato (Charles Bronson) wird im Saloon vom Sheriff angepöbelt und legt diesen um. Die Nachricht macht die Runde und ruckzuck ist ein feiner Lynchmob unter Führung des ehemaligen Bürgerkriegssoldaten Quincy (Jack Palance) unterwegs, den Indianer zu lynchen. Dieser dreht den Verfolgern eine lange Nase, bis sie seine Frau in die Finger bekommen.
Zusammen mit THE MECHANIC und DEATH WISH dürfte CHATOS LAND der homogenste von Winners Bronson-Filmen sein. Anders als in späteren Winnerwerken gibt es hier nix, das dem Geschehen einen Strich durch die Rechnung macht. Der ganze Film ist von absolut beunruhigender Stringenz. Der großen Clous gibt es gleich zwei: Die Haupt- und Identifikationsfigur Chato wird zur absoluten Randfigur gemacht. Bronson hat geschätzte drei Dialogzeilen, zwei davon auf indianisch, und taucht eigentlich nur als Schatten auf. Mit den Antagonisten, dem fiesen reaktionären Lynchmob, muss sich der Zuschauer weit ausführlicher auseinandersetzen. Und es ist nicht schön, was man da zu Gesicht und zu Ohren bekommt. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass sich die Jäger im Laufe der Jagd mehr und mehr selbst in die Quere kommen. Quincy, der ein bisschen an eine unsympathische Version von Lancasters Charakter in ULZANA'S RAID erinnert, ist da fast noch sympathisch, respektiert er den Indianer doch noch als Gegner. Für ihn ist die Jagd auf den Indianer keine Frage des unbändigen Hasses, sondern eine Reprise des verlorenen Bürgerkriegs (deshalb hüllt er sich auch sofort in eine alte Uniform). Chato hingegen ist der fleischgewordene deus ex machina. Er ist eher formales Strukturelement, denn ein Charakter des Films. Ganz oft stellt sich eine Totale der Jäger im Aufziehen der Kamera als Blick des Indianers heraus: Dieser Blick definiert also überhaupt erst den Film. Chato ist auch dann anwesend, wenn er physisch abwesend ist – da macht der Titel gleich doppelt Sinn. Die Rache wird hier anders als in anderen Filmen nicht zelebriert, sondern kommt sehr nüchtern rüber. Alle müssen sterben: Das schließt die mit ein, die dem ganzen Unterfangen von vornherein widerwillig gegenüberstanden. Die Rache Chatos ist so unausweichlich, dass Winner es sich mit einem großen Geniestreich am Ende sogar erlauben kann, abzublenden, bevor der letzte ins Gras gebissen hat. Ein ungemein packender, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne spannender Film. Wie schon THE MECHANIC ist CHATOS LAND aber massiv unangenehm und bietet eine Menge Stoff zum Draufrumkauen.
#443
Geschrieben 25. Juli 2006, 20:13
Nicht die Plörre mit Gabriel Byrne von vor zwei, drei Jahren, leider aber dennoch ein etwas mauer Film, den Val Lewton produziert hat. Der junge Merriam heuert als dritter Offizier auf der Altair an, das vom erfahrenen Captain Will Stone geführt wird. Der entpuppt sich bald als weniger sauber als er den Anschein macht: Ständig faselt er von Autorität, zeigt dann aber immense Unsicherheiten. Außerdem scheint seine Vorstellung von Führung miteinzuschließen, unliebsame Charaktere auch schon mal kurzerhand umzubringen. Bald schon wird es Merriam zu bunt und bei einem Landgang zeigt er den Captain an. Doch die zusammengetrommelte Mannschaft verteidigt den Kapitän und Merriam steht als Veräter dar. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn er sich nach einer durchzechten Nacht nicht plötzlich wieder auf der Altair befinden würde, wo er fortan um sein Leben fürchten muss ...
Mark Robson inszenierte einen recht klassischen Suspensefilm, der ohne übernatürliche Elemente (keiner Geister weit und breit), dafür aber wie so oft bei Lewton mit einer Meditation über ethische Grundfragen ausgestattet ist. Im Gegensatz zu den wirklich gelungenen Lewtons wirkt GHOST SHIP dabei aber relativ altbacken und überraschend schmucklos. Bei dem Vorhaben, das Geschehen auf dem Schiff stimmungsvoll umzusetzen, war wohl das sichtbar kleine Budget im Wege. Jedenfalls kommt überhaupt keine gespenstische Atmosphäre auf. Und die plotline ist so abgenudelt, dass man schon relativ schnell durchschaut, wolang der Hase läuft. Schade, denn wie immer gibt es auch ein paar wirklich gelungene Momente und Richard Dix als Captain Will Stone wäre auch heute noch ein guter Schurke mit einer recht originellen Macke.
#444
Geschrieben 26. Juli 2006, 10:46
Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund ist mein heute morgen verfasster Text verschwunden. Sollte ich vergessen haben, den entsprechenden Button zu drücken? Da es so langweilig ist, schon Abgehaktes nochmal aufzuwärmen, hier nur die Kurzfassung.
1: Castellari setzt seine Prämisse aus Hills THE WARRIORS und Carpenters ESCAPE FROM NEW YORK zusammen, lässt im Folgenden aber beides fallen.
2: Ich hatte mehr Gang-Spektakel in Erinnerung.
3: Für einen Castellari-Film gibt es recht wenig Action.
4: Es agieren u. a. Fred Williamson, George Eastman, Gianni Loffredo, Enzo Castellari himself, sein Bruder Enio Girolami und Stefania Girolami, Christopher Connelly, Vic Morrow und natürlich Mark Gregory.
5: Letzterer heißt Trash, der sprichwörtliche Stock im Arsch reicht ihm dem Gang nach zu urteilen bis zum Hals hinauf. Seine Mimik legt den Schluss nahe, dass er den Film im Wachkoma verbracht hat. Ihm eine Liebesbeziehung unterzujubeln macht den Science-Fiction-Anteil des Films aus.
6: Die Bronx reicht bis nach Coney Island.
7: Vic Morrow trägt am Schluss eine Ledernazi-Montur.
8: Harte Rocker sehen in Harten-Rocker-Filmen der Achtziger aus wie Schwuchteln.
9: Für jeden normalen Film bedeutet die Kombination der Punkte 1 – 8 einen Totalverriss, in diesem einen speziellen Fall jedoch die Heiligsprechung.
10: Punkt 9 wird untermauert durch: Kamera: Sergio Salvati, Musik: Walter Rizzati, Drehbuch: Dardano Sacchetti.
Fin.
#446
Geschrieben 27. Juli 2006, 10:15
Teil 1 eines Double Feature/Sneak-Kinoabends. Den Film hatte ich vor zwei Jahren zum bisher ersten und letzten Mal gesehen und eigentlich als spaßig in Erinnerung. Der Streifen vom Gore-Polen scheint ja vielen Leuten extrem am Herzen zu liegen, denn dafür, dass das ein null Substanz aufweisender U-Film ist, wird ein Riesengewese drum gemacht. Das konnte ich nun gestern überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Ich habe mich königlich gelangweilt und durch die 140 endlosen Minuten gequält.
Das große Problem des Streifens: Er hat überhaupt keine Story, bietet eine Dramaturgie, die dem Glauben verpflichtet ist, dass mehr mehr ist und eine Geschichte dadurch erzählt wird, dass man Szene an Szene klebt. Man merkt sehr deutlich, dass der Film nach einer Theme-Park-Attraktion entstanden ist, denn wie in einer solchen bekommt man Set-Piece an Set-Piece gereiht. Jedes ist für sich toll anzusehen, keine Frage. Ausstattungstechnisch gibt's an FLUCH DER KARIBIK wirklich nichts auszusetzen, da hat man sich wahnsinnig viel Mühe gemacht und auch die Effekte sind gut gelungen. Aber die Story folgt überhaupt keiner inneren Notwendigkeit: In jeder Szene wird der weitere Handlungsverlauf erst festgelegt, das hat etwas total wahlloses, was imho jeglichen Anflug von Spannung schon im Keim erstickt. Schon das Auftauchen der Black Pearl mit ihrer verfluchten Besatzung ist einem reinen Zufall geschuldet. Irgendwann muss ja mal was passieren, also schubst man Keira Knightley mit nem Amulett ins Wasser und lässt das dann plötzlich irgendwas auslösen. So geht es den ganzen Film über, dem im Bemühen um Epik und großes Kino am Ende massiv die Luft ausgeht. Ein Film für sehr schlichte Gemüter.
Der Humor, den alle loben, ist ebenfalls kein echter: Jeder Lacher geht auf das Konto eines One-Liners, Situationskomik gibt es fast gar nicht, da kann Johnny Depp noch so brillieren. Der Charakter des Jack Sparrow ist einer der Hauptgründe dafür, dass mich der Film so angestrengt hat: Sein ständiges Tappen in scheinbar ausweglose Situationen, das natürlich nie finale Konsequenzen hat, wirkt irgendwann nur noch gezwungen. Dem passiert eh nix, von daher ist jedes neue Abenteuer von vornherein schon reiner Fake. Vielleicht war ich gestern auch zu streng mit dem Film, aber die Indiana-Jones-Reihe z. B., die von ihrem Anspruch an die "totale Unterhaltung" FLUCH DER KARIBIK nicht unähnlich ist, bietet einfach noch so viel mehr als nur eine Actionszene nach der anderen.
Und noch was: Keira Knightley hat ne totale Hackfresse ...
#447
Geschrieben 27. Juli 2006, 10:30
Ob es nun daran liegt, dass ich den Film noch nicht kannte? Der zweite Teil von Disney/Bruckheimers-Karussell-Filmchen hat mir deutlich besser gefallen, weil er einige Fehler des ersten nicht macht. Die Story ist sehr viel stringenter und vor allem düsterer – viele Tote in diesem Film, die natürlich niemals dem erlesenen Kreise der Protagonisten angehören –, teilweise kann man dem Film sogar über mehrere Sequenzen hinweg folgen. Die einzelnen Set Pieces sind besser ausgearbeitet und auch wenn es übertrieben wäre, zu behaupten, FLUCH DER KARIBIK 2 sei langsam, so fühlt man sich dennoch nicht so sehr von Attraktion zu Attraktion gehetzt wie im Vorgänger. Die Crew um Oberschurke Davy Jones übertrifft die Skelette um Barbosa um Längen, Ausstattung und Effekte sind absolut atemberaubend und von einer unglaublichen Detailfreude. Dadurch, dass William Turner und Elizabeth nun mehr Zeit erhalten, Jack Sparrow ein bisschen zur Nebenfigur gemacht wird, wird der Film abwechslungsreicher und weniger zotenhaft. Ebenfalls hübsch fand ich, dass man sich die Mühe gemacht hat, eine gewisse Kontinuität aufzubauen. Die meisten Figuren tauchen wieder auf, Eigenheiten werden wieder aufgegriffen und es gibt einige Anspielungen. Der Clou aber sind die wahrlich aberwitzig choreographierten Action-Set-Pieces. Jack Sparrows Flucht von einer Kannibaleninsel dürfte wohl zu den aberwitzigsten Momenten der Filmgeschichte zählen. Kein Vergleich zum Vorläufer. Allerdings ist der Film eine ziemliche Mogelpackung, da er mit einem dreisten Cliffhanger endet und eigentlich kein einziges seiner selbstgesteckten Ziele erreicht. Nach 140 Minuten kommt das schon einer kleinen Verarsche gleich. Naja, ich hatte meinen Spaß, habe aber gewisse Vorahnungen, was die zweite Sichtung angeht, die ich daher mal in die ferne Zukunft verlagern möchte ...
Und dass Keira Knightley tatsächlich magersüchtig ist, kann sie hier gar nicht mehr verbergen ...
#448
Geschrieben 31. Juli 2006, 08:57
Frisch verheiratet beziehen die junge Susan und ihr von den Credits schlicht "Husband" genannter Ehemann das traditionsreiche Gemäuer von dessen Vorfahren. Der Ehemann ist geil wie ein Bock und hat seine Frau bald in jedem Winkel des Grundstücks beschlafen. Dabei wird er zunehmend aggressiver. Und seine Frau, die mit soviel Libido nicht mitkommt, entwickelt eine tief empfundene Abneigung gegen den Göttergatten, die sich bald in merkwürdigen Visionen niederschlägt: Eine geheimnisvolle Frau erscheint ihr mit einem langen Dolch und befiehlt ihr, den Ehemann umzubringen. Als Susan die Geschichte von Mircalla Karnstein hört, die einen Vorfahren ihres Gatten in der Hochzeitsnacht erdolchte und anschließend in eine Art Koma fiel, glaubt sie, dass es sich bei der Frau ihrer Träume eben um diese Mircalla handelt. Und bald steht diese als Carmilla leibhaftig vor der Tür.
Dieser spanische Quasi-Vampirfilm basiert wie so viele Vampirfilme mit Sexeinschlag auf Sheridan Le Fanus "Carmilla". Regisseur Vicente Aranda macht aus diesem Stoff aber keinen der in den Siebzigern typischen Lesben-Vampirstreifen, sondern ein Psychogramm über die vom Mann ausgeübte sexuelle Macht und die Reaktionen der Frau auf diese Spielchen. Der auf den Mann gerichtete Hass wird der Erscheinung Mircallas zugeschrieben, mit der Susan dann, wenn diese in Fleisch und Blut auftaucht, auch gleich eine Art Liebesbeziehung eingeht. Auf Frauen könnte dieser erlesen fotografierte, äußerst stimmungsvolle kleine Schocker daher etwas befremdlich wirken, scheint es sich hier doch um allem um die Bebilderung männlicher Ängste zu handeln. Ob das nur eine aus der Luft gegriffene Mutmaßung ist, wird vielleicht schon zoras Eintrag ans Licht bringen. Einigkeit wird sicher über die Kunstfertigkeit des Films herrschen: Besonders gut gefallen hat mir die Art wie surreale Einsprengsel (die "Erweckung" Carmillas etwa) und eine ansonsten sehr sachliche Betrachtungsweise hier Hand in Hand gehen. Sehr schön.
#449
Geschrieben 31. Juli 2006, 13:05
Chung (Simon Yam), seines Zeichens Cop in Hongkong, ist seit Jahren auf den Fersen des Triadenbosses Wong Po (Sammo Hung). Dieser verübte einst einen Mordanschlag auf die von Chung beschützten Zeugen und machte den Cop so unbeabsichtigt zum Paten der kleinen Tochter des Ermordeten. Heute kämpft Chung mit seinen drei Kollegen und Kamerade umso verbissener um eine Verhaftung, weil er weiß, dass ein Hirntumor ihn bald den Weg alles Irdischen gehen lassen wird. Das Cop-Quartett erhält bald Verstärkung durch Kwan (Donnie Yen), der, seit er einst einen Verdächtigen zum Krüppel schlug, geläutert ist, und die rabiaten, verbissenen Methoden seiner Kollegen nicht tolerieren will. Die Jagd auf Wong Po spitzt sich zu, als die Freunde Chungs einen Geldkoffer des Gangsterbosses entwenden, um so der Pflegetochter ihres Freundes eine sichere Zukunft zu ermöglichen.
Ich hatte ja schon viel Gutes über diesen Film von Wilson Yip gelesen, das Gesehene übertrifft aber selbst die kühnsten Erwartungen. Selten habe ich einen präziser inszenierten Actionfilm gesehen. Mit SPL kehrt der Hongkong-Film nach den Effektspektakeln der letzten Jahre zu seinen Wurzeln zurück. Die Fights sind rasend schnell, unglaublich spektakulär, ohne ins Comichafte abzudriften, ordentlich blutig und extrem schmerzhaft. Vor allem der Zweikampf zwischen Donnie Yen (der auch als Regisseur der Actionszenen verantwortlich zeichnet) und dem Up-and-Coming-Martial-Arts-Star Wu Jing nötigt einen zum Griff zur Einzelbildtaste. Das Gezeigte wäre wohl selbst in Slo-Mo noch zu schnell fürs menschliche Auge. Neben den geschliffenen Bildkompositionen und den kunstvollen, jedoch niemals prätentiösen Montagetricks weiß SPL aber auch erzählerisch zu punkten. Wie so viele Hongkong-Filme baut SPL auf einem spirituellen Konzept auf, das diesem Film erst zu höheren Weihen verhilft. Die Worte Sha, Po und Lang bezeichnen drei Sterne, die nach Position positive oder negative Kräfte annehmen können. Und so sind auch die drei Hauptfiguren niemals nur gut oder nur böse. Das ist natürlich mittlerweile ein Standard des Actionfilms, die Art und Weise wie das hier umgesetzt wird, hebt den Film aber über jedes Klischee. Besonders beeindruckend mutet in diesem Zusammenhang das Ende des Films an, das absolut untypisch, ja fast schon revolutionär zu nennen ist. Ich bin tatsächlich massiv beeindruckt, deshalb spare ich mir weitere Lobhudelei und lege diese Perle jedem ans Herz, der mit Actionfilm im Allgemeinen und Hongkong-Film im Speziellen was anfangen kann. Derzeit ist der Film im Rahmen des Fantasy Filmfests noch auf der großen Leinwand zu bestaunen. Ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen solte.
#450
Geschrieben 01. August 2006, 09:25
Die Herren Unternehmer aus Mahattan haben keinen Bock mehr auf die Bronx (wie auch alle anderen Bewohner New Yorks offensichtlich nicht, wenn man die Reaktionen während der im Film veranstalteten Pressekonferenz als Maßstab nimmt), deshalb wollen sie das Viertel kurzerhand abreißen und dort stattdessen eine supermoderne Zukunftsstadt errichten. Leider muss dafür erst das Gesocks entfernt werden, das die schicke Ruinenlandschaft bewohnt. Für die Öffentlichkeit erzählt man, die Bewohner würden nach New Mexico umgesiedelt, in Wahrheit lässt man sie von Todesschwadronen wegbrutzeln. Unter der Führung von Trash probt die Meute den Aufstand.
Hielt sich Enzo Castellari im Vorgänger 1990: THE BRONX WARRIORS noch etwas zurück, was die Gewaltdarstellung angeht, so exerziert er in ESCAPE FROM THE BRONX das volle Programm durch. Menschen werden verbrannt, erschossen, erschlagen und mit Vorliebe in die Luft gesprengt. Da fliegt die Hirse durchs Bild, dass es eine wahre Freude ist. Neben diesen jederzeit lustig anzusehenden Gewalttätigkeiten sind es aber vor allem die vielen lustigen Details, die eine Erwähnung verdienen: Henry Silva spielt den Anführer der Aufräumtrupps mit dem Super-Actionhelden-Namen Floyd Wrangler; die Eltern von Trash haben ein großformatiges Schwarzweiß-Poster ihres Sprösslings an der Wand, auf dem dieser in seiner Rockermontur schwer am Abposen ist (gleich daneben hängt ein Bodybuilding-Poster); die silbernen Schutzanzüge der bösen Schergen mit den Flammenwerfern haben offensichtlich keine Funktion außer der, geil auszusehen, jedenfalls brennen die genauso wie alle anderen auch; Mark Gregory hat offensichtlich zwischen Teil 1 und diesem hier einen VHS-Anfängerkurs "Schauspielern" besucht, es ist diesmal nicht ganz so schmerzhaft, ihm zuzusehen; Autos explodieren schon nach Beschuss mit kleinen Kalibern wie eine Feuerwerkskörper-Fabrik und Enzo hat in seinem obligatorischen Gastauftritt einen oberfetten Schnäuz auf der Lippe sitzen. Massenhaft Gründe also, den Film ins Herz zu schließen. 85 Minuten Dauerbeschuss und Dutzende von fliegenden Stuntmen, die sich bestimmt alle fragen, nach welchen Kriterien ihr Regisseur Dummies einsetzt ...
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