(26. März 2004 | Kino: Nacht der 1000 Schreie | OmU | Cinema, München)
Irgendwie hatte ich mich auf diesen Film gefreut. Keine Ahnung warum. Am Regisseur kann es nicht gelegen haben, denn "Dobermann" empfand ich als Tortur. Die Beschreibung wird's wohl gewesen sein: Das klang so schön nach (leicht kindlichem) Abenteuer-Trash, irgendwo zwischen "Quatermain" und "Brisco County Junior" (kennt das noch jemand?). Kino zum Träumen also ein bißchen. Nix ernstes, nichts
verträumtes, sondern einfach etwas, das den Wunsch weckt, manche Sachen nochmal ein bißchen naiver sehen zu können. Weit gefehlt.
Stattdessen liefert Kounen einen "Der mit dem Wolf tanzt" für Esoteriker. Da werden die gleichen elegischen Kameraperspektiven bemüht, spektakuläre Helikopteraufnahmen, durchchoreografierte Steadycams und vor allem die vielzitierte "Schönheit der Natur". Das hat man zwar alles schon schlechter gesehen (selbst ich), aber vor allem auch schon viel besser. Der Versuch, ein großes Epos zu generieren, indem man bloß die (vermeintlich!) richtigen Bilder wählt, gerät zur Peinlichkeit. Und dann, der Rest? Ein Vincent Cassel-Spargel als Indianer-Ziehkind, der im richtigen Leben eher als Squaw oder Geierfutter geendet wäre, Michael Madsen bemüht diabolisch (und damit wenigstens cool, wenn schon nicht gut) und Juliette Lewis nackt (offenbar ihre einzige schauspielerische Qualität - da reißt ein mit zittriger Stimme vorgetragenes "Danny Boy" auch nix mehr raus). So weit, so durchschnittlich.
Die Story setzt dann ordentlich einen drauf. Da reicht es nicht, dass der Marshall von Indianern aufgezogen wurde (natürlich der einzige Indianerfreund unter lauter Rassisten) und dass die Hilfssheriffs allesamt arme (wenn auch originelle) Würstchen sein müssen, nein, es braucht auch noch einen weisen Medizinmann, einen etwas wilderen Indianerstamm, jede Menge Nutten, eine davon natürlich tot UND die große Liebe unseres Protagonisten, gelegentlich wirres Gestammel von "Geistern und Dämonen" und einen Bösewicht, der - wiederum nach indianischer Aussage, im Film bemerkt man davon nichts. Aber wenn es immerhin mal gesagt wurde... - die Seelen seiner Opfer frißt. Jo. Großer Dünnpfiff, irgendwie.
Aber hey, ich hab schon schlimmere Sachen für gut befunden. Warum verreiße ich den hier so? Ganz einfach: Die Dramaturgie. Der vollständige Verzicht (unfreiwillig, da bin ich mir ganz sicher!) auf jegliche Spannung - die beliebten Hausmittelchen (Beleuchtung, Score und durchs Bild huschende Schatten) sind ja zu finden - macht die knapp 2 Stunden Film zu einem Marathon. Spätestens beim fünften, exakt gleich verlaufenden, indianischen Ritual fallen zum ersten Mal die Äuglein zu, und der als "supernatural" angepriesene Showdown entpuppt sich dann auch noch als Bildschirmschoner. Denn jetzt müssen sich die beiden Hauptpersonen in der Geisterwelt bekämpfen, und da sieht man nicht viel ausser Lichtspiralen und -mustern, CGI-Kriechgetier, Morphingeffekten und eintönig schwarzem Hintergrund. Wieder ohne Spannungsaufbau. Ich glaube - und das unterstelle ich ganz bösartig einfach mal -, dass Kounen sich über so manche Kritik gefreut hätte, die von "rauschhaften Bildern" spricht. Stattdessen wirres Zeug, ohne erkennbares Konzept. Und das leise Gefühl, verarscht worden zu sein. Hier will einer anspruchsvoll sein. Er sollte das besser lassen.
Genug geschimpft. Interessant ist immerhin die vollkommene Genre-Losigkeit des Films. Die Western-Kulisse ist tatsächlich nur Kulisse, da sämtliche klassischen Western-Motive fehlen. Der Fantasy-Einfluß kommt nur bedingt zum Tragen, da er zum Einen keineswegs eindeutig vorhanden ist, zum Anderen aber vor allem auch wieder nicht seinen eigenen Konventionen gehorchen will.
Also, für eine Genre-Diskussion ist der Film gut. Wer dafür gerne 2 Stunden Langeweile durchhält, bitte...