With Immo at the movies...
#1
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:43
der erste film des jahres, der erste des filmtagebuchs ist gleichzeitig der beste des letzten jahres. ein ruhiges sylvester. sekt statt selters. langsam genießen. kein großer stress, kein exaltierter party-faschismus. 8 frauen passt da schon ganz gut dazu am Abend drauf. 8 mal esprit. 8 mal witz und charme. 8 mal künstlichkeit. bewusst, forciert - innerhalb der story, aber auch als konzept des films. auf der leinwand das makabre, im saal der genuß. der genuß, zeuge eines großen kunstwerkes zu sein, seine sinne ganz bewusst nur mit dem besten des besten zu stimulieren. pure magie.
nach einem solchen Abend ist die welt einen kurzen moment lang anders. sie (oder man selbst?) ist langsamer, alles wird physisch, greifbar und lechzt danach, erfahren zu werden. man mag nicht zurück in den alltag, oh, liebes kino, behalte mich doch in deiner zauberhöhle! 8 frauen ist pure künstlichkeit, zelebrierte künstlichkeit. doch diese künstlichkeit kann einem das reale verflucht versüssen, das reale ändern, selbst real werden.
danke, catherine, isabelle, emmanuelle, fanny, virginie, ludivine, firmine, danielle, francois!
#2
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:46
die zeit, in der man seine lehrer lieber heute statt morgen mittels einer geschickt im schulgebäude platzierten bombe in die luft jagen wollte und man sich diese vorstellungskraft mit diversen punkrock-hymnen etwas anreicherte, liegt ja nun auch schon eine weile zurück, da kann etwas auffrischung nicht schaden. und ja, selbst nach 24 jahren und 2 band-internen todesfällen funktioniert dieser ramones-film aus der trash-schmiede roger cormans perfekt. die gags sind größtenteils debil, die charaktere maximal zeichentrickfiguren, die story lausig und die schuldirektorin angenehm campy auf "nazi" getrimmt. ganz überhaupt sind die ganzen nazi-eskapaden der wilden us-b-movie-äre der siebziger jahre nach wie vor die unterhaltsamsten.
ja, auch wenn man weiß, dass man es hier mit filmischer gülle zu tun hat, kann man sich an dem anarchischen treiben des filmes ganz wunderbar erfreuen. und wenn p.j. soles durch die turnhalle tanzt und dem gymnastik-machen das punkrock-singen vorzieht, dann ist es um immo eh erstmal geschehen!
...und der blöde arsch von tv-moderator aus "frankensteins todesrennen" ist auch noch dabei (rechts im bild)!
#3
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:47
die programme der dritten haben sich in den letzten monaten als wertvolle quelle für meine vhs-sammlung entpuppt: so liefen dort nicht gerade wenige grusel-klassiker, die man sich dort ohne werbeunterbrechung oder weggeschnittene nachspänne archivieren kann.
und dieser kleine filmjuwel ist nun wirklich eine echte bereicherung: die stellenweise an nosferatu erinnernde, expressionistische schatteninszenierung ist einfach nur eine augenweide, die schmelzenden wachsfiguren gleich zu beginn stehen dem in nichts nach und glenda farells spiel als burschikose reporterin und lebefrau ist einfach nur herrlich anzusehen. sicher, der film ist in vielem nur eine eher platte aneignung des frankenstein-motivs, aber dezenten grusel und einen gelungenen filmeabend, das zaubert dieser klassiker nach wie vor hervor! und die tolle 2-strip-technocolor Farbgebung wäre sowieso schon wieder einen eigenen eintrag wert!
#4
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:49
bond goes griechische mythik? die story rund um den die weisungen des vaters anzweifelnden, koreanischen größenwahnsinnigen, dessen ikarus-projekt - soviel ist wohl jedem klar - letztendlich scheitern wird und selbst opfer seines größenwahns wird, scheint dafür zu sprechen. und zwischen fröstelnd-kalt und feurig-heiß schwebt der film zudem auch noch.
viel erwartet habe ich von meinem ersten bond nach jahren nicht und so konnte ich auch nicht enttäuscht werden: nach anfänglicher skepsis, "das ist ja doch wieder nur so action-standard-ware", war ich dem comic-charme dann doch erlegen und verließ gutgelaunt den saal, wohlwissend, dass ich eben knapp 2 stunden bester popcorn-unterhaltung genossen habe. doch, hier stimmt wirklich alles und wenn man sich nichts nostalgischerweise vormacht, muss man zugeben, dass dieser bond aus den gleichen teilen besteht, die auch schon die klassiker "von früher" zu mehr als nur ihrer summe gemacht haben. wer sich dem nicht hingeben kann, dem sich aus falschen gründen nicht hingeben will, hat selber schuld, er ist mir auch irgendwie egal, mir hat's einfach auf herrlich naive art und weise spaß gemacht!
...und langsam aber sicher sollte man sich vielleicht mal von connery als "einzig wahrem bond" trennen, aber das mal nur gaaaaanz am Rande!
#5
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:55
matinés sollte man eigentlich häufiger mal mitmachen, die können einem wirklich einen schönen tag bescheren. und das geht so:
sonntag morgen, um 11:00 uhr aufwachen, die freundin schmiegt sich verträumt an einen, aber irgendwie aufstehen wollen wir beide nicht. man döst also so vor sich hin, kuschelt mal hierhin, mal dorthin, ach ja, der film, der film fängt doch bald an. also doch aufstehen. erstmal ein knappes, aber leckeres frühstück mit blick über die stalinbauten der frankfurter allee, die noch immer mit die schönste straße berlins ist und ich bin mal wieder verflucht froh, hier zu wohnen. und, yeah, wenn es frisch geschneit hat, dann ist der ausblick besonders schön - passt schon ganz gut, dass wir uns gleich diesen inuit-film mit dem für uns Euro-Nasen quasi unaussprechlichen namen in der 13 uhr vorstellung eines der schönsten kinos der stadt ansehen wollen.
eine kanne schwarzer kokos-tee ist ebenfalls schnell gekocht, die lebensgeister recken sich, die heizung rumort vor sich hin und wir beiden schlafmützen finden langsam zur gewohnten form zurück. dann aber mal los, es ist schon viertel nach zwölf und wir wollten den kinogang mit einem langen spaziergang verknüpfen. also ab in den schnee, ab durch den schnee besser gesagt, und hin zum kino.
dort ist wirklich mal angenehm wenig los und der seltsam-verschrobene kassierer dieses kinos ist so quirlig wie eh und je. irgendwie umgibt die menschen an einem verschneiten sonntag-nachmittag, wenn es nichts außer schönheit, genuß und viel, viel zeit zu geben scheint, aber doch noch eine etwas andere aura. aber vielleicht liegt das auch nur an mir und meiner sorglosigkeit.
atanarjuat dann also. keine werbung, immerhin. und der film nimmt sich zeit, besonders viel zeit. er erzählt eine uralte sage der inuit, eine ziemlich universelle von liebe, eifersucht und hass sogar, und lässt in all seiner ruhe eher die kultur und den alltag der inuit zum eigentlich hauptdarstellter werden. das ist dann doch schon irgendwie interessant, vor allem aber auch deswegen, weil der film dann doch erfreulicherweise wenig fläche für exotismus-projektionen irgendwelcher grünwählenden reformhauskunden bietet. das vermeintlich in harmonie mit der natur lebende ur-volk wird nicht zum zentralen thema auf der leinwand, der inuk von nebenan hat halt auch schlechte zähne, will seinem bruder die frau ausspannen, bringt seinen nächsten auch schon mal um und tritt seinen hund. die leicht alternativ aussehende dame in der reihe vor uns, die doch tatsächlich ihre kleine krampe in diesen 3-stunden-film gezerrt hat - ego trip der mutter, gut gemeinte pädagogik, naturfilm, wir wussten wirklich nicht, was so ein knirps in einem beziehungsdrama mit untertiteln zu suchen hatte -, wird aller wahrscheinlichkeit nicht wirklich glücklich mit diesem film gewesen sein. die einzige szene mit etwas blut wurde dann auch sofort mit der obligatorischen hand vor die augen des kindes quittiert, nun ja.
und ich? nun ja, ich neige ja dazu, ambitionierte, ruhige Überlängenfilmen gerne etwas mehr abzufeiern als sie es eigentlich verdienen, aber in diesem falle kann ich mir wohl sicher sein: ich fand ihn nett und langweilig war mir auch nie. ein meisterwerk, wie es dann doch an manchen orten im bundes-deutschen feuilleton munkelte, ist er sicher nicht. dafür ist er mir einfach zu sehr nur stille, langsame erzählung und zu wenig ästhetischer genuß, und den braucht es für mich einfach, wenn ein film mit 3 stunden länge begeistern will.
auf dem rückweg gab es dann auch noch viel zu erzählen, über den film, über die frau mit dem kind vor uns, über die seltsamen beiden damen hinter uns. über den unsinn moralischer von-sich-weisungen von filmen, die dem eigenen wertekanon nicht unbedingt entsprechen. über den weiteren verlauf des bislang angenehm langsamen tages. die sonne senkt sich langsam hinter dem fernsehturm und die karl-marx-allee ist ins zwielicht getaucht. der noch immer frische schnee schimmert, wir beide frieren und beschleunigen unseren schritt. gottverflucht, wie halten das die inuit nur aus, bei dieser kälte?
link: hier gibt es fotos von unserer spaziergang-strecke (ab dem Frankfurter Tor, auf das ich von meinem balkon aus blicke), das Kino ist auch mit dabei. eine der schönsten ecken berlins. mein kiez.
#6
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:56
"Es gibt keine Helden mehr, nur Männer die Befehle ausführen!" heißt es gleich zu Beginn dieses kleinen fiesen Bastards von 70er B-Action. Wie fies er wirklich ist, zeigt er gleich ein paar Minuten später als ein kleines, bezöpftes Mädchen beim Eisholen - schön klassisch, beim Wagen auf der Straße - kaltblütig abgeknallt wird. Und dass er ausgerechnet einen zum Tode verurteilten Knasti zu seinem Helden macht, ist ebenfalls nichts von schlechten Eltern. Obwohl: ein Held ist er nicht, schließlich führt auch er, notgedrungen, nur Befehle aus. Naja, immerhin nur zunächst.
Klar, seine Motive bezieht der Film eigentlich komplett aus NIGHT OF THE LIVING DEAD, sogar die Jugendgang scheint so zahlreich sein wie Romeros Untotenbande, von der ähnlich tumben Art und Weise durchs Fenster reinzuwanken mal ganz abgesehen. Und dennoch - ASSAULT ist schon ein ganz eigener Film für sich, ein - nicht unbedingt visuell - "harter", grimmiger Film, dessen Story ein Peckinpah auch ohne Probleme im Wilden Westen hätte ansiedeln können. Und er ist genauso gut klassisches, aus der Lust am unmoralischen Vergnügen geborenes Genre-Kino. Das melancholischere der beiden Themen des Soundtracks nimmt zudem den ganzen existenziellen Schmerz der Protagonisten in wenigen Tönen in sich auf, reduziert sich und findet sich weniger in der Aussage, sondern vielmehr im Stil wieder, genau wie die beiden Helden des Filmes.
Carpenter ist sicherlich kein Kubrick, kein Lynch oder Cronenberg. Aber für Filme wie ASSAULT... bin ich ihm einfach ewig dankbar! Ein paar Zigaretten, gedimmtes Licht, ein paar gute Gläser Whiskey und ASSAULT... im Videorekorder (ich weiß nicht warum, aber die Vorstellung diesen Film auf DVD zu sehen, widerstrebt mir ganz gewaltig) - ein solcher Abend kann eigentlich nur gelingen.
#7
Geschrieben 01. Februar 2003, 20:59
Für Ekkehard Knörer ist Bollywood die "große Liebe des Jahres" geworden, wie er uns in seinem Jahresrückblick wissen lässt. Ob es diese im Nachhinein auch für mich werden wird, vermag ich jetzt noch nicht zu beurteilen, dass ich mir aber den ersten Bollywood-Film, der westliche Gefidle in Form einer Kinoauswertung erreichte und zudem mit einer Oscar-Nominierung bedacht wurde, binnen kürzester Zeit zum zweiten Mal angesehen habe, könnte hierfür ein Indiz sein.
Denn ja, diese Geschichte, so universell wie alle großen Erzählungen des Kinos, rund um ein kleines Dorf, das von seinem sardonischen, britischen Statthalter mittels sadistischer Machtspiele an den Rand der eigenen Existenz gedrängt wird, noch etwas aufpoliert mit dem üblichen Schmalz rund um Liebe, Schicksal, Eifersucht und Verrat in den (jeweils) eigenen Reihen, ja, diese Geschichte, die hat schon etwas für sich. Und diese dreieinhalb Stunden sind dann noch nichtmal sonderlich komplex erzählt oder gar langweilig, nein. LAGAAN ist einfach eine schöne Erzählung, ein Märchen eigentlich, mit vielen liebenswerten Charakteren, eine Erzählung über eine kleine, eingeschworene, schön skurrile Dorfgemeinschaft, die um ihr eigenen Leben mitten in der Einödnis ihres seit langem nicht mehr von Regen geküssten Weidelandes Cricket spielen lernen muss.
Da ist dann Bhuvan, zentrale Figur des Filmes, ein etwas naiver Klassenkämpfer, der ein Team liebenswerter Outcasts um sich schart und schon gerne mal von sich zur Faust zusammenschließenden Fingern spricht, oder Guran, der wüst auf die Engländer schimpfende, wild anzusehende Wahrsager des Dorfes, der etwas zurückgebliebene, kindlich naive Droftrommler, oder auch die schöne Gauri, die unsterblich in Bhuvan verliebt ist, und und und.
Ja, man möchte ihnen eigentlich ewig zuschauen, wie sie ihr Leben leben und sich gegen ihre Statthalter, die auch richtig schön fies in Szene gesetzt werden, durchsetzen müssen - da kann ich die Inder schon verstehen, warum ihre Filme 3, 4 Stunden dauern müssen. Drunter geht's meist nicht. Und dann macht es natürlich auch irre Spaß, sich dem Reiz dieser einfachen, eigentlich schon immer so erzählten, aber dennoch charmant vorgetragenen Geschichte auszuliefern und hemmungslos mitzufiebern, dass sich doch alles bitte zum Guten wenden möge. Das tut es letzten Endes natürlich auch - na klar, wer hat da schon seine Zweifel? - aber wer in eine Zaubershow geht und sich die ganze Zeit daran erinnert, dass das eh alles nur Tricks sind, der ist eh doof und sollte lieber Physik-Bücher lesen anstatt Filme zu kucken. So.
Ob Bollywood eine neue Liebe wird, weiß ich - wie gesagt - noch nicht, da bräuchte es noch weitere Beispiele. Aber der erste Eindruck hat mich dann doch neugierig gemacht.
#8
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:02
was ist spontanität? was ist stil? beides ist, wenn man um 20:04 im internet bemerkt, dass "about a boy", einer meiner nachhol-filme des letzten jahres, um viertel nach 8 im programmkino in der nachbarschaft läuft, dass dort heute kinotag ist. 20:06 - sonja anrufen und die ist ja nun wirklich nicht für spontane entscheidungen bekannt - "warum eigentlich nicht?" die überraschende antwort. also rein in die schuhe, ab durch den schnee, 20:11: vor dem kino! sonja ist noch nicht da und das obwohl sie ja noch näher am kino wohnt als ich. hat sie mich falsch verstanden? viertel vor neun? morgen? nein, da kommt sie ja schon. logisch, stimmt ja, sonja ist ja 'ne frostbeule, sonja muss sich immer extra dick einpacken!
und dann der film. die vorlage gefiel mir ja schonmal sehr gut: locker-leichte pop-unterhaltung mit viel witz, etwas lebensweisheit, vielen guten platten und vielen, vielen skurrilen situationen, die man irgendwie immer aus den popsongs, die die welt bedeuten, bereits schon kennt. da könnte sich die hiesige popliteratenschaft mal ein wenig was abschneiden, reicht es hierzulande ja offenbar schon aus, sich ein stück vinyl aufs cover zu drucken, ein paar witze über die grünen zu machen, die selbst harald schmidt seit jahren nicht mehr mit der kneifzange anpackt, und ab und an 'nen song von oasis zitieren - et voila, das neue "popliteratur-meisterwerk" am horizont! aber, moment, wo war ich, ich wollte doch über den film schreiben und nicht über traurige auswucherungen hiesiger literatur-vhs-abendkurse!
der film also, zweiter versuch: spaß! hugh grant macht seinen job gar nicht schlecht und kann als sorgloser, leicht egoistischer, stinkreicher slacker vielmehr voll überzeugen und der dem film hinzugedichtete "insel-diskurs" ist sogar gar nicht mal schlecht als etwaiger lebensentwurf. ja, ich gestehe: irgendwie bin ich neidisch auf seinen lebensstil, die wohnung, die klamotten, den stil. so sollte man nach möglichkeit mit 38 auch sein. und marcus, der kleine seltsame sohn eine seltsamen hippie-mutter, ist sogar noch überzeugender als der aus dem buch. mann, was für eine kaputte familie, und zu deren dekonstruktion brauchts noch nicht mal seltsam verquer-anale houellebecq-reflexe, sondern einfach nur: charme und stil. meine fresse, allein die klamotten, die der an hat. da möchte man schon selbst gerne in den film springen und ihn in die mülltonne für kloppen!
nun, mir gefiel ja schon "high fidelity" als film außerordentlich gut und genau wie eben jener ist auch "about a boy" nettes, charmantes kino mit leichtem indie-appeal, das nicht sonderlich viel zu erzählen hat, das dafür dann aber besonders liebreizend. auch wenn er im gegensatz zum buch ja etwas augebremst wurde, dieser film: will nimmt keine drogen und der showdown ist auch längst nicht so far-out wie im buch, vielmehr eigentlich ganz anders. und die kamerafahrten, mit denen der film seine dialoge und auch manche monologe erzählt, sind ebenfalls ganz wunderbar anzusehen. ja, ich freue mich auf neuen kino-stoff von nick hornby. und verweile weiterhin skeptisch, was die seit längerem angekündigte adaption des stuckrad-barre'schen "soloalbums" angeht, der seitdem im übrigen kaum noch lesenswertes hervorgebracht hat, wohl aber in seiner deutschtümlichen spießigkeit mal eben die titanic verklagt hat - super gemacht, junge, aus dir wird noch mal ein echter westerwelle für arme! nick hornby, nehm mich mit und weg von hier, "dorthin wo die bilder bunter sind! ich glaub ich bin verrückt, ich komm bestimmt nicht mehr zurück!" (boxhamsters, die beste punk-band deutschlands ever, wer die nicht kennt oder nicht mag, hat keinen soul, basta!)
#9
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:03
Was geht denn hier ab, gottverflucht! hatte ich vor jahren mal gesehen und eher als absolut durchschnittlichen popcorn-film in erinnerung - ein paar jahre reifer (ein paar bücher älter! ), entpuppt sich dann dieser kleine, wahnwitzige film doch tatsächlich als rundum gelungenes pastiche der "käseglocke der zeichen- und bilderwelt" unter der sich der in bildern kommunizierende mensch stets bewegt. das tom jones - das personifizierte zeichen, die zeichenhafte person - am schluß den neuanfang der welt besingt, dass sich die ausserirdischen offenbar über jede zeichenhaftigkeit der menschen hinweg setzen, sie sogar mit diesen zeichen (erinnert sei an diese skulptur aus washington ) schlagen können, all das thematisiert, um was es hier wirklich geht: sind wir hoffnungslos in diese zeichensystem e verstrickt, können wir überhaupt noch einen blick auf die welt jenseits der zeichen werfen, oder haben uns diese nicht vielmehr schon längst unterworfen?
auch ansonsten: spaß wohin man schaut! jede episode mindestens zwei lacher, jeder gag ein treffer! so lass ich mir den Abend nur zu gern versüßen - danke, tim!
Der beste Beweis dafür, dass man nie zweimal den gleichen Film sieht!
#10
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:04
10 Minuten Hitze, Lethargie, Warten. Dann das kreischende Bremsen des Zuges, das einem die Zeit zwar wieder fließend denkbar erscheinen lässt, aber in keinster Weise erlösend wirkt. 10 Minuten lang sehen wir diese Drei, wie sie in der drückenden Hitze vegetieren, warten, mit den Finten ihrer Umgebung hadern. Quälender hat kaum ein Film angefangen, alles versucht man sich zu merken, "bedeutungsschwanger" sieht das schon aus, und: das wird bestimmt noch wichtig!, wie die drei mit ihren kleinen Gesten charakterisiert werden. 2 Minuten später sind sie alle tot. Von ihnen wird im weiteren Verlauf nur noch in der Statistik gesprochen werden. Die Zukunft hat in diesem Film keinen Platz, wo man hinblickt nur triefende Gegenwärtigkeit, Momente, Last der Historie.
Eine Geschichte über die Rache also, die ihr Geheimnis - und jeder gute Film, der dieser Bezeichnung gerecht werden möchte, trägt mindestens eins, wenn nicht gar mehr, in sich - erst spät, am Ende, preisgibt, die ewige Geschichte über den homo homini lupus. Dreckig ist sie, voller Widerhaken, voller entzwei gebrochener Biografien, und dennoch: wunderschön und poetisch. Manche sollen nach diesem Film den Drang gespürt haben, zur Waffe zu greifen, in den Untergrund zu gehen. Wieder andere sind sprachlos, verweilen so.
#11
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:10
ein regalgang eines klinisch-sterilen supermarktes, seltsam verzerrt scheint er zu sein, fast schon wie ein von kubrick inszenierter raum. leere regale und alles gespenstisch weiß. und mitten drin sy parrish, in ausgeblichene, kaum noch bemerkbare farben gehüllt - er hält sich die augen zu. harter schnitt, gesicht im detail, lider öffnen sich: blutrote augen starren uns an! (man hört förmlich die leute im saal zischend die luft vor schreck einsaugen.) ein ebenso harter schnitt in der perspektive zurück, fontänen von blut ergießen sich aus diesen augen. alles nur ein traum.
da ist also einer, der - freudianisch gedeutet - angst vor der kastration hat, angst vor der entmächtigung. und in der tat: gerade hat er seinen job verloren und sein job bedeutet ihm nicht nur die sicherung des lebensunterhaltes, sondern dient ihm vor allem als quelle zu seinem prozac. denn parrish ist süchtig: süchtig nach fotografien, denen seiner kunden im fotoentwicklungslabor genauer gesagt, und den erinnerungen, die an ihnen hängen, die man als eigene umdeuten kann. parrish ist nicht etwa psychisch krank oder gar ein "verrückter", ein "dämon" - nein! parrish nimmt die glücksversprechen, das allmachtsversprechen über zeit und raum der fotografie lediglich beim wort. das macht diesen film zu einem lehrstück des grauens, das minutiös und stringent seinen horror im detail und in der nuancenverschiebung entstehen lässt. selten so starkes herzklopfen im kino gehabt.
#12
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:12
einer dieser ganz enigmatischen filme, solche, über die man viel hört, die nie einer komplett erklären könnte, die man sich schon immer mal ansehen wollte. die schlichtweg faszinierend sind. zum dritten mal also schau ich mir diesen film an.
und er wirkt immer noch. das satte rot, das als tragendes farbelement immer und immer wieder in das ansonsten von grauen, braunen und grünen tönen bestimmte bild eingewoben wird. die verstörenden schwestern, eine davon blind, die offensichtlich außerhalb der geschichte zu stehen scheinen, deren rolle im geschehen nie komplett ausformuliert wird. die fassaden von venedig, sinnbild jenes alten europas, im verfall begriffen, welches vor der witterung, dem klima geborgen werden muss. die schnitte, diese ungeheuer gewagten, suggestiven schnitte, die oft mehr erzählen als die jeweils verbundenen Einstellungen. und nicht zuletzt sutherland und christie als bildungsbürgerliches ehepaar inmitten dieser szenerie, die von allerlei unheimlichem heimgesucht werden. und dann natürlich jener schluß, der mehr fragen aufwirft als antworten zu geben bereit ist.
"sehen heißt glauben" ist der schlüsselsatz dieses filmes. ist gerade dieser - das wortspiel ist gewollt! - blinder glaube, dem wir dem sehen entgegen bringen, schuld an der katastrophe, auf die dieser film unweigerlich hinausläuft? sollten wir nicht lieber zweifeln, immer skeptisch bleiben gegenüber dem, was wir sehen?
ich persönlich glaube, zum größten teil meinen frieden mit diesem film gefunden zu haben, doch das soll nicht weiter thema hier sein. dieser film ist auch heute noch - und auch jenseits der deutungsmuster - faszinierend, spannend, herausfordernd.
#13
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:13
22:27 - am kino central kein einlass! der junger mann davor entschuldigt sich etwas schüchtern: "keine vorstellung heute, wir haben stromausfall". also kein neuer miike, kein GRAVEYARD OF HONOUR. "was nun?", fragt katapult, mein begleiter. zum glück befinden wir uns aber nicht vor dem einzigen Dorfkino in pasemuckel, sondern mitten in berlins kulturschickeria-flaniermeile - das nächste kino mit ansprechendem programm findet sich gerade mal einen hofeingang weiter rechts: die hackeschen höfe. 22:29 ist es - die zeit drängt, was läuft denn so? PIGS WILL FLY steht da und dann noch dieser neue Dogma-Film, dieser OPEN HEARTS - "marienhof im dogmaformat, meinte posdole", meine ich lachend. wir könnten uns auf beides einigen, also stürmen wir die treppen hinauf, das kino hat seine säle im 4. stock. oben kann uns dann nur noch die münze die entscheidung abnehmen - zahl! PIGS WILL FLY also!
und manchmal, vor allem beim verlassen des saals nach dem film, ist man solch sonderbaren zufällen, solch ärgernissen eigentlich, schon wieder irgendwie dankbar. denn PIGS WILL FLY ist im besten sinne ein wechselbad der emotionen und intelligentes arthouse-Kino jenseits der zurechtgekuschelten form des biederen "problemfilms".
laxe ist polizist, ein etwas schlacksiger noch dazu, der gerne im kiez auf fußstreife unterwegs ist und mal hier, mal dort bekannte gesichter grüßt. hätte man nicht seit der jugend ein eher als neurotisch zu bezeichnendes verhältnis zur staatsgewalt, man könnte meinen, dass das vielleicht sogar ein ganz netter kerl ist. doch laxe ist nicht nur bulle, er ist obendrein noch arschloch: laxe schlägt seine frau und das nicht zu knapp, grün und blau ins Krankenhaus hinein vielmehr. In san francisco dann, wo er seinen aussteiger-bruder besucht, um selber mal ein wenig auszusteigen, das gleiche spiel. mitten in diesem viertel der unbegrenzten möglichkeiten, inmitten der kalifornischen alternative-, beatnik- und slampoetry-szene bleibt er gerne noch immer dummdeutscher spießbürger und männerküngeler. sein blick auf die welt wird ins absolute, universelle verlängert - dinge (lebensentwürfe etwa, oder wohnstile, sexuelle ausrichtungen, konventionen jedweder art) jenseits dieser, seiner welt scheinen nicht zu existieren, zumindest nicht mit legitimität. umso verblüffter ist laxe als sein eigener bruder walter ihm schläge androht: "du kannst doch deinen bruder nicht schlagen!" sagt er, nachdem er selbst seiner neuen geliebten und walters mitbewohnerin ins gesicht geschlagen hat. irgendwas läuft falsch in diesem, ja, prototypen des deutschen prolls, der nichts so liebt wie struktur.
doch ganz so einfach macht es uns der film nicht, das wäre auch zu plump. er zeigt auch andere facetten laxes, dies aber nie ohne verständnis zu heischen, auch seine biographie, die ihn als kind einem gewalttätigen vater ausgesetzt hat, den er ihm film zudem beerdigen muss, wird nie unter dem deckmantel des verständnisses für seine schweinereien beleuchtet. schließlich ist da noch walter, der ebenso unter diesem vater zu leiden hatte, der sich aber gänzlich andere kanäle - die literatur, die open mike events einer slampoetry-kneipe - zur verarbeitung der traumata erschlossen hat.
PIGS WILL FLY schafft es ganz wunderbar, den zuschauer emotional zu binden, ihn zur positionierung zu zwingen - und das nicht nur in form eines unter katharsischen bedingungen stattfindenden saal-verlassens, sondern fortwährend, ständig, über seine ganze spielzeit hinweg. und er verliert sich eben nicht in jenen muffigen tiefen des problemfilms, der moralisch anklagen oder die welt verbessern möchte. PIGS WILL FLY ist intensives kino, wildes, spannendes, lebendiges kino obendrein, das sich in keine form pressen lässt. bezeichnend aber ist, dass erst ein in berlin lebender Ire, eoin moore, den mut aufbrachte, einen derart starken film über die morastigen tiefen deutscher kleinbürgerlichkeitswelten zu drehen. mit einem wort, ich hätte es die erste halbe stunde ja selbst nicht geglaubt: groß!
...und schon wieder ein film, für den man den leuten vom piffl medien verleih von herzen dankbar sein muss. die haben den richtigen riecher für die richtigen filme! haltet ausschau!
#14
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:14
ausgewaschene farben, grobkörniges bild, details, konturen, die sich in der texturlosigkeit der überbelichteten fläche verlieren. schon allein mit diesen mitteln weist uns der film daraufhin, dass er uns keine geschichte aus dem alltag erzählt, dass seine bilderwelten keinen anspruch erheben, realität widerzugeben. gesellschaftliche realität schon gleich gar nicht, denn diese findet in 19 nur am rande statt: ein paar übereifrige angestellte einer tankstelle, ein plauderfreudiger polizist während einer verkehrskontrolle, hier und da mal gestalten am wegesrand der hier gezeigten reisenden. und dennnoch, auch in der negation erfahren wir so einiges darüber, wie das leben in diesem leben so ist.
viel wurde geschrieben, warum der film nun 19 heiße und nicht etwa anders. die geschichte basiere lose auf einer wahren geschichte und der im echten leben aus heiterem himmel entführte könnte 19 jahre alt gewesen sein, vielleicht ist aber auch der entführte im film 19 oder auch seine entführer, vielleicht wollte watanabe - selbst gerade mal mitte 20 - auch nur jenes lebensgefühl, 19 jahre alt zu sein, mit seinen dreckig-schönen bildern illustrieren, jene ära also, jener scheidepunkt zwischen jugendlichem übermut und dem sich im leben zurechtzufinden. deutsche feuilletons bei der teutonischsten aller tugenden: sinn suchen, koste es was es wolle. dass sich jede dieser erklärungen vom eigentlichen anschauungsobjekt, dem film und den informationen, die er vermittelt, entfernt, sich in der beliebigkeit des herbeiredens verliert, scheint keinem aufgefallen zu sein, was sträflicher fehler! dass solch brechstangenbewehrte sinnsucherei diesem wunderbar offenen, unbekümmerten film, der doch gerade die leere, die sinnlosigkeit des sinn-suchens (das meint auch den "sinn des lebens"), die melancholie einer optimistischen lakonie (welch widerspruch, doch allein, so scheint es wohl) als sein eigentliches thema präsentiert, nicht gerecht wird, scheint ebenso niemanden bei der fantasterei nach dem kino am schreibtisch gehindert zu haben. irgendwas muss schließlich aufs papier.
die lösung ist, wie so oft, einfach: in 19 bildern, oder auch: kapiteln, erzählt dieser film seine geschichte. 18 mal wird der lauf der erzählung abrupt durch eine schwarze leinwand, eine stumme tonspur unterbrochen, um eine sekunde später an einem anderen ort, zu einer anderen zeit - wer weiß schon wieviel erzählte zeit dieser film für sich in anspruch nimmt, es ist auch gar nicht wichtig - fortzufahren. der scheitelpunkt, das 10. bild, zeigt die 4 protagonisten in einem ramschladen, auf der tonspur allein von musik unterlegt, mit doppelter geschwindigkeit abgespielt umherspringen, um sie herum dutzende ikonen der pop- und jugendkultur. sie spielen damit, sie machen faxen, sie finden sich zurecht in einem universum zwischen krieg der sterne, coca cola reklame, popmusik und zeichentrickfiguren. und dann verlassen sie lachend diesen laden, treten hinaus ins freie, in der ästhetik des filmes heißt das: in eine diffuse, überbelichtete, nicht deutbare welt, ein nirvana aus licht und konturlosigkeit. raus ins reine sein, der letzte macht die tür zu. der zuschauer ist begeistert und liebt diesen film schon jetzt abgöttisch.
#15
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:15
das ist er also, der konsensfilm des letzten jahres. konsensfilm deshalb, weil dresens film filmkritik, publikum und auch die kinokasse einstimmig hinter sich gebracht hat. welcher film kann das schon von sich behaupten? und welcher film sorgt selbst noch monate nach seinem offiziellen kinostart für ausverkaufte programmkinosäle? und die auszeichnung zum besten film des jahres vom verband der deutschen filmkritiker gabs dann ja auch noch vor einigen tagen!
allein, an mir ist der film zunächst vorbei gegangen. als ich den trailer zum ersten mal im "filmtheater am friedrichshain" sah, war mir klar: "den schau ich mir nicht an!" brachiale dv-ästhetik, dicke unterschichten-deutsche mit hässlichen wohnungen, typisch deutsches problemwälzen (ehebruch mit mitte 40) und mit frankfurt/oder auch noch eine gegend, die mir als drehort für einen film so egal ist, egaler gehts kaum. mag sein, dass das metropolenarroganz ist, aber wenn ich im leben gestrandete existenzen im imbiss beim bier trinken sehen möchte, dann geh ich runter auf die straße und eine tür weiter in den assi-imbiss nebenan - gleiches ambiente, gleiches milieu. dort geh ich aber nie hin, warum dann also in "halbe treppe" gehen? eben!
nun, die monate zogen ins land und vermehrt nahm ich auch stimmen in meinem bekanntenkreis - sowohl virtuell als auch real - wahr, die von "halbe treppe" als wirklich gutem film sprachen, die sogar vielmehr hellauf begeistert waren. und darunter nicht wenige, die dem deutschen film ansonsten ähnlich (übel) gesonnen sind wie ich. sollte sich meine scheu vor dem film als blankes vorurteil erwiesen haben? ja und nein.
zunächst: halbe treppe ist witzig. ja, und es ist beeindruckend, welchen wort- und situationswitz die improvisierenden schauspieler da zustande gebracht haben. auch berührende momente gibt es in dem film nicht wenige, in denen sich das milieu, in dem der film angesiedelt ist und das mir persönlich ja eher zuwider ist, fast komplett ausblendet, in dem man nur merkt (und daran mit teil nimmt), dass da etwas geschieht, in den charakteren. manche dieser momente sind intensivstes kino ohne dabei in die betroffenheits- und tragödienrethorik zu verfallen. dicke pluspunkte also!
andererseits ist der film aber halt auch - von den zahlreichen, wirklich witzigen passagen abgesehen - über gute längen hinweg typisches sozialromantik-kino, allerdings ohne den lakonischen charme eines kaurismäki, dessen filme ja ähnlich betitelt werden könnten. am ende ist die frau in einem falle dann zwar doch weg, dafür entdeckt man aber die leichtigkeit des seins, lädt die kapelle von der straße ein, doch in die kneipe reinzukommen und feiert fröhlich mit musicke, bier und allerlei zoten. das ist mir dann doch wieder zu sozial-mystisch, zu verklärend, zu versöhnlich mit dem sattsam gepflegtem anti-intellekt. und solche momente gibt es einige, die unterm strich "halbe treppe" für mich dann eben doch nur zu einem "netten film" machen, der mich zumindest nicht langweilte und an vielen stellen sogar ganz gut amüsierte. mehr aber aich nicht.
#16
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:18
Ein junges Mädchen vom Lande zieht es nach Hollywood, wo sie ein großer Star werden möchte. Ein Einstieg ist auch schnell gefunden, doch schnell muss sie merken, dass Hollywood nicht die glitzernde Traumfabrik ist, sondern ein Moloch aus geldgeilen Regisseuren, schlechten Agenten und Intrigen.
Nein, das ist nicht MULHOLLAND DRIVE von Lynch, sondern - witzigerweise ebenfalls nach einer Straße benannt - HOLLYWOOD BOULEVARD. Und es ist auch kein düsterer, postmoderner Psychothriller, sondern ein typisches Machwerk aus der Corman -Schiene. Diesmal so billig gemacht, dass alle Handlungsszenen um wiederverwendete Szenen anderer Corman-Filme (von Poe bis Death Race 2000) drumherum gedreht wurden. Also auch irgendwie postmodernes Pastiche oder so...
Naja, letzten Endes ist es trashiger Klamauk, der ganz nett ist und den man sicherlich mal sehen kann, vor allem weil er ohne weiteres als "Greatest Hits" des Corman'schen Outputs gelten darf. Nach dem "mal sehen" ist er aber wohl eher ein Fall für ebay.
#17
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:37
vorhang auf zu meiner james-bond-retro. inspiriert von DIE ANOTHER DAY nahm ich mir vor, mir mal endlich alle offiziellen bond-filme vorzunehmen, stellte ich doch fest, dass ich manche im kindesalter das letzte mal gesehen habe, wenn überhaupt!
nun also der erste und trotz seines sichtlichen alters und den damit zusammenhängenden heutzutage nicht mehr sonderlich knalligen action- und flirt-sequenzen ist DR. NO noch immer quirliges comic-action-kino. interessant ist das ja schon, wie gänzlich unspektakulär der film für heutige sehgewohnheiten wirkt - der showdown ist eine sache von wenigen minuten und relativ undramatisch, bis der bösewicht überhaupt in erscheinung tritt, ist der film fast schon vorbei. dennoch macht der film durch seine markige campiness spass - bond war halt schon immer "exaltiertes b-movie-kino".
und witzig ist es obendrein, wie häufig man sich daran erinnert, exakt diese oder jene szene als dreikäsehoch mit 7 oder 8 jahren bereits gesehen (und geliebt) zu haben. ein kleiner trip zurück in frühste vcr-tage - danke, gerne angemommen!
#18
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:48
DR. NO war für mich als kleener steppke ein gern gesehener gast im damaligen, elterlichen betamax-videorekorder. entsprechend viele erinnerungen kamen beim ansehen hoch, aha-erlebnisse wohin man schaut.
an FROM RUSSIA WITH LOVE erinnere ich mich hingegen nur äußerst dunkel. der lief wohl mal im zdf, aber ich bin dabei eingepennt, soweit ich weiß. nicht gerade die beste ausgangsposition.
und in der tat, der film entpuppt sich wirklich als ziemlicher gähner, der krampfhaft versucht hitchcock zu imitieren, daran aber gänzlich scheitert. die story ist selbst für bond-verhältnisse ziemlich unausgegoren und nicht mal ansatzweise plausibel, die locations - hauptsächlich ein quer durch europa fahrender zug (kein vergleich zur gewohnten gigantonomie) - reichlich unspektakulär (auch wenn istanbul wieder genre-gerecht exotisch ist) - der liebgewonnene sixties-charme der klassischen bondfilme fehlt fast zur gänze. die bösen sind nicht richtig fies, der eigentliche drahtzieher scheint es zwar zu sein, wird aber vollkommen aus dem geschehen ausgeklammert.
der 2. bond bleibt ein reichlich fades filmerlebnis. dass man heutzutage kaum noch davon spricht, scheint nur verständlich.
#19
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:50
kaurismäki ist eine späte liebe für mich. mit 11 oder 12, vielleicht auch mit 13, sah ich die leningrad cowboys nach amerika gehen und war zutiefst abgeschreckt, geradezu traumatisiert. was ein blöder, langweiliger, schlechter film, dachte ich mir damals in einem alter, in dem man zwar einerseits beginnt, einen eigenen geschmack zu entwickeln, in dem man andererseits aber auch noch nicht für alles reif genug ist. gewirkt hat es in jedem falle - erst DER MANN OHNE VERGANGENHEIT, der es dann doch stante pede in meine Top10 '2002 geschafft hat, würde der zweite kaurismäki-film meines lebens sein, auch wenn ich hier und da etwas lesenderweise aufgeschnappt habe. nun, das eis war gebrochen und binnen kürzester zeit wurden DAS LEBEN DER BOHÈME und WOLKEN ZIEHEN VORÜBER auf VHS nachgeholt, 3 weitere filme warten bereits überspielt auf sichtung. und ja, der lakonische geschichtenerzähler hat es wirklich in mein herz geschafft. alle 3 filme sind - jeder für sich - kleine meisterwerke der filmkunst.
nun, da trifft es sich doch gut, dass das von mir heißgeliebte kino arsenal im januar zwar keine retrospektive, wohl aber eine filmreihe zu kaurismäki veranstaltet. kaurismäkis rares langfilmdebut aus dem jahre 1983, eine eigenwillige adaption dostojewskis SCHULD UND SÜHNE, mit dem titel RIGOS JA RANGAISTUS durfte ich mir selbstverständlich nicht entgehen lassen. und so saßen wir also im arsenal, jeder mit einer infarot-funk/kopfhörer-kombination auf dem schoß - der film wurde live von einer dolmetscherin übersetzt, da es weder eine synchronisation noch eine untertitelung gibt, das funktioniert übrigens erstaunlich gut - und warteten. wir, das sind meine freundin (die ich ebenso binnen kürzester zeit für kaurismäkis spröden filme begeistern konnte) und ich, inmitten von knapp 250 anderen. und ich muss sagen: eines der wenigen dinge, die mein herz schmelzen lassen, ist ein kleines, ambitioniertes kino mit ausgewähltem programm und nahezu ausverkaufter vorstellung. offenbar gibt es noch immer enthusiasten und manchmal treffen sie sich durch zufall, ohne einander zu kennen, ohne sich danach zu kennen, in einem der wenigen refugien jenseits der durchschnittlichkeit.
und dann der film. angesiedelt - wie könnte es anders sein - im arbeitermilieu helsinkis nimmt kaurismäki die literarische vorlage zum anlass, ein melancholisches portrait des großstadtlebens jenseits des glams und der hippness zu entwerfen, irgendwo zwischen wirtschaftsrezession und sozialer einsamkeit. als form wie immer die spröde schönheit, schlichte geste statt große worte. melancholie statt befindlichkeit, lebensgröße statt rumgepiefe - und damit macht kaurismäki vieles denkbar anders (besser) als vergleichbare deutsche sozial-mystiker. nein, dieser film kann seinen ursprung nicht verleugnen, auch wenn kaurismäki ganz klar noch eher darin begriffen ist, seinen stil zu finden statt ihn umzusetzen. die verhörszenen auf dem revier, der dialog zwischen der zeugin des verbrechens und ihrem vorgesetzten auf dem hotelzimmer, die gegenüberstellung auf der polizei, der schlußdialog zwischen verbrecher und zeugin, längst schon eigentlich liebespaar (wenn auch nicht ausgesprochen), all das: große momente. schöne momente. in ihrer schlichtheit überragend, faszinierend.
ich freue mich auf die fortsetzung der reihe in einigen tagen.
#20
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:51
Ein Mann steht oben, ganz oben auf einem Gefängnisturm, auf dem Geländer der Absperrung. Er richtet sich auf und balanciert im Wind, seine Gefängnisdecke um sich geschlungen. Sie weht wie das Cape eines Superhelden, er blickt in den Himmel und lächelt etwas. Dann die Totale und wir sehen welchen Balance-Akt dieser Wahnsinnige in dieser Höhe hinlegt. Dann springt er - wunderbar kitschig der blaue Himmel hinter ihm und dann noch diese Zeitlupe.
So beginnt dieser Film und so endet seine Erzählung. Dazwischen der glorreiche Aufstieg und der umso tiefere Fall eines (dieses) Yakuza, beides erst durch kleinste Details ermöglicht: Der richtige Scheißjob zur richtigen Zeit macht ihn zum hohen Tier, der falsche Scheißwitz - nur ein paar Worte, man muss sich das mal vorstellen! - zur falschen Zeit nimmt ihm alles und noch viel mehr. Dorthin führt letzten Endes der Pfad des Dämonen. Am Ende bleibt die Erinnerung an viele sachte Momente, Momente existenzieller Natur, Bilder von ungeheurer Kraft und dann noch dieser melancholische Jazz im Hintergrund. This is your velvet walk.
Kurz: ein Meisterwerk.
#21
Geschrieben 01. Februar 2003, 21:52
saublöder film. dafür gibts auch kein bild.
#22
Geschrieben 01. Februar 2003, 23:38
was für ein außergewöhnlicher film, ich hätte es ja nie gedacht. ein film über die skinhead-szene, ohne in boulevard-manierismen zu verfallen. ein tragischer liebesfilm, ohne zu verkitschen. ein film gerade auch über die deutsche provinz, ohne zu langweilen. ein ambitionierter film, ohne zu problematisieren oder ästhetische genüsse außen vor zu lassen. man möchte den film eigentlich gar nicht so recht in den kanon "deutscher film" einordnen, weil er gekonnt jede falle, die mit dieser kategorie einherzugehen scheint, umgeht und schlicht und ergreifend jenseits dessen einfach eine spannende und intelligente geschichte erzählt, ohne ins reine labern zu verfallen.
ich bleibe gespannt, was uns die beiden zwillinge noch abliefern werden. hoffentlich haben sie ihr pulver mit diesem debut noch nicht verschossen. und hoffentlich werden sie von den gängeleien der filmförderer und der produktionsgesellschaften hierzulande nicht zerrieben.
#23
Geschrieben 01. Februar 2003, 23:56
schön zu wissen, dass es noch kinderfilme jenseits der debilen verkitschung mancher disney-filme zu entdecken gibt. TOTORO ist ein lieber, sanfter, herzerweichender film, der einem - sofern man sich noch etwas kindheit bewahrt hat - einfach gefallen muss, so charmant kommt er daher. und es ist ein schönes gefühl, 90 minuten lang die welt nochmal durch die augen kleiner kinder sehen zu können, in der an jeder ecke noch abenteuer und witzige geschichten zu entdecken sind.
und dann totoro, dieser eulenförmige bär, der die welt nur als große spielwiese zu sehen scheint. oder der katzenbus, dieser äußerst hilfreiche zeitgenosse, der nicht nur zur rechten zeit am rechten ort ist, sondern auch noch stets ein extra-großes grinsen in peto hat. die kleinen "dustbunnies", die an plätzen leben, wo lange keine menschen waren.
MY NEIGHBOR TOTORO ist ein fest der fantasie und ein loblied auf freundschaft und zusammenhalt jenseits stumpfer kameradschaft. und ein plädoyer dafür, der welt mit witz und fantasie entgegen zu treten. eskapismus der schönsten sorte - bitte mehr davon!
#24
Geschrieben 01. Februar 2003, 23:57
#25
Geschrieben 04. Februar 2003, 16:13
Eines Tages musste es ja passieren, es musste soweit kommen. Leni vs. Immo - Hign Noon. Make my day.
Dass man - gewissermaßen auf ideologischer Ebene - nicht viel von Frau Riefenstahl zu halten hat, ist ja klar, zumindest wenn man etwas wachen Verstand hat und sich von diesem naiven Dummchen nicht für blöd verkaufen lässt. Doch wird genau diese Selbstverständlichkeit ja immer wieder gerne damit "ausgebremst", dass das filmische Schaffen von Riefenstahl doch so wichtig für Filmgeschichte und Filmsprache sei, dass sie einen wichtigen Einfluß auf Bild- und Formalästhetik gehabt habe, der allleine schon rechtfertige, dass man Leni auch heute noch zu verehren und frei von jeglicher Kritik zu halten habe. Interessanterweise wird gerade dieses Argument, zumindest der Tendenz nach, gerne von jenen in die argumentative Waagschale geworfen, die sich ansonsten für Film, Ästhetik oder Filmgeschichte 'nen Kehricht kümmern, so zumindest meine Beobachtungen im Netz. Nun, Grund genug also, um sich nun endlich mal von der "künstlerischen Pracht" dieses Films überzeugen zu lassen.
Dass es in die Hose ging, wäre schmeichelhaft. Der Film ist vor allem überbordender Kitsch und wenn es denn wirklich ein paar wegbereitende Elemente darin zu verzeichnen gibt, so werden diese entweder von der alles beherschenden Propaganda erdrückt oder sind in dieser Form von einem eigentlich ja eher unbedeutenderen Filmemacher namens Sergej Eisentein bereits vorweggenommen worden. Ferner ist der Film einfach nur abgrundtief langweilig - von der vermeintlich noch immer faszinierenden Bildsprache und Ästhetik habe ich zumindest nicht viel mitgekriegt. Wer diesen Kindergartenkäse - "Woharr kommst Du - Vom RRhoin! Vom Main! Von die Donau!" - , dieses traurige Sandkastenritual-Gejodele ernsthaft als faszinierend oder einnehmend bezeichnet, sollte vielleicht mal einen Gang zum Psychiater in Erwägung ziehen, bevor er sich der vermeintlich diabolischen Lust am Bösen (ich würde sagen: dem lächerlich-entlarvenden Hang zu Profilneurose und Möchtegern-Selbstbewusstsein) hingibt. Der Grund um den Trubel, der um dieses Machwerk - von welcher Seite auch immer - noch immer gemacht wird, bleibt mir wirklich schleierhaft: besser könnte sich das "Dämonische" des 3. Reiches gar nicht selber dekonstruieren (allein, der Film ist auch nicht "campy" oder gar historisch gesehen "trashig", er ist wirklich einfach nur gähnend langweilig und prätentiöse, aufgesetzte Scheiße!), ferner wäre der Film genau dort versunken, wo er hingehört, in der Versenkung nämlich, wenn Leni Riefenstahl auch nur für 5 Pfennig Anstand gehabt und sich mit ihrer Rolle im 3. Reich kritisch auseinandergesetzt hätte. So bleibt dem Film bis heute die diffuse Aura des Tabubruchs, der vermeintlichen Lust des kalkulierten "Jetzt erst recht!"-Geprolles erhalten, an dem sich ein paar Minderbehirnte nur zu gern ergötzen, wenn sie den Film zwar vermutlich nicht anschauen, aber dennoch Frau Riefenstahl wegen dieses Filmes mit oben bereits genannten Argumenten abfeiern.
Wie man's nimmt: in jedem Falle wirft der Film ein besorgniserregendes Licht auf die Deutschen. Auf jene von damals, die sich aufgrund eines solchen Bollwerk des Kitsches als Sieger über die Historie, als Herrenmenschen bestätigt sahen, und auf jene von heute aus bereits genannten Gründen. Fazit: Auweia!
Um wieder auf bessere Gedanken zu kommen, wird dringend dies hier empfohlen. Ist zwar auch Propaganda, aber wenigstens witzig und trashig. Aber die Teutonen sind ja selbst für ordentlichen Camp zu blöd...
#26
Geschrieben 17. Februar 2003, 11:00
mal wieder einer jener "erfolgreichsten, koreanischen filme", doch je mehr ich mich mit dem mainstreamkino aus diesem land auseinandersetze, umso uninteressanter scheint es mir dort zuzugehen. im vorliegenden fall verliert sich der filmspaß vor allem in der lediglichen behauptung von mythischen, des legendären, ohne diese behauptung glaubhaft einzulösen. so hängt man zwar eine große geste an die nächste, ein ritual folgt dem anderen, doch letztendlich bleibt der zuschauer außen vor, sieht sich mangels ansprechender dramaturgie vor den kopf gestoßen. eigenartig wirr wirkt dieser film, spannung, "excitement" kommt demzufolge keine auf - ist doch egal, was passiert, irgendwas passiert ja eh dauernd ohne dass es ein großes ganzes bildet. die eher durchschnittlichen effekte und choreographien, die stellenweise desaströs schlechten schauspieler tun ihr übriges. schade, von diesem film hatte ich mir eindeutig mehr erwartet als einen lauen conan-b-movie des frühen 21. jahrhunderts - ein opulentes fantasy-spektakel etwa. vielleicht bin ich aber auch nach HERO einfach nur verwöhnt, was das visuelle angeht - wer weiß das schon!
#27
Geschrieben 17. Februar 2003, 11:09
nach dem überragenden GANGS OF NEW YORK musste nun auch TAXI DRIVER mal wieder vergegenwärtigt werden. kurzum: der film ist und bleibt ein meisterwerk und verdientermaßen einer der wichtigeren filme der siebziger jahre. selbst nach jahren und unzähligen sichtungen vermag es der film, von anfang an eine morbide grundstimmung zu entwickeln, diese über die gesamte laufzeit aufrecht zu erhalten und, ja, man entdeckt in der tat immer wieder neue nuancen, seien es dramaturgische oder - darauf achte ich in letzter zeit vermehrt - einfach nur handwerkliche "trickiness". TAXI DRIVER ist der beste beweis dafür, dass die richtigen menschen mit den richtigen ambitionen mit dem richtigen heißhunger zum richtigen zeitpunkt zeitloses erschaffen können, das vor der historie, damit einhergehend der historischen perspektive, bestand halten kann.
Notiz: es wird zeit für eine tiefergehende scorsese-retrospektive. ausserdem GANGS OF NEW YORK nochmal sehen!
#28
Geschrieben 19. Februar 2003, 00:59
Das Kino Intimes, mitten im Friedrichshainer Kiez, ist so eine kleine Welt für sich. Sehr klein ist es, nur ein Saal und da passen gerade mal 80 Leute rein, die Leinwand ist auch nicht gerade sehr groß. Im Saal steht noch immer der alte Kachelofen, der zwar nicht mehr im Betrieb ist, aber früher musste man da im Winter einige Stunden vor der Vorführung Kohlen einlegen, damit's abends nicht allzu frostig wurde. Die Toiletten erreicht man direkt vom Saal aus und die Stühle waren bis vor kurzem noch durchgesessenen und ranzig, sind mittlerweile aber mal erneuert worden. Nach dem "Rollenwechsel", zumindest aber nach den beiden "Brandlöchern", ist das Bild auf der Leinwand manchmal für ein paar Sekunden unscharf, meist knarzt es in diesem Moment auch ziemlich laut. Aktuelles kriegt man dort nie zu sehen, wohl aber das beste aus dem Kinoprogramm der letzten drei Monate (oder alte Kultfilme wie DEAD MAN oder LOST HIGHWAY in der Mitternachtsschiene) und mit gleich drei Kinotagen in der Woche kann man sich dann Verpasstes oder aber auch damals überaus gerne Gesehenes für wenig Geld (nochmal) anschauen. Oft sind die Kopien nicht mehr die Besten, halt eine anderswo runtergenudelte, für wenig Geld geliehen, aber solche Spuren vermögen es nicht selten, einem Film Leben einzuhauchen, ihm eine ganz besondere Patina zu verleihen - wirklich, kein Witz,ich hab das schon selbst gesehen!
Das Intimes ist also schon ein kleiner Underdog, ein Outcast am Rande des Kulturbetriebs. Schlicht, etwas traurig, nicht gerade glamourös - aber mit Würde und Stolz, mit Liebe und Passion. Der Vorführer - gleichzeitig der Kartenverkäufer und die Putzfrau - grüßt einen sogar auf der Straße oder im Edeka in der Nachbarschaft - wo gibt es das sonst? Wo, wenn nicht hier, sollte man sich DER MANN OHNE VERGANGENHEIT würdevoll ansehen können? Diesen göttlich grotesken, wunderbar menschlichen und bitter-süß melancholischen Film, der es wie kaum ein zweiter, mir persönlich fielen diesbezüglich nur andere Filme von Kaurismäki ein, schafft, im Rezessionselend, draußen vor der Stadt, Würde und menschliche Wärme entstehen zu lassen. Gut, zugegeben, man kann ihn sich auch woanders anschauen, man kann ihn auch woanders gut finden, aber wirklich wirken, nun, das tut er nur hier. Da bin ich mir sicher.
Ich muss mich jedenfalls bedanken. Beim Intimes, diesem kleinen Funkelstern an meinem persönlichen Kinohimmel, in dem ich schon viele wunderbare Stunden verbracht habe, ein kleines, sympathisches Kino, an das ich mich ein Leben lang erinnern werde. Und bei Aki für diesen Film, dieses Kleinod im Kinotrubel, das einfach mal so, beinahe schon nebensächlich, eine ungeahnte Magie auf die Leinwand zaubert. "Poetisch, aber auch ganz schön wirr!" sagt der titelgebende Charakter an einer Stelle. Genau wie der Film.
#29
Geschrieben 19. Februar 2003, 15:31
OCEAN'S ELEVEN aus deutschland? nun ja, entfernt. die beiden gebrüder sass wollen das ganz große ding drehen, ein bruch in die diskonto bank im berlin der frühen 30er jahre, in die bestbewachteste bank der stadt also, in der - unter anderem - die wahlkampfgeldreserven der nationalsozialisten lagern. dabei begann deren laufbahn gerade zu harmlos, mit einer steuernachzahlung ans finanzamt, die sich die beiden desnächtens einfach nur zurückholen wollten.
doch, das hätte schon ein echter knaller werden können, die aussichten sind zumindest vielversprechend: viel goldene zwanziger, etwas glam und robin-hood-mentalität im berliner arbeiterghetto. leider bleibt der film dabei, bis auf ein paar ausnahmen, eher etwas verhalten, stellenweise sogar langweilig. die beiden vielversprechenden hauptdarsteller jürgen vogel und ben becker wirken etwas an der leine gehalten und können ihr potential nicht zur gänze ausreizen. schade eigentlich, denn die in den besten momenten durchschimmernde orientierung an manchen motiven aus dem hongkong-film - es wird sehr ähnlich gestorben, die dramatisch-süßliche musik hätte auch in fernost verwendung finden können und dass die beiden brüder eine seltsame verbundenheit zum ermittelnden polizisten entwickeln ist eigentlich nur noch als "klassisch" zu bezeichnen - hätten, mit etwas wagemut und lust am wilden kino, einen formidablen filmspaß auf die leinwand zaubern können. so bleibt nur die verpasste chance.
#30
Geschrieben 20. Februar 2003, 12:11
die "hammer-collection" aus dem hause anolis kann auch in der 2. veröffentlichung das hohe niveau halten - fein. der film ist schon ein ziemlich schicker, vor allem aber auch schhräger grusler, der selbst für heutige standards nette "mystery-atmosphäre" entstehen lassen kann. eigentlich ist alles dabei, was der nostalgie-freund braucht: ein abgelegenes dorf mit verschrobenen einwohnern, die sich allesamt und zu jeder zeit in der örtlichen kneipe rumtrollen (es sei denn, ein fremder betritt die kneipe, dann müssen alle plötzlich woanders hin), ein kneipenwirt mit markigen sprüchen, der sich als freundlicher herausstellt als man meinen möchte, ein altes moor, in dem die upper-class ihre villen stehen hat, dort zu finden ein rätselhafter, zynisch-arroganter aristokrat, der in seiner ganz eigenen tragödie gefangen ist, ein alter, wirrer suffkopp, der kurz vor seinem exitus von gar schröcklichen dingen zu erzählen weiß (wenn auch zunächst nicht dechiffrierbar) und natürlich ein nett anzusehendes monster, das direkt einem lsd-flash beim sesamstraße-kucken entsprungen zu sein scheint. so lob ich mir das - ein b-movie durch und durch, aber einer von der schönsten sorte! ich bleibe auch weiterhin auf die noch ausstehenden releases gespannt!
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