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With Immo at the movies... - Filmforen.de - Seite 5

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With Immo at the movies...


200 Antworten in diesem Thema

#121 Immo

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Geschrieben 25. Juni 2003, 16:08

CAPRONA - DAS VERGESSENE LAND | 01.06.2003 | VHS

Grandioser Trash! Man glaubt kaum, dass es dieser Film wirklich mal in die Kinos (und immer mal wieder auch ins Vormittagsprogramm der Öffentlich Rechtlichen) geschafft hat. Die Chuzpe, mit der Kevin Connor diesen Film - er steht nun wirklich in bester Ed-Wood-Tradition - im Jahr 1975, als der Stand der Technik, selbst im Low-Budget-Bereich, in dem wir uns bewegen, weit besseres ermöglichte, abgeliefert hat, verdient nun wirklich einiges an Beachtung. Nichts an diesem Film ist aus handwerklicher Sicht irgendwie gelungen: Das Drehbuch patzt, wo's nur geht, und gibt sich auch ansonsten damit zufrieden, in erster Linie hanebüchen zu sein, die Dinosaurier sind extrem unbewegliche Pappmaché-Dinger, wie man sie vor jeder Geisterbahn mit wenig Selbstachtung entdecken kann, werden sie mit schwerem Geschütz beschossen, dann juckt es auch keinen der Macher, dass man das styroporhafte, weiße Innere der Urechsen zu Gesicht bekommt, dass die gesamte Umgebung mit weißen Flocken bestäubt wird, und sogar Menschen, die niedergeschossen werden, dürfen noch ohne Blutfontäne oder gar irgendwo sichtbaren roten Punkt theatralisch zu Boden sinken. Das ist der Stoff, aus dem Cineastenalpträume bestehen!

Eingefügtes Bild

Und dennoch - Caprona macht Spaß, gerade wegen dieser charmanten Unzulänglichkeiten, dieser hemmungslos zur Schau gestellten handwerklichen Unfähigkeiten und dem Bierernst, mit dem der Film sich selbst als Abenteuerschinken - der übliche Schmonz halt vom irgendwo übriggebliebenen Eiland mit Dinosaurieren und Urmenschen drauf, die ein Grüppchen in sich zerstrittener Westler im Pazifik oder sonstwo findet - zu verkaufen versucht. Dabei entwickelt Caprona noch nicht mal den Charme großer, aber durch ökonomische Widrigkeiten verhinderter Kunst (wie zB viele Filme von Mario Bava, oder The Beyond von Fulci), nein, Caprona ist einfach nur von vorne bis hinten beknackter Blödsinn, über den man sich ausgelassen amüsieren kann. Eigentlich schon wieder zum Liebhaben, das.


#122 Immo

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Geschrieben 26. Juni 2003, 17:46

HERO | 07.06.2003 | KINO INTERNATIONAL

Überwältigend, was Yimou hier auf die Leinwand zaubert (ein abgedroschenes Wort, sicher, aber ausnahmsweise mal passend), in jeder Hinsicht. Farben, Seidengewänder, die Dehnung der Zeit, der, im Genre sonst ja eigentlich auf Rasanz inszenierten, Kämpfe ins Meditative, eine epische Tragig, die ganz große Oper also und das ist noch nicht mal negativ gemeint - Poesie des Visuellen! Mit den klassischen wuxia pian hat dieser Film nur wenig gemein, gut so. Gut auch, dass Kino - es gab, bemerkenswerterweise, in diesem Jahrgang bereits einige Filme, die dies unterstreichen - noch derart zu zaubern vermag, dass noch nicht alles längst schon Konvention oder beliebig geworden ist. Doch, in diesen dunklen Sälen, diesen Schreinen der Moderne gibt's noch immer Dinge zu entdecken, die packen, ergreifen, begeistern. Hero ist, letztendlich, auch eine Liebeserklärung an das Artfizielle, ans Visuelle, ans Kino schlechthin. Sehen und staunen.

Viele Filme sind gut und sehenswert und lassen einen, im Nachhinein, die aufgewandte Zeit nicht als vergeudet ansehen, sicher. Nur wenige indes verweilen im Herzen. Unnötig zu betonen, welcher Gattung Hero angehört.


#123 Immo

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Geschrieben 26. Juni 2003, 18:32

EIN TAG IM LEBEN DES ANDREJ ARSENEWITSCH | 08.06.2003 | VHS

Eingefügtes BildUnd dennoch, es obsiegt Wohlwollen. Schuld daran sind vermutlich doch die zahlreichen, mit Bedacht gewählten Ausschnitte aus Tarkowskijs schmal gebliebenem Oeuvre, die nach Leitmotiven und inszenatorischen Strategien untersucht werden, und in dieser Zusammenstellung quasi ein appetitmachendes Best-Of darstellen. Wie überhaupt die Analyse der Ausschnitte wohl sicher nicht einer finalen Schlußbetrachtung der bildgewaltigen, enigmatischen Filme entspricht, wohl aber mit Anregungen und interessanten Hinweisen aufwarten kann. Das macht Lust darauf, die Filme - nicht nur neu, vielleicht ja sogar überhaupt - zu entdecken, sie sich zu erschließen, ohne aber bereits "alles zu verraten". Zugegeben, die herausgearbeiteten Aspekte sind sichtbar von einem Filmemacher und aus dessen Perspektive heraus kompiliert worden, konzentrieren sich dementsprechend vor allem auf Tarkowskijs inszenatorische Fähigkeiten - zum Beispiel die Verbindung der vier Elemente in einer tarkowskij-typischen, langen Einstellung mit Fahrt -, da wäre eine film- oder kulturtheoretischere Herangehensweise vielleicht sogar noch etwas interessanter gewesen (allerdings, für solche Zwecke lohnt dann vielleicht doch eher ein Buch, anstelle eines gerade mal einstündigen Filmes), doch wird der Blick nichtsdestotrotz geschärft, auf wichtige Details - derer sind Tarkowskijs Filme äußerst reichhaltig, sie laden geradezu zur Suche ein - fokussiert.

Ein zwiespältiges Portrait also, dahingehend wird dieser Film dem Künstler Tarkowskij dann doch eigentlich wieder gerecht.

#124 Immo

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Geschrieben 27. Juni 2003, 14:53

RULES OF ATTRACTION | 09.06.2003 | KINO INTIMES

Man möchte ihn wirklich gerne haben, diesen Film, man möchte sich dazu zwingen, sich selbst dazu überreden und dennoch muss man sich sein Scheitern irgendwann eingestehen. Dass er intelligent inszeniert ist, dass da Könner ihres Handwerks zugange waren - kein Zweifel! Dass die Eingangsszene (eigentlich das Ende des Films) furios ist, Lust auf Mehr macht - ebenso! Geschickt werden da die zeitlich eigentlich parallelen Abläufe einer College-Party chronologisch in Szene gesetzt, ebenso geschickt enttarnt der Film damit die - erschreckenden - Ökonomien des Zwischenmenschlichen, die auch solche Events wie ein roter Faden durchziehen. Danach hat man Hunger, freut sich auf den Film und - wird enttäuscht. Auch wenn man sich diese Enttäuschung ausreden möchte, sich immer wieder selbst dazu anhält, durchzuhalten, da bekomme bestimmt noch was ganz großes. Doch Fehlanzeige, leider!

Eingefügtes Bild

Vielleicht liegt's ja daran, dass Bret Easton Ellis, der die Vorlage schrieb, offenbar nur ein Thema hat: Die menschenverachtende, hundsgemeine, und dann auch noch schrecklich alberne, sinnentleerte Welt der Schönen und Reichen. Zwar hat Roger Avary den satirischen, als solchen oft nur schwer zu filternden Unterton Ellis' Bücher gelungen ins Filmische übertragen (wenn auch hier und da das ganze etwas arg in den Slapstick und das rein Grimassenhafte abdriftet), aber wenn man ehrlich ist: Das Thema ist doch schon ziemlich durch und dem Film fällt dazu auch nicht viel Neues ein. Dass das ganze handwerklich äußerst geschickt auf die Leinwand gebracht wurde, dass Avary und seine Crew sich für die Leistung durchaus auf die Schulter klopfen dürfen, ändert auch nichts daran, dass jenseits dessen der Film von Stimmungstief zu Stimmungstief hopst und nur gelegentlich durch einige Brachial-Zynismen - die dann aber wieder höchst unterhaltsam sind, das gebe ich gerne zu - aufmerken lässt. Der Rest ist reines Plätschern - belanglos und langweilig, weder involvierend noch aussagekräftig, dafür aber mit Splitscreens, die sich irgendwann vereinen, rückwärts ablaufenden Sequenzen und ähnlichen Mätzchen auf den neuesten Stand der Zeit gebracht.

Als dunkler Zwillingsbruder von American Pie und ähnlichen Teeniefilmen - die Zutaten sind hier wie da die gleichen, nur hier eben etwas ins Groteske versetzt - mögen Die Regeln des Spiels ja vielleicht noch bestehen. Nur ob sie als quasi aufklärerischer Gegenentwurf nötig gewesen wären - da habe ich dann doch so so meine Zweifel.


#125 Immo

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Geschrieben 28. Juni 2003, 13:21

WIE WERDE ICH IHN LOS - IN 10 TAGEN | 20.06.2003 | CA. 10.000 METER ÜBER DEM ATLANTIK

Ein Jammer eigentlich: 10 Tage in New York gewesen, kein einziges Kino von innen gesehen. Nun gut, wenn ich ehrlich bin, so viel besser als in Berlin ist das dortige Angebot auch nicht, mit einer Preislage von zwischen 9 und 15 Dollar pro Vorstellung ist dort ein Kinobesuch auch eine recht teure Angelegenheit und, vor allem, war ich abends nach kilometerlangen Ausflügen in die Stadt auch wirklich einfach zu müde, um mich noch aufzuraffen. Ins Kino gehen kann ich zudem auch in Berlin, klare Prioritätenlage also. Das nur als Erklärung für die grobe Lücke. Auf dem Hinflug gab es zudem nur einen seltsamen Film mit Pierce Brosnan, dem ich mich nach 10 Minuten schlafenderweise verweigerte.

Eingefügtes BildNun gut, auf dem Rückflug dann also doch endlich How to lose a guy in 10 days (in der Sneak damals kam mir ja der deus ex machina in Form einer kaputten Soundanlage im Saal zu Hilfe, für die Freikarte habe ich mir dann Matrix:Reloaded angesehen - guter Deal, eigentlich) - was soll's, zum Lesen war ich zu müde, auf Schlafen keinen Bock, also rein mit den Ohrstöppseln. Vorher aber noch'nen Weißwein bei der Stewardess geordert.

In dieser Situation - irgendwo nachts über dem Atlantik, etwas Wein im Blut und ansonsten nichts zu tun - war der Film dann sogar recht ansehnlich, wenn auch, natürlich, nichts besonderes. Ein anschaulicher Katalog darüber also, wie man heutzutage als legerer Großstadtmensch seine Beziehung führt, wird da - über den Umweg der Negation - entwickelt, in den zickigsten Szenen sogar recht witzig. Wüsste man, dass es anschließend nicht noch zum genre-typischen Liebesfall, zur Entfremdung und anschließend wieder zur großen Versöhnung kommt, man hätte dem ganzen sogar recht entspannt, hier und da etwas lachend, zusehen können. Dass die kulturindustriellen Verpflichtungen jedoch nicht ignoriert werden würden, das war so sicher wie das Amen in der Kirche und natürlich sollte man auch Recht behalten.

Immerhin noch eine zweite Ebene des Films machte mir als soeben New York Verlassender Spaß: Man konnte ganz vorzüglich während des Filmes mitraten, wo in der Stadt man sich gerade befindet, konnte ein paar wohlbekannte Ecken der Stadt nochmal Revue passieren lassen. Stellenweise wirkte der Film mit seinem Zeigegestus gar wie von der Touristikbehörde der Stadt gestaltet - zumindest rücken in den romantischsten Szenen dramaturgisch vollkommen nutzlos die Sehenswürdigkeiten der Stadt ins Bild, der "Showdown" findet zudem auf der Manhattan Bridge statt -, dennoch hätte man das alles noch etwas liebevoller in Szene setzen können. So bleibt die Stadt lediglich Kulisse, nicht aber, wie eigentlich wohl auch bemüht, zusätzliche Hauptdarstellerin, aber immerhin lenkte das in dieser Situation etwas von dem dämlichen Treiben ab.


#126 Immo

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Geschrieben 28. Juni 2003, 22:54

DIE UNGLAUBLICHE ENTFÜHRUNG DER VERRÜCKTEN MRS. STONE | 22.06.2003 | VHS

Ehemann will Ehefrau töten, um endlich an den Zaster ranzukommen, den sie von ihrem Paps geerbt hat, weswegen er sie ja auch eigentlich geheiratet hat, vor 15 Jahren, weil er dachte, der alte Sack beißt bald ins Gras. Vor dem Mord jedoch wird die Frau entführt, bei Nichtzahlung einer halben Million Dollar soll die Dame das Zeitliche segnen.

Das ist ja alles soooo 80ies, Mann! Die Klamotten, die Einrichtungen, die Frisuren, die Gags, Bette Midler und Danny DeVito! Und dann noch dieser herrliche Plot! Im Gegensatz zu den Slapstick-Filmparodien, für die das Z-A-Z-Team berühmt wurde, ist das hier alles auf Effizienz hin richtig durchgedacht und wohl konstruiert, mit allerlei herrlichen, stets - im Sinne von suspense! - vorhersehbaren Wendungen und Schicksalschlägen drin, die - ja! - selbst den Coenbrüdern wohl nicht schlecht gestanden hätten. Wie überhaupt Ruthless People so eine Art Screwball-Version des (überaus empfehlenswerten!) Coen-Debüts Blood Simple zu sein scheint: Keiner der Protagonisten - da gibt es noch Affären, Polizeibeamte, und, nicht zuletzt, eben auch Bette Midler, die schon bald gemeinsame Sache mit ihren eigentlich lammfrommen und gutherzigen Entführern macht - überblickt mehr das Geflecht, jeder ist in it for the money (soooo 80ies!), letzten Endes fällt alles, buchstäblich, ins Wasser. Dahin der Reichtum, allein Bette Midler - darin liegt der Unterschied zu den Coens, so positiv sind deren Dramen dann doch nicht - siegt am Ende.

Rundum gelungene Unterhaltung also, ein ganzer Batzen voll Spaß für langweilige Nachmittage! Ein Film, den man ruhigen Gewissens wiederentdecken kann.

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#127 Immo

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Geschrieben 28. Juni 2003, 22:57

28 DAYS LATER | 24.06.2003 | UCI KINOWELT FRIEDRICHSHAIN

Das menschenleere London ist grobkörnig, Godspeed You Black Emperor begleiten die trostlose - kann man das so sagen? - Idylle der Apokalyspe in einem steten Crescendo, mittendrin unser Protagonist, der sein Unglück - aus dem Koma erwachen, der letzte Mensch auf Erden sein - nicht fassen kann. Das, was Vanilla Sky mit seinem leergefegten Times Square glücklos erzielen wollte - allein durch's ungewohnte, kraftvolle Bild Unbehagen evozieren -, schafft 28 Days Later mit Links: Bedrückung, Gänsehaut. Kein Mensch mehr, nirgends. Leere.

Da werden altbekannte Bilder neu erzählt, von anderswo entliehen und dennoch sah man diese Ikonografie zuvor wohl nie in dieser Wucht, dieser Pracht. Ja, der "apokalyptische Zombiefilm" ist zurück - und im Gegensatz zu den degenerierten letzteren Ausläufern dieses recht kurzlebigen, in der Breitenwahrnehmung eigentlich längst ja schon vergessenen Subgenres nicht als - gleichsam programmatisch - vermoderter Wiedergänger, sondern frisch und inspiriert.

Das Zeitalter des ironischen Zitats, der süffisanten Augenzwinkerei findet in 28 Days Later keine Fortführung, wenngleich der Film mit der einen oder anderen Reminiszenz - gänzlich ohne ginge es ja auch nicht - durchaus haussieren geht. Und der Film schafft dabei das Kunststück, trotzdem nicht anachronistisch zu wirken. Nein, er ist ungemein bitter, tragisch, dazu spannend und auch - trotz aller Grobkörnigkeit - visuell ungemein ansprechend.

Das klassische, philosophische Durchspielen von Standardsituationen bietet sich an, Camus hatte es mit Die Pest ja vorgemacht, so also auch hier: Wie sich verhalten angesichts der Apokalypse? Oder: wie verhalten sich Menschen in dieser Situation? Die Gegenentwürfe sind dabei ein grundlegend soziales Verhalten - "Mensch bleiben!" - und gleichsam faschistischer Darwinismus - "Wer schwächelt, wird ausgestoßen!". In diesem Spiel entwickelt 28 Days Later ganz eigene Reize und neue Impulse für das Genre.

Es darf wieder ernst zu gehen, im zeitgenössischen Horrorfilm, irgendwie freut mich das. Es bleibt also spannend.


#128 Immo

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Geschrieben 28. Juni 2003, 23:30

BLOOD WORK | 26.06.2003 | VHS

Klassische Polizeifilme sind ja nun eigentlich längst schon anachronistisch: Filme wie French Connection oder Dirty Harry funktionieren wohl wirklich nur noch in der Nostalgie, würdevoll gealtert sind sie. Wie passend also, dass sich Clint Eastwood in Blood Work selbst als vom Alter gezeichneten Haudegen inszeniert, nie die Stärke, das Harte seines Alter Egos auf der Leinwand in den Vordergrund stellt, sondern von Anfang an Tacheles redet: Da erleidet McCaleb nämlich einen Herzinfarkt, für den Rest des Filmes wird dieses Handicap ihn zeichnen. Auffällig oft entblättert Eastwood ferner seinen ausgemergelten Körper, zeigt ihn im Krankenhaus, beim Arzt, während der schmerzhaften, endoskopischen Untersuchung.

Eingefügtes Bild

Ein Abgesang also? Auch auf den Buddy-Film? Es ist jedenfalls kein Zufall, dass der Slacker vom Nachbarschiff nebenan - McCaleb lebt auf einem kleinen Seelenfänger - Buddy heißt, dass er zwar eigentlich ein fauler Hund ist, sich trotzdem dankbar als billige Hilfskraft für den nach der Herzattacke eigentlich schon pensionierten Ex-FBI-Agent einspannen lässt.

Ein altmodischer Thriller ist das, recht traditionsverbunden, dennoch sich der Tatsache wohl bewusst, dass man es nicht mehr ganz so machen kann, wie die alten Filme. Sicher, der Plot ist ziemlich konstruiert, ganz auf's heischende ausgerichtet und voller Wendungen und Verbindungen, wie sie sich nur ein Drehbuchautor, nicht aber das wahre Leben ausdenken kann. Macht aber nichts, denn Blood Work funktioniert ausgesprochen gut und schafft es, ohne große Mätzchen, im Genre zu schwimmen ohne aber Einheitsbrei abzuliefern. Wer nicht ganz blind ist, dürfte die Auflösung auch schon vor dem Eintreten erraten haben, doch darüber - wie vielleicht auch die eine oder andere Schwäche in der Kohärenz - ist leicht hinwegzusehen: Blood Work ist viel zu liebenswert in seiner altmodischen Verbandelung zum klassischen Männerfilm, ist sich seiner altersbedingten Schwächen - ganz wie sein Protagonist - viel zu sehr bewusst.

Hier gibt es noch Blut, Schweiß und Tränen.


#129 Immo

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Geschrieben 29. Juni 2003, 18:33

CHIHIROS REISE INS ZAUBERLAND / SPIRITED AWAY | 27.06.2003 | CINEMAX COLOSSEUM

Prinzessin Mononoke konnte mich ja nur bedingt begeistern, zu ausufernd und "ausgefranzt" (ich gebe zu: bei mir ist im Genrefilm weniger oft mehr!) erschien mir die Geschichte, zu wenig mitreißend das Ganze und die Zeichnungen waren mir irgendwie, nun ja, nicht wirklich spektakulär genug - vielleicht bin ich dafür aber auch einfach nur zu wenig Fachmann, zugegeben. Unterm Strich blieb mir der Film also als nicht gerade schlechter in Erinnerung, aber eben auch nicht als das Meisterwerk, als das ihn (vor allem das japanische) Publikum und Kritik ansahen. Ganz im Gegenteil aber, ebenfalls von Miyazaki, My Neighbor Totoro, der so unglaublich wattig und schön war, dass ich nicht anders konnte, als mich kurzerhand in einen Film zu verlieben. Ob mir nun also Spirited Away, so der internationale Titel dieses Films (der deutsche übersetzt im übrigen den originalen relativ wörtlich), zusagen würde, ob ich ihn - wie der überwältigend große Teil der Animefreunde - als das große Meisterwerk seiner Gattung ansehen würde, blieb also zumindest fraglich, wenn auch nicht ganz unwahrscheinlich. Erste Eindrücke auf DVD vor mittlerweile schon recht langer Zeit - wie kann es auch anders sein, natürlich habe ich ihn mir damals nicht komplett angesehen - ließen zumindest auf viel hoffen. Also rein ins Kino, ist ja schließlich Kinofest - 3 Euro die Vorstellung -, und so fand ich mich an einem brennend heißen Nachmittag - "Da hält man's eh nur in der Wunschvorstellung im Park oder auf dem Balkon aus!" - inmitten einer Schar seltsamer kleiner Kinder mit ihren seltsamen kleinen Müttern (klarer Fall von: "Ich zerr' mein Kind in anspruchsvolle Kinderfilme rein, damit mein Kind nicht so ein dummer Sklave des US-Imperialismus wird oder damit ich zumindest ein Alibi habe, warum ich hier im Saal sitze!") wieder: Wieder mal ein Zeichentrickfilm, der in der Wahrnehmung wohl offenbar nur als Kinderfilm bestehen darf.

Zwar ist Spirited Away schon ein Kinderfilm, nur ob ihn Kinder auch wirklich sehen wollen und - im Sinne von "verstehen" - können, das bleibt zumindest fraglich. Das ist schon eher so ein Kinderfilm für Erwachsene, möchte ich meinen, im Saal trötete es zumindest andauernd aus irgendeiner Ecke "Mutti, warum hat die das jetzt gemacht!" oder "Mutti, wie lange dauert der Film noch?" oder "Mutti, ich hab' Angst!" oder "Mutti, ich muss auf's Klo" und so. Kinder im Kino sind das Letzte. Frustrierte Mütter, die ihre Gören aus besagten Gründen ins Kino (oder auch: ins Museum und ähnliche Fälle) schleifen, ebenso.

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Der Film? Nun. Wunderbar gezeichnet! Hier und da grandiose Ideen, die man sich gerne verblödet grinsend anschaut und sich an ihrem infantilen Charakter erfreut (diese dicke Meersau, zum Beispiel, die von dieser Fliege rumgeflogen wird), und dann ganz überhaupt dieser stets latent vorhandene LSD-Stimmung. "Hat was!", könnte man da knarzen, wäre man weißbiertrinkender Student (ja, das ist von Benjamin von Stuckrad-Barre geklaut, mir egal, ich mag einfach das Bild). Doch, ein Film, den man sich sehr gerne ansieht, wenn man in Bildern auf Entdeckungsreise gehen möchte und darob auch mal die Story vergessen kann. Diese ist in Spirited Away nämlich nur recht rudimentär und dann auch nur mit wenig Lust an Kohärenz vorhanden, aber das macht - wegen der Sätze vorher - erstmal nur wenig aus. Zumal das ganze Gewirr an Personen, Mythen, Szenarien, Götterwelten, biographischen Beziehungen gegen Ende hin auch - eigentlich schon anime-untypisch, soweit ich mich da jetzt auskenne - weitgehend ein geschlossenes Ganzes ergibt und elegant aufgelöst wird. Allerdings muss man bis dahin auch, das muss man trotz aller positiven Kritiken auch einfach mal aussprechen dürfen, die eine oder andere Durststrecke überstehen, in denen, nun ja, nur recht wenig geschieht und die Bilder, wie auch das Abgebildete nicht immer als generelles Faszinosum bestehen können.

Unterm Strich also sehr nett, gegen Ende hin auch mitreißend, bis dahin aber wird hier und da etwas viel Wohlwollen beim Zuschauer vorausgesetzt.


#130 Immo

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Geschrieben 29. Juni 2003, 19:13

BRUCE ALLMÄCHTIG | 27.06.2003 | UCI KINOWELT FRIEDRICHSHAIN

Die Zeit reicht gerade mal für eine schnelle Autofahrt vom einen Multiplex zum anderen, das hat man davon, wenn's Kino nur 3 Euro kostet. Reingehen, nicht reingehen? An der letztmöglichen Kreuzung wird die Entscheidung schließlich spontan gefällt: Für die Abendunterhaltung wird Jim Carrey also Sorge tragen.

Ich mag Carrey ja wirklich sehr gerne. Seine Gesichts- und Körperakkrobatik garantieren immer ein Spektakel, seine besseren Filme (das sind die, in denen er nicht ins Charakterfach schielt) sind gern gesehene Beispiele debilster Kinounterhaltung, die dennoch - Achtung, Subversion! - das eine oder andere Drama des "kleinen Mannes" zu erzählen weiß. Vielleicht wird Carrey in einigen Jahren ja mal wirklich als der Chaplin der Neunziger angesehen - wer weiß? Ich trau's ihm zu.

Und über, grob über den Daumen gepeilt, die erste Hälfte des Films klappt das ja auch alles vorzüglich: Carrey wie man ihn kennt und liebt, Zoten, wie man sie mag, und größere und kleinere Schicksalsdramen, wie sie einem eben nur Carrey (und nicht etwa Adam Sandler oder so, obwohl dessen letzten beiden Filme wirklich nicht so schlecht waren) servieren kann. Die Exposition des Films - Carrey als glückloser Newsreporter für die kleinen Alltagsherzensangelegenheiten - ist gelungen, seine Dante'sche Tragödie ebenso, von den Höhepunkten - die Begegnung mit Freeman als Gott, die Rache am erfolgreicheren Konkurrenten im Sender (besonders diese ist ja hervorzuheben - köstlich!) - mal ganz abgesehen.

Danach aber wurde es wirklich finster! Was für ein durch und durch moralisches, puritanisches Schmierenstück! Es wechseln sich fröhlich ab: Family Values, frömmelnde Gottesfurcht und die schon immer äußerst zweifelhafte Ideologie, frisch und warm auf's Brot geschmiert, dass Glück eben nur im Kleinen, vor allem aber im Verzicht erfahren werden kann. Ohne den debilen US-Hassern hierzulande das Wort reden zu wollen, aber einen derart ideologie- und staatskonformen Bullshit, wie er hier in jeder Einstellung ausgetragen wird, braucht derzeit nun wirklich - ja, genau - kein Mensch. Biedermeier und neue Innerlichkeit vom Feinsten, vor allem aber von einer Qualität, wie man sie sich selbst in diesem für solche Unsicherheiten ja durchaus bekannten Genre nicht erahnt hätte.

Sorry, Jim, aber das ist eindeutig unter Deinem Niveau.


#131 Immo

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Geschrieben 29. Juni 2003, 22:10

DAS MÄDCHEN IRMA LA DOUCE | 28.06.2003 | VHS

Eigentlich ist das ja, wie auch andere Filme des Meisters, rein vom Stoff her, aber eben auch diegetisch, ein Schwank aus dem Bauerntheater - dass Some Like It Hot skandalös geklaut und zerhäckselt in der deutschen Klamotte Piratensender Powerplay wieder auftaucht ist beileibe kein Zufall -, dennoch schafft Wilder es, mit seiner ganz eigenen Eleganz, ein wunderbares Stück Filmgeschichte voller Esprit und Charme zu schaffen, dort, wo es allzu burlesk zu werden droht, die Kurve zu kriegen und überdies gewitzte Seitenhiebe gegen Establishment und die Sphäre der Arbeitswelt auszuteilen. Dies freilich nicht allzu offensichtlich, eher subtil, also überaus subversiv - hier lacht selbst noch der Kapitalist über die Witze auf seine Kosten und die es eigentlich verstehen, die bekommen dergestalt gleich noch eine zweite komische Ebene mit dazu. Über Wilder munkelte man ja auch, wenn ich mich recht entsinne, zu gewissen Zeiten, er sei Kommunist, zumindest aber Sympathisant. Die Spitzen, die hier aufblitzen, das stets etwas Anrüchige, das dem Film anhaftet (wenngleich er stets brav bleibt, keine Frage), machen dies einen nur gerne glauben.

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Gut, so manches wirkt geradezu auffällig wie als verlässliche Zutat von Some Like It Hot entliehen, im direkten Vergleich kostet das Irma La Douce natürlich den einen oder anderen Originalitätspunkt, auch weist ersterer ganz einfach den etwas spritzigeren Plot auf. Dennoch stellt Irma aber - natürlich - ein überaus spaßiges Filmvergnügen dar.

Bleibt nach dem Film allein das etwas schmerzliche Gefühl, die eine oder "andere Geschichte", die eben nicht komplett erzählt, nur angedeutet wurde, verpasst zu haben. Ein echter Jammer eigentlich, Moustache wäre doch wirklich noch für ein paar Räuberpistolen gut gewesen!


#132 Immo

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Geschrieben 04. Juli 2003, 21:59

DAS APARTMENT | 01.07.2003 | DVD

Und nochmal das Dreamteam Wilder-Lemmon-MacLaine - Das Mädchen Irma La Douce hatte Lust gemacht! Nicht ganz so frivol und ausgelassen geht es hier zu, wenngleich die Komik nicht zu kurz kommt. Über weite Strecken ist das vielmehr ein ausgewachsenes Drama über einen Mann, der nicht "Nein" sagen kann (der Witz, dass sich sein Vorname auf ein verkürztes C.C. - Si, Si! - beschränkt, geht in der deutschen Synchro leider verloren), dessen Gutmütigkeit nicht anerkannt wird, ihn vielmehr sogar um den Ruf und, beinahe, um die Existenz bringt. Natürlich auch hier der Kommentar zur sozialen Frage, bissig vorgetragen, effektiv wie kaum ein anderer Film, vor allem nicht aus jener plakativ politischen Filmkultur.

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Herzhaft lachen kann man dennoch über all die skurrilen Situationen, die kunstvoll inszenierten Verknüpfungen und Implikationen. Der ganze Film erscheint wie eine große cineastische Bonbontüte, eine Ansammlung von Szenen, die im Gehirn haften bleiben, Bildern, die Bestand vor der Ewigkeit haben und Dialogen, die wie dafür geschaffen sind, ins kollektive Gedächtnis einzugehen - filmische Momente also, die zwar auf der Leinwand schnell von anderen abgelöst werden, jenseits dessen aber zu ikonografischen Fragmenten gerinnen.

Und es scheint mir, als hätte Wilder mit diesem Film zudem den klassischen New-York-Film Allen'scher Prägung wenn schon nicht vorweggenommen, dann doch zumindest beeinflusst. Groß, überaus groß!


#133 Immo

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Geschrieben 04. Juli 2003, 22:29

ROTER DRACHE | 03.07.2003 | DVD

Irgendwann, so vor 10 Jahren, habe ich Manhunter wohl das letze Mal gesehen, so eine Aufnahme aus dem Fernsehen - ich glaube der jüngst wiederbelebte Sleazesender Tele5 war's. Gefiel mir damals überaus gut, diese kühle, eigentlich schon kalte Stimmung, die den Film durchzieht, wie überhaupt der ganze Film einer medizinischen Operation, vielleicht ja sogar einer Sezierung gleicht. Trotzdem kann ich mich an Einzelheiten kaum mehr erinnern, nur halt, dass mir der Film gefallen hat. Vielleicht aber ist das ja die beste Basis, um dem Remake zu begegnen - gesetzt den Fall, man kann Literaturadapationen überhaupt als Remakes bezeichnen -, ist man so wenigstens nicht dauernd damit beschäftigt, nutzlose "Das hat der aber andere aber besser gemacht!"-Vergleiche anzustellen, um sich so wirklich auf den Film an sich konzentrieren zu können. Im Kino habe ich ihn damals nicht gesehen, nun denn, also an einem grauen Vormittag aus der Videothek um die Ecke geholt und zum Frühstück gekuckt.

Dem Hopkins/Lecter-Komplex stehe ich persönlich ja nun nicht unbedingt so euphorisch gegenüber wie der Rest der weiten Welt der Filmfreunde. Silence war für mich seinerzeit - auch schon wieder etliche Jahre her - eine herbe Enttäuschung, da ich mir etwas erhofft hatte, was mir erst Finchers großartiger Se7en geben konnte. Hannibal indes war mir in seiner ganzen Atmosphäre etwas zu schwülstig und zu mythisch, die Überzeichnung Lecters ins Metaphysische, ja wirklich Übernatürliche war mir einfach etwas zu weit hergeholt. Sicher, vampirisch und dämonisch gezeichnet war Lecter auch schon zuvor, aber Hannibal verließ sich, für meinen Geschmack, dann doch etwas zu sehr auf diese Komponente und übertünchte dergestalt etwas zu leichtfertig Schwächen und Problemstellungen im Skript. Nicht, dass mir die Filme etwa nicht gefielen, nein, nur großartig waren sie, auf rein emphatischer Ebene (filmhistorisch sieht's da, natürlich, ganz anders aus), für mich nicht.

Roter Drache macht da keinen Unterschied und reiht sich für meine Verfältnisse perfekt in die nunmehr vollendete Trilogie ein. Der Film ist sicher spannend, an vielen Stellen - vor allem die Dialoge zwischen Hopkins und Norton gefielen mir sehr gut - sogar äußerst gewitzt, nur einen wirklichen gelungenen Thriller stellt der Film meiner Meinung nach nicht dar. Das Grundproblem dabei ist wohl, dass gleich zwei Psychopathen um die Gunst des Publikums - mal ehrlich, letzten Endes sind wir doch alle auf die Bösewichte scharf - buhlen, dass der Film den rechten Focus nicht wirklich findet. Da ist einerseits Lecter, die eingesperrte Bestie, mit seinem durchtriebenen Spiel, und andererseits eben der titelgebende Serial Killer, ganz großartig von Fiennes dargestellt, der neben Cronenbergs Spider einmal mehr sein Talent für genau jene Art von gebrochenen Charakteren einsetzen darf. Wenn ich mich erinnere, spielte Lecter in der literarischen Vorlage, sowie in der ersten Adaption nur eine äußerst nebensächliche Rolle, nur kann man dem Publikum - nach zwei Filmen, die von Lecters Präsenz zehrten - das heutzutage wohl kaum servieren. Also konkurrieren die beiden Pole des Films, mit dem Ergebnis, dass man von beiden gerne mehr gesehen hätte, mittendrin dann noch Edward Norton, der nahezu unterzugehen droht, aufgerieben wird und dessen äüßerst reizvolle psychische Situation - in der ersten Adaption war die wohl recht präsent, scheint mir - komplett ausgeblendet zu sein scheint. Wie überhaupt auch die Lösung des Falls als einzige Folge von Drehbuchschritten anmutet, die Nortons Charakter einfach so in den Schoß fallen.

So bleibt ein irgendwie seltsam unbefriedigender Thriller, der zwar von allen Zutaten ein bißchen was hat, diese aber nie voll zur Geltung bringen kann. Alles scheint sich im Widerstreit mit dem Rest zu befinden - Harvey Keitel, Philip Seymour-Hofman und Emily Watson sind ja auch noch dabei, allesamt talentierte und überaus gern gesehene Schauspieler -, von allem hätte man sich, auf Kosten des Anderen, etwas Mehr gewünscht, ohne aber wirklich auf das Andere verzichten zu wollen oder zu können. Ein Film ohne rechtes Zentrum also, mit vielen Chancen, von denen nur wenige umgewandelt wurden. Nicht ganz mißglückt, aber eben auch nicht ganz geglückt.

Schade. Wirklich. Das nächste Mal vielleicht etwas weniger Staraufgebot, dafür aber ein glühendes, faszinierendes Zentrum! Bin ja eh der Meinung, dass Filme wieder etwas mehr to the point inszeniert werden sollten.


#134 Immo

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Geschrieben 04. Juli 2003, 23:36

Nachtrag
IGBY! | 23.06.2003 | KINO INTIMES

Peinlich, peinlich - glatt unterschlagen, den Film! :eek:

Vielleicht ja deshalb, weil mir der Film so unendlich belanglos vorkommt, so nervig in seiner Belanglosigkeit, das einem jedes Wort zuviel erscheint. Da wird sich also bemüht, so eine Art Wes-Anderson-Film aus dem "Fänger im Roggen" zu drehen, nur irgendwie scheitert beides an der Hürde der reinen Behauptung. Witz, Skurrilität, Charme, joviale Revolte, erste Liebe, die große weite Welt - alles soll in einen Film gepackt werden, nichts davon auch nur annähernd befriedigend erfüllt. Es ist noch nichtmal Enttäuschung, die sich breit macht, keine Momente, in denen man diesen Film lieben möchte, aber nicht kann, nein. Nahezu von Anfang an wusste ich: "Dieser Film wird mir unheimlich auf die Nerven gehen, keine einzige Minute davon wird mir irgendwie gefallen."

Und ich sollte Recht behalten. Igby goes downheißt der Film im Original, im Deutschen schlicht Igby!. Nun denn, Igby! went down indeed.

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#135 Immo

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Geschrieben 06. Juli 2003, 01:49

WRONG TURN | 04.07.2003 | PRESSEVORFÜHRUNG

Die Vorbilder liegen auf der Hand: An allen Enden wird hier, nein, nicht etwa zitiert, sondern geklaut, oft recht dreist sogar! Texas Chain Saw Massacre 1 und 2, Tanz der Teufel 1 und 2 und Herr Vorhees schaut auch vorbei, wenngleich nur kurz. Gerade zu Beginn steht sich der Film deshalb mehr oder weniger selbst im Weg, verzweifelt man doch recht schnell ob der treisten Plünderung im, offenbar, Selbstbedienungsladen: eine Gruppe Twens fährt mit dem Van über's Wochenende mitten in den Wald, es ereignet sich ein Unfall mit einem recht unachtsamen jungen Yuppie, der sich der Gruppe nunmehr anschließt, die ersten Opfer fummeln etwas zu stark miteinander und rauchen auch noch Hasch, der Rest findet eine alte, verfallene Hütte, darinnen allerlei bizarr verfremdeter Einrichtungsgegenstände und, nicht zuletzt, ein Stromgenerator und einige Kühlschränke mit Leichen drin. Recht schnell wird klar: Hier treibt eine kannibalistisch veranlagte Kleinfamilie ihr Unwesen. Nein, diese heißt dann nicht etwa Sawyer, dafür sind sie allesamt körperlich arg deformierte, nun ja, "Trolle" mit Fantasiesprache und archaischer Bewaffnung - das wäre dann letzten Endes endlich sogar mal eine eigene Idee, wenn mich nicht alles täuscht. Danach geht's munter weiter, wie es eben weiter gehen muss, es wird gehackt, zerstückelt, gejagt, geschrien, verletzt, gehumpelt, sich gerächt.

Sind die ganzen Referenzen dann erstmal abgehakt - so nach ca. einer halben Stunde -, entpuppt sich der Film doch noch als einigermaßen unterhaltsamer Genrevertreter- sicher kein soon-to-be-Klassiker, aber hier und da macht er ganz prächtig Spaß, zumal man solche angenehm zynischen Metzeleien auf hiesigen Leinwänden ja nur recht selten zu sehen bekommt. So rangiert der Film stets hin und her, zwischen unsagbar dämlich und angenehm nervenkitzelnd, zwischen brutalstmöglich offensichtlich geklaut und eben nett variiert. Wäre da nicht diese allumfassende lack of ideas in der Exposition, die einen Schlimmstes für den Rest erahnen lässt und einen in der Penetranz ihrer Zurschaustellung nicht selten vor die Wahl stellt, den Saal nun zu verlassen oder eben nicht, wäre aus Wrong Turn vielleicht sogar ganz ordentlicher Sleaze geworden (wenngleich der Gorefaktor - ich geb's ja zu: leider - höchstens noch im Mittelfeld zu verorten ist, da hätte man durchaus noch etwas energischer ans Handwerk gehen können), der sich - im Gegensatz zu Resident Evil etwa - nicht bloß auf somatische Schocks ausruht. So jedoch blieb der Eindruck notwendigerweise zwiespältig.

#136 Immo

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Geschrieben 07. Juli 2003, 18:44

EINS, ZWEI, DREI | 05.07.2003 | VHS

Wo nur anfangen? Wo anfangen in einer Beschreibung dieses - Achtung: abgedroschen! Aber eben auch: berechtigt! - Feuerwerks von zündenden Ideen und Gags. Vielleicht ja beim Zentrum dieses Films, dem us-amerikanischen Cocacola-Leiter in Berlin-West im Jahr 1961, mitten im Kalten Krieg also. Wie er auf der Karriereleiter nach oben steigen will, dafür alles macht, auch die Tochter des Konzernchefs, mehr oder weniger, für ein paar Wochen bei sich beherbergen - auf Kosten des eigenen Familienurlaubs, versteht sich - und sie - naja, mehr oder weniger - beaufsichtigen. Wie er den Kommunisten aus Moskau Coca Cola verkaufen will - "Ihr seid mit Eurem Gagarin vielleicht schneller auf dem Mond als wir, aber wenn er unterwegs Cola trinken will, dann muss er zu uns kommen!" -, wie er in dem - nicht vermeidbaren, klar - heillosen Unglück - die Tochter heiratet einen jovialen Arbeiterklassenkommunist, wie er im Parteibuch steht - versucht, alle Fäden beisammen zu halten und sich dabei, eigentlich, gar nicht schlecht schlägt. Oder könnte man bei den Deutschen anfangen, allesamt noch marschiergeile Mehr-oder-weniger-Ex-Faschisten, aber eben auch ganz besonders Opportunisten, beim Assistenten etwa, der sich zur Not auch mal als Blondine an betrunkene Russen verkaufen lässt, anschließend mit "Yankee, Go Home"-Luftballons als Brustersatz durchs nächtliche Berlin-West taumelt, halb vergewaltigt wird von betrunkenen US-Soldaten? Vielleicht wäre ja aber auch Horst Buchholz als parolenreißender Sohn seiner Klasse eine Überlegung wert, wie er, wider Willen, vom Kommunisten zum Kapitalisten werden muss, denn der Vater der Tochter naht mit dem Flugzeug und wie sich, nachdem man den Kommunisten wieder "nach drüben" gebracht hat (nicht ohne ihm die Parteizukunft verbaut zu haben, versteht sich), herrausstellt, heißt das in Obhut gegebene Mädchen nicht nur nunmehr Piffl mit Nachnamen, sondern wird dem Piffl auch noch ein Kind gebären wird. Ach, es gäbe ja noch so viel mehr, von dem man berichten möchte, so viel mehr, mit dem anfangen könnte, so vieles, was einem in diesem Film die Tränen vor Lachen in die Augen treibt, deswegen fange ich am besten bei Billy Wilder selbst an, ganz oben über dem Szenario also, bei demjenigen, der hier die zahlreichen Fäden in der Hand hielt und zu diesem genialen Stück Filmzwirn sponn: Respekt!

Vor allem aber: Vielen Dank für diesen wunderbaren Film.

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#137 Immo

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Geschrieben 08. Juli 2003, 13:08

DIE REIFEPRÜFUNG | 05.07.2003 | VHS

Eine Eigenart des us-amerikanischen Films tritt bei der erneuten Sichtung - der ersten seit Jahren - zutage: Die Fähigkeit zur Aneignung, aber eben auch zur Umwandlung. Die Bilder - der Film ist visuell ja so ungemein reich und spannend - wirken wie von Bergman oder Antonioni entnommen, die Story könnte auch von einem Godard oder Truffaut stammen. Und doch ist da diese ganz spezifische Eigenheit des us-amerikanischen Films, die ich sehr schätze, aus dem Angeigneten doch noch etwas Eigenes zu schaffen. Wirken genannte europäische Auteurs gerne oft schwerfällig, sinnüberladen und betont intellektuell, so dass nicht selten erst die filmtheoretische Auseinandersetzung die Filme in einem zufriedenstellenden Maße erschließt (ich nehme da mal Truffaut aus, der war dann doch meist eher etwas lockerer), kann Nichols' Film auch "einfach so" genossen werden. Auch ein filmtheoretisch unbedarfteres Publikum sich dem Bann der Bilder, der reizvollen Geschichte nicht verschließen.

Was nun nicht etwa heißen soll, dass der Film deswegen "primitiver" wäre, mitnichten. Nein, Die Reifeprüfung ist inhaltlich wie ästhetisch ungemein reich und spannend, aber eben auch eine Einladung zum Dialog an das Publikum, wohingegen die "alten Meister" dem Publikum doch gerne nur die Welt durch die eigenen Augen präsentieren wollten. Was keine Absage an Bergman, Antonioni, Godard und wie sie noch alle heißen darstellt, nein, dies nur eine Feststellung.

Der Unterschied mag darin bestehen, dass Filme wie Die Reifeprüfung funktionieren und zudem auch noch filmtheoretisch einiges Reizpotential darstellen, quasi als Bonbon, während die Vorbilder wohl wirklich erst - so zumindest meine Erfahrung - der Filmtheorie bedürfen, um funktionieren zu können. Es macht nur wenig Sinn (und Spaß), Filme miteinander hierarchisch zu vergleichen, mittlerweile aber scheint mir ersteres Modell wesentlich vielversprechender zu sein.

Interessanterweise (aber eigentlich ja nur logisch) gefällt mir aus Antonionis Oeuvre der vielgescholtenste Film, Zabriskie Point, am besten.


#138 Immo

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Geschrieben 10. Juli 2003, 00:42

INTIMATE CONFESSIONS OF A CHINESE COURTESAN | 06.07.2003 | VCD

Nicht nur aus filmhistorischer Perspektive ein großes Schmankerl der diesjährigen Berlinale, auch fernab dessen ein ungemein schönes Stück Filmgeschichte aus Fernost, nunmehr endlich auch auf Konserve im Heimkino verfügbar. So eine Art edler Jess Franco Film aus Hongkong ist das, mit allem, was dazu gehört: Ein vor allem von Obsessionen bestimmtes Handlungsgerüst, psychedelische Musik, Sex und Gewalt, wunderschöne Set Designs, Reißschwenks und Zooms, eine ganz eigene Eleganz und eine gehörige Portion Naivität im Umgang mit den verhandelten Topoi. Ich weiß nicht exakt, woran es liegt, aber diesen Film konnte ich umgehend in mein Herz schließen - bei den Francofilmen habe ich da oft noch Probleme. Es mag an den schönen Kostümen, der ungemein schwülstig-affektierten Musik, den sehr attraktiven Frauen (mal ehrlich, beim Franco hat das doch immer eher Bahnhofsviertelcharakter, was man da zu sehen kriegt) und der flirrenden Atmosphäre, die den ganzen Film umgibt, liegen.

Schwer etwas zu diesem, ja, Juwel des Schundfilms (das ist denkbar zärtlich gemeint) zu schreiben, was ihm auch gerecht werden könnte. Ich belasse es deshalb mit einem denkbar entspannten "Faszinierend" und lasse fortan Bilder sprechen:

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Razzia im Freudenhaus

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Qualitätsprüfung der Frischware, nicht ganz freiwillig

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Die hohe Kunst der Verführung





#139 Immo

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Geschrieben 10. Juli 2003, 00:59

ÜBER DEN DÄCHERN VON NIZZA | 06.07.2003 | VHS

In den Userkommentaren zum Film bei imdb.com heißt es in der Überschrift: "Not a great Hitchcock but a Hitchcock after all." Damit ist eigentlich schon so gut wie alles gesagt! In ganz und gar bezaubernden Technicolorfarben erzählt Hitchcock einmal mehr seine Geschichte vom Mann, dessen Identität in Frage gestellt wird. Die Zutaten sind gewiß allesamt vorhanden, nur war es dem Meisterkoch offenbar heute nicht gelungen, auch wirklich die frischesten Exemplare auf dem Markt zu ergattern, so bleibt ein zwar unterm Strich recht spannender und auch unterhaltsamer Film in Erinnerung, von den Lektionen in Sachen filmische Klasse, wie man sie andernorts im Werk Hitchcocks serviert bekommt, ist To catch a thief allerdings weit entfernt, bleibt bloß routinierte Fingerübung. Das ist schon weit mehr als andere bieten, deswegen will ich es hiermit auch auf sich beruhen lassen.

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#140 Immo

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Geschrieben 10. Juli 2003, 01:54

RABID DOGS | 07.07.2003 | DVD

Das italienische Genrekino. Wie kaum ein zweites auf der Welt besteht das italienische Genrekino aus Blut, Schweiß und Tränen. Aus unrasierten Gesichtern, irrem Gelächter mit manisch dreinblickenden Augen, speckigen Jeans und großen Schweißflecken auf den nicht selten groben Hemden. Ein Kino von archaischer Kraft ist das, mit Ecken und Kanten, Kontroversen und Provokationen, ohne glattpolierte Flächen. Eine Kino, dem moralische Instanzen verlustig gegangen sind, das wie kein zweites die Rede vom Homo hominem lupus illustriert hat.

Das Leben des Einzelnen ist also auch in Rabid Dogs, einem sehr späten Bava, der jahrelang unveröffentlicht in den Archiven lag und erst Mitte der Neunziger - Jahre nach Bavas Tod - veröffentlicht wurde, nicht viel wert. Opportun wird gemordet, werden Menschen zu Geißeln genommen, terrorisiert. Eine Grupe von Gangstern entführt nach dem Coup - hektisch geschnitten, geradezu sträflich lückenhaft, dynamisch also, brillant - einen Wagen nebst Insassen, um die Flucht sicherzustellen. Ein bedrückendes Kammerspiel auf italienischen Autobahnen entfaltet sich - selten, dass mal nicht alle fünf Insassen des Wagens in den Bildkader gestaucht werden -, Dynamiken in der Gruppe entstehen. Rauhbeinig wie im Italowestern geht es zu - von dem hat Bava eh sehr viel übernommen -, mit allerlei Zynismen und Folterungen. Vieles scheint ja vielleicht wirklich nur spekulativ, dennoch ist das Ergebnis spannend, nie weiß man, in welche Abgründe uns Bava als nächstes führen wird. Eine durchkapitalisierte Welt im Mikrokosmos, in der selbst das Gute - was für ein galliger Schluß! - nicht so gut ist, wie man zuvor nur allzu gern zu glauben bereit war.

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Psychologisierungen interessieren hier keinen und das ist angenehm. Die Menschen sind sicher grell überzeichnet, nie aber bloße Fiktion, nie nur Pulp. Da ist etwas, in diesem Film, das lodert und brennt, etwas, das seine Wurzeln diesseits der Leinwand benennen kann. Es erzählt vom Wahnsinn und vom Sadismus und wer meint, diese Welten nicht zu kennen, der hat nur noch nicht in sich reinhorchen wollen.

Ein angenehm düsterer, zynischer Film, der nicht etwa aus reiner Menschenverachtung seine Kraft bezieht, sondern sich vielmehr resignierend abwendet, eigentlich ja im Kern - diese rigoros gegen die Bilder anspielende, traurige Musik erzählt uns das - zutiefst melancholisch ist.


#141 Immo

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Geschrieben 10. Juli 2003, 22:10

VOLL FRONTAL | 08.07.2003 | UFA-PALAST KOSMOS

Es mag etwas nach feuilletonistischer Sophisterei klingen, attestiert man Steven Soderbergh den Bruch als einzige Kontinuität in seinem Werk, ja geradezu als Motiv desselben. Seien es die vielfältigen Brüche in der Filmographie - mit Brockovich und Traffic Oscarstoff, dann Starensemble-Popcornkino, gefolgt vom rohen Kunstfilm wie Full Frontal im Nahezu-Homevideo-Look und von Schizopolis habe ich noch gar nicht erst angefangen - oder aber auch seine das bloße Material rigoros miteinbeziehende Auffassung vom Filmemachen - die oft schon willkürlich anmutenden Cutter-Spielereien von The Limey und Solaris etwa - oder aber auch der Wechsel des Filmmaterials selbst mitten im Film. Full Frontal löst, von dieser Perspektive aus gesehen, alles ein, was einen Soderberghfilm ausmacht: Das Filmmaterial "springt", der Film wurde in einer Vielzahl von nicht selten verwirrenden Jump-Cuts montiert, das Gefüge der innerfilmischen Realität wird überhaupt aufgebrochen (bzw. gefaltet). Hier und da ist der Film grotesk wie sein Bunuel-meets-Monty-Python-and-altogether-they-have-sex-with-John-Waters-Film Schizopolis, dann ist er wieder brachial dokumentarisch-realistisch, bricht schließlich unser Verständnis von der verwackelten DV-Aufnahme als "realistisch" und inszeniert seinen Film als kaum noch zu dechiffrierenden Film-im-Film-im-Film.

Und trotzdem: Der Film funktioniert nicht, einfach nichts zu machen. Er etabliert ein ganzes Ensemble an Protagonisten, dokumentiert deren Tagesablauf, springt scheinbar willkürlich zwischen den einzelnen Episoden hin und her, zeigt allzu Groteskes, Trauriges, Neurotisches und führt am Ende dann doch alle in einer großen Party eines Filmproduzenten in Hollywood zusammen. Natürlich nicht unerwartet, zu Beginn werden uns die Einzelnen - Sieben an der Zahl - mit einführenden Bildtafeln vorgestellt, wir erfahren, wie im Steckbrief, Name, Alter, Beruf und über welche Wege sie überhaupt zu jener Party gelangt sind, dazu hören wir sie aus dem Off mit mehr oder weniger relevanten Reflexionen über das Leben, die einem Interview entnommen zu scheinen. Es entsteht der Eindruck einer Gruppentherapie, immer wieder werden Kommentare aus dem Off eingespielt, der Film erreicht stellenweise - und angesichts der von Soderbergh verordneten Guerillataktiken beim Dreh wohl auch nicht zufällig - Happeningcharakter.

Man schaut dem zu, sondiert die Lage, versucht den Film zu durchdringen, zu verorten - Ah, Dogma 95 also und auch Woody Allen, so ein wenig, und diese Schnitttechnik, na also, die ist aber von Godard abgekuckt -, versucht ihm auf die Schliche zu kommen, erwartet den großen Clou und - nichts! Einfach nichts! Ein großes Gemenge an Neurosen, an biographischen Details und Verstrickungen wird aufgehäuft, hier und da eine skurrile Idee - zum Beispiel die Inszenierung eines Off-Theaterstücks, das Hitler bei Beziehungsgesprächen zeigt, ihm dabei die typischen Worte aus zeitgenössischen Beziehungsfilmen in den Mund legt -, jedoch ist man es, vielleicht auch der selten in solcher Hässlichkeit gezeigten Videobilder, irgendwann leid, den Überblick behalten zu wollen. Gibt ja auch keinen Grund dazu, es ist eh überaus langweilig, was hier gebraut wird, und obendrein prätentiös verschwurbelt.

Am Ende dann fragt man sich ernsthaft, was das denn nun sollte, was den Künstler Soderbergh geritten haben könnte. Wie eine, buchstäblich, schlechte Kopie verkorkster europäischer Kunstfilme mutet Full Frontal an, künstlerlisch jedoch langweilig bis anachronistisch, für eine Satire auf den Kulturbetrieb zu kraft- und mutlos, für einen sozialen Kommentar zu aufgesetzt und beliebig, für ein Drama zu nebensächlich. Kurz gesagt, Voll Frontal ist voll banal.

#142 Immo

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Geschrieben 11. Juli 2003, 14:19

BAMBOOZLED | 09.07.2003 | DVD

Zunächst etwas von den flachen Videobildern abgeschreckt, funktioniert der Film dann aber letzten Endes doch. Was auf den ersten Blick als recht platte Rassismuskritik rüberkommt, entpuppt sich als hochgradig verschachtelte, komplexe Auseinandersetzung mit "Simulation und Simulacrum" des "Niggers". Vorgeführt werden nicht nur die Coons der Minstrel Shows, auch andere Ausformungen des "Niggers" werden dargestellt, analysiert. Am Ende sind sie alle bamboozled. Und der Film ist als intertextuelles Werk zu verstehen: Es geht nur vordergründig um den selbst bei Liberalen latent vorhandenen Rassismus der aus der fiktiven, eigentlich ätzend gedachten Satire-TV-Show ein affirmatives Happening des Rassismus macht, denn auch Lee geht nicht anders vor als Delacroix im Film: Die vielfältigen Plakate zum Film, das Artwork der DVD-Gestaltung usw. - allesamt bedienen sie, auf Teufel komm raus, die klassische Ikonografie. Ein Hinweis also, sich nicht allein auf der bloßen Oberfläche aufzuhalten, der Film geht tiefer.

Keine plakative Inszenierung der eigenen Moral also, wie sie der 2. große, zeitgenössische Polemisierer des us-amerikanischen Films, Michael Moore, kultiviert. Ein Film, der beißt und wirkt. Nur das wird der Thematik gerecht.


#143 Immo

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Geschrieben 13. Juli 2003, 00:48

HULK | 09.07.2003 | UFA KOSMOS

Lee schafft mit Hulk wohl den Prototypen eines künftigen Superheldenfilmes, vielleicht ja sogar eines neuen Actiongenres überhaupt. Der in letzter Zeit immer gradliniger beschrittene Weg vom "Höher! Schneller! Weiter!" scheint mit Matrix:Reloaded das Ziel erreicht zu haben. Man ist dort also angekommen, blickt sich neugierig um - die Versprechungen waren ja schließlich, wahrhaftig, mehr als groß - und entdeckt doch nur kopfschüttlend Trostlosigkeit. Hulk dagegen ist äußerst pointiert in seiner Action, setzt seine nichtsdestotrotz reichhaltig im gesamten Film vorhandenen technischen Finessen - entgegen den Gewohnheiten seines titelgebenden Helden - nicht brachial ein, sondern um sich selbst und ihrer Wirkung bewusst. Nicht unbedingt bloß Reduktion also, die Lee mit diesem klugen Film als Alternative, vielleicht ja sogar als rettenden Strohhalm vor der finalen Übersteuerung vorschlägt, sondern vor allem eben Reflexion, Verinnerlichung. Geben wir dem Actionfilm Drama, ohne ihn aber zu kastrieren, geben wir ihm Sahne statt Soße. Miracel Whip statt handelsüblicher Mayonnaise, sozusagen.

Verinnerlichung in jeder Hinsicht, im übrigen. Um die Gene geht es, die einst im Selbstexperiment modifiziert, später an den Sohn weitergegeben wurden. Eine furiose und dennoch nicht erdrückend schwer inszenierte Exposition erzählt uns von dieser Reise ins Ich des Gen-Codes, von dieser Reise ins Ich, Über-Ich und Es, denn Hulk könnte wohl auch Freud heißen. Entfaltet wird ein dicht gewebtes Netz an Vater-Kind-Implikationen, immer gewiß an psychoanalytische Allgemeinplätze angeschmiegt, eine Rivalität zweier Väter, deren Kinder doch Liebende sind, entsteht, nimmt ihren alles verzehrenden Lauf, keiner mehr darinnen, der noch autonom handeln, jenseits von Biografie und Verletzungen darin agieren könnte. Bruce Banner berichtet deshalb auch von seinen orgiastischen Amokläufen - in der Tat, wir sehen ihn - Freud, knick-knack - einmal in der Wüste stehen, daneben schon fast obszön einem erigierten Penis gleichenden Steinmonolithen - als wären sie der Sex in der Wüste aus Zabriskie Point: "Ich fühle Freiheit. Und wenn ich die Kontrolle komplett fallen lasse - genieße ich es!" Dies alles unterstreicht analog die Bildebene, die Montage, ja überhaupt der Umgang mit dem footage, der - angelehnt an Comic Panels - kaum eine Einstellung mit einem klassischen Schnitt beendet. Nein, es gibt vielmehr Splitscreens en masse - so effektiv wie selten zuvor - zu bewundern, Blackboxeinblendungen wie sie selbst Greenaway nicht besser hätte gestalten können, Bilder überlappen sich, fließen ineinander über, verschmelzen miteinander, teilen sich widerborstig. Unterschiedliche Perspektiven auf's Geschehen gewähren in der Parallele Überblick über das Gesamte, lassen somit auf der Bildebene ebenfalls ein Netz an Bezugspunkten entstehen, das den Handlungsraum als ganzen determiniert und in sich geschlossen, eigentlich somit so klobig wie seinen Titelheld, zeigt. Wer darin gefangen ist, gehört dazu, kann nicht mehr entkommen, erzählt das. Ist von Biografie und Bilderwelt gleichermaßen determiniert und nur noch also bloße Verfügungsmasse.

Ein Film wie Hulk ist vielleicht ein kleines Wunder, zumindest aber ein Glücksgriff: inhaltlich, formal, inszenatorisch und ästhetisch so reich wie ein Autorenfilm, dennoch aber auch so unterhaltsam wie ein kunterbuntes Popcornmovie. Vielleicht macht dieses Beispiel ja wirklich Schule. Zu hoffen wäre es.



#144 Immo

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Geschrieben 13. Juli 2003, 14:30

MY LITTLE EYE | 11.07.2003 | VHS

Die geisterhafte Welt der Medien war ja nun schon immer ein Experimentierfeld für's Horror- und Paranoia-Kino. Neue Entwicklungen, neue Diskurse, neue Technologien - die finale Adelung ihrer Relevanz findet wohl wirklich erst mit der Verwurstung in eben jenen Filmgattungen statt. In My Little Eye wird dann sowohl Big Brother, als auch der Web-Dschungel einer paranoiden Untersuchung unterzogen: Sechs "junge, dynamische, zielorientierte" Menschen ziehen für sechs Monate in ein kleines mit unzähligen Webcams versehenem Häuschen mitten in der Wildnis eines riesigen Waldgebietes. Übertragungsort ist nicht etwa das TV, sondern das Internet. Als Gage winkt am Ende eine Million Dollar, die jedoch - Obacht, erschwerte Bedingung im Gegensatz zum allseits bekannten Pendant! - nur dann ausgezahlt wird, wenn keiner das Haus verlässt. Haut auch nur einer ab, gehen also alle leer aus - das ist der Stoff, aus dem Psychoterror gemacht ist! Als dann kurz vor Ablauf der Frist unheimliche Geschehnisse ihren Lauf nehmen - in den Verpflegungssets liegen auf einmal Waffen, es findet sich ein Brief, der den baldigen Tod des Großvaters des labilsten der Teilnehmer verkündet, ein seltsamer Fremder - angeblich ja sogar Programmierer und Internetchecker, aber von jenem ominösem Internet-Webbroadcast hätte er noch nie gehört - taucht auf - , beginnt die Situation zu eskalieren. Ist alles nur ein Spiel? Alles nur Sticheleien, um die Gruppe zu zerreiben, um die Million nicht rausrücken zu müssen? Spielen alle das selbe Spiel oder gibt es unterschiedliche Ziele? Oder geht es um was ganz anderes, gibt es dieses Spiel mitunter gar nicht? Fragen, die erst zum Preis mehrerer Tote beantwortet werden können!

Es ist naheliegend, dass My Little Eye den Look der TV-Vorbilder zu simulieren versucht. Statische Überwachungskameraperspektiven also, mit deutlich vernehmbaren Summen unterlegte Zooms auf die Gesichter der Agierenden, dazu der ausgewaschene, oft grobkörnige Look typischer Webcam-Bilder und, natürlich, grün schimmernde Nachtsichtaufnahmen kleiden das Geschehen in ästhetische Form. Wenngleich man jedoch nicht konsequent ist: Nicht wenige Einstellungen erzählen mehr von künstlerischen Absichten der Filmemacher als von der rigiden Ökonomie, mit der man ein Haus für eine Übertragung "verwanzen" würde. So sitzt die Kamera an einer Stelle auf einem Kugelschreiber, an anderer filmt sie aus der Mitte eines Duschkopfs in Aktion nach unten - das sind, zugegeben, verwirrende und schöne Bilder, doch dennoch bleiben sie dem Film fremd, stehen eigentlich sogar fast im Weg. Auch sind einige Szenen - vor allem jene, in denen eine hohe Bewegungsdynamik herrscht - mit verwackelten Bildern aus der Ego-Perspektive eingefangen worden, was natürlich unwillkürlich Assoziationen zu Blair Witch Project wachruft (vor allem wenn weinende Frauenaugen mit Nase drunter das gesamte Bild ausfüllen und dazu mit zitternder Stimme wehgeklagt wird), dem in diesen Momenten offenbar nachgeeifert werden soll. Schöner und smarter wäre es freilich gewesen, hätte man in diesen Momenten dem Vorbild nicht allein auf bildästhetischer Ebene zu ähneln versucht, sondern hätte man sich vor allem das strenge Verfolgen des zugrundeliegenden, konzeptionellen Korsetts zum Ideal gemacht. Blair Witch hat uns (ähnlich wie auch Mann beißt Hund) mit seinem Finale gezeigt, wie gruselig es sein kann, im Kinosaal zu sitzen und das Bild losgelöst vom eigentlichen Geschehen zu sehen, während der Ton ganz bei sich ist. Wenn in My Little Eye die WG die komischen Geräusche auf dem Dachboden untersucht und dabei, wie auch an vielen anderen Stelle, das ästhetische Konzept zugunsten eines verwackelten DV-Realismus aufgeweicht wird, wird eigentlich ja schon zu viel gezeigt, der dem Film später dann noch übergestülpte Diskurs vom militärischen Sehen als Gewaltakt leidet zudem ebenfalls darunter, wird durch diese Sprünge in der Bildästhetik doch letzten Endes nur unterstrichen, dass nicht wir, die Zuschauer, es sind, die dem blutigen Treiben Legitimation verleihen, sondern eine anonymisierte Masse von Internetjunkies, die nicht mit uns identisch sein kann. Geradezu verschwenderisch wird hier eine zusätzliche Wirkungsebene verschenkt.

Trotz dieser Schwäche hat mir der Film gefallen, er hätte halt nur noch besser sein können. Die Grundidee wie auch ihre diegetische Umsetzung ist reizvoll und es macht unumwunden Spaß, sich über die offenen Fragen im Verlauf des Films den Kopf zu zerbrechen, sich dem wohligen Nervenkitzel auszusetzen. Und auf einer großen Leinwand (der Film ist auch auf dem durch's Bundesgebiet tourende Fantasy Filmfest zu sehen) macht der Film vermutlich sogar noch wesentlich mehr Spaß.


#145 Immo

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Geschrieben 13. Juli 2003, 15:13

DREI ENGEL FÜR CHARLIE - VOLLE POWER | 11.07.2003 | UCI KINOWELT FRIEDRICHSHAIN

Die Zeit wird gedehnt, der Raum ist bloße Verfügungsmasse, die Handlung wird kurzerhand zum Stichwortgeber degradiert, die Filmgeschichte (vor allem die reinen Jungs-Aspekte davon) ist nurmehr Pool zum albern drin rumwursteln - eine Nummernrevue wie im Pornofilm! Das aber ist nun beileibe nichts schlechtes (auch das Musical funktioniert ja nicht anders), im Falle der unwiderstehlichen drei Engel ist ist's sogar recht positiv. Eine bunte, hedonistische Bonbontüte ist Volle Power, die ganz wunderbar und unbekümmert von jener Welt erzählt, wie sie Keanu Reeves als Neo am Ende des ersten Matrix mit ernster Miene ins Telefon orakelnd in Aussicht stellt: Ohne Grenzen, ohne Gesetze, ohne Regeln, eine Welt, in der alles möglich ist! Ja, die drei Engel erzählen überaus ehrlich davon, wie es ist, alles naheliegende an sich zu reißen, fröhlich lachend in die Luft zu schmeißen und zu kucken, was dann so rauskommt dabei - eine Welt, in der alles verfügbar ist, Reichtum für alle sozusagen. Ein Popcorntraum, der - und das ist das Schöne daran - für Jungs und Mädchen gleichermaßen funktionabel scheint. Und ja: in der Tat ein Miesepeter, wer meint, diesen Traum mit in würdevolle Pfeifenraucherworte gekleidete Moral abtun zu müssen.

Mir hat's hemmungslos albernen Spaß gemacht, punktum.

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#146 Immo

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Geschrieben 17. Juli 2003, 11:23

BUFFALO '66 | 12.07.2003 | VHS

In Berlin ist Love Parade. Hunderttausende von Menschen feiern salopp einen Begriff (zumindest aber im Namen desselben), den Künstler aller Epochen und Schulen jahrhundertelang nicht zu fassen bekamen. Einen Begriff, der selbst schon nicht imstande ist, seinen Signifikanten Genüge zu leisten, weswegen Liebesbekenntnisse und Versuche davon meist so unendlich schal wirken, so unwahrscheinlich verkürzt. Aber egal, man feiert in Berlin die eigene individuelle Durschnittlichkeit unter Hunderttausenden von ähnlich durchschnittlichen Individualisten, zelebriert eigentlich ja nur die stumpfe Gewalt, die es braucht, einen Menschen glauben zu machen, auf der Love Parade, eingezäunt und umzingelt von Sponsoren, die in der Love Parade eine "ideale Präsentationsplattform" entdeckt zu haben glauben, die Liebe zu feiern. Deformationen allenthalben.

Unnötig, eigentlich, dies zu unterstreichen, aber: ohne mich. Natürlich. Wenn draußen die Paraden aufmarschieren, dann ist der sicherste Platz auf Erden noch immer das Zuhause, die eigenen vier Wände. Um dort einen Liebesfilm zu sehen, der zwar, natürlich, genauso scheitert wie alle anderen oft hilflosen, nicht selten lediglich kulturindustriellen Versuche dahingehend, aber in seinem Scheitern dennoch mit Brillanz aufwartet: Buffalo '66 von Vincent Gallo, für nicht wenige, mich inbegriffen, einer der großartigsten Filme der 90er Jahre. Weil er vom Stachel erzählt, der tief in einem drinnen steckt, und auch von der Deformation, der Verhärtung zu berichten weiß, von der stumpfen Gewalt, die es dafür braucht. Und weil er eine Lösung vorschlägt, die doch keine sein muss - er blendet zuvor nämlich aus.

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Der Moment, als Vincent und Christina auf dem Bett liegen, von der Decke aus hart nach unten gedreht, als die Verhärtung aufweicht, sachte, tastend, als die erste sanfte Berührung ohne sogleich folgenden hysterischen Anfall vonstatten geht - "Can you hold me? DON'T TOUCH ME!", heißt es noch etwa eine Stunde zuvor -, als die Deformation, die Beschädigung zu überwinden begonnen wird, da ist es so, als oszilliere der Film. Ein Damm bricht, verinnerlichte Zwänge werden überwunden.

Und dann nur wenig später ein Dialog. "Wirst Du zurückkommen?" - "Ich hole Dir heiße Schokolade." - "Ja, aber wirst Du zurückkommen?" Christina Ricci hat Tränen in den Augen. Man möchte sie wegküssen, verflucht diesen gläsernen Bildschirm, der einen trennt. In diesem Moment ist Christina Ricci das einzige Mädchen auf der Welt, auf das es jemals ankam. Vince verlässt den Raum, zum ersten Mal wirklich unsicher, mit einer Pistole unter der Jacke.

Ob Gallo wirklich so genial ist, wie es Buffalo '66 in Aussicht stellt, das bleibt noch zu beweisen. Brown Bunny, in Cannes vielgeschmäht, fällt exakt diese Aufgabe anheim, warten wir's ab. Sicher ist aber, verfilmte Gallo den Fänger im Roggen, das ergäbe den schönsten Film von allen. Da bin ich mir sicher.


#147 Immo

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Geschrieben 17. Juli 2003, 11:24

RUSHMORE | 12.07.2003 | VHS

Sicherlich ein Film, der mir nicht "nicht gefallen" hat. Dennoch aber blieb mir der Film durchgehend fremd, am Ende lediglich Distanz zum gerade Gesehenen: Zu keinem Moment war ich in der Lage, in den Film einzudringen, involviert zu sein. Eine Positionierung erschien mir nicht möglich. Alles rauscht vorbei, leidenschaftslos beobachtet, wenngleich auch nicht gelangweilt. Elektronische Bildpunkte auf dem Bildschirm.

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Ist der Film nun deshalb schlecht? Oder bin ich vielleicht nur nicht für seine Weisheiten empfänglich? Sollten solche Filme vielleicht auch einfach nur nicht bei glühender Hitze an einem Samstagnachmittag gesehen werden? Wer weiß das schon? Ich jedenfalls, zu diesem Zeitpunkt, nicht.

Wunderschön indes ein Schlüsselsatz, gefunden in einem Buch aus der Schulbücherei: "When one man, for whatever reason, has the opportunity to lead an extraordinary life, he has no right to keep it to himself." Diesen Satz von Jacques-Yves Cousteau darf man sich wohl ohne weiteres für's Leben merken.


#148 Immo

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Geschrieben 17. Juli 2003, 17:53

INTACTO | 12.07.2003 | DVD

Eigentlich ein Film, den man nicht im Kino sehen sollte. Ein typischer Slackerfilm, wie geschaffen für eine große Runde chipsfressender Kiffer, die in Filmen vor allem Anregungen zu weltentrückten Gesprächsrunden in der Sphäre des rein Theoretischen, Fantastischen suchen. Es geht ums "Glück haben", um das Glück als Gabe, und dass man anderen Menschen diese feste Größe Glück entreißen kann, sich - ähnlich wie in Highlander - deren Glücks bemächtigen kann, mit anderen waghalsige Glücksduelle ausfechten kann. Das ganze ist nicht nur unbekümmert logikinkonsistent, es wird auch noch mindestens ebenso unbekümmert ernsthaft vorgetragen. Selbstverständlich weiß der Film um seine Schwächen, er bemüht sich auch gar nicht, diese krampfhaft aus dem Weg zu räumen, er sieht sich eh vielmehr als Illustration einer Gedankenspielerei und in einem solchen Falle muß man sich um unwichtige Nebensachen nun wirklich nicht weiter kümmern, lediglich geschicktes kaschieren zählt.

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Deshalb regt der Film auch so ungemein zum Mitraten und Räsonieren an. Sitzen die alle nur einem Irrglaube auf? Oder ist in dieser behaupteten Realität Glück wirklich bloß eine kontrollierbare Angelegenheit aus der Statistik? Und was hat es mit dieser Geheimgesellschaft, dieser "Liga der Beglückten", die sich zu immer wahnwitzigeren Gefechten hinreißen lassen, auf sich? Was steckt dahinter, wer? Mitunter ist das alles so spannend, dass die zahlreichen Logiklöcher und Storyschwächen gerne übersehen werden. Ein Langeweiler, wer - angesichts dieses schönen Gedankenexperiments, dieser doch recht originellen Grundvoraussetzung - penibel nur auf dieser Ebene sich aufzuhalten bereit ist.

Gleichzeitig auch eine Parabel auf den Menschen an sich. Was könnten diese Beschenkten mit ihrem Glück nicht alles vollbringen? Nicht so hier: Nur der Wettkampf zählt, die Verwaltung der Liga, fressen und gefressen werden, Reichtümer - und wenn auch nur in Form des Glücks anderer Leute - anhäufen, der Beste sein, an der Spitze stehen. Und sie begehen dabei den gleichen Fehler wie König Midas, was brachte dem sein Glück schließlich schon?


#149 Immo

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Geschrieben 17. Juli 2003, 22:25

DIE JUGGER | 13.07.2003 | VHS

File under: Kindheitserinnerungen. Früher oft gesehen, oft mehrmals hintereinander, kurzum: geliebt. Heutzutage schon lange nicht mehr gesehen, da wurde es mal langsam wieder Zeit. Zumindest für meine Freundin, denn ich selber kannte diesen ganz typischen Spät-80er-Mad-Max-Rip-Off bislang nicht, dementsprechend wenig Sentiment konnte ich mitbringen. Sonntagabends also war es soweit, nach unzähligen Überredungsversuchen willigte ich ein.

Ohne persönliche Beziehung zu dem Film ist es überaus schwer, diesem durch und durch offensichtlichem Kind seiner Zeit gerecht zu begegnen. Alles ist offensichtlich geklaut in diesem Film und ohne Zweifel dem dritten Mad Max Teil entlehnt, wenn auch zwei, drei Klassen weiter unten. Da gibt es archaische Kostüme, irgendwo zwischen Conan-Ästhetik und Pop-Art, vernarbte Helden mit gebrochener Biografie und natürlich ein zynisches Mannschaftsspiel, in dessen Verlauf man durchaus auch mal als Invalider (oder noch schlimmeres) den Platz zu verlassen gezwungen ist. Um dieses Spiel dreht sich alles, im Mittelpunkt ein reisendes Team, das für etwas faulige Nahrung und mittelmäßigen Beischlaf von einer Ödnis-Community zur nächsten zieht, insgeheim von der Liga in der großen Stadt träumend.

Das ganze geht so wenig mitreißend wie vorhersehbar über die Bühne. Alles geschieht brav nach Schema F, erfüllt jegliche Konvention, die Plot und Genre nahelegen, so voreilig, dass einen das Gefühl beschleicht, jederzeit mal eben Kippen holen gehen zu können, ohne auf Stopp drücken zu müssen: Man weiß eh, was in der Zwischenzeit geschehen ist, was noch geschehen wird. Da der Sichtung zudem eine krud geschnittene TV-Aufnahme aus einer Zeit, als Werbeblocks im Privatfernsehen nur einmalig und dann auch nur wenige Spots lang eingefügt wurden, zugrunde lag, wollten auch die drastischeren Schauwerte Absenz halber nicht so recht zünden.

Der Film ist so nebensächlich und vernachlässigbar, dass ich noch nicht einmal ein halbwegs vernünftiges Bild im Web entdecken konnte.


#150 Immo

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Geschrieben 20. Juli 2003, 00:12

BRAZIL | 15.07.2003 | DVD

"There are no coincidences, Sam. Everything's connected, all along the line. Cause and effect. That's the beauty of it. Our job is to trace the connections and reveal them."

Hat ein Film je wahrer von sich und seinem Topos gesprochen? Alles ist miteinander verbunden, alles! Rohre ziehen durchs Bild, verbinden Unsichtbares von hinter der nächsten Wand mit dem sichtbaren Raum. Kaum ein Bild ohne Spiel von Vorder- mit Hintergrund: Vektoren zeigen sich auf, der Raum wird durchmessen, Spannungen entstehen - alles ist miteinander verbunden! Die Filmgeschichte: Alles hängt zusammen, bildet ein Ganzes, undurchbringbar - Brazil als Endpunkt aller dieser filmhistorischen Fäden, notwendigerweise das paranoide Ergebnis aus jahrzehntelangem Bild- und Genrebombardement.

Verflucht, was für ein rundum faszinierender Film. Mit jedem Tag steigt die kribbelnde Lust, ihn wieder zu sehen. Und wieder. Und wieder.

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