The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover (Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber)
Regie: Peter Greenaway
Frankreich/Niederlande/Großbritannien 1989
gesehen am 25.11.05 auf einem Uralt-Tape (2x)
mein zweiter greenaway, und genau genommen mein erster, da ich den film vor ca. 3 jahren schon mal erleben durfte.
was ich damals noch nicht so recht durchblickte, aber heute uneingeschränkt zugeben muss - grandios!
was peter greenaway, sein kameramann sacha vierny und komponist michael nyman dem zuschauer hier an audivisuellen leckerbissen zubereiten, erfreut den filmgourmet über alle maßen.
farben, kostüme, räume, score - alles ist maßlos!
die intermedialität mit der greenaway arbeitet ist fast atemberaubend:
alles ist theater, die szenerie bühne, die figuren überzeichnet.
die musik ist keine untermalung, sie ist gleichwertiger bestandteil zum visuellen.
die optik wirkt wie gemalt, die anspielungen auf die dauerpräsenten bücher ist natürlich nicht zufällig.
warum dieser film so unglaublich gut funktioniert jedoch, ganz entscheidend also im vergleich zu meinem anderen bisher betrachteten greenaway
A Zed & Two Noughts ist die etwas hergebende story und die dieses mal gelungene narration.
"the cook..." ist interessant, gehaltvoll, bedeutungsschwanger an symbolik.
greenaway lässt in ordinärster art und weise grafische brutalität und pornografie auf ein milieu treffen, das vor dekadenz und pompösem elitärem gehabe nur so strotzt - wie übrigens auch die machart des filmes! was auch schon wieder zu kritisieren wäre...
das ist nicht nur hochgradig schwarzgemalter humor, der im halse stecken bleibt, das ist purer nihilismus.
grotesk wird es, wenn ein engelsgleicher gesang in edeler gaultier-kostümierung auf einen gekochten körper, auf wilde sexszenen, auf vergewaltigung, demütigung, kannibalismus, hundekot, vergammeltes fleisch, kindesmisshandlung treffen.
greenaway reizt die grenzen seines publikums aus, und hat dafür dann auch viel schelte einstecken müssen.
einfach spannend wird es jedoch, wenn sich mehr ebenen auftun:
wir haben die wortlose leidenschaft zwischen georgina und michael, symbolisch aufgepeppt mit dem spiel mit farbe und licht.
michael ist eindeutig intellektuell, wir erfahren gar nicht mehr, aber wer braucht das schon, denn nur darum geht es.
um den sieg des intellektuellen gegenüber dem schmierigen, ungehobelten, korrupten dümmling!
am ende steht er als gedemütigter da, erstickt an seinen eigenen büchern (was für eine bezeichnende szene!), doch ganz am schluss, da darf er nochmal lachen in der grotesken rache georginas...ein perfektes bild für die bitterböse kritik am kannibalistischen kapitalismus!
die erstickungs-, und endsequenzen sind vielleicht die besten beispiele für die so grafische, filmische dichte und intelligenz, das gespür der filmemacher, was dieses werk zum meilenstein macht.
bleibt noch die rolle des kochs zu beleuchten - eine selbstreflexive!
für mich steht der koch für den zuschauer - voyeur, betrachter, kleines helferlein (genau wie es der zuschauer begehrt) und nicht zuletzt die einzige respektsperson für den bösewicht (er ist auf ihn angewiesen, der zuschauer soll sich ja schließlich "seinen" film anschauen).
es ist einfach gewaltig, was greenaway und sein team hier aufgebaut haben, ein visuell so interessanten, und inhaltlich so anspruchsvollen, intelligenten film habe ich selten zuvor gesehen.
das einzig negative, etwas bedauerliche ist und bleibt der artifizielle stil, der bei diesen filmkonstruktionen zwangsläufig entsteht.
er garantiert für die einzigartigkeit und die entstehende wirkung, lässt aber ein wirkliches mitfühlen und eintauchen in die dargestellte welt nicht möglich werden.
schade, aber so ist der stil greenaways eben, und wenn man solch einen schmaus geliefert bekommt, sollte man sich über die zubereitung nicht beschweren...
Rating: 9/10