House of 1000 Corpses | 2.8.03| Fantasy Filmfest
Eine Streitschrift
Über 3 jahre hat es gedauert, bis rob zombies regiedebut einen verleih gefunden hat, welcher mutig
genug war, sich dieses werkes anzunehmen, dass so garnicht in das derzeitige horrorgeschehen passen wollte. Eine lange zeit, während der die gerüchte auf dem nährboden der horrorfangemeinde unentwegt wucherten und immer groteskere früchte trugen.
Das verwirrspiel um die ungeschnittene fassung und die unkenrufe derjenigen, die den film bereits aus dem netz gezogen hatten, brachten den mythos letzten endes zur implosion: von einem gemachten hype war die rede, enttäuschung über das ausbleiben der goreexzesse -die schließlich hauptbestandteil eines jeden gerüchtes in disen kreisen sind- machte sich breit.
Glücklicherweise stellte sich das us-publikum als weniger reaktionär heraus und so kam diesem meisterwerk der finanzielle erfolg zuteil, welcher nötig war um rob zombie die fortsetzung seiner karriere als filmemacher zu ermöglichen.
Die weitläufige meinung, house of 1000 corpses sei ein ripp off diverser 70s horrorfilme und insbesondere von the texas chainsaw massacre ist ein missverständniss: tatsächlich handelt es sich um eine hommage, nicht nur an den slasherfilm, sondern das ganze phänomen der subversiven kunst seit ihrem einzug in die welt des films!
House of 1000 corpses knüpft damit an die tradition des selbstreflexiven horrorfilms an, ohne sich dabei auf den filmhistorischen erfahrungshorizont eines 16 jährigen zu beschänken, was scream und konsorten ins reich der belangslosigkeit verbannte.
Ein blick auf den stammbaum der familie offenbart sich bei genauerem hinsehen als teils chronologisch, teils nach der bedeutung für die populärkultur geordnete phänomänologie der subversiven kunst:
dr. satan entstammmt einer lokalen legende, einem volksmärchen, tief unter der erde wirkt dieses familienoberhaupt noch immer als ursprung allen bösen, dass sich in der kunst vor allem in form von horrorelementen, aber auch in jeder anderen lasterhaften gestalt äußert.
Je weiter wir uns der erdoberfläche nähern, desto manigfaltiger werden seine schöpfungen, von den zombies in der schlammpfütze, deren existenz nur einigen eingweihten bekannt ist über den terminator-prototypen, der nie richtig schule gemacht hat, hinauf ans tageslicht. Dort wirken jene geschöpfe, die sich durch eine überlebenstaugliche kombination, gewissermaßen als patchwork des bösen durchgesetzt haben- wie ihr geistiger vater rob zombie vereinen sie elemente unterschiedlichster epochen, vom märchenonkel über bettie davis bis hin zu charlie manson, der längst einzug in die amerikanische popkultur genommen hat.
![Eingefügtes Bild](http://i.imdb.com/Photos/Ss/0251736/pic_04_300dpi.jpg)
Listen, you Malibu middle class Barbie piece of shit, I'm tryin' to work here! Work? You ever work? Yeah, I'll bet you have! Scoopin' ice cream to your shit-heel friends on summer break. Well I ain't talkin' about no goddamn white socks with Mickey Mouse on one side and Donald Duck on the other. I ain't readin' no funny books, mama! Our bodies come and go but this blood... is forever!
Die in die handlung eingefügten clips stellen immer wieder bezug zu vergangenen epochen her und reichen von gefaketen szenen aus s/w sendungen im stile der vampiras, elviras und konsorten, welche in den 60ern populär waren, über aufnahmen von scheinbar realen gräueltaten bis hin zu den munsters, die auch von den familienmitgliedern in dr. satans unmittelbarer nähe konsumiert werden. Der kreis schließt sich also, als der ursprung des bösen sein, über das medium tv mit dem durch die von nun an fließenden grenzen zwischen humor und horror massentauglich gewordenes produkt, zum grenzenlosen konsum ins wohnzimmer geliefert bekommt.
Die grenzen zwischen “realität” und “kunst” verschwimmen zunehmend, was durch die auch im regulären handlungsverlauf verwandten, unterschiedlichen kameratechniken, welche von authentisch wirkender handkamera bis hin zur hoch artifiziellen zeitlupe reichen, zusätzlich unterstützt wird.
Wo nightmare on elm street und friday the 13th mit der sympathie zum bösen nur kokettierten –schließlich gibt es seit jamie lee curtis keine stars mehr, die neben schlitzern wie freddy und jason im gedächtnis der fans hängen geblieben wären-
ergreift rob zombie eindeutig partei. Die teenager in house of 1000 corpses sind nur noch publikum, dass im laufe der show zum opfer, letztlich gar zum medium wird. Wenn die zu
hilfe eilenden polizisten in der zynischsten szene des films zu den schmalzigen klängen von „i wanna be loved by you“ in zeitlupe exekutiert werden, selbst die einblendung eines rührseligen familienvideos ob des konträren musikeinsatzes geradezu lächerlich wirkt und der finale kopfschuss unerträglich lange hinausgezögert wird, erfahren wir, wer wirklich macht über die gesellschaft, über uns, dass publikum hat- niemand anderes als der subversive künstler.
Das rob zombie zunächst gezwungen war, sein werk mit der schere zu bearbeiten, um es einem publikum zugänglich zu machen, dessen positive Resonanz nun wiederum eine veröffentlichung der ursprünglichen fassung auf dvd ermöglichen wird, verdeutlicht uns allerdings auch, dass der künstler welcher aus dem publikum hervorgeht, dieser lebensgrundlage bedarf- im falle der firefly family gar als nahrungsmittel.
house of 1000 corpses ist als produkt der kunstfigur rob zombie vielleicht gar als eigenprodukt seines genres zu verstehen, vor allem aber als film, der das selbstbewusstsein des (horror)films nachhaltig stärken wird.