Der Monroe ihre dicken Hupen
#601
Geschrieben 23. Dezember 2006, 13:15
Smallville, USA. Ein winziges Kaff mitten in der Wüste ist dennoch der Spiegel der amerikanischen Gesellschaft, zumindest ein Spiegel dessen, was Russ Meyer und Drehbuchautor Roger Ebert in satirischer Überspitzung dafür halten. Im Zentrum des Films steht Lamar (Ken Kerr), ein einfacher Typ mit genau einer Besonderheit: Er ist ein Freund des gepflegten Arschficks. Sobald eine Frau ihm Avancen macht – und das ist in Smallville an der Tagesordnung – dreht er sie gleich auf den Bauch, um sich Zugang zur Hintertür zu verschaffen. Das frustet die Frauenschaft und so unternimmt Lavonia, seine Freundin, die übrigens selbst kein Kind von Traurigkeit ist und am liebsten 14-Jährige zu Männern macht, verschiedene Versuche ihren Lamar auf den rechten Weg zu bringen ...
BENEATH THE VALLEY OF THE ULTRA-VIXENS ist der Endpunkt einer großen Filmkarriere und logischer Höhepunkt in Meyers Schaffen. In BENEATH ist alles groß: vor allem die Brüste der zahlreichen weiblichen Darstellerinnen. Auch sonst mutet BENEATH wie auch schon SUPERVIXENS und UP! wie ein Best-of des Regisseurs an. Es gibt keine echte Dramaturgie, sondern ein buntes Potpurri grotesker Situationen und Figuren, die durch einen hauchdünnen Faden miteinander verknüpft sind. Der perverse Deutsche Nazi namens Martin Bormann darf da ebensowenig fehlen wie Uschi Digard als "SuperSoul". Zu diesem Panoptikum kommen noch Gestalten wie die gigantische Junkyard Sal (June Mack) oder die religiöse Radiomoderatorin Eufaula Roop (Ann Marie) und natürlich die obligatorischen und hilflosen Hähne im Korb. Moderiert wird das Ganze von Meyer-Regular Stuart Lancaster, der als "Man from Smallville" das Geschehen kommentiert und das Bindeglied zwischen den einzelnen Szenen darstellt. BENEATH ist dann auch eine Mischung aus den surrealen Wildheiten von Meyers Siebziger-Jahre-Filmen und dem burlesken Ton des Frühwerks. Und dazu gehört unbedingt auch der aufklärerische Gestus des Meisters: BENEATH kämpft feurig für die sexuelle Emanzipation der Frau, für ihr Recht auf den klitoralen bzw. vaginalen Orgasmus und kennzeichnet die Analfixierung als Männerding, dass vor allem auf mangelndes Einfühlungsvermögen und sexuelle Unreife zurückgeführt wird, Eigenschaften, die auch der echten sexuellen Erfüllung des Mannes im Wege stehen.
Roger Ebert ist nach BEYOND THE VALLEY OF THE DOLLS und UP! zum dritten Mal als Drehbuchautor für Meyer aktiv gewesen und hat erneut ein Script verfasst, dass Meyers Schaffen vor allem auf seinen Vordergrund reduziert. Charaktere gibt es hier überhaupt nicht mehr und auch eine Story ist – wie schon gesagt – ziemlich abwesend. Das ist schade, denn auch wenn Meyer wohl vor allem für seinen Busenfetisch in Erinnerung bleiben wird, bestehen seine Filme ja noch aus anderen Elementen, die es aber leider nicht bis in Eberts Greatest-Hits-Collection geschafft haben. So ist BENEATH zwar ein ziemlicher Augenschmaus, aber leider auch etwas ermüdend. Vielleicht war es gut, dass Meyer – der am Ende selbst auftritt – nach diesem Film Schluss gemacht hat, es wäre auch schwer gewesen, noch eine Antwort folgen zu lassen, die nicht nur Fußnote ist.
#602
Geschrieben 25. Dezember 2006, 14:04
Drittsichtung von Jacksons Epos, diesmal mit den Eltern. Ein immer noch fantastischer Film, der sogar meinen sonst jeglichem Fantasiebezug abholden Vater zu begeistern wusste.
Ich habe schon so viel zu dem Film gesagt, deshalb nur kurz eine Notiz: Wenn man Carl Denhams und Peter Jacksons Arbeit miteinander vergleicht, wird ziemlich augenfällig wie sehr sich der Beruf des Regisseurs in den letzten 70 Jahren verändert hat: Der eine sucht verschollene Inseln im Südpazifik und besteigt unter Lebensgefahr Berge mit seiner Kamera, der andere baut eine Halle in Neuseeland und lässt die Berge via Bluescreen ins Studio bringen ...
#603
Geschrieben 25. Dezember 2006, 14:22
Der Polizist Diao nimmt mit seinem Freund und Vorgesetzten den Drogenbaron Yaang fest, wobei sein Kollege leider das Leben verliert. Um abzuschalten begleitet Diao seine Schwester zu einer Art Benefizaktion: Sportler bringen Lebensmittel unhd Kleidung in ein kleines Dorf an der burmesischen Grenze. Das friedliche Ereignis mündet allerdings in eine Geiselnahme: Terroristen wollen nämlich – na, wen wohl? – General Yaang zurück haben. Neben der Gesundheit der Geiseln bereitet vor allem ein auf Bangkok gerichteter Atomsprengkopf Sorgen ... Es gibt nur eine Hoffnung: Die Sportler müssen sich mit vereinten Kräften zum Kampf stellen.
BORN TO FIGHT ist nach ONG-BAK und REVENGE OF THE WARRIOR der dritte große Thai-Actionklopper aus der Schmiede von Prachya Pinkaew, der diesmal seinem Stunt Coordinator auf dem Regiestuhl Platz gemacht hat. BORN TO FIGHT ist dann auch kein reiner Martial-Arts-Film, sondern ein All-out-Action-Angriff auf den ahnungslosen Zuschauer. Um eine Dramaturgie wird sich nicht lang geschert, Charaktere gibt es auch keine, ja, selbst von Figuren zu sprechen, trifft den Kern nicht ganz. Gegen BORN TO FIGHT nimmt sich selbst ein COMMANDO wie ein geschwätziger, überkonstruierter Problemfilm aus. Hier gibt es nur mehr eine Prämisse, die dann nach ca. 30 Minuten in einen ohren- und augenbetäubenden Showdown mündet. Mittels ihrer speziellen Talente stellen sich Fußballer, Kunstturner, Kampfsportler, Kinder und alte Männer den Terroristen, um ihnen auf sehr unkonventionelle Art die Lichter auszupusten. Wie man es aus den beiden zuvor genannten Erfolgsfilmen gewohnt ist, wird man mit Stunts verwöhnt, die ihresgleichen suchen und mehr als einmal Zweifel am Geisteszustand der Beteiligten aufkommen lassen. Mit Todesmut werfen sich die Akteure von fahrenden LKW, lassen sich von Autos anfahren, fliegen mit Affenzahn durch brennende Holzwände und lassen sich generell gern durch die Gegend werfen, treten und boxen, dass man seinen Augen kaum trauen möchte. Dazu kommt noch ein schwindelerregender Brutalitätsfaktor – Feinde werden durch Köpfe und Gliedmaßen anderer Feinde erschossen, mit brennenden Holzscheiten verprügelt, in die Luft gesprengt oder einfach mit Brachialgewalt erschlagen. BORN TO FIGHT ist dann auch weniger Spielfilm als vielmehr eine Best-of-Compilation oder eine teure Alternative zu irgendwelchen Pannenshows. Dennoch weiß BORN TO FIGHT zu begeistern: Zum ersten, weil nirgendwo sonst noch ein solches Actionkino produziert wird, dass durchaus Erinnerungen an die seligen Achtziger weckt. Zum zweiten, weil man durchaus den Stilwillen erkennt. BORN TO FIGHT hat eine sehr eigene Optik (möglicherweise Video?) und einen ebensolchen Rhythmus. Das lässt sich weder mit Hongkong- noch mit dem US-Kino vergleichen. Für Freunde krachender Knochen ist BORN TO FIGHT auf jeden Fall absolutes Pflichtprogramm, wer aber Wert auf eine kohärente Story mit Identifikationsfiguren und einem herkömmlichen Spannungsbogen steht, muss sich auf die ein oder andere Enttäuschung (oder aber nur Überraschung) einstellen.
#604
Geschrieben 28. Dezember 2006, 18:26
Eron (Cameron Mitchell) und Erik (Giorgio Ardisson) sind die Söhne des Wikingerkönigs Harald, der sein Volk bis nach England geführt hat. In einer blutigen Schlacht wird er vom intriganten englischen Heeresführer Ruthford ermordet, die Wikinger aus England vertrieben. Nur der kleine Erik bleibt zurück und wird als Herzog von Helford von der britischen Königin groß gezogen, während sein Bruder die Führerschaft der Wikinger übernimmt und Rache an Ruthford schwört. 20 Jahre später begegnen sich die getrennten Brüder bei einer Seeschlacht wieder ...
Mario Bavas Beitrag zum Monumentalfilm ist ein Augenschmaus, ein großes Vergnügen und einfach ein Feel-Good-Movie, geradezu perfekt für die Weihnachtszeit, in der der übervolle Magen die meiste Energie für sich in Anspruch nimmt und allzu komplexe Filme nur von der Verdauung ablenken. DIE RACHE DER WIKINGER lässt sich nicht gerade viel Zeit, vielmehr ist die epische Story in den knappen Rahmen von 85 Minuten gepresst worden, sodass es wenig Leerlauf, dafür aber jede Menge lustige Verwirrung gibt: Die Schiffahrt von England nach Norwegen dauert nicht länger als die Überquerung einer Straße, große dramatische Verwicklungen werden holterdipolter aufgelöst, nur um Platz für neue zu machen. Ein paar budgetbedingte Unzulänglichkeiten sorgen hier und da für kleine Schmunzler, können Bavas Ausflug ins Wikingerfilm-Genre aber dennoch keinen Schaden zufügen. Ein Film, der so randvoll gepackt ist mit Schauwerten (Schwertkämpfe, Seeschlachten, bunte Studiosettings, Burgen und die Kessler-Zwillinge), der darf sich auch mal eine kleine Panne erlauben, wie z. B. schlechte Day-for-Night-Shots. Insgesamt ist DIE RACHE DER WIKINGER keiner von Bavas besten Filmen, aber dennoch ein sicherer Kandidat und außerdem besser als sein anderer Abenteuerfilm EINE HANDVOLL BLANKER MESSER, ebenfalls mit dem Cameron.
#605
Geschrieben 30. Dezember 2006, 14:11
#606
Geschrieben 30. Dezember 2006, 20:47
Es gibt ja diese Abende: Man hängt unmotiviert vor der Glotze und weiß nicht, welche der zahlreichen noch zu begutachtenden DVDs man einlegen soll. Gelangweilt zappt man durchs Fernsehprogramm, in der Hoffnung, dass sich irgendeine Inspiration einstellt. Meist passiert nix, man hängt im Stand-by-Modus auf der Couch und verschwendet seine Jugend. Auch gestern war so ein Abend, doch statt über die 34. Wiederholung von VOLCANO oder SCOTT & HUUTSCH stolperten wir auf Pro 7 über einen wunderschön betitelten Schlangenhorror-Fernsehfilm, dessen kurze Inhaltsangabe sich so liest, als habe ein minderbemittelter Drehbuchautor im Vollrausch eine "Riesenidee" gehabt: Eine riesige Python (Länge ca. 23 Meter!) wird von einem schwerreichen Großwildjäger in die Staaten bestellt, wo sie allerdings ausbrechen kann und fortan in der Nähe von Philadelphia herumkriecht. Das CIA ist ratlos, also bringt man eine Meeresbiologin, die Delphine mit Sendern ausstattet, um Minen zu suchen, und einen Reptilienfachmann, der seinerseits im Besitz einer 26 Meter langen Boa ist, zusammen. Die Logik erinnert ein bisschen an den Pierre-Richard-Film EIN TOLPATSCH KOMMT SELTEN ALLEIN, wo nur der Volltrottel Pierre Richard in der Lage ist, die Spur der depperten Millionärstochter zu finden, weil er garantiert immer in dieselben Fallen tappt wie diese. Eine Riesenpython ist dieser Logik zufolge natürlich nur von einer Riesenboa aufzuspüren. Und so kommt es dann auch.
BOA VS. PYTHON ist unfassbarer Trash, der wirklich jedes Klischee und Fettnäpfchen mitnimmt: Der Großwildjäger ist ein Zigarre rauchender Schmerlappen mit nymphomaner Freundin, die trotz einer Abneigung gegen Schlangen eine solche als Tattoo auf dem Rücken und darüber hinaus gewaltige Nippel auf den Brüsten spazieren trägt. Die böse Python schneidet als erstes gleich mal Philadelphia von der Trinkwasserversorgung ab, um so für ein bisschen Katastrophenfilmflair zu sorgen – am Ende sieht man eine unmotiviert und nahezu unverständlich eingeschnittene Szene, in der Hände Wasserflaschen aus den Supermarktregalen reißen. Die ultramiesen CGIs könnten wohl noch nicht mal das KIKA-Publikum um den Schlaf bringen und der Gipfel der Inkompetenz wird im "Showdown" erreicht, in dem die sackdämliche Handlung plötzlich vom Wasserwerk auf einen komplett aus der Maschine stammenden U-Bahnhof verlagert wird, in den die realen Fressen der Hauptdarsteller einfach mal so reingepinnt wurden. Überhaupt die Effekte: Auf Puppen oder Latex hat man gleich gänzlich verzichtet, sodass die Schlangen immer nur dann im Bild zu sehen sind, wenn sie gerade nicht in Aktion sind. Ansonsten darf man sich die Action so vorstellen, dass Menschen wild ins Nichts ballern oder, so sie denn von den Monstern erwischt werden, von irgendetwas Unsichtbarem ins Schwarze gezogen werden.
Ein paar richtig geile Einfälle gibt es aber dennoch: So paaren sich die beiden Schlangen am Schluss (leider offscreen), was nach einigen Verwicklungen dann auch zu einem echten Eifersuchtsdrama führt. Der Großwildjägerarsch rekrutiert am Ende seine besten Freunde für die Jagd, einen erlesenen Haufen Volldeppen, die wohl noch nicht einmal einen vor ihren Gewehrlauf gebundenen Elefanten treffen würden. Ebenfalls mit von der Partie ist außerdem ein sensationsgeiler Fernsehreporter, der ständig einen Terroranschlag der Al Quaida wittert. Und die Szene, in der ein im Auto fummelndes Liebespaar von der Python überrascht wird und die Frau gar nicht merkt, dass sie von einem gigantischen Reptil cunnilingiert wird, wird in den folgenden Jahren sicherlich ihresgleichen lang suchen müssen. BOA VS. PYTHON ist randvoll mit solchem Unsinn, gegen den sich der thematisch verwandte SNAKES ON A PLANE ausnimmt wie die Spiegel-TV-Reportage. Ich hatte schon lange nicht mehr einen solchen Spaß an einem Fernsehfilm und würde mir dieses Meisterwerk glatt auf DVD kaufen, am liebsten mit viel Bonusmaterial und einem Interview mit Hauptdarsteller und Bill-Pullman-Lookalike David Hewlett, der nach seinen Kollaborationen mit Vincenzo Natali (CUBE, CYPHER, NOTHING) wohl einfach mal Bock auf einen Scheißfilm hatte.
#607
Geschrieben 30. Dezember 2006, 21:04
Der Millionär Frederick Loren (Vincent Price) versammelt auf Geheiß seiner Gattin Annabelle (Carol Ohmart) eine Gruppe von fünf Personen in seiner Villa, in der es angeblich spuken soll. Wer die Nacht übersteht, ist 10.000 Dollar reicher. Bald schon werden die ersten Gespenster gesichtet. Doch spukt es wirklich in dem Haus oder steckt etwas anderes hinter den merkwürdigen Vorgängen?
William Castles HOUSE ON HAUNTED HILL ist nicht nur einer seiner bekanntesten Filme, sondern wohl auch innerhalb des (amerikanischen) Spukhausfilm-Subgenres eine echte Berühmtheit. Und das völlig zurecht: Die Gruseleffekte funktionieren bei entsprechender Beleuchtung auch heute noch ziemlich gut und adeln den kleinen Billigfilm genauso wie Vincent Price, dessen Darstellung sicherlich zu seinen besten Leistungen gezählt werden darf. Der Clou des Films war damals wahrscheinlich trotzdem vor allem das durch den Kinosaal sausende Skelett. Solchen Hokuspokus hatte der Film aber eigentlich gar nicht nötig, wie die gimmicklose Sichtung im Heimkino beweist: Besonders in Erinnerung bleiben die kleine Selbstreferenzialität mit eben jenem Skelett, das Mr. Loren wie eine Marionette steuert und damit den kleinen, aber feinen Special Effect enttarnt. Einsamer Star des Films ist aber das Haus selbst, das so gar nicht an herkömmliche Spukhäuser erinnert, sondern schwer nach Bauhaus aussieht. Fein, fein – hat mir sogar besser gefallen als die Referenz des Genres, Robert Wise' THE HAUNTING, den ich mir demnächst nochmal zu Gemüte führen muss.
#608
Geschrieben 31. Dezember 2006, 12:42
Steven Seagal ist Jonathan Cold, ein "Foreigner", ein CIA-Agent, der "deep undercover" ohne Verbindungen zu Mittelsmännern in Europa agiert. Natürlich ist er der Beste. Für den ekligen Marquet soll er ein dubioses Päckchen in Versailles in Empfang nehmen und in Deutschland an einen gewissen Jerome van Aken übergeben. Dieser scheinbar einfache Auftrag hat aber seine Tücken, denn irgendwie wollen alle das Päckchen in die Finger kriegen und müssen deshalb ins Gras beißen. Nur der Jonathan nicht, denn der hat sich in die Gattin van Akens, die kühle Blonde Meredith verliebt.
THE FOREIGNER könnte gut und gern auch ein Kinderfilm sein. Dann würde er von einem tapferen Briefträger handeln, der auf ein Päckchen aufpassen muss, das ihm alle, angefangen beim gierigen Bürgermeister, über die zickige Oma von nebenan bis hin zum cleveren Wachhund Hasso abnehmen wollen. Doch Steven, der tapfere kleine Briefträger, hat immer eine schlaue Idee, wie er die Paketräuber überlisten kann. Glücklich und zufrieden kehrt er dann am Ende in sein kleines Briefträgerhäuschen ein und freut sich seines Lebens. Vielleicht hätte er dann auch noch einen sprechenden Papagei oder so. Natürlich ist THE FOREIGNER aber kein Kinderfilm, sondern stattdessen ein knallharter Thriller aus der glamourösen Welt des Hochverrats und der Diplomatie. Undurchsichtige, in Ehren ergraute Geheimdienstler sitzen in barock eingerichteten Gemächern (Wände voller Bilder, überall Statuen, prachtvolle Stuckverzierungen, aber das einige Möbelstück ist ein Tisch mit zwei Stühlen) und schieben Killer und Agenten hin und her wie Schachspieler ihre Figuren. Besonders gern werden entbehrlich gewordene Bauern auf verlassenen Bahnhöfen im als Berlin verkleideten Ostblock um die Ecke gebracht oder nächtliche konspirative Treffen auf dem Marktplatz einberufen, die dann immer nur einer lebend verlässt. Jeder ist gegen jeden, jeder hat eine versteckte Agenda und bald schon blickt keiner mehr durch, außer natürlich dem Jonathan Cold, der nicht nur alle seine Feinde plattmacht und jeden Schritt im Vorfeld erahnt, sondern auch noch die Schnalle abbekommt.
THE FOREIGNER ist eigentlich gar nicht so schlecht: Die Inszenierung ist recht brauchbar, die Gewalt ziemlich zupackend und selbst der doch etwas aus dem Leim gegangene Hauptdarsteller darf hier ab und zu noch seine unnachahmlichen Würfe, Entwaffnungen und Knochenbrechereien vorführen, anders als in den späteren Filmen, in denen er dann nur noch dazu für Close-Ups gebraucht wird. Wer mit Seagal Sachen wie MARKED FOR DEATH oder OUT FOR JUSTICE verbindet, wird dennoch etwas enttäuscht sein, denn viele Markenzeichen sind schmerzhaft abwesend. Insgesamt ist THE FOREIGNER einfach nicht prollig und dumm genug, um so richtig abzugehen. Früher, da brauchte man nur einen fiesen Bösewicht und jede Menge Feuerwaffen, um einen guten Actioner mit dem selbsternannten Schattenmann zu drehen, heute hat man den Eindruck, Steven Seagal habe zu viele Agentenfilme gesehen. THE FOREIGNER ist so unglaublich umständlich und überkompliziert und die Plottwists wechseln in so rascher Folge ab, dass es einem bald schon scheißegal ist. Wer weiß, vielleicht ist die Idee mit dem Briefträgerfilm gar nicht so schlecht ...
#609
Geschrieben 01. Januar 2007, 12:38
Eun-Jin ist Anführerin einer Gangsterbande und als solche ein verdammt harter Hund. Weich wird sie erst als sie ihrer krebskranken Schwester wiederbegegnet, die ihr einen Gefallen anbringt: Sie wünscht sich nichts sehnlicher als Eun-jin heiraten zu sehen. Und weil ihr der Wunsch ihrer Schwester heilig ist, macht sich Eun-Jin mit ihren Schergen sofort daran, einen geeigneten Gatten zu finden. Das klappt dann auch relativ schnell, aber das Eheleben birgt für den armen Su-il einige Überraschungen, entspricht seine Frau doch so gar nicht dem landläufigen Bild der guten Ehefrau ...
Interessant, interessant. MY WIFE IS A GANGSTER bietet eigentlich bestes Potenzial für eine wüste Slapstick-durchtränkte Screwball-Komödie, doch der Versuchung, alles einem Sammelsurium von Gags unterzuordnen, hat Regisseur Cho Jin-gyu widerstanden. MY WIFE IS A GANGSTER ist durchaus ein ernster Film, Komödie hin oder her. Die Gags stehen fast immer im Dienste der Story, die sehr geduldig und selbstbewusst erzählt wird und einiges über die Geschlechterrollen in Südkorea verrät. Um ihre Bande führen zu können, muss Eun-jin ihre Weiblichkeit komplett ablegen, was zu den erwartbaren Komplikationen im Zusammenleben mit ihrem braven Gatten führt. Dieser ist völlig überfordert mit seiner Frau, die ihm nicht nur den Sex verweigert, sondern diesen Unwillen auch mit ziemlich viel Nachdruck äußert und auch sonst eher rüde Umgangsformen an den Tag legt. Erst als sich die Schwester kurz vor ihrem Ableben auch noch Nachwuchs für ihre Schwester wünscht, lenkt Eun-jin ein und ist in Folge nicht mehr wiederzuerkennen.
MY WIFE IS A GANGSTER porträtiert eine gleich mehrfach gespaltene Gesellschaft: Den uralten Traditionen und Ritualen stehen moderne Menschen gegenüber, die sich in dieses starre Regelsystem nie so recht einfinden können. Männer- und Frauenrollen sind streng definiert – da bleibt kein Platz für den Individualismus. Und in dem männlichen System des organisierten Verbrechens müssen sich die Konfliktsituationen fast zwangsläufig potenzieren, wenn die Rollenzuweisungen ins Wanken geraten. Aber es gibt dennoch Hoffnung auf eine Aufweichung des rigiden Systems: Am Ende kämpfen Eun-jin und Su-il Seite an Seite gegen die Konkurrenz. Eun-jin hat gelernt, sich ihren Zorn fürs Geschäft aufzusparen und Su-il weiß, dass er keine ganz durchschnittliche Frau geheiratet hat.
MY WIFE IS A GANGSTER ist nicht ganz der Knüller, den ich erwartet habe, aber dennoch ein sehr interessanter und vor allem recht ungewöhnlicher Film. Auf jeden Fall ist er ein weiterer empfehlenswerter Beitrag des südkoreanischen Kinos, das mir doch sehr ans Herz gewachsen ist, auch wenn ja immer wieder gern verkündet wird, dass das alles nur unberechtigter Hype sei. Vielleicht habe ich aber auch nur die falschen (richtigen?) Filme gesehen ...
#610
Geschrieben 01. Januar 2007, 12:52
Ein Geständnis: Ted V. Mikels Trashklassiker ist gestern völlig an mir vorbei gegangen. Wer schonmal einen Film des Meisters gesehen hat, der weiß, dass das ein durchaus zwiespältiges Vergnügen ist. Virtuose Spannungserzeugung ist Mikels' Sache nicht, vielmehr beziehen seine Filme ihren Reiz gerade aus dem völligen Unvermögen, eine Geschichte zielstrebig zu erzählen. So schleppt sich THE ASTRO-ZOMBIES eher mühsam über die Runden, für die lustigen Momente muss man sich durch ellenlange gestelzte Dialogszenen quälen, die auf meiner DVD dank der mäßigen Tonqualität auch noch recht schwer zu verstehen waren. Verpasst habe ich wahrscheinlich dennoch nichts, denn die Geschichte um den mad scientist (John Carradine), der Menschen ermorden lässt, um aus ihren Körperteilen dann eine Rasse von Supermenschen zu erzeugen, ist ja Standardware. Inwieweit Tura Satana in das daraus resultierende Tohuwabohu involviert war, hat sich mir nicht ganz erschlossen, aber dafür ist sie halt immer wieder nett anzuschauen. Ach Mann, der Film geht schon in Ordnung, auch wenn mir im Moment nicht gerade viele Gründe dafür einfallen. Vielleicht liegt es an dem sabbernden Buckelgehilfen, dass ich dem Film dennoch einen Platz in meinem Herzen reservieren muss. Sehr wahrscheinlicher aber an dem Astro-Zombie (Warum eigentlich "Astro"? Haben die zu viele miese Uncut-Tapes geguckt oder was?), der sich im Showdown eine Taschenlampe vor die Birne halten muss, weil ihm sonst die Energie ausgeht. Zu geil: Da baut der Carradine aufwändig Supermenschen zusammen, die dann schon den Dienst versagen, sobald die Sonne mal nicht scheint. Da muss die Revolution wohl noch etwas warten. Auf sowas kann wohl nur der Mikels kommen.
#611
Geschrieben 01. Januar 2007, 18:21
Die drei Astronauten Taylor (Charlton Heston), Landon und Dodge machen eine Bruchlandung auf einem fremden Planeten, nachdem sie ca. 2000 Jahre durchs All gegondelt sind. Bald treffen die Drei auf Spuren einer Zivilisation, die jedoch ganz anders aussieht als sie sich das vorgestellt haben: Menschenaffen sind an die Stelle der Menschen getreten, die sich nun in der Rolle geknechteter Käfigtiere wiederfinden. Taylor gelingt es, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler Dr. Zira und Dr. Cornelius auf sich zu ziehen, da er ein ungewohnt intelligenter Vertreter seiner Spezies ist. Die Existenz eines vernunftbegabten Menschen bringt die Affenzivilisation bald an den Rand des Zusammenbruchs ...
PLANET OF THE APES ist ein absoluter Klassiker des Science-Fiction-Films und als solcher auch nach fast vierzig Jahren immer noch über jeden Zweifel erhaben. Die fantastische und im wahrsten Sinne des Wortes fabelhafte Story von Pierre Boulle wurde von Michael Wilson und Rod Serling perfekt adaptiert, von Franklin J. Schaffner kongenial umgesetzt und mit einem beunruhigenden Score von Jerry Goldsmith versehen. Unsympath Charlton Heston ist perfekt als Alphamännchen, der unbewusst genau jene Vorurteile der Affen bestätigt, die er eigentlich widerlegen will. Sein Kollaps zum berühmten Schluss trifft auch deshalb so ins Mark, weil dem Helden des US-Kinos jener Zeit solche Selbsterkenntnis meist verwehrt blieb. Überhaupt hat PLANET OF THE APES thematisch noch lange nicht ausgedient. Schaut man sich die gefährliche Vermengung von Wissenschaft und Religion an, die im sich unter anderem in der Kreationismus-Diskussion äußert, fühlt man sich nicht zuletzt an die Propaganda des Dr. Zaius erinnert, der ein rigides System aus Tabus und Strafen einzig zu dem Zweck aufgestellt hat, das die Wahrheit niemals ans Licht kommt. Schaffners Film ist dann auch eher der Philosophy- denn der Science-Fiction verpflichtet. Berührungspunkte zu letzterem Genre lassen sich vor allem innerfilmisch nachweisen: PLANET OF THE APES tritt mit zahlreichen anderen Sci-Fi-Filmen in Dialog, die vom Besuch Außerirdischer auf unserem Planeten handeln. In Schaffners Klassiker sind die Vorzeichen umgedreht: Der Mensch findet sich plötzlich in der Rolle des ungeliebten Besuchers wieder. Hier gibt es also jede Menge food for thought und das alles überaus schmackhaft dargeboten. Die Masken und Bauten sind auch heute noch toll anzuschauen, die affenlose und deshalb immer etwas unterschlagene erste halbe Stunde möchte ich gar als absolut wegweisend bezeichnen. Diese Bilder, diese Musik ...
#612
Geschrieben 01. Januar 2007, 22:36
Wie der lustige Astronaut Taylor im ersten Teil crasht auch der ihm hinterher geflogene Brent (James Franciscus) auf dem Planet der Affen. Nach kurzer Zeit kreuzt aber die stumme Nova, das Anhängsel vom Taylor aus Teil eins, seinen Weg, nachdem sie ihren Lover in der verbotenen Zone verloren hat. Auf der Suche nach seinem Kollegen kommt Brent auch im Affendorf vorbei, wo die militaristischen Gorillas zum Angriff auf eben jene verbotene Zone blasen, weil sie dort Leben vermuten. Und tatsächlich: Neben dem ollen Taylor hausen in den Überresten der menschlichen Zivilisation Telepathie-begabte Mutanten, die eine gigantische Atombombe anbeten. Das Ende der Welt steht bevor ...
BENEATH THE PLANET OF THE APES dürfte wohl eines der krudesten Sequels der Filmgeschichte sein. Tatsächlich hatte der designierte Star Heston die Schnauze voll von Affenfilmen, und um sicher zu gehen, nicht für weitere Sequels verpflichtet zu werden, bestand er nicht nur darauf, dass seine Rolle auf einen verlängerten Gastauftritt (inkl. Filmtod) heruntergekürzt wurde, sondern nahm auch in einer Weise Einfluss auf den vom Vollzugsbeamten Ted Post pflichtbewusst heruntergekurbelten Film, die die Hoffnungen auf weitere Fortsetzungen zunichte machte. BENEATH ist als Sequel eines Erfolgsfilms erstaunlich offbeat geraten, mit vielen in der Post-Hippie-Ära noch so gerade angesagten psychedelischen Schnittfolgen und Bildkompositionen. Die Affen werden allesamt zu Nebenfiguren degradiert, wie überhaupt der Film nur sehr am Rande etwas mit der Serie gemein hat. Schon die Prämisse um den aus dem Nichts kommenden Astronauten Brent macht deutlich, dass der schnelle Cash-in gegenüber einer kreativen Fortführung der ausbaufähigen Story wohl im Vordergrund stand, dennoch ist BENEATH ein ganz interessanter Film geworden, gerade weil er sich so wenig Mühe gibt zu gefallen und die Erwartungen zu erfüllen. Wie "anders" BENEATH THE PLANET OF THE APES geworden ist, wird besonders dann augenfällig, wenn man den braven dritten Teil, ESCAPE FROM THE PLANET OF THE APES, direkt hinterher schiebt.
#613
Geschrieben 01. Januar 2007, 22:58
Everybody's favorite apes, die schwangere Dr. Zira (Kim Hunter) und Dr. Cornelius (nach einer Pause in Teil zwei wieder dabei: Roddy McDowall), ist die Flucht vom Planet der Affen gelungen, kurz bevor dieser durch die Atombombe vernichtet wurde. In der Gegenwart der Siebziger-Jahre landen sie mit ihrem Kollegen Dr. Milo (Sal Mineo) in Kalifornien und werden sofort vom verdutzt dreinblickenden Militär (unter anderem dabei: ein junger M. Emmet Walsh) in Empfang genommen. Unter der freundlichen Aufsicht des Tierpsychologen Dr. Lewis Dixon (Bradford Dillman) werden die freundlichen und intelligenten Affen bald zu Medienlieblingen. Doch der gerissene Prof. Hasslein (Eric Braeden) ahnt, dass die beiden etwas zu verbergen haben und geht zum Angriff über.
ESCAPE FROM THE PLANET OF THE APES wirkt nach dem merkwürdigen zweiten Teil beinahe bieder. Die philosophischen Implikationen der Grundkonstellation werden vor allem in der ersten Hälfte des Films zugunsten familientauglicher Unterhaltung aufgegeben, die ihren Antrieb vor allem aus dem Aufeinanderprall zweier unterschiedlicher Kulturen bezieht. Wie schon sein Vorgänger Ted Post inszeniert auch Routinier Don Taylor eher unauffällig, hat jedoch das Glück, auf ein durchaus cleveres Script zurückgreifen zu können, das bei BENEATH schmerzlich vermisst wurde. Der Teufel steckt bei ESCAPE im Detail: Nach der braven und putzigen ersten Hälfte zeigt Teil drei nämlich plötzlich Zähne. Die liebgewonnen Protagonisten werden gedemütigt und gequält, schließlich eine echte Hetzjagd auf sie veranstaltet. Dass sich die Bösewichter dabei auf das Wohl der Menschheit berufen, macht ESCAPE zum echten Nerventerror. Taylor und sein Drehbuchautor Paul Dehn (auch für Teil zwei verantwortlich) zeichnen die USA der Siebziger als gnadenlosen Polizeistaat mit deutlich faschistoiden Tendenzen und kehren damit wieder zum Geist des ersten Teils zurück, dessen Grundkonstellation sie konsequent umdrehen. Zwar erreicht auch der dritte Teil erwartungsgemäß nicht ganz die Klasse des Originals, weiß die Vorlage aber sinnvoll zu erweitern und auszubauen. Guter Film!
#614
Geschrieben 02. Januar 2007, 18:51
Eine bemannte Rakete explodiert kurz nach dem Start, ein unbekannter Terrorist meldet sich auch gleich zu Wort. Gut, dass man einen teuren Computer hat, der, wird er flugs mit ein paar Informationen gefüttert, den Namen der geeigneten Fachkraft für die Terroristenhatz ausspuckt: Sabrina Kincaid, ihrerseits Anführerin der Doll Squad, einer Gruppierung von Superfrauen im Dienste der Regierung. Die "Doll Squad" wird in der Folge zusammengetrommelt und für den Kampf gegen den Oberfiesling vorbereitet. Hier hält Mikels schonungslos drauf und verdeutlicht wie wenig glamourös das Geheimagentenleben tatsächlich ist: Eine von ihnen arbeitet im echten Leben sogar als Riesenrad-Ticketverkäuferin auf dem örtlichen Rummelplatz! Beamtenstatus my ass! Ein paar der Puppen werden kurz nach ihrer Rekrutierung gleich vom Feind entsorgt, am Ende bleiben aber dennoch sechs (oder sieben?) flotte Bienen übrig, um die Festung des Bösewichts zu stürmen, der sich nicht nur als Ex-Lover von Sabrina Kincaid entpuppt, sondern die Menschheit auch mit einer Form der Pest ausrotten will. Dazu sollen seine Geschäftspartner an genau festgelegten Orten infizierte Ratten aussetzen. Da hat sich endlich mal jemand Gedanken gemacht!
Ted V. Mikels bildet sich auf THE DOLL SQUAD ziemlich was ein, weil sein Film angeblich die Inspirationsquelle für die Erfolgsserie CHARLIE'S ANGELS gewesen sein soll. Nun ja, ich möchte da nicht so recht dran glauben. Zum einen ist die Idee der Serie nicht so originell, dass man nicht auch allein drauf kommen könnte, zum anderen erinnert Mikels Film eher an eine schlechte Bond-Kopie, denn an die weiblichen Superdetektive. Gegen Ende, wenn die Doll Squad mit Maschinengewehren das Anwesen des Schurken stürmt, wird dann auch ziemlich auf die Kacke gehauen, Menschen explodieren, werden weggepustet oder angekokelt. Ja, Mikels ist mit THE DOLL SQUAD schon ziemlich nah dran an einem "echten" Spielfilm, so ganz ohne die gewohnten inszenatorischen und vor allem dramaturgischen Unzulänglichkeiten kommt aber auch dieser Film von ihm nicht aus. Die völlig banale Story wird höchst umständlich erzählt und immer, wenn man denkt, dass es jetzt endlich losgeht, bremst er das Geschehen wieder mit einer unnützen Dialogszene aus, die wohl den Eindruck erwecken soll, es hier mit einem hochbrisanten und knallhart recherchierten Politthriller zu tun zu haben. Das ist THE DOLL SQUAD natürlich nicht für zehn Cent, unsere Heldinnen würden wohl noch nicht einmal den Sommerschlussverkauf bei C&A lebendig überstehen, genausowenig wie der Schurke einer alten Dame die Handtasche abnehmen könnte. Beweis für diese These ist der unfassbar inkompetent ausgeführte und darüber hinaus komplett bescheuerte Mordversuch den Sabrina ihrem Ex-Lover angedeihen lässt: Sie schubst ihn, einen Scherz vortäuschend von der Couch, verschüttet ebenso spielerisch eine Pulle Martini über ihm, zieht dann den Stecker einer Lampe aus der Steckdose und wirft ihm diesen – hupps – zu. Der Ollen hätte ich mal gehörig den Arsch versohlt, aber der Schurke ist wie auch seine Schergen noch dämlicher als die Puppenschwadron und gibt wenig später doch den Löffel ab.
Ja, es gibt eine Menge zu lachen, auch wenn Mikels mit Sicherheit nicht als der furioseste Baddie-Regisseur in die Geschichte eingehen wird. Seine Filme kranken immer ein wenig daran, dass er sie offensichtlich selbst wesentlich ernster genommen hat als sie eigentlich sind. Wo andere eine beknackte Szene an die andere kleben, dümpeln Mikels Filme so vor sich hin, vom Umkippen in den völligen Trash immer vom durchaus vorhandenen handwerklichen Geschick des Meisters bewahrt. Die missratenen Explosionen und Spezialeffekte zeigen zwar schon, dass hier Meister Schmalhans Küchenmeister war, aber das kann man ja auch bei Großproduktionen dieser Zeit beobachten. Für THE DOLL SQUAD gilt also: Trash ja, Gehirntod nein.
#615
Geschrieben 03. Januar 2007, 00:11
Nach den Ereignissen aus ESCAPE haben sich die USA in einen totalitären Staat verwandelt, in dem Affen wie Sklaven geknechtet werden. Als der Ziehvater von Ziras und Cornelius' Sohn Caesar (Roddy McDowall), der Zirkusdirektor Armando (Ricardo Montalban), mit dem Spross die Stadt besucht, gibt es Probleme, denn der intelligente Affe kann den Mund nicht halten. Ein sprechender Affe stellt aber die größte Gefahr für die Menschheit dar und so werden alle Kräfte mobilisiert, den potenziellen Umstürzler zu finden. Die Grausamkeit, mit der der Staatsapparat dabei vorgeht, inspiriert wiederum Caesar dazu, eine Rebellion einzuleiten, die das Ende der menschlichen Zivilisation zur Folge hat.
Der vierte Teil reiht sich perfekt in die vielen dystopischen und apokalyptischen Filme der Siebziger-Jahre ein. CONQUEST ist ganz schön düster, dabei aber auch ziemlich clever. Die Menschheit hat sich vor allem deshalb zum Faschismus und Rassismus entwickelt, weil sie Angst vor ihrem eigenen Untergang hat. Und weil dieser Untergang der Prophezeiung aus ESCAPE nach von einem sprechenden Affen ausgeht, werden gleich alle Affen geknechtet und gequält. Zumal man im vermeintlich primitiven Affen ja das unterentwicklete Spiegelbild seiner Selbst nur allzu gut erkennt. Der einzige Verbündete Caesars ist dann auch bezeichnenderweise der Schwarze McDonald (Hari Rhodes), der eigene Erfahrungen mit Unterdrückung und Sklaverei machen durfte (hier verheddert sich der Film dann allerdings etwas in den Zeitebenen und verwechselt sein Entstehungsjahr mit dem Handlungsjahr, das knapp 20 Jahre später liegt). Die finstere Mär wurde von Regisseur J. Lee Thompson, der später ein paar hübsche Bronsonkracher machen sollte, wie gewohnt routiniert inszeniert und vollgepackt mit deutlichen bildlichen und akustischen Bezügen zum Dritten Reich und den berühmtesten dystopischen Romanen. Die US-Großstadt, in der der Film spielt (wahrscheinlich L. A.), besteht fast nur aus Beton, gigantomanische Wolkenkratzer schießen in den Himmel und sonst ist alles mit Brücken, Treppen und Rampen vollgestellt, die zu fröhlichen Fackelmärschen einladen. Und das Militär lässt in seinen schnieken schwarzen Uniformen auch nicht gerade viel Deutungsspielraum. Für ein mulmiges Gefühl im Magen sorgt außerdem die brutale Übergriffigkeit des Staates, der mit bürokratischer Penetranz gegen verdächtige Subjekte vorgeht. Wie der brave und gutmütige Armando wegen eines einzigen unachtsamen Moments voll in die Mühlen der faschistischen Justiz gerät, hat mich nicht unberührt gelassen. Für einen vierten Teil ist CONQUEST also mehr als beachtlich, wenn auch nicht ganz ohne Fehler: Völlig unklar bleibt, warum aus Sohn Milo ein Caesar wurde und dramaturgisch hängt der Film in der zweiten Hälfte auch ein wenig durch. Für die Serie ist dieser Film trotzdem immens wichtig, was man dann vom letzten Teil, BATTLE FOR THE PLANET OF THE APES, nicht mehr sagen kann.
#616
Geschrieben 03. Januar 2007, 01:05
Nachdem die Affen die Herrschaft über die Menschen erlangt haben, hat eine Atombombe die ehemaligen US of A dem Erdboden gleichgemacht. Die Affen leben in einer kleinen Siedlung gemeinsam mit den Menschen, drohen aber an inneren Streitigkeiten zu zerbrechen: Das Militär unter der Leitung des tumben Aldo (Claude Akins) traut den Menschen nicht, will am liebsten gleich einen neuen Krieg vom Zaun brechen. Doch Caesar (Roddy McDowall) mahnt zur Besonnenheit. Zusammen mit dem Bruder seines Menschenfreundes McDonald (Austin Stoker, ASSAULT ON PRECINCT 13) macht er sich auf den Weg in die Ruinen der Stadt, um dort alte Archivaufnahmen seiner Eltern zu sichten. Die so gewonnen Informationen über das Ende der Welt sollen Caesar den Weg in die Zukunft weisen. Doch die Stadt ist mitnichten ausgestorben: Ein paar Menschen leben in den Ruinen und verfolgen Caesar in die Siedlung der Affen, wo es zur letzten Schlacht kommt.
J. Lee Thompson kurbelte diesen Film (vermutlich back-to-back mit CONQUEST) ein und beendet die Reihe mit einem großen Fragezeichen. BATTLE ist zwar lang nicht so schlecht wie gemeinhin behauptet wird, aber das ist immer noch kein Grund in Begeisterungsstürme auszubrechen. Was den Vorgängern mühelos gelang, nämlich Anspruch und Unterhaltung zu verbinden und die in den jeweiligen Vorgängern aufgeworfenen Fragen intelligent zu beantworten, will hier nicht so recht klappen. Das ist weniger auf die Story selbst zurückzuführen, sondern darauf, dass BATTLE trotz der knappen 85 Minuten Laufzeit vor allem eins ist: zäh wie eine Schuhsohle. Es dauert lange bis klar wird, welche Geschichte diesser Film eigentlich erzählen will. Und wenn es dann endlich soweit ist, ist das wie ein gezielter Hieb auf den Hinterkopf. Thompson unterwandert kühn die Zuschauererwartungen. So kühn, dass man das erst verdauen muss. Schien der Zirkelschluss mit CONQUEST eigentlich perfekt gelungen zu sein, geht BATTLE gänzlich eigene Wege, anstatt lediglich die Erwartungen zu bedienen und den Kreis zu schließen. Bis hierhin schien jeder Teil die Prophezeiung am Ende des Original zu bestätigen: Zira und Cornelius leiteten mit ihrer Flucht gerade jene Ereignisse ein, die sie letztlich überhaupt erst zu ihrer Flucht bewegt hatten. Lediglich im Hintergrund klang leise an, dass die Zukunft nicht statisch ist: In ESCAPE spricht der böse Prof. Hasslein zum ersten Mal von den verschiedenen Straßen, die in die Zukunft führen, und davon, dass man jederzeit die Spur wechseln könne. Diese Worte werden in BATTLE noch einmal wiederholt. Dennoch staunt man nicht schlecht, dass das Ende von BATTLE eine wesentlich versöhnlichere Zukunft für Affen und Menschen bereitzuhalten scheint, als man es im ersten Teil der Serie gesehen hat. Aber es ist längst nicht alles peaches and cream: Denn der Frieden wird aus der Gewissheit geboren, dass er höchst instabil ist und sowohl im Menschen wie auch im Affen der Keim für blutige Konflikte angelegt ist. Aldo wird für sein Verstoß gegen das Grundgesetz der Affen, niemals einen anderen Affen zu töten, von Caesar mit dem Tode bestraft, doch in seiner Tat erkennt Caesar nicht nur, dass er selbst ein Mörder ist, sondern auch wie fragil der so errungene Frieden ist. Der friedliche und unschuldige Urzustand wird sich nie wieder herstellen lassen. Das haut rein und ist ein ziemlicher Downer, nachdem man sich so darauf gefreut hatte, dass jedes Puzzleteilchen an seinen vorherbestimmten Platz fallen würde. Intellektuell ist auch BATTLE also hochinteressant und spannend, aber als reiner Spannungsfilm will er rein gar nicht funktionieren, wirkt zeitweise regelrecht billig gegenüber den Vorläufern. Darüber kann dann auch der kleine Gastauftritt von niemand geringerem als John Huston als "lawgiver" nicht hinwegtäuschen.
#617
Geschrieben 04. Januar 2007, 00:18
Die Astronauten der Raumstation Oberon arbeiten eng mit dressierten Menschenaffen zusammen, die allzu gefährliche Aufgaben für die Menschen übernehmen. Der Lieblingsschimpanse von Leo Davidson (Mark Wahlberg) gerät beim Flug mit einer kleinen Raumkapsel in einen Magnetsturm und verschwindet vom Radar. Der gute Leo fliegt ihm flugs hinterher und stürzt wenig später auf einem fremden Planeten ab. Dort gerät er unmittelbar in eine Hetzjagd: Intelligente Menschenaffen stürzen sich wutschnaubend auf verängstigte Menschen, die sie in ihrer Stadt als Sklaven oder Haustiere halten. Mithilfe der äffischen Menschenrechtlerin Ari (Helena Bonham-Carter) und einigen Menschen gelingt Leo die Flucht, die Affen um den brutalen Genral Thade (Tim Roth) dicht auf den Fersen ...
Neue Chance, neues Glück. Die damalige Kinosichtung stellte eine der größten Enttäuschungen meiner Kinobesucherlaufbahn dar. Viel hatte ich mir von Burtons "Re-Imagining", wie es damals hübsch überkandidelt bezeichnet wurde, versprochen, wenig wurde eingelöst. Heute stehe ich dem Film zwar etwas versöhnt gegenüber, dennoch ist Burtons PLANET OF THE APES sowohl weit vom Niveau seiner anderen, man ist versucht zu sagen "eigenen" Filme als auch von dem des Originals entfernt. Das Remake präsentiert sich als schmerzhaft gewöhnlicher und dramaturgisch äußerst müder Actionfilm, der eigentlich nur noch von seinen Schauwerten lebt. Klar, die Affenmasken sind toll und so ziemlich das Einzige, was hier eine Verbesserung gegenüber dem 68er-Affenplaneten darstellt. Aber schon bei den Bauten vermisst man eine persönliche Note Burtons, alles sieht nach Fließband aus und ich behaupte, dass nahezu jeder nur halbbegabte Regisseur das genausogut hinbekommen hätte. Für sich allein betrachtet taugt das Update rein gar nix. Interessant wird er Film erst im direkten Vergleich mit der Filmreihe, bei dem einige Verschiebungen auffallen. So inkorporiert Burtons Film Elemente der gesamten Affenreihe: das wechselseitige Verhältnis der Sklaverei (Affen versklaven Menschen in der Zukunft, weil sie selbst zuvor von den Menschen geknechtet wurden), die Zirkularität der fünfteiligen Serie wird hier in den letzten 20 Minuten geballt abgespult, Charlton Heston spielt einen Affen, der das Geheimnis der Menschen kennt und eine ihrer Feuerwaffen besitzt, und am Ende, wenn der Agitator Thade besiegt ist, können Menschen und Affen in Eintracht leben wie weiland im letzten Eintrag der Serie. Die ein, zwei abgewandelten Zitate lassen die Nerds und Insider wissend auf die Schenkel klopfen, stellen den mittlerweile serienmäßig in Remakes eingebauten offenkundigen intertextuellen Verweis dar, aber sonst geht nicht viel. Wahlberg ist genauso unsympathisch wie sein Vorgänger, ohne sich aber dessen bewusst zu sein. Total flachbirnig arbeitet er sich durch den Film und wird von allen angehimmelt. Warum, bleibt unklar. Wie es auch rätselhaft bleibt, warum die Affen den Menschen am Ende verzeihen. Das wird als logischer Schluss präsentiert, ohne dass es irgendeinen Sinn ergibt. Auch ideologisch ist die 2001er-Version weit vom kritischen Ton der Urserie entfernt: Die Affen haben Unrecht und sind böse, die Menschen unschuldig und gut. Das Einzige, was neben den schon angesprochenen vordergründigen Werten bleibt, ist der ganz nette Schlussgag, der aber die eh schon sparsame Logik des Films ziemlich über Bord wirft. Da wird doch wohl kein reimaginiertes Sequel folgen? Gott bewahre!
#618
Geschrieben 04. Januar 2007, 12:06
Steven Seagal ist William Lansing, seines Zeichens ehemaliger Supergeheimagent und Militärmotz mit finsterer Vergangenheit. Jetzt lebt er zurückgezogen in den kanadischen Wäldern, stapft mit seinem knöchellangen Lodenmantel durchs Dickicht und klaubt hier und da ein verletztes Vögelchen vom Waldboden, dass er mit seinen Patschehändchen und treudoofem Dackelblick wieder repariert. Damit ihm nicht allzu langweilig wird, steht er in regem Briefkontakt mit dem polnischen Waisenmädchen Irena, die er zwar nie gesehen, ihr aber dafür jede Menge schicken Firlefanz wie zum Beispiel einen Geheimagentencode beigebracht hat. "You've enriched my life" schreibt Irena ihm voll Überschwang und man möchte gar nicht erst die schmutzige Fanatsie bemühen, um sich auszumalen, was das bedeuten könnte. Jedenfalls wird Irena von einem fiesen Menschenhändlerring entführt. Die Briefe reißen ab und so fährt der dicke William nach Polen, um eine neue Jahresration Pansensuppe einzukaufen und gleichzeitig seine kleine Freundin aufzuspüren.
OUT OF REACH gehört zum streitbaren Spätwerk des Aikido-Klumpens und teilt mit den anderen Filmen desselben (des Spätwerks) auch deren Unzulänglichkeiten: eine Inszenierung auf gehobenem Fernsehniveau, eine überkompliziert erzählte, aber trotzdem ziemlich einfache Plotline, Schauplätze im preisgünstigen Ostblock und einen Mangel an krachigen Actionszenen. Nach durchaus viel versprechendem Anfang mit einigen Knochenbrüchen und Schießereien stellt der Film das Spektakel bald ein und gefällt sich in bedeutungsschwangerem Gemurmel und vielen unverständlichen Täuschungsmanövern. Dennoch gibt es für Adepten der Seagalology einiges zu entdecken, mehr als etwa im zuletzt gesichteten THE FOREIGNER: Den ausgiebig im Film zitierten Briefwechsel des Stars mit dem kleinen Mädchen erwähnte ich bereits. Hinzu kommt die unglaubliche Dreistigkeit, mit der Seagal hier gegenüber allen Instanzen und Behörden auftritt und damit auch noch durchkommt. Er latscht in Büros rein und durchwühlt Schubladen, hackt sich beim Besuch auf der Polizeiwache mal eben in die Datenbank ein (woher zum Teufel hat er das Passwort?), zeigt den ratlosen Polizeibeamten, wie man Videoaufnahmen entzerrt, und schwört dem Oberbösen vor dem finalen Schwert-und-Degen-Duell einen besonders langsamen Tod. Da der Steven aber aus seiner Haut nicht raus kann, gibt der dann doch ziemlich schnell den Löffel ab. Die tollste Szene des Films ist aber eindeutig die, in der die kesse Irena ihrem Freund per geschicktem Umarrangieren von H'ors D'oeuvres (schreibt man dat so?) eine Geheimbotschaft zukommen lässt: Drei Lachsschnittchen, drei Kaviarkekse und drei Sardinen hintereinander und mit Seetang voneinander abgetrennt bedeuten also "Das ist eine Falle!" Gut zu wissen, werde ich beim nächsten Büffet gleich mal ausprobieren. Überhaupt nicht verstanden habe ich hingegen die Politik der Menschenhändler: Um in diesem Metier Geld zu verdienen, sollte man doch vielleicht auch mal einen Menschen verkaufen, oder? Die Schurken des Films hingegen nehmen zwei Mädchen aus dem Waisenhaus mit, von denen sie eine direkt abmurksen und die andere – eben Irena – zum Schachspielen bei sich behalten. So kann dat ja nix werden, Mensch!
#620
Geschrieben 05. Januar 2007, 00:58
London, Ende des 19. Jahrhunderts: Robert Angier (Hugh Jackman) und Alfred Borden (Christian Bale) arbeiten als Gehilfen für einen kleinen Magier. Als Zuschauer getarnt sitzen sie im Publikum, um dann für einen Trick als Freiwillige auf die Bühne gerufen zu werden. Ihre Aufgabe ist es, die Gehilfin des Zauberers – Angiers Frau – für einen Houdini-Trick zu fesseln. Doch Borden macht einen Fehler und Angier muss mitansehen wie seine Frau auf der Bühne ertrinkt. Daraufhin entbrennt ein jahrelang währender Kampf zwischen den beiden angehenden Zauberkünstlern um den besten Trick, der von gegenseitigen Sabotageakten und Anschlägen gesäumt ist. Und als Borden anscheinend den perfekten Trick gefunden hat, schreckt sein Kontrahent auch vor einem kühnen Mordversuch nicht mehr zurück ...
Christopher Nolan verknüpft in seinem Film auf beeindruckend filigrane Art und Weise verschiedene Themenkomplexe und liefert mit seinem Magierduell gleichzeitig einen lupenreinen Metafilm ab. Ein Zaubertrick, so lässt uns der Erzähler Cutter (Michael Caine), der Ingenieur im Hintergrund, wissen besteht aus drei Akten: dem pledge, der Exposition des Tricks, dem turn, seinem ersten Schritt, und eben dem prestige, dem Höhepunkt des Ganzen. Und dieser Dramaturgie folgt auch Nolan, selbst dann noch, wenn man eine Steigerung des Geschehens kaum noch für möglich hält. Nebenbei geht es außerdem um den Unterschied zwischen echter Hingabe und Obsession und den schmalen Grat zwischen trickery, Magie und – hier ist THE PRESTIGE dann auch so etwas wie ein period piece – der Naturwissenschaft. Nikola Tesla, selbst erbitterter Konkurrent seines Zeitgenossen THomas Edison, hat eine nicht unbedeutende Rolle und ist mit Chamäleon David Bowie brilliant besetzt. Christopher Nolans Film ist großes, formvollendetes Kino, das den Spagat zwischen Unterhaltung und Anspruch perfekt meistert und mit seinem tollen, frischen Sujet voll ins Schwarze trifft. Wirklich beeindruckend an seiner Arbeit ist wie es ihm gelingt, sich mit den vielen twists, turns und Zeitsprünge, die man von ihm ja mittlerweile gewohnt ist, niemals nur dem schönen Schein zu verpflichten, sondern sie immer in den Dienst der Geschichte und ihres Themas zu stellen. Dennoch entsteht dabei kein steriles Thesenkino: Die Schicksale, die Nolan für seine Figuren bereithält, treffen ins Mark, erschüttern und wühlen auf, ohne dabei jedoch die Grenze zur Rührseligkeit zu überschreiten. Es gibt und gäbe noch so viel zu sagen zu diesem beeindruckenden Film, aber das hieße auch, ihn für zukünftige Zuschauer zu verderben. THE PRESTIGE wird – da bin ich mir ganz, ganz sicher – wie auch der nicht minder famose MEMENTO Stoff für viele, viele Sichtungen bieten. Deshalb belasse ich es jetzt bei meiner eh schon viel zu ausschweifenden Lobhudelei und ergänze noch mit ein paar schnöden Fakten für Statistiker: Christian Bale ist auf dem besten Wege, in die Liga der absoluten Schauspiellegenden aufzusteigen. Seine Bandbreite ist wirklich beängstigend. Hugh Jackman kann viel, viel mehr als nur gut auszusehen und den Wolverine zu geben. Davon konnte man sich ja schon in THE FOUNTAIN überzeugen. Über Michael Caine muss man nix mehr sagen. Und Scarlett Johansson? Nun, die kommt auch dann noch gut weg, wenn sie wie hier nicht mehr als schmückendes Beiwerk ist.
#622
Geschrieben 05. Januar 2007, 10:03
#623
Geschrieben 05. Januar 2007, 10:19
Travis Hunter (Steven Seagal) ist ein – oh Wunder – ehemaliger CIA-Agent und Japanexperte, weil er ebendort einst aufwuchs. Als ein hoher japanischer Politiker erschossen wird, nachdem er seine rechtskonservativen Thesen herausposaunt hat, wird Travis von Block (William Atherton) engagiert, um herauszufinden, wer hinter dem Mord steckt ...
Zwischen den ganzen in Polen-Bulgarien-Rumänien abgedrehten Billigheimern, die Seagal in den vergangenen Jahren abgedreht hat, mutet INTO THE SUN zwar endlich mal wieder wie ein richtiger Spielfilm mit erkennbarem Stil an, richtig gut ist er aber dennoch nicht. Der laaaanger Mittelteil wird erneut für langweiliges und bedeutungsschwangeres Gelaber geopfert, das man in einem Seagal-Film zwar unbedingt erwarten muss, aber eben nicht über eine Laufzeit von 60 Minuten. Sogar eine unglaubwürdige und holterdipolter etablierte Romanze inklusive Heiratsschwüren und Fickszene zwischen Seagal und einer zierlichen und mindsten 20 Jahre jüngeren Japanerin muss der Zuschauer über sich ergehen lassen, und zwar zu keinem anderen Zweck als dem Seagal dann am Ende die Möglichkeit zur blutige Rache zu geben, nachdem es "persönlich" geworden ist. Heißt natürlich: Sein Gspusi muss ins Gras beißen. Einzig und allein der Showdown versöhnt dann auch für das langweilige Geplänkel und kann mit seinen blutigen Matschereien und creative killings an Seagals Klassiker aus den späten Achtzigern/frühen Neunzigern anknüpfen. Zwischen den fancy Regie- und Schnittspielereien von "mink" (Regisseure, die ihren echten Namen verschweigen – siehe auch "McG" – können mich so gar nicht beeindrucken) sticht natürlich vor allem Seagals method acting hervor. Wenn Filmjournalist Vern Seagal als den auteur unter den Actionschauspielern bezeichnet, dann hat das seinen guten Grund: Der Gute baut hier so viel aus seiner eigenen erfundenen Biografie ein, dass man manchmal nicht weiß, ob man vor einem Actionfilm oder einer besonders blutigen Folge einer Seagal-Reality-Show sitzt. Wie für fast alle Seagals der letzten Jahre gilt letzten Endes: Als Film mau, als Puzzleteilchen zum Verständnis des Meisters unentbehrlich.
#624
Geschrieben 05. Januar 2007, 20:42
Die beiden Loser JB (Jack Black) und Kyle Gass (Kyle Gass) wollen die großartigste Rockband der Welt werden. Leider fehlt ihnen dazu der entsprechend beste Song aller Zeiten. Als die beiden verzweifelt ob der fehlenden Inspiration ihre alten Rolling-Stone-Ausgaben durchblättern, fällt ihnen auf, dass alle Gitarristen mit demselben Plektrum zu Werke gehen. Ihre Recherchen ergeben, dass es sich bei diesem geheimnisvollen Plektrum um das "Pick of Destiny" handelt, das magische Kräfte hat. Und es liegt im Rock 'n' Roll-Museum in Sacramento. Doch das gleicht einer Festung ...
Tenacious D ist ein Projekt der beiden Hauptdarsteller, die als Band in ihren Texten alle Rockklischees ins Groteske übersteigern: Satanismus, Sex, Größenwahn, Drogen. Da sie auch talentierte Musiker sind, ist so ein Tenacious D-Album nicht nur lustig, sondern auch ziemlich furios anzuhören. Auf Spielfilmlänge zeigt der Humor der beiden aber leider Abnutzungserscheinungen, zumal sich der Film einer mittlerweile tausendfach abgenudelten Dramaturgie bedient, die fast allen populären amerikanischen Komödien zugrundeliegt. Witzig ist TENACIOUS D IN: THE PICK OF DESTINY immer dann, wenn die infantile Begeisterung der Hauptdarsteller an den gängigen Klischees zum Tragen kommt. Da fiedelt Kyle Gass auf einer doppelhalsigen Gitarre, deren Hälse aussehen wie gespreizte Frauenschenkel, wird der "most powerful move in Rock", der Powerslide, ebenso trainiert wie der Rockerpimmel, der natürlich auf die Grabenkämpfe im Backstageraum vorbereitet sein will. Gerade in der zweiten Hälfte tritt dieser Humor aber leider zugunsten der wie gesagt eher uninteressanten Geschichte in den Hintergrund. Richtig toll sind die vielen Gastauftritte: Meat Loaf ist der spießige Vater von JB, Ronnie James Dio dessen Mentor, Ben Stiller regiert als nerdiger Gitarrenverkäufer mit Krisselmähne und stattlichen Koteletten, der das Geheimnis des "Pick of Destiny" kennt, Tim Robbins ist mit seinem Bela-Lugosi-Akzent ebenfalls super als gescheiterter Jäger des magischen Pleks und Dave Grohl darf den Leibhaftigen persönlich im leider nur mäßig witzigen Showdown spielen. Rockfans werden ganz gewiss ihren Spaß mit diesem Film haben, der ein richtiger Volltreffer hätte werden können, wenn man sich ein bisschen mehr getraut hätte. So ist es ein etwas zwiespältiges und gegen Ende arg ordinäres Vergnügen geworden. Den Anspruch und das Niveau sollte man also am besten vor dem Kinobesuch zu Hause im Schrank einsperren oder besser noch in ordentlich Gerstenkaltschale ersäufen, dann funktioniert TENACIOUS D IN: THE PICK OF DESTINY bestimmt.
#625
Geschrieben 06. Januar 2007, 10:40
Der sagenumwobene Diamant Pink Panther wird gestohlen. Am Tatort findet sich das Markenzeichen des Phantoms. Inspektor Clouseau (Peter Sellers), eigentlich soeben von seinem Vorgesetzten Dreyfus (Herbert Lom) entlassen, wird auf den Meisterdieb (Christopher Plummer) angesetzt und zieht eine Schneise der Verwüstung vom arabischen Lugash bis in die Schweizer Alpen ...
Der dritte Pink-Panther-Film konzentriert sich nach über zehnjähriger Abstinenz ganz auf das komische Talent seines Hauptdarstellers. Die eigentliche Storyline ist zu vernachlässigen und besteht aus nicht mehr als einer handvoll eher müder Szenen, dafür sind die Slapstickszenen um Peter Sellers dafür umso ausgedehnter und raffinierter. Und das ist ja dann schließlich wohl das, worauf es beim PINK PANTHER ankommt. Ich habe mich dann mit zora auch ganz gut beölt vor dem Fernseher, denn Peter Sellers ist – das ist ja längst kein Geheimnis mehr – einfach sen-sa-tio-nell als oberdusseliger Inspektor, der sich von seinen zahlreichen Missgeschicken und Peinlichkeiten dennoch niemals aus der Ruhe bringen lässt und so schließlich sogar seinen Vorgesetzten – Herbert Lom ist übrigens nicht minder witzig – in die Klapsmühle bringt. Vom traumhaft schönen animierten und mit Henry Mancinis unsterblicher Musik unterlegten Vorspann bis zum Finale ist THE RETURN OF THE PINK PANTHER ein einziges Feuerwerk. Wer bisher nur die deutschen Synchronfassungen kennt, sollte sich übrigens unbedingt den Gefallen tun, sich Peters Sellers im Original anzuhören, denn sein grotesker pseudofranzösischer Akzent ist schon die halbe Miete. In meiner Lieblingsszene reißt er mittels eines Hochleistungsstaubsaugers ein Bild aus seinem Rahmen. Nach unzähligen gescheiterten Versuchen, es in diesen zurückzustecken, gibt er schließlich auf und drapiert ein paar Blumen aus einer Vase im leeren Rahmen. Epochal.
#626
Geschrieben 06. Januar 2007, 15:48
Der unschuldige Jay Wagner (Robert Duvall), Gatte der attraktiven Ann (Jill Ireland), wird zu 28-jähriger Haft in einem mexikanischen Knast verurteilt. Zu verdanken hat er diese Strafe einem Komplott seines Vaters (John Huston). Da Jay diese Haftstrafe verständlicherweise auf gar keinen Fall absitzen möchte, engagiert seine Gattin den Abenteurer, Piloten und Draufgänger Nick Colton (Charles Bronson), der fast alles für ein bisschen Bargeld tut. Die Befreiung des Amerikaners stellt sich aber als schwieriger da als erwartet, zumal Papa Wagner Interesse daran hat, sie zu verhindern ...
Tom Gries inszenierte diesen überaus feinen Bronson-Abenteuer-Film 1975, ein Jahr nachdem das sympathische Ledergesicht in Michael Winners Film so erfolgreich rot sah. Mit der Gewaltoper des Briten und den Rächerfilmen, für die Bronson dann in den Achtzigern fast ausschließlich vor der Kamera stand, hat BREAKOUT aber rein gar nichts zu tun, vielmehr ist er dem Geist eines THE GREAT ESCAPE verpflichtet, dessen epische Qualität er freilich nicht erreicht und das auch gar nicht versucht. Charles Bronson ist als Nick Colton ein durchweg freundlicherer, grundguter und ehrlicher Kerl und darüber hinaus ein echtes Schlitzohr. Mit seiner entwaffnenden Art bringt er nicht nur seinen Kumpel Hawk (Randy Quaid) dazu, sich als Prostituierte zu verkleiden, sondern schwatzt dem befreundeten Sheriff auch dessen White-Trash-Trailerschlampe Myrna (Sheree North) als Lockvogel ab. Gewalt sucht man in diesem extrem staubigen und schmutzigen Film fast vergebens, erst ganz am Ende gerät ein fieser Anwalt zwar nicht in die Mühlen der Justiz, aber dafür in den Propeller eines Flugzeugs. Gries' Film ist dramaturgisch extrem einfach gestrickt, was aber auch einen Großteil von dessen Spannung ausmacht: Leerlauf gibt es einfach nicht, zielstrebig und flott strebt der Film seinem Finale entgegen. Das nennt man wohl kurzweilig. Den ein oder anderen Haken hätte BREAKOUT aber durchaus noch vertragen, denn gerade das Komplott vom Papa bleibt ziemlich unterbelichtet. Dennoch ist BREAKOUT (zu deutsch DER MANN OHNE NERVEN) ein toller Zeitvergeuder, der zudem einem Genre verpflichtet ist, das heute fast gänzlich aus den Kinos verschwunden ist.
#627
Geschrieben 07. Januar 2007, 11:13
Thunderbolt (Clint Eastwood) ist ein berüchtigter Safeknacker und nach einem Bruch vor seinen einstigen Kumpanen auf der Flucht, weil diese fälschlicherweise glauben, er habe sie um die Beute geprellt. In der Weite Montanas trifft er auf Lightfoot (Jeff Bridges), einen jugendlichen Taugenichts ohne Schulbildung, der ziellos durchs Land eiert und sich von einer Gaunerei zur nächsten hangelt. Die beiden werden bald schon Freunde. Schließlich werden sie aber doch von Thunderbolts Kumpels Red Leary (George Kennedy) und Eddie Goody (Geoffrey Lewis) gestellt und gemeinsam beschließen die Vier es mit einem neuen Bruch zu versuchen ...
Michael Cimino behandelt bereits mit seinem Erstlingswerk sein Lieblingsthema, allerdings noch mit einem Anflug von Humor und einer leisen Melancholie, die dann bis zum 1985er YEAR OF THE DRAGON mit der Riesenpleite von HEAVEN'S GATE im Handgepäck einer handfesten Depression und ätzendem Zynismus weichen sollten. THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT besingt den amerikanischen Traum von Pioniergeist, Freundschaft und Freiheit, für den es aber keinen Platz mehr zu geben scheint. Zwar glotzen die Rocky Mountains immer noch auf die Menschen herab wie vor 100, 200 Jahren, doch diese Menschen haben sich inzwischen gewaltig verändert. "Irgendwo da draußen gibt es eine alte Dame mit einem Buffalo-Nickel, die damit die ganze Wirtschaft ruinieren kann", sagt ein Tankwart (in sinngemäßer Übersetzung meinerseits), und deutet damit an wie absurd die kapitalistische Ideologie eigentlich ist. Gerade deshalb weiß der Staat seinen Götzen zu beschützen und deshalb muss auch der große Coup am Ende misslingen. Zeichen dafür gibt es den ganzen Film über, aber da unsere Helden nie gelernt haben, ein "normales" Leben zu führen, können, ja wollen sie diese Zeichen vielleicht gar nicht erkennen. Ihr Traum gilt dem weißen Cadillac Convertible, genauer: einen solchen per Barzahlung zu erwerben. Wie absurd: Sie stehlen, was sie wollen, und träumen davon, etwas bezahlen zu können. Dieser Traum treibt sie durch die wunderschöne Landschaft, die sie gar nicht mehr erkennen, und geradewegs in den Untergang. THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT ist ein wunderschöner und todtrauriger Film, der zwei uramerikanische Genres, das Road- und das Capermovie, im Geiste des Westerns miteinander verschmilzt und seine Helden in ein programmatisches Schicksal treibt. Die Zeit dieser Helden ist vorbei, ihre Geschichten werden bleiben.
#628
Geschrieben 07. Januar 2007, 11:42
Am 17. Juni 1972 werden fünf Einbrecher auf frischer Tat im Hauptquartier der Demokraten erwischt. Bei der anschließenden Anhörung vor Gericht entpuppen sich diese fünf Männer als ehemalige Geheimdienstler, die in enger Verbindung zum Weißen Haus stehen. Bob Woodward (Robert Redford), Reporter der Washington Post, glaubt an eine Story und beginnt mit seinem Kollegen Carl Bernstein (Dustin Hoffman) die mühsame Recherchearbeit, bei der eines offensichtlich wird: Irgendetwas ist sehr faul im Staate Dänemark, aber reden will keiner, alle haben Angst ...
... und der Rest ist Geschichte. Die Story der beiden Reporter führt schließlich zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon und zur Verurteilung seiner Männer. Alan J. Pakula inszenierte die Geschichte um die Enthüllung der Watergate-Affäre als atemlosen Recherche- und Journalistenthriller, der Pistolenschüsse, Verfolgungsjagden und Auftragsmorde – das sonstige daramaturgische Inventar des Politthrillers – durch das stete Klappern der Schreibmaschinen, das hektische Bekritzeln von Zetteln, das Zuschlagen von Türen und scharf geschossene Fragen ersetzt. ALL THE PRESIDENT'S MEN besingt natürlich die Macht der Presse, aber ohne seine Hauptfiguren dabei zu Halbgöttern zu stilisieren. Der finale Triumph von Woodward und Bernstein ist ein ganz leiser, große Jubelarien werden ausgespart und machen dafür den nackten Fakten Platz, die unermüdlich durch den Ticker rattern. Obwohl – wie schon gesagt – Pakula jeglichen vordergründigen Schnickschnack beiseite lässt und die finale Enthüllung sich eher als eine Ansammlung von kleinen, für sich betrachtet unspektakulären Informationen präsentiert, ist ALL THE PRESIDENT'S MEN von atemloser Spannung. Der Filz, der da entwirrt wird, lässt einen zwar etwas verständnislos zurück, aber es ist ja gerade die Ahnung, die so viel schockierender ist. Dass es gar nicht so sehr darum geht, die Lösung des Rätsels selbst in allen Schritten nachvollziehen zu können, belegt die Tatsache, dass sich bei mir dieses gewisse Kribbeln bei Sichtung von Pakulas Film auch vor vielen, vielen Jahren schon einstellte, als ich noch ein kleiner Steppke war und die bizarren Vorgänge noch gar nicht begreifen konnte. Es ist der kühle Beobachterblick, die messerscharfe Präzision die ALL THE PRESIDENT'S MEN so herausragen lassen: Die Kameraarbeit ist schlichtweg fantastisch, wie auch derjenige reich entlohnt wird, der den Geschehnissen auf der Tonspur seine volle Aufmerksamkeit schenkt. Ein verdammt großer Film und darüber hinaus ein hoch interessantes Zeitzeugnis: Denn wie kompliziert die Aufgabe der Wahrheitsfindung 20 Jahre vor dem Internet war, wird sehr schmerzhaft bewusst. Das ist heute alles sehr viel einfacher geworden.
#629
Geschrieben 07. Januar 2007, 20:31
Im New Yorker Chinatown tobt der Mob: Der junge Joey Tai (John Lone) strebt an die Spitze der Triaden und schmeißt das über Jahrzehnte etablierte Machtgefüge dabei ungeniert über den Haufen. Der hochdekorierte cholerische Cop und Vietnamveteran Stanley White (Mickey Rourke) hat die Schnauze voll vom Blutvergießen auf den Straßen und startet einen rücksichtslosen Rachefeldzug gegen das organisierte Verbrechen. Sein unüberlegtes Handeln lässt die eh schon chaotischen Zustände bald völlig aus dem Ruder laufen ...
Michael Ciminos erster Film nach dem HEAVEN'S GATE-Flop entstand nach einem Drehbuch, das der Regisseur zusammen mit dem Provokateur Oliver Stone geschrieben hatte, und stellt wohl einen der umstrittensten und zweispältigsten Filme im Oeuvre des Regisseurs und im amerikanischen Film der Achtziger überhaupt dar. Dabei ist das ihm zugrunde liegende Thema des toughen Cops, der am Filz und der Politik, die seine Arbeit behindern, verzweifelt, und das Gesetz daraufhin in die eigenen Hände nimmt, schon in den Siebzigern etabliert worden und keineswegs neu. Stanley White ist allerdings ein besonders ätzender Vertreter dieses Typus: Mit seiner Obsession verprellt er alle, die ihm wohlgesonnen sind, mit seinen rassistischen Tiraden und seine Überheblichkeit lässt jegliches notwendige diplomatische Feingefühl vermissen. White ist geistig nie aus Vietnam zurückgekehrt: Das wird besonders deutlich, als er zur großen Aussprache mit seiner Frau in der Armeejacke aufläuft. Diesem Beziehungsunfähigen mit der jungen Reporterin Tracy Tzu auch noch ein love interest und schließlich sogar ein Happy End zu gönnen, wirkt nicht allein unglaubwürdig, sondern auch noch unpassend. Es scheint, als trauerten Regisseur und sein Mitautor einem solchen Haudrauf, der die Errungenschaften der Zivilisation mit einem Hieb beiseite wischt, regelrecht hinterher. Das wirft dann schon die Frage auf, ob die beiden ihren eigenen Film überhaupt verstanden haben.
Nicht nur inhaltlich, auch stilistisch fällt Ciminos Film hinter seine Vorgänger zurück: Der epische Ansatz, der Panoramablick, der Ciminos andere Filme auszeichnete, gehen YEAR OF THE DRAGON völlig ab, ebenso wie die polarisierenden ruhigen Momente schmerzhaft abwesend sind. Das mag vor allem in seinem Schauplatz begründet sein: New York ist eben nicht gerade für Ruhe und Kontemplation bekannt. YEAR OF THE DRAGON ist so zornig, desillusioniert und zynisch-brutal, dass man sich schon fragt, warum seine Macher sich überhaupt noch die Mühe gemacht haben, ihrem Publikum so etwas zu zeigen. Ist doch eh alles für die Katz! Den Vorwurf des Rassismus, dem sich YEAR OF THE DRAGON ausgesetzt sah, halte ich zwar für überzogen, schließlich thematisiert Cimino den Hass seiner Hauptfigur. Das Problem ist vielmehr, dass er daraus rein gar nichts macht. Dennoch ist Ciminos Film natürlich nicht wirklich schlecht: Er ist rasant, gut besetzt, durchaus spannend und bietet reichlich Action und Reibungspotenzial. Was ihm aber völlig abgeht, ist es irgendeine neue Erkenntnis aus seinen Beobachtungen zu ziehen. Stattdessen weint man einer Zeit hinterher, in der das Gesetz des Stärkeren galt und ungeliebte Subjekte am nächsten Baum aufgeknüpft wurden. Für solch plumpes Vergnügen gab es in den Achtzigern andere, weitaus geeignetere Filme, die ihre Agenda zudem offen am Revers trugen und so weitaus ehrlicher daherkamen.
#630
Geschrieben 08. Januar 2007, 00:20
Versuch einer Inhaltsangabe: Der Supersoldat Chris Cody (Steven Seagal) sitzt mit seiner gesamten Crew (darunter u. a. Vinnie Jones) wegen Hochverrats im Bau – natürlich zu Unrecht. Das wissen auch alle Beteiligten und geben dem Guten und seinen Freunden deswegen die Chance zur Rehabilitation als der böse Lehder (Nick Brimble), der sich an merkwürdigen Gehirnwäsche-Experimenten versucht, ein paar amerikanische Soldaten einsackt. Am Ende ist alles wieder im Lot. Halt: fast alles ...
Was für ein aufgeblasener Haufen Scheiße! Regisseur Anthony Hickox hat sich ja in den späten Achtzigern/frühen Neunzigern einen kleinen Ruf mit einigen handwerklich ordentlichen Horrorfilmen gemacht (WAXWORK und WAXWORK II, FULL ECLIPSE, HELLRAISER III oder auch SUNDOWN), die den Test der Zeit allerdings nicht ganz so gut bestanden haben, wie man das damals vielleicht prognostiziert hätte. Von SUBMERGED hatte ich also zumindest eine brauchbare Inszenierung erwartet, doch da habe ich wohl die Rechnung ohne den überambitionierten Editor gemacht, der jede sich bietende (und eigentlich auch jede sich nicht bietende) Gelegenheit nutzt, irgendeinen Heckmeck zu veranstalten: Noch der banalste Scheiß wird mit lustigem Hin-und-Her-Gecutte, sekundenkurzen Bildern und Zeitraffer-Spielereien vollgekleistert, dass man kurz vor dem Augenkrebs steht. Aber bevor hier alle Schuld auf den armen Irren am Schneidetisch abgewälzt wird, sei gesagt, dass auch Hickox sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich habe schon nicht schlecht gestaunt, als für die Vorstellung von Seagals Team tatsächlich das Klischee des Standbildes mit Schrifteinblendungen bemüht wurde, das sich Tarantino schon vor zehn Jahren abgewöhnt hat. Aber das ist nicht alles, was hier im Argen liegt: SUBMERGED war ursprünglich als ziemlich reiner Science-Fiction-Film geplant, ein Vorhaben, von dem man sich dann in der Postproduktion verabschiedet hat. Das Ergebnis ist ein absolut unverständlicher, unlogischer und strunzöder Klumpen Irgendwas. Dabei mangelt es noch nicht einmal an Action. Aber die Figuren werden so unmotiviert und ziellos von einer Situation in die nächste gehetzt, dass es schon nach kürzester Zeit scheißegal ist. Erst in den letzten zehn Minuten reißen sich die Beteiligten – freilich viel zu spät – nochmal am Riemen und bieten ein paar Actionszenen, bei denen man auch versteht, wer da warum auf wen schießt. Es ist wirklich mehr als ärgerlich, denn SUBMERGED hätte von den reinen production values durchaus Potenzial gehabt, fällt aber aufgrund der genannten Mängel selbst noch hinter Seagals Ostblock-Ausflüge der letzten Jahre zurück. Und das will schon was heißen.
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