Der Monroe ihre dicken Hupen
#1081
Geschrieben 03. Januar 2008, 21:15
Regie: Ubaldo Ragona/Sidney Salkow
Dr. Robert Morgan (Vincent Price) ist der letzte Überlebende einer gefährlichen Seuche, die alle Menschen entweder dahingerafft oder in blutgierige Vampire verwandelt hat, die nun des Nachts auf Jagd gehen. Morgan hat sich mit der Einsamkeit indessen ganz gut arrangiert: Tagsüber geht er auf Erkundungstouren, sucht nach verwertbaren Lebensmitteln und den Verstecken der Vampire, die er dann fachmännisch erledigt, nachts verbarrikadiert er sich in seinem Haus und hängt Erinnerungen an seine Familie nach. Bis eines Tages eine weitere Überlebende seinen Weg kreuzt ...
Anlässlich der Sichtung der dritten Verfilmung von Richard Mathesons Roman "I am Legend", Francis Lawrence' I AM LEGEND mit Will Smith (ein Link oder Text wird folgen), habe ich mir zum Vergleich diese erste Adaption des Stoffes zu Gemüte geführt, die erwartungsgemäß – immerhin ist THE LAST MAN ON EARTH ein gut vierzig Jahre alter Low-Budget-Film – kammerspielartiger angelegt ist und zahlreiche frappierende Ähnlichkeiten zu Romeros fünf Jahre später entstandenem NIGHT OF THE LIVING DEAD aufweist. Die Vampire sind weder entmenschlichte Bestien wie in der aktuellen Version, noch diabolische Sektierer wie im Charlton-Heston-Vehikel THE OMEGA MAN, sondern vergleichsweise harmlose, unkoordiniert durch die Gegend staksende Zombies. Das beeinflusst zwangsläufig auch das Bild des Vampirkillers: Anders als der virile Survivalist Heston, der sich am Ende immerhin freiwillig für die Menschheit opfert, oder der gutmütige und tieftraurige Smith in I AM LEGEND ist er stärker als Außenseiter, als seelischer Krüppel gezeichnet, den das Töten längst abgestumpft und ihm somit auch jede Hoffnung auf Rettung geraubt hat. Entsprechend berüchtigt ist er unter den Überlebenden – siehe Titel der Vorlage. Trotz seines eingeschränkten Budgets ist THE LAST MAN ON EARTH ein sehr effektiver Film geworden, der die menschenleere Welt in Bildern gänzlich unspektakulärer Tristesse einfängt und mit Andeutungen erschreckt, statt mit Effekthascherei hausieren zu gehen. An der Besetzung mit Vincent Price dürften sich hingegen die Geister scheiden: Darstellerisch über jeden Zweifel erhaben, ist er dennoch nicht ganz der Typ, dem man zutrauen würde, mehrere Jahre in völliger Einsamkeit zu überleben. Gerade in den Passagen zu Beginn, in denen Morgan per Voice Over erzählt, fühlt man sich dann auch etwas an die Poe-Filme aus der Corman-Schmiede mit ihren verzärtelten Price-Figuren erinnert, was THE LAST MAN ON EARTH einen etwas schwergängigen Start verpasst. Dennoch eine kleine Sternstunde des Low-Budget-Horrors, die sich von ihren Nachfolgern stark unterscheidet. Mathesons "I am Legend" dürfte somit eines der seltenen literarischen Erzeugnisse sein, deren Verfilmungen allesamt Treffer sind und von denen jede für sich genommen einen ganz eigenen Aspekt der Geschichte beleuchtet.
#1082
Geschrieben 04. Januar 2008, 12:35
Die Brian-De-Palma-Werkschau
Raising Cain (USA 1992)
Regie: Brian De Palma
Der Kinderpsychologe Carter Nix (John Lithgow) sucht nach Kindern für das Forschungszentrum seines Vaters in Norwegen, das neue Maßstäbe in der Untersuchung der Kindesentwicklung setzen soll. Weil jedoch kein Elternpaar so verrückt ist, sein Kind als Versuchskaninchen zur Verfügung zu stellen, muss Carter Gewalt anwenden. Dabei behilflich ist ihm Cain (John Lithgow), ein abgespaltener aggressiver Teil von Carters Persönlichkeit. Als Carters Frau Jenny (Lolita Davidovich), die ob der merkwürdigen Verhaltensweisen ihres Mannes langsam misstrauisch wird, ihre große Liebe Jack (Steven Bauer) wiedertrifft, eskaliert die Situation und Cain hat eine Menge zu tun ...
Nachdem De Palma für THE BONFIRE OF THE VANITIES ungerechtfertigterweise geradezu in der Luft zerrissen wurde, wandte er sich wieder dem Genre zu, mit dem er seine größten Achtungserfolge erzielen konnte: dem Thriller. Dennoch verzichtete er nicht darauf, seinen Film mit einer großzügigen Portion absurden Humors anzureichern, was vor allem bei Erstsichtung für Verwirrung sorgt. RAISING CAIN ist eng verwandt mit BODY DOUBLE, teilt mit diesem nicht nur die ausgefeilte und enorm artifizielle Inszenierung und die Verortung im Exploitationfilm, sondern auch einen fast schon parodistisch zu nennenden Spirit. Vor allem die ersten beiden Drittel von RAISING CAIN lassen sich geradezu als Lehrbuch für Stilmittel zur Publikumsverwirrung lesen: Da gibt es Voice Overs, innere Monologe, Rückblenden, Subjektiven, Träume in Träume in Träumen, sogar sichtbare Inszenierungsfehler benutzt De Palma, um den Zuschauer durch den Fleischwolf der Manipulation zu drehen. Während sich der Protagonist in immer mehr verschiedene Persönlichkeiten aufsplittert, wird RAISING CAIN zunehmend zum Kopffilm: Der Zuschauer befindet sich in Carters Kopf und es wird immer fraglicher, inwiefern die Ereignisse überhaupt in einer beobachtbaren Realität angesiedelt sind. Bis zum finalen Plottwist – der eigentlich nur deshalb ein Twist ist, weil De Palma seine Zuschauer vorher so massiv verunsichert hat – scheint es sich bei RAISING CAIN beinahe um ein autopoietisches System zu handeln, das nur noch von den inneren psychischen Abläufen Carters am Leben gehalten wird: ein Film, der auf nichts mehr jenseits seiner selbst verweist. Der Regisseur spiegelt sich dann auch unzweifelhaft in Carters Vater, dem Psychologen Dr. Baumse Nix (John Lithgow) wider: Dieser ist nämlich nicht ganz unschuldig an der multiplen Persönlichkeit seines Sohnes, die er in einem Buch mit dem bezeichnenden Titel "Raising Cain" untersucht und seziert hat. So ist RAISING CAIN weitaus mehr als nur ein Thriller und das hat ihm sowohl bei Kritik als auch an der Kinokasse letztlich das Genick gebrochen. RAISING CAIN ist ein lupenreiner Metathriller, so filigran gerfertigt, dass man ihn als Zuschauer unmöglich beim ersten Sehen erfassen kann. John Lithgows Performance – er spielt fünf Rollen – ist völlig Over the Top und trägt viel zum comichaften Appeal von RAISNG CAIN bei. Die verkanteten Einstellungen, mit denen De Palma das Innenleben seines Protagonisten verbildlicht, legen jedoch vielmehr den Vergleich zum deutschen Expressionismus nahe. Nach mehreren Sichtungen und Jahren bin ich gestern zum Schluss gekommen, dass RAISING CAIN ein exzellenter Film ist, vielleicht sogar ein spätes, übersehenes und zu Unrecht geringgeschätztes Meisterwerk seines Genres. Aber es ist eben ein Film, der relativ große Voraussetzungen an seine Zuschauer stellt: Wer nacktes Unterhaltungs- und Erzählkino sucht, ist falsch in RAISING CAIN, ebenso derjenige, der bierernste Avantgarde bevorzugt. De Palma platziert sich mit RAISING CAIN genau zwischen diesen beiden Polen, verlangt große Aufmerksamkeit und Konzentration und natürlich Filmwissen. De Palmas Filmografie zu kennen, erleichtert den Zugang zu RAISING CAIN, auch von Hitchock sollte man natürlich schonmal gehört haben; nur dann hat man wohl auch die Souveränität, den moralischen Impetus aus all den formalistischen Fingerübung herauszufiltern: Was da mit RAISING CAIN in seiner technischen Filigranität so vordergründig von der Realität enthoben erscheint, ist in Wiorklichkeit ein ziemlich erschütterndes Porträt eines mutwillig und kalkuliert zerstörten Menschen. Doch auch wenn man das nicht erkennt, kann sich immerhin noch an der beeindruckenden Inszenierung erfreuen, die De Palma auch diesem eher kleinen Film hat angedeihen lassen. Das über drei Etagen komponierte Finale ist jedenfalls ein echter Hingucker, genau wie zahlreiche weitere Kabinettstückchen des Meisters. Noch ein paar Fakten zum Schluss: Pino Donaggio steuerte wieder einen schönen Score bei, Schnitt und Kamera liegen in den sicheren und De-Palma-erprobten Händen von David Hirsch und Stephen H. Burum, das Buch wurde zum ersten Mal seit BODY DOUBLE (aha!) wieder von De Palma selbst geschrieben, mit David Lithgow, Gregg Henry und Steven Bauer geben sich alte Weggefährten des Regisseurs ein Stelldichein. Wie für so viele Filme des amerikanischen Godards gilt auch hier: Meisterlich und unvergleichlich. Aber leider auch nicht für Jedermann.
#1083
Geschrieben 05. Januar 2008, 23:53
#1084
Geschrieben 06. Januar 2008, 16:49
Regie: Robert Rodriguez
Ein gefährlicher Giftstoff, um den sich sowohl eine Gruppe Verbrecher als auch die abtrünnig gewordene Einheit unter der Leitung des grimmigen Lieutenant Muldoon (Bruce Willis) streiten entweicht und verwandelt innerhalb kürzester Zeit alle, die damit in Berührung kommen, in blubbernde und schleimende Zombies. Der geheimnisvolle Loner El Wray (Freddy Rodriguez) stellt sich der Bedrohung zusammen mit seiner Ex-Flamme Cherry (Rose McGowan), Sherriff Hague (Michael Biehn) und dessen Bruder, dem BBQ-Spezialisten J.T. (Jeff Fahey) ...
Rodriguez' Beitrag zum GRINDHOUSE-Double Feature ist ein äußerst unterhaltsamer kleiner Splatter-Flick geworden, dem die Mimese der Siebzigerjahre-Exploitation, die Vorbild für das Projekt war, allerdings nur formal gelingt. Inhaltlich gibt es zwar Parallelen zu Klassikern wie DAWN OF THE DEAD, THE INCREDIBLE MELTING MAN oder meinetwegen MOTEL HELL, in erster Linie fallen einem als Vergleichsgrößen aber eher modernere Vertreter des Funsplatters ein - vor allem der recht aktuelle SLITHER kam mir mehrfach in den Sinn. Die Annäherung an längst überkommene Filmtraditionen gelingt Rodriguez eher durch inszenatorische Kniffe: Das Bild flackert und knistert als hätten die Bänder eine halbe Ewigkeit in einem versifften Kelerloch vor sich hingemodert, einige Szenen laufen wunderbar ins Leere, Subplots werden lang aufgebaut und dann einfach fallen gelassen, in der Mitte gibt es gar einen Filmriss samt Missing-Reel-Ankündigung, die Handlung setzt danach erst gut zehn Minuten später wieder ein. Dazu wird völig überzogen gesplattert, die Blutbeutel explodieren im Sekundentakt, ab und zu wird PLANET TERROR sogar richtig grimmig. Der gesamte Handlungsstrang um den unsympathischen Doktor Block (Josh Brolin) und seine untreue Gattin Dakota (Mary Shelton) sticht in dieser Hinsicht heraus und gemahnt am ehesten an die Sleazegranaten der Seventies. Was nicht so recht in dieses Bild passen will, dem Film letzten Endes aber auch keinen Schaden zufügen kann, sind die typisch Rodriguezschen Coolheiten. Immerhin kommen dabei einige hübsch markige Sprüch rum, die in ihrer Prolligkeit dann doch wieder an alte Zeiten erinnern. So bleibt ein ausgezeichneter Horrorfilm, der all die halbgaren und peinlichen "Fanfilme" der Marke Ittenbach und Konsorten in den Schatten stellt und dem es gelingt, sein Zielpublikum gleichzeitig zufriedenzustellen als auch zu überraschen. Ich jedenfalls hatte die Befürchtung, dass Rodriguez mit PLANET TERROR einen ähnlich seelenlosen Mumpitz verbrechen würde wie einst mit dem strunzlangweiligen THE FACULTY. Stattdessen hat er vielleicht seinen besten, auf jeden Fall aber seinen unterhaltsamsten Film abgelegt, der mit einigen wirklich heftigen Szenen - ich denke da an die Rotten.com-Szene - aufwartet, mit denen man nicht unbedingt rechnen konnte. Der anlässlich der GRINDHOUSE-Filme häufig geäußerte Vorwurf des Zynismus und der Selbstbezogenheit ist jedenfalls durchaus nachvollziehbar und nicht ganz von der Hand zu weisen. Ob einen das stört, ist dann wieder eine andere Frage. Der dem Film vorangestellte und viel diskutierte Fake-Trailer zu MACHETE ist für wenig zimperliche Gesellen ebenfalls ganz ganz großes Kino, der mit seiner Melange aus mexikanischer Exploitation und Achtzigeraction fast eine neue Marktlücke füllt und den Geist alter Trailer perfekt einfängt. Einem MACHETE-Spin-off sehe ich allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen: Zwar würde ich den wirklich gern sehen, ob der ungefilterte Spirit, der Witz und die Wucht dieses Trailers aber auch in einen ganzen Film hinübergerettet werden kann, darf durchaus angezweifelt werden.
#1085
Geschrieben 06. Januar 2008, 17:32
A Touch of Brimstone
Diese Episode wird von vielen AVENGERS-Fans als die beste gehandelt, wohl nicht zuletzt deshalb, weil Diana Rigg einen Teil der Spielzeit in einem von ihr selbst entworfenen hautengen und ziemlich knappen Sadomaso-Outfit komplett mit Stachelhalsband verbringt - US-Amerikanern wurde die Folge dann auch aus Gründen der Pietät im Fernsehen vorenthalten. Es geht um eine Geheimloge, eine Neuauflage des umstürzlerischen Hellfire Clubs, die die britische Regierung stürzen will. Steed und Peel lassen sich einschleusen und verhindern Schlimmeres. Mit Details kann ich nicht dienen, dafür liegt die Sichtung schon zu lang zurück, einleitende Einschätzung muss ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt aber uneingeschränkt teilen.
What the Butler saw
Leitende Kräfte des britischen Militärs werden umgebracht. Es besteht der Verdacht, dass ein Verräter Verteidigungsgeheimnisse an den Feind verkauft. Steed kundschaftet einige Verdächtige aus und meldet sich in einer Butler-Schule an, aus der die bisherigen Opfer ihre Diener bezogen. Mit der Hilfe von Emma Peel enttarnt er den Verdächtigen ... Eine der witzigsten AVENGERS-Folgen wird fast allein von Steed getragen: Zunächst tarnt er sich mit einer Reihe verschiedener Bärte, dann muss er in der Butler-Schule idiotische Übungen ausführen und Verhaltensregeln lernen. Natürlich meistert der Urbrite diese Aufgaben mit großem Geschick und darf sein erlerntes Wissen bald auch in der Praxis anwenden. Weiterhin erwähnenswert ist die clevere Verführungstaktik von Miss Peel ...
The House that Jack built
Ein von Emma Peel einst gefeuerter Techniker rächt sich: Mittels einer gefälschten Erbschaft lockt er die nichtsahnende Agentin in ein Landhaus, das von ihm zur irrwitzigen Maschine umgebaut wurde, die den einzigen Zweck hat die arme Emma in den Wahnsinn und den Tod zu treiben. Natürlich hat der Wahnsinnige die Rechnung ohne den Wirt gemacht ... Gehörte die vorhergehende Folge fast ausschließlich Steed, hat der nun eine Nebenrolle. Der Zuschauer fiebert mit Emma, die verzweifelt versucht, einen Ausweg aus dem labyrhintischen Haus zu finden, das aussieht als sei es vom Innenarchitekten vom Kabinett des Dr. Caligari entworfen worden. Der arme Gefängnisflüchtling, der sich in das Haus verirrt hat und bereits sichtbar derangiert ist, lässt Emma Peel zunächst wenig Grund zur Hoffnung. Letzten Endes geht dann aber alles ganz einfach. Das ist dann auch der einzige Schwachpunkt dieser außergewöhnlich unheimlichen Episode, die über weite Strecken ohne Dialoge auskommt, fast ganz auf Atmosphäre und das surreale Interieur des Hauses setzt und zudem einen Blick in die Vergangenheit Emmas gestattet. Superb!
A Sense of History
Ein renommierter Professor wird ermordet. Am Tatort findet man eine Doktorarbeit, auf die es die Übeltäter wohl abgesehen hatten. Emma Peel immatrikuliert sich an der Uni, stößt auf eine zweilichtige Studentenclique, die einem Geschichtsprofessor übel mitspielen und auch sonst nichts Gutes im Schilde führen. Das Komplott löst sich während eines Maskenballs mit Thema "Robin Hood" auf, bei dem Emma Peel ein besonders enges Höschen trägt, das Voyeuren ebenso flüchtige wie wirkungsvolle Blicke auf ihren Allerwertesten ermöglicht. Nicht ganz so stark wie die letzen Episoden, aber dennoch äußerst unterhaltsam.
#1086
Geschrieben 06. Januar 2008, 23:24
How to succeed ... at Murder
Erfolgreiche Geschäftsleute werden umgebracht. Die Ermittlungen führen Steed und Peel zu einer Vereinigung von Sekretärinnen, die von einer Bauchrednerpuppe indoktriniert werden, die die "Ruination of all Men" proklamiert. Statt emanzipatorischer Wut steckt hinter dem ganzen Hokuspokus aber letztlich ein Mann, der den Tod seiner Ehefrau rächen will. Zu Beginn gibt es ein fast romantisch-verliebtes Händchenhalten der beiden Avengers, dann folgen die üblichen Untersuchungen an verschiedenen Fronten: Emma steigt in den Sekretärinnen-Club ein und muss dafür in einen hautengen Gymnastikanzug steigen, Steed engagiert seinerseits eine Schreibkraft. Humoristischer Höhepunkt ist Emmas Besuch bei einem Riechexperten namens J.J. Hooter, der seine Nase zur Schonung in einer Art Socke schützt und auf sein Riechorgan mit "my naked beast" referiert.
The Prince of Honey
Ein Attentat auf den Kronprinzen von Barabia soll verübt werden. Darin verwickelt sind ein Honighändler namens B. Bumble und ein Unternehmen, das sich die Umsetzung der Fantasien seiner Kunden zur Aufgabe gemacht hat: die Q.Q.F. Inc. - Quite Quite Fascinating Incorporated. Der Kniff: Die Attentäter - der Oberschurke lässt sich gut vierzig Minuten lang von exotischen Schönheiten in einem türkischen Bad verwöhnen - haben sich einen Mord- und Fluchtplan zurechtschneidern lassen, in einem gewaltigen Honigkrug gelangt der Killer in die Privatgemächer des Prinzen. Emma wird gegen ihren Willen von Steed an denselben verschenkt, aber nicht bevor sie einen beeindruckenden Schleiertanz vorgeführt hat.
From Venus with Love
Die erste Farbfolge der Serie: Die Mitglieder der "British Venusian Society" - Astronomen, die an ein Leben auf der Venus glauben - werden bei der Beobachtung des Nachbarplaneten von einem gleißenden Licht getötet, das ihre Leichen mit gebleichtem Haar zurücklässt. Die Ursache ist natürlich mitnichten außerirdischer Natur, sondern ganz banal: ein auf einen reflektierenden Sportwagen montierter Laserstrahl. Steed muss beim Augenarzt verschiedene Hutarten erkennen, Emma wird am Ende fast vom Laser punktiert. Man muss sich nach den nach den Schwarzweiß-Episoden erst etwas an den poppigeren Appeal der Serie gewöhnen, inhaltlich hat sich hingegen nix getan: Nach wie vor begeistern THE AVENGERS mit ihren wunderbaren Dialogen, cleverem Wortwitz, der dieses Attribut tatsächlich verdient, viel britischem Humor und den haarsträubenden Plots, die dann nach viel Tamtam in unbeholfenen Kirmesboxereien enden. Das ist einfach eine gute Mischung, die auch durch die einfach nicht mehr ganz so pointierte neue Creditsequenz keinen Schaden nimmt.
#1087
Geschrieben 07. Januar 2008, 14:41
Regie: Quentin Tarantino
Tarantinos Beitrag zum GRINDHOUSE-Event hat die Zuschauerschaft im vergangenen Jahr in zwei Lager gespalten, zwischen denen kein Dialog möglich ist: Die einen erkennen darin Tarantinos Liebe zum Kino im Allgemeinen und der Exploitation der Siebziger im Besonderen, erfreuen sich an den trotz aller vordergründiger Direktheit hochgradig stilisierten Dialogen und den vielen Zitaten und Referenzen; die anderen kritisieren gerade diese Elemente als Ausdruck einer hermetischen Selbstbezogenheit, diagnostizieren den Stillstand Tarantinos und erkennen DEATH PROOF als zynisches Sex-and-Crime-Spektakel ohne jeglichen Mehrwert. Tatsächlich muss einem DEATH PROOF ohne Kenntnis der ideellen Vorbilder und der zugrundeliegenden Filmkultur wie das Werk eines Irren vorkommen: (Unsympathische und völlig langweilige) Superbitches reden unter Zuhilfenahme zahlreicher "fucks" lang und breit über sich selbst und markieren die harte Frau, trinken Schnaps und werden schließlich von einem irre gewordenen Stuntman auf offener Straße plattgewalzt, bevor der dann seinerseits am Ende von den nächsten Superbitches umgebracht wird. Wer von einem Film erwartet, dass er einem etwas erzählt, der wird hier ziemlich radikal verprellt. DEATH PROOF ist mit 110 Minuten überlang und diese Zeit wird nur bedingt mit Inhalt gefüllt. Tarantinos Film hat etwas geradezu Autistisches, macht den Eindruck als habe sein Regisseur ein ganz auf die eigenen Ansprüche gemünztes Masturbationsvideo gedreht. Klar, das macht DEATH PROOF zu einer ziemlich einzigartigen und originellen Angelegenheit, aber auch zu einer sehr befremdenden: Man fühlt sich trotz aller nerdigen Verbüderungsgesten regelrecht ausgeschlossen aus Tarantinos Fantasie. Da sieht man einmal, wo konsequent zu Ende gedachtes Fankino wirklich hinführt. DEATH PROOF ist ein echter Durchhaltefilm geworden, der dem nach der Befriedigung niederster Triebe Suchenden (und damit angepeiltem Zuschauer) gerade mal einen feisten Autounfall, eine (zu lang geratene) Verfolgungsjagd am Ende und einen Lapdance (in voller Kleidung) spendiert. Klar, der Trashfreund hat in seinem Herzen auch Platz für so manchen verschrobenen Langweiler, aber ob das Tarantinos Anspruch war? Trotz aller harten Worte: Ich weiß einfach nicht, was ich von dem Film halten soll. Um etwas wirklich Gutes - also etwas jenseits solcher leeren Zuschreibungen wie "Originalität" oder "Einzigartigkeit" - über DEATH PROOF zu sagen, müsste ich ihn wohl nochmal sehen, allerdings hat mir die Erstsichtung nur wenig Anreiz dafür gegeben. DEATH PROOF ist letztlich auch nur Oberflächenkino, nur dass es statt mit Politur mit Schmirgelpapier bearbeitet wurde. Vielleicht sollte Tarantino stat über sein nächstes Projekt mal über eine Therapie oder eine ausgedehnte Entziehungskur (von was auch immer) nachdenken oder wenigstens über eine Luftveränderung, um endlich mal wieder von dem Fleck zu kommen, den er mit JACKIE BROWN doch eigentlich schon längst hinter sich gelassen zu haben schien. Wenn er seinem technischen Geschick, seinem enzyklopädischen Wissen und seiner Liebe zum Medium nicht etwas neue Nahrung verschafft, dann wird das einstige Wunderkind bald schon dem Vergessen (oder der Verbannung in nerdige Spezialvideotheken) überantwortet.
#1088
Geschrieben 09. Januar 2008, 12:06
The Fear Merchants
Mehrere Geschäftsleute werden an äußerst ungewöhnlichen Orten mit verlorenem Verstand aufgefunden. Hinter diesem Fall steckt ein Unternehmensberater, der die Konkurrenten eines Geschäftsmanns "eliminieren" soll. Und das tut er, indem er die Ängste seiner Opfer genau studiert und sie dann damit konsrontiert. Die Idee ist toll, zumal herrlich überkompliziert und unpraktikabel, leider ist die Episode aber eher laues Mittelmaß. Ein Problem habe ich außerdem mit der "Mrs. Peel, we're needed"-Sequenz, die seit den Farbepisoden fester Bestandteil der Serie und irgendwie überflüssig ist. Nach der verlängerten Creditsequenz fungiert diese Spielerei wie eine zusätzliche Bremse.
Escape in Time
Ein Unternehmer verspricht seinen Kunden - erfolgreichen Betrügern und Dieben - das perfekte Versteck: die Vergangenheit. Mittels einer Zeitmaschine katapultiert er sie in vergangene Zeiten, nur um sie dort zu meucheln und ihnen das schöne Geld wieder abzunehmen ... Die Zeitreisen - natürlich ist ales nur ein Trick - sind wunderbar inszeniert, sonst gibt es nicht allzu viel Anlass zum Schwärmen. Nach dem Wechsel zur Farbe hat die Serie ihre einstige Qualität leider noch nicht wieder erreichen können.
The See-Through Man
Die Akten eines erfolglosen, aber hartnäckigen Erfinders - unter anderem geht es um ein Unsichtbarkeitsmittel - werden gestohlen: von einem Unsichtbaren! Erwartungsgemäß entpuppt sich das alles als mechanischer Trick, um einem leichtgläubigen das Geld aus der Tasche zu ziehen und die Wirtschaft des britischen Imperiums zu schädigen. Wie auch die Vorgängerepisoden eher mittelmäßig. Es fehlen einfach die absurden Szenen und grotesken Einfälle. Im Moment werden lediglich alte Erfolgsrezepte augewärmt.
#1090
Geschrieben 10. Januar 2008, 13:23
Regie: The Strause Brothers
Ein Predator wird an Bord seines Raumschiffs von einem schlüpfenden Alien überrascht. Das folgende Gemetzel hat den Absturz des Raumschiffs in den Wäldern des US-amerikanischen Nordwestens zur Folge. Während die überlebenden Aliens beginnen die Bevölkerung der nah gelegenen Stadt zu dezimieren, macht sich ein weiterer Predator auf den Weg, seinen Artgenossen zu rächen und die Alienbrut auszulöschen. Auf der Erde kommt es zur Auseinandersetzung und zur Katastrophe ...
Paul W. S. Andersons erster Teil zog die Missgunst der Zuschauer auf sich, die ein auf PG-13 getrimmtes Monsterspektakel nicht akzeptieren wollten. Mir hingegen hat AVP großen Spaß gemacht: Die Erkenntnisse über die Predator-Kultur, das fantasievolle Setting und die beinahe episch angelegte Story waren für mich ausreichender Ersatz für fehlenden Aderlass. Dennoch scheinen die Produzenten sich die Kritik zu Herzen genommen zu haben. Der Trailer zu AVP2 machte keine Gefangenen, der Film kommt nun bei uns mit 18er-Freigabe ins Kino, aus dem SciFi-/Fantasy-Spektakel ist ein handfester Horrorfilm mit Stalk-and-Slash-Plotline geworden. Da liegt dann auch das Problem von AVP2: Er verbrät seine Titelfiguren – zwei der schönsten Monsterschöpfungen der Filmgeschichte – als bloße Butzemänner, die mit viel Getöse ins Bild preschen, nur um nach blutig getaner Arbeit wieder zu verschwinden und den langweiligen und uninteressanten menschlichen Protagonisten das Feld zu überlassen. Wer interessiert sich in einem Film über den Kampf zweier überlegener außerirdischer Spezies eigentlich für die belanglosen Beziehungskisten charakterloser Teenies? Viel zu viel Spielzeit geht für die Etablierung der „Identifikationsfiguren“ drauf, eine jederzeit erkennbare Pflichtübung, die ohne echte Überzeugung erledigt wird und deswegen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Aber das ist nicht der einzige Schwachpunkt des Films, der massiv unter der uninspirierten und chaotischen Inszenierung und seinem zerfahrenen Drehbuch zu leiden hat. Die für die Darstellung von Actionszenen so wichtige Organisation des Handlungsraums ist eine einzige Katastrophe, zu keiner Zeit hat man einen Überblick darüber, wie die einzelnen Settings zusammenhängen, wie groß der Handlungsort überhaupt ist und wie viele Aliens sich dort eigentlich herumtreiben. Auch innerhalb einzelner Szenen setzt sich dieser Eindruck fort: Eine hektische Kameraführung und ein ebensolcher Schnitt stehen dem Funktionieren arg im Weg, man erkennt einfach nix. Die Zuspitzung am Ende – der Abwurf einer Atombombe wird angeordnet – ist für den Zuschauer aufgrund genannter Mängel überhaupt nicht nachvollziehbar: Das Ausmaß der Katastrophe entzieht sich jeglicher Einschätzung. Nun könnte man entgegnen, dass das etwas arg kleinlich für einen Film wie AVP2 ist, der doch von vornherein als reines Wegwerfprodukt konzipiert ist. Ich sehe das genau andersherum: Wenn ein Film selbst an solchen niedrigen Ansprüchen so kläglich scheitert, ist das schon ein ziemliches Armutszeugnis. Gerade einmal habe ich herzhaft gelacht: Als die Pilotin des Hubschraubers auf der Flucht vor der Atombombenexplosion zu ihren Passagieren sagt: „Macht eure Augen zu!“ Vielleicht haben sich auch die Regisseure zu sehr an diesen Ratschlag gehalten. AVP2 sieht wirklich so aus als hätten die Strauses ihn mit verbundenen Augen inszeniert ...
#1092
Geschrieben 12. Januar 2008, 18:20
Die Brian-De-Palma-Werkschau
Carlito's Way (USA 1993)
Regie: Brian De Palma
Der ehemalige Drogendealer Carlito Brigante (Al Pacino) wird wegen eines Verfahrensfehlers bereits nach fünf seiner dreißig Jahre Haftstrafe freigelassen. Er beschließt sein Leben grundlegend zu ändern: Mit Drogen will er nichts mehr zu tun haben, sein Plan sieht vor, mit einem Club 35.000 Dollar zu verdienen und sich dann an einer Autovermietung auf den Bahamas zu beteiligen. Seine ehemalige Flamme, die Tänzerin Gail (Penelope Ann Miller), will ihn begleiten, alles scheint zu klappen. Doch zu sehr ist Carlito noch dem alten Milieu verhaftet: Als sein Anwalt, der kokainabhängige David Kleinfeld (Sean Penn), ihn um einen Gefallen bittet, bringt sich Carlito in Lebensgefahr ...
CARLITO'S WAY ist eine Art ideelles Sequel zu De Palmas SCARFACE: Tony Montana ist etwas älter und ruhiger geworden und hat begriffen, dass er es in Zukunft langsamer angehen lassen muss, wenn er nicht vorzeitig mit einer Kugel im Leib enden will. So wie Tony ganz genau weiß, wie er an die Spitze des Drogenhandels kommt und diesen Weg bis zur letzten Konsequenz geht, so hat auch Carlito einen Plan. Leider hat der Plan eine Schwachstelle: Carlito Brigante selbst. Denn der kann den code of the streets, nach dem er Jahrzehnte lang gehandelt und gelebt hat, nicht einfach so ablegen. Die Verhaftung in diesen Strukturen - die Verbindung zu seinem größenwahnsinnigen Anwalt, sein Status als Ex-Mafiosi und sein Ruf - lässt sich nicht durch eine Willensentscheidung auflösen: Sie steckt in Carlitos Blut. So ist es kein Wunder, dass sein großer Plan am Ende ebenso scheitert wie der seines Berufskollegen Tony Montana. Wer mit dem Schwert lebt, stirbt durch das Schwert. CARLITO'S WAY geht trotz seiner Spielzeit von 140 Minuten ein hohes Tempo. Es gibt keine episch ausgewalzte Geschichte von Aufstieg und Fall wie noch in SCARFACE, vielmehr ist der Zeitrahmen der Geschichte sehr übersichtlich. De Palma nähert sich so in seiner Narration dem Lebensstil seines Protagonisten an, der sich überhaupt nicht mehr in der Gegenwart zu befinden scheint, sondern immer schon mit einem Fuß in der Zukunft steht. Sein ganzes Handeln wird durch das Morgen bestimmt. In vielerlei Hinsicht erinnert CARLITO'S WAY in seiner Rastlosigkeit an jene Paranoiasequenz aus GOODFELLAS, ohne jedoch deren pessimistischen ANstrich zu übernehmen. CARLITO'S WAY ist so enthusiastisch, dass man als Zuschauer fast vergisst, dass man der Erzählung eines Todgeweihten beiwohnt (der ganze Film ist die Erzählung des sterbenden Carlito). Seine Achtlosigkeit für das Hier und Jetzt bricht ihm das Genick: Letzten Endes ist es eine Lappalie, die ihn das Leben kostet. Eine deutliche Parallele zu SCARFACE ist außerdem das Bild des Paradieses, das beide Protagonisten sich ausmalen: In SCARFACE und in CARLITO'S WAY ist es jeweils eine Plakatwand, die all die Wünsche und Träume ihres Protagonisten abzubilden scheint. "Escape to Paradise" steht auf Carlitos Plakat und dieser Spruch bewahrheitet sich für ihn ganz anders als er das gedacht hat.
Zur Zeit seines Erscheinens war CARLITO'S WAY eine Offenbarung für mich. Heute gefällt mir der Film zwar immer noch sehr gut - wie alles von De Palma sieht auch dieser erneut von Stephen H. Burum gefilmte und Bill Pankow geschnittene Film einfach atemberaubend aus, glänzt mit wunderbar durchkomponierten Bildern und Szenen -, in einigen Passagen scheint er aber eine Spur zu konventionell. Die Beziehung Carlitos zu seiner Gail ist zwar durchaus glaubwürdig, wird aber nie wirklich lebendig. CARLITO'S WAY dreht sich - wie könnte es bei diesem Titel auch anders sein - ganz um seine Hauptfigur, deren Voice-Over-Narration ihn als Film-Noir-Charakter und somit als Übriggebliebenen in einer fremden Welt ausweist; für andere Personen ist da nur wenig Platz. Obwohl es eigentlich keinen echten Grund gibt, an diesem schönen Film herumzumäkeln, in dem die Nebendarsteller Sean Penn (mit geilem Minipli), Viggo Mortensen, Luis Guzman und Bill Rebhorn allesamt brillieren, muss ich doch einräumen, dass er sich über die Jahre im Gegensatz zu anderen De Palmas einfach etwas abgenutzt hat. Schwamm drüber, ein schöner Film ist CARLITO'S WAY so oder so.
#1093
Geschrieben 13. Januar 2008, 20:57
Regie: Liam Lynch
Zweitsichtung. Diesmal konnte ich die bei Erstsichtung noch bemängelten Schwächen natürlich besser ignorieren: Der Film hängt im letzten Drittel etwas durch, wenn er seine Figuren der arg formelhaften Narration unterwirft. Richtig groß ist TENACIOUS D IN THE PICK OF DESTINY immer dann, wenn er seine Figuren und ihre Rockfantasien in den Mittelpunkt stellt. Dann, so möchte ich fast behaupten, gelingt es den Hauptdarstellern Jack Black und Kyle Gass (die, wer es noch nicht weiß, eben das Rockduo Tenacious D bilden, dem bereits eine ganze Fernseh-Miniserie gewidmet wurde, die ich sehr gern mal zu Gesicht bekommen würde) in Verbund mit Regisseur Lynch perfekt, den Geist des Rock einzufangen. Wie die beiden Versager ihr überschaubares Schaffen zu einer langen Liste von "Masterpieces" verklären, die Rockhistorie mit Mythologie a la THE DA VINCI CODE versetzt und das Leben der beiden zur THC-geschwängerten White-Trash-Version des Shaolin-Daseins stilisiert wird, trifft den Nagel ebenso auf den Kopf wie die wunderbaren Kompositionen von Tenacious D, die mit urkomischen und herrlich größenwahnsinnigen Lyrics geadelt werden. Man muss diese Rock- und Metalklischees kennen und lieben, um mit dem Film richtig warm zu werden, und man sollte natürlich auch das Talent besitzen, Jack Black so zum Schreien witzig zu finden, wie ich das tue, dann kann an die ein oder andere Länge gut verkraften und sich auf die Perlen konzentrieren, derer es nicht wenige gibt. Ben Stiller, Meat Loaf, Ronnie James Dio und Tim Robbins haben tolle Gastauftritte und Dave Grohl ist am Schluss als Satan himself zu sehen. Am beste lässt sich der Film aber mit den Worten des Songs "Master Exploder" beschreiben: "I did not mean to blow your mind/ but that shit happens all the time."
#1094
Geschrieben 14. Januar 2008, 14:02
Regie: Michael Bay
Michael Bay, die Geißel Hollywoods. Mit seinen ordentlich gewichsten Filmen gilt er vielen als Apotheose all dessen, was man an der amerikanischen Kulturindustrie für verachtenswert hält Seine Filme sind zynisch, brutal, reaktionär, aber gleichzeitig so perfekt auf den Geschmack der Massen getrimmt, das es einem Angst und Bange werden kann dabei. Er hat einen Style (das Wort "Stil" vermeide ich ganz bewusst) geprägt, der ganz auf Überrumpelung setzt und seine Zuschauer mit einer wahren Flut von Bildern und Informationen an die Wand drückt und betäubt. Reichlich Ansätze für eine humanistisch fundierte Kulturkritik: Für TRANSFORMERS, den Film zur martialischen Spielzeugreihe, hat es dann auch weltweit die zu erwartenden vernichtenden Kritiken gehagelt, die allesamt ihre Berechtigung haben, tatsächlich aber gerade in diesem speziellen Fall irgendwie spaßverderberisch und humorlos erscheinen. Mit TRANSFORMERS ist Bay nämlich endlich ganz bei sich angekommen, hat er genau den Stoff verfilmt, der die ideale Projektionsfläche für seinen Technik- und Waffenfetisch darstellt. Seine Filme, diese aufgeblasenen, größenwahnsinnigen und glitzernden Monstrositäten, funktionieren nämlich genau wie die in immer neue Formen morphenden Riesenroboter, die er in TRANSFORMERS lüstern von allen Seiten und Perspektiven mit der Kamera erkundet: Von einem unmenschlichen, streng nach logischen und mechanischen Grundsätzen denkenden Superhirn erschaffen, auf die Erde geworfen und alles mit größtmöglicher Effizienz und Feuergewalt überwältigend. Über zwei Stunden zieht sich diese infantile Fantasie als enorme Materialschlacht, die die Unverfrorenheit besitzt, Bilder unvorstellbarer Verwüstung mit einer Boy-meets-Car-meets-Girl-Story zu kombinieren, den Krieg als Schule für Halbwüchsige, die Elite des Landes als hippe, markenbewusste und gutaussehende Teenies, Intellektuelle als Stubenhocker mit Brille und Penisneid darzustellen. Der totale Klumpatsch, aber merkwürdigerweise funktioniert das alles. Das Kind im Mann jedenfalls findet reichlich Futter in TRANSFORMERS und lässt sich gern von Bay durch den Wolf drehen und besoffen machen. Natürlich ist TRANSFORMERS mit seinem ekelhaften Kalkül, seinen unzähligen Product Placements, der ungebrochenen Zelebrierung von Macht und Besitz und seinem schmierigen Voyeurismus kein Film, dem man eine Kathedrale errichten will, aber wäre das denn wünschenswert oder überhaupt möglich gewesen? Gern darf man darüber diskutieren, ob man Hunderte von Millionen für etwas wie TRANSFORMERS ausgeben sollte und ob es nicht ein ziemliches Armutszeugnis für die Menschheit darstellt, dass sich ein solcher Film offensichtlich rechnet. Nur den Film selbst, der nun einmal da ist (das zumindest kann man nicht wegdiskutieren), tangiert das nicht: Als das, was TRANSFORMERS ist, ist er großartig, ja, eigentlich gar nicht anders denkbar. Die lange Liste von geleckten und mit dem Appeal von Videoclips ausgestatten Spielfilmen der letzten zehn Jahre feiert mit TRANSFORMERS ihren Höhepunkt. Ein völlig leeres (und deswegen hochgradig offenes) Kunstwerk, das in den letzten dreißig Minuten die Grezen zum Dadaismus weit hinter sich lässt. Völlig bescheuert, aber wunderschön.
#1095
Geschrieben 14. Januar 2008, 14:32
Regie: Jon Turteltaub
Ben Franklin Gates (Nicolas Cage) ist ein Erbe der Templer und Freimaurer: Gebannt lauschte er den Erzählungen seines Großvaters (Christopher Plummer), in denen es um das Vermächtnis des Ritterordens ging, einem Schatz von unschätzbarem Wert. Jahrzehnte später wird der Historiker Gates aufgrund seiner Überzeugungen zwar wenig Ernst genommen, seine Beharrlichkeit hat sich aber ausgezahlt, denn er ist der Bergung des Schatzes ein bedeutendes Stück näher: Die Schatzkarte soll mit Geheimtinte auf die Rückseite der Unabhängigkeitserklärung gepinnt sein. Aber wie bringt man das wahrscheinlich wertvollste und bedeutendste Schriftsück der USA in seinen Besitz?
Wie findet man die nationale Identität in der Postmoderne? Das ist die Frage, um deren Beantwortung es in NATIONAL TREASURE geht. Auf den Spuren, die seine Vorfahren, die amerikanischen Gründungsväter, hinterlassen haben, wandert Gates durch die USA, statt einem Schatz findet er aber immer nur neue Beweise. Überall Zeichen, aber keine Bedeutungen. Die Antwort, die Turteltaub auf seine Frage findet, ist leider wenig originell: Der unbedingte Glaube und immenses Durchhaltevermögen sind nötig, um den Schatz am Ende zu bergen. Von NATIONAL TREASURE, einer Disney-Produktion mit everybody's favorite Schunkelbirne Cage, hatte ich einen Effektoverkill im Stile von RAIDERS OF THE LOST ARK erwartet und außerdem einen richtig dämlichen Crowd Pleaser. Stattdessen bewegt sich Turteltaubs Film auf dem Terrain alter Caper Movies und verbindet diesen Ansatz mit der beliebten Spekulation über Verschwörungstheorien und Geheimbünde, die im verborgenen die Geschicke lenken. Diese Rechnung geht auf, auch wenn NATIONAL TREASURE niemanden vor Begeisterung um den Schlaf bringen wird. Ordentliche Unterhaltung, die sich erstaunlich ernst nimmt und in ihrem Verzicht auf allzu Vordergründiges schon fast unterproduziert wirkt. Bin mal auf das Sequel gespannt.
#1097
Geschrieben 15. Januar 2008, 20:58
Die Brian-De-Palma-Werkschau
Mission: Impossible (USA 1996)
Regie: Brian De Palma
Die Leute von der MIF erhalten den Auftrag, den Diebstahl einer Liste zu verhindern, die die Namen amerikanischer Agenten enthält. Doch etwas geht schief, alle Mitglieder des Teams werden im Einsatz getötet, nur Ethan Hunt (Tom Cruise) kommt davon. Vom CIA-Mann Kittridge erfährt er wenig später, dass der Einsatz mitnichten dem Schutz einer Liste, sondern tatsächlich der Enttarnung eines Verräters galt: Und Hunt ist nun als einziger Überlebender logischerweise der Hauptverdächtige. Seine einzige Chance, seine Unschuld zu beweisen, besteht darin in die Offensive zu gehen. Er kontaktiert den geheimnisvollen Mittelsmann Max (Vanessa Redgrave) und verspricht, die echte Namensliste im Austausch gegen den Verräter zu beschaffen. Doch dafür muss er sie erst aus dem Hauptquartier des CIA stehlen ...
Mit der Auftragsarbeit MISSION: IMPOSSIBLE feierte Brian De Palma den größten Hit seiner Karriere. Und auch wenn man weiß, dass dies hier alles andere als ein persönlicher Film ist, so ist es ihm dennoch gelungen, ihm seinen Stempel aufzudrücken und zwar nicht nur formal, sondern auch inhaltlich. Die gesamte erste Stunde beinhaltet mit ihren zahlreichen Täuschungsmanövern (der Zuschauer befindet sich im trügerischen Milieu des Hochverrats), Überwachungskameras, (De)Maskierungen und verschlüsselten Nachrichten gleich mehrere klassische De-Palma-Elemente, erst gegen Ende tritt De Palma als Autor in den Hintergrund und überlässt den Effekten und dem Willen des Geldes das Feld. Für einen solchen Eventfilm wirkt MISSION: IMPOSSIBLE trotzdem - und auch das erkennt man als Handschrift des Regisseurs - deutlich kleiner als man das erwarten könnte. Alles ist unglaublich verdichtet, Leerlauf oder Füllszenen sucht man vergebens, die Figuren bleiben abstrakte Chiffren in einem Spiel der Zeichen, haben nur wenig Heldenhaftes. Mit einigem Abstand betrachtet, erkennt man MISSION: IMPOSSIBLE heute als wirklich ungewöhnlichen Sommer-Blockbuster: Stilistisch betrachtet muss er als einer der schönstenund künstlerischsten seiner Art erkannt werden. Ang Lees HULK, ein Film, dem Vergleichbares gelang, war vielleicht noch eine Spur radikaler. MISSION: IMPOSSIBLE wird durch sein etwas überkandideltes und dem sonst doch sehr straighten und beengten Film konträr gegenüberstehendes Finale etwas auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Im Vergleich zu der Interpretation des Stoffes, die John Woo dann mit dem Sequel vorlegte, mutet MISSION: IMPOSSIBLE dennoch wie ein realistischer Agententhriller und fast europäisch an. Das liegt einzig und allein an De Palmas Regie, der im Verbund mit seinem Stammkameramann Stephen H. Burum brilliante Bilder der Unsicherheit findet und sein ganzes Gespür für den Aufbau von Suspenseszenen in die Wagschale werfen kann. Die berühmte und oft kopierte und persiflierte Einbruchssequenz sollte als Beweis dafür genügen, es finden sich zahllose weitere. Als De-Palma-Film mit Vorbehalt zu betrachten, aber durchaus nicht die anonyme Pflichtübung, als die MISSION: IMPOSSIBLE betrachtet wird (THE UNTOUCHABLES scheint mir da wesentlich "fremder"). Wenn ich es mir genau überlege, finde ich MISSION: IMPOSSIBLE sogar wesentlich interessanter als etwa seinen Vorgänger CARLITO'S WAY. Eine schöne und nicht unbedingt erwartete Wiederentdeckung.
#1098
Geschrieben 16. Januar 2008, 16:42
Regie: Antoine Fuqua
Bob Lee Swagger (Marc Wahlberg) ist ein Sniper im Dienste des US-Militärs. Nachdem er bei einem Einsatz in Afrika seinen besten Freund verliert und von seinen Vorgesetzten im Stich gelassen wird, quittiert er den Dienst. Bald steht jedoch das CIA vor seiner Tür: Colonel Johnson (Danny Glover) möchte den Scharfschützen zu einem Einsatz überreden. Da ein Attentat auf den Präsidenten bevorsteht, engagiert man Swagger seine Expertise einzusetzen, um den möglichen Tatort zu ermitteln. Natürlich ist das alles ein abgekartetes Spiel, in dem Swagger die Rolle des Sündenbocks und vermeintlichen Präsidenten,örders einnehmen soll. Der Profi kann jedoch entkommen und den Spieß umdrehen ...
Trotz seines filmischen Potenzials ist der Scharfschütze bisher eine Marginalie im Actionfilm geblieben. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil es nicht unserem Bild vom "ehrenhaften" Kampf entspricht, Menschen aus sicherer Distanz und mit überlegener Technik zu beseitigen. Im Scharfschützen-Western THE HUNTING PARTY wird das dann auch entsprechend thematisiert: Der Sniper ist ein misanthropischer, impotenter Machtmensch, sein Scharfschützentum mitnichten Ausdruck eines Talents, sondern vor allem der Feigheit, die es ihm verbietet, in direkten Kontakt mit dem Feind zu treten. In jüngerer Vergangenheit und Filmen wie etwa SNIPER oder SAVING PRIVATE RYAN wird dieses Bild zwar einer Revision unterzogen - der Sniper ist die Personifizierung eines göttlichen Willens, der jederzeit und überall zuschlagen kann -, dennoch fliegen ihm nicht die Herzen der Zuschauer zu. Der Sniper ist ein Technokrat und damit der ideale Vertreter einer unmenschlichen Kriegsmaschine, die ihre Werkzeuge jeglicher menschlicher Regung beraubt und sie selbst zu Maschinen umformt, die nur nach ihrer Funktionalität beurteilt werden. Der Sniper lässt sich dann auch auf zwei Körperteile reduzieren: Auge und Finger. Fuquas Film erfindet diese Figur nicht neu, macht sie aber für einen an die Agententhriller der Siebzigerjahre erinnernden Actioner nutzbar, dessen Triebfeder wie so oft die Skepsis vor den Machenschaften der eigenen Regierung und ihrer Organe (hier: des Geheimdienstes) ist. Swagger ist der ideale Protagonist für einen solchen Film, weil sich die Verbrechen seiner Regierung in ihm spiegeln: Er ist nicht nur Vollstreckungsgehilfe, sondern gleichzeitig auch ein Opfer. Fuqua ist nach etlichen Gurken endlich einmal ein Film gelungen, der diese Bezeichnung rechtfertigt. Das Handwerk seiner Hauptfigur fängt in tollen Bildern ein, gleichzeitig feiert er es aber nicht stumpf ab, im Gegenteil: SHOOTER ist von einer äußerst tristen und desillusionierten Grimmigkeit geprägt. Wenn Swagger die Verräter am Ende eines langen Rachefeldzugs ihrer Strafe zuführt, so ist das weniger die Tat eines Helden, sondern die eines Mannes, der den letzten Funken Menschlichkeit schon längst abgestreift hat. Für Swagger, diesen merchant of death gibt es keinen Platz mehr auf dieser Welt. Seine Spuren hat er mit seinen Feinden zusammen verwischt.
#1099
Geschrieben 18. Januar 2008, 17:05
Regie: Richard Donner
Der Planet Krypton steht kurz vor seiner Zerstörung: Jor-El (Marlon Brando) bringt seinen neugeborenen Sohn Kal-El mit einem Raumschiff in Sicherheit. Als Komet schlägt der Außerirdische direkt vor dem Ehepaar Kent ein, das sich sehnlich ein Kind wünscht und den Kleinen daher unter dem Namen Clark aufzieht. Bald merken sie, dass ihr Sprössling über ganz besondere Fähigkeiten verfügt. Als Erwachsener landet Clark schließlich bei der Zeitung "Daily Planet" in Metropolis, wo er sich in Lois Lane (Margot Kidder) verliebt. Doch die hat nur Augen für sein alter ego: Als Superman macht er sich als fliegender Polizist einen Namen, nur Superverbrecher Lex Luthor (Gene Hackman) ist darüber gar nicht erfreut ...
Vieles an SUPERMAN: THE MOVIE bietet Anlass zur Kritik: Die damals Maßstäbe setzenden Effekte sind heute naturgemäß nicht mehr ganz so überzeugend, darüber hinaus mutet Donners Film trotz seiner 130 Minuten Spielzeit fragmentarisch und zerfahren an. Besonders die zweite Hälfte, in der es um den Konflikt zwischen Superman und Luthor geht, kommt zu kurz, aber dieses Problem kennt man ja auch aus anderen Comicverfilmungen: Wenn erst eine ganze Genese nacherzählt werden muss, bleibt für einen Plot nicht mehr viel Raum. Trotz dieser nicht ganz kleinen Schönheitsfehler ist SUPERMAN: THE MOVIE ein wunderschöner Film, heute vielleicht sogar noch mehr als damals. Donner gelingt es mithilfe der wunderbaren Cinematografie von Geoffrey Unsworth den Mythos "Superman" zu illuminieren und gleichzeitig als "Menschen" greifbar zu machen. Diese Leistung sollte man nicht unterschätzen, ist "der Stählerne" doch aufgrund seiner Übermacht und seiner Symbolfunktion ein alles andere als leicht greifbarer Charakter. Ohne großer Kenner der Comics zu sein: Donner punktet, indem er den Mythos am Ursprung greift. Sein Film atmet den Geist der Fünfzigerjahre, verknüpft die Geschichte des Helden auf geniale Art und Weise mit dem Pioniergeist des Westerns (die Bilder der endlosen Weizenfelder im mittleren Westen) und legt seinem Helden Sätze in den Mund wie "I'm here to fight for truth, and justice, and the American way!", die keineswegs peinlich wirken, sondern im Gegenteil den Geist der Vorlage perfekt einfangen. Der Ursprung des Stoffes in der Welt der bunten zweidimensionalen Bilder, den aktuelle Comicverfilmungen mit aufwändiger Computertechnologie rekonstruieren, offenbart sich in Donners Film in den Bauten John Barrys: Sowohl Krypton als auch Supermans "Fortress of Solitude" erscheinen in ihrer strengen kubistischen Form wie zersplitterte und neu zusammen gesetzte Comic-Panels. In den entsprechenden Szenen entfernt sich Donner dann auch von seinem klassischen Ansatz und überführt den Mythos bildlich in die Gegenwart. Das alles wäre aber nur halb so viel wert, hätte man mit Christopher Reeve und Margot Kidder nicht zwei kongeniale Schauspieler zur Verfügung gehabt. Vor allem ersterer, für den das Franchise Segen und Fluch zugleich gewesen sein dürfte, überzeugt auf ganzer Linie und verleiht Superman die zuverlässige Sachlichkeit und Hilfsbereitschaft eines freundlichen Streifenpolizisten, während er seinen Clark Kent als trottelig-schüchternen Cary-Grant-Charakter interpretiert. Dieses Bild von einem Mann im Zusatzmaterial bewegungsunfähig und ausgemergelt im Rollstuhl sitzend zu erleben, bricht einem nach diesem Film fast das Herz. Nicht nur wegen Reeves hat SUPERMAN: THE MOVIE seinen Platz in der Filmgeschichte sicher; den hätte er sich aber auch so redlich verdient. Vielleicht nicht die beste, sehr wahrscheinlich aber die schönste Comicverfilmung. Sage ich jetzt mal so.
#1100
Geschrieben 19. Januar 2008, 15:37
Regie: Richard Donner
Ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt der finalen Rettungsaktionen von Teil 1 ist die Befreiung der von Jor-El (Marlon Brando) in die Verbotene Zone verbannten Delinquenten General Zod (Terence Stamp), Non (Jack O'Halloran) und Ursa (Sarh Douglas), die sich prompt auf den Weg zur Erde begeben und dort mit ihren Superkräften für reichlich Unordnung sorgen. Zu allem Überfluss nimmt auch der aus dem Knast geflohene Lex Luthor (Gene Hackman) Kontakt mit ihnen auf, um sich seinen ärgsten Feind Superman (Christopher Reeve) vom Hals zu schaffen. Und der ist derweil von Lois Lane (Margot Kidder) enttarnt worden ...
Zur Editionsphilologie dieser neuen Schnittfassung empfehle ich Funxtons Text, der sich damit sehr viel besser auskennt. Auch Vergleiche mit der ursprünglichen Fassung muss ich mir verkneifen, weil die Sichtung schon zu lang zurückliegt. Ich habe Donners Fassung gestern sehr unvoreingenommen gesehen und statt des befürchteten unfertig wirkenden Stückwerks einen vollwertigen Film bekommen, der dem erfolgreichen Vorgänger in nichts nachsteht. Donner gelingt der Brückenschlag zwischen dem naiven Charme der alten Comics und (damals) moderner Tricktechnologie perfekt, SUPERMAN II ist voller Leben, Humor und Liebe und bis unter die Hutkrempe mit Handlung vollgestopft, Dass der Film bei dieser Fülle nicht zerplatzt, ist wohl die größte Leistung Donners, der SUPERMAN II mit ausschweifender Pinselführung zum großen Epos macht. Wie zuvor kann er sich dabei wieder auf ein grandos aufspielendes Ensemble verlassen. Reeve und Kidder geben ein echtes Traumpaar ab, das sich wie in alten Screwball-Tagen umgarnt, Hackman interpretiert seinen Luthor als rückgratloses Lügenmaul und hat einige der besten Dialogzeilen des Films, Stamp gibt seinen General Zod als emotionsloses und auf der Erde deplatziertes Alienwesen mit der kognitiven Flexibilität eines Terrorherrschers und der emotionale Bandbreite einer Kellerassel. Schon diesen Profis bei der Arbeit zuzusehen macht einen nicht geringen Teil des Spaßes aus, die Acton- und Effektsequenzen tragen noch ihren Teil dazu bei. Besonders gut haben mir die Szenen auf dem Mond und die Straßenschlacht zwischen Superman und den drei Schurken gefallen, die tatsächlich wie lebendig gewordene Comicstrips wirken. Die heute etwas fadenscheinig wirkenden Effekte passen ebenfalls ausgezeichnet zum Camp-Flair des Films, der glücklicherweise nie zur seelenlosen Materialschlacht verkommt. Toll!
#1101
Geschrieben 19. Januar 2008, 16:25
Die Brian-De-Palma-Werkschau
Snake Eyes (USA 1998)
Regie: Brian De Palma
Der Hotshot-Cop Rick Santoro (Nicolas Cage) wohnt bei einem Boxkampf einem Attentat auf ein Mitglied des Verteidigungsministeriums bei. Der Killer, ein arabischer Terrorist, kann von Rickys Jugendfreund, dem hochdekorierten Commander Kevin Dunne (Gary Sinise) zwar gestellt werden, doch muss der für die Sicherheitsvorkehrungen verantwortliche Soldat mit Konsequenzen rechnen. Santoro verspricht ihm zu helfen, sieht sich bald jedoch schon einer Verschwörung von gewaltigem Ausmaß gegenüber, in die auch Dunne verwickelt ist ...
Nach dem Erfolg von MISSION: IMPOSSIBLE arbeitete De Palma erneut mit Autor David Koepp zusammen. Heraus kam ein stilistisch atemberaubender, intelligenter Thriller um Täuschung, Lüge und Verrat, der bei Publikum und Kritik jedoch - wer hätte es geahnt? - gleichermaßen sang- und klanglos durchfiel. Dass manche Menschen einen guten Film nicht erkennen, wenn er ihnen von innen auf die Augenlider projeziert wird, ist ja nichts Neues, dass die Hollywood-Studios solchen Ahnungslosen aber auch noch die Autorität geben, über die finale Schnittfassung zu urteilen, schlägt dem Fass den Boden aus. Das ursprüngliche Finale von SNAKE EYES fiel bei Testscreenings durch, das eilig nachgekurbelte Alternativende mutet nicht nur reichlich antiklimaktisch an, es kollidiert auch mit dem wunderschönen Epilog, in dem noch auf das originale Ende angespielt wird. Es spricht Bände, dass SNAKE EYES trotz dieses Mankos ein meisterlicher Thriller ist, der seinesgleichen vergeblich sucht: De Palma bietet wieder einmal alle von ihm präferierten Techniken auf, um seine Geschichte zu erzählen, und verlangt seinen Zuschauern ein erhebliches Maß Konzentration ab. Im Gegensatz zu anderen Regisseuren, die zwar ebenso kreativ im Umgang mit der Technik sind, dabei aber den Film als Ganzes aus den Augen verlieren, weiß De Palma ganz genau, wann welches Mittel angebracht ist und wie es die Geschichte befördert. SNAKE EYES ist eine einzige Augenweide und umso beeindruckender, wenn man sich überlegt, welcher logistische und planerische Aufwand nötig war, um diese Geschichte zu erzählen: De Palma arbeitet mit ellenlangen, ohne sichtbare Schnitte konzipierten Sequenzen - SNAKE EYES beginnt mit einer zwölf Minuten langen Plansequenz, die das komplette Setting und alle Figuren einführt, und für sich genommen schon eine ausführliche Analyse rechtfertigen würde -, mit zahlreichen Perspektivwechseln und Rückblenden, beleuchtet das zentrale Attentat so von allen Seiten und spannt ein Netz aus Hinweisen und Spuren, das sich immer dichter zuzieht und einen beinahe labyrinthischen Charakter annimmt. Über De Palmas Spannungsdramaturgie muss ja eh nicht mehr viel gesagt werden: Der nach den Richtlinien aristotelischer Dramaturgie - Einheit von Ort, Zeit und Handlung - aufgebaute SNAKE EYES entwickelt einen Sog, der einen schier schwindeln lässt. Als Schauspielregisseur wird er aber immer noch unterschätzt, dabei fungiert gerade SNAKE EYES als gewichtiges Gegenargument: Cage ist die Idealbesetzung für den aufgekratzten Santoro und gibt eine seiner besten Darstellungen überhaupt ab, Sinise in seiner unterkühlten Art ist nicht minder großartig und genau die richtige Wahl für den Part des aufrechten Dunne.
Auf einen Aspekt von Santoros Charakterisierung, der mir gestern aufgefallen ist, möchte ich kurz noch eingehen: seine Kleidung. Zu Beginn läuft er in einem flashigen Hemd herum, das nicht ganz zu einem Polizisten passen möchte. Doch die Farbdramaturgie zeigt ihn gerade in der ersten Hälfte als perfekt integriert: Mit seinem karamelfarbenen Outfit passt er perfekt zu den Braun-, Gelb- und Goldtönen, in denen die Settings gehalten sind. Nach dem Attentat bittet er um ein weißes Hemd und eine Krawatte, um als Polizist angemessen gekleidet zu sein und weniger aufzufallen: Doch gerade damit beginnt seine Isolation und sein Zusammenbruch. Später, in den graublauen Kommandozentralen und Treppenhäusern der Boxarena mutiert er zum Fremdkörper, während nun sein militärisch-steifer Freund Dunne in seiner dunklen Navy-Uniform ganz in seinem Element ist. Genug schwadroniert: SNAKE EYES ist ein so reicher Film, dass eine Sichtung unmöglich ausreicht, alle Fassetten zu erfassen. In dem schon angesprochenen Epilog wird der Film zudem mit einer menschlichen Wärme ausgestattet, die einmal mehr verdeutlicht, wie blind die De-Palma-Rezeption tatsächlich immer noch ist. Für mich einer der Höhepunkte in De Palmas Schaffen und ein verkannter Geniestreich der Neunzigerjahre. Vielleicht setzt sich diese Erkenntnis ja irgendwann noch einmal durch: Das würde die Chancen, De Palmas ursprüngliche Version zu Gesicht zu bekommen, erheblich vergrößern.
#1102
Geschrieben 19. Januar 2008, 16:51
Regie: Richard Lester
Der arbeitslose Taugenichts Gus Gorman (Richard Pryor) entpuppt sich als Computergenie und nutzt das neue Talent direkt aus, um seinen Arbeitgeber Ross Webster (Robert Vaughn) zu bestehlen. Dem entgeht der Schwindel nicht und so nimmt er sich des kleinen Mannes an, um zunächst sein eigenes Konto aufzubessern und dann schließlich Superman zu besiegen, der ihm immer wieder in die Quere kommt. Auf Gormans Wunsch baut Webster einen Supercomputer, dem auch der Stählerne nicht gewachsen scheint ...
Richard Lesters erster alleinverantwortlich entstandener Superman-Film setzt noch mehr als seine beiden Vorgänger auf Humor. Die wunderbare Eingangssequenz, in der der Zuschauer Zeuge davon wird, was im Trubel der Straßen von Metropolis so alles schiefgeht, ist ein gutes Beispiel für diese Tatsache. Ein weiteres ist die Verpflichtung von Komiker Pryor, der die Abkehr vom epischen Zugang Donners hin zu einem episodischeren, leichteren SUPERMAN am deutlichsten illustriert. Bei Superman-Fans ist Lesters dritter Teil alles andere als gut gelitten: Obwohl mir als neutralem Beobachter auch dieser etwas weniger gewichtige Film sehr viel Freude gemacht hat, sind die Einwände nicht ganz von der Hand zu weisen. Pryor und Vaughn - so gut beide auch sind -, sind kein adäquater Ersatz für einen Schurken vom Schlage eines Lex Luthor und die wohl intendierte goofiness des Ganzen lässt SUPERMAN III manchmal arg zur Aneinanderreihung von mehr oder weniger gut funktionierenden Gags verkommen. Das größte Manko ist aber eindeutig das Fehlen von Margot Kidder, die nicht mehr als einen Gastauftritt abbekommen hat und Clarks Jugendliebe Lana Lang (Annette O'Toole) das Feld überlässt. Zwar gewinnt Lesters Film gerade in den Szenen in Smallville, in denen die Fünfziger wohl nie zu Ende gegangen sind, einiges an Charme, einen ausreichenden Ersatz für die Dynamik zwischen Lois und Clark stellen aber auch sie nicht dar. SUPERMAN III wäre ein idealer Übergangsfilm gewesen, quasi die Vorarbeit für ein wieder etwas epischeres Abenteuer. Leider ist es zu einem solchen nicht mehr gekommen. Nach SUPERMAN III folgte die Zäsur, die Wiederaufnahme der Reihe durch die Cannon war wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt.
#1103
Geschrieben 20. Januar 2008, 12:13
Die Brian-De-Palma-Werkschau
Mission to Mars (USA 2000)
Regie: Brian De Palma
Bei der ersten bemannten Mars-Expedition kommt es zur Katastrophe: Ein gewaltiger, anscheinend organischer Sandsturm tötet drei Mitglieder der vierköpfigen Mannschaft und lässt den Astronauten Luke (Don Cheadle) allein und ohne Kontakt zur Raumstation zurück. In dieser sind seine besten Freunde stationiert: Woody (Tim Robbins), dessen Frau Terri (Connie Nielsen) und Jim (Gary Sinise). Letzterer sollte jetzt eigentlich an Lukes Stelle sein, doch der überraschende Tod seiner Ehefrau warf ihn weit zurück und zerstörte so seinen Lebenstraum, den Mars zu betreten. Die Rettungsmission, die die drei zusammen mit Phil (Jerry O'Connell) antreten, führt ihn nun doch auf den Mars - und außerdem zu seiner toten Frau ...
Viel Hass und Häme sind über MISSION TO MARS - dem dritten Film der großen 2000er-Hollywood-Mars-Offensive neben Carpenters GHOSTS OF MARS und RED PLANET - ausgeschüttet worden. Dem Mainstreampublikum war er wohl zu langsam und entrückt, die Arthaus-Freunde kamen über das kitschige Ende und den CGI-Alien nicht hinweg. Wer die konzeptionelle Zerrissenheit des Films und den ein oder anderen stilistischen Fehlgriff akzeptieren kann, wird jedenfalls mit einem sehr ungewöhnlichen Science-Fiction-Film entlohnt, der trotz seines Ausflugs in die Tiefen des Alls sehr nah beim Menschen bleibt. MISSION TO MARS ist nur am Rande ein Film über eine Marsexpedition: Eigentlich geht es um eine Reise zum Ursprung des Lebens und um das Sterben. Jims verstorbene Ehefrau Maggie sagte über ihre Vorstellung von einem erfüllten Leben, es beinhalte, "neue Welten zu betreten und von dort auf die zurückgelassene zurückzublicken". Diese Lebensphilosophie lässt sich nur unschwer als Paraphrase für die Todeserfahrung lesen. Wenn Jim am Ende nicht mit zur Erde zurückkehrt, sondern die Einladung des Außerirdischen - eines Vorfahren der Menschheit -, mit ihm zu kommen, annimmt, inszeniert De Palma diese Reise ganz filmklassisch als Todeserfahrung: Gleißendes Licht fällt auf Jim, vor dessen geitigem Auge noch einmal die Bilder seines Lebens ablaufen. Er ist nun bereit, seine Frau wiederzutreffen. Die Marsmission erfüllt dann auch keinen anderen Zweck als Jim und Maggie wieder zusammenzuführen. De Palma nimmt mit MISSION TO MARS Darren Aronofskys THE FOUNTAIN in vielen Elementen voraus, bedient sich sogar einer ähnlichen Ästhetik: MISSION TO MARS ist langsam, sehr langsam, elegisch und entrückt. Eines der spannendsten Stilmittel von De Palmas Inszenierung ist die Entkopplung von Stimmen und Körpern: Da die Astronauten über weite Strecken über Funk miteinander kommunizieren, werden ihre Stimmen körperlos, was die Todesmetaphorik noch unterstreicht.
Wie ich schon andeutete, ist MISSION TO MARS leider nicht flawless. Das kitschige CGI-Alien ist schwer zu schlucken, wie die ganze Schlusssequenz allzu deutlich als Tearjerker für Unbedarfte konzipiert ist. Trotzdem: Ich halte es für kleinlich und beinahe herzlos einem so reichen und originellen Film die Verfehlungen hirnloser Studiobosse anzulasten. Allein die famose, in ihrer Ruhe und Unaufgeregtheit bestechende Opferszene Woodys ist für mich der Stoff, aus dem Klassiker gestrickt sind. Vielleicht bin ich zu sehr Postmodernist: Ich ziehe einen zerrissenen Film voller genialer Momente einem Langweiler aus einem Guss jederzeit vor. Auch dieser De Palma spielt für mich in einer eigenen Liga. Wenn man sieht, wie es De Palma gelingt einer anonymen Auftragsarbeit das De-Palmaeske abzuringen - man bedenke etwa Gilliams BROTHERS GRIMM -, nötigt mir das größten Respekt ab. Leicht hat es sich De Palma in seiner über vierzigjährigen Karriere nie gemacht.
#1104
Geschrieben 20. Januar 2008, 14:42
Regie: Billy Wilder
Der gerade von einem Herzanfall genesene Anwalt Sir Wilfrid Robarts (Charles Laughton) sollte eigentlich keine aufregenden Aufgaben mehr annehmen, der Mordfall, den ihm sein Kollege Mayhew jedoch vorträgt, scheint zu reizvoll, um ihn nicht anzunehmen: Der sympathische Erfinder Leonard Vole (Tyrone Power) soll eine ältere Dame für ein zu seinen Gunsten verfasstes Testament umgebracht haben. Doch Vole bestreitet alles, seine Gattin, die Deutsche Christine (Marlene Dietrich) könne bezeugen, dass er zur fraglichen Zeit zu Hause war. Die Aussage Christine wirkt jedoch allenfalls pflichtschuldig und keineswegs überzeugend. Irgendetwas stimmt nicht, doch Robarts nimmt die Verteidigung Voles an ...
Nach einem Bühnenstück von Agatha Christie inszenierte Billy Wilder dieses meisterliche Gerichtsdrama, das mit einem finalen Twist aufwartet, der alle "geistreichen" Wendungen, die man in den letzten Jahren über sich ergehen lassen musste, weit in den Schatten stellt. Den Reiz dieses Films auf dieses Ende zu reduzieren täte Wilder jedoch großes Unrecht an und würde bedeuten, die unverkennbare Handschrift des Regisseurs zu ignorieren. Wie schon im vier Jahre jüngeren ONE, TWO, THREE gelingt es ihm, lediglich durch Dialogszenen und die Dynamik der Figurenkonstellation ein immenses Tempo und Spannung zu erzeugen. In langen Sequenzen entfaltet Wilder den mutmaßlichen Hergang des Verbrechens und lässt immer durchblicken, dass ein entscheidender Puzzlestein fehlt. Die größte Leistung Wilders und Christies besteht nicht darin, den Zuschauer am Ende vor den Kopf zu stoßen, sondern die schlimme Ahnung, die man als Betrachter mit Robarts teilt, noch weit zu übertreffen. Das Meisterstück des Films ist aber die Schauspieler- und Dialogführung, die einen von der ersten Sekunde in ihren Bann zieht und den Film erst mit dem Leben füllt, das nötig ist, um der finalen Offenbarung die richtige Wucht zu verleihen. Einen Schauspieler hervorzuheben erscheint angesichts der durchweg hervorragenden Leistungen ungerecht, aber Laughton hat einfach die schönste Rolle abbekommen: Wie der Frauenhasser Robarts an seiner Krankenschwester herummäkelt und ihre Anweisungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes missachtet, ist einfach wunderbar. Dass diese Krankenschwester von Laughtons Gattin Elsa Lanchester gespielt wird, sollte dabei nicht vergessen werden. Mehr fällt mir zu diesem tollen Film gerade nicht ein, aber ein solcher Klassiker muss sicherlich auch nicht mehr von mir beworben werden. Großartig.
#1105
Geschrieben 20. Januar 2008, 15:03
Regie: Sidney J. Furie
Lex Luthor (Gene Hackman) ist wieder auf freiem Fuß und plant den nächsten Coup, der Daily Planet wird von einem geldgeilen Geschäftsmann übernommen, dessen Tochter Lacey (Mariel Hemingway) verliebt sich in Clark Kent und Superman himself beschließt den Wunsch der Weltbevölkerung nach Frieden zu erfüllen und sämtliche Nuklearraketen zu zerstören. Damit spielt er allerdings ungewollt Luthor in die Hände: Der klont den Stählernen und verleiht seiner Kreatur Nuclear Man (Mark Pillow) die Macht der Sonne ...
Mit Teil 4 der Superman-Reihe versuchte sich die rührige Cannon Group an dem drei Jahre vorher abgeschmierten Franchise, konnte die anstehende fast zwanzigjährige Leinwandabstinenz aber auch nicht mehr abwenden. Dabei hatten die Produzenten Golan und Globus durchaus den richtigen Ansatz: zurück zu den Wurzeln. Margot Kidder feiert als Lois Lane ihre Rückkehr ebenso wie Superschurke Luthor und statt des starken Comedy-Elements wird wieder mehr auf Superhelden-Klopperei gesetzt. Es spricht Bände, dass es der Cannon trotz dieser Ansätze nicht gelang, einen brauchbaren Superman-Film zu machen. Neben dem holprigen Drehbuch (der Film ist das Ergebnis massiver Kürzungen und Streichungen) ist es vor allem Furies uninspirierte Regie und die Sparmentalität der israelischen Produzenten, die SUPERMAN IV zu einer reichlich durchwachsenen Angelegenheit machen. Wo die ersten beiden Teile noch epische Mammutproduktionen waren, die dem wohl größten aller amerikanischen Helden ein passendes Denkmal errichteten, mutet Teil 4 nun an wie ein einziges Kasperletheater. Selbst die schon in den vorigen Filmen nicht ganz gelungenen Flugeffekte sehen hier noch um einiges mieser aus. Die Cannon wäre aber nicht die Cannon, wenn sie nicht trotzdem Großes vorgehabt hätte: SUPERMAN IV: THE QUEST FOR PEACE fasst ein damals ganz heißes Eisen an, gaukelt Aktualität vor, nur um dann doch alles einer Kindergartendramaturgie zu unterwerfen. Trotzdem ist nicht alles schlecht an SUPERMAN IV: Die Sequenz, in der sich Clark/Superman zu einem Doppeldate mit Lois und Lacey treffen und Clark immer wieder Möglichkeiten finden muss, schnell zu entfleuchen, um sich unbemerkt in sein alter ego zu verwandeln, ist wirklich witzig, die Szene, in der Superman einen italienischen Vulkan zum Erlöschen bringt, erinnert mit ihrem quietschbunten Camp-Look an die Vorgänger. Letzten Endes ist SUPERMAN IV: THE QUEST FOR PEACE aber eine trotz der kurzen Laufzeit sehr zähe Angelegenheit und wohl einer der entscheidenden Sargnägel für die Cannon, denen es einfach nicht gelingen wollte, einmal richtig großes Kino zu machen.
#1106
Geschrieben 21. Januar 2008, 02:26
Regie: Wes Anderson
Die Brüder Francis (Owen Wilson), Peter (Adrien Brody) und Jack Whitman (Jason Schwartzman) haben sich seit der Beerdigung ihres Vaters vor einem Jahr weder gesehen noch miteinander gesprochen. Nun treffen sie sich auf Geheiß Francis' an Bord des "Darjeeling Limited", einem indischen Zug, um zueinander zu finden und "spirituelle Erfahrungen" zu machen. Francis' Plan trifft nicht auf Gegenliebe: Die aus gutem Hause stammenden Brüder sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt als dass sie ein großes Interesse aneinander hätten. Als herauskommt, dass die Reise sie auch noch zu ihrer als Missionarin (?) arbeitenden Mutter (Anjelica Huston) führen soll, die sich noch nicht einmal zur Beerdigung ihres Mannes hat blicken lassen, scheint die Reise beendet. Doch abseits der geplanten Reiseroute ereignet sich etwas, dass die Brüder doch noch zusammenbringt ...
Wes Anderson hat sich mit seinen bisherigen vier Spielfilmen zu einem echten Hipregisseur entwickelt, der die Zuschauerschaft spaltet: Für die einen sind seine Filme äußerst individuell gestaltete kleine Preziosen, die sich vor allem durch ein sehr akribisches und markantes Design auszeichnen, für die anderen sind sie selbstverliebte und weit gehend sinnfreie Ansammlungen von verschrobenen Gestalten und Luxusgütern, die wieder einmal nur das Lied vom bourgeoisen Weltschmerz singen, ohne irgendeinen Ausweg aus diesem Zustand anzubieten. Diese Spaltung lässt sich auch an den Reaktionen zu THE DARJEELING LIMITED ablesen. Da ist von einer kolonialistisch verzerrten Perspektive auf Indien zu lesen, von Markenfetischismus und von kompletter Sinnleere. Vorwürfe, die mir aus meiner Erinnerung an die beiden Vorgänger nicht gänzlich abwegig erschienen. Mit dieser Erwartungshaltung saß ich dann auch heute im Kino, doch diese Erwartung hat sich nicht bestätigt, vielmehr habe ich THE DARJEELING LIMITED als einen Film empfunden, der diese Kritik selbst thematisiert und reflektiert. Die Whitmore-Brüder sind tatsächlich reichlich bornierte Typen, die mit ihren schicken Designertaschen durch die Welt reisen, um dort zu besseren Menschen zu werden. Die Idee ist genauso blöd wie sie klingt, zumal Bruder Francis die Zusammenführung per akribisch erstelltem Reiseplan erreichen will. Zielbewusst werden Tempel angesteuert, von denen sich Francis "spirituelle Erfahrungen" erwartet, ohne dass er ausführen könnte, was genau das eigentlich bedeuten soll. Der Blick auf Indien ist nur deshalb kolonialistisch vserzerrrt, weil er für die Protagonisten nicht mehr als ein Klischee ist: eben der Ort, zu dem nach Sinn suchende pilgern, weil sie einen diffusen Spiritualismus vermissen und eben dort zu finden hoffen. Doch es sind nicht zuletzt die Luxusgüter, die sie fesseln und eine Befreiung unmöglich machen. Mit ihrem Egoismus verursachen sie ihren Rauswurf aus dem Luxuszug und finden sich ganz unvermittelt in der Realität wieder. Erst dort, abseits ausgetretener Wege, finden sie das, was sie gar nicht wirklich :suchen Es ist letzlich eine missglückte Rettungsaktion, in die die drei verwickelt werden, die ihnen den Wert des Lebens und dessen Endlichkeit vergegenwärtigen und sie ihr gemeinsames Kriegsbeil begraben lässt. Am Ende lassen sie ihre vom Papa geerbten Reisetaschen fallen lassen, um in einen kleinen indischen Bummelzug zu steigen. Der Neuanfang ist gemacht.
THE DARJEELING LIMITED ist natürlich ganz unverkennbar Anderson: Die selbstbezogenen Figuren haben plakative Macken (Francis trägt den ganzen Film über einen Kopfverband, Jack läuft barfuß herum und Peter nimmt niemals die Sonnebrille des Vaters ab), Indien wird zum fantastischen Ort der Selbsterfahrung verklärt, die Farbpalette des Films ist ausnehmend bunt, Anderson-Regulars wie Wilson, Bill Murray oder Anjelica Huston dürfen nicht fehlen. Insofern ist Anderson noch in bisherigen Strukturen gefangen. Dennoch ist THE DARJEELING LIMITED in seinem Rückgriff auf eine typische Roadmovie-Struktur mit Anfang, Mittelteil und Ende ganz anders als der elliptisch-episodische LIFE AQUATIC. Anderson scheint über seinen Tellerrand hinauszusehen und seinen Figuren eine Entwicklung zum Besseren zu ermöglichen, ihnen einen Ausweg aus ihrem solipsistischen Dasein zu ermöglichen. Selbstmitleid als Selbstästhetisierung hat ausgedient. Wie Mama Whitmore ihren Söhnen sinngemäß mitgibt: "Stop feeling sorry for yourself. It's not very attractive." Mit seinen Protagonisten hat sich auch Anderson von seinen liebgewonnen, gehegten und gepflegten Neurosen befreit. Mich hat THE DARJEELING LIMITED überrascht und überzeugt. Beim nächsten Film von Anderson werde ich bei null anfangen, die Koffer mit den Vorurteilen sind abgeworfen.
#1108
Geschrieben 22. Januar 2008, 10:21
Regie: Bryan Singer
Weil Astronomen Überreste des Planeten Krypton gefunden haben wollen, verlässt Superman (Brandon Routh) die Erde, um seine Heimat aufzususchen. In den fünf Jahren seiner Abstinenz passiert viel: Lex Luthor (Kevin Spacey) kommt auf freien Fuß, weil Superman nicht als Zeuge im Gericht erscheint, Lois (Kate Bosworth) heiratet und bekommt ein Kind und schreibt einen Artikel mit dem Titel "Why the World doesn't need Superman", der für viel Aufsehen sorgt. Als Superman zurückkehrt, gilt es nicht nur, die enttäuschten Menschen wieder zurückzuerobern, sondern auch einen besonders finsteren Plan Luthors zu vereiteln ...
Comicspezialist Singer erfüllte sich mit SUPERMAN RETURNS sichtbar einen Kindheitstraum. In ikonischen Bildern strahlt der Stählerne wie eine Heiligenfigur, die Effekte sind State of the Art und visualisieren zum ersten Mal wirklich überzeugend die Superkräfte des Helden. Inhaltlich bleibt SUPERMAN RETURNS jedoch ganz auf Linie der Vorgänger: Singer inszeniert seinen Film wie ein direktes Sequel von SUPERMAN III, greift mehrere Gags der alten Filme auf (etwa Lois' Rechtschreibschwäche) und übernimmt auch deren Figurenzeichnung. Gleichzeitig macht Singer den Stoff fit für die Gegenwart: Schwebte über den alten Filmen noch der Schatten des Kalten Krieges, so befindet sich die Erde in SUPERMAN RETURNS in einer Phase der Neuorientierung. Die rhetorische Frage von Lois Lanes Artikel beantwortet Singer natürlich positiv, dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Beziehung zwischen Superman und den Menschen nicht mehr so innig ist, wie noch vor dreißig Jahren. Mehr noch als damals wird Supermans Außenseiterstatus thematisiert, gibt es da diese unsichtbare Hürde, die ihn von den Menschen trennt: Der strahlende Held mit dem Charme eines tapferen Feuerwehrmanns ist zum Melancholiker geworden. Eigentlich ein schöner Ansatz für einen Film, doch die Rechnung will nicht aufgehen. Wenn Christopher Reeve damals vor dem Blue Screen "Fliegen" spielte, dann fühlte sich das trotz des wenig überzeugenden Effekts einfach richtig an: Superman war in seinem Element, der mit vollem Bewusstsein inszenierte Camp-Appeal machte es erst möglich, die Geschichte um den Halbgott im Ganzkörperdress zu akzeptieren. Das geht Singers Film völlig ab, sein Film wirkt mit all seiner Perfektion leblos und wie ein einziger Anachronismus. Dass die Welt diesen immer noch Superman braucht, das behauptet er zwar vehement, aber das überträgt sich einfach nicht auf den Zuschauer, dem die Figuren - die ganz, ganz große Stärke von Donners Film - ganz einfach egal sind. Routh, Bosworth und Spacey machen ihre Sache durchaus ordentlich, können aber dennoch nie völlig aufblühen, werden von ihrer Erbschaft förmlich überschattet. Vielleicht hätte Singer sich von dem Versuch lösen sollen, eine echte Fortsetzung zu drehen: Anstatt den Superman zu spielen, hat Routh die undankbare Aufgabe, Reeve zu spielen wie er Superman spielt und das geht schon deshalb nicht auf, weil dieser Superman ein ganz anderer ist. Es ist ein bisschen traurig, denn man merkt dem Film doch in jeder Sekunde das Herzblut seines Machers an. Möglicherweise ist ihm vor lauter Begeisterung und Liebe aber der Blick fürs Wesentlich abhanden gekommen. In SUPERMAN RETURNS scheint Singer alles auf einmal zu wollen und steht am Ende des mit 140 Minuten viel zu langen Films mit leeren Händen da. Schade drum.
#1110
Geschrieben 24. Januar 2008, 10:34
Regie: Ralph Thomas
Wichtige Geschäftsleute werden umgebracht: Das bringt den Agenten Hugh Drummond (Richard "WOODOO" Johnson) auf den Plan, der von der deutschen Synchro beharrlich "Juuk" genannt wird. Am Ende seiner Ermittlungen enttarnt er ein verbrecherisches Mastermind (Nigel Green), das eine Gruppe attraktiver Frauen (u. a. Elke Sommer, Sylvia Koscina) als Killerbrigade beschäftigt.
DEADLIER THAN THE MALE ist ein James-Bond-Rip-off wie man sie in den Sechzigerjahren häufig produzierte. Alles ist ein bisschen kleiner als in den Vorbildern, in diesem speziellen Fall aber doch recht stilbewusst inszeniert und ausgestattet. Für die deutsche Synchro konnte man sich sogar der Dienste Gert Günther Hoffmanns versichern, der auch dem Doppelnull-Agenten die Stimme lieh. In Verbindung mit respektablen Schauspielern in Nebenrollen – neben den genannten treten etwa Laurence Naismith (der Auftraggeber von Tony Curtis und Roger Moore in DIE ZWEI) und Leonard Rossiter (u. a. BARRY LYNDON und 2001: A SPACE ODYSSEY) in Erscheinung – und einigen schönen Drehbucheinfällen kann DEADLIER THAN THE MALE dann auch durchaus für sich allein bestehen. Vor allem das Finale mit dem Riesenschachbrett hat es mir angetan, die farbenfrohen Bilder aus den Swingin' Sixties und die hübschen Locations tun ihr Übriges. Aber eigentlich kann man vor allem letztere in nahezu jeden Film aus dieser Zeit lobend erwähnen; Thomas' Film weiß nicht restlos zu gefallen, was in erster Linie am lahmen Mittelteil und der für einen solchen Film viel zu komplizierten Handlung liegt. Ja, zwischendurch macht sich die Langeweile breit, und die sprücheklopfende Synchro weiß das nur bedingt wettzumachen. DEADLIER THAN THE MALE ist sicherlich kein Film, mit dem man besonders hart ins Gericht gehen muss, einer, aber ob das der Stoff ist, aus dem die Lieblingsfilme gemacht sind (laut Cover schwärmt Tarantino in höchsten Tönen), möchte ich doch arg bezweifeln. Einiges Potenzial wurde leichtfertig verschenkt, ich hätte mir einfach etwas mehr Camp gewünscht. Nur der grandiose Titelsong der Walker Brothers (auf der Compilation "The Mad, Mad World of Soundtracks" enthalten) ist wirklich über jeden Zweifel erhaben.
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