"Früher hatte ich ein Leben, heute habe ich die CinemaxX-Card...."
#1
Geschrieben 21. Februar 2005, 14:22
Closer ****
Geil: Der Arzt (blendend: Clive Owen), der auch Narzist, gefühlkaltes Arschloch und Manipulator anderer Menschen ist, ist am Ende derjenige, der bekommt, was er will, nämlich seine Freundin, die Fotografin (wird immer hübscher: Julia Roberts), die der Versuchung der Schuld nicht entsagen kann.
Der nette Normalo (Jude Law) kann sich nie entscheiden und bekommt demzufolge: Nichts. Auch besteht er stets auf der Wahrheit und kann die doch nie verkraften. Und die Touristin/Tänzerin (Natalie Portman) wechselt – passend zum Auf und Ab der Beziehungsklisten – Namen und Haarfarben, so dass man Schwierigkeiten hat, sie irgendwie zu fassen. Toll: Am Ende stellt sich heraus, dass sie den Normalo (den Wahrheitsfanatiker), der sich sofort in sie verliebt, schon beim ersten Treffen belogen hat, dass die vielleicht romantischste Phase des Filmes (das anfängliche Kennenlernen der Beiden) eigentlich schon den Keim des Endes in sich trug. Geil.
Mathilde ***°
Das Grauen des Grabenkriegs als Hintergrund und Motivation zu einem optisch opulenten Liebesfilm mit viel Humor, der eigentlich aber eine verzwickte Detektivgeschichte ist und andererseits auch Thriller funktioniert.
In Erinnerung bleiben: die unerhörte Gewalttätigkeit der Exposition, der nette Postbote (Tati-Referenz?), zwei tolle set pieces (der Spiegelmord und – fast lehrbuchartig – die Bombardierung des Feldlazaretts).
Der Rest sind nette Details, Spielereien, skurille Kleinigkeiten, die man auch bei Jeunets anderen Filmen zu finden vermag.
Nach dem ersten Sehen schwer zu sagen, wie gut und bleibend der Film ist – natürlich berührt er nicht so sehr, wie „Amelie“ (dafür ist das Thema zu groß, zu gewalttätig), aber das soll er wahrscheinlich auch nicht. Abwarten und reifen lassen. (Und immer die kleinen Dinge im Blick behalten: Audrey Tautou wird auf den Schultern eines Mannes sitzend über ein ehemaliges Schlacht-, jetzt nur noch Feld getragen und hält dabei einen roten in ihren Händen Sonnenschirm. Von oben gefilmt erinnert das an die Blüte einer Mohnblume. Wir erinnern uns an den Gedichtanfang „In Flanders Fields the Poppies blow…“ und denken an die tausenden kleinen Plastik-Mohnblüten, die englische Touristen jedes Jahr an den Gedenkstätten in Frankreich zurücklassen, die aber auch am entsprechenden Gedenktag in England selbst am Revers getragen werden. Und dann danken wir Jeunet, dass er das Klischee und Kommerz gewordene Gedenkritual in eine solche hübsche Aufnahme gegossen hat.)
Commandante ***
Leichte Kopfschmerzen lassen sich doch nicht verhindern. Ein Film, der nach „Ja, aber…“ riecht: Stone unterhält sich mit Fidel, scherzt, fährt im Land rum, bauchmiezelt und kritisiert, stellt mal tiefgründige und mal platte Fragen, beackert in kurzen Einsprengseln die bewegte Geschichte des kleinen Eilands Kuba. Dass der Film den amerikanischen Auftraggebern zu nett und fluffig geworden ist, zu unkritisch kann man durchaus verstehen. Wer hier mit Castro seine erste oder erste tiefergehende Begegnung hat, wird den Mann wohl mögen, wird sein Ausweichen in manchen Fragen, sein Herauswinden entweder nicht bemerken oder es des netten Rests wegen vergessen.
Dass Stone dem „Commandante“ gerade in den wichtigen Fragen auf den Leim gegangen wäre, so wie es dem unbedarften Zuschauer passieren könnte, ist sicher eine Übertreibung. Stone ist schließlich kein sturer Kommunist, Stone ist vielmehr ein amerikanischer Querulant: Kritische Distanz (oder der Versuch sie zu erzielen) gehört dazu. Darum macht er ja überhaupt so einen Film, den in Amerika keiner haben will, aber darum fragt er auch Castro Dinge, die der (aus verschiedenen Gründen) nicht hören will.
Was man als Zuschauer vielleicht mit nach hause nimmt, ist der Gedanke, dass Castro sicher kein Staatschef ist, unter dem man als demokratieverwöhnter Westler leben mag, dass er aber unter widrigen Umständen, die ihm und dem kubanischen Volk speziell von amerikanischer Seite aufgedrängt worden sind, immerhin ein „umgänglicher Diktator“ geblieben ist, bei dem es nicht Wunder nimmt, dass größere Teile des Volkes ihn für seine Persönlichkeit und Verdienste mögen.
Blade III **°
So hat man früher Fortsetzungen gemacht: Jedes Mal ein bisschen weniger inspiriert als der Vorgänger, die Zutaten kaum noch variierend und das Thema zu Tode reitend. Die Story, die Gegenspieler, der ganze Filme sind ein routiniert heruntergekurbeltes Etwas, dass auch dieses Mal eigentlich weit abseits des Vampir-Themas liegt: Drake=Dracula ist eine so öde Wiederholung allbekannter Zutaten, dass der Film selbst kein großes Interesse an ihm hat (aber immerhin mehr als an Kris Kristoffersons Figur Whistler, der nicht länger im Film zu sehen ist, als es wohl Kristoffersons Vertrag erzwang, bevor er kurzerhand gesprengt wird) – warum auch Charaktere, es geht eh nur um die Action, nicht um Flair. Die Action allerdings (der Bogen schließt sich), hat auch nicht mehr viel Flair. Wie hätte man den krachigen zweiten Teil in Punkte Dauerfeuer auch überbieten sollen?
Was den Film vor dem Absturz bewahrt (oder bei anderem Geschmack endgültig herab reißt), sind Blades neue Freunde: Jessica Biel (immer noch nett anzusehen…) als Whistlers Tochter Abigail und Kevin Reynolds als permanent herumwitzelnder Hannibal King (5 Euro ins Namens-Klischee-Schwein), dem man gegen Ende tatsächlich noch ein paar auf niedrigem Niveau zündende Witze geschrieben hat.
House of flying daggers **
Bunte Farben, flatternde Gewänder, Flugakrobatik – wem das für einen Film reicht, der wird hier gut bedient. Wirklich interessant kann ich den Film aber nicht finden, ein Herz hat er nicht. Selbst „Hero“ – der für mich schon trotz seiner Buntheit reichlich blass blieb – ist diesem Film vorzuziehen.
Saw *°
Tief-Budget-Film, der seine Ausgangssituation verschenkt. Beschissene Auflösung und amateurhaftes Schauspiel lassen „Saw“ gegen Ende blöder erscheinen als er insgesamt ist. Trotzdem: Braucht man nicht gesehen zu haben.
#2
Geschrieben 21. Februar 2005, 16:20
Wege zum Ruhm *****
Passend dazu, dass der erste Weltkrieg ohnehin zu meinem Interessefeld gehört und ich darüber hinaus neulich ein Hauptseminar zum Thema „Popularisierung des Ersten Weltkriegs“ besucht habe, strahlte 3sat ihm Rahmen einer Kubrick-Reihe (die ich bisher leider völlig verpasst habe) wieder einmal „Wege zum Ruhm“ aus. Einleitend dazu ein Text, den ich bis jetzt in keiner Kritik unterbringen konnte:
Zitat
Auch wenn diesen Filmen und den geschilderten Ereignissen eine schreckliche Faszination innewohnt, so ist dies doch ein ermüdendes Feld. Im Grunde genommen gibt es, wenn man denn Remarques Roman gelesen und dessen 1930er-Filmandaption gesehen hat, nicht mehr allzu viel Neues zu entdecken. In Jean-Pierre Jeunets „Mathilde – eine große Liebe“ ist der Krieg dann auch nur noch Hintergrund und Vorgeschichte – visuell beeindruckend zwar, aber die „Spezialitäten“ des Krieges werden klugerweise nur zur Motivation der Geschichte benutzt.
Genau dieses Ausbrechen aus dem fest gefügten Schema zeichnet auch die beiden bemerkenswertesten Filmen zu Ersten Weltkrieg aus, Dalton Trumbos „Johnny zieht in den Krieg“ [Johnny got his gun] und Stanley Kubricks „Wege zum Ruhm“ [Paths of glory].“
Es ist in der Tat nicht so sehr der viel beschworene Schrecken des eigentlichen Kämpfens, der hier im Vordergrund steht, sondern, das, was hinter den Kulissen am Werk ist. Der Film macht gleich klar, worum es geht: Ein General erhält Besuch von einem Vorgesetzten, der ihm mitteilt, dass seine Soldaten demnächst eine gut befestigte Stellung der Deutschen einnehmen müssten. Der General ist unwillig, das Unternehmen scheint ihm unsinnig und unmachbar, er protestiert. Sein Vorgesetzter erwähnt, dass man den General für eine Beförderung vorgesehen habe, was natürlich nichts mit dieser Angelegenheit zu tun. Der General denkt nach und fängt an zu reden. Er redet viel, wiederholt seine ablehnende Haltung, relativiert sie, redet noch mehr und stimmt schließlich zu. Was natürlich nichts mit der in Aussicht gestellten Beförderung zu tun hat…
Der Angriff wird befohlen. Großartige Inszenierung: Colonel Dax (Kirk Douglas) und seine Männer stürmen vorwärts, durch Stacheldrahtverhaue, übers Niemandsland. Krater, Trichter, Pfützen. Die Kamera folgt ihnen recht lange, indem sie neben den Männern her fährt. Irgendwann bekommt man als moderner Zuschauer fast genug: Wie lange soll dieses Gelaufe denn noch so gehen, heute hätten man das anders, kürzer geschnitten. Dann endlich – viele Männer sind schon gefallen – gehen Dax und seine Männer in Stellung, der Zuschauer fühlt, dass sie jetzt nah am Feind sind – die Kamera blickt jetzt zum ersten Mal in Richtung deutsche Stellung – und wir müssen erkennen, dass die Franzosen gerade mal die Hälfte des Weges geschafft haben. Das Herauszögern genau dieses Momentes war es, worauf es Kubrick ankam: Am Ende eines langen Weges, steht hier nicht das Ziel, sondern der Rückzug der wenigen Überlebenden.
Stilistisch finden sich in Kubricks Film unterschiedliche Elemente: Da gibt es die eben beschriebene Angriffssequenz mit den Kamerafahrten oder die lange Kamerafahrt am Anfang als der General den Graben durchschreitet und aller paar Meter Soldaten mit stets der selben Floskel („Na mein Lieber, jetzt wollen wir es denen da drüben mal zeigen!“) begrüßt und ein persönliches Gespräch mit ihnen sucht, das unpersönlicher nicht sein könnte und eher an die müde Händeschüttel-und-Babyküss-Wiederholungsmechanik von Wahlkampfveranstaltungen erinnert. Im Gegensatz dazu fallen die geordneten Aufnahmen vor dem Militärgericht auf (der misslungene Angriff zieht einen als Abschreckung gedachten Prozess wegen Feigheit vor dem Feind gegen drei zufällig ausgewählte Soldaten nach sich), deren Bildkomposition sehr streng ist – ebenso wie später bei der Exekution. Die Spannung dieser Gerichtsverhandlung resultiert nicht nur aus dem schreienden Unrecht des gesamten Vorgangs und dem offensichtlich abgekarteten Spiel, dass die Ankläger und Richter betreiben, sondern eben auch daraus, dass Colonel Dax (im Privatleben Rechtsanwalt) nicht das Geringste dagegen unternehmen kann. Seine Nachfrage und Bemerkungen fruchten nicht, lassen die anderen Militärs kalt, die gar nicht verstehen wovon Dax da eigentlich redet. Den Schreianfall, der sich im Zuschauer aufbaut, wird durch die Inszenierung, die dem Verfahrensablauf gleicht (sachlich, streng, militärisch straff), verstärkt. Es gibt kein Ventil für das Unbehagen und die Übelkeit, die dieses Schauspiel erzeugt.
Dax müht sich – umsonst. Womit er jeden amerikanischen Prozess (zumindest im Film) zehn mal gewonnen hätte, verpufft hier: Sein großes Abschlussplädoyer appelliert an die Menschlichkeit der Richter – Schnitt! – wir sehen einen Soldaten, der das Exekutionskommando belehrt. Das Urteilsverkündung muss Kubrick gar nicht zeigen – wir haben schon gesehen, dass Dax Appell ins Leere geht.
Dax ist ein tapferer Soldat, der seine Befehle ausführt und vorwärts rennt, wenn man es ihm befiehlt. Vom Krieg mag er denken, was er will, er macht mit. Aber einen sinnlosen aus Prestigegründen geführten Angriff, der im Desaster endet, noch dadurch zu verschlimmern, dass man drei Männer ermordet, dagegen sträubt er sich. Sein Vorgesetzer sieht nur das Aufbäumen und wie Dax mit aller Macht verhindern will, dass die Männer sterben. Der Wille imponiert ihm, er geht auf Dax Spiel ein (Dax hat belastendes Material gegen den General). Dax Bemühungen werden als Karrierestreben missinterpretiert, man glaubt er will den Posten seines Generals haben – und deshalb müssen die drei Soldaten sterben, denn Dax vermeintliche machiavellistische Intrige funktioniert nur dann, wenn die Männer wirklich erschossen werden und sein General durch einen dadurch erzeugten öffentlichen Skandal abgelöst wird.
Der Generalsstab spielt täglich mit Leben zehntausender Männer, plant schulterzuckend den Tod von hunderten ein, um auch das popligste Ziel zu erreichen. Wie sollen diese Männer Colonel Dax verstehen, wie sollen sie ihn begreifen, der drei Soldaten retten will…
Unvergesslicher Moment: Die Exekution der Männer. Einer ist still, der andere wimmert, der dritte ist praktisch im Delirium, wird mit seiner Bahre an den Pfahl gebunden.
Am Ende: Der Vorgesetze ist zufrieden, denn vom missglückten Angriff (den er wollte), kann mit der Entlassung von Dax General ablenken. Und sonst: Die drei Männer sind tot. Dax ist in Ungnade gefallen. Der Krieg geht weiter.
#3
Geschrieben 25. Februar 2005, 13:10
Zitat
Das kann ja heiter werden. Hat man nicht schon vor ein paar Jahren versucht der Serie mit mehr "Realismus" beizukommen und dabei mit Timothy Dalton die uninteressantesten Bond-Streifen gedreht? Sich von den Spezialeffekten zu distanzieren ist eine hübsche Idee, aber vielleicht sollte man eher versuchen dem Charme* der frühen Filme wieder nahezukommen - davon war in den letzten Brosnan-Versuchen nun wirklich nicht mehr viel zu finden. (Pierce Brosnan hat sowie alles verspielt als er sich für die bescheuerten Ferrero-Werbespots hergab. Es gab selten etwas widerwärtiges im TV zu sehen als diese eine Szene, in der Brosnan sich mit abgespreiztem Daumen über die Lippen fährt und dabei die anwesende Damenschaft mit einem Blick bedenkt, der eigentlich Eingang ins Strafgesetzbuch finden müsste.)
* Wobei man sich ja fragen muss, wie und ob man dieses fortschrittsgläubige, dieses sympathisch Naive überhaupt in die heutige Zeit transportieren kann. Passt die Begeisterung für die lustigen Basteleien von Bonds Technikern überhaupt noch in unsere Zeit, in der der Zuschauer wesentlich abgeklärter geworden ist?
Neulich bei Professor Adams (I): Memento
„Memento“ stand zur Debatte und wir sind wieder (wie vor zwei Semestern, als er ihn bereits einmal zeigte) in der Kernfrage auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Das ist in so fern verwunderlich, als dass beide Parteien (Prof. A vs mindestens drei Studenten) davon überzeugt sind, den Film auf die offensichtliche und richtige Art und Weise verstanden zu haben.
Worum geht’s? Hauptsächlich um die Frage: Lügt Teddy am Ende des Films, als er behauptet, dass Leonard den richtigen „John G“ bereits getötet hätte, dass Leonards Frau Diabetis gehabt hätte, während Sammy Jenkis noch nicht einmal verheiratet gewesen ist?
Für mich war am Ende des Films immer klar gewesen, dass Teddy die Wahrheit sagt, Prof. A hingegen schloss von Teddys vorherigem Verhalten darauf, dass er auch in diesem Fall lügt um Leonard zu manipulieren.
Dabei ergibt sich folgende Hauptargumentation: (1) Teddy hat Leonard schon vorher belogen und beeinflusst – so versucht er beispielsweise den ganzen Film über, Leonard „seinen“ Sportwagen abzunehmen, in dessen Kofferraum sich ja 200.000 Dollar befinden. Warum sollte er jetzt die Wahrheit sagen, besonders da (2) die von ihm aufgetischte Geschichte einige Teile des Films auf seltsame Art und Weise umwerfen würde.
In diesem zweiten Punkt muss man Prof. A einerseits Recht geben, andererseits natürlich erwähnen, dass gerade dieses Umwerfen aller Erkenntnisse ja ein typisches Element für manche Geschichten ist, bei denen am Ende der Pointe schwereres Gewicht zukommt, als der Logik des bereits erzählten/gezeigten. Wenn Teddy am Ende Leonard also belügt, dann würde das bedeuten, dass die im Film erzählte Geschichte von Sammy Jenkis und Leonards Schicksal exakt so sind, wie sie gezeigt wurden.
Entscheidet man sich aber dafür, Teddy zu glauben, dann erhält man eine schöne Pointe, die den Film umwirft (was ich schon aus dramaturgischen Gründen befürworten muss, weil der Film sonst ein recht langweiliges Ende hätte), die aber tatsächlich Schwierigkeiten aufwirft und vom Zuschauer verlangt, die im Film erzählten Geschichten umzuschreiben: Sammy Jenkis wäre dann nicht der, den wir gesehen haben: Er wäre ein unverheirateter Betrüger gewesen, der von Leonard überführt wurde. Leonard selbst hätte seinen „Zustand“ tatsächlich bei dem Überfall auf ihn und seine Frau bekommen, ABER seine Frau hätte dieses Verbrechen überlebt. Seine Frau hatte Diabetis (und eben nicht Sammy Jenkis nicht-existente Ehegattin) und seine Frau war es, die ihn und sein Gedächtnis auf die Probe stellte und dabei ins Koma fiel (wie es Lenny dem Zuschauer eigentlich von Sammys „Frau“ erzählt). Leonard kam mit diesem Verlust nicht zurecht, bildete sich jetzt ein, seine Frau sei bei dem Überfall gestorben und machte sich auf die Suche nach „John G“. Er tötete ihn, konnte sich nicht daran erinnern und Detective Gammel (= Lenny), der ihn bei dieser Suche begleitet hatte, entschied sich dafür Leonard einen Gefallen zu tun und ihm dadurch einen Lebenszweck zu geben, dass er immer weitere „John Gs“ auftrieb, die Leonard töten konnte, wobei vermutlich jedes Mal irgendetwas für Lenny abfiel (wie im Film, wo er sich ja eigentlich 200.000 Dollar unter den Nagel hätte reißen können).
Für diese Version sprechen abgesehen davon, dass ich diese Pointe schlichtweg für ein unendlich besseres Ende halte, als die andere Möglichkeit, immerhin einige Hinweise:
- Nach Teddys Erklärung sehen wir, wie Leonard sich dessen Nummerschild aufschreibt und zu selbst sagt (ungefähres Zitat): „Will I lie to myself, to make me happy? In your case, Teddy, I will.“ Dieses Zitat beweist ganz klar, dass Leonard sich – zumindest in diesem Moment – vornimmt sich selbst zu betrügen: Er notiert Teddys Nummerschild und weiß genau wozu das führen wird, wenn er ein paar Minuten später den Grund dafür vergessen haben wird, aber die Information (der FAKT) sich in seinem Besitz finden wird. Das ist eine skrupellose Entscheidung, die Leonard da fällt. Sie passt so gar nicht zu seinem Wesen, wie wir ihn bis jetzt gesehen haben, aber sie würde im Zuge dessen, was Teddy uns erzählt hat (und dessen was wir uns dazu denken müssen), durchaus Sinn ergeben.
- Zwei kleine, sehr kurze Aufnahmen untermauern diese Theorie, unterstützen sie zumindest. Der Film ist generell in zwei Segmente unterteilt, die Schwarzweiß-Aufnahmen und die Farbaufnahmen. Diese beiden Sequenzen werden zwar am Ende zusammengeführt, aber vorher streng getrennt, was eine wichtige Erkenntnis für die folgenden Punkte ist. Die Schwarzweiß-Sequenzen (chronologisch) zeigen Leonard in seinem Hotelzimmer, in ihnen gibt es Flashbacks zu Sammy Jenkis Geschichte. Die Farbsequenzen sind nicht chronologisch gefilmt, in ihnen gibt es (kürzere) Flashbacks zu Leonards Geschichte, Erinnerungen an seine Frau.
(1) Als Leonard bei Natalie zu hause ist, vor ihrem Fernseher sitzt, schaut er einmal auf seine Hand. Dort steht: „Remember Sammy Jenkis“. Darauf folgt eine kurze Szene, in der wir eine Hand mit einer Insulin-Spritze sehen. Wir sehen diese Erinnerung in Farbe. Wenn dieser Flashback aber Sammy Jenkis betrifft, warum ist er dann in Farbe, was macht er überhaupt in der Farbsequenz? Sammy-Jenkis-Flashbacks sind streng auf den Schwarzweiß-Teil begrenzt, warum sollte es hier eine Ausnahme geben. Wäre es nicht denkbar, dass diese Erinnerung an die Insulinspritze (wie alle Flashbacks in Farbe) nicht Sammy sondern Leonard betrifft? Und warum sollte Leonard eine Insulinspritze in der Hand halten? Weil seine Frau Diabetis hatte, so wie Teddy es am Ende sagt!
[Man denke auch daran, dass man diese Szene auch später im Film (früher in der Story) sieht: Als Teddy Leonard erzählt, dass Leonards Frau Diabetis gehabt habe, da hat Leonard einen kurzen Flashback: Seine Frau sitzt auf dem Bett, er gibt ihr eine Insulinspritze. Dann schüttelt er mit dem Kopf. Nein, sagt er, dass stimmt nicht. Wir sehen die gleiche Szene, etwas verändert: Leonards Frau sitzt auf dem Bett, Leonard zwickt sie in den Oberschenkel, anstatt ihr eine Spritze zu geben. Dieses Bild (Zwicken) kommt früher im Film (später in der Story) noch einmal vor. Ich interpretiere das so, dass Teddy die Wahrheit sagt und Leonard deswegen zuerst die korrekte Erinnerung sieht (Insulinspritze), dass er dieses Bild dann aber abschüttelt und sich so daran erinnert, wie er sich daran erinnern muss, wenn seine Geschichte Sinn ergeben soll. {Kann man sich denn an etwas Falsches erinnern, bloß weil jemand es erwähnt? Wenn Teddy erwähnt, dass Leonards Frau Diabetis gehabt habe, warum sollte Leonard dazu ein Bild durch den Kopf blitzen? Das geht nur weil es wahr ist. Das zweite Bild kommt dann, weil Leonard sich darauf konditioniert hat.}]
(2) Dann gibt es da noch die Szene, die jedem Zuschauer aufgefallen sein sollte, der an der entsprechenden Stelle nicht gerade geblinzelt hat: In einem Flashback, in dem von Sammy die Rede ist, in dem wir sehen, dass Sammy nach dem seine Frau ins Koma gefallen ist, in einem Heim sitzt, da verwandelt sich für ganz kurze Zeit Sammys Gesicht in Leonards Gesicht (angeblich nur zwei Einzelbilder lang). Was sollte dies bedeuten? Dass, Leonard die selbe Krankheit wie Sammy hat, dass wissen wir schon, warum sollte dies dann noch mit so einer Spielerei (die sonst an keiner Stelle im Film vorkommt) untermauert werden? Mehr Sinn würde dies ergeben, wenn man diesen Moment als das interpretiert, als das man ihn sieht: Sammy wird zu Leonard, Leonard und Sammy sind eine Person.
Das Problem, dass wir bei unserer Argumentation haben, ist, dass wir manche Szenen des Films schlichtweg nicht erklären können. Das genaue Verhältnis zwischen der angeblichen Geschichte von Sammy Jenkis und dass der Geschichte von Leonard zueinander ist schwer zu verstehen. Wenn Sammy alleine mit den elektrifizierten Gegenständen zu sehen ist, dann könnte das der echte Sammy Jenkis sein, der Betrüger, den Leonard überführen konnte. Wenn Sammy mit seiner Frau zu sehen ist, dann könnte das einfach nur Leonard mit seiner Frau sein. Was aber machen wir, wenn Sammy, Leonard und Sammys Frau in einem Raum sind? Wie muss man die Szene verstehen, in der Sammys Frau Leonard auf seinem Arbeitsplatz besucht? Diese Punkte kann man wohl nicht beantworten, es sind Schwachpunkte des Films, die eingefügt wurden, um die falsche, selbstbetrügerische Story Leonards glaubwürdig zu machen, die sich im Endeffekt aber als Einbildung erweisen. (Genau diese Schwachpunkte sind es im Endeffekt, die dazu führen, dass Prof. A sich für seine Version der Geschichte entscheidet, wobei er aber eine Vielzahl von kleinen Hinweisen übersieht bzw. nicht erklären kann, die ich gerade geschildert habe.)
Und noch ein letzter Grund, warum ich mein Verständnis des Films (das natürlich auch auf Argumenten meiner Mitstudenten beruht, die ich übersehne hatte) bevorzuge ist, dass so die Charaktere wesentlich interessanter sind. In Prof. As Version ist Teddy durchgängig jemand, dem man misstraut (ein Verdacht, der mit der letzten „Lüge“ Teddys im Film untermauert wird) und die unsere Wahrnehmung von Leonard bleibt gleich. Lediglich Natalie verändert sich von jemandem, den man erst mag, zu jemandem, der Leonard manipuliert. In der Version, in der Teddy die Wahrheit sagt, sieht das anders aus: Teddy, der anfänglich zu Recht mit Misstrauen beobachtet wird, lügt am Ende nicht, während der Held des Filmes, sich als jemand erweist, der sich selbst manipuliert und belügt. Der Lügner spricht die Wahrheit, der Wahrheitssuchende belügt sich selbst.
Auf jeden Fall, war es aber lustig und lehrreich, sich eine solche ausufernde Diskussion zu liefern, in der eigentlich nur eine Frage im Mittelpunkt stand. So intensiv haben wir in diesem Kurs keinen anderen Film besprochen und es war zu mindest dem Verständnis des eigenen Standpunkts sehr dienlich.
Da sich in unserem Kurs doch einige Leute der – wie ich dachte – „Außenseitermeinung“ unseres Professors angeschlossen haben, würde mich interessieren, wie ihr das seht: Lügt Teddy oder lügt er nicht?
Kommentare hier
#4
Geschrieben 28. Februar 2005, 09:03
Nach dem "Herr-der-Ringe"-Oscar-Tsunami im letzten Jahr hatte ich gar keine Lust mir die Veranstaltung anzuschauen - und wenn doch, dann eher wegen Chris Rock. Habe es dann aber doch sein lassen und die Ergebnisse früh im Videotext nachgeschaut. Es fällt wieder auf: "Alle" Oscars sind im Videotext nie alle Oscars, aber eigentlich kann es einem ja egal sein, da die technischen Kategorien tatsächlich kaum von Interesse sind.
Erster Eindruck: Ich freue mich unheimlich Eastwood und seinen Film (den ich jetzt noch dringender sehen will, als vor zwei Tagen als ich sah, dass sogar Marcus Cohen auf kino.de ihn mit 100% durchgewinkt hat), für Charlie Kaufman und auch für Cate Blanchet, deren Kathrin Hepburn-Darstellung für mich viel vom Reiz des "Aviators" ausmachte.
Zweiter Eindruck: Schade für Scorsese, aber es ist keine Katastrophe. Auch ohne "One million dollar baby" gesehen zu haben, kann man locker akzeptieren, dass "Aviator" es nicht geschafft hat - der Film gute Momente, er macht in der anfänglichen Hälfte viel Spaß und ist auf Kurs, verliert danach aber.
Sagen wir es so: Die Tragödie war, dass die Academy geschlafen hat, als sie Scorsese für "Gangs of New York" berechtigterweise hätte adeln können. Für den Mitleids-Oscar (sollte vielleicht eine offizielle Kategorie werden...) hat es dieses Jahr eben nicht gereicht, dafür wäre offenbar die Ungerechtigkeit Eastwood gegenüber zu groß gewesen. Dennoch glaube ich, dass Scorsese - der ohnehin schnell arbeitet und dessen nächster Film nicht lange auf sich warten lassen wird - die erneute Niederlage verkraften und sie hoffentlich auch als Ansporn sehen wird: Mir scheint, die Academy ist willens, ihm endlich einen Goldjungen zu schenken - aber ganz so einfach wollten sie es ihm dann doch nicht machen.
Aviator ***
Der Film beginnt, wie auch schon "Gangs of New York", mit einer Kind + Elternteil-Szene und auch hier begründet diese Szene eine Prägung, die das ganze Leben anhalten wird. Während uns aber in "Gangs..." eine wahrhaft traumatische Erfahrung sehr ausführlich gezeigt wird, wird die weniger offensichtliche Sache in "Aviator" nur kurz, vielleicht zu kurz, eingeführt. Es scheint fast, als müsste diese Szene allein einen Charakterzug Hughes erklären und als wäre die Exposition auf ein solches Maß zurechtgestutzt worden, dass man sich gerade noch an sie erinnert, wenn sich Hughes am Ende dieser Szene aus seiner Kindheit entsinnt.
Sonst ist aber gerade der Anfang des Films gelungen, auch die Kürze dieser ersten Szene ändert nichts daran, dass sie schön geworden ist. Hughes Filmschaffen beeindruckt auch heute noch und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass Scorsese gerade diesen Teil der Biographie sehr mag - was gäbe es an einem Kinoverrückten, der sich mit ganzer Seele in seine Filmerei stürzt auch nicht zu mögen? (Wobei Scorsese immerhin nicht als Verschwender vn Zeit und Geld seiner Produzenten bekannt ist, sondern als gewissenhafter, schneller Arbeiter.) Irgendwie verspürt man tatsächlich große Lust sich jetzt "Hell's Angels" anzusehen. (Ich meine: Wenn ein großartiger Film wie "Scarface" nur am Rande erwähnt wird, dann muss "Hell's Angels" doch mindestens sehenswert sein, oder?)
Was dem Film schadet, ist das schwache Ende. In einer Biographie muss man sich natürlich immer einen bestimmten Zeitrahmen herauspicken, muss manches strecken und anderes kürzen, aber das Ende von "Aviator" fand ich - ohne dass ich es groß erklären könnte - schwach. Klar, der Flug der Hercules und Hughes Triumph vor dem Untersuchungsausschuss waren zwei wichtige Szenen, die uns da an einem Stück geboten wurden, aber sie fühlten sich nicht wie ein Abschluss an, sondern nur wie eine weitere Episode der großen Geschichte. Es werden zwar alle Stränge zusammengeführt, die übliche closure wird herbeigeführt, aber es funktioniert nicht. Vielleicht liegt das daran, dass man Hughes nicht traut: Hughes hat alles, was er als Kind haben wollte, "der Weg in die Zukunft" ist frei, er sollte glücklich und zufreiden sein, aber können wir uns vorstellen, dass er es ist? Meine rudimentären Kenntnisse der Biographie des echten Hughes sagen mir, dass er am Ende ein seltsamer Kauz geworden ist und sich wieder in ein Zimmer eingeschlossen hat, was ich mir ein bisschen so vorstellen, wie Mr. Burns, der - zweifellos in Anlehnung an den echten Hughes - sich in einer "Simpsons"-Episode auch in einen keimfreien Raum zurückzog, Kontakt mit Menschen mied und Flugzeuge schnitzte ("Das ist ein sehr schönes Modell, Sir" - "Wieso Modell, Smithers?"). Diese Biographie hält noch interessantes (wenn auch sicher nicht schönes) für einen bereit, dass dürfte jeder Zuschauer am Ende des Filmes spüren und darum funktioniert es nicht.
Seltsam war im Kontext von Hughes kurzzeitigem Absturz übrigens, dass wir genau diese Szenen ja schon aus Chuck Barris verfilmter Pseudo-oder-vielleicht-doch-Biographie "Confessions of a dangerous mind" kennen. Haben viele Amerikaner den Drang sich bei Lebenskrisen nackt in Räume zu verkriechen und nur noch an der Tür mit Freunden zu reden? Hmm...
Große Klasse fand ich übrigens Cate Blanchet, was ich sage obwohl sie den Oscar bekommen hat und ich jetzt als Trittbrettfahrer dastehe. Tut nichts zur Sache, denn ihre Kathrin Hepburn war tatsächlich ein Highlight des Films, sehr lebenslustig, stark und doch verletztlich, und - meine Meinung - unglaublich sexy. Wenn ich genau drüber nachdenke, war ihre Darstellung tatsächlich das Highlight des Films, weil sie (zusammen mit der Luftschlacht, die mich emotional freilich weniger berührt) zu den Dingen gehört an denen ich mich schon beim Zusehen erfreut habe und die in der Erinnerung dominieren.
Fazit: Netter Film mit handwerklichen Höhepunkten und schönen Momenten, der aber dramaturgisch in der zweiten Hälfte kränkelt.
#5
Geschrieben 28. Februar 2005, 09:15
Nett, stellenweise saukomisch, stellenweise sehr platt, manche eingefahrene Witze zu sehr wiederholend, aber teilweise auch überraschend. Fockers Eltern machen Spaß, Robert DeNiro ebenso. (Noch ein Sequel und man kann sich seine alten Filme vielleicht nicht mehr ansehen, weil man immer die spätere Selbstparodie durchschimmern sähe... wäre schlimm.)
Gäbe es mehr zu sagen? Außer vielleicht, dass ich die Nummer mit dem Hund, der alles begattet, was ihm über den weg läuft, seit mindestens 7 Filmen nicht mehr lustig finde...
#6
Geschrieben 02. März 2005, 21:27
39 Minuten gespielt, Freiburg liegt 0:5 zurück und "die ersten Zuschauer gehen..." (O-Ton Kommentator). Kann mich nicht erinnern, wann das letzte Mal ein derartig befriedigendes Massaker über meinen Bildschirm geflimmert ist. Hach, es ist immer wieder ein Vergnügen wenn der SC -- Personifizierung des antiautoritären Schöngeist-Öko-Klischees, das auch über der Stadt Freiburg hängt -- mal so richtig von den bösen, herz- und seelenlosen Millionären aus München plattgewalzt wird. Wir fühlen: Tiefe, innere Befriedigung und Genugtuung, ohm.
Edit: 0:6 (60.), 0:7 (76.) Sehen wir das als gutes Vorzeichen, dass das erbarmunswürdig torlose Gestolper der Freiburger demnächst wieder da stattfindet, wo es hingehört: In Liga zwei.
P.S.: Ich darf das übrigens alles so sagen, weil: Ich muss in Freiburg wohnen und mir den gräßlichen und völlig unbegründeten Stolz auf die heimischen sub-mediokren Dilettanten schon viel zu lange anhören. Sich der eigenen Unfähigkzeit auch noch zu rühmen, ist vielleicht die schlimmste Art der Hybris...
#7
Geschrieben 06. März 2005, 00:32
Für nur 4,99 € das Stück bei Zweitausendeins erworben: The Secret Agent, Sabotage, The 39 Steps, The Man who knew too much und The lady vanishes . Und dann standen die Dinger doch wieder nur bei mir rum. Keine Lust sie anzusehen, ja, Hitchcock rockt, aber bäh: alles nur schwarzweiß und alt und überhaupt. Dann wieder packt einen mal die Motivation, man will ein guter Cineast sein und all die anderen Leute, mit denen man online verkehrt, sehen ohnehin viel mehr Filme und hängen sich rein, da kommt man sich schäbig vor.
Und dann entdeckt man plötzlich diese wunderbaren Filme und verdammt sich, dass man sie so elendig missachtet hat. Hitchs britische Meisterwerke: Wunderbarer Humor und schrullige Figuren wohin man sieht (warum auch nicht, schließlich ist England doch Heimstätte der Schrulligkeit, zumindest in der westlichen Hemisphäre) und oftmals schöne visuelle Einfälle. Verblüffend ist, dass eigentlich alle Filme auf die eine oder andere Art mit Agenten und Spionen zu tun haben -- und dass die Schweiz verhältnismäßig oft als Handlungsort auftaucht. The secret agent, The 39 Steps und The lady vanishes sind dabei die leichteren Werke, während Sabotage und The man who knew too much düsterer daherkommen. Bei letzterem fällt vor allem die ungewöhnlich lange Schießerei am Ende des Filmes auf, die - wenn ich mich recht entsinne - an eine wahre Begebenheit angelehnt ist, bei der die unbewaffneten Londoner Bobbies eine ganze Weile von einer bewaffneten Bande in Schach gehalten wurden und die Belagerung erst aufheben konnten, als sie sich aus einem nahegelegenen Waffengeschäft Gewehre besorgten. Dem Film tut das "nicht wirklich" gut, er hängt bei diesem Finale ein wenig durch, und man denkt, dass Hitchcock sich ein wenig verzettelt hat, was diesen Film auch schon zum schwächsten aus dieser Fünfergruppe macht.
Den Rest kann man uneingeschränkt empfehlen, zumindest wenn der Zuschauer sich an den bewusst überzogenen Unwahrscheinlichkeiten der Filme erfreuen kann - und das sollte nicht schwer fallen, wenn man sich dem Charme der Filme hingibt, die mit einer wahrscheinlich typisch britischen Gelassenheit voranschreiten, die auch hinter all den Untaten und Verbrechen letztlich doch das spannende Rätsel zu erkennen mag und sich intellektuell herausgefordert sieht. Rennen, brüllen und fluchen wird man in diesen Filmen kaum jemanden sehen, jedenfalls nicht außerhalb reiner Fluchtsequenzen: Stattdessen bewahren alle schön die Contenance.
Übrigens unglaublich, was Hitchcock bei Sabotage macht: Eine prototypische Suspense-Szene: Junge läuft mit Bombe durch die Stadt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt explodieren soll - er weiß weder vom Termin, noch von der Bombe, aber der Zuschauer, der weiß es und fiebert mit: Dem Jungen wird doch nichts passieren, o Gott, das wäre ja zu grausam. Eben, es wäre ja zu grausam und außerdem macht Hitch all die Verzögerungen so nett, so nervenkitzlig: Der Markt-Verkäufer, der den Jungen gegen seinen Willen als Demonstrationsobjekt für Zahpasta hernimmt, dann die schöne Parade inkl. Kutsche der Royals und dann noch die nette alte Dame, die im Omnibus sitzt und diesen entzückenden Welpen bei sich hat. Hitch würde nie... Und doch: Er tut es. Die Bombe geht hoch, der Junge und alle im Bus sterben. Dürfte man heute so was noch machen? Würden Produzenten das absegnen? Würde das Publikum das annehmen? Tat es das damals?
Jenseits der unterhaltsamen Umsetzung der Filme bleibt mir eine Frage: Warum all die Spiongeschichten? Vieles wirkt da - egal ob namentlich Deutsche gejagt werden oder Saboteure im Auftrag ungenannter Mächte - von einem Bezug auf die Realpolitik der Zeit und von einer unterschwelligen Kriegsangst geprägt, so als wäre man sich des Friedens nicht sicher gewesen: Beispielweise die Erwähnung eines heimlichen Paktes zweier europäischer Großmächte in The lady vanishes (inkl. des Auftritts einer Frau aus dem "Propagandaministerium") oder die indirekte Drohung mit den Konsequenzen eines Attentats als auf den August 1914 und Sarajevo verwiesen wird (The Man who knew too much).
Ghost Dog ****
Wenn Walter Hill seinen Straßen in Flammen als "A Rock'n'Roll Parable" untertitelt, was ist dann Jim Jarmuschs Ghost Dog? Eine bittere Allegorie auf Hip Hop? Ein alter weißer Sack (Plattelabelchef?) rettet Ghost Dog (= Hip Hop), woraufhin dieser ihm zu ewigem Dank verpflichtet ist ("You've gotta suck the big man's nuts" wie Ice T so schön sagt...) und später abtreten muss, als der alte weiße Mann den Nutzen der Vereinbarung anzweifelt (und eine neue Trendsau durch's musikalische Dorf treiben will)?
Auf jeden Fall ein genialer Film, den man sich genauso gut anhören, wie anschauen kann, weil hier der Soundtrack für sich genommen eine Pracht ist - das ist um so beeindruckender, als das Jim Jarmusch bei Dead Man einen völlig anders gearteten, aber ebenso umwerfenden Soundtrack eingebaut, herausgefordert und mitverantwortet hat.
Neben Forest Whitaker in der gewöhnungsbedürftigen aber dann überzeugenden Hauptrolle als schwarzer Samurai der Großstadt bleiben vor allem die grotesk inkompetenten Widersacher Ghost Dogs im Gedächtnis: Italienische Gangster, die ein Chinesenrestaurant als Deckmantel benutzen, dessen Pacht sie aber nicht bezahlen können, weil sie eben nichts auf die Reihe bekommen. Alte, übergewichtige Männer, die erst einen aus ihren Reihen (den "schönen Frank", der vieles, aber gewiss nicht schön ist) umlegen lassen und dann - in einem nie wirklich begründeten Sinneswandel - plötzlich sauer auf den Killer sind und sich an ihm rächen wollen. Inkompetente Deppen, die eigentlich nur Tauben abknallen können, die sich von Kindern auf der Nase herumtrampeln lassen und die nachher von einer psychisch labilen jungen Frau beerbt werden. (Hmm, vielleicht doch keine Hip-Hop-Metapher, sondern eine feministische Vision: Wenn die Männer mit Kriegspielen fertig sind, erben die Frauen alles?)
#8
Geschrieben 13. März 2005, 13:49
1) Hitch - der Datedoktor ***
Weil es vom "Romantische-Komödie"-Grundgerüst her ja nichts neues zu entdecken gibt (man findet sich, man zerstreitet sich und findet sich denn doch wieder), beschäftigen wir uns lieber mit zwei Rand-Gedanken.
Erstens: Wie unglaublich gut das Casting des Films gelungen ist. Kevin "King of Queens" James dürfte Millionen amerikanischer und deutscher Fans in einen Film treiben, den sie sich sonst vielleicht nicht angeschaut hätten. Denn, um ganz ehrlich zu sein, wäre mir Will Smith und Eva Mendes alleine keinen Kinobesuch Wert gewesen und das Genre an sich, ist ohnehin so abgenudelt, dass man sich seine Film-Besuche sehr sorgfältig auswählen muss.
Zweitens: Eva Mendes sieht im Halbdunkel viel besser und interessanter aus, als wenn man sie in knalliges Tageslicht stellt. Mögen Produzenten deutscher serien und Spielfilme diese Lektion endlich auch lernen und ihre Werke nicht immer (wieder) so ausstrahlen, als läge ihr Set direkt auf dem Mururoa-Atoll.
2) Battles without Honor and Humanity (a.k.a. The Yakuza Papers) [Vorläufig ohne Wertung]
Hat Kinji Fukasaku eigentlich in jedem seiner Filme Text-Einblendungen zur Figurenbeschreibung/vorstellung/erklärung eingebaut? Kenne da nur "Tora! Tora! Tora!" (aus dem Michael Bay, zu meiner Überraschung, so unglaublich vieles für seinen "Pearl Harbour"-Schmonz ausgeliehen hat, dass es nicht mehr feierlich ist), "Battle Royal" und eben die 5 Yakuza-Papers. Während bei dem von Fukasaku mitgedrehten Kriegsfilm, die Einblendungen durchaus noch geholfen haben (aber meistens für das Verständnis einer Szene nicht dringend notwendig waren), taten sie bei den Yakuza-Papers doch dringend Not, waren im Endeffekt (für mich) aber doch vergebens. Das unglaubliche Figurenarsenal rauscht beim ersten Ansehen an einem vorbei und man merkt sich nur wenige Kernfiguren. Die Feinheiten der Ränkespiele unter den Yakuza gehen dabei eindeutig verloren, aber man kann dem Ganzen doch folgen.
Wenn man ein Thema für die fünf Filme finden müsste, dann könnte man durchaus auf ihren Titel "Battles without Honor and Humanity" verweisen, vielleicht noch mit dem Zusatz: "... and without any signs of competence, too". Denn das auffälligste Merkmal der Filmreihe ist, dass nahezu keiner der Beteiligten als wirklich fähiger Akteur angesehen werden kann. Yamamori und Uchimoto, die beide auf den selben Posten spekulieren (hauptsächlich Teil 3 und 4) sind beides Versager: Yamamori begegnet uns in allen 5 Episoden ist ist nicht mehr als eine feige Witzfigur, die eigenen Einsatz scheut, undankbar ist und von diplomatischem Verhalten innerhalb der Yakuza keine Ahnung mehr hat, sobald sie zum Boss der Bosse aufgestiegen ist. Uchimoto hingegen ist noch feiger als Yamamori, wird von diesem (aber auch von anderen) mal mehr, mal weniger gedemütigt und kann außer krankhaftem Aufstiegswillen keine anderen Qualitäten anführen - an Vernunft oder Weitsicht mangelt es beiden. Und "Ehre" ist für viele der beteiligten ein Wort, mit dem man gerne herumhantiert, dass aber an Wert verloren hat. Die schönen Zeremonien und die Blutsbrüderschaften, die man schließt, sind zur Formalität verkommene Rituale, an deren Wert sich wenige gebunden fühlen. Von den anderen aber, werden Allianzen nach Lage der Tagespolitik und nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung gewechselt. Die Treue zum Herren, eine Idee, die der Yakuza erstaunlicherweise mit dem Samurai teilt, ist letztendlich nichts wert. Hierin liegt auch der Unterschied zum Samurai (und man vergebe mir, wenn ich hier vielleicht dem Mythos des treuen Dieners zu sehr aufsitze): Der Yakuza ist eine Unterwelt-Kopie des Samurai, ist aber wegen seiner Natur als Verbrecher wesentlich stärker in Versuchung geführt unehrenvolle Wege zu gehen.
Führen wir den Gedanken der Inkompetenz weiter: Im ersten Teil will ein Yakuza sich als Entschuldigung die Finger abschneiden, hat aber (genau wie die anderen Anwesenden) keine Ahnung, wie man so was eigentlich macht. Nach vollendeter Tat, stellt sich schließlich heraus, dass das Opfer gar nicht nötig gewesen wäre und der um Versöhnung gebetene mit dem abgetrennten Glied nichts anfangen kann. Bis zu dem Unterling, der sich in einer späteren Episode aus Scham und Übereifer sie loszuwerden sogar die ganze Hand abschneidet und damit als Bandensoldat eigentlich untauglich wird, ist der Weg da gar nicht so weit.
Desweiteren fällt auf, wie unglaublich dilettantisch die meisten Attentate vor sich gehen. Fukasaku überzeichnet hier die Täter ins deppenhafte: Präzise ausgeführte, schnell abhakte Anschläge sind eine Seltenheit, weil die Killer nicht mit ihren Waffen umgehen können und sie handhaben "wie Mädchen" -- spätestens nach dem zweiten Schuß, kann wegen des die Schützen erschütternden Rückstoßes von gezieltem Feuer keine Rede mehr sein. Dies mag an der magelnden Übung an Schußwaffen liegen (also deren historischer Ablehnung und mangelnden Verbreitung in Privatbesitz) oder an der Angst der Schützen oder an deren unterschwellig wütender Unentschlossenheit, die dazu führt, dass man den Auftrag, den man nach außen hin mutig angenommen hat, lieber scheitern läßt, bevor man ins Gefängnis muss -- auf jeden Fall werden selbst die erfolgreichen Attentate so in Szene gesetzt, dass von diesen Akten der Gewalt keinerlei Faszination ausgeht.
Das Stichwort Gewalt soll hier nur kurz abgehakt werden: Wer die Yakuza-Papers mit den Erwartungen des Action-Fans kauft, wird und muss enttäuscht werden. Die Serie setzt sich hauptsächlich mit den "politischen" Aspekten der Yakuza auseinander, mit den verschiedenen Allianzen, die geschmiedet und gebrochen werden. Gewalt findet statt, aber es wird, wie schon erwähnt, eher die Unprofessionalität, wenn man so will die Lächerlichkeit der Täter betont: Übermäßig blutige Details werden nicht ausgemalt, aber das Leiden der Opfer hervorgehoben: Niemand stirbt in diesen Filmen schnell und schmerzlos, die Opfer winden sich und zappeln, springen umher und jaulen auf. Wenn es einen Weg gibt, Film-Gewalt ihrer Faszination zu berauben, dann Fukasakus Ansatz.
Eine der wenigen Ausnahmen von dem inkompetenten Figurenarsenal ist Shozo Hirono, der Held der Serie. Wobei man mit dem Begriff "Held" vorsichtig umgehen muss. Nicht aus moralischen Gründen, sondern viel eher aus dramaturgischen: Die Yakuza-Papers drehen sich deutlich um Shozo, aber nicht ausschließlich um ihn. Andere Charaktere werden ausführlich beleuchtet, ihre Aktionen werden verfolgt und gezeigt. Wenn Shozo für längere Zeit im Gefängnis verschwindet, ist das kein Grund für den Film lange bei ihm zu verweilen; in Teil 5 wird sein wiederholter Gefängnisaufenthalt mit nur wenigen Szenen gewürdigt und erst nach seiner Freilassung taucht Shozo wieder "richtig" im Film auf. Anders gesagt: Auch in Abwesenheit des Protagonisten geht die Geschichte weiter und wenn er nichts dazu beizutragen hat, dann wird er aus dem Film eben auch so lange ausgeklammert bis er zurück im Spiel ist. Den Titel des Helden muss man auch dann relativieren, wenn man sich Shozos Karriere bei den Yakuza genau betrachtet. (Was hier unterbleiben wird, es soll ja nichts verraten werden.)
(...)
#9
Geschrieben 16. März 2005, 22:34
Textauszug Rückseite DVD: „Moskau in der Endphase der Sowjetherrschaft: Im Gorky Park werden drei bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leichen gefunden. Milizoffizier Arkady Renko ist fest entschlossen, die Toten zu identifizieren und den Täter zu stellen. Hat der KGB die Finger im Spiel?“
Hat man 1983, als der Film gedreht wurde, schon gewusst, dass dies die „Endphase der Sowjetherrschaft“ ist? Wohl kaum. Genau genommen könnte man sogar streiten ob 1983 wirklich schon die Endphase darstellt, aber den Streit hält man vielleicht nur für nötig, wenn man Gorbatschow nicht übermäßig mag…
Wie dem auch sei: „Gorky Park“ ist ein gelungener Thriller, der die Grenzen des simplen „Wer-hat’s-getan?“-Films hinter sich lässt. Das liegt hauptsächlich an der unglaublichen Atmosphäre der Film-Orte, die die Zustände (und Lebensumstände) in der UdSSR der damaligen Zeit realistisch darstellen ohne in die für US-Produktionen typische herablassende Übertreibung zu verfallen. Des weiteren positiv: Das Ende ist in seiner Konsequenz überraschend. Hatten die Produzenten da eine Alternative parat, irgendeine Textkarte die man dem Film hätte aufpfropfen können, a la „Blade Runner“ oder „Der falsche Mann“? Schön, dass sie darauf verzichtet haben, vor allem weil der Lauf der Geschichte der eigentlichen traurigen Note rückblickend doch Hoffnung beigibt – hätte man 1983 als Zuschauer daran denken können, dass Renko wirklich eine Möglichkeit erhalten wird, aus dem vermeintlich für die Ewigkeit geschaffenen Sowjetstaat herauszukommen?
Lee Marvin ist natürlich auch großartig und hat eine Stimme, die vor selbstverständlicher Männlichkeit geradezu übergeht. Wenn man früh aufwacht, kann man fast ein bisschen so cool klingen wie er wenn man sich anstrengt, aber das gibt sich meistens, wenn sich der morgendliche Belag der Stimmbänder wieder löst…
Sonst sind mir noch ein paar Variationen (manche sogar sehr schön) von Spiegel- und Spiegelungsmotiven aufgefallen. Seit Professor A. uns bei „Bullitt“ und „Five Easy Pieces“ mit der Nase drauf stoßen musste (ein bisschen sogar bei „Citizen Kane“, was sind wir doch für blinde Banausen…), ist das so ziemlich das einzige Motiv auf das ich immer achte, panisch darauf versessen es nicht zu übersehen und es sofort zu interpretieren (was ja Gott sei Dank meist einfach ist). Wenn Irina in „Gorky Park“ beispielsweise im Bus sitzt und zur Arbeit fährt und wir nicht direkt sie sehen, sondern nur ihre Reflektion im Fenster des Busses und dahinter zur Arbeit gehende Menschen, dann bewirkt das zusammen mit ihrem abwesenden Blick den Eindruck, sie gehöre nicht mehr zu diesen Menschen, dieser Gesellschaft, diesem Staat – sie ist nicht mehr ganz da, sie ist schon fast entschwunden. Toll, wenn der Film einem damit dann auch noch Recht gibt…
Eigentlich wollte ich noch erwähnen, dass mich die abrupt einsetzende rockige Musik bei einigen Actionszenen mich stilistisch ein bisschen an Argentos Lieblingskapelle „Goblin“ erinnert (sogar das manchmal einen Tick zu aufdringliche Timing passt da), aber überall Spuren von Argento zu wittern, ist ja irgendwie auch doof.
Richtige gute Szene: Der Amerikaner muss mit ansehen, wie der rekonstruierte und remodellierte Schädel eines der Mordopfer mit einer Axt zerstört wird.
Perfect World ****
In der Vorfreude auf „Million Dollar Baby“ wieder meine Eastwood-Sammlung durchwühlt und zu meiner Überraschung „Perfect World“ gefunden. Den habe ich 1995 (also mit vierzehn Jahren) einmal auf Video gesehen, ihn mir dann vor einem Jahr auf DVD gekauft und mir heute dann zum zweiten Mal überhaupt angesehen.
Meine eigentliche Frage („Hat Clint Eastwood als Regisseur eine erkennbare Handschrift?“) musste wieder vertagt werden, denn so wirklich sicher bin ich mir da nicht. Werde mir heute auf jeden Fall „Bird“ anschauen, vielleicht komme ich noch drauf. Reichen „gemächliches Tempo“ und „ausgeprägte Unaufdringlichkeit und Zurückhaltung“ als Merkmal? Warum eigentlich auch nicht, als Zuschauer gebe ich mich jedenfalls gerne damit zufrieden.
„Perfect World“ ist noch genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte: Ein schöner, ruhiger, von mir aus auch kitschiger Film. Und ein paar Bilder hatten sich wirklich auch über die Jahre im Gedächtnis erhalten. Die Beziehung zwischen Butch und „Buzz“ ist einfach anrührend, weil man sich irgendwie mit dem großen Kind Butch genauso freut, wie mit dem kleinen. Costner spielt durchaus sympathisch, dem kleinen Jungen hat man Gott sei Dank keine blöde kleiner-Junge-Standard-Filmfrisur verpasst (Marke: Haare hängen über die Stirn wie bei Travoltas Sohn in „Face/Off“) und Eastwood macht wieder einen auf harter Knochen mit bisschen Herz. Und grade als man denkt, dass der Film gegen Ende durchhängt, kommt er für die letzte Viertelstunde doch wieder auf die Bahn und wird wirklich berührend. Kleine Details, die für die Charaktere wichtig sind, werden gleichmäßig über den Film verteilt preisgegeben, ganz entspannt. Riesenkracher, Mordsenthüllungen und Giga-Plottwists sind das zwar nicht, aber wenn man die Figuren mag, dann wird so das Interesse des Zuschauers warm gehalten und das Puzzle gemächlich zusammengesetzt. Außerdem ist das ganze noch sehr schön fotografiert, was will man mehr?
Mein Leben und Ich ****
Claudia (steht in Alex Tür): „Stör ich?“
Alex (auf dem Bett liegend): „Hat dich das je abgehalten?“
Claudia (erleichtert): „Ah, du bist also nicht mehr so grummelig…“
Die Namen der Autoren und „Headwriter“ klingen irgendwie sehr verdächtig nach Amerikanern --- wäre eine Erklärung, warum ich den Humor der Serie mag. Es immer nur darauf zu schieben, dass ich die Hauptdarstellerin ziemlich geil finde (hier stand erst „hübsch“, aber warum die falsche Scham?), funktioniert nicht, auch wenn das als Grund für regelmäßiges Einschalten durchaus legitim ist. Nein, „Mein Leben und Ich“ hält sich humormäßig auf einem ansprechenden Niveau, die Pointendichte stimmt und an schlechte Episoden kann ich mich nicht erinnern (aber ich habe ja auch ca. 3 Folgen verpasst). Wäre mir sogar einen DVD-Kauf wert, besonders, da RTL sich meines Wissens nach bis jetzt noch nie Wiederholungen geleistet hat…
Fazit: Richtig gut geschriebene deutsche Sitcom mit einer wunderbar herablassenden Heldin, mit der man sich als kritischer Mensch und TV-Konsument so richtig toll identifizieren kann. Solange man nicht darüber nachdenkt, was Alex wohl von ihren Zuschauern halten würde…
#10
Geschrieben 17. März 2005, 12:34
#11
Geschrieben 17. März 2005, 15:30
#12
Geschrieben 20. März 2005, 11:34
Einer der unerträglichsten Auswüchse im Universum der Quentin-Tarantino-Fans sind jene verkorksten Theorien, die im Zusammenhang mit dem Inhalt des Koffers aufgestellt worden sind. Hahnebüchener Unsinn, offensichtlich erdacht von Pappnasen, die nicht verwinden konnten, dass alles auch nur halbwegs interessante und wissenswerte zu QTs Meisterwerk bereits gesagt, gedacht und geschrieben worden ist, und die sich daher dem Verbreiten von Abwegigkeiten gewidmet haben. Denn, laut ihrer schlechtbegründeten Theorie, muss auf die Frage "Was'n im Koffer?" geantwortet werden: "Marcellus Wallace Seele!"
Zuerst ein mal muss vielleicht festgehalten werden, dass es völlig unerheblich ist, was sich eigentlich in dem Koffer befindet, dass der Inhalt des Koffers sogar mit seiner Enthüllung völlig an Interesse verlieren würde. Vor Begeisterung über Quentins Koffer Hitchcocks Freund MacGuffin zu vergessen, ist unter cineastischen Gesichtspunkten mindestens mal sträflich -- und nervig obendrein. Denn, wie gesagt, die Argumentationskette jener Verirrten ist wenig überzeugend:
1) "Marcellus Wallace hat ein Pflaster im Genick!" - Genau an der Stelle, die according to science der anatomisch korrekte Seelenentnahmepunkt ist? Als untrügliches Argument, dass Marcellus Wallace die Seele entnommen wurde und dass es außerdem seine Seele ist, die sich im Koffer befindet, taugt das wenig.
2) "Aber der Koffer öffnet sich doch mit der Zahlenkombination '666', was beweist, dass Marcellus Wallace seine Seele dem Teufel vermacht hat." - Nun ist, wie wir alle aus ungezählten Werken der Pop- Trivial- und Schundkunst wissen (Iron Maidens "The Number of the Beast", "Jason-Dark"-Heftchen, die Bibel), '666' zwar in der Tat die nicht mehr ganz so geheime Kennnummer des Teufels, warum aber QT dies nicht beispielsweise auch als augenzwinkernden Trash-Verweis und als Tribut an die Heavy-Metal-Fans des Planten eingebaut haben soll (die sich ob ihres biblischen Insiderwissens auf die Schulter klopfen können), oder auch als Hinweis, dass der eigentliche Besitzer des Koffers (Marcellus) ein böser Mann ist, dass erschließt sich mir nicht ganz. Von der Kombination des Kofferschlosses auf den Inhalt zu schließen - gewagt...
3) "Der Inhalt des Koffers glüht!" - Was ja (ebenfalls according to science) untrüglich dafür spricht, dass sich eine Seele in dem Koffer befindet, denn Seelen, das wissen wir alle aus unserem Alltag und unseren häufigen Kontakten mit extrahierten Seelen, glühen und leuchten nun mal...
4) Warum Marcellus Wallace Seele, die ja dem Teufel vermacht wurde, sich dann in einem Koffer befindet (und beispielsweise nicht in Herrn Satans Aktenschrank), warum Marcellus Wallace im Besitz dieses Koffers ist (dessen Inhalt ja nicht mehr ihm gehört) und warum er diesen Koffer dann zweitweilig drei Bubis anvertraut (es ist ja nicht so, dass die Jungs den Koffer komplett gestohlen haben, sondern sie haben scheinbar nur eine Geschäftvereinbarung mit Marcellus, in der es auch um den Koffer ging, verletzt), das alles bleibt im Unklaren.
Kurzum: Diese Theorie ist genauso schwachsinnig, wie diejenigen, die sie mit naseweiser Penetranz verbreiten, Belastungen für des Nevrenkostüm und die Geduld ihrer Mitmenschen sind.
Genau genommen haben wir es hier eher mit "Fan-Fiction" als mit einer halbwegs vernünftigen Theorie zu tun...
#13
Geschrieben 24. März 2005, 20:57
Gesehen und ins Herz geschlossen.
#14
Geschrieben 27. März 2005, 00:27
Donnerstag
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia *****
Einer meiner erklärten Lieblingsfilme und daran wird sich so schnell nichts ändern. Zumal ich jetzt dank der letztens im TV ausgestrahlten Fassung („breiter“ und heller, als die davor) den Film sogar ein bisschen entlasten konnte: Als Ben und Elita ihre erste Rast einlegen (an den Baum am Straßenrand gelehnt), hatte ich dank meiner alten, hässlicheren GB-Kaufkassette immer einen Papp-back-drop vermutet, aber nein, Sam scheint doch ohne Studionachdrehs ausgekommen zu sein. Schön.
Sonst ist der Film natürlich immer noch kaputt, kümmert sich einen Dreck um das Drei-Akt-Diktat, ist so schmutzig, dass es schon wieder Spaß macht – ein Land in dem alle saufen und/oder singen, dass vor Dreck starrt (und nach „4000 Jahren Eselscheiße“ riecht, wie Jason Robards mal so schön sagte) und in dem es trotzdem vor glücklichen Kindern wimmelt, wie kann man das nicht mögen? Neben Huren und Versagern, dürfte Mexiko zu den wenigen wahren Lieben Sam Peckinpahs gehört haben. Vielleicht, weil in Mexiko so viele… ach, lassen wir das.
Papa fand den Film übrigens toll, was ich erst gar nicht vermutet hätte, aber mein alter Herr hat doch Geschmack. Wenn er auch etwas zum Happy Ending tendiert: Wie schon bei „Leichen pflastern seinen Weg“ hätte er sich auch hier einen guten Ausgang für den Protagonisten gewünscht…
Kentucky Fried Movie ***
Abends alleine geschaut. War etwas verwundert, dass der Humor dann doch um einiges gealtert ist. Die halbstündige Kung-Fu-Film-Parodie in der Mitte ist immer noch ein Highlight, genau wie die Filmtrailer, der „Danger Seeker“ und der Werbefilm der amerikanischen Organisation gegen den Tod. Der „Was-wären-wir-ohne-Zink-Oxid“-Film muss wohl Jahrzehnte später die Simpsons-Macher zu einem Troy-McLure-Lehrfilmchen inspiriert haben.
Mit der Synchro kann ich mich übrigens gar nicht anfreunden, weil sie an der adäquaten Umsetzung der Wortspiele scheitert, manchmal ehrenhaft (wie soll man den Gag mit der Homophonie von „Show me your nuts“ und „Show me you’re nuts“ auch übersetzen?), manchmal leichtfertig.
Verblüffend ist nach all den Jahren immer noch, dass das filmische Niveau des Ganzen (Beleuchtung, Kameraarbeit etc.) für meinen Geschmack selbst bei diesem billig produzierten Klamaukfilm höher liegt, als bei manchem deutschen Kinoprodukt. Früher dachte ich, dass man alle deutschen Filme sofort erkennen kann, weil wir vielleicht anderes Bildmaterial benutzen als die Amis, heute glaube ich, dass es hauptsächlich an der Beleuchtung liegt, die US-Filmen oft mehr Tiefe und mehrere Bildebenen verleiht.
Freitag
Rio Grande ***°
Hübscher John-Wayne-Kavallerie-Film von John Ford. John Wayne trägt diesmal einen anderen Bart, schauspielert auch hier wieder richtig und überhaupt ist der Film eine halb-amüsante, halb-ernsthafte Variation von Kavalleriestereotypen (der trinkende Feldwebel scheint mir bei Ford Pflicht zu sein) und neuen Elementen (der Vater-Sohn-Konflikt kommt zumindest mir unbekannt vor). Maureen O’Hara sieht außerdem auch in Schwarz-Weiß toll aus, obwohl ich da meinen Rothaar-Fetisch gar nicht richtig ausleben kann…
Papa und ich stellen zum wiederholten Male fest, dass wir unsere frühere Abneigung gegen John Waynes Oeuvre und speziell gegen die Kavalleriefilme immer weniger verstehen können. Ford hat wirklich wunderschön anzusehende Filme abgeliefert, die zudem wirklich mit witzigen Momenten aufwarten können. Waynes ganz späte Filme meiden wir zwar immer noch (und ich glaube mit Recht), aber nachdem wir mit dem Highlight „Schwarzer Falke“ eingestiegen sind, mussten wir doch radikal umdenken.
Rührend: In einer Doku im Bonusmaterial kommt Howard Hawks mit seinen eigenen John-Wayne-Filmen durcheinander. „Es war Rio… Rio… nein warte, es war ‚Eldorado’!“ Außerdem gibt John Wayne im Interview zwei tolle Antworten auf die Fragen der feministischen deutschen Reporterin: Auf die Frage, ob er angesichts der veränderten Helden, die im modernen Kino gefordert sind, seine Figuren vielleicht verändern will, fragt er schnippisch: „Soll ich Seilspringen?“ Und auf eine ähnliche Frage zum Typus des ‚neuen Helden’ brummt er: „Die Schwimmen alle auf einer ‚weichen Welle’…“ Die ‚weiche Welle’ werde ich demnächst fest in meinen Wortschatz integrieren.
Titanic / Excalibur
Nach der Wayne-DVD haben wir noch ein bisschen durchs Osterprogramm gezappt und uns die letzten 90 Minuten von Camerons Katastrophenfilm und Boormans Märchen angeschaut (jeweils zur Werbepause wurde der Kanal gewechselt).
„Titanic“ macht mir immer noch Kopfschmerzen, wenn ich bedenke, wie drecksteuer der Film war. Wo steckt all das Geld? Die Innenausstattung ist prächtig und es gab viele Komparsen, aber der teuerste Einzelfilm aller Zeiten? Die Computeranimationen des Hintergrunds sehen flach aus, es mangelt ihnen an jeglicher Tiefe. Die Gesamtansicht des Schiffes und dessen Oberdeck sind oft auch mäßig animiert. Der Wassertank in dem das Modell stand, ließ offensichtlich nicht mal den kleinsten halbrealistischen Wellengang zu. Außerdem: Leo wirkt (wenn man erst am Ende einschaltet) echt wie ein Zwölfjähriger und Kate Winslet wirkt auf dem Bildschirm recht moppelig.
„Excalibur“ war aber noch schlimmer, weil der Film oft grässlich albern wirkt, seine Ausstattung zum Lachen reizt. Ausnahme: „Das goldene Kind“ (Arthurs Sohn mit Morgana) hat eine geile Rüstung bekommen. Sonst aber viel Quack, viel verpuffender Pathos, viel Ernst, viele Zeitsprünge. Manchmal lugt Magie zwischen den Bildern durch, meist in Szenen, die Verfall bebildern. Sonst wirkt der Film zu gelackt, zu gestellt. Dafür, dass er meines Wissens erst NACH Monty Pythons „Ritter der Kokosnus“ entstand, ist der Regisseurs in allerlei vermeidbare Fallen getappt. Einzig wirklich coole Szene: Arthur und Sohnemann am Ende („Vater, lass uns einander umarmen…“).
Sonnabend
Der Texaner ****
So viel vergessen, so viel neu entdecken dürfen. Ein paar Schießereien waren mir im Gedächtnis geblieben (so habe ich Filme also mit 15 wahrgenommen…), wohingegen der Film jetzt abgespeichert wurde, als das Werk, in dem Clint durch den Westen reitet, genervt immer mehr Leute um sich sammelt und zwischendurch ein paar Leute abknallt. Sehr angenehmer Spätwestern mit einigen witzigen Dialogen und toller Optik, in dem Eastwood unter eigener Regie seinen Mythos zementiert.
Seltsam: Die Beinahe-Vergewaltigung von Sandra Locke wird breit ausgespielt (was ich immer unangenehm finde), die tatsächliche Liebesszene zwischen ihr und Clint bleibt züchtig und kurz. Traurig. Warum darf man Sandra Lockes Brüste nur sehen, wenn sie von einer Horde verrohter Commancheros bedroht wird, nicht aber in friedlicherem Zusammenhang? What’s wrong with you Hollywood people?
Eastwood mag die gute alte Tiefenschärfe, äh, Schärfentiefe, ach, sagen wir doch einfach: deep focus. Scheint sich im Lauf der Jahre nicht geändert zu haben, auch wenn man in „Bird“ oder „Million Dollar Baby“ (vielleicht auch woanders, aber da habe ich es dann übersehen) eine zumindest für mich interessante Abart sehen kann, in der der Vordergrund scharf, der Mittelgrund unscharf und der Hintergrund wieder scharf ist. Machen Linsen so was oder ist das eine Art Fotomontage? Sieht auf jeden Fall sehr interessant und schön aus.
Die vier Söhne der Katie Elder ***°
Ich wollte „Rio Lobo“, aber mein Vater hat mich überstimmt. Ist okay, weil er bei uns die Western-DVDs kauft, also überlasse ich ihm die Auswahl beim Ansehen.
Die Wahl war die schlechteste nicht. Dass John Wayne hier schon (oder: schon wieder) einen zu geschniegelten Dress zur Schau stellt, sei dem Film verzeihen, weil er als altmodischer Spaß funktioniert, schön komponierte Bilder und eine gut geschriebene, spannende Story aufweist, die erst am Ende zu Schießereien eskaliert. Dean Martin macht wieder mal Spaß, Dennis Hopper wirkt selbst in seiner Kleinstrolle seltsam deplaziert und wie ein Sendbote aus einer anderen Kinozeit – wenn der Duke ihm am Ende besonders fest den Arm verdreht, könnte man sich einbilden, einen Hauch von „Brannigan vs. Easy Riders“ durchschimmern zu sehen…
Und zwischendurch verteilt: ”King of Queens”-Dreiviertelmarathon ****
Vor ein paar Wochen stand Papa im Mediamarkt und war unentscheiden: Die „Goijko-Mitic-DDR-Western-Box Nr. 1“ oder „King of Queens, Staffel 1“? Für Goijko sprach die Qualität mancher Filme, gegen ihn der Mangel an eben jener bei anderen. Für Doug, Carrie und Arthur sprach, dass mein Vater sie so gerne und regelmäßig sieht, wie sonst nichts, was seit Jahren im TV läuft, dagegen der Fakt, dass er noch nicht ganz verstanden hat, warum man Fernsehserien auf DVD kaufen sollte. Goijko verlor, wenn auch sehr knapp.
Nicht dass ich was gegen „Die Söhne der großen Bärin“ hätte, gegen „Ulzana“ (der war toll!) und wie sie nicht alle heißen, aber an Western sind wir momentan gut bestückt und Douggie hätte ich schon mal gerne im Original gehört.
Mittlerweile bereits mehrfach angesehen, finden wir die Episoden immer noch und immer wieder großartig: Arthurs unberechenbare Launen, Douggies nicht stillbarer Hunger, Carries unglaubliches Verständnis für ihren Dicken (typisch für jede Comedyserienehefrau, aber Carrie ist zudem eine der heißesten Ladies aus dieser Ecke), die irren Nachbarn Tim und Dorothy und Dougs Kumpeltroika: Deacon, Spencer (das ewige man-child findet meine Sympathie, aus Gründen die ich verschwiegen werde…) und Weiberheld Richie.
Zu Carrie muss überhaupt gesagt werden, dass sie vielleicht einen furchtbaren Einfluss auf die noch junge männliche Zuschauerschaft haben wird: Carrie versteht, verzeiht und toleriert einige Spleen ihres Mannes, sie hat trotz seiner Leibesfülle deutlich Spaß an den ehelichen Pflichten und sie hat, außerordentlich selten bei echten Frauen, Sinn für Humor. Nach Roseanne vielleicht die lustigste Sitcom-Ehefrau („Grace“ zählt nicht, die war alleinerziehend) – und wenn ich da wählen müsste, würde die Wahl klar auf Carrie fallen. Im wirklichen Leben gibt’s dann meist doch nur Roseanne, ohne drakonischen Humor, nur drakonisch…
#15
Geschrieben 27. März 2005, 15:18
Wäre doch ein idealer Aufhänger für einen 2000-Worte-Essay für Spiegel-Online. Mindestens. Herr Seeßlen, wir zählen auf sie! Echt jetzt.
#16
Geschrieben 31. März 2005, 12:01
****-Filme
Die Passion Christi ****
- Optisch brillant, handwerklich meisterlich. Ein großer, deprimierender Film über Jesus. Dass der überzeugte, erzkatholische Film nicht in unsere aufgeklärten, liberal-lauwarmen „Ich-glaube-schon-so-ein-bisschen…“-Zeiten passt, ändert nichts an seiner Wirkung auf mich. Sage ich als überzeugter Atheist. (An meiner aktuellen Theorie, dass "Passion" eigentlich ein sehr nihilistischer Film über die Schlechtheit des Menschen ist, muss ich noch Arbeiten. Aber menschliche Dummheit, Gehässigkeit, Wankelmütigkeit (das sehr kurze "Palmsonntag" Einsprengsel während des Kreuzwegs!) und Brutalität stehen im Mittelpunkt. Mein erster Eindruck, dass Pontius Pilatus mit erstaunlich viel Verständnis gezeigt wird, weil der Wahlamerikaner Gibson ihn als Ersatz für Paul Bremer sah, wurde rückwirkend noch um die Ebene erweitert, dass die römischen Soldaten, die Jesus foltern, im Prinzip auch US-Soldaten in Abu Ghraib und anderswo im Irak sein können.)
Collateral ****
- Extrem guter Film. Sogar die Optik hat mir als bekennender Digicam-Hasser richtig gut gefallen. Schwäche beim Abschluss, aber sei’s drum: Wieder ein sehr guter Film Michael Mann und wieder ein guter Film von Tom Cruise, den ich langsam aber sicher doch als Schauspieler ernst nehme.
Vor allem die Beziehung der beiden Hauptfiguren bietet viel Entdeckenswertes. ("Vielleicht solltest du sie anrufen..." sagt Vincent gegen Ende um seinen Taxifahrer zu motivieren. Klingt fast wie der Rat eines Freundes, wenn man nicht annehmen müsste, dass Vincent a) zu diesem Zeitpunkt weiß, dass er besagt Frau töten soll und dass er B) seinen unfreiwilligen Helfer nach erledigtem Job ebenfalls beseitigen wird.)
The Village ****
- Geiler Film. Ihn nur auf seine Schlusspointe zu reduzieren wäre falsch, weil der Film a) drei Schlusspointen hat und B) insgesamt so wunderschön und stimmig ist, dass man das alles gar nicht ausblenden darf. Wunderschön fotografiert, emotional und mit einem zeitgemäßen Subtext.
Das ewige Gemotze, "der Trailer hätte falsche Erwartungen" geweckt, kann und will ich nicht nachvollziehen.
Last Samurai ****
- Großes, blutiges Männerkino, wie es besser nicht geht. Ernster Pathos, tiefempfundener Respekt vor der japanischen Kultur und exzellente Actionszenen machen den Film herausragend. (Außerdem ist „Last Samurai“ neben „Terminal“ endlich ein guter Grund Tom Cruise zu mögen.)
Open Range - Weites Land ****
- Dass der Film mit nur rund 30 Kopien gestartet ist, heißt nicht, dass er schlecht ist, sondern nur, dass der Verleih weiß, dass niemand mehr Western mag. Schade, denn „Open Range“ ist ein getragener, erlesen schöner Western mit fesselnden Bildern und einem mörderischen Finale. Hätte man – der Landschaftsfotografie wegen – im Kino sehen müssen, ist aber auch auf DVD eine Entdeckung wert.
Menschenfeind ****
- Der exzessive Voice-Over-Einsatz zapft den "stream of consciousness" des kranken Protagonisten an: Entweder man lässt sich mitreissen oder man hasst es mit jeder Faser des eigenen Körpers.
Fahrenheit 9/11 ****
- Mike hat seine Schwächen, der Film hat sie auch. Mag sein, dass die Wahrheit hier polemisch und für manchen unangenehm pathetisch dargelegt wird, aber wer sagt den Amerikanern denn sonst so laut und so einprägsam, „was wirklich Sache ist“? (Außerdem weiß Moore, wie man Szenen effektvoll montiert und er macht es auch – so was muss man handwerklich immer loben.)
Lost in Translation ****
- Man sagt es ungern noch mal, aber der Film ist wirklich wunderschön. Reines, ungestelltes Emotionskino, das sich zudem erlaubt auf eine Liebesszene zwischen seinen Protagonisten zu verzichten, was beim ersten Ansehen ein wenig überrascht, danach aber immer selbstverständlicher und schöner wirkt.
Bad Santa ****
- Billy Bob Thornton als versifftester Kaufhausweihnachtsmann aller Zeiten – saukomisch & todtraurig zugleich
Sky Captain and the World of Tomorrow ****
- Gwyneth Paltrow, Jude Law und in einer Nebenrolle Angelina Jolie in einem wunderbaren Sci-Fi-Zitate-Spaß alter Schule – große Klasse.
Shaun of the Dead ****
- „A romantic comedy. With Zombies.“ Sagt schon alles. Handwerklich überzeugend und amüsant, außerdem eine wirklich nette Variation des Zombiethemas.
Spider-Man 2 ****
- Gute Story, feine Actionszenen und eine schöne Liebesstory in einem Film, was will man mehr. (Vielleicht noch einen an griechische Tragödien erinnernden Gewissenskonflikt des Helden – aber, hey, den bekommen wir ja hier auch.)
***°-Filme
Vergiss mein nicht ***°
- Jim Carrey kann schauspielern! Nicht die einzige Überraschung dieses Filmes, nach einem Drehbuch von Charlie Kaufmann, der hier wieder mal ein paar verzwickte und wunderschöne Szenen aus dem Ärmel schüttelt.
Die Bourne Verschwörung ***°
- Ähnlich geradlinig und angenehm altmodischer Actionfilm, wie sie noch in den 70ern gemacht wurden.
Gegen die Wand ***°
- Ungewöhnlich gutes Drama. Die letzte halbe Stunde des zweistündigen Filmes hätte nicht sein müssen, aber dennoch haben Film und Crew alle Preise der letzten Zeit zu Recht gewonnen.
Oldboy ***°
- Harter Tobak, edel inszeniert. Fiese, wendungsreiche Rachestory aus Südkorea.
Terminal ***°
- Amüsant und anrührend. Gutmütiger Hollywood-Märchen-Kitsch in schönster Spielberg-Manier. (Das soll allen Ernstes ein Lob sein.)
Coffee and Cigarettes ***°
- Episodischer Laberfilm von Jim Jarmusch. Nicht jede Episode ist gelungen, aber der Großteil ist wunderbar und skurril, so wie es sich gehört.
Zatoichi - Der blinde Samurai ***°
- Kitano halt: Immer schön langsam & zwischendurch Leute killen und Späßchen machen. Tribut an und blutige Parodie auf den Samuraifilm in einem. Die Kluft zwischen wirklich traurigen Elementen und Slapstick klafft hier weit aber auf. Wie immer empfehlenswert, wenn auch nicht so gut, wie Kitanos frühere Großtaten.
Haus der 1000 Leichen ***°
- Rob Zombies Debüt ist die wahre Horrorsensation dieses Jahres! Skurril, abgefahren, vor inszenatorischen Ideen sprühend – ein Feuerwerk des kranken Terrorkinos im 70er-Jahre-Stil. Captain Spaulding und Dr. Satan sind große Klasse!
Dawn of the Dead ***°
- Mit „28 days later“ die große Hoffnung, dass das Ideenpotential (oder sagen wir: das Variationspotential) des Splatterkinos doch noch nicht ausgereizt ist. Knackig, ruppig und zuweilen lustig.
Elephant ***°
- Trauriger, eigenwilliger Film. Vielleicht ein bisschen zu sehr in die eigene Langeweile verliebt.
Spider ***°
- Langsamer, teilweise aber träger Psychothriller/Psychogramm-Mischfilm. Hervorragender Hauptdarsteller.
The Punisher ***°
- Brutales Rächerkino für Kindgebliebene Männer. Großer Spaß.
Kill Bill: Volume 2 ***°
- Nicht mehr so bunt, blutig und aufgesetzt hip wie Teil eins und damit der bessere Film. Aber immer noch ein übertriebenes Zitatesammelsurium und vielleicht Tarantinos bedeutungslosester, uninteressantester Film.
The Cooler ***°
- William H. Macy als notorischer Pechvogel. Aber Maria Bello ist ja da und leidet mit ihm…
21 Gramm ***°
- Verwirrender Film, der seltsamerweise gegen Ende etwas von seiner Sogwirkung verliert, als man a) die Story endlich durchschaut und B) die zeitliche Reihenfolge verstanden hat. Herausragende Darstellerleistungen (Sean Penn, Noami Watts).
***-Filme
Was das Herz begehrt ***
- Gegen Ende zu lang, weil der Film irgendwie kein Ende zu finden scheint, sonst aber vergnügliche Komödie nach altbekanntem Muster.
School of Rock ***
- Reverend Lovejoy sagt: “Hey, wait a moment. This isn’t Gospel! This is Rock and / or Roll!“ Spaßig und morgen wieder vergessen.
Shrek 2 ***
- Nett.
Mann unter Feuer ***
- „Im Schneideraum entsteht erst der richtige Film“, sagt eine alte Hollywood-Regel. „Mann unter Feuer“ sieht teilweise eher so aus, als wäre er während des Schleudergangs in der Trommel einer Waschmaschine entstanden. Dennoch aber ein harter, gut gespielter Selbstjustizfilm, dessen erste, gefühlsbetonte Stunde aber interessanter als der Rest ist. Zumal später vielleicht die kurioseste Exikutionsmethode der jüngeren Filmgeschichte präsentiert wird: Die Arschbombe.
Ken Park ***
- Deftiger, harter, sehr übler Film über das miese Leben einiger Kids aus den suburbs. Regisseur Clark geht teilweise zu weit – nicht, weil ich was gegen Penisse auf der Leinwand hätte, aber so gezielt auf Skandal getrimmt hätte es nicht sein müssen. Dennoch ein guter Film. Bin immer noch unentschieden, ob man den Film völlig ernst nehmen oder als Farce verstehen soll.
Walking Tall ***
- Selbstjustiz! Gebrochene Unterarme! Schießereien! Yes! (Jaja, die Story ist altbacken, kaum kreativ, extrem geradlinig. Aber der Film ist kurz, amüsant und gewalttätig, und Dwayne Johnson scheint mir momentan der beste Schwarzeneggernachfolger zu sein.)
Starsky & Hutch ***
- Nett. Vom Drehbuch her interessant: Man eigentlich nur einen normalen Kriminalfall genommen, die üblichen Ermittlungsstationen ein wenig humoresk umgeschrieben und den Rest der Magie des Hauptdarstellerduos anvertraut. Pro Szene kann man auf irgendeinen Gag hoffen, aber ob er am Anfang, in der Mitte oder am Ende kommt steht in den Sternen. (Zwei oder mehr Gags pro Szene gibt es nie.)
Der Untergang ***
- Adolf und Eva – die letzten Tage. Vor allem Schauspielerisch ausgezeichnet. Und: die kammerspielartigen Szenen im Bunker sind richtig gut. Aber: Die Storys drumherum stören eher und die Dramaturgie geht leider – wegen der unvermeidbaren Faktentreue – gegen Ende vor die Hunde.
Übrigens: Ja, man darf Hitler als Mensch zeigen. Sympathie dürfte das beim Publikum kaum erzeugen, und wenn doch, dann hätte man diese Leute ohnehin irgendwann mal "verloren".
King Arthur ***
- Legenden zu demontieren ist z. Bsp. im Western seit Jahrzehnten nix neues, aber bei König Arthur mag es kaum ein Zuschauer akzeptieren – seltsam und schade. Der Film hat natürlich auch Schwächen (Til Schweiger und die zu geradlinige Story), aber ein Reinfall ist er keineswegs.
The Machinist [Der Maschinist] ***
- der auf KZ-Ausmaße abgehungerte Christian Bale als ekelhaftester Spezialeffekt der modernen Filmgeschichte; ob diese körperliche Tortur sich für diesen langsamen, verstörenden, aber wg. seiner Schlusspointe dann doch recht normalen Thriller lohnt, ist fraglich.
The Day after Tomorrow ***
- Gute Effekte, doofe Story – gesehen, nicht gelitten, vergessen. Für die große Leinwand effektemäßig sehenswert.
Der Wixxer ***
- Onkel Hotte meets Edgar Wallace – nicht eben anspruchsvoll, aber witzig.
**° und weniger Punkte
I,Robot **°
- Hmm, na ja. Na ja, hmm. Netter, aber unterdurchschnittlicher Film für einen Abend, von dem nicht viel hängen bleibt. Die Animationen etc. sehen einen Tick zu uninterresant, Gebäude und Straßen zu unbelebt und der Mob am Ende zu diszipliniert aus.
Alexander **
- Historienepos von Oliver Stone; mir zu langweilig, zu dialoglastig & optisch zu bieder.
Troja **
- Unspektakulärer, handwerklich vertretbarer Sandalenfilm mit unterforderten Schauspielern und überforderten Ex-Modells.
Die Vergessenen **
- Ich mag Julianne Moore. Trotz dieses Filmes. Öde, vorhersehbar, unspannend.
Lautlos **
- Deutscher Thriller über einen Auftragskiller. Joachim Krol ist sympathisch, der restliche Film versandet im Nichts – keine Spannung, kein Humor, keine Dramatik, keine Originalität.
Underworld **
- Lascher Actionfilm, der meint, der Reiz des Kampfes zwischen Werwölfen und Vampiren bestünde in den Schusswaffen der beiden Seiten. Kate Beckinsdale ist sehr niedlich anzusehen, aber der Film überzeugt weder als Thriller, Horror- oder Actionfilm.
Paycheck **
- John Woo hat das hier gemacht? John „The Killer“ - „A better tommorow“ - „Heroes shed no tears“ – „Hard Boiled” – Woo? Bah! Die dünne Story hätte man vielleicht noch ertragen können, wenn Uma Thrumann nicht immer so hässlich in Szene gesetzt worden wäre und wenn die Actionszenen nicht so gelangweilt hätten.
Blueberry und der Fluch der Dämonen *°
- Blöder Esoterikwestern. Für „2001“-Fans gerade mal wegen der minutenlangen Drogentrip-Visualisierungen teilweise sehenswert, sonst unterklassig.
50 Erste Dates *°
- Ich fand den ersten Film mit Sandler/Barrymore nett. Dieser hier, der vor Sandlers Kinderhumor triefte und an einem beschissenen Gag-Timing litt, enttäuschte maßlos. (Nicht nur dass der Trailer wieder mal die besten Gags hatte, sie waren dort auch besser getimt.)
Die purpurnen Flüsse 2 *°
- Ausgelutschte Story, billige Gruselkulissen, gelangweilte Darsteller. Mieser Nachklapp eines innovativen Erstlings.
Cabin Fever *
- Ein einziger guter Gag, ein einziger fieser Spezialeffekt: Lausige Bilanz für eines der gehyptesten Horrorfilmchen der letzten Jahre. Wo Tarantino hier „die Zukunft des Horrorkinos“ gesehen haben will, bleibt mir verschlossen – aber ich kokse ja auch nicht.
Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre *
- Dummer, bedeutungsloser Abklatsch des originalen Tobe Hooper Films. Der bleibt hierzulande auch nach Jahrzehnten unverständlicherweise „beschlagnahmt“, ist aber einer der besten Filme der 70er Jahre überhaupt und bietet in fünf Minuten mehr, als dieser Schmock.
#17
Geschrieben 10. April 2005, 11:33
Die ersten paar Minuten sind die schlimmsten - nicht weil sie spannend wären, sondern weil sie uninspirriert und vorhersehbar sind. Wieder Jugendliche in einem Haus, wieder das Video, wieder die Helden aus dem ersten Teil. Veränderung: Die vom VHS-Mädchen dahingemeuchelten Menschen darf man sich jetzt länger anschauen, was ihrem Make-up aber das furchteinflößende nimmt.
Im weiteren Verlauf hält der Film dann doch ein paar Überraschungen und nette Einfälle parat und sogar der eine oder andere Schockmoment funktioniert (mal wieder nur über die Tonspur, aber das sind wir ja schon gewohnt). Kann man, muss man aber nicht sehen.
(Edit: Weil Marcus C. sich auf kino.de so schön über die ständig bewegte Kamera aufgeregt hat: Die fällt in der Tat schnell auf. Anfangs könnte man noch meinen, die Kamera bewege sich kreis- oder ringförmig, aber bei längerer Betrachtung stimmt auch das nicht. Es bleibt also tatsächlich nur Kraftmeierei.)
#18
Geschrieben 14. April 2005, 18:21
Zitat
Was manche Menschen im Internet so über Assault on precinct 13 zu sagen haben, tut weh.
#19
Geschrieben 14. April 2005, 18:33
Lustig, aber übel. Knuddelige Pelztierchen allem möglichen Ungemach auszusetzen, ist genauso witzig wie abstoßend anzusehen, weil die Macher nun wirklich keine Grenzen kennen. Ganz besonders schlimm wird es, wenn dann mal wieder die hyper-süßen Kinder der ohnehin niedlichen Gesellen verhackstückt werden oder wenn neben dem üblichen Ausweidehorror auch noch das stückweise häuten, das Herausziehen von Augen oder ähnlich zu tiefst traumatisierender Kram bebildert wird. Harter Tobak, as grand guignol as it gets.
#20
Geschrieben 16. April 2005, 11:43
Zitat
Bin etwas verwundert: Warum hat Georg Seeßlen noch keinen längeren Aufsatz zur Vermischung und Verwischung der Virtualität und der Realität verfasst, obwohl der per Videoschaltung den Osterfeierlichkeiten zugeschaltete Papst nun doch ein Novum ohnegleichen ist?
Wäre doch ein idealer Aufhänger für einen 2000-Worte-Essay für Spiegel-Online. Mindestens. Herr Seeßlen, wir zählen auf sie! Echt jetzt.
Der Papst ist tot, die Pilger sind wieder zu hause und Georg Seeßlen hat sich doch noch an gewünschter Stelle zum Thema geäußert: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/...,350754,00.html
Nicht ohne Humor der Mann (Quelle: siehe Link):
"Was treibt Menschen mit solch unterschiedlichen Weltanschauungen, solch unterschiedlichen Interessen, ja solch unterschiedlichem Glauben zum nekrophilen Woodstock auf den Petersplatz? Was veranlasst Menschen, denen normalerweise der Anblick eines Papst-Bildnisses auf einem Porzellanteller peinlich ist, die gestern noch wegen der "weltfremden" Haltung des Vatikans ihren Austritt aus der Kirche beschlossen, sich in eine gewaltige Bilder- und Erzählmaschine einzureihen, die sich um tausend Bildvarianten eines greisen, rundköpfigen Mannes in eigenwilligen Gewändern entwickelte, der mit einer gewissen Unbarmherzigkeit der Welt seine körperlichen Gebrechen offenbarte? In Rom versammelte sich der größte "flash mob" des neuen Jahrtausends, wie magisch angezogen von einem großartigen Authentizitäts-Versprechen: Die größtmögliche geistig-moralische Abstraktion verursachte im Zusammenprall mit der größtmöglichen körperlichen Intimität das nächste erhabene Katastrophenbild."
#21
Geschrieben 07. Mai 2005, 11:31
Besonders D.O.A., ein paar Corman-Filme (Last Women on Earth zum Beispiel), Superman-Trickfilme (wen's interessiert wird's freuen) und der interessant klingende "The quiet one" klingen für mich recht verlockend. White Zombie und der frühe John-Wayne-Western Texas Terror sind natürlich auch nette Zugaben.
Sonst Königreich der Himmel***° im Kino gesehen. Guter Film mit schönen Ansätzen, handwerklich dufte, wenngleich ich zugeben muss, dass mir (wie auf kino.de schon geschrieben) der emotionale Zugang etwas fehlt. Es bleibt also bei einer etwas trockenen Begeisterung.
Letzte Woche dann noch Die letzten Amerikaner*** gekauft, den ich schon seit Ewigkeiten wieder sehen wollte. Ry Cooders Slide-Gitarre hatte ich nämlich noch im Hinterkopf, aber die kommt im Film gar nicht mal so auffällig vor. Feiner Film, der Walter-Hill-typisch wieder nicht ranklotzt, sondern eher gemächlich vor sich hintropft. Vom Thema her: Backwood-Thriller meets Vietnam-Nachwehen.
Gestern abend zum Einschlafen geschaut: Vampyr****, eines der Erlebnisse für mich als junger Horrorfan, die mich zum generellen Filmfreund gewandelt haben. Natürlich hat der knarzige Schinken über die Jahre an Wirkung verloren, aber er kann einen immer noch aus dem Sessel hauen. Gerade die Traumpassagen, die Schattenspiele, die souveräne Kameraarbeit (nebst Fahrten), die unwirklichen Momente, die simple, aber atmosphärisch aufgebrezelte Story machen den Film zum Highlight. Der ganze Film ist ein Traum, im eigentlichen Sinn.
Und um den größtdenkbaren Kontrast dazuzumogeln: Mittwochs im Kurs "Terrorism in Hollywood" noch The Rock gesehen, den ich bis jetzt als plumpen, aber extrem nett anzusehenden Actioner geschätzt habe. Irrtum meinerseits. Die ganze Story wird viel zu langsam angekurbelt, kommt träge in Schwung, weil man den Abziehbildcharakteren viel zu viel Raum einräumt. Die aufdringliche Musik (d.h. Hans Zimmers einziges Thema) wird zu Tode geritten und der Auftritt des Präsidenten verkommt zum großen komödiantischen Highlight: Obwohl man schon oft zu hören bekam, dass erst noch auf die Entscheidung des Präsidenten gewartet werden muss, tritt der man erst am Ende in einer einzigen Szene auf, in der grübelnden Tones eine Ansprache zu sich selbst hält, die den Eindruck erweckt, dass er den auf Terroristenpfaden wandelnden General Hummel nur ungern wegbomben will, weil der ja irgendwie Recht hat und von seinem Land (=der Regierung, der Presse, dem Präsidenten) schlecht behandelt wurde. Ach so, und neben bei würden bei dem Einsatz auch noch 70 Zivilisten sterben, aber es ist doch so verdammt schade, dass man einen großen Mann wie General Hummel weggrillen muss. Das ist kein Pathos, sondern die dümmste und widerlichste Militärglorifizierung.
Was noch schlimmer ist: Außer der bombastischen und zur Farce übersteigerten Autoverfolgungsjagd hat der Film eigentlich keine Actionszene, die mir heute noch gefallen würde. Wenn nicht Sean Connery den Film mit seinem seltsamen English-Akzent aufwerten würde, dann könnte man sich die 2.10 Stunden völlig sparen.
#22
Geschrieben 08. Mai 2005, 18:00
#23
Geschrieben 09. Mai 2005, 21:12
Irgendwie betrüblich das Ende einer Fahnenstange erreicht zu haben. Du bist zwar noch nicht tot, Arnold, aber ich sage es trotzdem jetzt schon: Danke für deine Filme, danke für die Versüßung meiner Jugendjahre, danke für diese feinen Refugien meiner Jung-Erwachsenen-Tage. Lateinprüfung, Herzschmerz, Langeweile: Nichts, dass Commando, Raw Deal oder Total Recall nicht doch in stille Freude wandeln könnten. Oder um es für die sprachgestörte Internetjugend von heute verständlicher umzuformulieren: Arnold, du bist einfach (Natürlich im streng platonischen, heterosexuell-kumpelhaften Sinne...)
#24
Geschrieben 11. Mai 2005, 22:04
a) Orlando Bloom jetzt ein wenig besser verkraften kann (ein klassischer Held wird er wohl nie werden [wozu zumindest auch seine Synchronstimme beiträgt - klingt der in echt auch so unimposant?], aber ich muss Scott zugute halten, dass mir partout auch kein Schauspieler einfällt, der den Balian hätte besser geben können)
b) es mag wie Scott viele, viele echten Statisten und Kulissen mit weniger CGI als seine Blockbuster-Kollegen vermengt und dabei unheimlich echte Bilder erschafft, die sich von den schwer von Digitalitis verseuchten "Troja"- oder "Herr der Ringe"-Debakeln unterscheiden (Ja, die größenwahnsinnigen aber lausig animierten Effekte in HdR sind so völlig verkünstelt, dass sie mir gehört am Arsch vorbei gehen und mich kein Stück weit berühren. Wer grüne Geisterwölkchen für die Krönung dessen hält, was man per Rechner in Filme mogeln kann, und gleichzeitig die Unverfrorenheit besitzt Königreich der Himmel in einen Topf mit dem uninspirierten fantasy-losen Fantasy-Schmock zu werfen, der kann nicht recht bei Sinnen sein und darf sich ruhig ins Elfenland trollen.)
c) die teilweise hübsch symetrischen Kompositionen wirklich sehr beeindruckend und das Tempo des Films sehr smooth und angenehm finde
d) in Roger Eberts Review etwas gefunden habe, dass auch ich so empfunden habe: Königreich der Himmel ist gerade dann am uninteressantesten, wenn es um Schlachten geht. Jaja, die Totalen u.ä. sind schön anzusehen und geschickt inszeniert, aber dort wo Ridley Scott (der sich von Kampfszenen offenbar auch ein wenig gelangweilt fühlt) dann schließlich im Mann-gegen-Mann-Kampf Stellung beziehen muss, sieht der Film nicht anders aus und hört sich nicht anders an, als bei vielen anderen Filmen zuvor. Die originellen, bleibenden Momente sind daher auch nicht die im großen Getümmel, sondern kleine Regiemätzchen im Umfeld: Die von einer hoch schwebenden Kamera gefilmten Formationswechsel von Balian und seinen Rittern während sie in die Übermacht der Sarazenen einreiten, der kurze Moment bei der Bombardierung der Stadtmauern als Scott die Einschläge der Geschosse rhythmisch im Milisekundentakt schneidet (und dann damit aufhört, bevor es nervig werden könnte) oder die Szene in der durchbrochenen Mauer als die Kamera langsam nach oben wegzoomt, während Tag zu Nacht wird und die Kämpfe aufhören und nur noch Tote zurückbleiben. Da hat Scott sich ein paar schöne Bilder aus dem Ärmel geschüttelt, anstatt sich länger als nötig in Wackelhandkamera-Kampfgetümmel zu ergehen, dass in letzter Zeit so gleichförmig geworden ist, dass man die Schiffserstürmung von "Master and Commander" im Endeffekt nicht mehr von einer beliebigen Kampfszene in "Troja" unterscheiden kann. (Jaja, ganz ohne die entsprechenden money shots haben die Produzenten Scott nicht entkommen lassen, aber wenn sich einer der Geldgeber eine geile Gewaltoper a la "Gladiator" erwartet hat [ich habe übrigens nichts gegen geile Gewaltopern], dann hat im Sir Scott mit seinem atheistischen Gute-Botschaft-Film gehörig ans Bein gepieselt. Für einen 150-Millionen-Dollar-Film ist das schon ein netter Akt der Rebellion...)
Wenn ich etwas zu kritisieren hätte, dann wäre es, dass Scott sich in punkto Dialogen ein wenig zu sehr auf die Zahl zwei festgelegt hat, dass jede wichtige Aussage zwei Mal vorkommt, wenn auch meist unter wichtigen veränderten Umständen. Balians Ritterschlag durch seinen Vater wird (auf der Zeitachse des Films vielleicht sogar fast symmetrisch gespiegelt) am Ende wiederholt, der Satz "Du bist der Sohn deines Vaters" wird bei der ersten Begegnung mit dem Statthalter (oder was auch immer der Mann ist) gesagt und dann bei ihrer letzten gemeinsamen Szene (wobei er erst wohl nur auf eine äußere Ähnlichkeit anspielt, dann aber auf das Verhalten Balians bezogen wird) und sowohl Saladin als auch Balian bedienen sich am Ende eines sehr starken Gegensatzpaares ("Die heiligen Stätten Jerusalems sind für niemanden - und für alle!" vs. Was ist Jerusalem wert?: "Nichts! ... Alles!"). Andererseits: Wenn Scott es komplizierter gemacht hätte, hätte ich es mir wieder erklären lassen müssen und wäre nicht alleine drauf gekommen...
P.S.: Wenn alles klappt leiht mir M. morgen "The short Films of David Lynch" und eine Spezialedition von "Eraserhead"! Yay!
#25
Geschrieben 11. Mai 2005, 22:39
Zitat
Nicht gerade besonders eloquent meine Internetchat-Freunde, aber Recht haben sie... Als ob die blöden Kabarettisten vom "Scheibenwischer" nicht schon genug Sendungen von Herrn Schmidt sabotieren würden, muss für "Speer und Er" und eigenproduzierte Lobhuddelei auf dieses Zeug auch noch der Freund des gepflegten Abendhumors zurückstecken. Gerade wo Harald doch wieder deutlich besser wird...
#26
Geschrieben 12. Mai 2005, 22:38
Takashi Miike: 52 Filme in zehn Jahren.
Aurora Snow: 7 Filme in zwei Jahren.
Auswertung:
Miike dreht seine Filme schneller ab, als seine Kollegin aus der nicht wenig emsigen US-Pornobranche. Bei den Auftritten als Schauspielerin liegt sie zwar wiederum vorne (sie: 197 Filme in 6 Jahren; er: 12 in 16), aber dennoch sollte Miikes Schnellkurbelei einem schon noch suspekt vorkommen dürfen. Besonders wenn man bedenkt, dass seine mir bekannten Filme mir wenn überhaupt nur auszugsweise gefallen haben (Dead or Alive beispielsweise nur in den ersten 5 und in den letzten 10 Minuten, Full Metal Yakuza und Ichi keine Sekunde), frage ich mich schon: Macht der Mann sich nicht seinen eigenen Kult kaputt? Nutzt sich der "Scheißfilm-aber-das-provozierende-Finale-musst-du-gesehen-haben"-Effekt nicht langsam ab? Erschöpft sich Miikes Wirkung nicht jenseits des Tabubruchs?
Fazit:
Was soll man mit Miike, wo doch Auroras Oeuvre noch der Entdeckung harrt*...
* Hier besonders: Ihre Gastrolle in Rules of attraction, ihre Synchronisationsarbeit für Mai raifu azu: Suteeji 1 - a chikin und ihre memorable Kollaboration mit Gauge in Trained Teens.
#27
Geschrieben 13. Mai 2005, 12:48
Six men getting sick (Six times) ist ein reiner Animationsfilm der mit Sirenengeheule unterlegt wurde und ursprünglich mehr als Installation denn als "richtiger" Film gedacht war. Die eigentliche Animation wird (der Titel sagt's ja schon) sechs mal wiederholt und ich gebe zu, nach Nummer zwei vorgespult zu haben. Immerhin Lynchs Einleitung ist informativ und amüsant (wenn man Lynchs etwas verstörte Sprechweise denn schätzt).
The alphabet - Lynchs Ausgestaltung dessen, was er sich unter dem Albtraum der Nichte seiner Frau vorstellte, die einmal im Bett lag und während sie offenbar schlecht träumte das Alphabet aufsagte. Verstörender, einfallsreicher Film, der Animation und echte Aufnahmen kombiniert.
The Grandmother finanzierte Lynch mit einem Stipendium des damals noch jungen AFI. Sieht wieder aus wie ein Albtraum und kombiniert mehrheitlich reale Aufnahmen mit Animationen, die - genau wie bei The alphabet - ein wenig an die Monty-Python-Zwischenanimationen erinnern, nur halt eben ohne deren humorigen Charakter zu haben. Soundtechnisch schon sehr beeindruckend fällt auf, dass Lynch schon in diesen frühen Werken wert auf eine Sound- und Geräuschkulisse gelegt hat, die dem Zuschauer zusetzt. (Viele Standbilder auf: http://davidlynch.de...lynch/index.htm)
The amputee ist gleich zweimal vorhanden, weil Lynch hier ausnutzte, dass ein Freund in den frühen Siebziger Jahren zwei verschiedene Schwarz-Weiß-Videos für das AFI testen sollte. Wir sehen jedes mal eine an beiden Beinen amputierte Frau auf einem Sessel sitzten und einen Brief schreiben (der im Off vorgelesen wird), während irgendwann mal ein Arzt dazu kommt und aufs ekelhafteste in einem ihrer Beinstümpfe herumsticht- und tupft. Der Inhalt des Briefes (der im Prinzip so auch in einer gefühlschwangeren Seifenoper hätte vorkommen können) und die Gleichgültigkeit der Frau gegenüber dem Gemache des Arztes stehen in einem seltsamen Gegensatz zueinander. (Rückwirkend könnte man ja schon hier auf Lynchs Psycho-Seifenoper "Twin Peaks" schließen...)
The Cowboy and the Frenchman macht dann einen großen zeitlichen Sprung (die vorherigen Filme stammen alle aus der Zeit bis 1973) und ist Lynchs 1988 auf Anregung eines französischen Produzenten entstandener Beitrag zum Thema "How I see the French". Der knapp halbstündige Film beginnt mit drei Cowboys die auf ihrer Ranch stehen und einem Franzosen dabei zusehen, wie er einen Hügel herunter kommt - völlig irritiert darüber, was sie da vor sich haben (What is that thing?) fangen sie ihn ein und durchsuchen seine Tasche. Ein Indianer taucht auch noch auf, sowie ein paar Frauen und am Ende ergeht sich Lynch in einer traumhaften Klischee-Phantasie die beide Kulturen vereint. Sehr seltsam und recht unterhaltsam das Ganze.
Lumiere ist dann der letzte Film auf dem Silberling und entstand mithilfe einer originalgetreu nachgebauten Lumiere-Kamera mit der verschiedenste Regisseure einen Beitrag zum 100jährigen Kino-Geburtstag drehen sollten. Was man in 55 Sekunden mit einer Kamera (und nachträglich drübergelegter Soundkulisse) anstellen kann beweist Lynch eindrucksvoll.
(Link zu Fotos und zum Film: http://www.davidlynch.de/lum.html)
Fazit: Schade, dass einige jüngere Filme fehlen, die man nur sehen kann, wenn man zum zahlenden Mitgliederstamm von Lynchs Internetseite gehört. Die Filme selbst sind auch besonders dank der jeweiligen Einleitungen durch Lynch zumindest ein netter Einblick in das unbekannte Werk des Meisters, wobei man die experimentelle frühe Phase und die (weniger vertretene) später schön miteinander vergleichen kann. Andererseits muss ich zugeben, dass ich froh bin, die DVD von einem Freund geliehen bekommen zu haben ohne dafür (wie er) viel gutes Geld auf den Tisch legen zu müssen.
#29
Geschrieben 17. Mai 2005, 10:33
Ohne General Milius Beteiligung ist das Conan-Sequel natürlich nicht so geworden, wie man es sich gewünscht hätte. Das heißt: Die Atmopshäre ist nicht mehr so dicht, so düster, so märchen/traumhaft wie noch im Vorgänger. Generell wurde der Ton aufgelockert, vielleicht weil am Drehbuch nun nicht mehr Leute wie Milius und Oliver Stone beteiligt waren, die den ersten Teil noch in eine dunklere Ecke gedrängt hatten, sondern eher Leute, die sich weniger den Pulp-Romanen als mehr den Comics verpflichtet sahen. Man könnte aber auch vermuten, dass ohne jemanden wie Milius, der seinen Conan sicher viel ernster genommen hat und der ohnehin einen Hang zu martialisch-maskulinem Pathos hat, allen beteiligten nichts anderes übrig blieb, als den zweiten Teil in eine Richtung zu entwickeln, die scheinbar mehr zur Person Schwarzeneggers passt: Groß und beeindruckend, kann der natürlich seinen Akzent nicht verleugnen - und der amüsiert das amerikanische Publikum nun mal. Den Eindruck männlicher Härte, den die "steirische Eiche" optisch nun mal vermittelt, musste auch mit dem erheiternden Akzent Schwarzeneggers verbunden werden. Denn: Entweder man macht Arnold zum silent stranger oder man vermeidet unfreiwillige Lacher, indem man dem Publikum von vorneherein sagt: "Wir nehmen das ganze auch nicht ernst. Jedes Mal wenn ihr lacht, lacht ihr mit uns, nicht über uns."
Vorteile des Zerstörers:
- Grace Jones, die eigentlich der einzige Grund war, warum ich in den letzten Jahren keinen ernsthaften Versuch unternommen habe, mir den Film anzusehen (ich finde die Frau einfach unaustsehlich), kommt nur in einer untergeordneten Rolle vor
- Immer noch (=wie beim Vorgänger) ein brillianter Score
- Gott sei Dank: Auf blutige Schwertkämpfe muss man nicht verzichten...
- Ein wirklich sehr schöner, herrausragender Moment: Conan im Spiegelsaal. Sonst immerhin von Richard Fleischer sehr routiniert in Szene gesetzt. Der Anfang (Conan und Kumpan) werden von Reitern überfallen, sah von der Bildgestaltung für mich sogar ein bisschen nach Western aus.
- gelungene humorige Einlagen
Nachteile:
- Gummimonster am Ende, das aussah als wäre es aus "Godzilla vs. Sumpf-Einhorn" übrig geblieben...
- ein paar Ausstattungselemente wirkten zu verkitscht, aber das ist wohl unabänderliches Schicksal der Fanatsyfilme der frühen 80ger.
Fazit: Netter Film für zwischendurch, der vielleicht als erster Film die speziell schwarzeneggersche Mischung aus Gewalt und Humor präsentiert. Die oneliner sind noch nicht perfekt, aber durchaus schmunzeltauglich und zumindest bei der Campszene mit dem betrunkenen Conan habe ich lauthals auflachen müssen. Als nächstes (und nun wirklich unabänderlich letzte Arnold-Nichtkomödie für mich) gilt es "Red Sonja" zuentdecken. Immerhin auch von Richard Fleischer inszeniert und mit Ennio Morricones Musik. Wird mir hoffentlich über Brigitte Nielsen hinweg helfen...
P.S.: Bei ebay die US-DVD von Conan the Barbarian ersteigert, was bedeutet, dass ich demnächst auch endlich die erweiterte Fassung sehen kann, die auf der sonst so schönen deutschen DVD leider fehlt. Jippie! (Nicht, dass ich mir bahnbrechendes davon erhoffe, aber es geht hier ums Prinzip.) [Für Terminator 2 gilt übrigens das Gegenteil: Da hätte ich gerne die alte (nichterweiterte) Kinofassung auf DVD. Gibt's sowas, wenn möglich noch mit Originalton & Deutsch?]
#30
Geschrieben 20. Mai 2005, 10:38
Ich auch.
Das liegt nun nicht daran, dass KFH (um den eklen Trend der Filmtitelverkürzungen aufzugreifen) unbedingt der schlechteste Film aller Zeiten war, sondern daran, dass er a) dem sehr nahe kommt und B) ich mir heute außerdem noch ein irre langweiliges 1000-Wort-Essay zum Thema "The functions of intonation" aus den Rippen leiern musste, wovon ich naturgemäß wenig verstehe, weswegen ich an einem möglichst gesunden Schlafpensum interessiert war um mich der Aufgabe wenn schon nicht informiert, so doch wenigstens munter zu widmen. Anders gesagt: Doofer Film trifft doofe Umstände. Oder: 50 Minuten sind genug.
Ich bezweifle schwer, dass sich in der restlichen Laufzeit etwas an den Schwächen des Films gebessert haben wird: Der dümmliche 70er-Jahre-Holzhammer-Synchrohumor war dabei genauso schrecklich, wie die Tatsache, dass KFH offenbar genau diese Synchro verdient. Wer ein chinesisches Konglomerat aus "Gangs of New York", "Cotton Club", "Matrix Reloaded" und einer gehörigen Prise "Palim-Palim"-Humor erwartet, wer es auch in der siebzigsten Wiederholung witzig findet, dass dem schwulen Friseur (!) der Arsch halb aus der Hose hängt, wer Frauen mit Überbiss für die Krönung menschenmöglichen Humors hält, wer sich nicht um eine halbwegs stringente Erzählweise kümmert (warum auch - ist ja nur eine Komödie!), wer Gags umso amüsanter findet, je breiter sie ausgemalt und je überstrapazierter sie werden, wer bei Spezialeffekten nicht auf die Qualität sondern lediglich auf die Anzahl achtet und wer letztendlich eine schwerverdauliche Mischung aus lustig gemeinten und kruden Szenen klasse findet (Codewort preteen golden shower), der wird in Kung Fu Hustle die größte Spaßgarante des Jahrzehnts finden.
Alle anderen werden sich zu 95% über und nicht mit dem Film amüsieren, wobei die Quote mittels Alkoholkonsum oder Freundesbegleitung vielleicht begrenzt steigerbar ist. Fazit: KFH ist zumindest in seinen ersten 50 Minuten nichts weiter als eine lose zusammengepappte Ansammlung schlechter Witze und schlechterer Computeranimationen. Sollte der Film sich in der restlichen Spielzeit unerwartet in reines Gold verwandeln, wäre das überraschender, als würde... sagen wir... Edmund Stoiber seine Frau für eine minderjährige, drogensüchtige, schwarze Striptänzerin verlassen.
Edit: Wer denn noch eine zahlenmäßige Bewertung braucht: 10% auf der kino.de-Skala und mit einem Stern (*) die schlechtest denkbare Wertung meines 5-Sterne-Systems.
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