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Der Monroe ihre dicken Hupen - Filmforen.de - Seite 35

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Der Monroe ihre dicken Hupen


1203 Antworten in diesem Thema

#1021 Funk_Dogg

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Geschrieben 12. November 2007, 13:50

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Dionysus in `69 (USA 1970)
Regie: Brian De Palma, Richard Schechner

Die Performance-Gruppe "Dionysus" (unter ihnen De-Palma-Regular William Finley) führte 1969 eine Adaption von Euripides' "Die Bakchen" in New York auf. In einer Garage geriet die Aufführung unter Auflösung der Grenzen zwischen Schauspielern und Zuschauern (eine Trennung der beiden gab es schon rein räumlich nicht) zu einer orgiastischen Veranstaltung sich in dionysischer Ekstase wälzender und stöhnender Körper, die ihren Rahmen am Ende schließlich gänzlich sprengte, den Aufführungsraum verließ und das Stück auf die Straße hinaustrug. Diese Performance dokumentierte Brian De Palma mit zwei 16-Millimeter-Kameras, die er per Splitscreen-Verfahren montierte und so die eh schon transgressiven Züge des Stücks noch potenzierte.

Ich gebe zu, dass ich etwas Angst vor DIONYSUS IN '69 hatte und diese Dokumentation überhaupt nur aus Pflichtbewusstsein und Komplettierungswahn in meine Werkschau integriert habe. Performance-Kunst bzw. -Theater ist für mich ein Gräuel, ich befürchtete also schlimmen esoterischen Hippiezirkus. Letzten Endes war DIONYSUS IN '69 aber doch eine interessante, mit zunehmender Spielzeit gar spannende Erfahrung. Wie sich die Darsteller (allen voran Will Shepherd, der seine Rolle 2002 noch einmal in einer Spielfilmadaption aufgriff) förmlich in archaische Raserei begeben, dann wieder umschalten und eine eher bodenständige Dialogszene spielen, ist erstaunlich anzusehen, ebenso wie die Publikumsreaktionen, die von begeisterter, schon fast an Massenpsychose erinnernder Teilnahme (einer der Zuschauer nutzt die sich bietende Gelegenheit und greift einer Schauspielerin beherzt in den Schritt) bis zu irritiertem, erschrockenem und ratlosem Zusehen reichen und ein öffentliches Interesse dokumentieren, das weit über jene Szene hinausgeht, die sich heute bei einer solchen Veranstaltung einfände. Für De Palma dient diese Performance unzweifelhaft als Experimentierfläche. Hier begegnet einem zum ersten Mal das Splitscreen-Verfahren, das später zu seinem Markenzeichen werden wird und das in besonderer Radikalität zur Anwendung kommt. Das Bild ist über die komplette Laufzeit zweigeteilt, zu Beginn und am Ende wird eine Hälfte jeweils später ein- bzw. früher ausgeblendet. Diese Zweiteilung und Synchronizität erlaubt es, das Spiel zwischen Akteueren und Zuschauern einzufangen, die sich frei im Raum entfaltende Darbietung zu verfolgen - innersequenzielle Schnitte gibt es so gut wie gar nicht. Der Transgression der Grenze zwischen Zuschauer und Schauspieler kommt so jene der Grenze von Theaterstück und Film hinzu (ein Aspekt, der nicht zuletzt durch die Anwesenheit William Finleys begünstigt wird), zumal eine der beiden Kameras häufig Bestandteil des Bildes (bzw. einer Bildhälfte) und so auch der Aufführung wird. DIONYSUS IN '69 ist kein einfaches Unterfangen (dem Stück selbst konnte ich z. B. überhaupt nicht folgen), aber für aufgeschlossene und experimentierfreudige Zuschauer in jedem Fall ein lohnenswertes. In meinen Träumen ködere ich Cinefactler und Splatternerds mit dem X-Rating, das der Film erhalten hat, und binde sie dann vor dem Fernseher fest. Das würde ebenfalls eine tolle Performance geben.

#1022 Funk_Dogg

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Geschrieben 12. November 2007, 18:37

The Host (Südkorea 2006)
Regie: Joon Ho-bong

Ich hatte nach Erstsichtung hier schon einmal über THE HOST geschrieben. An meiner damaligen Einschätzung hat sich nichts geändert, vielmehr hat sich meiner Meinung über Joon Ho-bongs Monsterfilm noch verfestigt: Mit THE HOST hat der Regisseur des nicht minder brillanten MEMORIES OF MURDER erneut einen famosen Film vorgelegt, der das bereits seit einigen Jahrzehnten festgefahrene Genre erneuert, ohne seine Wurzeln zu verraten, mit einer wunderbaren Melange aus Horror, Drama und Komödie überrascht und zudem eine der bestanimierten CGI-Kreaturen der jüngeren Kinogeschichte zu bieten hat. Doch THE HOST ist viel mehr als nur ein monströser Popcorn-Spaß: Wo weiland Inoshiro Hondas Riesenechse Godzilla die akute Angst vor der Atombombe verkörperte, da ist die mutierte Kaulquappe aus Joon Ho-bongs Film die zeitgemäße Verkörperung sozialer Not- und Missstände und staatlicher Willkürherrschaft. In seiner Verbindung melodramatischer, komischer und spannender Momente konnte dieser Film nur aus Asien kommen. Zumal kein westliches Land der Welt derzeit einen so ungemein vielseitigen und wandelbaren Akteur wie Südkoreas Kang Ho-song (u. a. JSA, SYMPATHIES FOR MR. VENGEANCE, MEMORIES OF MURDER, THE PRESIDENT'S BARBER) vorzuweisen hat, der wieder einmal eine Glanzvorstellung abliefert. Hervorzuheben ist unbedingt auch der schöne Score, der die melodramatischen Elemente des Films gekonnt akzentuiert. Toll, toll, toll.

#1023 Funk_Dogg

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Geschrieben 14. November 2007, 10:20

The Siege (USA 1998)
Regie: Edward Zwick

In Brooklyn wird ein vollbesetzter Bus vor den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit von islamistischen Terroristen in die Luft gejagt. Unter der Leitung des FBI-Agenten Hubbard (Denzel Washington) wird die verantwortliche Terrorzelle schnell ausfindig gemacht und eliminiert. Doch schon die anschließende Feier wird von der nächsten Explosion erschüttert, die ein Broadway-Theater zerfetzt, Hunderten von Menschen das Leben kostet und New York endgültig in Panik versetzt. Da die Nahost-Expertin Sharon Bridger (Annette Bening) davon ausgeht, dass sich weitere Terrorzellen in der Stadt befinden, verhängt der Präsident das Kriegsrecht und setzt den eisenharten General Devereaux (Bruce Willis) ins Kommando, der eine wahre Schreckensherrschaft aufzieht ...

THE SIEGE wurde bei Erscheinen kaum wahr genommen und enttäuschte an den Kinokassen, nur um sich dann drei Jahre später zum Verleih-Hit zu mausern. Tatsächlich muss man Regisseur Zwick und Drehbuchautor Lawrence Wright eine fast schon prophetische Gabe zusprechen, sagten sie doch viele Details eines Terroranschlags auf Manhattan fast punktgenau voraus: Einen vom CIA ausgebildeten Terrorist als Urheber der Attentate (hier ist es der deutlich nach dem Bild des Taliban-Führers Bin Laden gezeichnete Sheich Achmed Bin Talal), die Infiltration der USA durch aus Deutschland eingereiste Studenten, die Nutzung der Massenmedien zur Potenzierung der Wirkung (die Terroristen warten mit der Sprengung des Busses, bis das Fernsehen anwesend ist), die Kombination mehrerer aufeinander abgestimmter Anschläge: THE SIEGE entfaltet heute deutlich stärkere Wirkung als zu seinem Kinostart, als die dargestellten Ereignisse noch der Hauch reiner Fiktion umwehte. Umso mehr muss man heute feststellen, dass die Anschläge in THE SIEGE der Realität deutlich hinterherhinken. Dass die Terroristen so heftig zuschlagen würden, hatte man damals wohl nicht für möglich gehalten. Überhaupt ist THE SIEGE erstaunlich zurückhaltend in seinen Darstellungen, was man Zwick hoch anrechnen muss. Der Film suhlt sich nicht in Bildern des Terrors und des Schreckens, sondern konzentriert sich ganz auf die Handlungen der Terrorabwehr um Hubbard, bemüht sich, ein sachliches Bild der Vorgänge zu zeichnen. Der Bösewicht seines Films sind dann auch nicht die Terroristen, sondern General Devereaux, der den Zusammenbruch der Demokratie repräsentiert. Wenn der erst Internierungslager in New York eröffnet, in denen er sämtliche potenziellen Verdächtigen einpfercht, und dann einen in die Anschläge Verwickelten zu Tode foltert, dann sagt Zwick auch die Reaktionen der Bush-Administration und die Vorgänge in Guantanamo voraus und kritisiert diese scharf. Heute wäre THE SIEGE in seiner beinahe emotionslosen Schilderung der Vorgänge kaum noch denkbar, zu emotional aufgeladen sind die Anschläge vom 09. September. Zwick lässt sich nicht von der der Geschichte innewohnenden Chance zum Spektakel hinreißen, beugt sich erst in den letzten 15 Minuten den Konventionen Hollywoods - und verspielt damit ein wenig Kredit, den er sich in den 90 Minuten zuvor erspielt hat. Trotzdem ein sehenswerter und ungewöhnlicher Film.

#1024 Funk_Dogg

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Geschrieben 15. November 2007, 09:37

Meine Rezension zu Robert Zemeckis' neuem Performance-Capturing-Wunderwerk DIE LEGENDE VON BEOWULF ist auf F.LM zu lesen.

#1025 Funk_Dogg

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Geschrieben 15. November 2007, 11:28

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Hi, Mom! (USA 1969)
Regie: Brian De Palma

Der Vietnam-Veteran Jon Rubin (Robert De Niro) versucht nach seiner Rückkehr aus dem Krieg weiterhin, seine Vorstellungen von Peep-Art zu realisieren. Er mietet sich in einer heruntergekommenen Wohnung ein, von der aus er freie Sicht auf die Fensterfront eines riesigen Wohnkomplexes hat, und beginnt die Bewohner gegenüber zu filmen. Mit seinen ersten Aufnahmen ködert er einen Pornoproduzenten. Doch der erste Film wird ein Reinfall. Durch Zufall gerät Jon aber an eine schwarze Revoluzzergruppe, der er sich sofort begeistert anschließt ...

HI, MOM! greift den Charakter De Niros aus De Palmas GREETINGS auf und setzt dessen Geschichte fort. Die für De Palma so wichtigen Themen - Voyeurismus und die Reflexivität des Mediums - werden hier zum ersten Mal explizit und umfassend thematisiert und beeinflussen somit auch die formale Gestaltung des Films, der seinen radikalen Höhepunkt in der so genannten "Be Black, Baby!"-Sequenz findet, einer sich in mehreren Teilen über den Film erstreckenden Fake Documentary. In dieser begleitet der Zuschauer die oben schon erwähnten schwarzen Revolutionäre, die auf der Straße Zuschauer für ihr "Be Black, Baby!" genanntes Programm suchen, ein Theaterprogramm, in dem Weiße nachvollziehen können sollen, was es bedeutet, ein Schwarzer in den USA zu sein. Diese Erfahrung entwickelt sich für die Teilnehmer nach harmlosem Auftakt zur schonungslosen Konfrontationstherapie: Sie werden schwarz geschminkt und von den nun "geweißten" Schwarzen gedemütigt, beraubt und körperlich bedrängt. Der vermeintlich zur Hilfe kommende Polizist - Jon Rubin, der sich für die Rolle beworben hat - entpuppt sich jedoch als Rassist, der den "Schwarzen" nun seine Spezialbehandlung angedeihen lässt. Als die Situation endgültig zu eskalieren droht, wird das Stück beendet: Die "echten" Schwarzen bedanken sich bei den gebeutelten Teilnehmern, die wiederum sichtlich erschöpft, aber auch beeindruckt eingestehen, wie sehr ihnen diese Erfahrung die Augen geöffnet habe.

HI, MOM! hat einen für seine Zeit sehr typischen didaktischen Charakter. De Palma stellt die Frage nach dem Unterschied zwischen Film und Realität, präsentiert Authentifizierungsstrategien und entlarvt diese wiederum als solche. So wird der Zuschauer in die nach den Regeln des Cinema Verité gestaltete, "sachliche" Dokumentarsequenz hineingezogen und emotional traktiert: immerhin zehn Jahre vor Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST. Fiktion wird Dokumentation wird Fiktion. Die Peep-Art-Filme Rubins scheitern hingegen daran, dass eben nicht genug passiert, um ein Publikum zu interessieren: Die Realität ist unfilmisch. Rubin muss sie wie schon in GREETINGS beugen, sie inszenieren, um eben jene Echtheit zu erreichen, die er einfangen will. Er lernt eines seiner weiblichen Objekte kennen und bereitet eine Sexszene mit ihr vor, die er aus seinem Appartement abfilmt. Im entscheidenden Moment versagt jedoch die Kamera: Sie macht sich selbstständig und filmt das falsche Fenster. Ob das Filmbild bzw. die Realität als solche(s)wahrgenommen wird, hängt entscheidend vom Betrachter ab. Immer wieder betont De Palma die konstituierende Funktion des Zusehers: Große Teile von HI, MOM! sind aus der Subjektive gefilmt, lassen uns durch die Kameralinse blicken oder repräsentieren ein Fernsehbild (etwa in der "Be Black, Baby!"-Sequenz): De Palma holt den Zuschauer in seinen Film und adressiert ihn ganz direkt als solchen. HI, MOM!, obwohl jederzeit als Spielfilm zu erkennen, wirkt daher wie ein filmischer Essay, der weniger an einer Handlung interessiert ist als an der Wirkung einzelner Tableaus, durch die Jon Rubin als Moderator führt. Diesen didaktisch-brechtschen Charakter legt De Palma in den frühen Siebzigern, wenn er den Sprung nach Hollywood macht, ab, seine Techniken und Themen bleiben jedoch dieselben. Vielleicht ist es dies, die Aufhebung narrativer Konventionen bei gleichzeitiger Auslassung des explizit aufklärerischen Kontextes, die das De-Palma-typische Schwindelgefühl verursachen, den Eindruck erwecken, die Leinwand öffne sich und sauge einen förmlich hinein.

#1026 Funk_Dogg

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Geschrieben 16. November 2007, 14:17

Saw (USA 2004)
Regie: James Wan

Der Chirurg Dr. Gordon (Cary Elwes) und der junge Adam (Drehbuchautor Leigh Whannell) wachen in einem versifften Klo auf, an gegenüberliegenden Wänden festgekettet. Nach und nach kommen sie dahinter, was mit ihnen passiert ist: Sie sind die Spieler im tödlichen Spiel eines Serienmörders, der es sich zum Ziel gesetzt hat, seinen moralisch nicht ganz integren Opfern den Wert des Lebens aufs Neue zu vermitteln ...

SAW ist sowas wie der FRIDAY THE 13TH für die ADS-geschädigte Jugend: In nur vier Jahren hat es SAW auf drei Fortsetzungen gebracht und damit einen beträchtlichen Gewinn aus dem uralten Creative-Killings-Konzept geschlagen, das hier nur ein bisschen neu verrührt wurde, damit nicht auffällt, wie abgeschmackt es eigentlich ist. Die Ausgangssituation von SAW erinnert an Konsolenadventures (in begrenzter Umgebung müssen Gegenstände und Hinweise eingesammelt werden), der Killer mit dem Humanismusfimmel an eine einfältige Version von John Doe aus Finchers SEVEN, die stilistische Aufbereitung an die mit den zweifelhaften Errungenschaften der Intensified Continuity gesegneten Schnitt- und Filterorgien, die das Mainstreamkino seit ein paar Jahren bestimmen. Dieser Oberflächenfetischismus ist per se nichts Schlimmes, versuchte James Wan nicht beständig den Eindruck zu erwecken, sein Film sei mehr als schillernde Oberfläche. Tatsächlich ist SAW nicht ungeschickt konstruiert in seinem Wechsel von innen und außen, von Beobachter- und Gefangenenperspektive, und teilweise scheint er diese Thematik auch formal zu reflektieren, bevor er sich dann doch wieder ganz auf die nur mäßig gelungene Abfolge von Schocks und eine rundum missratene Spannungsdramaturgie konzentriert. Gerade die existenzielle Fragestellung, die Wan und Drehbuchautor Whannell für ihren großen Clou halten, verpufft im Nichts, weil die Inszenierung, die keinerlei Zurückhaltung in der Wahl ihrer Mittel kennt, einem die Figuren förmlich verbaut. Es gibt da diese Szene, in der das bislang einzig überlebende Opfer des Killers Jigsaw von ihrem schröcklichen Erlebnis erzählen soll: Statt ihre Erzählung zu hören, sehen wir nun, was ihr wiederfahren ist - ihre Stimme hören wir erst später. Ihrem Zuhörer, das entnehmen wir seinem Gesichtsausdruck, ist diese Erzählung jedoch so nahe gegangen, als wäre er tatsächlich Augenzeuge der Geschehnisse geworden, nicht nur Zuhörer gewesen. Wie beeindruckend muss die Erzählung dieser Frau gewesen sein!? In dieser Szene wird das Versagen von SAW am deutlichsten: All der Aufwand und Lärm, all die Ausschlachtung der grausigsten Bluttaten sind nicht in der Lage eine auch nur annähernd ähnliche Wirkung beim Zuschauer zu erreichen.

#1027 Funk_Dogg

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Geschrieben 17. November 2007, 10:34

Saw II (USA 2005)
Regie: Darren Lynn Bousman

Der Polizist Eric Matthews (Donnie Wahlberg) sieht sich mit dem Serienkiller Jigsaw konfrontiert: Dieser hat mehrere Menschen, darunter Matthews' Sohn, in ein Haus eingesperrt und in eines seiner perversen Spiele eingebunden. Die Insassen müssen innerhalb von zwei Stunden diverse Rätsel lösen, um an eine Spritze zu kommen, die sie vor dem in das Haus einströmenden Nervengas retten soll. Dazu müssen sie aber erst herausfinden, was sie miteinander gemeinsam haben.

Wo anfangen? SAW II ist insofern angenehmer als sein unmittelbarer Vorgänger als er gar keinen großen Hehl mehr daraus macht, mehr an seinen vielen garstigen Boobie Traps als an einer besonders clever konstruierten Handlung und der philosophischen Fragestellung seines Killers interessiert zu sein. Das äußert sich schon darin, dass einem nicht mehr nur zwei, sondern gleich sieben potenzielle Opfer serviert werden, die dann im Verlaufe des Films mehr oder weniger blutig sterben müssen. Auch Bousman bemüht in seiner Handlung den Wechsel von innen und außen, schneidet immer wieder vom Haus zu Matthews, der versucht, Jigsaw den Aufenthaltsort seines Sohnes zu entlocken. Diesem Wechsel wird aber jegliche im Vorgänger noch enthaltene Dynamik dadurch genommen, dass auch dieses Außen auf einen einzigen Ort beschränkt ist, also auch wieder nur ein Innen ist. So plätschert SAW II so dahin, ergeht sich in den "geistreichen" Ausführungen Jigsaws, geht mit seiner immensen Bedeutungschwere hausieren und läuft auf die erwartende große Überraschungs- und Enthüllungsorgie am Schluss zu, die inszenatorisch nach dem Vorbild von SAW mal wieder besonders nervtötend gestaltet und keineswegs so überraschend ist wie es der Film glauben machen möchte. In einer ellenlangen rasend schnellen und körperlich anstrengendenMontageszene bekommt man noch einmal zahlreiche Dialogfetzen und Bilder um die Ohren gehauen, die in Zusammenhang mit der Offenbarung des Schlussgags für ein entsprechendes "Aha!" sorgen sollen. Ich empfinde das einfach als nervtötend, wenn mir solchermaßen suggeriert wird, die sinnlosen neunzig Minuten vorher seien gar nicht sinnlos, sondern wahnsinnig durchdacht gewesen. Der hinter dieser Strategie stehende dramaturgische Plan erinnert mich außerdem fatal an die blöde Gewohnheit von Casting-Show-Jurymitgliedern, die meinen es steigere die Spannung geradezu ins Unermessliche, wenn sie vor der Verkündung des Gewinners erst einmal fünf Minuten lang gar nix sagen. Nein, tut es nicht, es ist einfach nur zeitraubend. Aus dem drögen Einerlei stechen immerhin Donnie Wahlberg heraus, den ich merkwürdigerweise sehr gern sehe (in James Wans DEAD SILENCE hat er eine wunderbare Rolle, die an diese hier angelehnt zu sein scheint), und die wirklich fiese Szene, in der ein Ex-Junkie in ein Loch voll mit Spritzen springen muss, um dort einen Schlüssel zu finden.

#1028 Funk_Dogg

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Geschrieben 17. November 2007, 11:19

Saw III (USA 2006)
Regie: Darren Lynn Bousman

Die Ärztin Dr. Lynn Denlon (Bahar Soomekh) gerät in die Gewalt des Killers Jigsaw (Tobin Bell) und dessen Helferin Amanda (Shawnee Smith) und wird so Spielerin in einem der mittlerweile bekannten Spiele. Ihre Aufgabe: Sie muss den an einem Hirntumor leidenden und im Sterben liegenden Jigsaw so lange am Leben halten, wie ein weiterer Gefangener, ein Vater dessen Sohn einst überfahren wurde, wiederum benötigt, die ihm gestellten Aufgaben, die die in den Tod seines Sohnes verwickelten Menschen einbeziehen, zu lösen. Am Ende gibt es selbstverständlich die große Überraschung ...

Ich beginne mit dem Fazit: SAW III hat mir aus der gesamten Reihe am besten gefallen, obwohl er die eklatanten Schwächen seiner Vorgänger teilt. Da ist die aufdringliche visuelle Gestaltung des Films, hier vor allem repräsentiert durch einen grellen Grün-Gelb-Filter, der jegliche seinen maroden Settings innewohnende Atmosphäre zugunsten einer marktschreierischen Plakatierung aufgibt; die unerträgliche, effektheischende Montage des Films, die noch aus einem Pups ein metaphysisches Ereignis von tragender Bedeutung macht, und natürlich die in ihre zahlreichen sinnfreien Plottwists und Turns verliebte Handlung selbst, die jederzeit vorhersehbar und hohl bleibt, wenn man einen der beiden Vorgänger gesehen hat. Was SAW III nun aber für mich doch zu einem fragwürdigen Gewinner hat werden lassen, ist die Chuzpe, mit der Bousman seine eigentlichen Attraktionen, die liebevoll ausgemalten Mord- und Folterszenen, bis zum Letzten ausschlachtet. SAW III ist ein Schlachtfest, der mit Abstand brutalste Film, den ich seit langer, langer Zeit gesehen habe. Dem gegen Horrorfilme ja nicht gerade selten bemühten Vorwurf der Selbstzweckhaftigkeit wird hier mit lautem Lachen ins Gesicht gespuckt und dann wie aus Trotz nochmal eine Schippe draufgelegt. Gleich in den ersten zwanzig Minuten muss man ansehen, wie sich ein Mann mit einem Stein den Fuß zertrümmert und bricht, ein anderer Mann sich Ketten aus dem Körper reißt, die an neuralgischen Punkten an ihm befestigt sind, und eine Frau gezwungenermaßen erst in ein Glas mit Säure greift, bevor ihr dann ein Mechanismus den Brustkorb aufreißt. So geht es munter weiter, das Ersäufen in Schweineinnereien gehört noch zu den harmloseren "Schweinereien", die man entgeistert glotzend aufgetischt bekommt. Gegen SAW III wirken die Gewaltorgien aus den Achtzigern, das pornografische Gemetzel des Slasherfilms und die Torture-Porn-Entgleisungen der letzten Jahre wie die Ruhe vor dem Sturm, die sanfte Einstimmung auf das, was da noch kommen sollte. SAW III betreibt einen immensen Aufwand, nur um seine mit geradezu perverser Kreativität erdachten Foltereien zu legitimieren. Bousmans Film ist der bisherige Kulminationspunkt einer Reihe, die von Anfang an vor allem darauf bedacht war, das Creative-Killings-Subgenre in neue Höhen zu treiben, seine beiden Vorgänger übertrifft er in diesem Unterfangen gleich um mehrere Längen. Man muss wohl auf den vierten Teil gespannt sein. Wenn das Verhältnis zwischen der Ausschlachtung der Gewaltszenen und der inhaltlichen Einfalt noch weiter auseinanderklafft, hat man es spätestens bei SAW 5 mit einem amerikanischen Vertreter der japanischen GUINEA PIG-Reihe zu tun. Unfassbar. Man muss es tatsächlich gesehen haben, um es zu glauben.

#1029 Funk_Dogg

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Geschrieben 19. November 2007, 10:46

M:I:3 (USA 2006)
Regie: J. J. Abrams

Superagent Ethan Hunt (Tom Cruise) hat mit Julia (Michelle Monaghan) eine Frau gefunden, mit der er eine Familie gründen und seine Vergangenheit samt seines Jobs, in dem es immer nur um Lüge, Verrat und Täuschung geht, hinter sich lassen kann. Aber er wird von dieser Vergangenheit eingeholt: Seine Ziehtochter Lindsey (Keri Russell), die er für die IMF ausgebildet hat, ist dem Waffenhändler Davian (Philip Seymour Hoffman) in die Hände gefallen, als sie sich in einer gefährlichen Sache an ihn herangewagt hat: Er ist im Besitz einer mutmaßlich hochgefährlichen Waffe namens "Rabbit's Foot", die er nun für mehrere Millionen Dollar verkaufen möchte. Ethan muss noch einmal aktiv werden, kann Lindseys Tod aber nicht verhindern. Und als ihm Davian in die Hände fällt, aber wenig später entkommen kann, wird nun auch Julia in die Sache hineingezogen.

J. J. Abrams fällt die Aufgabe zu, die MISSION: IMPOSSIBLE-Reihe und ihre Hauptfigur Ethan Hunt mit seinem Beitrag wieder zu erden, nachdem John Woo sie mit seinem streitbaren Sequel in die Höhen der Mystifizierung und des Messias-Kitsches geführt hatte. Dazu wendet sich Abrams dem Privatleben Ethan Hunts zu, gibt seinem Film einen sehr intimen Anstrich, den er trotz seiner bombastischen Actionsequenzen nie ganz ablegt. Schon der Auftakt demonstriert dieses Vorhaben: Statt einer im Stile der Bond-Filme gefertigten Pre-Credit-Sequenz, die die erste tricktechnische Messlatte legt, beginnt Abrams mit einer Dialogszene. In dieser sitzen sich Ethan und Julia auf Stühlen gefesselt gegenüber. Davian droht Ethan, Julia zu erschießen, wenn er nicht eine entscheidene Information herausrückt – die er jedoch gar nicht hat. Die äußerst zehrende Szene endet mit der Erschießung von Hunts Ehefrau und setzt so die Stimmung für die nächsten achtzig Minuten, die den Lauf der Geschehnisse bis zu diesem Punkt rekapitulieren. M:I:3 erhält so geradezu tragische Untertöne, weil durch unser Vorwissen alle Handlung präkonstituiert ist: Alles, was Ethan Hunt auch tun wird, wird zum Tod seiner Frau führen. J. J. Abrams zeigt, wie der humane Actionfilm der nächsten Jahre aussehen könnte, wird allerdings durch das Franchise etwas in diesem Unterfangen gehemmt: Dem sehr von den zwischenmenschlichen Beziehungen geprägten Plot steht die Dramaturgie des Megablockbusters, der von einer Attraktion zur nächsten hetzt, kontraproduktiv gegenüber. Das Bondsche Location-Hopping, das hier von Berlin nach Rom nach Schanghai führt, passt nicht ganz zu den Bestrebungen, wieder vom Großen zum Kleinen, zum Nukleus, zu kommen. Diese Bestrebung äußern sich in der eben schon genannten Zeichnung Hunts als echtem Menschen, aber auch in der Thematisierung von Familie. M:I:3 ist auch ein Film über die Ablösung von überkommenen Vaterfiguren, von Emanzipation und Erwachsen-Werden. In dieser Hinwendung zum Privaten erinnert Abrams Film ein wenig an TRUE LIES, mit dem er außerdem ein spektakuläre Brückenszene teilt. Trotz der genannten Schwächen ein keineswegs zu unterschätzender, vielleicht sogar wegweisender Beitrag zum gegenwärtigen Actionkino. Stilistisch liegen Welten zwischen einem Film wie diesem und den mit jeder Menge Firlefanz hochgetunten leblosen Maschinen, die man derzeit sonst in diesem Genre zu sehen bekommt.

#1030 Funk_Dogg

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Geschrieben 19. November 2007, 14:10

Nach der Kür in Form der Einzeleinträge im FTB nun die Pflicht in Form eines Resümees über den deutschen Kriegsfilm der Fünfzigerjahre, wie er sich in der "Kriegsfilm-Edition" von Arthaus präsentiert.

#1031 Funk_Dogg

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Geschrieben 19. November 2007, 21:13

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Sisters (USA 1973)
Regie: Brian De Palma

Phillip Woode (Lisle Wilson) lernt als Kandidat der Gameshow "Peeping Toms" die hübsche frankokanadische Schauspielerin Danielle Breton (Margot Kidder) kennen, mit der er trotz einer unangenehmen Begegnung mit ihrem Ex-Gatten Emile (William Finley) in der Kiste landet. Am nächsten Morgen belauscht er einen Streit zwischen Danielle und ihrer Zwillingsschwester Dominique, die, wie Danielle ihm später erklärt, sehr eifersüchtig ist, zumal heute ihr gemeinsamer Geburtstag sei. Phillip eilt ganz Gentleman sofort los, um eine Torte zu beschaffen, doch bei seiner Rückkehr wird er statt dieser brutal von einer verstört aussehenden Frau angeschnitten. Dieses Verbrechen beobachtet wiederum die junge Journalistin Grace Collier (Jennifer Salt) vom gegenüberliegenden Fenster aus ...

Der Chronologie zufolge hätte an dieser Stelle eigentlich der Eintrag zu GET TO KNOW YOUR RABBIT aus dem Jahr 1972 stehen sollen. Weil ich dieses etwas vernachlässigten Films aber noch nicht habhaft werden konnte, folgt nun eben SISTERS, mit dem De Palma sich nach MURDER A LA MOD zum zweiten Mal dem Genre zuwendet, mit dem er sich seinen bis heute anhaltenden, aber nichtsdestotrotz auch äußerst umstrittenen Ruf erwerben sollte: dem Thriller. Aber in SISTERS wird weiterer Anlass zur Kontroverse gegeben, denn hier tritt De Palmas Verehrung für Hitchcock zum ersten Mal ungebrochen hervor und ebendiese Hitchcock-Rezeption wird ihm in den nächsten Jahren immer wieder höchst blauäugig als Ideenklau unterstellt. Anschluss an das Frühwerk findet SISTERS vor allem thematisch, denn wieder einmal geht es um den Voyeurismus. Gleich der Einstieg mit der "Peeping Toms"-Show repräsentiert die ganze doppelbödige Struktur von SISTERS: Der Zuschauer blickt in einen Fernseher, in dem nun die genannte Show beginnt. In dieser Show wird ein unwissender Kandidat nach dem Versteckte-Kamera-Prinzip in eine Situation gebracht, in der der Voyeur in ihm angesprochen wird. In diesem Fall ist der Kandidat Phillip Woode, der sich in einer Umkleidekabine befindet, von der aus eine andere Kabine einsehen kann; und hinter dieser ist eine junge Frau – Danielle, die eine blinde Frau spielt –, gerade im Begriff sich auszuziehen, ohne zu wissen, dass sie beobachtet wird. Mit dieser Szene begründet De Palma die Bindung des Zuschauers zu Woode: Wir wollen sehen, was er sieht. Stattdessen entreißt De Palma uns diese Identifikationsfigur in einer zu einiger Berühmtheit gelangten Mordsequenz (ganz nach PSYCHO-Vorbild also) und setzt stattdessen eine andere Beobachterperson an seine Stelle: Grace Collier, deren Fenster zum Hof Aussicht auf Danielles Wohnung und den sich dort abspielenden Mord bietet.

Der Zuschauer von SISTERS kann sich nie in die Passivität fallen lassen: als Betrachter des Geschehens wird unser Blick immer mitinszeniert. De Palma blickt durch Fenster, filmt Fernseher und Leinwände und macht immer wieder klar, dass man einen Film sieht. Der Diskurs um Authentizität, Realität und Schein wird aber auch auf Dialogebene geführt: "Sometimes I'm an actress" sagt Danielle als sie nach ihrem Beruf gefragt wird. Hinter diesem harmlosen schlicht ein Faktum konstatierenden Satz verbirgt sich in Wahrheit der Schlüssel zur Lösung von SISTERS. Eine Schauspielerin, so wissen wir aus GREETINGS und HI, MOM! ist dann am überzeugendsten, wenn sie selbst nicht weiß, dass sie nur spielt. Danielle glaubt, sie spielt kleine Fernsehrollen, in Wahrheit ist ihre größte Rolle aber eine, die sie selbst nicht kennt. Dass wir trotzdem ahnen, was nicht stimmt mit Danielle verdanken wir dem Wissen, das De Palma mit seinen Zitaten selbst aktiviert. Er konfrontiert den Zuschauer in SISTERS ständig mit dessen eigenen Erwartungen, Schlussfolgerungen und Wünschen, macht ihn nicht nur zum Mitwisser, sondern geradezu zum Mittäter: So wie die Beobachterin Grace am Ende zur Protagonistin ihres eigenen Horrorfilms wird, den Spiegel durchschreitet und sich plötzlich nicht mehr an ihrem Fensterplatz befindet, sondern nun auf der anderen Seite steht.

Formal legt De Palma mit SISTERS schon eine echte Meisterleistung vor. Seine Bildkompositionen, sein Szenenaufbau, Kamerarbeit und Montage – unter beeindruckendem und effizientem Einsatz der Split-Screen-Technik –, sind von absolut atemberaubender Brillanz, er beweist in seinen Suspense-Szenen ein Timing, nach dem man förmlich die Uhr stellen kann. Die Albtraumsequenz kurz vor Schluss entfacht darüber hinaus eine unheimliche suggestive Kraft, die an die Werke der Expressionisten erinnert, und die unter tatkräftiger Unterstützung des äußerst beunruhigenden Scores von Bernard Hermann eine verheerende Wirkung hinterlässt. Der Moment nach dem Mord an Woode, wenn ein schrilles Crescendo von der Tonspur kreischt, die Bewegung der Kamera einzufrieren scheint und sich Margot Kidder mit verzerrtem Gesicht im Vordergrund in das mit dem Weitwinkel aufgenommene Bild hineinwindet, gehört nach Meinung zu den beängstigendsten Szenen der Filmgeschichte und dient als nahezu perfektes Beispiel dafür, jemandem zu erkären, was man denn eigentlich meint, wenn man sagt, De Palma ziehe seinen Zuschauern regelmäßig den Boden unter den Füßen weg. SISTERS ist schlicht sensationell und wird für mich mit jeder Sichtung wertvoller.

#1032 Funk_Dogg

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Geschrieben 20. November 2007, 14:29

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Phantom of the Paradise (USA 1974)
Regie: Brian De Palma

Die Welt liegt dem Pop-Produzenten und -Herrscher Swan (Songwriter Paul Williams) zu Füßen: Er ist so reich und größenwahnsinnig, dass er plant, das "Paradise" zu errichten, einen Pop-Tempel, zu dessen Eröffnung aber noch die passende Hymne fehlt. Die Suche hat ein Ende als der nerdige Winslow Leach (William Finley) in Swans Popsendung spielt. Weil Leach jedoch nicht gerade attraktiv ist, bindet der verschlagene Swan ihn mit einem faustischen Knebelvertrag: Leach verliert sämtliche Rechte an seinen Songs. Als er versucht sich zur Wehr zu setzen, wird er entstellt und spukt fortan als Phantom durch Swans Tempel, um die Schändung seines Werks durch drittklassige Schmierenkomödianten zu verhindern ...

Brian De Palmas Musical, eine clevere Verbindung der Motive aus "Faust" und "Phantom der Oper", hat sich schon mit dieser Erstsichtung mit Leichtigkeit einen Platz in meinem Herzen erspielt. Der ganze Film ist ein Gedicht: der Score ist vollgepackt mit wunderbar kitschigen Songs, die durch die witzigen Musicaldarbietungen solcher Bands wie den "Juicy Fruits" oder Swans eigenem Frankensteinmonster Beef (großartig: De-Palma-Wegbegleiter Gerrit Graham) veredelt werden, die Darsteller verbeißen sich mit spürbarer Spielfreude in ihre Rollen und die Story nimmt einen - trotz des vorhersehbaren, weil bekannten Hergangs - sofort gefangen. Hinzu kommt ein ebenso schriller, gleichzeitig aber dennoch niemals zu lauter Humor: Dass Winslow Leach ein Namensverwandter von De Palmas Filmlehrer Wilford Leach (Co-Regisseur von THE WEDDING PARTY) ist, ist nur ein Beispiel für den Anspielungs- und Zitatenreichtum seines Films. Den endgültigen Schub Richtung Olymp bekommt PHANTOM OF THE PARADISE aber durch seine visuelle Gestaltung: Er glänzt mit wunderbaren Bildkompositionen, die Musik perfekt unterstreichenden Kamerabewegungen und tollen Regieeinfällen, viel zu viel, um diesem Reichtum in einem kurzen Text Tribut zu zollen. In einem typischen De-Palma-Moment sehen wir Winslow, wie er Swan durch ein Dachfenster beim Liebesspiel mit der angebeteten Phoenix (Jessica SUSPIRIA Harper) beobachtet. Doch Swan entgeht dies nicht: Er schaltet einen Überwachunsgmonitor ein, auf dem wir nun wiederum Winslow beobachten, wie er Swan beobachtet. Es gibt gar nicht viel zu sagen über diesen Film, der einfach nur ein 85-minütiges Fest, ein visueller Dauerorgasmus ist. Perfekt!

#1033 Funk_Dogg

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Geschrieben 23. November 2007, 13:08

I Come in Peace (USA 1990)
Regie: Craig R. Baxley

Bei einem arrangierten Drogendeal fliegt Ray, der Partner von Polizist Jack Caine (Dolph Lundgren) auf und wird erschossen. In diese Schießerei mischt sich auch ein hünenhafter Kraftprotz (Matthias Hues), der mit CDs um sich schießt und in der Folge ziemlich viel Ärger anrichtet. Caine wird der FBI-Agent Smith (Brian Benben) zur Seite gestellt, um die merkwürdigen Morde aufzuklären ...

Craig R. Baxley hatte sich mit seiner Arbeit als Stuntman und Second Unit Director für den Actionfilm empfohlen und Ende der Achtziger-, Anfang der Neunzigerjahre mit ACTION JACKSON, STONE COLD und eben diesem, der auch unter dem Titel DARK ANGEL bekannt ist, drei nicht zu verachtende Kracher hingelegt. I COME IN PEACE zeigt sich deutlich von PREDATOR (bei dem Baxley in den beiden oben genannten Tätigkeiten aktiv war) und Jack Sholders THE HIDDEN inspiriert, schmeißt aber die zeitkritischen, satirischen Töne des letzten zugunsten ungebremster Action über Bord. So ist I COME IN PEACE sicherlich kein Film, über den man allzu lang reden muss, weil er in erster Linie um Kurzweil bemüht ist: ein Vorhaben, das absolut aufgeht. Lundgren und der gerade mal 1,70 Meter große Benben geben ein gutes Spätachtziger-Buddy-Pärchen ab, das sich gegenseitig neckt, am Ende aber doch zusammen findet, der ein oder andere nette Regieeinfall – etwa die schöne Westernreminiszenz im Duell Smiths mit seinem Chef – peppt das Geschehen auf. Der wunderbare Michael J. Pollard hat einen gewohnt merkwürdigen Auftritt und auch sonst ist eigentlich alles eitel Sonnenschein. Ein netter kleiner Actioner aus einer Zeit, in der es solche noch gab und diese nicht selten den Großen den Rang abliefen.

#1034 Funk_Dogg

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Geschrieben 24. November 2007, 18:16

The Avengers (Emma Peel Episodes)

The Town of no Return
Die erste Episode mit John Steeds (Patrick Macnee) neuer Partnerin Emma Peel (Diana Rigg) dreht sich um eine Invasion, die mit Babyschritten vorangeht: Zuerst ist das Kaff Bazeley by the Sea eingenommen worde, von dort aus soll die Infiltrierung der nächsten Städte erfolgen. Steed und Peel, die sich zur Einführung von Emma Peel einen Fechtkampf in ihrer Wohnung liefern, schreiten ein. Die Episode gefällt mit ihrem hübschen Setting, dem Wortzwitz und dieser typisch englischen Atmosphäre, die auch die Hammer-Filme so unverzichtbar macht.

The Gravediggers
Der reichlich dämliche Weltherrschaftsplot besteht diesmal darin, das Radarabwehrsystems England mittels im Boden versenkter Störsender auszuschalten. Anstatt aber einfach irgendwelche Löcher zu nehmen, müssen es Gräber sein. Und so kommen Steed und Peel dem Treiben, in das auch ein junger Steven Berkoff verwickelt ist, auf die Schliche. Die eh schon feine Episode wird mit zwei tollen Szenen noch enorm aufgewertet: In der ersten besucht Steed einen alten Eisenbahnmagnaten Pringby, dessen ganze Leidenschaft den Dampfrössern gehört. So hat er eine Ticketschalter im Foyer und einen Waggon im Wohnzimmer, der von einem armen Diener mittels "modernster" Technolgier zum Laufen gebracht wird. Wunderbare Idee! Die zweite Szene ist der Showdown: Emma ist auf die Schiene der Miniatureisenbahn gefesselt, die über Pringbys Grundstück fährt. Ganz im Stile alter Stummfilme inszeniert liefert sich Steed mit den Schurken einen Kampf auf der fahrenden Garteneisenbahn.

The Cybernauts
Ein noch recht frischer Michael Gough übt schonmal für seinen Dr. Frankenstein aus FRANKENSTEINS HORRORKLINIK: Er gibt den Erbauer roboterner Mordmaschinen, die sich durch die Führungskräfte britischer Energieunternehmen meucheln. Sehr hübsch, vor allem das finale Aufeinandertreffen der beiden Blechgesellen (die lustig mit Trenchcoat, Hut und Sonne ausgestattet sind).

Death at Bargain Prices
Menschen sterben in einem Kaufhaus. Steed und Peel (Peel als Verkäuferin in der Dessousabteilung) ermitteln und bemerken bald, dass das Kaufhaus sehr merkwürdig gemanagt wird. So handeln keine Verkäufer! Kein Wunder, denn das Kaufhaus ist nur die Tarnung für eine häusergroße Atombombe, mit der England erpresst werden soll. Leider nicht ganz so stark, trotz der schönen Idee die bis hierhin schwächste Episode.

#1035 Funk_Dogg

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Geschrieben 24. November 2007, 19:09

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Obsession (USA 1976)
Regie: Brian De Palma

Zweitsichtung. Mit meiner Meinung vom letzten Mal stimme ich nicht mehr hundertprozentig überein. Zwar ist De Palma natürlich viel zu sehr Postmodernist, als dass er sich für einen einfachen Thriller interessierte, seinen Film aber als völlig abstrakte Fingerübung darzustellen, wie ich das zu Beginn des Jahres getan habe, ist etwas ungenau. OBSESSION erzählt in erlesenen Bildern von Vilmos Zsigmond und unterlegt mit der morbiden Musik von Bernard Herrmann von der Obsession (ha!) seiner Hauptfigur Michael Courtland (Cliff Robertson), der seine Frau und Tochter vor 16 Jahren nach einer missglückten Lösegeldübergabe verloren hat, und nun dem gespuckten Ebenbild seiner Gattin Elizabeth, der jungen Kunsthistorikerin Sandra (jeweils Geneviève Bujold), am Ort ihres ersten Treffens gegenübersteht, sich verliebt und wenig später heiratet – sehr zum Missfallen seines Geschäftspartners Robert Lasalle (John Lithgow). Die Vergangenheit scheint sich zu wiederholen ... De Palmas Film kreist unentwegt um seine Hauptfigur, die mit ihrem leeren, träumerischen Blick sofort zum Verbündeten des Zuschauer wird. Courtlands Obsessionen bestimmen den Film so weit, dass andere Charaktere völlig hinter ihm verschwinden: Was seine Frau eigentlich für ein Mensch war, bleibt undurchsichtig, was er in ihr gesehen hat aber ebenso. Indem er den gierenden, träumenden, wollenden Blick ins Visier nimmt und das Objekt desselben ausblendet, sind De Palmas Reflexionen über das Medium etwas weniger offenkundig, dennoch bewegt er sich immer noch auf gewohntem Terrain. Im weiteren Verlauf der Handlung kristallisiert sich heraus, dass nicht nur Michael ein obsessiver Charakter ist, sondern auch Sandra und sein Partner Robert: Der Zuschauer hat also im Grunde drei sich überlagernde Filme gesehen. Formal betrachtet ist OBSESSION etwas ruhiger als andere De Palmas: Er hat eine fast traumgleiche Atmosphäre, die aber mehr und mehr ins Albtraumhafte kippt. Das zunächst unspektakuläre Finale steigert sich zum absoluten Niederzieher: einer der Gründe, aus denen ich De Palmas Film nicht mehr nur als abstraktes Formenkino deklarieren kann. Die meist etwas unangenehm belastete Sexualität, die seinen Filmen oft einen herben Schubs Richtung Sleaze verpasst, fällt hier zum ersten Mal richtig auf. OBSESSION wird als einer der noch etwas schwächeren De Palmas angesehen, ich finde ihn richtig klasse.

#1036 Funk_Dogg

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Geschrieben 25. November 2007, 19:25

The Avengers (Emma Peel Episodes)

Castle De'ath
In einem Spukschloss rumort es – natürlich nur, um ein erneut äußerst absurdes Vorhaben zu verschleiern. Wenn ich das richtig verstanden habe, ging es um Fischbestände und U-Boote. Wie schon DEATH AT BARGAIN PRICES eine etwas müde Episode, die sich von ihrem direkten Vorläufer nur durch das pittoreske Setting abhebt, bei dem man unweigerlich an Altmeister Mario Bava denken muss.

The Master Minds
Eine Vereinigung Hochintelligenter strebt die Herrschaft an. Steed und Peel kommen dieser Vereinigung auf die Spur, als ein Minister der Regierung bei einem Einbruch erwischt wird, an den er sich nicht mehr erinnern kann. Steed und Peel schleichen sich bei den Superhirnen ein und stören einen Plan, der nicht nur leise an THE MANCHURIAN CANDIDATE erinnert. Nach zwei eher mäßigen Episoden wieder ein richtiger Volltreffer. Vor allem die Turnhalle, in der die Intelligenzbestien der Körperertüchtigung frönen, hat es mir angetan. Und Diana Rigg ist sexy as hell.

The Murder Market
Steed und Peel enttarnen eine Heiratsvermittlungsagentur, deren wohlhabenden männliche Klienten nach der gelungenen Vermittlung ins Gras beißen. Auch Peel lässt sich an die Frau bringen, während Emma Peel lebendig begraben werden soll. Am Ende hat ihr ein besonders unplausibles Gadget aber doch das Leben gerettet. Sehr lustig und rundum unterhaltsam.

#1037 Funk_Dogg

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Geschrieben 26. November 2007, 17:05

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Carrie (USA 1976)
Regie: Brian De Palma

Die junge Carrie White (Sissy Spacek) ist die Außenseiterin ihrer Klasse, ein hässliches Entlein, das sehr unter der religiös fanatischen Mutter (Piper Laurie) zu leiden hat. Als sie ihre erste Periode im Umkleideraum nach dem Sportunterricht bekommt und panisch zusammenbricht, erntet sie nur Spott und Hohn; eine Tatsache, die der Oberzicke Chris (Nancy Allen) schließlich den Ausschluss von der Prom Night und somit heftige Rachegedanken beschert. Doch das gedemütigte Mädchen weiß sich zur Wehr zu setzen ...

Noch vor Stephen Kings großem Durchbruch drehte Brian De Palma diesen Film nach Kings Debütroman und setzte damit einen Maßstab, den nur die wenigsten Regisseure nach ihm mit ihren King-Verfilmungen erreichten – Kubrick dürfte die einzige Ausnahme sein. Der Einbruch des Unheimlichen ins Normale, der eines von King Standardthemen ist, wird von De Palma brillant in einer Inszenierung eingefangen, die zwischen den Genres – Highschoolfilm bzw- -romanze und Horror – hin und her schaltet, das eine plötzlich ins andere umschlagen lässt. Beispielhaft dafür ist die famose Eröffnungssequenz, in der man in einer softpornösen Inszenierung mit Zeitlupe und Weichzeichner jungen Mädchen bei ihren barbusigen Neckereien beiwohnt und dann Carrie aus voyeuristischer Perspektive unter der Dusche beobachten kann, bevor schließlich das erste Blut an ihren Schenkeln herunterfließt und der Score die Tragweite dieses Ereignisses unterstreicht. Dem bunten Treiben an der Highschool steht das Haus der Whites gegenüber, eine dunkle, schmucklose Büßerstube, in der die Mutter mit eiserner Hand regiert und ihre Tochter schon einmal zum Beten in der Besenkammer einschließt. Auch filmtechnisch markiert De Palma dieses Haus als andere Welt in der Welt: mit verkanteten Kamerawinkeln und oft aus krasser Untersicht fängt er seine Zimmer ein. Dass die Welt "da draußen" für Carrie nie die ihre werden kann, so sehr sich ihr wohlgesonnene Personen auch bemühen, wird in diesen Szenen mit ihrer Mutter deutlich und bewahrheitet sich später, wenn erneut das Blut fließt. Das Finale stellt den ersten großen Höhepunkt von De Palmas Split-Screen-Experimenten dar: In grelles rotes Licht getaucht, steht Carrie wie eine Rachegöttin auf der Bühne und entfacht ein Inferno, in das man in gleichem Maße hineingezogen wird, wie die Inszenierung einen auf Distanz hält. Mit dieser ambivalenten Wirkung der Technik spielt De Palma gern, vor CARRIE besonders auffällig in der "Be Black, Baby!"-Sequenz von HI, MOM!. Im Vergleich zum unmittelbaren Vorgänger OBSESSION (beide innerhalb eines Jahres abgedreht) zeichnet sich CARRIE zwar durch eine etwas expressionistischere Inszenierung aus, interessantererweise erscheint er aber dennoch als der zugänglichere Film. Das mag zum einen an Kings Vorlage liegen, wohl aber auch daran, dass sich De Palma sehr stark auf das Erzählen der Geschichte konzentriert und weniger über Themen referiert. Der intertextuelle Diskurs, den er bisher mehr oder weniger stark in allen Filmen weiterführte, bleibt diesmal außen vor. CARRIE ist dann wohl auch die beste Antwort auf Kritikerstimmen, die De Palma vorwerfen, ein schlechter Geschichtenerzähler zu sein oder die seinen vermeintlich kalten Inszenierungsstil anprangern. Apropos Intertextualität: Der direkte Nachfolger THE FURY kann fast als Sequel von CARRIE gelesen werden: Amy Irving, die als Sue Snell in der finalen Szene von CARRIE beinahe nachträglich zur Hauptfigur gemacht wird und den Film in einem typischen De-Palma-Moment des Wahnsinns beschließen darf, ist auch die weiblich Hauptdarstellerin des nächsten Films, eine telekinetisch begabte Jugendliche. Das kann unmöglich Zufall gewesen sein.

#1038 Funk_Dogg

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Geschrieben 28. November 2007, 09:28

The Avengers (Emma Peel Episodes)

A Surfeit of H2O

Ein Landstrich wird von ungewöhnlich heftigen Regefällen heimgesucht, in denen schon einmal ein Mensch ertrinkt, und wieder andere dazu veranlasst, eine Arche zu bauen, um sich vor der drohenden Sintflut zu retten. Die Ursache ist natürlich ganz weltlicher Natur und verbirgt sich hinter den Mauern einer Schnapsfabrik. Der nette Einfall wird ein wenig vom Drehbuch torpediert, das mit nur wenigen Wendungen auskommt und etwas zu gleichförmig abläuft. Toll ist aber Steeds Auftritt als Händler der Firma „Steed, Steed, Steed & Jacques“: im Weingeschäft müsse man ja immer einen Franzosen vorweisen, um glaubwürdig zu wirken.


The Hour that never was

Auf dem Weg zu Steeds altem RAF-Stützpunkt, der nach einer letzten großen Feier geschlossen werden soll, erleiden die Avengers einen Autounfall. Als sie sich wenig später unbeschadet zu den Feierlichkeiten einfinden, müssen sie verdutzt feststellen, dass sie ganz allein auf dem riesigen Gelände sind. Von den anderen keine Spur und merkwürdigerweise sind sämtliche Uhren genau um 11 Uhr stehengebleiben. Als Steed von einer Schranke ausgeknockt wird, wacht er wieder in seinem Auto auf, doch Peel ist verschwunden. Die Wunder werden nicht alle: Zurück im Stützpunkt findet Steed nun die feiernden Kameraden vor, ganz so als sei nie etwas passiert. Was beginnt wie eine TWILIGHT ZONE-Episode verwandelt sich dann doch wieder in einen recht typischen Fall um einen genialen bzw. bescheuerten Plan eines Schurken, der sich seine Geldbörse mit dem Verkauf von Manchurian Candidates füllen möchte. Vor allem wegen der ungewöhnlichen ersten Hälfte ausgesprochen sehenswert – und natürlich wegen Emma Peel.


Dial a deadly Number

Wichtige Protagonisten des Londoner Bankwesens sterben plötzlich und ohne Vorwarnung an einem Herzschlag. Steed und Peel mischen sich unter die Finanzgenies, nehmen an Weinverköstigungen teil und enttarnen bald einen Mörder mit Uhrenfetisch. Ich muss gestehen, dass es mir nicht gelungen ist, den Verwicklungen vollständig zu folgen – in der Welt der Hochfinanz werde ich mich nie zurechtfinden. Dennoch hatte ich einige Freude mit dieser Episode, die mit einigen visuellen Leckerbissen gespickt ist und eine Szene bereit hält, in der Steed sich ein Duell bei der Weinprobe liefert: Wer hat wohl den besseren Gaumen? Schöne Episode, die zudem die technische Revolution des Beepers einführt.

#1039 Funk_Dogg

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Geschrieben 28. November 2007, 10:25

Meine Rezension zu Yasuzo Masumuras Klassiker BLIND BEAST kann man hier lesen.

#1040 Funk_Dogg

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Geschrieben 28. November 2007, 16:46

Da aller guten Dinge drei sind, mein dritter Eintrag für heute: Auf F.LM ist jetzt meine Rezension zu Roland Joffés famosem Antikriegsfilm KILLING FIELDS - SCHREIENDES LAND zu lesen.

#1041 Funk_Dogg

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Geschrieben 30. November 2007, 11:22

Die Brian-De-Palma-Werkschau


The Fury (USA 1978)
Regie: Brian De Palma

Robin (Andrew Stevens), der Sohn des Geheimagenten Peter Sanza (Kirk Douglas), hat ein besonderes Talent: Er verfügt über enorme telepathische und telekinetische Kräfte, die ihn zum gesellschaftlichen Außenseiter machen. Das Paragon Institute unter Leitung von Peters' ehemaligem Kollegen Childress (John Cassavetes), eine Schule für solchermaßen begabte Jugendliche, soll sich des Jungen annehmen und seine noch unkontrollierten Kräfte kanalisieren. In Wahrheit will Childress Robin jedoch für sich gewinnen, sieht er in dem Jungen doch ein enormes zerstörerisches Potenzial, das sich gut für bares Geld verkaufen ließe. Also verübt er einen Anschlag auf Peter und entführt den Jungen. Peter überlebt jedoch und tut alles, um seinen Sohn wiederzufinden. Als er auf die junge Gillian (Amy Irving) trifft, die über eine ähnliche Begabung wie Robin verfügt, ist er fast am Ziel ...

Offensichtlich, ich hatte es schon im entsprechenden Eintrag erwähnt, hat die Geschichte der telekinetisch begabten Carrie, die De Palma zwei Jahre vorher verfilmt hatte, einen großen Reiz auf ihn ausgeübt, denn mit THE FURY wendet er sich noch einmal demselben Thema zu und besetzt für die weibliche Hauptrolle erneut Amy Irving, die in CARRIE noch als Einzige der Rache der Gebeutelten entgangen war. Das sind jedoch nicht die einzigen Gemeinsamkeiten der beiden Filme: Auch in THE FURY sind die psychokinetischen Fähigkeiten den Jugendlichen vorbehalten, mehr noch, sie sind geradezu identisch mit der Jugend selbst, konstituieren überhaupt erst die Trennung von Jugend und Erwachsen-Sein: Hat in der Jugend zunächst jeder die Potenz, diese Kräfte zu entwickeln, gehen sie erst mit dem Reifeprozess und der damit einhergehenden zunehmenden Rationalisierung nämlich verloren, wie wir an einer Stelle erfahren. Der Konflikt, der in THE FURY ausgetragen wird, ist somit sehr deutlich als Generationenkonflikt zu lesen: Peter will seinen Sohn zurück, verklärt in der Erinnerung die Beziehung zu diesem (wenn er sich gegen Ende an die Auftaktszene erinnert, wird die Differenz zwischen Erinnerung und Wirklichkeit deutlich) und kann nicht akzeptieren, dass dieser nicht mehr derselbe ist wie vor seiner Entführung. Robin hingegen entfernt sich unter Childress’ (dessen Namen ich hier mal ganz vorsichtig als Abwandlung des Wortes „childless“ interpretieren möchte) Ägide völlig von seinen Wurzeln, erkennt seinen Vater am Ende gar nicht mehr und versucht sogar, diesen umzubringen. Seine Begabung, die unter der Behandlung von Childress und seinen Leuten ins Extrem gesteigert wird, lässt Robin in einen buchstäblich (prä-)pubertären Zustand regredieren. Hinter der gewissenlosen Ausschlachtung seiner Fähigkeiten steckt somit vor allem der Versuch, ihn im Zustand der Jugendlichkeit zu halten, sein Erwachsenwerden zu verhindern.

Formal ist THE FURY ein erneuter Höhepunkt im Schaffen De Palmas bis zu diesem Zeitpunkt. Gegenüber CARRIE geht er noch eine Spur ökonomischer mit seinen Stilmitteln um, baut den zentralen Konflikt trotz des hohen Tempos sehr behutsam auf und beweist ein großes Gespür für Timing und Dramaturgie. Auf die Splitscreen-Technik verzichtet er diesmal gänzlich, ein Beweis dafür, dass er dieses Gestaltungselement nicht um seiner selbst willen einsetzt. Dennoch sind die großen De-Palma-Momente alles andere als rar gesät. Von der traumhaften Fotografie von Richard H. Kline und dem nicht minder famosen Score von John Williams abgesehen, gibt es zahlreiche kunstvoll arrangierte Szenen, darunter etwa De Palmas erste große Treppensequenz, in der er eine Vision Gillians und ihre mentale Verbindung zu Robin mittels einer Rückprojektion visualisiert: ganz sicher einer der visuellen Höhepunkte des Films. In einer weiteren atemberaubenden Szene nimmt Gillian erneut Kontakt zu Robin auf, sieht förmlich durch seine Augen (hier lässt sich der metafilmische Diskurs verorten). Eine gut vierminütige Zeitlupensequenz bildet den dramatischen Höhepunkt und dann ist da natürlich das Finale, über das schon viel geschrieben wurde und dem sicherlich schon ganz allein Klassikerstatus zukommt. Die aus verschiedenen Perspektiven eingefangene Explosion Childress’ darf wohl als Hommage an Antonionis ZABRISKIE POINT verstanden werden und beendet diesen eh schon sprachlos machenden Film mit dem sprichwörtlichen Knalleffekt. Man kann sich kein radikaleres Ende vorstellen: Da ist zuerst jede Hoffnung des Zuschauers auf ein Happy End zerstört worden, hat sich die über hundert Minuten aufgebaute Spannung niemals völlig entladen, da wird der Zuschauer mit diesem jeder Kontextualisierung beraubten bildgewordenen Klimax entlassen. Es gäbe noch viel mehr zu sagen, etwa über die unglaublich komische Szene, in der sich zwei Agenten per Funk über ihre Pausensnacks unterhalten, über William Finleys Auftritt, über die Karussellszene oder den blutigen Drehwurm, den Robin seiner Freundin verpasst. All das lässt sich aber leichter zusammenfassen: THE FURY ist auch ein Thriller über paranormal begabte Jugendliche, ja, vor allem aber ist er ein modernes amerikanisches Kunstwerk.

#1042 Funk_Dogg

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Geschrieben 03. Dezember 2007, 10:15

Creature from the Black Lagoon (USA 1954)
Regie: Jack Arnold

Am Amazonas wird die fossile Hand eines Wesens entdeckt, bei dem es sich möglicherweise um eine Art "Missing Link" der Evolution handelt: den Kiemenmenschen. Eine Expedition begibt sich sofort nach Südamerika, um weitere Spuren des rätselhaften Wesens zu finden. In einer abgelegenen Lagune begegnen die Wissenschaftler jedoch entgegen ihrer kühnsten Hoffnungen einen sehr wenig fossilen, im Gegensatz sogar ausgesprochen lebendigen Fischmenschen, der sich sofort in die weibliche Teilnehmerin Kay Lawrence (Julia Adams) verliebt und alle Mannsbilder fachmännisch entsorgt ...

CREATURE OF THE BLACK LAGOON darf man wohl ohne Übertreibung zu den am meisten geliebten B-Filmen des vergangenen Jahrhunderts zählen. Das Antlitz des Gill Man, des heimlichen Helden von Jack Arnolds Film, ist in die Popkultur eingegangen, der Film selbst gehört zum Kanon des Monsterfilms der Fünfzigerjahre und erfreut sich einer ähnlichen Berühmtheit wie King Kong (dem die CREATURE wohl den Hauptimpuls verdankt) oder Jack Arnols Riesenspinne Tarantula. Die Erstbgegnung mit dem Gill Man erfolgte für die meisten wahrscheinlich in der Kindheit, wenn man auch nur einen faszinierten Blick auf die Abbildung in der Fernsehzeitschrift erhaschen konnte. Im Rahmen einer immer wieder gern gezeigten Jack-Arnold-Reihe durfte auch DER SCHRECKEN VOM AMAZONAS niemals fehlen. Solchermaßen nostalgisch beflügelt, ist es nahezu unmöglich, keinen Spaß mit diesem Film zu haben, der in vielerlei Hinsicht veraltet, steif und behäbig ist. Die "Wissenschaftler" verdienen diesen Namen nicht, ergehen sich ständig in ausufernden gegenseitigen Vorträgen, mit denen sie streng genommen Eulen nach Athen tragen, vertreten haarsträubende Thesen wie die, dass der Lungenfisch ein „Fehler“ der Evolution sei, weil er sich seit Millionen von Jahren nicht weiterentwickelt habe, und benehmen sich auch sonst eher ungeschickt bis tumb. Die größte Freude resultiert eindeutig aus der Diskrepanz zwischen der behaupteten Bedrohung und der tatsächlichen Gefahr, dem Auseinanderklaffen zwischen dem zur Schau gestellten Ernst und der Naivität des Drehbuchs: Dass der glubschäugig-erschrocken dreinblickende Kiemenmensch mit seinen tolpatschigen Auftritten die Forscher zur aussterbenden Spezies degradiert, wirkt doch etwas, nun ja, gespreizt. Überhaupt stößt sich der Evolutionsdiskurs des Films mit der eigenen Prämisse: Warum und wie ausgerechnet diese Laune der Natur die Jahrtausende überdauert hat, muss der Zuschauer sich selbst beantworten. Andererseits sind da die schönen (und reichhaltigen) Unterwasser-Aufnahmen, in denen der Kiemenmensch die unwissende Kay anbalzt, und die wirklich tolle Maske, die man für den Titelhelden angefertigt hat. In Verbindung mit dem saftigen Lagunen-und-Dschungel-plus-Höhle-Setting ergibt das ein rundum harmloses, aber deshalb kaum weniger vergnügliches Filmerlebnis, das anno 2007 mehr denn je als krasses Kontrastprogramm zu den aufgemotzten Effektboliden des Multiplex-Programms fungiert. So lässt man sich gern an der Nase herumführen.

#1043 Funk_Dogg

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Geschrieben 03. Dezember 2007, 11:44

Zodiac (USA 2007)
Regie: David Fincher

Analog zu meinem letzten Eintrag könnte ich über David Finchers ZODIAC sagen, dass der gleichnamige Serienkiller einer der populärsten Vertreter seiner Zunft ist und schon mehrfach Auftritte auf der Kinoleinwand absolvieren durfte. Im Unterschied zu seinen Kollegen Dahmer, Bundy oder Gacy wurde der Zodiac nie gefasst; es lässt sich noch nicht einmal belegen, welche der vergleichsweise wenigen Morde denn nun tatsächlich auf sein Konto gingen. Der zweifelhafte Ruhm des Killers dürfte nicht zuletzt auf sein cleveres Spiel mit den Medien zurückzuführen sein: an verschiedene Zeitungen adressierte, zum Teil kodierte Bekennerschreiben, Anrufe in Radiosendungen und verbale wie schriftliche Morddrohungen verschafften ihm große mediale Präsenz. Am Nexus von Serienmord und Medialität nimmt der Zodiac eine Schlüsselrolle ein. Diese Rolle ist es dann auch, die ihn für eine Verfilmung prädestiniert, obwohl diese Verfilmung ja zwangsläufig, wie die reale Fallgeschichte, ins Nichts laufen muss.

David Finchers Film basiert auf dem Buch des Journalisten und Zodiac-Experten Robert Graysmith (im Film gespielt von Jake Gyllenhaal), der darin allen Indizien und Ermittlungssträngen der Fallgeschichte nachgeht und versucht, das komplexe Gewebe aus Bedeutungen aufzudröseln. Letzten Endes blieb auch sein Buch folgenlos: Der Zodiac wurde nie identifiziert und somit auch nicht gefasst, der Hauptverdächtige ist mittlerweile verstorben. Im Zodiac-Fall manifestiert sich das Problem polizeilicher "Wahrheitssuche": Wenn Fakten erst durch ihre Stimmigkeit zu Beweisen werden, wenn alle Hinweise ins Leere laufen, wo ist dann die Wahrheit zu suchen? ZODIAC ist trotz seines sehr nüchternen Looks Paranoiakino erster Güte: Die in den Fall verwickelten Personen – Graysmith, Detective Toschi (Mark Ruffalo) und der Journalist Steve Avery (Robert Downey jr.) – gehen unter in einem Gewirr aus Bedeutungen. Wo Komplexitätsreduktion nötig wäre, häufen sich widersprüchliche Indizien, führen zunächst stichhaltig aussehende Hinweise ins Leere, und macht ihnen immer wieder die Trägheit der Bürokratie einen Strich durch die Rechnung. Und weil auch Finchers Film selbst keiner Theorie folgt, sondern letztlich nur die Geschichte eines Scheiterns erzählt, dupliziert er die Verwirrung seiner Protagonisten. ZODIAC wird zum Labyrinth, zur überfüllten Aktenkiste, zum hoch verdichteten Geflecht an Bedeutungen, Verbindungen, Fakten, Namen und Daten (man müsste einmal die Menge an zum Teil völlig irrelevanten Schrifteinblendungen zählen), in dem kaum noch Luft zum Atmen bleibt. Toschi sagt einmal, er sei nicht an der Wahrheit interessiert, nur an Beweisen. Hier befindet sich ZODIAC in entschiedener Differenz zu positivistischen Polizeiserien a la CSI, in denen die akribische Sammlung von Fakten unweigerlich zum Täter führt. In ZODIAC ist dieses Verfahren zwecklos, weil es eine unzählige Menge solcher Fakten gibt. Die zuständigen Polizisten und Journalisten werden somit zu Exegeten eines sprichwörtlich unendlichen Textes, der immer wieder aufs Neue Bedeutungen generiert. Fincher thematisiert dies ganz plakativ, indem er seinen Film gestaltet wie einen Aktenberg und die Möglichkeiten der filmischen Kausalitätserzeugung bis ins Letzte ausreizt.

ZODIAC ist ein existenzialistischer Film: Seine Helden sehen sich einer absurden Situation gegenüber, einer Aufgabe, die sie vollkommen verschlingt und vor der sie letztlich zerbrechen – Avery wird zum Säufer, Graysmith zum Eigenbrötler, der seine Familie verliert, Toschis Laufbahn erhält ebenfalls einen Knacks. Der Fall versperrt sich ihnen umso stärker, je mehr sie auf seine Lösung drängen. Nur Graysmith geht seinen schwierigen Weg bis zum Ende: Er veröffentlicht zu Beginn der Achtzigerjahre sein Buch und schließt den Fall damit zumindest für sich ab. Ein Held ist er dennoch nicht, vielleicht sogar das Gegenteil davon. Wie Graysmith’ Buch hat auch Finchers Film eine lange Geburt hinter sich und das sieht man ihm an: Er hat nicht die Leichtigkeit und Verspieltheit anderer Filme Finchers, ist selbst Ausdruck der Qual, der zermürbenden Arbeit, der zunehmenden Müdigkeit und Orientierungslosigkeit seiner Hauptfigur. Somit ist ZODIAC letzten Endes zwar ein – für mich – sehr beeindruckender Film, aber auch einer, der nicht den ganz großen Glanz verströmt: eine Sisyphos-Arbeit im besten Sinne.

#1044 Funk_Dogg

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Geschrieben 03. Dezember 2007, 13:16

Revenge of the Creature (USA 1955)
Regie: Jack Arnold

Nach der missglückten Expedition des ersten Teils, die mit der vermeintlichen Tötung des Kiemenmenschen endete, befindet sich zu Beginn des Sequels eine zweite Expedition unter der Leitung der beiden virilen Schmierlappen Prof. Clete Ferguson (John Agar) und Joe Hayes (John Bromfield) in der schwarzen Lagune am Amazonas, um den Fischmann endgültig gefangen zu nehmen. Die einfältig organisierte Expedition ist schließlich erfolgreich, auch wenn der heiß begehrte Fischmann dank des beherzten Einsatzes von Dynamit nur komatös nach Florida gebracht werden kann. Im dortigen Aquarium erholt er sich aber, zum Leidwesen aller Beteiligten, relativ schnell ...

Die Hauptattraktion der Kiemenmensch-Filme ist natürlich der Kiemenmensch selbst, deshalb muss man sich auch nicht allzu sehr wundern, dass Jack Arnold und Drehbuchautor Martin Berkeley wenig mehr für ihr Sequel eingefallen ist, als die klassische und schon für den Vorgänger bemühte King-Kong-Storyline weiter zu adaptieren. Der Kiemenmensch wird aus seiner gewohnten Umgebung entführt und in den USA nicht zuletzt zu kommerziellen Zwecken ausgeschlachtet, verliebt sich dort, diesmal in die Fischforscherin Helen Dobson (Lori Nelson) und fällt schließlich der menschlichen Hybris zum Opfer, die zerstören muss, was sie nicht verstehen kann. Das Sequel zeichnet sich wieder durch die Maske der titelgebenden Kreatur aus, kann erneut einige hübsche Unterwasseraufnahmen aufweisen, holt aber sonst wenig aus der bestenfalls routiniert abgespulten Geschichte. Die Wissenschaftler sind das Papier nicht wert auf dem ihre Abschlüsse beglaubigt sind, weswegen es ihnen ganz Recht geschieht, dass ihnen später die selbst gebaute Scheiße um die Ohren fliegt. In der schönsten Einstellung setzt Arnold das übrig gebliebene Promomaterial des Vorgängers, einen lebensgroßen Pappaufsteller des Kiemenmenschen, kongenial ein, ansonsten vermisst man wirklich gelungene Einfälle. Durchaus unterhaltsam, aber eben nur das Sequel zum berühmten Original. Daran ändert auch ein kurzer Auftritt des noch sehr milchbübischen Clint Eastwood nix.

#1045 Funk_Dogg

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Geschrieben 05. Dezember 2007, 09:54

The Creature walks among us (USA 1956)
Regie: John Sherwood

Der im Vorgänger geflohene Kiemenmensch treibt in den Mangroven an der Küste Floridas sein Unwesen und erschreckt die arme Landbevölkerung. Also wird flugs eine neue Expedition zusammen getrommelt, die sich diesmal auf einem hoch modernen Schiff ("We need a bigger boat!") mit Echolot und allem Zipp und Zapp versammelt. Angelockt durch die kesse Marcia Barton (Leigh Snowden), Tochter des Expeditionsführers und Züge eines mad scientist aufweisenden Dr. William Barton (Jeff Morrow), geht das Monster schließlich in die Falle und landet dann auf dem Operationstisch des Schlagzeilen witternden Wissenschaftlers ...

Die zweite Fortsetzung um den Kiemenmensch wurde nicht mehr von Jack Arnold selbst, sondern von John Sherwood inszeniert. Da von ihm jedoch nur wenig Impulse ausgehen, ist es dem Kiemenmenschen überlassen, mit seinem veränderten Äußeren aufzutrumpfen und die recht fade Angelegenheit aufzupeppen. Die erste halbe Stunde des Film spielt sich exakt nach dem Vorbild der Vorgänger ab, bietet das übliche pseudowissenschaftliche Dummsprech und die obligatorischen ausgedehnten Tauchszenen. Interessant ist höchstens, dass mit den Szenen am Echolot, auf dem die Bordbesatzung sieht, ob sich den Tauchern etwas nähert, der Grundstein für zwar elaboriertere, aber dennoch verwandte Szenen wie jene in Camerons ALIENS gelegt wird. Richtig Fahrt nimmt der Film aber erst mit der feurigen Konfrontation mit dem Monster auf. Danach zwingt man den Kiemenmenschen dann operativ zur Lungenatmung, was eine sofortige Metamorphose nach sich zieht, nach der er entweder aussieht wie Jason mit Negerlippen oder aber wie Günter Verheugen. Wie ersterer benimmt er sich dann auch, meuchelt, was ihm in die Quere kommt, und kehrt am Schluss sehnsüchtig ins Meer zurück. Sherwood gelingen durchaus einige unheimliche Szenen: Der erste Kampf gegen das Monster, die Fahrt durch die nächtlichen Mangroven und die erste Enthüllung des Kiemenmenschen 2.0 sind ansprechend eingefangen,aber leider werden diese spannenden Sequenzen von einer langatmigen Exposition und einem insgesamt eher trägen Aufbau torpediert. Wenn THE CREATURE WALKS AMONG US endlich aus den Puschen kommt, ist er schon fast wieder vorbei. Und der Paranoia-Aspekt, der im Titel angedeutet wird, spielt im Film gar keine Rolle. Wer auf altmodische Monsterflicks steht, der hat auch hier seine Freude, keine Frage. Der, nun ja, unorthodoxe Umgang der Wissenschaftler mit der Natur sorgt für einige Lacher - der gute Dr. Thomas Morgan (Rex Reason) verkündet einmal sein Credo: Man müsse der Natur helfen, das Gute und Starke in ihr zu fördern und ihr helfen, das Schlechte auszumerzen -, das Slasherfinale um die Creature wirkt fast prophetisch, passt aber irgendwie nicht in diesen Film, dessen fast durchweg unsympathischen Charaktere zudem eine schwere Bürde sind.

#1046 Funk_Dogg

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Geschrieben 06. Dezember 2007, 10:44

Superbad (USA 2007)
Regie: Greg Mottola

Seth (Jonah Hill) und Evan (Michael Cera) sind seit der Grundschule dicke Kumpels. Nun neigt sich ihre Highschool-Zeit dem Ende und weil Evan im Gegensatz zu Seth einen guten Abschluss geschafft hat, werden sich ihre Wege trennen, was einiges Konfliktpotenzial birgt. Nun gilt es aber, noch einen Sommer lang gemeinsam auf die Pauke zu hauen und vor allem endlich die lästige Jungfräulichkeit zu verlieren, die die beiden ihrem Hängertum zu verdanken haben. Die Auserwählten sind die hübsche Becca (Martha MacIsaac) und die verruchte Jules (Emma Stone), die beide, wie es der Zufall will, auch noch dringend jemanden suchen, der ihre Party mit Alk versorgt. Seth und Evan sehen ihre große Chance, hat doch ein gemeinsamer Kumpel, die Brillenschlange Fogell (Christopher Mintz-Plasse), soeben einen gefälschten Ausweis und damit Eingang in die Liquor Stores dieser Welt erhalten. Damit, dass sein Name auf diesem Ausweis "McLovin" lautet, fangen die Schwierigkeiten jedoch erst an ...

Die letzten Tage der Highschool sind ein beliebtes Sujet für den Teeniefilm: An der ersten wichtigen Lebensstation angelangt, lässt sich gut über Vergangenes resümieren und über Zukünftiges sinnieren, entscheidet sich, was man von seiner Persönlichkeit in die Zukunft hinüberretten, was man als überkommenen Kinderkram hinter sich lassen will. Zu diesen zur Disposition stehenden Elementen gehört natürlich auch die alte Sandkastenfreundschaft, die noch einmal auf die Probe gestellt werden muss, bevor sich entscheidet, ob sie auch unter veränderten Bedingungen von Bestand sein wird. SUPERBAD reiht sich ein in die Tradition der Filme, die George Lucas einst mit AMERICAN GRAFITTI begründete und die seitdem beständig ihr Update erfährt, etwa 1993 mit Richard Linklaters DAZED AND CONFUSED. Von den Genannten unterscheidet er sich aber insofern, als er nicht das Porträt einer bestimmten Generation zeichnet und auch keinen ganzen sozialen Kosmos einfängt: SUPERBAD ist der Film über die Freundschaft zweier Jungen, deren Probleme alltäglich sind, die sich im Laufe eines Abends streiten, trennen und schließlich wieder finden. Das ist an sich noch nichts Besonderes, es ist erst der Spirit dieses Films, der ihn zu einem außergewöhnlichen Ereignis macht. Der große Coup von SUPERBAD sind die Darsteller: Apatow-Regular Jonah Hill entspricht dabei noch recht typisch dem amerikanischen Komödienstar, er sorgt für verbale Verve und die nötige Portion juveniler Kraftausdrücke. Die eigentliche Entdeckung sind jedoch Michael Cera und der umwerfende Christopher Mintz-Plasse, die die ganze Jämmerlichkeit und Verzweiflung spätpubertierender Jugendlicher perfekt verkörpern und so gleichzeitig urkomisch wie rührend sind. Der niemals still stehende Handlungsverlauf konfrontiert dieses Trio mit einer ganzen Reihe witziger Situationen, die dann wiederum Gelegenheit für erfrischende Improvisationen bieten: "McLovin" gerät beim Alkoholkauf so erst in einen Raubüberfall und dann an zwei idiotische Polizisten (Seth Rogen und Bill Hader), die auf seinen gefälschten Ausweis hereinfallen und den vermeintlich mysteriösen Hawaiianer dann mit auf eine ziemlich abenteuerlich verlaufende Streife nehmen. Seth und Evan geraten hingegen auf die Party eines cholerischen Schlägers, dessen Freundin ihre Monatsblutung beim Tanz an Seths Hosenbein und somit gut sichtbar für ihren Macker hinterlässt. Am Ende haben die drei Versager die Nacht ihres Lebens hinter sich gebracht, eine wichtige Lektion fürs Leben gelernt, sich ihre gegenseitige Liebe gestanden und natürlich die Herzen der angehimmelten Frauen erobert. Der Ausgang ist also durchaus bekannt und vorhersehbar, neu und außerordentlich erfreulich ist der Weg dahin. Regisseur Greg Mottola beweist Einfühlungsvermögen, stattet seine juvenilen Helden trotz all ihrer peinlichen Verfehlungen mit viel Würde aus und bringt den Zuschauer so mit Leichtigkeit auf ihre Seite, von der er bis zum Ende (und darüber hinaus) nicht mehr weichen möchte. Obwohl SUPERBAD hier und da die Glaubwürdigkeit etwas strapaziert und nicht in jeder Szene ganz plausibel ist, gelingt es ihm ausgezeichnet die Waage zwischen Humor und Realismus zu halten. SUPERBAD ist wieder einmal ein Volltreffer aus der Schmiede Judd Apatows, um ganz genau zu sein, der vielleicht beste Film, der unter dessen Namen bisher erschienen ist. SUPERBAD ist einfach wunderbar und zudem mit einem grandiosen Funksoundtrack untermalt, der verdammt viel unwiderstehliches Seventies-Flair versprüht. So viel Stilbewusstsein muss honoriert werden!

#1047 Funk_Dogg

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Geschrieben 07. Dezember 2007, 09:36

Monster on the Campus (USA 1958)
Regie: Jack Arnold

Der Wissenschaftler Prof. Donald Blake (Arthur Franz) bekommt einen Fisch an seine Universität geliefert, den so genannten Silicant, einen Fisch, der sich seit Millionen von Jahren nicht wieterentwickelt hat. Bei den Untersuchungen passiert dem Prof aber ein Missgeschick und so streift er bald schon als mordlustiger Affenmensch über den Campus ...

Jack Arnolds feiner kleiner Monsterfilm schließt sich nahtlos an die CREATURE FROM THE BLACK LAGOON-Trilogie an, handelt wieder einmal von der Macht der Evolution und der geheimnisvollen Fähigkeit, dieser zu widerstehen bzw. sogar diese Evolution rückgängig zu machen. So wird jeder, der mit dem radioaktiv behandelten Fisch in Berührung kommt, zum "throwback": Der arme Schäferhund Samson entwickelt beeindruckende Hauer, nachdem er das Brackwasser säuft, in dem der Silicant gelegen hat, und eine Libelle wächst nach Einverleibung kleinerer fischiger Hautpartikel zu bizarrer Größe an. Muss man den Tieren diese Dummheiten nachsehen, gibt das idiotische Verhalten des Wissenschaftlers doch sehr zu denken: Erst verletzt er sich an den Zähnen des Silicants, weil er diesen mit einer Hand in dessen Maul herumträgt und dann rutscht er mit der offenen Wunde auch noch in das siffige Fischwasser. Dmit aber längst nicht genug: Frei von allen Bedenken lutscht sich der Prof nun das Dreckwasser aus seiner Wunde, als wäre es ein Delikatesse. Da darf man sich dann nicht beschweren, wenn man sich wenig später in einen Urzeitmenschen verwandelt. Trotz dieser in einem Monsterfilm aus den Fünfzigern unverzichtbaren Naivität des Drehbuchs ist MONSTER ON THE CAMPUS doch ein sehr feiner Monsterfilm geworden, der mit seinen 73 Minuten Laufzeit jede lauernde Länge gekonnt umschifft und schöne, angenehm altmodische Unterhaltung bietet. Da ist dann auch durchaus Platz für den ein oder anderen kleineren Geniestreich: Die Szene am ersten Mordschauplatz ist recht makaber geraten, darüber hinaus hat MONSTER ON THE CAMPUS einen ausgesprochen kreativen und effektiven fake scare zu bieten. Lohnt definitiv die Wiederentdeckung!

#1048 Funk_Dogg

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Geschrieben 08. Dezember 2007, 12:55

The Avengers (Emma Peel Episodes)

Man-Eater of Surrey Green
Leider kann ich mich kaum noch an diese Episode erinnern. Es geht um eine außerirdische Pflanze, die einige Wissenschaftler in ihre Gewalt bringt. Laut Emma Peel kommt die Pflanze vom Mond, weil man dort ja kürzlich große Gebiete voll Vegetation entdeckt habe! Sehr Sci-Fi-lastig, gute Episode.

Two's a Crowd
Der geheimnisvolle und bislang völlig unbekannte russische Commander Psev wird in London von seinen Untergebenen erwartet. Dort will er eine wichtige Konferenz unterwandern: Ein perfekter Doppelgänger von John Steed, der versnobte Schauspieler Gordon Webster, kommt den Bösewichtern dabei sehr gelegen. Sehr feine Episode, die von Patrick Macnees variantenreichem Spiel und den vielen pointierten Dialogen lebt. Das Gimmick der Episode sind diesmal ferngesteuerte Flugzeuge, die sehr sichtbar von Fäden gezogen werden und so gar nicht bedrohlich aussehen. Toll!

Too many Christmas Trees
Bislang die mit Abstand beste Folge: Eine Gruppe von Hypnotiseuren bringt wichtige Persönlichkeiten in ihre Gewalt. Als nächstes Opfer haben sie sich Steed auserkoren, der bereits durch Telepathie von ihnen indoktriniert wurde und nun unter merkwürdigen Albträumen leidet, in denen ein unfreundlicher Weihnachtsmann eine wichtige Rolle spielt. Die wunderbaren psychedelischen Traumsequenzen und eine sehr einfallsreiche Montage, etwa in der Szene, in der Steed öffentlich "übernommen" werden soll, stechen heraus. Die Idee eines Maskenballs mit Dickens-Thema finde ich ebenfalls sehr sympathisch.

Silent Dust
In Hertfordshire fallen Vögel tot vom Himmel. Wie Steed und Peel herausfinden, ist ein Pestizid verantwortlich für das Vogelsterben. Hinter diesem Ökoterror steckt wiederum eine Gruppe Landwirte, die das Land erpressen wollen. Eine etwa weniger spektakuläre Folge, die aber erneut mit wunderbaren Dialogen glänzt, etwa bei Steeds Besuch bei einem Chemiker, mit dem er über Düfte diskutiert. Der Showdown ist um eine Jagd herum gestrickt, bei der auch einige Demonstranten mit entsprechenden Plakaten aufkreuzen. Der Oberschurke bekommt von Steed schließlich mit einem Schild ordentlich den Arsch versohlt.

Room without a View
Wichtige britische Physiker sind in den letzten 12 Monaten verschwunden. Einer von ihnen taucht wieder auf, jedoch kann er nicht viel sagen, ist er doch Opfer einer Gehirnwäsche geworden. Die Ermittlungen führen Steed und Peel in ein Luxushotel, dessen Raum 621 ein merkwürdiges Geheimnis verbirgt. Nachdem ich mit dem Begriff des "Manchurian Candidate" in letzter Zeit etwas inflationär umgesprungen bin, hier eine Episode, bei der er völlig angebracht ist. In den verborgenen Hinterzimmern des Hotels verbirgt sich nämlich ein Verlies, das mit viel Erfindungsreichtum einem chinesischen Kerker nachempfunden wurde ... Typischer AVENGERS-Plot um eine simulierte Welt in der Welt. Schön.

Small Game for Big Hunters
Genre-Hopping a la AVENGERS: Der Vorspann lässt einen Menschenjagd-Plot erwarten, dann schwingt das Ganze Richtung Voodoo-Zauber um, verwandelt sich in ein GOODBYE, LENIN für englische Afrika-Kolonialisten, nur um schließlich auf die bekannte AVENGERS-Erpressungsnummer herauszulaufen, die diesmal etwas mit einer speziellen Züchtung der Tsetse-Fliege zu tun hat. Die Episode lebt vor allem von ihrer tollen Ausstattung: Der afrikanische Dschungel im Garten eines englischen Landhauses (siehe oben: die Welt in der Welt), samt den herumstromernden "Wilden" ist eine echte Schau. Gleiches gilt für Emma Peel, die mir in dem schwarzen Tank Top, das sie über weite Strecken trägt, ausgesprochen gut gefällt.

#1049 Funk_Dogg

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Geschrieben 09. Dezember 2007, 11:44

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Home Movies (USA 1980)
Regie: Brian De Palma

The Maestro (Kirk Douglas) ist ein Selbsthilfe-Guru, dessen Philosophie besagt, dass man sein Leben als Film verstehen solle, in dem man selbst der Star ist, anstatt es bloß zu leben wie ein Statist. Sein letzter Schüler ist der junge Denis Byrd (Keith Gordon), der aus einer mit "dysfunktional" noch freundlich umschriebenen Familie kommt. Sein Vater (Vincent Gardenia) ist Arzt und betrügt seine Frau in jeder freien Minute, diese vegetiert nur noch am Rande des Nervenzusammenbruchs und hat schon einen Suizidversuch hinter sich und Denis' latent homosexueller Bruder James (Gerrit Graham) geriert sich mit einer den Spartanern abgeschauten Männlichkeitsphilosophie als Anführer eines Zirkels junger Männer namens "Those who know". Die Verhältnisse komplizieren sich als James' Geliebte Kristina (Nancy Allen) zu Besuch kommt und die beiden sich verloben: Denn Denis verliebt sich in die attraktive Frau, die unter den Marotten seines beknackten Bruders zu leiden hat. Unter der Anleitung des Maestro begibt er sich daran, sein Leben zu inszenieren und die Frau seines Herzens zu erobern ...

HOME MOVIES, zwischen den großen Produktionen THE FURY und DRESSED TO KILL platziert, ist ein Low-Budget-Film, den De Palma zusammen mit einer Gruppe von Filmstudenten seiner Alma Mater inszeniert hat und der ihn zurück zu seinen Wurzeln und Gesellschaftskomödien wie THE WEDDING PARTY, GREETINGS oder HI, MOM! führt. Dieses Vorwissen erleichtert die Sichtung ungemein, denn keinesfalls sollte man einen solch durchkomponierten und ausgereiften Film wie THE FURY oder CARRIE erwarten: HOME MOVIES behandelt zwar einige von De Palmas Lieblingsthemen – Film, Identität und Authentizität –, jedoch auf eine sehr leichte, manchmal auch etwas unreif wirkende Art. Wenn Denis mit der Kamera bewaffnet loszieht und seinen Vater beim Seitensprung filmt, fühlt man sich unweigerlich an das Hobby von Jon Rubin aus GREETINS und HI, MOM! erinnert, die Parallele zur "Be Black, Baby"-Sequenz wird dadurch gezogen, dass sich Denis mit Schuhcreme das Gesicht schwärzt. The Maestro ist niemand anderes als der Regisseur selbst, der seinem Schüler beibringt, wie man eine Szene interessant gestaltet und was schlicht und einfach langweilig ist. Insgesamt lebt HOME MOVIES vor allem von seiner Leichtigkeit, dem teilweise recht albernen und übersteuerten Humor und den Performances der Darsteller, von denen De-Palma-Dauergast Gerrit Graham, der an seine Leistung als "Beef" in PHANTOM OF THE PARADISE nahtlos anknüpfen kann, eindeutig hervorzuheben ist. HOME MOVIES ist nicht mehr als eine Marginalie in De Palmas Filmografie, wurde schon nach kurzer Zeit aus den Kinos entfernt und ist auch in Europa vernachlässigt worden. Betrachtet man ihn und die unangestrengte Art, mit der er den Spaß am Filmemachen zelebriert, bedauert man das zwar ein wenig, ganz unverständlich ist das Desinteresse an HOME MOVIES aber nicht. Dass man auch in Deutschland nicht ganz wusste, was man mit dem Film anfangen sollte, verdeutlicht die Synchronisation, die mit Rainer Brandt'schen Derbheiten zwar durchaus für Lacher sorgt, aber dennoch das ein oder andere Mal ziemlich übers Ziel hinausschießt. Mir hat HOME MOVIES sehr gut gefallen, dennoch gehört er zu den zu vernachlässigenden Filmen des Meisters.

#1050 Funk_Dogg

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Geschrieben 09. Dezember 2007, 12:30

Die Brian-De-Palma-Werkschau


Dressed to Kill (USA 1980)
Regie: Brian De Palma

Kate Miller (Angie Dickinson) lebt das Leben einer frustrierten Frau: Ihr Gatte nimmt sie kaum noch war, der Sex ist reine Pflichterfüllung. Ihr Therapeut, Dr. Robert Elliott (Michael Caine), rät ihr zur Aussprache, sie geht stattdessen ins Museum wo sie auf einen geheimnisvollen Fremden trifft, mit dem sie wenig später im Bett landet. Die Freude über das Erlebnis währt nur kurz: Ihr Seitensprung hat einen positiven Syphilisbefund im Schreibtisch, wenig später wird Kate von einer blonden Frau mit Sonnenbrille brutal ermordet. Diesen Mord hat wiederum das Callgirl Liz Blake (Nancy Allen) beobachtet, die sich nun selbst in akuter Lebensgefahr befindet. Sie tut sich mit dem cleveren Sohn von Kate Miller zusammen, dem Tüftler Peter (Keith Gordon), und geimeinsam versuchen sie, den Mörder selbst zu überführen. Mit ihren Recherchen beginnen sie an der Praxis von Dr. Elliott ...

Nach dem kurzen Exkurs mit HOME MOVIES wendet sich De Palma wieder dem Sujet zu, das er zu jener Zeit geradezu beherrschte. Auch DRESSED TO KILL ist, wie vor ihm THE FURY, CARRIE oder OBSESSION, ein exquisiter Thriller, dessen formale Brillanz sicherlich Maßstäbe gesetzt hat: Die ewigen Hitchcock-Vergleiche sind da eher irreführend, auch wenn die PSYCHO-Referenzen von DRESSED TO KILL kaum zu übersehen sind. Auffällig sind vor allem das immens hohe Tempo, das De Palma geht – es gibt nicht eine einzige unwichtige Szene, ständig passiert etwas Entscheidendes, manchmal auch nur am Bildrand oder im Hintergrund –, und gleichzeitig die Geduld, mit der er Szenen so lange aufbaut, bis sie sich vor Spannung förmlich selbst überschlagen. Ideales Beispiel ist die gesamte halbstündige Exposition, in der der Zuschauer Kate Miller folgt, von ihrem lieblosen Ehesex am Morgen bis hin zu ihrer Ermordung. Die berühmte Museumssequenz, ein langes Versteckspiel voller sexueller Spannung, kommt völlig ohne Dialog aus und eignet sich hervorragend, ein Vorurteil gegen De Palma auszuräumen, nämlich jenes, er sei kein "Schauspieler-Regisseur": Angie Dickinsons Leistung ist ehrfurchtgebietend, nur mithilfe ihres Spiels und den Mitteln der Inszenierung macht De Palma die Bedürfnisse, Ängste und Gefühle dieser Frau transparent und erdet den gesamten Film in dem Mitgefühl, das er in dieser Sequenz für den Charakter erzeugt. Weitere inszenatorische Höhepunkte sind die Ermordung Kates im Fahrstuhl, eine Splitscreen-Sequenz mit Liz und Dr. Elliott, in der De Palma sogar den Ton komponiert, und natürlich die abschließende Suspense-Szene in Dr Elliotts Büro. Leider verwässert er den Eindruck eines ungemein dichten Films, indem er ein zusätzliches Ende anklebt, das zwar den Wunsch nach einem Shock Ending a la CARRIE oder THE FURY befriedigt, aber einfach willkürlich und beliebig (und bezeichnenderweise auch weniger erschreckend) erscheint. DRESSED TO KILL ist jedoch so stark, dass er diesen Missklang am Ende gut verkraften kann: Von der voyeuristischen Duschszene, mit der der Film beginnt, über den unaufhaltsamen Aufbau bis hin zur finalen Enthüllung ist De Palmas letzter Film der Siebzigerjahre ein absolutes Meisterwerk, das leider weit gehend missverstanden wurde und dessen Aburteilung als "frauenfeindlich" schlicht untragbar ist.





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