Ich erwähnte es möglicherweise schon mal: Manchmal sind die sich zufällig ergebenden Doppel-Features, die man sich anschaut, die seltsamsten Kombinationen. Da sehe ich erst die kleine TV-Dokumentation
The slanted screen, welche sich mit der Darstellung von Asiaten und asiatischen Amerikanern im US-Kino beschäftigt, und danach
Men Behind the Sun 4 - Black Sun: The Nanking Massacre, der ja gewissermaßen ein Beitrag zum Thema "Asien vs. Asien im Kino" ist. Vollkommen unvorstellbar, mit welchem Aufwand dort diese grausame Episode bebildert wird - man stelle sich vor, ein europäischer Film jener Zeit hätte in der seltsam Erzählweise des Films (episodisch, drei-vier wiederkehrende Charaktere bei vielen nur kurz auf- und schnell abtretenden) und mit ähnlicher Deutlichkeit bspw. das Massaker von
Babyn Jar verfilmt.
Das seltsamste an dem Film ist, dass ich ihn mir "schlechter" vorgestellt habe, nun aber sagen muss, dass er durchaus seine Qualitäten hat. Das Nachstellen von Szenen, die von historischen Fotografien bekannt sind, ist auf grausame Weise beeindruckend, manche Szenen haben eine unheimlich, endzeitliche Stimmung (das Verbrennen der Leichen am Fluss), manche Lückenfüllerszenen wirken dann wieder zu "klein" -- der Übergang von großangelegten Verbrechen zu den sich tausendfach abspielenden "spontanen" Verbechen an einzelnen Opfern gelingt selten. Schauspielerisch ist der Film auch keine Offenbahrung und Szenenübergänge sind gelegentlich sehr ruppig. Der Film wirkt in der Summe wie eine Mischung aus... sagen wir apokalyptischem, distanzierten Kriegsfilm der sowjetischen Art (mir kam mehrfach in den Sinn, wie der Film wohl gewirkt hätte, wenn er ganz unkonventionell nur aus distanzierten, beiläufigen Kamerafahrten durch zerstörte und zerstört werdende Stadt bestanden hätte (und habe mich aus mir selber unklaren Gründen entschieden, diesen Ansatz irgendwie "sowjetisch" zu nennen - vielleicht wegen der Inszenierung meines Lieblingsfilms "Soy Cuba"?))... zu diesem Bestandteil kommt dann aber noch die intimere Perspektive, die "Einsprengsel" von ausgewählten Grausamkeiten, Mord, Kindermord, Vergewaltigung, Kindsvergewaltigung,
you name it, die dann oft sehr stark nach Studioaufnahmen aussehen, gelegentlich auch, was die Inszenierung angeht, an Genrefilme erinnern. Um auf mein bereits erwähntes Beispiel zurückzukommen: Man stelle sich den hypothetischen Film "Die Auslöschung Babyn Jars" vor, 1989 gedreht, Außenszenen Elem Klimov, Verhaftungs- und Abtransportszenen Lucio Fulci.
(Als Vergleich fällt mir gerade noch ein: Den Wechsel zwischen Szenen der Armeeführung und den Verbechen durch die Soldaten, also das Alternieren zwischen historischen "Großakteuren" und menschlichem Schicksal ihrer Untergebenen, hat man sich möglicherweise bei Filmen abgeschaut, die man auch im Hinterkopf hatte: "Tora! Tora! Tora!" oder eben den sowjetischen "Befreiung".)
Um den Bogen zu
The slanted screen zu schließen: jener weißt darauf hin, dass es eine handvoll asiatischer Leinwandstars in der Frühzeit des US-Kinos gab (
Sessue Hayakawa bspw., der in der Stummfilmzeit nicht nur ein auch vom weißen Publikum akzeptierter Held war, sondern in dieser Rolle auch "weiße"
love interests hatte (und spät in seiner Karriere bspw. in "The Bridge on the River Kwai" eine wichtige Rolle spielte)), dass die Mehrzahl asiatischer oder amerikanisch-asiatischer Rollen früher aber von Weißen gespielt wurden (deren "yellow face" heute nicht minder übel wirkt als sein Gegenstück "black face"). Zu
Men behind... führt mich das, weil ich mir nicht sicher bin, wie viele Japaner in dem Film von Japanern dargestellt werden - mir kamen viele Darsteller, vielleicht auch nur wegen der Synchro, die jeden Schauspieler chinesisch sprechen lässt (auch alle europäischen Missionare), chinesisch vor. Erstaunlicherweise findet der Film übrigens auch kurze Momente, in denen er die Situation japanischer Soldaten anspricht, ansatzweise erkennen lässt, dass auch "die Täter" vielleicht keine homogene Gruppe waren. Besonders ins Gewicht fallen diese Szenen aber nicht -- andererseits bin ich historisch in dieser Frage zu wenig bewandert, als dass ich sagen könnte, wie die Stimmung der japanischen Soldaten war, ob es etwa viele Verweigerungen etc. gab. (Ich tippe allerdings auf: Nein. Und so oder so, würde das an dem Leiden der Opfer eh kein bisschen ändern.)