Der Monroe ihre dicken Hupen
#781
Geschrieben 12. Mai 2007, 19:10
Arthur Hamilton (John Randolph) ist ein Mann der Postmoderne: Mit höchster Disziplin hat er sich an die Spitze gearbeitet, ist erfolgreich, hat ein hübsches Häuschen und eine "patente" Ehefrau, wie man das in seinen Kreisen wohl bezeichnet. Aber irgendwo in ihm ist mit den Jahren das ungute Gefühl gewachsen, dass er das Leben eines anderen führt. Wo ist die große Leidenschaft hin, die er zuletzt in der Jugend erlebte, als er mit seinem mittlerweile verstorbenen Freund die Tenniscourts aufmischte? Sein Blick geht nur noch ins Leere, tastet sich suchend durch die Gegend, ohne dass ihm irgendetwas Halt oder auch nur kurze Freude gewähren würde. Der Anruf des vermeintlich toten Freunds, der ihn in eine merkwürdige Agentur lockt, weckt dann auch sein Interesse. Was ihm dort angeboten wird, klingt wie ein schlechter Scherz: eine komplett neue Identität, ein neues Aussehen, eine Existenz nach Wunsch, ohne jegliche Anbindung an sein altes, frustierendes Leben. Doch das neue Leben als erfolgreicher Maler Antiochius Wilson (Rock Hudson), entpuppt sich erst als leeres Versprechen und dann schließlich als Albtraum ...
John Frankenheimer zieht alle inszenatorischen Regisster, um seine düstere Parabel in Schwung zu bringen. Jump Cuts, Schnittgewitter, wilde Perspektiven und der geniale Einsatz der Kamera (die zum Teil wie im mehr als dreißig Jahre jüngeren REQUIEM FOR A DREAM oft direkt an den Akteuren befestigt ist) versetzen den Zuschauer in die Lage des Mannes, der das richtige Leben im Falschen führt. Die mit technischen Mitteln erzeugte Desorientierung wird in SECONDS aber auch durch eine inhaltliche ergänzt: Im Unterschied zum gegenwärtigen Kino, das sich allzu oft in Erklärungswut ergeht, bleibt in SECONDS Vieles geheimnisvollm, unausgesprochen. Aber es ist gerade diese Geworfenheit auf die bloße Ahnung, die das albtraumhafte Potenzial der düsteren Philosophy Fiction beflügelt. SECONDS ist ein Film von schonungsloser Kälte, geht aber gerade deshalb extrem an die Substanz: Es gibt nichts mehr, an das man sich klammern könnte, selbst im Moment des großen Glücks wartet schon die Enttäuschung, die Ernüchterung, und erinnert daran, wie abgeschmackt alles ist. Das Leben in der Postmoderne ist – da macht das verlockende Angebot der Agentur keinen Unterschied – eine Mogelpackung. Der Weg ist gesäumt von vorgefertigten Entscheidungen, bereits gelebten Erfahrungen und häppchenweise verabreichtem Vergnügen, das aber längst nicht mehr über den schalen Geschmack hinwegtäuschen kann. Eine solche Zivilisationskritik ist nicht neu. SECONDS – und das ist das eigentlich Radikale an diesem Film – geht aber noch einen Schritt weiter, denn er bietet überhaupt keinen Ausweg aus seinem kafkaesken Szenario an. Wir müssen uns anpassen oder untergehen.
#782
Geschrieben 12. Mai 2007, 19:33
Ray Hughes (Gregory Hines) und Danny Constanzo (Billy Crystal) sind dicke Freunde und außerdem Partner bei der Chicagoer Polizei. Als solche schlagen sie sich nicht nur mit beruflicher Perspektivlosigkeit, immer noch geliebten Exfrauen (Darlanne Fluegel) und miesem drogendealenden Gesocks rum. Eine unerwartete Erbschaft für Danny ändert alle Pläne: Gemeinsam wollen die Kumpels eine Kneipe auf Key West aufmachen und dem Verbrechen endgültig den Rücken zukehren. Doch vorher muss erst noch der Gangsterboss Julio Gonzales (Jimmy Smits) hinter Schloss und Riegel gebracht werden ...
Billy Crystal und Gregory Hines als Cops: Das klingt nur solange blöd, bis man die ersten Minuten dieses leichten Vertreters des Achtzigerjahre-Buddy-Films hinter sich gebracht hat. Unter der Regie von Routinier Peter Hyams drehen die beiden Komiker ziemlich auf, ohne dass RUNNING SCARED sich in schlimme Klamaukniederungen begeben würde. Dennoch, machen wir uns nix vor, ist Hyams Film nicht viel mehr als Standardware, aber solche der Art, der ich mich gern widme: Der schmissige Synthiescore sorgt für schlimme Nostalgieschübe, ebenso wie die stimmungvollen Bilder des winterlich dampfenden Chicagos und des versifften Polizeihauptquartiers, in dem sich all die Klischeefiguren aufhalten, die man so liebt: Da sind der bärbeißige Vorgesetzte (Dan Hedaya), der ätzende kleine nichtsnutzige Punk (Joe Pantoliano), die beiden hoffnungslosen Nachwuchscops (Steven Bauer & Tom Gries) und natürlich die ätzenden Anwälte, die den Helden immer in die Suppe spucken wollen. Statt auf die dicke Action konzentriert sich der Film eher auf seine Charaktere, was den beiden Hauptdarstellern logischerweise in die Karten spielt, dem Film in der zweiten Hälfte aber auch etwas den Zug zum Tor raubt. RUNNING SCARED ist vielleicht zehn Minuten zu lang und wenn zum Showdown schließlich der Strang um den bösen Gonzales wieder aufgenommen wird, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das reine Pflichterfüllung ist. Immerhin gibt es eine ganz schöne Autoverfolgungsjagd über Eisenbahnschienen und auch sonst ist RUNNING SCARED trotz dieser kleineren Mäkel eine runde Sache, mit der man sich vor allem deshalb einen schönen Abend machen kann, weil es dergleichen heute einfach nicht mehr gibt.
#783
Geschrieben 13. Mai 2007, 15:07
Wer sich Kiyoshi Kurosawas KAIRO – zu deutsch PULSE – nach der Coverbeschreibung ansieht und sich auf einen knackigen Grusler der Kategorie RINGU oder JU-ON einstellt, wird vermutlich enttäuscht, zumindest aber ziemlich verwirrt sein, wenn der Film nach gut 110 Minuten sein Ende gefunden hat. Wie Kurosawa schon bei KYUA das Serienkiller-Genre benutzte, um letztlich eine Geschichte von urbaner Isolation zu erzählen, so dient ihm hier das Genre des Geisterfilms zu ähnlichem Zweck. Die jugendlichen Protagonisten täuschen sich über ihre Einsamkeit vor allem mithilfe des Internets hinweg, das sie aber schon bald mit der unheimlichen Präsenz grotesker Geiserwesen konfrontiert. Einer nach dem anderen begeht Selbstmord, bis schließlich ganz Japan nahezu entvölkert ist. Folgt Kurosawa zu Beginn noch dem Muster der oben genannten Erfolgsfilme, verlässt er die ausgetretenen Pfade mit zunehmender Spieldauer zugunsten einer apokalyptischen Endzeitvision über das Ende der Menschlichkeit. KAIRO wird immer kryptischer und vor allem langsamer, verzichtet schließlich fast gänzlich auf Schocks oder klassischen Spannungsaufbau und schläft gegen Ende nahezu ein. Wie man das bewertet, ist sicherlich Geschmackssache: Kurosawa neigt ein bisschen dazu, seine Aussage überzustrapazieren, die letzten zwanzig Minuten geraten redundant und zäh. Andererseits gereicht es dem Film zum Vorteil, dass er von seiner zu Beginn aufgemachten Rechnung "Internet = Einsamkeit" abstrahiert, die sich in ihrer Plumpheit nicht von den zahlreichen technologieskeptischen Dystopien westlicher Prägung unterscheidet. Was an KAIRO wie auch an KYUA ides immens zu begeistern weiß, ist seine meisterhafte formale Gestaltung: Unter dem Geschehen liegt ein permanentes Rauschen, sehr ausgereift präsentiert sich erneut Kurosawas dynamisches Wechselspiel zwischen dem Geschehen on- und offscreen. Außerdem versteht es niemand so gut wie er, städtischen Verfall beinahe liebevoll in Szene zu setzen, und auch in seinen Schock- und Gruselmomente geht er wesentlich subtiler vor als man es aus anderen Horrorfilmen kennt. Anstatt den Zuschauer mit Schreckensbildern zu überrumpeln, macht Kurosawa ihn zum Bestandteil des Effekts: Das Grauen resultiert in KAIRO nicht zuletzt daraus, dass uns allzu deutlich vorgeführt wird, wie sehr wir es wünschen, erschreckt zu werden. Der Blick in die Fratze ist in KAIRO nicht zuletzt der Blick in den Spiegel ...
#784
Geschrieben 13. Mai 2007, 15:48
Robert Eroica Dupea (Jack Nicholson) stammt aus einer Musikerfamilie, mit der er genauso abgeschlossen hat wie mit seiner viel versprechend gestarteten Karriere als Pianist. Jegliche Verantwortung scheuend arbeitet er mal hier mal dort, immer die Zelte abbrechend, wenn Probleme drohen. Und genauso hält er es mit seinem Privatleben, das er zwar mit der etwas einfältigen Kellnerin Rayette (Karen Black) teilt, aber jede Gelegenheit nutzt, um es anderweitig krachen zu lassen. Als er bei einem Treffen mit seiner Schwester Tita erfährt, dass sein Vater schwer krank ist und vermutlich nicht mehr lange zu leben hat, macht er sich auf die Reise ins Elternhaus, wo sich seine Krise jedoch nicht löst, sondern eher noch verdichtet ...
FIVE EASY PIECES von Bob Rafelson ist einer der frühen Vertreter des New Hollywoods und als solcher jederzeit zu erkennen. Statt einer epischen Handlung setzt Rafelson auf Momentaufnahmen, an die Stelle einer wie auch immer gearteten Auflösung am Schluss tritt das offene Ende. Das für das New-Hollywood-Kino typische Thema der Auseinandersetzung mit der Elterngeneration wird hier ganz direkt behandelt, auch wenn der Vater in FIVE EASY PIECES zu keiner Regung mehr fähig ist. "Wenn du mir antworten könntest, würden wir dieses Gespräch nicht führen" sagt Bob Dupea am Ende, wenn er die "Aussprache" mit seinem Vater sucht, damit das ganze Problem seiner Generation zusammenfassend: Denn die Erkenntnis, dass das von den Eltern vorgelebte Leben nicht das seine ist, kollidiert zugleich mit Schuldgefühlen und Scham ihnen gegenüber. Wie soll er sich auch fühlen, der im Namen nach Beethovens heroischer Napoleon-Huldigung benannte Bürgersohn, der sein Talent aus Feigheit und Faulheit verschleudert hat und sein mageres Gehalt lieber auf Ölfeldern verdient, weil er diesen Job jederzeit kündigen kann? Bob Dupea ist ebenso ein Verwandter von Arthur Hamilton/Antiochius Wilson aus SECONDS: Das Leben stellt sich für ihn als einziger Beschiss dar und so sehr er auch versucht ihm Sinn zu geben, es will ihm einfach nicht gelingen: Alles ist schal und unecht. Nur im Verrat findet er eine Möglichkeit, er selbst zu sein, in der Flucht in ein neues Leben, die ihm kurzzeitig den Eindruck vermittelt, lebendig zu sein. Auch die Auseinandersetzung mit seiner Familie ändert daran nichts: Am Schluss lässt er seine Rayette an einer Tankstelle stehen, steigt in einen LKW und lässt sich mitnehmen. Was auf ihn wartet, ist ihm egal, weil er selbst keine Erwartungen ans Leben mehr hat. FIVE EASY PIECES ist ein ebenso tragikkomischer wie erschütternder Film mit einem großartigen, zynischen Jack Nicholson in Hochform und in Deutschland (unter dem einfallslosen Titel EIN MANN SUCHT SICH SELBST erschienen) leider nicht annähernd so bekannt wie er das verdientermaßen in den USA ist.
#785
Geschrieben 14. Mai 2007, 12:02
Ein neues Überwachungsgesetz, dass dem Staat umfassende Möglichkeiten gewähren soll, seine Bürger zur Gewährleistung der "nationalen Sicherheit" zu bespitzeln, steht kurz vor der Verabschiedung, was vor allem den NSA-Mann Reynolds (Jon Voight) in Verzückung geraten lässt. Den Gegner Hamersley (Jason Robards) lässt er dann auch eiskalt umbringen, weil dieser nicht einlenken will. Allerdings hat eine zur Gänsebeobachtung installierte Kamera den Mord mitgefilmt, was den Besitzer des Tapes, den Ökoaktivist Daniel Zavitz (Jason Lee), wenig später zur Zielscheibe von Reynolds henchmen macht. Doch Zavitz kann die verräterische Aufzeichnung während der Flucht unbemerkt dem Saubermann-Anwalt Robert Clayton Dean (Will Smith) zuschustern. Der sieht sich kurz darauf nicht nur einer unvergleichlichen Schmutzkampagne zur Zerstörung seiner Reputation ausgesetzt, sondern bald auch schon ganz massiven Angriffen auf sein Leben ...
Tony Scotts Paranoiathriller gewährt im Jahr 2007 die interessante Möglichkeit zur Neubewertung als komplettierendes Gegenstück zum im letzten Jahr erschienenen DEJÀ VU, in dem modernste Überwachungstechnologie zur Verhinderung eines Terroranschlags eingesetzt werden soll. In ENEMY OF THE STATE wird noch recht eindringlich die Schattenseite der Existenz von Satelliten, Wanzen und Überwachungskameras bebildert: Wie man das von Scott gewohnt ist, zersplittert sein Film in kleinste Teile, infiltriert der göttliche Überwacherblick den ganzen Film mit seinen zahlreichen Videoeinblendungen, Satelliten- und Computerbildern. Im Gegensatz zu Scotts experimentelleren MAN ON FIRE oder DOMINO steht die Montage von ENEMY OF THE STATE aber noch stärker im Dienste der Narration, die sich unverkennbar bei Hitchcock und dessen Lieblingsthema, der Verdächtigung/Verfolgung des Unschuldigen, bedient. Will Smith - man kann zu ihm stehen wie man möchte - ist als braver Saubermann, dessen Leben plötzlich komplett auf den Kopf gestellt wird, die Idealbesetzung für die Rolle des Robert Clayton Dean. Dessen immense Unwissen- und Unbedarftheit (gemessen an der Tatsache, dass er es als Anwalt zumindest ein bisschen besser wissen müsste) dient Scott jedoch nicht nur zum rein dramaturgischen Zweck, den Einbruch des Staates in Deans Leben besonders heftig zu gestalten und den Spannungsschraubstock mehr und mehr anzuziehen, sondern auch, um die Konsequenzen von totaler Überwachung zunehmend bedrohlicher zu gestalten. Da muss man dann doch das ein oder andere Mal heftig schlucken, zumal sich der vermeintliche Segen der Überwachungstechnologie am Ende selbst für ihre größten Befürworter als trügerisch und unkontrollierbar entpuppt. Mit ENEMY OF THE STATE ist Tony Scott ein Glücksfall im Bereich des Big-Budget-Achterbahnkinos gelungen: ein formal wie inhaltlich herausstechender Reißer, der von der aus heutiger Sicht noch dicker erscheinenden Besetzungsliste zusätzlich profitiert. Neben den Genannten agieren u. a. Tom Sizemore, Jack Black, Jamie Kennedy, Seth Green, Jake Busey, Gene Hackman, Lisa Bonet, Gabriel Byrne, Barry Pepper und Jason Lee.
#786
Geschrieben 15. Mai 2007, 09:31
Donny Kohler (Dan Grimaldi) ist ein armer Tropf. Als Kind wurde er von seiner autoritären Mutter gequält, indem sie seine Unterarme über die offene Flamme des Gasherdes hielt. Seitdem hat der gute Donny einen ziemlichen Klatsch, wie man sich unschwer vorstellen kann. Als einer seiner Arbeitskollegen beim Stochern in einem Ofen in Flammen aufgeht, ist Donny zu keiner Regung fähig, die anschließenden Schmähungen des Chefs ("You Sicko!") lässt er genügsam über sich ergehen, denn zu Hause erwartet ihn ja die Mama: Die ist zwar schön längt tot und längst nicht mehr in "mint condition", das hindert sie jedoch nicht daran, ihrem Sohnemann wie Mama Bates immer noch verbal die Ohren lang zu ziehen. Den Hass, den er für seine Mama nicht aufbringen kann, muss Donny logischerweise an anderen Frauen auslassen und so beginnt er allzu sorglose Damen in sein heruntergekommenes Haus zu locken und dort mit einem Flammenwerfer zu grillen. In einem Haus voller Leichen lebt es sich aber selbst für so einen hoffnungslosen Fall wie Donny nicht so gut und deshalb unternimmt er doch noch einen verzweifelten Versuch, ein normales Leben zu führen. Der Schuss muss natürlich nach hinten losgehen ...
DON'T GO IN THE HOUSE stimmt nostalgisch, auch wenn er mit Sicherheit kein Meisterwerk ist: Filme dieser Art - schmutziger, düsterer, aber immer Ernst gemeinter Horrorschund ohne irgendwelchen marktschreierischen Heckmeck - gibt es einfach nicht mehr. Gackernde Comic Reliefs, debilen Funsplatter oder Latexgore oder neunmalkluge popkulturelle Referenzen sucht man vergebens, auch wenn Joseph Ellisons Film natürlich lupenreines Epigonenkino ist, dessen Vorbilder von Hitchcocks PSYCHO über den Slasherfilm der Vorjahre bis hin zu Lustigs MANIAC reichen (der allerdings aus demselben Jahr wie dieser stammt). Zu Letzgenanntem lassen sich in DON'T GO IN THE HOUSE, einem von vorn bis hinten finsteren und desillusionierenden Film, dann auch atmosphärisch wie inhaltlich einige Parallelen feststellen. Donny Kohler ist kein Unsympath, kein irrer Maskenmann, sondern ein schüchterner, beinahe verängstigter Zeitgenosse, der unter seiner Disposition und seinen Taten fast ebenso zu leiden hat wie seine Opfer. Die Sequenz, in der er in einem Albtraum von seinen verbrannten Opfern überwältigt wird, findet sich - wenn auch an anderer Stelle innerhalb der Dramaturgie -auch in Lustigs weitaus bekannterem und um Einiges spektakuläreren Serienmörderklassiker wieder. Mit diesem kann Joseph Ellisons Film natürlich nicht mithalten, aber das fällt nicht wirklich negativ ins Gewicht. Mit seinem schaurigen Setting, dem verkommenen Haus, in dem nur hier und da einige alte Möbelstücke von längst vergangenen, besseren Zeiten künden, seinem durchweg überzeugenden Hauptdarsteller, der gelungenen Fotografie und dem fiesen Leichenzimmer hat DON'T GO IN THE HOUSE genug Meriten, um dem Zuschauer einen gemütlichen Abend zu versauen. Und wie gesagt: Filme dieser Art gibt es einfach nicht mehr ...
#787
Geschrieben 15. Mai 2007, 17:10
#788
Geschrieben 17. Mai 2007, 08:07
Drei Lehrer, der kernige Ed Stiles (Richard Alden), die hübsche und noch etwas naive Doris Page (Helen Hovey) und der väterliche Carl Oliver (Don Russell), sind unterwegs nach LA, um sich dort ein Baseballspiel anzusehen. Doch ihr Wagen gibt unterwegs den Geist auf und so rollen sie mitten in der Walachei auf das Gelände einer Autowerkstatt mit dazugehörigem Schrottplatz. Eine Todesfalle, wie sich bald herausstellt: Denn der titelgebende Sadist, der gewissenlose Spaßmörder Charlie Tibbs (Arch Hall jr.) und seine Geliebte Judy (Marilyn Manning), deren Auto ebenfalls einer Reparatur bedarf, lauern schon. Und sie lassen keinen Zweifel daran, dass unsere Lehrer den Schauplatz nicht lebendig verlassen werden ...
Mit minimalen Mitteln erzeugt Regisseur James Landis in diesem kleinen Terrorfilm-Klassiker eine immense Spannung, THE SADIST darf geradezu als Meisterleistung in Sachen filmischer Ökonomie bezeichnet werden. Nach einer kurzen Exposition, in der uns die Lehrer als grundympathische, aber auch etwas langweilige Durchschnittsbürger vorgestellt werden, lässt er den Schrecken in ebenso banaler wie teuflischer Gestalt über sie hereinbrechen. Charlie Tibbs ist ein intellektuell unterbelichteter Sadist, der für Einflüsterungen von Vernunft und Mitleid gleichermaßen unempfänglich ist. Overactor Arch Hall jr. ist brillant in dieser Rolle, verleiht ihr mit seinem grotesken Chargieren noch ein zusätzliches Maß an Authentizität. Sein Charlie ist nicht nur ein Killer, vielmehr offenbart sein Gehabe tiefe seelische Abgründe, die Landis aber immer nur andeutet, anstatt sie voll auszuloten. Unterstützt von der famosen Kameraarbeit vom späteren Oscar-Preisträger Vilmos Zsigmond (als William Zsigmond gecredited), der den Zuschauer mit ungewöhnlichen Kamerapositionen mal in die voyeuristische Beobachterposition , dann wieder in die Rolle des Killers oder der Opfer zwingt und damit den irgendwo zwischen True Crime, Psychogramm und Thriller oszillierenden Ton des Films unterstreicht, und einem jeglichen Überflusses befreiten Drehbuchs steigert sich THE SADIST von Minute zu Minute. Das ist hier durchaus wörtlich zu verstehen: Der größte Clou von James Landis' Film ist seine Konzeption als Echtzeitschocker. Der Einbruch des Terrors in die Normalität wird so besonders greifbar und kulminiert in einem Finale zum Nägelkauen, während die Radioübertragung des Baseballspiels im Hintergrund schmerzhaft verdeutlicht, wie unverhofft sich das Schicksal für die Betiligten gewendet hat. THE SADIST ist ein ungemein böser Film, der kein Mitleid mit seinen Protagonisten kennt und den heutigen Zuschauer, der einen großen Trash-Spaß erwartet, mit seinem marktschreierisch intonierten Intro fies hinters Licht führt.
#789
Geschrieben 17. Mai 2007, 18:19
Der dritte Weltkrieg ist in vollem Gange, saurer Regen macht die Welt kaputt und fünf Soldaten – drei Männer, zwei Frauen – sind desertiert und stolpern in einen komischen Bunker. Dieser Bunker birgt ein Geheimnis, das den Soldaten in den Hals beißt, sie ALIEN-artig rumkotzen lässt, Riesenratten produziert und am Ende ein drolliges Monsterbaby zur Welt bringt: einen Creepozoid! Das Kabuff, das zwar nur aus drei Räumen, einem Flur und einer Dusche besteht, aber aufwändig und in Gruppenarbeit erkundet und in einem Lageplan erfasst werden muss, wird irgendwann mal großspurig als "Containment Area" oder so bezeichnet, die etwas davon abhalten soll, auszubrechen. Dieses Etwas ist ein Monster, das das Ergebnis eines fehlgeschlagenen Aminosäurenexperiments ist und immer dann einen der Protagonisten überfällt, wenn der Film droht allzu blöd zu werden. Das andere von Regie-As David DeCoteau gern angewendete Mittel zur Langeweilevermeidung sind Linnea Quigleys Titten, die es eigentlich verdient hätten als Darsteller Nummer sieben und acht in den Endcredits erwähnt zu werden, zumal sie ihren Kollegen schauspielerisch in nichts nachstehen. Im Ernst: Der Film ist wirklich toll, vor allem deshalb, weil er nach handlichen 70 Minuten wieder vorbei ist. Die letzten zehn Minuten gehen dabei allein für den unsagbar blöden Endkampf Mann gegen Monsterbaby drauf und weil dieses Finale irgendwie so gar nix hergibt (obwohl es sein Setting, einen Kellerraum mit Regalen, perfekt ausnutzt – auf den Regalen liegen nämlich Kartons, die Spritzen beinhalten mit denen man Creepozoid-Babys umbringen kann), hat DeCoteau noch ein offenes Ende eingebaut: Das Baby ist nämlich doch nicht tot! Potzblitz! Wat ham wir geguckt! Neben der raffinierten Spannungsdramaturgie – erst passiert nix und dann ist der Film vorbei – sind es aber eigentlich vor allem die kleinen Details, die CREEPOZOIDS so hervorheben und außerdem eine Menge über die Zeit zu berichten wissen, in der dieser Film entstand. Da wird zum Beispiel ständig ein Computer konsultiert, der jeden Tastendruck mit nervigen Pieptönen kommentiert und auch sonst auf fast alles eine Antwort weiß. Nur einmal verlangt er ein Passwort, weil CREEPOZOIDS sonst wohl schon nach 50 Minuten ein Ende gefunden hätte. Und das hätte bedeutet, dass Ische Nummer Zwei (= die, die nicht ihre Titten zeigt) nicht von der bewegungsunfähigen Riesenratte in den Hals gebissen worden wäre, womit der Film eines unbestrittenen Highlights verlustig gegangen wäre. Das Frauenbild ist ebenfalls ziemlich differenziert: Denn Frau Nummer Zwei kann am zweitbesten (nach dem Soldaten mit der Brille) den Computer bedienen, weiß wozu Aminosäuren gut sind (was für den Film eigentlich egal ist) und hat deshalb auch keinen Sex. Zählbares springt nur für Linnea Quigley raus. Dass diese Hupe ehemals als Scream Queen tituliert wurde, lässt übrigens den Wertverfall erkennen, den dieser Begriff seit HALLOWEEN 1978 erfahren musste. Der amerikanische Indiehorrorfilm indes wuchs und gedieh, bis er in diesem Kleinod seinen Zenit erreichte und sich zum Sterben darniederlegte.
#790
Geschrieben 17. Mai 2007, 20:47
Die Handlung von Sam Raimis drittem Film um Peter Parker wiederzugeben, ist alles andere als einfach, weil Raimi stärker noch als in den Vorgängern mehrere Geschichten miteinander verknüpft, die zwar alle im Finale zusammenlaufen, aber eigentlich eher durch einen ihnen gemeinsamen inhärenten Konflikt miteinander verbunden sind. Es geht um das Treffen der richtigen Entscheidung, den Punkt, an dem man gezwungen ist, eine Wahl zu treffen. Die Charaktere des Films, ob Helden oder Schrucken, haben alle entweder eine Entscheidung getroffen, deren Konsequenzen sie nun zu tragen haben, oder sie stehen noch vor einer solchen Entscheidung. Da ist Flint Marko (Thomas Haden Church), Vater eines schwer kranken Mädchens, für deren Operation er einst einen Raubzug begangen hat, in dessen Folge Peter Parkers Onkel starb. Er verwandelt sich im Verlauf des Films in den Sandman, einen von gleich drei Schurken, mit denen es Spidey in diesem Film zu tun bekommt. Dann ist da Harry Osborne (James Franco), Sohn des Green Goblins, der im Glauben, Spiderman habe seinen Vater ermordet, Jagd auf diesen macht, obwohl er sein bester Freund ist. Und schließlich die amorphe Aliengestalt, die als schwarzes Dress erst Besitz von Peter, dann von dessen Konkurrenten beim Daily Bugle, Eddie Brock (Topher Grace), nimmt und ihre schlechtesten Eigenschaft verstärkt zum Vorschein bringt. Die wichtige Erkenntnis, die Peter am Ende hoffentlich in den vierten Teil mitnimmt: Es gibt kein Gut und Böse, vielmehr tragen wir alle beide Seiten in uns. Es ist der Moment der Entscheidung, an dem wir bestimmen, auf welcher Seite wir stehen. Für Spidey/Peter Parker bedeutet das, sich zu seinen Schwächen zu bekennen und so seine große Liebe zu bewahren. Sein egoistischer Trieb, der durch das schwarze Kostüm verstärkt wird, droht seine Beziehung zu ruinieren. "Venom" – der Name fällt im Film kein einziges Mal – ist dann auch eher eine überdeutliche Metapher als echtes Handlungselement. Sam Raimi hatte ja eigentlich keine Lust auf den besessenen schwarzen Spider-Man und das merkt man dem fertigen Film durchaus an, weil alle mit diesem zusammenhängenden Handlungsstränge wie nachträglich eingefügt wirken. Venom interessiert ihn nur insofern, als das Kostüm dazu dient, die dunkle Seite Peters hervorzubringen. Das Alien selbst spielt kaum eine Rolle im fertigen Film. Das macht aber nichts. Zwar kann man SPIDER-MAN 3, wenn man unbedingt will, als schwächsten Film der Reihe bezeichnen, weil er gerade in der zweiten Hälfte etwas unrund läuft, dennoch ist er mit so viel Liebe und Erfindungsreichtum inszeniert, dass man sich darüber unmöglich ärgern kann. Ich finde ihn stärker als den ersten Teil. Der Sandman stellt das bisherige Schurkenhighlight der Reihe dar: Nicht nur sind die Effekte um ihn einfach wunderbar, Thomas Haden Church gelingt es außerdem ebenso gut wie Alfred Molina im letzten Teil, der Figur seinen Stempel aufzudrücken. Hinzu kommen die großartigen und urkomischen Cameos von Ted Raimi und Bruce Campbell und fertig ist der nahezu perfekte Popcorn-Film. Den Erfolg gönne ich ihm jedenfalls aus ganzem Herzen und hoffe, dass die Produzenten so viel an diesem Film verdienen, dass sie dem guten Sam Raimi beim nächsten Film freie Hand bei der Wahl des Schurken lassen. Harry Knowles, der hier einen sehr schönen, weil kenntnisreichen Text zu SPIDER-MAN 3 geschrieben hat, wünscht sich Lizard und Kraven für den vierten Durchlauf, ich würde dem alten Stocherkahnfahrer Elektro sein Filmdebüt gönnen und hätte auch gegen Rhino nix einzuwenden.
#791
Geschrieben 18. Mai 2007, 17:12
Der CIA-Mann Jack Quinn (Jean-Claude Van Damme) wird auf den Fiesmopp Stavros (Mickey Rourke) angesetzt. Bei dem Einsatz stirbt aber nicht der Terrorist, sondern dessen kleiner Sohn, was diesen dazu veranlasst im Gegenzug Jacks schwangere Frau zu entführen. Jack hat aber leider keine Gelegenheit sie zu befreien, denn als er nach der gescheiterten Mission mit einigen Blessuren aufwacht, befindet er sich auf einer abgeschiedenen Insel, der "Kolonie", einer streng geheimen Enklave ehemaliger Spitzenagenten, die als Think Tank den internationalen Terrorismus bekämpfen. Doch Jack gelingt die Flucht und gemeinsam mit dem extrovertierten Waffenhändler Yazz (Dennis Rodman) setzt er alles daran, seiner Frau zu befreien, sein Kind zu retten und Stavros zu bestrafen ...
DOUBLE TEAM war damals Tsui Harks Hollywood-Debüt, als solches mit Spannung erwartet worden und wie schon Woos und Lams amerikanische Erstlingswerke mit den Muscles from Brussels besetzt worden. An seine Meisterleistungen aus Hongkong konnte Hark mit DOUBLE TEAM dann auch nicht anknüpfen, auch wenn der Film durchaus anguckbare Action bietet, deren Highlights Harks visuellem Gespür zuzuschreiben und deren unleugbare Schwächen einem Drehbuch zu verdanken sind, das ganz offenkundig nicht aus einer einzigen Feder entstammt, sondern aus mehreren Entwürfen zusammengerührt wurde. Anzeichen dafür gibt es viele: Ursprünglich sollte DOUBLE TEAM nämlich THE COLONY heißen, das Geschehen in besagter Kolonie reduziert sich im fertigen Film aber auf vielleicht 20 bis 30 Minuten. Auch flugs etablierte Set Pieces wie das Kloster der "Cyber-Mönche" verschwinden, bevor sich ihre Bedeutung für den Plot wirklich erschließt. Die größte Bürde stellt aber die Präsenz Dennis Rodmans dar, der in jeder Szene eine neue Frisur hat und am laufenden Meter Oneliner mit Basketballbezug absondern darf, die weder witzig sind, noch zu dem eigentlich recht ernsten Ton, den Hark anschlägt, passen wollen. DOUBLE TEAM ist ein typischer Vertreter des Neunzigerjahre-Actionkinos, dessen Nachwirkungen man noch heute in der visuellen Gestaltung aktueller Actionfilme sehen und auf inhaltlicher Ebene selbst in den DTV-Vehikeln Seagals erkennen kann. Die eigentlich furzeinfache Story wird durch etliche bondeske Schauplatzwechsel, Authentizität und Ernsthaftigkeit vorgaukelnde Schrifteinblendungen und inhaltsleeres Politgewäsch verkompliziert und gleichzeitig mittels Anbiederungen an den Zeitgeist – Rodman, Techno, doofe Outfits – banalisiert. So steht am Ende ein Film, der deutlich hohler als seine Artgenossen aus dem Jahrzehnt davor ist, dies aber mit maximalem Aufwand auf visueller Seite zu übertönen sucht. Im Gedächtnis bleiben eigentlich nur die nette Actionsequenz, die zu Van Dammes "Kolonialisierung" führt, die ein wenig ESCAPE FROM ALCATRAZ atmende Planung der Flucht von dieser Insel und schließlich das großartige und witzige Coca-Cola-Product-Placement am Ende. Vor zehn Jahren hat mir der Film irgendwie mehr Spaß gemacht ...
#792
Geschrieben 20. Mai 2007, 13:38
Der kleine Ganove Goldie (Max Julien) wird bei einem Bruch erwischt und geht für fünf Jahre in den Bau. Als er nach Hause kommt, gibt es nur eins für ihn: Möglichst schnell möglichst reich werden, um dem Ghetto und den korrupten weißen Bullen zu entkommen und seiner Mutter ein schönes Plätzchen für den Lebensabend zu kaufen. Und er weiß auch schon, wie er seinen Traum erfüllen kann: als Zuhälter. Sein Aufstieg zum "Player of the Year" in Oakland verläuft rasant, entfremdet ihn aber von seinem klassenkämpferischen Bruder, der seine Brüder und Schwestern von der Straße wegholen will, statt sie dort hinzubringen. Und am Ende muss Goldie feststellen, dass Geld eben doch nicht alles ist ...
Vorab: THE MACK, der in Deutschland mal als STRASSEN ZUR HÖLLE erschien ist ein unglaublicher Film und ein Meisterwerk des schwarzen Indiefilms. Obwohl die Geschichte des Pimps Goldie zahlreiche Hip-Hopper beeinflusste und der pumpende und britzelnde Funkscore von Willie Hutch als Sample Eingang auf deren Alben fand, ist THE MACK kein Blaxploitation-Film im klassischen Sinne. Statt comichafter Überhöhung und Stilisierung dessen, was man gemeinhin als Black Power bezeichnet, gibt es in THE MACK schmerzhaften Realismus und soziale Abgründe. So spiegelt das Dilemma Goldies, der statt des idealistischen, schwierigen Wegs seines Bruders den Weg des Verbrechens gewählt hat und feststellen muss, dass Geld sehr wohl stinkt, wenn es unehrlich verdient wurde, ziemlich genau die Produktionsbedingungen von THE MACK wider, der von Hauptdarsteller Max Julien selbst gescriptet und von Michael Campus inszeniert wurde. Um einen Einblick in das Geschäft der Zuhälterei zu bekommen und die schwierige Situation der Afroamerikaner auf den Straßen Oaklands einzufangen, holten sich die Filmemacher den echten Zuhälter Frank Ward als Berater und Nebendarsteller ins Boot, der ihnen Zugang zur Unterwelt und all den Orten verschaffte, die ein Filmemacher sonst nicht zu Gesicht bekommt. Diese Verbindung wiederum brachte die in Oakland aktiven Black Panther auf die Barrikaden, sodass der Film nur mit großen Schwierigkeiten überhaupt fertiggestellt werden konnte und seinen tragischen Höhepunkt in der Erschießung des Frank Wards kurz vor Abschluss der Dreharbeiten fand. THE MACK trägt über weite Strecken tatsächlich dokumentarische Züge: In langen Szenen schaut er seinen Akteuren aufs Maul, fängt sie in ihrem realen Umfeld ein und zeichnet so ein ebenso beeindruckendes wie erschreckendes Bild des Lebens auf der Straße. Natürlich funktioniert THE MACK auch als Unterhaltungsfilm prächtig, was zum einen an den famosen und immens glaubwürdigen Darstellern (in einer Nebenrolle gibt es den jungen, ständig auf Koks agierenden Richard Pryor), vor allem aber in den schlicht genialen, oftmals im Stehgreif improvisierten Dialogen und den unfassbaren Klamotten liegt, die die Players hier zur Schau tragen. Das alles macht THE MACK zu einem schlicht überwältigenden Filmerlebnis. Bei Erstsichtung vor knapp acht Jahren war ich ein bisschen enttäuscht, weil ich eben ein Spektakel im Stile von FOXY BROWN erwartete. Gestern hat mich THE MACK einfach nur umgehauen. Die RC-1-DVD von New Line hat zwar ein recht körniges Bild, enthält aber nicht nur eine Kommentarspur, sondern auch eine rund 40-minütige Dokumentation, die einige interessante Details über die schwierigen Produktionsbedingungen verrät und neben den Beteiligten sowohl Wissenschaftler als auch Fans – vertreten durch die Hughes-Brothers – zu Wort kommen lässt und deshalb einen absoluten Pflichtkauf darstellt. Ich glaube, ich gucke den Film heute gleich nochmal.
#793
Geschrieben 20. Mai 2007, 14:01
Zum Auftakt meiner kleinen, in näherer Zukunft in loser Folge fortgesetzten Adriano-Celentano-Retro, gibt's heute DER SUPERTYP aus dem Jahr 1977, der trotz der Regie von Sergio Corbucci ein eher schmerzhaftes Vergnügen darstellt. Adriano Celentano gibt hier als erfolgloser, aber genialer Fotograf Klick eine weitere Variation seines unkonventionellen Lebenskünstlers und Frauenhelden. Er trifft zu Beginn auf einen ebenfalls erfolglosen Schriftsteller (Renato Pozzetto), dem er in Folge das Leben schwer macht und das Geld aus der Tasche zieht, aber auch etwas frischen Wind in dessen festgefahrenes Dasein bringt. Von einer Handlung zu sprechen, fällt angesichts des wüsten Durcheinanders und der Episodenhaftigkeit des Dargebotenen schwer, kaum zu übersehen ist aber der hesftige klassenkämpferische Wind, der durch Corbuccis Film weht. Da wimmelt es nur so von dekadenten Bonzen, die sich in ihren festungsartig abgesicherten Protzvillen dem Müßiggang hingeben, vergeistigten Dichterfürsten, die lüstern jedem männlichen Hintern nachgeifern, kleinen Verlierern, die alles, was sie anfassen in den Sand setzen, und amoklaufenden Emanzen, die Seminare zur gynäkologischen Selbstbehandlung durchführen, um nicht mehr den grapschenden Händen der Männer ausgesetzt zu sein. DER SUPERTYP und sein Held Klick entstammen geradewegs der Fantasie des "einfachen Volkes". So ist es wenig verwunderlich, dass Corbuccis Film alle Anzeichen einer saftigen Burleske trägt. Die deutsche Synchronisation wird dem mit zahlreichen krachledernen Vulgarismen gerecht, die manchesmal regelrecht aufschrecken lassen. Sowas hört man im Zeitalter des Multiplexes nicht mehr! Insgesamt ist DER SUPERTYP zumindest in nüchternem Kopf ein durchwachsenes Vergnügen, weil dem Film einfach ein durchgehender narrativer Strang fehlt und der Humor sehr verlässlich das unter der Gürtellinie angesiedelte Ziel verfehlt. Das einzige Argument, das mir spontan für den Film einfallen will, ist die Nacktszene von Barbara Bach. Die gibt es auch relativ früh im Film, sodass man danach getrost wieder ausmachen kann.
EDIT: Gerade habe ich gelesen, dass DER SUPERTYP im italienischen Original gute zwanzig Minuten länger ist. Durchaus möglich also, dass der Film ursprünglich mal weniger bruchstückhaft rüberkam als er das in seiner deutschen Inkarnation tut ...
#794
Geschrieben 21. Mai 2007, 17:35
Roger Willoughby (Rock Hudson) ist die national anerkannte Angeleminenz: Wann immer ein Angler Rat sucht, fragt er den kompetenten Roger, der demzufolge auch ein absolutes Verkaufs-As in der Angelabteilung eines großen Kaufhauses ist. Sein Angelratgeber ist die Bibel seines Sports: für jeden verständlich und enorm effizient in seinen praktischen Tipps, zudem immens gut lesbar in seiner luziden Prosa. Tatsächlich hat Roger aber noch nie geangelt, was natürlich ein Geheimnis ist, an dessen Wahrung ihm sehr gelegen ist. Die durchtriebene Abigail Page (Paula Prentiss) kommt ihm allerdings auf die Schliche als sie den Fachmann zum jährlichen Angelwettbewerb am Lake Wakapugee überreden will und auf heftigen Widerstand trifft. Doch sie verspricht dem hilflosen Willoughby, ihm die wichtigsten Handgriffe beizubringen ...
Howard Hawks hat mit MAN'S FAVORITE SPORT eine der schönsten Komödien der Filmgeschichte gedreht: einen wunderbar leichten Film, der durch seine gut aufgelegten Akteure geadelt wird und einen für 115 Minuten die Welt vor der Tür vergessen lässt. Paula Prentiss hat die Mischung aus weiblicher Durchtriebenheit, gnadenlosem Durchsetzungsvermögen und verführerischem Augenaufschlag perfekt drauf und Roger Willoughby kann einem wirklich nur Leid tun. Die Gags des Films gehen dann auch fast alle auf Rock Hudsons Konto und ergeben sich meist aus den verzweifelten Versuchen Willoughbys die mühsam errichtete Fassade aus Sachlichkeit und männlicher Kompetenz zu wahren. Es gelingt ihm nur leidlich, soviel sei gesagt. Seinen Höhepunkt findet MAN'S FAVORITE SPORT wohl in seiner Gipsarm-Sequenz: Wenn er mit zwei Armen salutierend an den Pfadfindern vorbeiläuft, ist echt alles aus! Mich hat MAN'S FAVORITE SPORT aber seit jeher vor allem durch seine farbenfrohe Optik und dieses hübsche Wakapugee-Setting begeistert, bei dem man nie so recht weiß, ob es jetzt echt oder doch nur Studiokulisse ist, und das ich mir sofort als Fototapeten-Motiv kaufen würde. Eigentlich könnte man Hawks' Film so als Vertreter des reinen filmischen Eskapismus abtun, aber Phantomias hat ja kürzlich im Bilderrätsel-Thread eine interessante autobiografische Lesart aufgeworfen. Um diese zu bestätigen, kenne ich mich mit dem Menschen Hawks zu wenig aus, Fakt ist aber, dass auch Rock Hudson als Aufschneider, der vorgibt etwas zu sein, was er nicht ist, nicht nur ideal, sondern vor allem überaus doppelsinnig besetzt ist. Man sich gut vorstellen, wie sich die Beteiligten hinter der vorgehaltenen Hand über diesen Coup ins Fäustchen gelacht haben ...
#795
Geschrieben 21. Mai 2007, 18:10
Die Jugendlichen eines verschlafenen Nests verdienen sich ihr Geld als Versuchskaninchen für wissenschaftliche Experimente am örtlichen College. Doch diese Experimente ziehen recht drastische Folgen nach sich: Die Kids verlieren vollends die Kontrolle und werden zu mordenden Bestien. Als auch Pete, Sohn von Sheriff Brady (Michael Murphy), plötzlich äußerst stranges behavior an den Tag legt, erinnert sich sein Vater an die Experimente des Dr. LeSange, die in der Vergangenheit auch seine Frau das Leben kosteten ...
STRANGE BEHAVIOR ist ein ziemlich düsterer und über weite Strecken regelrecht beunruhigender Horrorfilm, der recht untypisch für seine Zeit ist und einen wesentlich größeren Bekanntheitsgrad verdient hätte. Michael Laughlins Film zeichnet sich durch seine Ernsthaftigkeit und die ungewohnt realistische Zeichnung des Teenageralltags, mithin durch das clevere Drehbuch Bill Condons aus, aber da ist noch mehr. STRANGE BEHAVIOR hat eine irgendwie merkwürdige Atmosphäre, die sich nur schwer an einzelnen Merkmalen festmachen lässt. Einen großen Anteil daran hat sicherlich der wabernde Score von Tangerine Dream, noch wichtiger erscheint mir aber die Verortung des Geschehens im amerikanischen Hinterland, das hier aber durch Drehorte in Neuseeland und Australien repräsentiert wird, was man dem Film nur zu deutlich ansieht. Die Bilder wirken allesamt leer, trist und seltsam leblos, eine Welt außerhalb der Kleinstadt, in der sich das Geschehen abspielt, scheint es gar nicht zu geben. Somit ist STRANGE BEHAVIOR nicht nur ein doofer Horrorflick, sondern ein klassischer Vertreter für den Teenage-Angst-Film: Die Kids hier haben wenig zu tun und sind demnach willkommene Opfer für die rücksichtslosen Experimente des Dr. LeSange. Auch die aus diesen Experimenten resultierenden Morde haben Gott sei Dank nchts mit dem üblichen Slasher-Einerlei zu tun, sodass STRANGE BEHAVIOR als rundum eigenständiger Film in Erinnerung bleibt. Die Besetzung, in der sonstige Nebenrollenakteure auftrumpfen dürfen (neben dem genannten Michael Murphy u. a. Fiona Lewis, Louise Fletcher, Dey Young und Marc McClure), trägt ihren Teil zum Erfolg des Films bei und letztlich steht der uneingeschränkten Begeisterung nur das unspektakuläre Ende im Weg, dass den Schrecken der vorangegangenen 90 Minuten etwas zu unbedarft wegwischt.
#796
Geschrieben 22. Mai 2007, 09:39
AUGEN OHNE GESICHT Reloaded: Die Tochter des Augenspezialisten Dr. Chaney (Richard Baseheart) verliert bei einem von diesem verursachten Verkehrsunfall ihr Augenlicht. Fortan ist der ehemals seriöse Wissenschaftler und Mediziner bereit, auch fragwürdige Methoden zu bemühen, um seine Tochter zu heilen. Eine Augentransplantation muss her und somit eine Operation, die er bis vor kurzem strikt abgelehnt hätte. Aber woher die Augen nehmen? Als erstes muss Dr. Bryan (Lance Henriksen) dran glauben, der Geliebte von Chaneys Tochter. Die Operation verläuft erfolgreich, doch das Glück währt nur kurz und so muss Chaney immer neue Opfer finden. Und während sich die augenlosen Opfer im Käfig in Chaneys Keller stapeln und aufmüpfig werden, umso mehr driftet Chaney in den Wahnsinn und wird unvorsichtig ...
MANSION OF THE DOOMÈD (dessen deutscher Titel, DAS HAUS MIT DEM FOLTERKELLER, mir damals in Hahn/Jansens Horrorfilm-Lexikon extrem viel versprechend erschien) ist ein Film, der eigentlich wenig offenkundige Meriten hat. Die Geschichte plätschert ohne größere Ausreißer nach oben und unten dahin, das zu Beginn immens effektive Make-Up der Augenlosen entpuppt sich mehr und mehr als fadenscheinig, der Ausgang des Ganzen ist lange vorhersehbar und die eingeschnibbelten Archivaufnahmen von Augenoperationen wirken in dem sonst recht gediegenen Film irgendwie fehl am Platze. Dennoch ist MANSION OF THE DOOMED gerade ob seines langsamen Tempos, der mit diesem einhergehenden monotonen und Tristesse ausströmenden Dramaturgie ein irgendwie ekliger und vor allem ungewöhnlicher Film geworden. Man merkt ihm deutlich an, dass mit Albert Band ein Maann im Hintergrund werkelte, der lange Zeit in Italien gearbeitet hat. In seiner Stimmung, den fahlen Bildern, die mehr und mehr das Abgleiten Chaneys in den Wahnsinn illustrieren, erinnert MANSION ein wenig an D'Amatos BUIO OMEGA, ohne jedoch wie dieser im Morast von Gore und Geschmacklosigkeiten zu waten. In MANSION ist alles ein bisschen leiser, jedoch nicht weniger abgründig. Man denke nur an die Szene, in der Chaney in Böser-Onkel-Manier ein Mädchen in sein Auto lockt, weil er glaubt, er benötige besonders frisches Material. Das macht Michael Patakis (eigentlich als Schauspieler bekannt) Film nun nicht gerade zur Partygranate, hebt ihn aber dennoch positiv hervor und verleiht ihm einen kleinen Exotenbonus.
#797
Geschrieben 22. Mai 2007, 10:47
Onkel Sam war ein echter Kotzbrocken, verprügelte und missbrauchte seine Schwester, schlug seine Ehefrau. Dann zog er in den Krieg und wurde ein Held, während zu Hause alle aufatmeten, dass er endlich weg war. Als nun pünktlich zum Unabhängigkeitstag die Nachricht von seinem Tod eintrifft, hält sicih die Trauer in Grenzen. Nur sein Neffe, der kleine Jody, glaubt an das Heldentum seines Onkels und schockiert alle mit seinem Wunsch, es ihm gleichzutun. Bis der Onkel dann als nationalistischer Zombie aufersteht und jegliches liberale Verhalten im Keim unterbindet.
UNCLE SAM ist bis dato William Lustigs letzter Film und scheitert trotz der nicht unwitzigen Grundidee und dem Drehbuch von Larry Cohen an seinem allzu schematisch ablaufenden Plot. Der puritanisch-konservative Verve, mit dem Sam potrauchende Teenies und Rowdies, die das Star-spangled Banner für ihre Späße missbrauchen, umlegt, unterscheidet ihn zwar kein Stück von all den Jasons und Michael Myers, im Unterschied zu deren Filmen enttarnen Lustig und Cohen den Uncle Sams Taten innewohnenden Geist aber ganz explizit und begeben sich in unmittelbare Nähe zu Geoffrey Wrights CHERRY FALLS. So ist es dann auch eher der linksliberale Geist, der diesen Film durchzieht, die Auftritte alternder Hollywoodstars wie Bo Hopkins, Isaac Hayes, P. J. Soles, William Smith oder Timothy Bottoms, die UNCLE SAM vom Gros der anderen Slasherfilme abheben, denen er dramaturgisch über weite Strecken gleicht wie ein Ei dem anderen. Natürlich ist UNCLE SAM handwerklich ebenfalls erste Sahne, aber das war eh nicht anders zu erwarten.
#798
Geschrieben 26. Mai 2007, 13:31
Lord Marion wird in seiner Villa in Louisiana dahingerafft. Zur Testamentsvollstreckung wird die restliche Familie eingeladen, die sich entsetzt darüber zeigt, dass alles der jungen Rita (Lina Romay) zukommen soll, die der Lord einst mit einer "Negerin" zeugte. Der nächtliche Mordanschlag auf Rita lässt nicht lang auf sich warten, doch kommt diesem der Killer des Lords zuvor, ein geheimnisvoller Maskenmann. Der schnauzbärtige Inspector Bore (nomen est omen) steht vor einem Rätsel ...
Jess Francos LA NOCHE DE LOS ASESINOS ist eine gemischte Tasche, wie der Angelsachse sagen würde. Auf der einen Seite gibt es da den recht stimmungsvollen Auftakt, der uns in ein schattiges Herrenhaus führt, in dessen barocker Einrichtung der Hausherr pathetische Verse aus einem Buch rezitiert und dafür wenig später entsorgt wird. Francos Film, der seine Vorlage THE CAT AND THE CANARY mal flugs dem armen Edgar Allen Poe in die Schuhe schiebt, profitiert nicht wenig von den Settings, die durch geschickte (= sparsame) Ausleuchtung immer nach etwas mehr aussehen. Das war es dann aber auch schon, denn auf dramaturgischer Ebene funktioniert nur wenig. Konnte NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT nicht wenig von der langsamen Inszenierung, der unaufgeregten Erzählung und selbst den kleinen logischen Brüchen profitieren, weil diese Mängel die fremdartige Stimmung der Stoker-Vorlage unterstrichen, so geraten dieselben hier zu unausweichlichen Stolpersteinen. Ein Whodunit, und ein solcher ist IM SCHATTEN DES MÖRDERS, braucht eben gute Dialoge, glaubwürdige (oder zumindest interessante) Figuren und einen griffigen Spannungaufbau, sonst ist die Suche nach dem Täter so spannend wie eine Partie Halma. In all diesen Bereichen versagt Francos Film jedoch völlig und ist so eigentlich nur noch als Eye Candy oder Trashgurke zu gebrauchen. Gerade die deutsche Synchro bemüht sich redlich, die mögliche Bestimmung des Films als Partykracher zu unterstreichen und geizt nicht mit blöden Sprüchen. William Berger guckt auch mal kurz rein, scheint die Story, die sich in völlig unnachvollziehbaren Wendungen ergeht, aber ebensoweing verstanden zu haben wie ich. Und dazu dudelt ein seltsam unpassender Score, der sich zwischen Jazzelementen und brausender Orchestermusik nicht wirklich entscheiden kann. So wie ich, der nicht weiß, ob das jetzt ein großer Spaß oder doch nur bildreiche Zeitverschwendung war ...
#799
Geschrieben 26. Mai 2007, 13:48
Adriano Celentano ist Asso, der Superzocker der Mailänder Unterwelt. Doch die Hochzeit mit der schönen Silvia (Edwige Fenech) lässt ihn ein Gelübde ablegen, nie mehr zu spielen. Dieses hält jedoch nicht lang, genau genommen bis zur Hochzeitsnacht, denn der Marseiller ist in der Stadt und Asso der einzige, der ihm das Wasser reichen kann. So tritt Asso zur Pokerpartie an, macht den großen Reibach, wird jedoch auf dem nachhauseweg von einem Killer erschossen. Als Geist erscheint er nun seiner Silvia, um für sie einen neuen Mann zu suchen ...
ASSO lehnt sich natürlich an A GUY NAMED JOE an, anstatt die Geschichte vom selbstlosen Geist jedoch ähnlich romantisch-klebrig auszuschlachten haben Franco Castellano und Giuseppe Moccia eine überdrehte Komödie daraus gemacht, der Rainer Brandt in der deutschen Fassung noch zusätzlich Feuer unterm Allerwertesten macht. Es dauert keine zwei Minuten, da wurde bereits der erste "Kotzbalken" aus der "Sabbelrinne" geprügelt. Ernst zu nehmen ist das alles natürlich gar nicht und Verächter des derben Humors werden hier ordentlich Treibstoff für ihren Hass bekommen, ich habe mich mit ASSO aber ganz gut amüsiert. Da sind das Spiel Celentanos, der hier ganz im Stile der Blaxploitation-Filme ständig den heißesten Fummel präsentiert (sein Lederhut ist alles!), Edwige Fenech steht ihm dahingehend in nichts nach und ist auch sonst wie immer entzückend und das Drehbuch schüttelt auch die ein oder andere lustige Sequenz aus dem Ärmel wie die, in der der für alle unsichtbare Asso die Pferde und Jockeys bei einem Pferderennen behindert, damit "Schildkröte", ein erbarmunsgwürdiger Klepper, gewinnt. Unschuldiger Spaß, mehr nicht.
#800
Geschrieben 26. Mai 2007, 14:33
Der Amerikaner Ray (Jean-Claude Van Damme) arbeitet mit seinem Kumpel Tommy (Rob Schneider) für "V-Six Jeans" in Hongkong. Ray war früher der "King of Knock-offs", stellte im großen Stil billige Imitate von teuren Markenartikeln her, jetzt will er sein Geld ganz legal verdienen. Umso ärgerlicher ist es für ihn als sich mit Karen Lee (Lela Rochon) eine Angestellte von V-Six Jeans bei ihnen meldet und die beiden beschuldigt, statt der Original-Jeans nur billige Kopien in die USA geliefert zu haben. Doch damit ist der Ärger längst noch nicht beendet: Ein Minisprengstoff taucht auf, gerade so groß, dass man ihn als Niete an einer Jeans tarnen kann ...
Nur ein Jahr nach seinem US-Debüt DOUBLE TEAM leitete Tsui Hark mit dieser US-Hongkong-Koproduktion seine Rückkehr nach Asien wieder ein. KNOCK OFF erinnert dann über weite Strecken wieder sehr viel mehr an einen Hongkong-Film als einen US-Actioner. Der peinliche Humor eines DOUBLE TEAM ist ebenso Vergangenheit (auch wenn es mit Rob Schneider ebenfalls wieder einen für die Komik zuständigen Buddy gibt), wie das James-Bond-artige Set-Piece-Hopping. KNOCK OFF hat eine denkbar einfache Story, die vor allem Gelegenheit für zahlreiche atemberaubende Action-Sequenzen und die nicht minder spektakulären Regieeinfälle Harks bietet. In seiner schieren Geschwindigkeit und dem brillanten Gespür für Timing fühlt man sich nicht selten an die etwas ruppigeren Jackie-Chan-Filme der Achtzigerjahre erinnert, mit dem Unterschied, dass Hark aus dem vollen Angebot an filmtechnischen Neuerungen schöpfen kann: Minikameras, CGI-Effekte, ultradynamische Schnittfolgen. In KNOCK OFF wird die reine Bewegung geradezu abgefeiert. Vom Rikscharennen zu Beginn, über den Kampf auf einem Lastwagen, die Jagd durch ein finsteres Lagerhaus und den abschließenden Showdown auf einem Containerschiff – Tsui Hark dynamisiert das Geschehen mittels seiner wirbelnden Kamera und dem furiosen Schnitt dermaßen, dass KNOCK OFF wirkt wie eine Injektion reinen Adrenalins ins Herz. Selbst die wenigen Ruhepausen sind so pointiert gestaltet, dass der Film immer im Rhythmus bleibt. Dem Hongkong-Filmgucker bietet sich mit der Besetzung noch ein schöner Nebeneffekt: Harks Film wirkt ein bisschen so, als hätten sich die sonst zu Schießbudenfiguren degradierten Gweilos des durchschnittlichen Hongkong-Actionfilms jetzt einmal zu dessen Helden emporgeschwungen, um den Chinese zeigen, wo die Harke hängt. Dass KNOCK OFF vor dem Hintergrund der Feierlichkeiten zur Rückübergabe Hongkongs an China spielt, macht ihn auch aus historischer Sicht und als "Umbruchsfilm" interessant. Was aber am wichtigsten ist: KNOCK OFF nimmt im Actionkino der Neunzigerjahre einen absoluten Spitzenplatz ein, weil es ihm gelingt, den großen Formenreichtum der Neunziger mit all seinen neuen technischen Möglichkeiten und die ruppige, handfeste Action der Achtziger miteinander perfekt zu kombinieren. Und wer meint, dass inszenatorische Rasanz auf die Namen Bay oder Scott gepachtet sei, sollte sich mit einer Dosis KNOCK OFF eines besseren belehren lassen. Großartig!
#801
Geschrieben 28. Mai 2007, 16:26
Die amerikanische Kellnerin Mary (Debra Feuer) wird von ihrem Mann (Jean Sorel) nach Florenz beordert, weil er dort einen Riesencoup gelandet hat. Unglückliche Umstände bringen sie jedoch vorher mit dem knurrigen und manisch unfreundlichen Anwalt Tito Torrisi (Adriano Celentano) zusammen, der ihr in den nächsten Tagen eher unwillig zur Seite steht, um ihren Mann zu finden. Leider ist der bald schon tot und das Pärchen wider Willen ist auf der Flucht vor einigen ebenso entschlossenen wie unfähigen Killern ...
DER BRUMMBÄR ist ein recht junger Celentano und zeigt demnach auch alle Anzeichen des Niedergangs, die sich im italienischen Kino der späten Achtziger bemerkbar machten. In diesem Fall sind das der wirklich entsetzliche Score, die Anwesenheit der Quotenamerikanerin Debra Feuer, die zwar äußerst schnuckelig anzuschauen ist, aber dennoch eine plastikhafte Flachheit in den Film bringt, und vor allem der genormte Plot, der nur wenig Überraschungen bietet. Außer den etwas irritierenden – weil inhaltlich seltsam unmotivierten – NORTH BY NORTHWEST-Referenzen gibt es im BRUMMBÄR leider zu wenig, was wirklich aufmerken lässt. So richtig nerven tut's aber auch nie und das ein oder andere Mal gibt's, der Synchro sei Dank, auch was zu lachen, insofern geht das schon in Ordnung. Und Debra Feuer war wirklich süß damals ...
#802
Geschrieben 28. Mai 2007, 19:48
Barnaba (Adriano Celentano) ist Busfahrer, ein einfacher, ehrlicher Mann von der Straße, den alle für seine freundliche, spontane und unkonventionelle Art lieben. Eines Tages sitzt die junge Prinzessin Christina (Ornella Muti) bei ihm im Bus und bittet um eine Stadtrundfahrt. Barnaba ist sofort hin und weg und absolut nicht mehr von dem Glauben abzubringen, dass Christina die Frau seines Lebens ist. Und während auch Christinas anfängliche Zweifel immer mehr schwinden, ist mit Christinas betonköpfigen Vater (Adolfo Celi) nur noch ein Hindernis für Barnaba zu überwinden ...
GIB DEM AFFEN ZUCKER vereint das Traumpaar Muti/Celentano aus dem Erfolgsfilm DER GEZÄHMTE WIDERSPENSTIGE noch einmal, nicht jedoch ohne das Erfolgskonzept etwas zu variieren. War es im Vorgänger noch Celentano, der den allen Annäherungsveruchen Widerstehenden spielte, ist er nun derjenige, der von Amors flammendem Pfeil voll erwischt wurde. Für Celentano ist diese Rolle zumindest in der deutschen Fassung schon eine Abkehr vom eiskalten Grobian. Als Barnaba ist er zwar immer noch die Verkörperung südländischer Virilität und darf dieselben exaltierten und absonderlichen Verhaltensweisen an den Tag legen, die man auch aus seinen anderen Filmen kennt, dennoch nimmt man erstaunt zur Kenntnis, dass er hier tatsächlich als absolut liebenswerter Charakter gezeichnet wird. Nicht unbeträchtlichen Anteil hat an diesem Eindruck vor allem Celentanos Synchronsprecher: Statt Thomas Danneberg verleiht ihm hier der Sprecher von Chevy Chase seine Stimme. Dass ein Großteil des Witzes des Films in der kalauernden Synchro liegt, muss nicht erst betont werden. Tatsächlich hat man hier aber dennoch nicht das Gefühl, dass Synchro und Film geradezu im Wettstreit miteinander stehen, wie das in so vielen von Brandt synchronisierten Filmen oft der Fall ist. Die Geschichte von GIB DEM AFFEN ZUCKER geht natürlich den Weg, den man aus diesen Filmen kennt: der kleine Mann von der Straße bekommt seine Prinzessin, was in Italien aber mit deutlich mehr politischem Drive erzählt wird als in vergleichbaren Hollywood-Stoffen. Die Anlehnungen an berühmte Vorbilder, die man in diesen Filmen immer wieder beobachten kann, finden sich hier in einer an Hal Ashbys BEING THERE angelehnten Dinnerszene, in der der Busfahrer den anwesenden Wirtschafts- und Politbonzen was von Hochfinanzen erzählt. Ein wirklich asugesprochen hübscher Film, den man auch mögen kann, ohne sich auf den sicheren Posten der Selbstironie zurückziehen zu müssen.
#803
Geschrieben 29. Mai 2007, 09:12
Der Kunsthändler Raymond Beaumont (Robert Englund) kommt in den Besitz einer Statue, die einen bösen Dämon, einen Djinn, darstellt. Der Mythos um den Djinn besagt, dass er demjenigen, der ihn aufweckt, drei Wünsche erfüllen muss, bevor er schließlich mit seinen Dämonen die Welt unterjochen darf. Es kommt wie es in diesen Filmen immer kommt: Durch Verkettung dummer Zufälle weckt Alexandra (Tammy Lauren) den Geist auf, der nun herumläuft und Wünsche erfüllt, jedoch selten im Sinne des Wünschenden ...
1997/98 waren FANGORIA und verwandte Nerdmagazine voll mit Vorberichten zum neuen vermeintlichen Splatterkracher aus der Produktionsschmiede von Wes Craven, mit dessen Namen man unmittelbar nach SCREAM auch schimmlige Käsekanten hätte verkaufen können. In den USA war WISHMASTER dann auch ein ziemlicher Überraschungshit, der die branchenüblichen, immer mieser werdenden Sequels nach sich zog, jedoch schon in seiner ersten Inkarnation jederzeit als hohles Spaßprodukt für den anspruchslosen Videothekengänger zu erkennen und somit vielleicht keine schimmelige Käsekante, ganz bestimmt aber auch nicht die in Aussicht gestellte Delikatesse war. Dennoch kann man WISHMASTER ein gewisses Spaßpotenzial nicht in Abrede stellen: Die Effektspezis von KNB (Mit-Namensgeber Robert Kurtzman hat auch Regie geführt) haben ein paar hübsch altmodische Splattereien mit Latexkörpern und -gliedmaßen am Start, die die lästigen und billig anmutenden CGI-Morphingeffekte - die heute interessanterweise anachronistischer erscheinen als ihre handfesten Kollegen - verdammt alt aussehen lassen, Andrew Divoff gibt den Wishmaster mit diabolischer Grimassierfreude und die Story schreitet zügig voran, ohne sich selbst allzu wichtig zu nehmen. Dass WISHMASTER jederzeit als Geekfest zu erkennen ist, liegt vor allem an den zahlreichen Cameos typischer Horrorfilm-Stars: Neben dem erwähnten Robert Englund geben sich Angus Scrimm (als Erzähler in der O-Ton-Fassung), Ted Raimi, Kane Hodder, Tony Todd sowie die gesamte KNB-Posse die Ehre. Da drängt sich die gern gebrauchte Phrase von der "kurzweiligen Nummernrevue" geradezu auf: Schon der "Gag" um die Wünsche, die auf äußerst eigenwillige Weise interpretiert werden, entpuppt sich als Triebmotor für flachen Wortwitz, lustige Sprüche und kreative Tode - vor allem erstere Aspekte gehen in der deutschen Synchronfassung etwas verloren - denn als Quelle echten Schreckens. Aber egal, wenn WISHMASTER rum ist, hat man weder das Gefühl, Zeuge von etwas Großem geworden zu sein, noch seine Zeit völlig sinnlos vergeudet zu haben. Das ging in den Neunzigern auch schon deutlich schlimmer als hier. Der große Coup, als den man uns WISHMASTER damals verkaufen wollte, ist das Ding aber keineswegs und man merkt deutlich wie sehr sich das Freddy-Krueger-Erbe im 13. Jahr langam aber sicher totgeritten hatte.
#804
Geschrieben 29. Mai 2007, 10:38
Beim dilettantischen Versuch, ein Museum zu überfallen (!), verliert Soft-Goth-Chick Morgana (Holly Fields) ihren Partner und befreit auch noch den bösen Djinn aus dem ersten Teil. Da der sich nun direkt am Tatort eines Raubüberfalls und Mordes aufhält, wandert er in den Strafvollzug, zumal ihm auch auf dem Weg dorthin niemand den Gefallen tut, sich etwas zu wünschen. Natürlich gelingt der Ausbruch dann doch noch und das Duell zwischen Morgana, die zwischenzeitlich einen Priester vom Zölibat geheilt hat, und dem Wischmeister kann beginnen.
Für sein Sequel bedient sich Jack Sholder eines ähnlichen Ansatzes wie Brian Trenchard-Smith für seine LEPRECHAUN-Sequels: Wenn ein Stoff von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, ein schmales Konzeptchen schon mit seiner Erstverfilmung über Gebühr ausgepresst wurde, dann hilft nur, verstärkt auf die Humortube zu drücken und das komische Potenzial des Stoffes zu betonen. So gewinnt dieses gegenüber dem Vorgänger sichtbar preiswertere Sequel zwar erwartungsgemäß nicht an Klasse, zieht sich aber dennoch recht achtbar aus der Affäre. Daran hat vor allem Andrew Divoff großen Anteil: Sein stählerner Blick und das unbeweglich tierhafte Grinsen durch gebleckte Zähne wirkt zunehmend genervter, weil eben kaum jemand auf seine Wunschangebote eingeht. Das ist wirklich köstlich, wie der mächtige Dämon in Menschengestalt da im Knast rumsteht und nix machen kann. Noch nicht mal zu einem hübschen Wutanfall reicht sein Gefühlsspektrum, er kann einfach nur doof gucken. Toll! Auch die bei Sholder zum guten Ton gehörenden merkwürdigen sexuellen Konnotationen, die man seit dem ersten NIGHTMARE ON ELM STREET-Sequel zu schätzen weiß, sind hier wieder dabei und sorgen dafür, dass WISHMASTER 2 nie ganz stromlinienförmig wird. Höhepunkt ist sicher die spektakuläre Erfüllung des Wunsches eines Häftlings, sein Anwalt solle "go fuck himself". Ganz groß, auch wenn sich die deutsche Synchro den Witz mit ihrer Übersetzung "den Arsch aufreißen" größte Mühe gibt, den Gag zu versauen. Dann gibt es da noch besagten Pfaffen, der sich mit schmachtendem Blick an unserer Heldin vergeht, was weder ihn daran hindert, im Finale dennoch im Priesterwams aufzulaufen noch ihr das "reine Herz" schmutzig macht, was sie laut einer dullen Prophezeiung haben muss, um dem Putzteufel gegenübertreten zu können. Überhaupt diese Horrofilme, die sich an altertümlichen Religionen vergreifen: Wenn man das schon macht und einen bösen Dämon rumlaufen lässt, sollte man dann nicht so konsequent sein und sich vom lieben Gott verabschieden? Spätestens wenn das Finale seine billig hingeschusterten CGIs präsentiert, ist der Ofen eh aus.
#805
Geschrieben 29. Mai 2007, 11:31
Eine doofe Studentin (A. J. Cook) weckt erst das Interesse ihres Professors (Jason Connery) und dann den Wischmeister auf, der in einem sternförmigen Stein gefangen ist. Der nimmt Besitz vom notgeilen Prof und lässt auf dem Campus ordentlich die Kuh fliegen, vor allem in seinen Geschichtsvorlesungen, in denen er den verblödeten Amis einen vom Pferd erzählt. Am Ende wünscht sich die Studentin vom Djinn, dass ihr der Erzengel Michael zur Seite stehe, was er auch prompt tut. Mit vereinten Kräften wird der Dämon schließlich in den Kopf des Drehbuchautors von Teil 4 gebeamt.
Unter der Regie von Chris Angel - dessen Name ihn für langweilige Hochglanz-Erotikthriller prädestiniert - geht die Reihe endgültig vor die Hunde. Im dritten Teil steckt nun wirklich kein einziger, nicht mal ein nur geklauter Einfall. Es regiert der Tinnef, der den Film in seinen eisernen Krallen hält. Den Höhepunkt erreicht das hirnlose Treiben als der Dämon in Form des Lehrers vor vertrauensselig dreinblickenden amerikanischen Studizombies über die Rolle der Djinns in den trojanischen Kriege schwadroniert, obwohl eine Studentin anmerkt: "Der Djinn-Mythos kommt doch erst im nächsten Semester!" Der Lehrer hat jedoch im Gegensatz zu seinen Schülern seine Hausaufgaben gemacht und kontert knallhart: "Wie wollen sie denn zu einem Verständnis der trojanischen Krieg gelangen, ohne Studium des Djinn-Mythos?" Da gucken die Studenten aber alle ganz schön blöd aus der Wäsche: Nicht der olle Agamemnon sei Schuld am Verlauf des Krieges, sondern eben die Djinns, zu denen schließlich auch die griechischen Gothheiten Zeus, Hera und Bacchus gehörten. Bei so viel Geschichtsverdrehung bringt es dann wohl auch nix mehr anzumerken, dass Bacchus doch gar kein griechischer Gott ist. Ob Chris Angel mit dieser Szene das amerikanische Bildungssystem kritisieren wollte, sei mal in Frage gestellt, obwohl er als offenkundiges Opfer desselben sicherlich dazu prädestiniert wäre. Es gäbe noch mehr zu lästern, aber in meiner Erinnerung verschmelzen die Wishmasters alle zu einem einzigen geschmacklosen grauen Brei, sodass ich an dieser Stelle nur allen Anwesenden raten möchte, auf gar keinen Fall mit dem Kugelschreiber in das Auge Gottes zu pieksen, wenn es auf einem Stein erscheint. Hat man nur Ärger damit ...
#806
Geschrieben 29. Mai 2007, 12:21
Lisa (hat einen Arsch wie ein Brauereipferd: Tara Spencer-Nairn) und ihr Beau Sam (Jason Thompson) leben glücklich und zufrieden. Weil das ein Scheißanfang für Filme ist, gibt es bald eine Schrifteinblendung, die uns mitteilt, dass jetzt drei Jahre vorbei sind. In dieser Zeit sind die beiden den Weg aller blöden Pärchen aus minderbemittelten Drehbüchern gegangen: Er sitzt querschnittsgelähmt im Rollstuhl, säuft und jammert rum, sie stellt alle fleischlichen Gelüste für ihn hintan und marschiert Woche für Woche tapfer zum Anwalt Steven Verdel (Michael Trucco), der sich so große Hoffnungen bei dem kleinen Fettarsch macht, dass er sogar für lau um das Schmerzensgeld für ihren Lover streitet. Natürlich kommt bald schon der Wischmeister daher und stört den sich anbahnenden GZSZ-Plot.
Ohne Romantik geht es in diesem vierten Teil aber dennoch nicht: Der Djinn ist hier beinahe sowas wie ein tragischer Held, der um die Liebe seiner Erweckerin Lisa kämpft. Ihr letzter Wunsch, nach dessen Erfüllung sich bekanntlich das Tor zur Hölle öffnet und ganze Putzkolonnen von Wischmeistern über die Erde kommen sollen, besagt nämlich, dass sie Steven (= den Djinn) so lieben könne wie er wirklich ist. Dem komplizierten und sexuell auffgeheizten Treiben zwischen Lisa, Sam und Steven erliegen die deutschen Synchronsprecher als erste. Geistesschwach stammeln sie ihre hirnverbrannten Zeilen gern auch mal am Mikro vorbei, lassen Konsonanten weg, wenn sie gerade den richtigen Flow haben und weder Zweifel an ihrer Herkunft (drittklassige Fickefilme aus Eigenproduktion) noch an ihrem völligen Unvermögen offen: Die könnten noch nichtmal ne Dose Pils am Büdchen um die Ecke kaufen, ohne sich zum Vollhorst zu machen. Balsam für geplagte Ohren hält die schlicht geniale Abmischung der deutschen Tonspur bereit, die den Regler für die Hintergrundgeräusche gern auch mal weit aufreißt und das Kauderwelsch der Hilfsmimen damit im Keim erstickt. All Men play on Ten, Alda! So ist WISHMASTER 4 vor allen jenen zu empfehlen, die neben den deutschen Versionen von Lenzis GATES OF HELL und Polsellis DAS GRAUEN KOMMT NACHTS noch einen Platz für eine ähnliche Synchrongurke haben. Zur Ehrenrettung des Films könnte man noch einräumen, dass WISHMASTER 4 tatsächlich eine nicht unoriginelle Handlung hat, die aber von allen Beteiligten mit viel Verve in die Scheiße geritten wurde. Dass Figuren wie der unentwegt rumflennende Sam bis kurz vor Schluss überleben dürfen, ist ebenso unakzeptabel, wie die Besetzung der weiblichen Hauptrolle mit einem kleinen Butterfässchen.
#807
Geschrieben 29. Mai 2007, 13:23
Isaac Hayes ist Mack Truck Turner, ein ehemaliger Football-Spieler, der nun Kautionsflüchtlinge hochnimmt. Sein Auftraggeber setzt ihn auf Gator an, einen schmierigen Zuhälter, der jedoch schneller als erwartet über die Klinge springen muss. So ist es an seiner Perle Dorinda (Lieutenant Uhura Nichelle Nichols), den Puff zu schmeißen. Aber damit das Geschäft so richtig auf Touren kommt, muss erst Truck Turner beseitigt werden. Dazu steht schon Harvard Blue (Yaphet Kotto) auf dem Plan ...
TRUCK TURNER ist ein Blaxploiter, der es in Deutschland leider zu nicht ganz so großer Bekanntheit geschafft hat wie seine Kollegen SHAFT, SUPERFLY, CLEOPATRA JONES oder FOXY BROWN, um mal nur einige zu nennen. Das ist schade, denn TRUCK TURNER, der von Jonathan Kaplan sehr stilsicher inszeniert wurde, muss sich hinter den genannten Großen nicht verstecken, auch wenn er bestimmt keinen Originalitätspreis für sich beanspruchen kann. Aber wer einen Blaxploiter sieht, der will eigentlich eh nur, dass die bekannten Zutaten geschmacksfördernd zusammengerührt werden. Und das ist hier absolut der Fall: Der Score vom Meister selbst pumpt unwiderstehlich den Großstadtbeat, die Kamera fährt anheimelnde Bilder urbaner Verkommenheit ab, Pistolenkugeln reißen große Löcher, Frauen werden wie Fleisch gepriesen und Männer sind dazu da, um mit dem Friednsstifter oder der geballten Faust Recht zu sprechen: Da bleibt kein Platz für Langeweile. Herausragende und witzige Momente gibt es gleich mehrfach: Am besten hat mir dieser ungalublich gut gesetzte Schnitt zu Beginn gefallen, wenn Turner einem ihn als "Nigger" diffamierenden Häftling droht. Der Arme lässt sich jedoch nicht bekehren und kaum sagt er das N-Wort nochmal - Schnitt - gibt's ordentlich was auf die Mütze. Sehr schön auch wie galant Turner seine Frau davon "überzeugt" sich in Sicherheit zu bringen: Er steckt der vorbestraften Ladendiebin ein Kleid in die Tasche und schickt sie unter dem Vorwand, bezahlen zu wollen, raus. Stattdessen verständigt er die Polizei und sorgt dafür, dass sein Holde gleich nochmal in den Bau wandert. Super! TRUCK TURNER ist so dermaßen spaßig und unterhaltsam, dass man kaum glauben mag, dass da soeben 85 Minuten an einem vorbeigeflogen sind. Das ging den Fuzzis von Warner wohl genauso, weshalb sie auf der DVD-Hülle eine Spielzeit von 78 Minuten vermerkt haben ...
#808
Geschrieben 29. Mai 2007, 14:14
In einer regnerischen Nacht klopft die enzückende Lisa Silvestri (Ornella Muti) an die Tür des Landhauses von Bauer Elia Codogno (Adriano Celentano) und begehrt Einlass. Elia ist aber ein alter Dickkopf und Miesepeter und lässt sich nur unter Strafandrohung seines dicken schwarzen Hausmädchens überreden. Die unfreundliche Fassade des Bauern reizt Lisa aber nicht wenig und so verlängert sie ihren Aufenthalt noch ein bisschen. Das Balzgebaren bekommt schließlich ein Zeitlimit: Wenn es Lisa bis zum kommenden Montag nicht gelingt Elia zu binden, muss sie ohne ihn die Heimreise antreten ...
Die erste Paarung von Muti und Celentano ist direkt ein Kracher: Celentano brilliert als Griesgram, dem Manieren und Gentleman-Gehabe fremd sind. Herrlich, wie er eine Ohrfeige der zickigen Muti mit einem kräftigen Schwinger mit dem Wassereimer kontert. Man liest schon, für Feingeister ist auch dieser Film nichts, woran die deutsche Synchro nicht ganz unschuldig ist. Nicht nur, dass jeder Spruch irgendwo in Vulgarien endet, es quasselt auch dann noch lustig ins Blaue, wenn alle Schauspieler eigentlich den Mund halten. Mein Snychrofave: Auf die Beleidigung seines Hausmädchens, die ihren Chef als "Zulukaffer" beschimpft, ruft Elia hinterher: "Na, du musst es ja wissen!". Aber auch, wenn man solch billigem Spaß abhold ist, kann man mit DER GEZÄHMTE WIDERSPENSTIGE glücklich werden, weil die Figuren einfach toll sind und der Film nicht langweilig wird. Das beginnt schon mit der wundervollen Auftaktszene, in der zwei Reporter in einem Gasthof etwas über Elia in Erfahrung bringen wollen und das Bild nach jeder Antwort der zahlreichen Gäste, die Elia als Choleriker enttarnt, angehalten wird, um die Credits und die Musik weiterlaufen zu lassen. Man fühlt sich fast wie in einem Peckinpah-Film. Am Ende gibt Celentano seine unglaublichen Moves bei einem Basketball-Spiel zum Besten, zu dem er mit Sonnenbrille, Eishockeytrikot unter dem Basketball-Leibchen, Leggings unter den Shorts und einer albernen Mütze mit Flügelchen aufläuft und eindrucksvoll demonstriert, dass er zwar ein absolutes Bewegungsgenie ist, von Basketball aber nun wirklich keinen blassen Schimmer hat: Der steht da an der Außenlinie rum, bricht sich bei Fangen und Werfen ein ab und vergeudet Zeit mit sinnlosem Gedribbel. Irgendwas muss er aber dennoch richtig gemacht haben, denn am Ende holt er allein einen 85-Punkte-Rückstand wieder auf. Man könnte auch in den Fuballerkommentatoren-Slang verfallen und anmerken, dass da dann wohl die deutschen Tugenden über technische Finesse gesiegt haben. Ein Schelm, der glaubt, dies träfe auf den ganzn Film zu ...
#809
Geschrieben 29. Mai 2007, 14:45
Der hübsche Dorian (Helmut Berger) ist ein wohlhabender kleiner Snob, der sich nur in den besten Kreisen Londons umhertreibt. Und weil Motten schließlich vom Licht angezogen werden, versammeln sich die oberflächlichen Damen und Herren in großen Scharen um den Jüngling, auf dass etwas von seinem Glanz auch auf sie scheine. Als Dorian das Porträt erblickt, das sein Freund für ihn gemalt hat, ist er hin und weg, erkennt aber auch, dass seine Schönheit ein gar vergänglich Gut ist. Und so spricht er einen Zauber aus: Er soll für immer jung und schön bleiben und das Bild an seiner Stelle altern ...
Massimo Dallamano versetzt Wildes Stoff geradewegs ins Swingin' London der späten Sechziger-/frühen Siebzigerjahre. Der größte Coup ist natürlich die Besetzung des Titelhelden mit dem damals gerade zu Starruhm gelangten Helmut Berger, den sicherlich nicht wenige Kritiker für nicht viel mehr als einen hübschen Körper hielten. Der wird dann auch hier ausgiebig ins rechte Licht gerückt, sodass Assoziationen zu heutigen Party- und Boxenludern kaum ausbleiben. Dallamanos Film erzählt dann auch von der Oberflächlichkeit, von der ässlichen Fratze sinnlosen Müßiggangs, dem Fluch des Narzissmus und dem Fluch des Alterns, dem der gute Dorian zum Schluss schließlich auch - wenn auch ganz anders - erliegen muss. Neben der Besetzung (außer Berger agieren u. a. Maria Rohm und Herbert Lom in Hauptrollen) wissen vor allem die famose Kameraarbeit und die stimmungsvolle, melancholische Musik von Peppino De Luca und Carlos Pes zu gefallen. Dennoch merkt man, dass Wildes Vorlage nicht den dankbarsten Stoff für einen Film abgibt: Vor allem das Finale weiß einfach nicht den Effekt zu erzielen, den Produzentenfuchs Harry Alan Towers wohl im Hinterkopf hatte. DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY ist schon in seiner literarischen, noch weniger jedoch in seiner filmischen Form ein echtes bzw. reines Schauerstück. Dallamanos Film weiß vor allem in seiner nüchternen Darstellung eines von Sinn und Gefühlen befreiten Lebens zu beeindrucken, wie es in den letzten Kinojahren (man denke etwa an AMERICAN PSYCHO oder auch an LOST IN TRANSLATION) wieder verstärkt thematisiert wird. DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY ist ein wichtiger Vorreiter dieser Welle und als solcher nicht nur von historischer Bedeutung, sondern darüber hinaus jedem zu empfehlen, der sich gern in die Grenzbereiche zwischen Exploitation und Kunstfilm begibt.
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