Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#61
Geschrieben 09. Juli 2005, 23:40
Ein Westernjuwel. Die deutsche Fassung bot kaum mehr hinzunehmende Kürzungen, die sehr viel von der intensiven Stimmung aus dem Film radierten. Ungekürzt ist der Film jedenfalls die Wucht in Tüten. Lou Castel spielt einen namenlosen Mexikaner, der als Kind als einziger ein Massaker überlebte. Aufgenommen von einer streng gläubigen Siedlerfamilie wächst er behütet und gottesfürchtig heran, weiß aber dennoch mit Schießeisen und Messer vortrefflich umzugehen. Eines Tages verschwindet die Tochter seiner Pflegefamilie. Eine Selbstverständlichkeit, dass der Ziehsohn sie holen geht. Dabei muss er sich gegen zahlreiche böse Buben behaupten, nachdem ihm durch Zufall ein Schießeisen in die Hände gefallen ist, das fortan im Holster an einen Strick gebunden locker in seiner Kniekehle schlackert. Für jeden der von ihm in den Staub gestreckten hat er jedoch im Vergleich zu seinen ballernden Kollegen aus anderen Filmen nicht Hohn und Spott übrig, sondern spricht für sie kurze Gebete, was ihm den Spitznamen Requiescant einbringt. Die Tochter findet er schnell: Sie wird gezwungen, in einem schäbigen Bordell anzuschaffen, das unter der strengen Führung der von einem Schurken namens Dean steht, der rechten Hand von Fergusson, der aristokratischen Riesensau des Films, der die ganze Stadt regiert und Ordnung und Gesetz gleichermaßen verkörpert, weshalb es hier auch keines Sheriff bedarf. Obwohl Fergusson das Mädchen nach einem Besuch Requiescants freigibt und sich arg mit seinem zuhälternden Untergebenen anlegt, ist der mächtige Mann alles andere als ein Wohltäter. Wie Requiescant herausfindet, ist er für das Massaker verantwortlich zu machen, das ihm die Eltern genommen und das Fergusson an den Interessen der Mexikaner vorbei zu großen Besitztümern verholfen hat. Sowas bleibt in einem Film dieser Klasse natürlich nicht ungestraft.
Wenn Requiscant und Fergusson im Weinkeller einen Wettbewerb der Marke ‚Drink 'n Shoot’ auf eine Frau mit Kerzenleuchter veranstalten, in der schmierigen Kaschemme ein mitternächtliches Galgenduell durchgeführt wird und das Finale in die mittlerweile zerfallenen Kirche des eingänglichen Massakers zurückführt, vor der sich die unaufgeräumten Skelette der seinerzeit Dahingemetztelten noch im Sand türmen, dann sind das Zutaten, mit denen ganz einfach Genreklassiker zubereitet werden. Pier Paolo Pasolini spielt einen netten Pfaffen, Franco Citti einen Gunslinger mit Puppe, der in seinen besten Momenten ein wenig wie der Bruder von Franco Garofalo aus DIE HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN aussieht, wenngleich er nicht so schöne weggetretene Momente hat. Lou Castel spielt hier sowieso die Rolle seines Lebens und sieht heute ein klein wenig aus wie Lou van Burg. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass der Film zu den besten Arbeiten im Italowestern gehört.
#62
Geschrieben 11. Juli 2005, 09:49
(Argentinien 1967 – Emilio Vierya)
Der vermutlich einzige Vampirfilm, der je in Argentinien gedreht wurde. Warum hätten es auch mehr werden sollen? Der Film beginnt mit einer kleinen Vorgeschichte. Darin gibt's die heiße Ofelia zu sehen, die sich heimlich mit ihrem Gustavo trifft, den sie am liebsten auch ehelichen möchte. Ihre Eltern jedoch sind dagegen, können sie sich nur den schneidig-schleimigen Eduardo als Schwiegersohn vorstellen, der nicht nur eine gesicherte Existenz vorzuweisen hat, sondern den Eltern ganz im Gegenteil zu Gustavo auch persönlich bekannt ist. Gustavo lehnt es strikt ab, sich den Eltern vorzustellen, weshalb es zur Hochzeit mit Eduardo kommt. Doch in der Hochzeitsnacht holt sich Gustavo seine Braut – er ist, man ahnt es schon, ein Argentinischer Blutsauger. Und eine gesicherte Existenz hat er im Grunde auch vorzuweisen, wie könnte er sich sonst einen Butler leisten, der mit ihm zusammen in einer wunderschön geräumigen Blockhütte rechts neben dem Hochgebirge wohnt? Ins Blockhaus verirren sich nun eine Reisegruppe junggebliebener Erwachsene, deren Karre nächtens auf der Passstraße wegen Spritmangel den Geist aufgegeben hat. In dunkler Nacht verschwinden alle flotten Uschis der Gruppe auf Nimmerwiedersehen, der Vampir hat sie geholt. Der Rest des Films beschäftigt sich mit deren Wiederbeschaffung und der Erlösung der Vampire, was halbwegs spaßig anzusehen ist. Vierya selbst spielt einen „Comisario“ und agiert wie ein Kantholz mit Gesicht. Würden nicht alle ständig spanisch sprechen, man könnte meinen, der Film wäre im deutschen Voralpenland gedreht worden. Abgesehen von den trotz spärlicher Laufzeit (75 Minuten) vorhandenen Zeitfüllerszenen mit Touristenprogramm und Rodelausflug unterhält der Film ganz passabel. Alle paar Momente hüpfen ein Paar Titten aus der Bluse und auch sonst sieht der Streifen ganz so aus, als könnte jeden Augenblick Jess Franco um die Ecke gehuscht kommen. Zumindest die immer wiederkehrenden rotgetünchten Bilder von fliegenden Möwen und ein dazu gereichtes elektronisch verfremdetes Gepiepe hätte der Jess auch nicht schöner hinbekommen. Das kann man in gewisser Weise als ein Kompliment an BLOOD OF THE VIRGINS verstehen – oder halt eben nicht.
#63
Geschrieben 11. Juli 2005, 23:05
(USA 1963 – Sidney Salkow)
Drei verfilmte Kurzgeschichten von Nathaniel Hawthorne. Wiederauferstehung von einer Toten und die damit verbundene Entdeckung eines Jungbrunnens gibt es in „Dr. Heidegger’s Experiment“, eine etwas an Romeo und Julia angelehnte Romanze mit Horrorpflanze in „Rappaccini’s Daughter“ und zum Abschluss noch eine formidable Fluch- und Geisterposse mit dem wohlklingenden Titel „The House Of The Seven Gables“. In allen drei Geschichten spielt Vincent Price die Hauptrolle, was an sich schon ein Garant für angenehme Horrorunterhaltung alter Schule ist. Und trotz der Tatsache, dass der Film komplett im Studio entstand und die Stories mit nur wenig auf der Leinwand sichtbaren Personaleinsatz (drei bis sechs Leutchen pro abgelieferten Drittel des Gesamtumfangs der Schauersammlung) verfilmt wurden, verfehlen sie ihre Wirkung nicht. Mal abgesehen von dem leicht abfallenden Mittelteil sind die Geschichten auch ordentlich schaurig geraten und bieten gelungene Überraschungsmomente. Glanzstück des Films ist die letzte Episode mit dem Geisterhaus, die auch über die eine und andere grimmige Ecke und Kante verfügt. Für blutende Zimmerdecken und Gemälde habe ich sowieso schon immer schwer etwas übrig gehabt. Der Film steht ganz in der Tradition der von Corman gereichten Filme mit Price, lässt sich also anstandslos mit diesen kombinieren, ohne sonderlich dem Rahmen zu kippen. Der raue Charme der Omnibus-Filme der Amicus wird hier natürlich nocht nicht erreicht – war aber auch nicht Aufgabe, wenngleich sich gerade die erste Geschichte schon ein wenig ausnimmt wie ein verfilmtes Stück EC-Comic. Die literarischen Vorlagen kenne ich natürlich mal wieder nicht, die anderen Verfilmungen der Geschichten auch nicht. Da kriegt man ein schlechtes Gewissen und kommt sich vor wie ein Banause. Aber was macht das schon...
#64
Geschrieben 12. Juli 2005, 23:36
Einer dieser Spontankäufe im Supermarkt, weil die Scheibe billig war und mir der Film vor Urzeiten mal gefallen hat. Habenhabenhaben - das alte Leid. FLUCHT IN KETTEN ist ein sehr böser und stellenweise recht zynisch geratener Film, wobei der sehr in den Vordergrund gespielte Rassenkonflikt nur einen Teil seiner kritischen Betrachtungen ausmacht und der Streifen mindestens ebenso viel Zeit darauf verwendet, die extrem menschenverachtend dargestellte Jagd (einer der Freiwilligen spielt dabei die ganze Zeit fetzige Melodien im Kofferradio – einfach schauderhaft) auf die Entflohenen anzuprangern.
So anspruchsvolles Zeug läuft ja eher seltener bei mir, weshalb ich mich mit dem hier gebotenen Wiedersehen mit Lon Chaney eigentlicht auch schon voll und ganz zufrieden gebe. Schlicht entfallen war mir nämlich die Tatsache, dass er in FLUCHT IN KETTEN einen nicht zu verachtenden Part als Petroleumlagerwärter bestreitet. Eine schöne Überraschung daher, ihn auf einmal ins Bild stapfen zu sehen – gleichwohl auch als Mahnung, fortan öfter einen genaueren Blick aufs Cover zu werfen.
#65
Geschrieben 14. Juli 2005, 14:38
(Hongkong 1971 – Pao Hsueh-li)
Immer wieder interessant ist es, wenn das Martial-Arts-Kino Vereinigung mit anderen Genres sucht. In FINGER OF DOOM wird die Eheschließung mit dem Vampir- und klassischen Zombiefilm gewagt, was nicht gerade ein Klacks ist. Deshalb läuft der Film auch gelegentlich spürbar unrund, weil er für alle übernatürlichen Phänomene weit ausholende Erklärungen braucht und daneben noch ein easterntypisches Seemannsgarn spinnen muss. Richtig störend ist das aber nicht, wenn man bei Pao Hsueh-li dennoch etwas mehr erwartet hätte. Die Swordsplay-Action jedenfalls ist erhaben, das Finale ganz wunderbar geraten – wenn auch etwas zu husch-husch. Und dass Iny Ling Po und Chin Han vor wie hinter der Kamera damals eines der ganz großen Filmliebespärchen im Hongkong-Kino waren, merkt man dem Streifen auch nicht zwangsläufig an, denn FINGER OF DOOM nimmt sich trotz all seiner Schwierigkeiten recht ernst und ordnet die Romanze dem Gruselplot unter. Doch der ist trotz seiner durchaus sehr stimmungsvollen Darbietung auch nicht ohne Löcher. Dass die beiden Schwestern Untote sind, ist von vornherein klar, aber was hat das mit den drei Brüdern auf sich, die sich und ihre Schwertkampftechniken nach den Elementen Feuer, Luft und Erde benennen und der guten Untoten zur Hilfe gegen ihre böse Schwester eilen? Der Hintergrund der Personen verbleibt fast komplett im Dunkeln. Lücken sind also trotz aller Erklärungswut des Films durchaus gegeben - man muss sich halt selbst was einfallen lassen oder einige Dinge schlicht ergeben hinnehmen, was generell keine schlechte Taktik ist. Ein einfacheres Handlungsgerüst wäre dennoch mehr gewesen, man muss ja auch nicht immer gleich ein wahres Epos erzählen wollen.
#66
Geschrieben 15. Juli 2005, 08:16
(USA 1956 – Michael Anderson)
Viel Staraufgebot in der legendären Verfilmung des Jules-Verne-Romans, das muss man schon sagen. Der Streifen zeigt sich selbst bis in die Nebenrollen extrem hochkarätig besetzt. Zwar interessiert mich die Besetzung eines Films so gut wie nie, hier ist es aber mehr als augenfällig, welches Heer an bekannten Gesichtern für den Film rekrutiert wurde. Ganz großes Hollywood-Kino, wie es halt nur in den gigantomanen 50ern hat entstehen können. In der Präsentation unterscheidet sich IN 80 TAGEN UM DIE WELT dagegen kaum von einem Bollywood-Streifen. Egal welcher Erdteil gerade bereist wird, überall finden sich an den wirklich extrem prächtigen Originalschauplätzen ungeheure Menschenansammlungen, die sofort singen und vor allem tanzen müssen. Und hinsichtlich seiner oftmals sehr naiven Szenen gibt sich IN 80 TAGEN mit einem durchschnittlichen Inder auch kaum etwas, zumal wirklich jedes Klischee der fremden Länder aufs üppigste bedient und mit dicken Pinseln auf die Leinwand gestrichen wird. IN 80 TAGEN UM DIE WELT habe ich vor vielen Jahren einmal als 70mm-Vorführung im Kino gesehen (der Film wurde im legendären TODD-AO 70mm-Verfahren und in allerschönstem Technicolor aufgenommen – eine absolute Leinwandfestivität also, die selbst von so etwas wie einem arg augenschmausigen DER HERR DER RINGE nicht überboten werden kann) und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, war die Einleitung mit dem Ausschnitt aus dem Méliès-Film dort enthalten. Scheinbar wurde sie wohl erst später bei der Umkopierung auf 35mm weggeschnitten. Jedenfalls fehlt die alte Synchronisation dieser Einleitung, weshalb man dem Ganzen eine fürchterliche Neusynchro mit einem Sprecher vom Studentenservice spendiert hat. Auch der Ton zur Szene im Herrenclub, bei der die Nachricht von der verpassten Passage nach Europa überbracht wird, fehlt und wird durch eine schauderhafte Neusynchro ersetzt, die nicht einen Deut zum Rest des Films passt, aber immerhin noch Zeugnis darüber ablegen kann, dass man heutzutage einfach keinen Film so einer Klasse mehr adäquat synchronisiert bekommt. Das beste an IN 80 TAGEN UM DIE WELT ist allerdings, dass er der Romanvorlage wirklich sehr nahe kommt und viele von den Bildern zu liefern in der Lage ist, die man auch beim Lesen vor Augen hat. Was Jackie Chan & Konsorten jüngst aus der Vorlage von Jules Verne gemacht haben, möchte ich lieber gar nicht erst wissen.
#67
Geschrieben 16. Juli 2005, 00:20
(Deutschland 2004 – Stephan Wagner)
Schon lange keinen Film mehr gesehen, der so fertig macht. Schade, dass ich zu faul bin, wenigstens hin und wieder den Videorekorder mitlaufen zu lassen. Aber KAMINSKI wird bestimmt noch einmal gezeigt. Dann werde ich wahrscheinlich wieder gucken – und erneut die Aufzeichnung versäumen.
Dann noch ein Stück Kontrastprogramm:
(Hongkong 1980 – Tsui Hark)
Im Original - und das stand ja dringend zu befürchten - ähnlich lustig wie in der deutschen Fassung, bei der zudem noch einige Schnitte zu beklagen sind. Musikalisch klaut sich Hark seinen Film bei SUSPIRIA, TOURIST TRAP und TANZ DER VAMPIRE zusammen. Und irgendwie will WIR KOMMEN UND WERDEN EUCH FRESSEN auch inhaltlich den Anschluss an die Vorbilder hinbekommen, was aber nicht wirklich gelingt. Die Ausgewogenheit von Komik und Grusel wie bei Polanski, die erdrückende Schwere des Geheimnisses aus SUSPIRA und den maskierten Irrsinn von TOURIST TRAP kriegt Hark nicht schadenfrei in seinen Film portiert - und schon gar nicht unter einen Hut. Dafür geht im wahrsten Sinne der Klamaukermann mit ihm durch, obwohl seine besten und stärksten Szenen die sind, in denen er sich zumindest im Ansatz um ein wenig Ernst und Atmosphäre bemüht. Aber auch die Kurve zur reinen Splatterkomödie umfährt Hark weiträumig, weil er den Humor nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schrecken einzuparken versteht. Auf der anderen Seite ist der Film so über alle Gebühr grotesk ausgefallen, dass er dennoch Spaß macht. Keine Ahnung, woran das wirklich festzumachen ist.
Bei seiner Kinoauswertung setzte man hierzulande voll auf den Kannibalenaspekt, was faktisch zwar in Ordnung geht, nach vorab konsumierten Filmwaren wie MONDO CANNIBALE, DIE RACHE DER KANNIBALEN und natürlich NACKT UND ZERFLEISCHT aber dennoch zwangsläufig für ein langes Gesicht sorgen muss. Mit etwas zeitlichen Abstand kann man sich mit dem Hark immerhin weitaus bedenkenloser anfreunden als mit dem Lenzi. Beide haben aber gemein, dass sie vor ihren Ausflügen zu den Menschenfressern bereits Besseres abgeliefert haben. Sowohl Lenzis Actionfilme wie auch Harks nicht minder spannender DIE TODESGROTTEN DER SHAOLIN sind weitaus interessanter.
#68
Geschrieben 18. Juli 2005, 08:52
(USA 1970 - Joseph Sargent)
Ende der 70er lief in der ARD eine Science-Fiction-Filmreihe (mit einem eindrucksvollen und eigens für die Reihe konzipierten Vorspann), in der wirklich eine ganze Menge erstklassiger Filme gezeigt wurden. So unter anderem auch COLOSSUS. Viele Jahre sind vergangen, Zeit also für ein Wiedersehen.
Mit viel Tammtamm überantworten die USA die Überwachung der Verteidigung und ihre ganze Feuerkraft noch dazu dem Supercomputer Colossus. Der Rechner ist ein in sich geschlossenes System, das weder gestört, noch bezwungen oder gar ausgeschaltet werden kann. Wenig später ziehen die Russen mit dem Gegenstück Guardian nach. Selbstständig suchen Colossus und Guardian nun nach einer Verbindung untereinander, tauschen sich aus, verstärken kontinuierlich ihre Rechenleistung und übernehmen die Friedenssicherung in einer Art, die für die Menschheit und insbesondere dem Colossus-Entwickler Dr. Forbin nicht unbedingt angenehm ausfällt.
Die sehr zu empfehlende Romanvorlage und auch der Film zeichnen ein immer bedrückender werdendes Bild der totalen Unterwerfung der Menschheit, je mehr Macht Colussus und sein Kollege Guardian erlangen. Und das geht im Eiltempo vonstatten, denn jede Befehlsverweigerung wird mit dem Einsatz von Atomwaffen bestraft. Die Supermächte sehen sich zum gemeinsamen Dialog gezwungen, doch als endlich die Vernunft des Menschen obsiegt, ist der Zug natürlich schon unlängst abgefahren. COLOSSUS ist aber nicht nur Aufruf zur Verständigung, sondern stellt natürlich auch das Vertrauen in den technischen Fortschritt in Frage, behandelt die Unterwerfung des Menschen, operiert mit Gesellschaftsmodellen und zeigt, dass der Rechner es im Grunde auch nicht besser kann, was ja eh klar war. COLOSSUS beinhaltet fast alle Aspekte politischer wie gesellschaftlich inspirierter Science Fiction und ist weitaus spannender anzusehen, als sich das vielleicht auf den ersten Blick vermuten lässt.
(Anm.: Die US DVD von COLOSSUS bietet dem Vernehmen nach wohl nur eine Pan&Scan-Vollbildfassung des in CinemaScope gedrehten Films, ist demnach also völlig inakzeptabel. Außerdem geht das hartnäckige Gerücht, es wäre eine Szene (oder sogar noch mehr?) aus dem Film entfernt worden. Hat jemand zufällig die US DVD und kann das bestätigen? Würde mich wirklich sehr interessieren.)
DEAD OF NIGHT
(USA 1974 – Bob Clark)
Andy kommt aus Vietnam nach Hause, nachdem seine Familie bereits kurz zuvor die hochoffizielle Nachricht seines Dahinscheidens auf dem Schlachtfeld erhalten hat. Da ist die Freude natürlich riesengroß. Doch mit Andy stimmt was nicht, denn der junge Mann scheint wie ausgewechselt und entpuppt sich gar als Untoter, der einen ständigen Mordskohldampf auf frisches Menschenblut hat, um sich durch sein tristes Leben schleppen zu können.
Habe den Film vor Urzeiten einmal im Kino in der ungekürzten Fassung sehen können, wobei mir eigentlich nicht so recht einleuchtete, was an dem Film so durchschlagend gut sein soll. Auch die deutsche Videofassung, die ich danach irgendwann einmal sah, brachte keine rechte Erhellung, ist sie doch nur noch als ein höchst unbrauchbares Fragment des Films anzusehen. Die wirklich knackige DVD von Blue Underground mache ich jetzt die lange Zeit ausgebliebene Begeisterung für den Film verantwortlich. Ein richtiges Filmjuwel ist das! Und gleichzeitig ein wichtiges Bindeglied zwischen Zombie- und Vampirthematik, das gehörig den Staub vom Genre wedelt. Wunderbar!
#69
Geschrieben 18. Juli 2005, 15:02
(Hongkong 1980 – Wu Ma)
In der zweiten Hälfte der Ming-Dynastie wird den Shaolin-Mönchen verboten, Kampfausbildung zu betreiben. Die Tempel werden niedergebrannt, die sich der Gewalt der Mings widersetzenden Mönche enthauptet. Einem besonders grausam gegen die Shaolin agierenden General gesellt sich Zen hinzu, „Panther“ genannt, der selbst einmal Mönch war und die Verstecke der im Untergrund operierenden Mönche für die Machthaber ausfindig machen will. Deshalb lässt er alle Mönche seines ehemaligen Klosters inhaftieren und setzt sie brutaler Prügelfolter aus, die aber in Wirklichkeit Übung und Ausbildung ist, damit sich die gefangenen Mönche an Zens Techniken weiterbilden und den Aufstand proben können. Schwierigkeiten ergeben sich dadurch, dass Zen sich niemanden anvertrauen kann. Außerdem fliegt sein Plan irgendwann auf, denn die Mings sind ja nicht blöd.
Ti Lung spielt in dem recht düsteren (und das bezieht sich auch auf die absichtlichen Abdunkelungen von einigen brutaleren Szenen) Streifen noch einmal seine Rolle aus Chang Chehs DIE BLUTSBRÜDER DES GELBEN DRACHEN, in dem er ebenfalls den als Verräter verschrienen Samariter gab. Die Schlusskämpfe in der Arena sind in Wu Mas Film recht bombig ausgefallen und die deutsche Fassung des Streifens sogar durchweg brauchbar. Da kann man nicht meckern. Wie man allerdings hierzulande auf den Kobra-Titel gekommen ist, wo doch Ti Lung „Panther“ genannt wird, ist mir ein Rätsel. Aber über deutsche Fassungstitel lohnt das Nachdenken ja eh nicht – die nimmt man so hin und gut. TI LUNG – DIE TÖDLICHE KOBRA ist ein Karateklopperspätwerk, das erst 1982 in den Kinos lief – und damit zu einer Zeit, als niemand mehr so etwas sehen wollte. Die Videokassette von der UFA kam gar erst 1984 heraus und gammelte seinerzeit in jeder Videobude als Lückenfüller in der Ecke vor sich hin. Eigentlich schade, denn der Film hätte ein wenig mehr Beachtung durchaus verdient. Der ist nämlich wirklich schön, ungemein ernst und sieht fast wie ein Shaw-Film aus.
#70
Geschrieben 19. Juli 2005, 15:07
(USA 1994 – Barry Poltermann, Wrye Martin)
Vor rund 10 Jahren ist der Film in Deutschland auf Video erschienen. Bei Empire, dem Ableger von VPS Video, die zur gleichen Zeit auch die Filme von Richard Band, Schund und Scheiß aus Asien und Italien sowie irgendwelches Horrorgekröse im Angebot hatten, in das die Zeitschrit Fangoria involviert war. Bis auf wenige Ausnahmen ließ man Empire-Sachen in der Videothek besser stehen – die Filme sahen nicht nur ganz, ganz schlimm nach zweiter Wahl aus, sondern waren oftmals auch dergestalt entschärft, dass man sie nicht Gewaltvideos hätte schimpfen können. Doch auch die unentschärfte Fassung von ASWANG ist vor allem eines: zweite Wahl, die nicht vom Hocker haut. Bei weitem schlimmer ist allerdings noch, dass der Film so richtig schrecklicher 90er-Jahre-Horror ist – uninspiriert, klischeebeladen, mit schlechten Effekten und E-Musik-Geklimper und immer wieder einfach auch so richtig schön langweilig, weil ASWANG alle paar Augenblicke alte Hüte neu verkaufen will.
Im mitgereichten Making Of möchten die Macher ihren Film nachträglich noch in Richtung Kultklassiker à la NIGHT OF THE LIVING DEAD oder auch nur THE GIANT SPIDER INVASION (das nenne ich mal bescheiden!) gehievt haben. Ach so!
Immerhin ist der Film noch dazu tauge, die Theorie zu untermauern, die besagt, dass man mittelmäßige und schlechte Horrorfilme vor allem daran erkennt, wenn im Abspann Geplärre unbekannter Rockkombos zu finden ist.
#71
Geschrieben 19. Juli 2005, 22:53
(USA 1996 - Jim Kaufman)
Die mir als Geschenk verehrte Box mit allen drei Demons-Filmen habe ich nun fertig. Auch hier konnte ich - wie schon in Teil 2 - der Versuchung nicht widerstehen, die Vorspulfunktion des Abspielers zu benutzen. Zu dem Film passt gut der Slogan, mit dem der leider nicht mehr existente Avis-Filmverleih gerne auf Werbetour für Horrorfilme gegangen ist: "Teuflisch bizarr! Dämonisch hexenhaft!" Kurz und gut kann man den ganzen Film aber auch mit dem Wort 'bescheuert' beschreiben und hätte kein wichtiges Detail vergessen. Die Neugier musste ich mir befriedigen gehen und in der imdb.com nachschauen, welche Werke Herr Kaufman noch so auf der Latte hat. Fast nur TV - alles klar. Dass ebendieser Jim Kaufman dereinst allerdings bei Cronenbergs Filmen FAST COMPANY und SCANNERS den Assi gemacht haben soll, mag man nach diesem Film gar nicht mehr glauben. Fehler im System oder traurige Wahrheit? Das wäre ja, ganz im Sinne der Avis, "Von hexenhafter Gespenstigkeit und teuflischer Dämonie!"
#72
Geschrieben 21. Juli 2005, 08:26
(Argentinien 1967 – Emilio Vierya)
In den Fernsehzeitschriften der 70er waren regelmäßig Anzeigen zu finden, zum Beispiel vom Technotron-Versand in Flensburg, die Monstermasken aus Latex und sonstigen Karnevalnepp im Angebot hatten. Mit so einer Monstermaske und ein paar mit Kunststoffhaaren überzogenen Gummipranken ausgestattet ist auch der Killer in diesem Film unterwegs, der mit seiner afschuwwekkende, vreemde vorm nicht nur sich sonstwie am Strand vergnügende Weiber gehörig in Schrecken versetzt, sondern sie auch mit einem (übrigens recht stimmungsvollen) Musikstück hypnotisiert, sexuell hörig macht und schlussendlich tötet, wozu er sich großer Viehspritzen bedient, randvoll gefüllt mit Drogen. Eine Polizeiduo, mit dabei der obligatorische, für allerlei müde Witze zuständige Schmuddelinspektor mit durchgeschwitzer Kleidung, klären den Fall, wozu ihnen der Film gerade mal 70 Minuten Zeit lässt.
Nicht schlecht, nicht wirklich gut, aber immerhin recht unterhaltsam. Der Maskenmörder ist natürlich eine Schau. Hin und wieder ist der Film gar nicht so weit vom Giallo entfernt, obschon FEAST OF FLESH statt Spannung viel eher Entspannung bietet – zum Beispiel bei hübschen Strandszenen, in denen delikate Frauen ihre nackte Oberweite in den Sand rollen, wobei sich der Film – und das muss man ihm schon lassen – ungemein unverkrampft zeigt. Am Ende ist es daher auch schon fast piepegal, wer der Mörder hinter der Maske tatsächlich ist (wobei Vierya auch keinen Hehl daraus macht, den Zuschauer schon nach einer Viertelstunde auf die richtige Bahn zu lotsen), weshalb die Auflösung ziemlich ruckizucki in 90 Sekunden bewältigt wird und der Film noch irgendwie die Kurve kriegt. Wahrlich (noch) kein solch „Meisterwerk“ wie Vieryas gelungener THE CURIOUS DR. HUMPP, aber das stand hier ja nicht ernsthaft zu erwarten. Aber auch im Vergleich zum zuvor entstandenen BLOOD OF THE VIRGINS fällt der Film für meine Begriffe durchaus ab, was eventuell am hier leider ausbleibenden Franco-Faktor liegen mag.
#73
Geschrieben 21. Juli 2005, 15:05
Dunkle Gestalten terrorisieren die Bevölkerung, entführen Wissenschaftler, töten, morden, brandschatzen. Das Superheldenduo V Riders ist der Sache auf der Spur und kann den finsteren Gesellen in Skelettanzügen bis in eine unterirdische Höhle folgen. Da ertönt eine hähmische Stimme aus einem roten Kristall. Die V Riders wissen nicht, wer da zu ihnen spricht. „Ich will sie nicht im Unklaren lassen: Ich bin Frankenstein! Meine Ziele haben sich nicht geändert. Ich will die Welt zerstören!“ Und dazu ist ihm jedes Mittel recht. So befeuert er die V Riders auch gleich mit Strahlen, die ihre Körper in Nichts auflösen können. Aber das Zeug wirkt natürlich nicht gegen Superkräfte und Strahlengürtel. Und deshalb hetzt ihnen der böse General Skorpion vor der Höhle Frankensteins Kung-Fu-Monster auf den Hals. Als es gar nicht gut aussieht für die beiden Strahlemänner, ertönt eine unbekannte Stimme. „Achtung! Aufhören! Hier ist Super Rider V3! Super Rider V3 ist da!“ Die Superheldentruppe hat dank der Tüchtigkeit von Dr. Tsching ein neues Mitglied bekommen, und zwar den von den Kung-Fu-Monstern geplätteten Ning-Kit. Nachher wird auch noch Lily ein Super Rider, nämlich V4. Lily ist die Frau, die Ning-Kit einst vor den Kung-Fu-Monstern rettete, was hier aber keine große Geige spielt, denn jetzt hat Frankenstein auch noch die neueste Entdeckung von Dr. Tschai in die Hände bekommen: Miniumkalzium! Die Strahlung dieses Minerals verwandelt Menschen in Spülmittelschaum. Nur die Knochen bleiben übrig! Wo das Miniumkalzium in größeren Mengen zu finden ist, weiß Frankenstein allerdings nicht. Die V Riders müssen verhindern, dass Frankenstein dieses Geheimnis aus Dr. Tschai herauspressen kann und setzen zum Befreiungsschlag an. Super Rider V3 hat das Kommando und eine Idee, wie man den Kung-Fu-Monstern ("Käfermonster bereit!" - "Säbelmonster bereit!") Saures geben kann: „Achtung! Kung! Fu! Fighting!“ Dagegen kommt dann selbst General Skorpion nicht mehr an, weshalb er Frankensteins mächtigste Waffe anwenden will, das “Elexier des Todes“ nämlich. Erschaffen in den Feuern der Hölle, ist das Elexier 100x stärker sein als eine H-Bombe. Noch schnell ein „Frankenstein, wir preisen dich! Wir verneigen uns vor deinem Genie!“ und los geht’s. Die Schale mit dem Elexier schnell mal in den Vulkan kippen und schon explodiert die ganze Insel. Den Kung-Fu-Monstern und den Super Riders macht das aber nichts. Die Monster kriegen nun den Arsch voll („Achtung! Laser! Angriff!“) und General Skorpion wird an die Böschung geschmissen, wo er in einer Atombombenexplosion sein Leben aushaucht.
Dazu muss man eigentlich nichts mehr sagen, höchtens jubeln. Ein Monsterfilm der absoluten Spitzenklasse! Ein echt starkes Stück Kino! Kung Fu wie noch nie!
Nur die Tatsache, dass die Skelettkämpfer General Skorpion immer mit dem Hitlergruß feiern, macht doch etwas nachdenklich. Vielleicht steht deshalb auf meiner Videokassette „Keine Vermietung oder Verkauf an Kinder und Jugendliche“? Möglicherweise stimmt aber die Angabe auf dem Cover nicht. In der Inhaltsangabe von Monte Video steht nämlich auch, dass Dr. Frankenstein die Erdachse mit der Waffe des Grauens zerstören will, wovon im Film aber nicht die Rede ist. Jedenfalls nicht in der deutschen Synchronfassung, die immerhin den ungemeinen Vorzug bietet, bei Motorradverfolgungsszenen fröhliche Bierzelt-Blasmusik erschallen zu lassen. Das macht zwar ebenso wenig Sinn wie die Zerstörung der Erdachse, aber egal, heute sind wir einfach mal ganz ausgelassen und hauen lustig auf die Pauke.
Do you want to know more?
#74
Geschrieben 22. Juli 2005, 15:29
(Schweiz 1975 – Wolfgang Frank (Jess Franco))
Franco selbst ist in diesem Film in der Hauptrolle als Privatdetektiv zu sehen und schimpft sich Al Perreira, aber seine Freunde nennen ihn nur Al Capone. Eines Tages kommt Lina Romay zu ihm ins Büro. Lina schimpft sich Cynthia, gibt sich aber als Olga und Ehefrau einer lokalen Gangstergröße aus, die Fotos davon braucht, wie sie ihr Mann mit einer räudigen Schlampe betrügt. Gesagt, getan. Kurz darauf wird der Gangster allerdings mit drei Kugeln im Rücken tot aufgefunden. Der Verdacht fällt auf Al, weil man seine Bilder bei dem Toten gefunden hat. Erpressung und so. Aber die wirkliche Olga schützt ihn, obwohl sie Al nie zuvor gesehen hat. Wie sich herausstellt, hatte Olga mit Cynthia und ihrer Lesbenbraut Lola einen knackigen Dreier - und Cynthia und Lola danach die Idee, die stinkreiche Olga ein wenig auszunehmen, weshalb Lola den Gangster um den Finger wickelte und Cynthia mit Als Hilfe die Fotos beschaffte, um der Sache Hand und Fuss zu verleihen. Weil sich das krumme Ding finanziell sehr gelohnt hat, wollen Cynthia und Olga fortan weiter mit Al zusammenarbeiten und bieten ihm, nachdem sie ihm reinen Wein eingeschenkt haben, eine Partnerschaft an, die auch zustande kommt und prompt mit Gepimper besiegelt wird. Als nächstes soll der etwas einfältige Politiker Carlos Riva ausgenommen werden. Aber auch der überlebt es nicht; warum, habe ich entweder schon vergessen, oder aber es wurde gar nicht erklärt. Al Capone klärt die Sache jetzt auf eigene Faust, nachdem ihn die Polizei abermals in der Mühle hatte - unwissend allerdings, dass Cynthia mit einem mächtigen Gangstersyndikat gemeinsame Sache macht und ihn nur ausgenutzt hat – auch sexuell. Schlimm!
Franco ist natürlich wie gehabt recht schmierig anzuschauen und ein Lotterlui ohnegleichen. Unglaublich daher, dass sich irgendwelche heißen Luder mit ihm einlassen würden - der Suddel gehört ja wohl erst einmal unter die Dusche gestellt! Lina Romay nimmt ihn aber auch so wie er ist und heizt ihm ordentlich ein („Du schaffst es, dass ein Holzpferd einen Ständer kriegt!“). Und auch am Zuschauer wird Würstchenwärmung betrieben, weshalb Lina Romay und Filmfreundin Martine Stedil alle paar Minuten ein paar groß aufgenommene Schenkelspreitzungen bieten und nicht mal 'ne Cola trinken können, ohne dass es gleich nach Glasbläserei aussieht. Dabei verkörpern sie eigentlich die francotypischen Kampflesben, die mit der Männerwelt unlängst abgeschlossen haben. („Wenn ich daran denke, dass der seinen krummen Puller in deine zarte Miezekatze gesteckt hat, kann ich jetzt noch wütend werden!“). Die Herumdreierei mit dem ollen Francozottel passt deshalb auch zu keinem Moment so richtig – mal ganz davon abgesehen, dass der Jess als Sexfilmdarsteller auch nicht wirklich viel taugt. Aber der wollte wohl halt auch mal... Immerhin mimt der den Detektiven umso ansehnlicher. Wenn die beiden Uschis den besoffenen Politiker (Peter Falk in einer kleinen Rolle) verführen und Franco hinter dem Trickspiegel mit der Kamera ganz hibbelig wird, weil er die entscheidenden Bilder nicht hinbekommt („Los, nun dreht ihn schon rum, damit ich endlich den Schnibbeldidibbel vor die Linse kriege!“), dann hat dieser mittelmäßige Klamauk doch noch einen lichten Moment. Überhaupt kleckert DOWNTON so dahin, dass alle 82 Spielminuten verbraucht sind, ehe man Gelegenheit hatte, selbst bei elendig lang geratenen Szenen wie der, in der die Stedil ihre Miezekatze am Knie der Romay reibt, einzunicken. Die Musik von Walter Baumgartner ist streckenweise ganz wunderbar geraten und in vielen Francos dieser Epoche zu hören. Warum macht da nicht mal jemand einen Soundtrack?
Hinterher gab’s noch einen lustigen Trailer zu HEISSE BERÜHRUNGEN. Auch von Erwin C. Dietrichs Elite Film und ebenfalls mit der Romay in der Hauptrolle - und einer schießwütigen Agententranse mit Vollbart, Rock und Perlenkette. Sah also gewohnt "vielversprechend" aus.
#75
Geschrieben 23. Juli 2005, 15:31
(Japan 1974 - Norifumi Suzuki)
Noch einmal lässt es die junge Maya ordentlich krachen: Kino, einen Typen aufgabeln, Rummelplatz, lecker essen gehen und eine Sexel-Nacht. Am nächsten Tag geht’s dann ab ins katholische Kloster, wobei man natürlich schon ahnt, dass vom frommen Leben nach den Buchstaben der Bibel hier nicht viel vorzufinden sein wird. Die Schwestern treibens dann auch lüstern miteinander, rauben die Vorratskammer aus, lassen eingeschmuggelten Whiskey kreisen und hüpfen auch schon mal nachts über die Mauer, um sich in der nächsten Disko zu verlustieren. Jungfrauen sind im Kloster sowieso keine mehr zu finden. Maya ist wachen Auges unterwegs, wird Zeuge vieler Verfehlungen und hat so Druckmittel gegen ihre Mitschwestern in der Hand, die sie auch gnadenlos ausspielt. Denn sie verfolgt nur einen Plan: Rache, die von der Wahrheit um das Ableben ihrer Mutter genährt wird, die einst selbst Nonne im Kloster war, angesichts ihrer verbotenen Schwangerschaft übelster Bestrafung ausgesetzt und - wie sich herausstellt - von der Oberin förmlich in den Tod getrieben wurde. Auch ihren unbekannten Vater will Maya bei der Gelegenheit ausfindig machen, hat sie mit ihm doch wegen seiner Abwesenheit auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Der Film wird in dem Maße abgründiger, wie Maya die Geschichte ihrer Mutter und die Identität ihres Vaters zu entdecken in der Lage ist. Am Ende richtet sie auf schaurige Weise über die Schwestern und ihren Vater, einer Figur, die (wie weite Teile des Werks und vor allem auch das dem Horrorfilm verhaftete Finale) direkt aus M.G. Lewis Schauerroman „Der Mönch“ stammen könnte.
CONVENT OF THE SACRED BEAST ist ein Fest fürs Auge und bietet zuweilen einfach schlicht betörend schöne Scope-Bilder, die man in keinem anderen Nunsploitation-Streifen findet. Und weil sich der Film nicht nur mit dem beschäftigt, was unter der Nonnenkutte wirklich steckt und die Betschwestern an frivolen Dingen nächtens treiben, sondern Sex und Strafe unter dem Deckel einer ausgesprochen herb inszenierte Rachegeschichte serviert, wird man inhaltlich ebenfalls aufs Beste bedient. CONVENT OF THE SACRED BEAST schockiert mit teilweise episodenhaft in den Film schlitternden, schlimmen Folterszenen, Vergewaltigung, Inszest und vor allem ganz finsteren Charakteren, ist sozusagen die Exzesse im Folterkeller der Nunsploitation, aber dennoch ein schier überwältigender Film, den man am ehesten noch in der Nachbarschaft des surreal angehauchten FEMALE CONVICT SCORPION: JAILHOUSE 41 ansiedeln könnte. Superb!
#76
Geschrieben 25. Juli 2005, 09:11
(Italien/Frankreich 1960 – Domenico Paollella)
Weil der Gouverneur von Hispanola mit den Piraten paktiert, wird Capt. Montereys Schiff ausgeraubt, obwohl es auf absolut geheimer Route mit einem Schatz nach Spanien unterwegs ist. Monterey wird daraufhin degradiert, in die Verbannung geschickt, kann sich aber befreien, den Komplott aufdecken, kriegt des Gouverneurs lecker Nichte und am Ende wird sogar noch die übermächtige Flotte der Briten geschlagen.
Piratenfilme sind zuweilen sehr öde anzusehen. Dieser krebselt sich immerhin halbwegs erträglich durch seine Länge, was nicht nur allein Lex Barker zuzuschreiben ist, der in diesem Film die pomadigsten Haare seit langem zur Schau stellt. Selbst bei Orkan eine absolut perfekte, drei Wetter taftige Frisur. Ansonsten wimmelt es in DIE KÜSTE DER PIRATEN vor klischeehaften Piratenversatzstücken, was dem ganzen Unterfangen auch einen Schuss unfreiwilliger Komik verleiht. Aber wahrscheinlich wollte man das damals so haben. Gesehen, weggelegt, fertig.
REBELLEN DES GRAUENS
(USA 1985 – Armand Mastroiani)
REBELLEN DES GRAUENS ist einer dieser Filme, die ich damals in der Videothek 100x in der Hand gehabt habe, mich dann aber jedesmal für einen anderen Streifen entschied. Über die Jahre taucht der Film immer mal wieder irgendwie irgendwo auf und ruft sich unangenehm ins Gewissen, weil man ihn zwischenzeitlich längst nicht mehr in der Kategorie „braucht man nicht“ führt, sondern in „unerledigt“. Wie er sich von hier nach dort verschoben hat, ist nicht mehr nachvollziehbar. Immerhin beginnt das Ding jetzt an einem zu nagen, weshalb man besser daran tut, ihn bei nächster sich bietender Gelegenheit endlich einmal „abzuarbeiten“.
Alles, was man über REBELLEN DES GRAUENS je an schlechten Dingen gesagt hat, trifft jedenfalls voll und ganz zu. Der Film ist ein absoluter Rohrkrepierer. Zwar einer mit der Lt. Uhura und Gordi Laforge, aber trotzdem einer, wie man ihn in den 80ern kaum schlimmer hätte kurzerhand zusammenklatschen können. Mastroiani ist eine Knalltüte, die vor allem für das Fernsehen gearbeitet hat und nach wie vor tätig ist. Und so sieht auch REBELLEN DES GRAUENS vor allem wie ein TV-Film aus, wie er höchstens bei Vox laufen würde, wenn nachts im 3 schon keiner mit hinguckt. Das beste an dem Film ist das Cover der alten Embassy-VHS, das im positiven Sinne recht „cheesy“ aussieht und weitaus besser als jeder im Film zu "bestaunender" Effekt von Mark Shostrom, und natürlich die Tatsache, dass mich dieser Müll wohl nie wieder zwicken wird.
FAHRENHEIT 451
(Großbritannien 1966 – François Truffaut)
Wie immer ganz groß und nach wie vor eine der schönsten Romanverfilmungen von Ray Bradbury neben GEFAHR AUS DEM WELTALL und PANIK IN NEW YORK. FAHRENHEIT 451 ist herrlich langsam und gleichzeitig mit einen doch recht treibenden und wunderschönen Soundtrack von Bernard Herrmann versehen, der einzigen Komponente des Films, die für ein gewisses Tempo sorgt. FAHRENHEIT 451 hat etwas von einem gemütlichen Sofa, in das man gern versinkt.
Bei der Gelegenheit fiel mir ein, dass es schön wäre, wenn das ZDF (oder irgendein anderer Sender) die Miniserie DIE MARSCHRONIKEN wiederholen würde, die ich seit der Erstausstrahlung nicht mehr gesehen habe (damals, glaube ich, eines der ersten Programme von Format, das im Zweikanalton ausgestrahlt wurde).
#77
Geschrieben 25. Juli 2005, 20:06
(USA 1933 – Michael Curtiz)
Im Vergleich mit der Neuverfilmung mit Vincent Price aus dem Jahre 1953 ist natürlich zu sagen, dass das Original eine Vielzahl weitaus komödiantischer Szenen auffährt, die den Blick auf das, was der Film eigentlich sein will, nämlich ein Horrorfilm, etwas versperren. Und während MYSTERY in der Gegenwart angesiedelt ist, wandelt DAS KABINETT DES PROFESSOR BONDI auf sehr viktorianischen Pfaden und verdreht deshalb auch eine ganze Reihe von Storyelementen des Originals, denn eine eifrige Zeitungsreporterin, die sich zum Schluss noch ihrem Redakteur an den Hals wirft, nachdem sie sich mit diesem den ganzen Film über aus Jux und Dollerei angegiftet hat, passt ja auch einfach nicht in die Zeit, in der die 53er Version angesiedelt ist. Dennoch gibt es viele Szenen, die in der 33er Fassung weitaus besser funktionieren: Das Gesicht des Mr. Ivan Igor (das mit dem russischen Namen war wohl 1953 nicht mehr so angesagt) nach dem Brand im Museum, die Szene, in der seine Maske fällt, sein fast schon labyrinthartiger Keller, der ein wenig an die extravagenten Sets in den expressionistischen deutschen Stummfilmen der 20er erinnert und dann noch der Leichenraub aus der kathedralhaften Totenhalle der Gerichtsmedizin... Wirklich sehr eindrucksvoll inszeniert und ungemein schaurig. Welche Wucht wäre da in Richtung Zuschauer unterwegs gewesen, wenn man den Komödienstadl nicht als Beiwerk mit auf den Weg bekommen hätte? Aber allein, dass der Film in einer wirklich noch sehr, sehr schön anzusehenden Technicolor-Fassung auf DVD sozusagen "für lau" vorliegt, ist natürlich schon eine kleine Sensation - zeigt aber auf der anderen Seite auch, wie wenig der Warner so ein Filmjuwel wirklich wert ist. Nämlich nichts.
#78
Geschrieben 26. Juli 2005, 13:35
Marianne, Tochter eines Industriellen, will mit Horst, Markenzeichen: verkrachte Existenz, durchbrennen. Horst jedoch will viel lieber mit Marianne eine baldige Ehe eingehen, damit er in der Firma seines zukünftigen Schwiegervaters trotz abgebrochenen Ingenieurstudiums eine üppig dotierte Stellung bekommt. Doch bei einem Streit fliegt auf, dass Horst Marianne nur ausnutzen wollte. Marianne flieht nach München, einer Stadt, in der sie niemanden kennt und in der sexuell ausgehungerte junge Leute an jeder Ecke auf „Bräute“ lauern. Als es schon Nacht wird, macht sie auf der Straße Bekanntschaft mit der jungen Christina, die sie – „Der Laden is’ was Besseres!“ - mit ins Nachtlokal Moulin Rouge nimmt. Im Moulin Rouge beginnt Marianne eine Karriere als Zigarettenmädchen. Außerdem bandelt der Kompagnon von Chefin Jessica, ein Tunichtgut mit Namen Micky, alsbaldig mit ihr an. Micky ist jedoch auch in allerlei Drogengeschäfte verwickelt, mit denen er sich einige der Striptease-Mädchen gefügig hält. Mit vollmundigen Versprechungen lockt er Marianne in seine Wohnung, bietet ihr sein „Gästezimmer“ an (womit er sein Schlafzimmer meint, „in dem schon viele Mädchen zu Gast waren“) und verabreicht ihr Zigaretten unbekannter Marke. Marianne ist zunächst begeistert: „Die Zigarette ist wirklich phantastisch. Man hat das Gefühl, als könne man schweben!“ Doch der in dem Würzkraut verabreichte Drogencocktail macht sie alsbald willen- und hemmungslos sowie im weiteren Verlauf auch extrem süchtig, was Micky schamlos ausnutzt.
Hemmungslos geht’s auch im Moulin Rouge zur Sache, denn der Laden entpuppt sich, was eigentlich klar war, als reinrassiger Puff, in dem notgeile alte Säcke junge Früchtchen aufgabeln, ihnen zuweilen gar verfallen und in dem die Angst vor 'der Sitte' allgegenwärtig ist. In lockeren Episoden wird vom übergewichtigen Chef mit dem guten Vertragsabschluss erzählt („Halt dich mal an mich, Püppi, den lieben Onkel Erich!“), der während einer heißen Nummer einen Herzkasper erleidet und in die Notaufnahme muss. Von dem jungen Filalleiter, der eine besonders kecke Verlobte braucht, wenn der Generaldirektor zur Firmeninspektion anrückt, von der nyphomanen Cynthia („Ich hab’ noch ’ne Überraschung für dich, mein kleines Schweinchen!“), in die der junge Herr Behring hoffnungslos verknallt ist („Aber, Herr Behring, ich bin doch eine Nackttänzerin!“) und die Opfer von Sadisten wird und von Rita, der rauschgiftsüchtigen Prostituierten, die den potenten Sohn eines Juweliers nach Strich und Faden ausnimmt, um bei Micky Drogen kaufen zu können. In diesem Mikrokosmos aus Weibern und Weiberhelden ist der ganze Film angesiedelt, wobei die Geschichte um Marianne im Verlauf der Story fast völlig beiseite geschoben wird, um den Episoden aus dem Puff Platz zu verschaffen. Am Ende laufen aber – und das ist für diese Art Film nicht selbstverständlich – alle Fäden wieder zusammen und jede Episode wird auch tatsächlich zu einem befriedigenden Abschluss gebracht. ZIEH DICH AUS, PUPPE ist in gewisser Weise der Vorläufer des Report-Films, wie er sich in den 70ern durchsetzte. Elisabeth Volkmann gibt in überzeugender Weise die Lesbe Diana, die im Moulin Rouge hinter dem Tresen steht und quasi die gute Seele des Ladens darstellt – und überhaupt sind die meisten weiblichen Charaktere recht charmant gezeichnet und in erster Linie unfreiwillig Gestrandete, die im Moulin Rouge eine Art Hafen gefunden haben. Wenn am Ende Marianne ihren Vater zurück in ein behütetes Leben folgt, Micky durch das beherzte Eingreifen eines Schutzmanns das Drogenhandwerk gelegt wird und die schärfste Tänzerin des Moulin Rouge und ein Kunde in eine gemeinsame Zukunft abziehen, dann versinkt der Film noch lange nicht in rosaroten Kitsch. Dazu zeichnet ZIEH DICH AUS, PUPPE viel zu realistische Bilder des Lebens: Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, ein Mädchen zu finden („Was habe ich gesagt? Ohne Auto ist nichts aufzureißen.“), Männer und Frauen, die sich trotz Probleme im Bett verstehen („Alle Achtung, du bist nicht ungeschickt!“ – „Ja, ja, ich hab’ halt meinen Oswalt Kolle studiert.“) und echte Kerle, die ihrer Wut und Enttäuschung ungehemmten Lauf lassen („’N Mann is’ ’n Mann, du vertrocknete Laus!“). Weit mehr als nur ein Sittengemälde – so und nicht anders sehen die echten Gewinnerfilme der deutschen Erotikwelle aus.
#79
Geschrieben 28. Juli 2005, 15:44
(USA/Japan 1962 – George P. Breakston, Kenneth G. Crane)
Der ebenso begnadete wie irre Wissenschaftler Dr. Robert Suzuki experimentiert in einer geheimen Höhle nahe dem Mt. Fuji an Menschen, um das Wunder der irdischen Existenz zu enträtseln, was im weiteren Verlauf des Films aber keine große Geige mehr spielt. Nachdem Dr. Suzuki bereits seine Frau deformiert hat, die ihr rechtes Auge jetzt knapp überhalb der völlig verunzierten Kauleiste trägt und auch an seinen Bruder experimentierte, der sich prompt in ein Affenmonster verwandelte und von Dr. Suzuki in größter Not erschossen und in einen Vulkankrater geschmissen wurde, verirrt sich der amerikanische Reporter Larry Stanford ins Labor des Wissenschaftlers. Sein Ansinnen ist es, einen Artikel über Suzukis Forschungsarbeit zu schreiben. Weil Larry ein vor Gesundheit und Vitalität strotzender Mann ist, erkennt Dr. Suzuki jedoch sofort seine Chance, in dem Amerikaner ein überaus brauchbares Versuchskaninchen frei Haus geliefert bekommen zu haben. Er betäubt den Reporter kurzerhand mit drogenversetztem Fusel (alle Amis saufen schließlich wie die Löcher in solchen Filmen) und injiziert ihm ein Formelgebräu. Dadurch verändert sich nicht nur Larrys Psyche in erheblicher Weise (dargestellt dadurch, dass er seine Frau in Amerika links liegen lässt und mit willigen Geishas wilde Feten feiert), sondern es piekst schon bald die rechte Schulter, es zuckt der rechte Arm. Ein paar Szenen weiter verwandelt sich der Arm in eine pelzige Monstertatze, und aus der Schulter wächst erst ein Auge, dann gar ein zweiter Kopf, und zwar der eines mordlüsternen Grunzmonsters. Bei seiner Vernichtungstour durch Tokyo ist ihm die Polizei, seine aus Amerika angereiste Frau und sein bester Freund auf den Fersen. Zum Schluss gibt es eine wunderbar anzusehende Trennungssequenz, in der sich das Monsterwesen nach Art der Zellteilung von Larry abkapselt und natürlich zur Strecke gebracht wird. THE MANSTER („Half Man - Half Monster – ALL TERROR!“ schrie die Werbeabteilung) ist ein ungemein kurzweiliges Vergnügen, produziert von der japanischen Niederlassung der United Artists. Im Vergleich mit anderen Filmen aus der Zeit bietet THE MANSTER jedoch an allen Ecken und Enden einen recht schonungslosen Einsatz unglaublichster Spezialeffekte, wobei die physische Spaltung von Mann und Monster natürlich einen extrem wirkungsvoll inszenierten Höhepunkt darstellt. Aber auch Dr. Suzukis deformierte Frau im Kellerverlies ist ein echter Hingucker, das abgespaltete Böse des Menschen in Affengestalt sowieso, weil Affenmonster auf der Leinwand einfach per se gut zu unterhalten wissen.
THE MANSTER macht keine Gefangenen, hält sich nicht lange mit Nebensächlichkeiten auf und wirft den Zuschauer schon vor dem Vorspann mitten ins Geschehen. In seinen besten Momenten vergisst man, dass überwiegend Amerikaner mitspielen – zumindest in den größeren Rollen. Dann sieht THE MANSTER fast wie ein reinrassiger japanischer Monsterschocker aus, was vielleicht die größte Leistung des Films ist.
#80
Geschrieben 29. Juli 2005, 12:59
(USA 1971 – Richard S. Sarafian)
Barry Newman rast mit einem frisierten Dodge Challenger unter enormen Zeitdruck durch die USA nach San Francisco. Warum er das macht, warum er so unter Druck steht – das verrät der Film zwar kaum, ist aber auch nicht wirklich von Belang, da in VANISHING POINT einzig der Weg das Ziel ist, das in die Freiheit führt. In eher beiläufig in den Film eingestreuten Bildern erfährt man hier und da mal etwas über die Vergangenheit des Fahrers: Das Unglück, das ihm seine Frau nahm, seine abgebrochene Karriere bei der Polizei, nachdem er einen Kollegen von der sexuellen Nötigung an einer Verdächtigen abhielt, seine Zeit als überaus begabter Rennfahrer, die bei einem schweren Unfall ein Ende fand. Das ganze Leben des Fahrers – ein durchgehend gescheitertes Konzept. Da ist der Übertritt zum Schattendasein als Outlaw vorprogrammiert. Nach den Buchstaben des Gesetzes und der Gesellschaft leben auch seine Verbündeten nicht, denen er unterwegs begegnet: Der Schlangen sammelnden Alte, die Jesuskinder in der Wüste, Biker, die ihn freudig mit Speed versorgen, und natürlich der blinde Radiomoderator Super Soul. Auf der Gegenseite steht die Staatsmacht in Form der Highway Police, die alles unternimmt, den Fahrer zu stoppen, was ihr zwar nicht gelingt, aber immer wieder Anlass für tollkühne Straßenduelle ist. Der Film hat viele großartige Szene – wie die zu Beginn, in der der weiße Challenger an einem schwarzen Wagen vorbeifährt, das Bild anhält, Newmans Wagen aus dem Frame verschwindet und der Film eine Rolle rückwärts zum chronologischen Anfang der Geschichte macht. Und nicht zu vergessen natürlich das Wiedersehen mit der einst vor dem Kollegen geretteten Verdächtigen in der Wüste, die dort nackt auf einem Motorrad herumfährt und alle Zeitungsausschnitte über ihren damaligen Retter gesammelt hat.
FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO ist ein großartiger Film der frühen 70er Jahre, der EASY RIDER für Autonarren, wenn auch zu sagen ist, dass man auf die Begegnung mit einem solchen Verkehrsrowdy, wie Newman ihn darstellt, im wirklichen Leben bestens verzichten kann. Von den leicht verdaulichen Crashorgien eines Halicki ist Sarafians Film zwar weit entfernt, bietet aber dennoch durchgehende, in absolut gigantischen Landschaftsaufnahmen gerahmte Stunt-Unterhaltung vom allerfeinsten. Und da der Film wirklich nur eine einzige Autofahrt ist, was in vielen anderen Filmen zwangsläufig zur Langeweile beim Betrachter führt, ist es schon ein kleines Wunder, dass der Film 95 Minuten den Zuschauer dermaßen zu packen weiß, zumal kaum gesprochen wird und selbst Barry Newman höchstens zehn Sätze sagt. FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO ist auf jeden Fall einer der Filme, die ich unbedingt einmal im Kino auf großer Leinwand sehen möchte.
Sonst noch was? Ach ja, die Darstellung des Radio-DJ Super Soul erinnert übrigens frappierend an eine sehr ähnlich gestrickte Figur aus ZOMBI 3 – Super Soul spielt allerdings in dem Maße bessere Musik wie auch der ganze Film handwerklich um Klassen besser gelungen ist.
#81
Geschrieben 01. August 2005, 14:56
((BR) Deutschland 1959 – Paul May)
Petra Jensen kommt als neue Ärztin in ein kleines Provinznest im Süden Deutschlands, wo noch Anstand, Ordnung und Moral herrschen und es so stockkonservativ zugeht, dass man sich alsbald in der Annahme wähnen muss, die Leute hätten alle ein Parteibuch der DVU in der Tasche. Die Bewohner des beschaulichen Ortes sind demzufolge von der Medizinerin wenig begeistert, trauen sie doch lediglich einem gestandenen Mannsbild eine adäquate Behandlung ihrer Wehwehchen zu. Dementsprechend wird gegen Dr. Jensen gemauert, gezetert und gewettert, was das Zeug hält, obwohl sie sich als wahre Künstlerin in der Behandlung von Ischiasleiden beweist. Ihre Praxis ist jedenfalls immer leer und der Zwiespalt wird noch größer, nachdem die Ärztin den Großknecht des Bürgermeisters (ein gewohnt einfältig agierender Beppo Brem) mit Polizeigewalt mitten in der Erntezeit in die Stadt zur Beobachtung verbringen lässt, nachdem er von einem tollwütigen Kläffer angefallen wurde. Da ist dann richtig Polen offen und nur der Tierarzt Dr. Rinner hält noch zu der Medizinierin, hat er sich nach anfänglicher Skepsis doch gehörig in sie verschossen. Wie es sich für einen echten deutschen Heimatfilm gehört, ist die Welt nach einem turbulenten Höhepunkt wieder in Ordnung. Und der gestaltet sich so, dass die schneidige Petra das Kind der hochschwangeren Bürgermeistertochter Afra (Maria Perschy in einer frühen Rolle – sehr schön anzusehen!) rettet. Da kann sie so richtig vom fachlichen Leder ziehen, dass den einfältigen Leuten in diesem Werk schier hören und sehen vergeht.
Natürlich ist der Film in herrlich bunten Farben getüncht, natürlich werden alle sich nur anbietenden Register gezogen, die so einen Streifen für den damaligen Zuschauergeschmack bekömmlich machen: Frau Doktor reitet minutenlang durch schöne Landschaften, die wie gemalt ausschauen, die Sonne scheint 24 Stunden pro Tag, na, und ein rührendes, naseweises Kind fehlt hier auch nicht. DIE LANDÄRZTIN ist aber auch ein Film, dem man deutlich anmerkt, dass er nicht nur in den Klischeeschubladen kramt, sondern auch satte Sozialkritik anbringt. Emanzipation (in einer Szene trägt Dr. Jensen als einzige Frau gar eine ganz schön enge Jeans, was total uiuiuih! ist, und reckt ihren Arsch groß in die Kamera), der Kampf gegen Vorurteile, Vorbehalte gegen alles Moderne – der Film zwackt gehörig an den Traditionen des Genres herum. Ein Überleben gibt es nur in einem fruchtbaren Miteinander – auch das transportiert der Film. Am Ende kriegt der schon ziemlich gesichtsmumifizierte Rudolf Prack die knackjunge Marianne Koch – die Liebe siegt, mit ihr die Lustgreisigkeit, das Alte-Knacker-Syndrom und die veranschaulichte Tatsache des realexistierenden zweiten Frühlings. DIE LANDÄRZTIN ist ein Genrespätwerk von der lieben Gloria-Ilse (Kubaschweski), das zeigt, dass auch der deutsche Heimatfilm entwicklungsfähig und manchmal überaus erwachsen sein kann.
#82
Geschrieben 02. August 2005, 15:53
Auf Einladung der schnittigen Susan kommt der Amerikaner Stephen Reinhart nach England auf Schloss Whitley, hat er doch mit Susan nicht nur zusammen in den USA studiert, sondern sie auch menschlich sehr schätzen gelernt. Doch die Straße der Liebe ist steinig und staubig – ebenso schwierig gestaltet sich bereits der Weg nach Schloss Whitley, will doch keiner der Einheimischen dem Ami zum verrufenen Whitley Place fahren. Nicht einmal ein Fahrrad leiht man ihm. Also muss sich Stephen auf seine eigenen Beine verlassen, kommt unterwegs noch an einer merkwürdig verbrannten Stelle vorbei und dann ist er endlich da. Susans Vater, der grimmig dreinschauende Nahum Whitley will den für ihn ungebetenen Besuch schnellsten wieder loswerden, seine Frau Letitia indes freut sich sehr, ist aber auf Grund einer merkwürdigen Krankheit ans Bett gefesselt. Das Wiedersehen mit Susan --- Schmatzi hier, Küsschen da, der Hochzeitsplan ist schnell gefasst. Von Letitia Whitley erfährt Stephen dann noch eine schaurige Geschichte eine Bedienstete des Hauses betreffend, die unter merkwürdigen Umständen spurlos verschwunden ist. Außerdem treibt um die Schlossmauern eine schemenhafte, ganz in schwarz gekleidete Gestalt sein Unwesen und zu mitternächtlicher Stunde ertönen im ganzen Schloss schaurige Geräusche. Da wird es dem aufgeklärten Ami zu bunt und er will das Geheimnis ergründen, dass das Gemäuer umgibt. Wie seine mit Susans Hilfe angestellten Nachforschungen ergeben, will es nämlich so sein, dass unweit des Anwesens ein Meteor eingeschlagen ist, ein großer grüner Stein, der absonderlich strahlt und alles weit über Gebühr wachsen und gedeihen ließ – das Ende des Hungers und des Leidens der Welt. Den Meteor hat Nahum gegen den Willen der Gemeindebewohner in sein Kellerlabor geschafft, wo der Stein nun wie bekloppt alles be- und verstrahlt. Über alle Maßen verstrahlte Menschen verwandeln sich in Glibber, dann zerbröseln sie in Nichts – ein unwillkommener Nebeneffekt. Aber das darf trotzdem nicht sein, weshalb Stephen gegen den Willen vom alten Whitley den Stein kaputtkloppt. Während des Kampfes um den Stein geht die gesamte Strahlung auf den alten Mann über, der dann als summendes, brummendes und sich in Glitzermetall verwandeltes Menschenmonster durch die Gegen tappt und Angst und Schrecken verbreitet.
Nach den gelungenen Poe-Adaptionen versuchte sich Daniel Haller in seiner ersten Regiearbeit an einer Geschichte von Lovecraft. Das Experiment darf man durchaus als geglückt ansehen, wenn ich es mir aus naheliegenden Gründen geschenkt habe, nun gleich zur Vorlage „The Colour Out Of Space“ zu greifen – mal ganz abgesehen davon, dass sie wahrscheinlich eh nicht in meinem Lovecraft-Sammelband enthalten ist. Von den Poe-Filmen weiß man ja unlängst, dass sie budgetgerecht und spannungsfördernd zurechtgebogen wurden. Und so kann’s hier wohl nicht viel anders sein. Für eine AIP-„Literaturverfilmung“ wird in DAS GRAUEN AUF SCHLOSS WHITLEY dafür aber ein richtes Staraufgebot aufgefahren. Patrick Magee, Freda Jackson, Nick Adams, der ja alsbaldig auch in japanischen Monterfilmen mitspielte, und natürlich Boris Karloff machen schon einen erheblichen Spaß. Überhaupt steht es dieser Produktion gut zu Gesicht, dass einmal mehr als fünf Leute auf der Leinwand zu sehen sind, wie es ja teilweise bei anderen AIP-Filmen der Fall ist. Die Effekte sind auch schön gruselig geraten, das Finale wirklich sehr spannend. Zu Beginn gibt’s AIP’sche Farbkleckserei zur Titelsequenz, die ebenfalls Erinnerungen an die Poe-Werke heraufbeschwören, zwischendrin dann sogar Schmelzmenschen und Riesengetier. Da fällt es natürlich sehr leicht, diesen Film zu mögen. Man kann ja auch gar nicht anders, obwohl der Film trotz aller Bemühungen um große Bilder durchaus sehr zusammengeklatscht aussieht. Und mit dem Logikhämmerchen sollte man ihn wohl auch besser nicht allzu heftig bearbeiten. Von den ganzen Billigfilmen, in denen Boris Karloff in den 60ern mitspielen musste (?), ist DAS GRAUEN AUF SCHLOSS WHITLEY noch einer seiner besseren. Und von Regisseur Daniel Haller sowieso der einzig wirklich brauchbare Film überhaupt.
#83
Geschrieben 03. August 2005, 08:25
(Italien 1970 – Alfio Caltabiano)
Auf Video wurde der Zossen dereinst in SCHWERTER, MÖNCHE, SATANSBRÜDER – BRUDER EISENHAND RÄUMT AUF! umgetitelt. Das alte Videocover liest sich dementsprechend recht putzig:
Robin Hood, Rächer entehrter Jungfrauen und sein schlaggewaltiger Freund BRUDER EISENHAND, Typ Bud Spencer, zeigen den Jungs vom „CLAN DER TOTENSCHÄDEL“ wo’s lang geht. Robin Hoods Schwert und Bruder Eisenhands „Mordskelle“ lassen die Totenmasken der Strolche rutschen.
Diese „Ehrenmänner“ wollen sich sogar einen Privatharem zulegen und trieben dazu eine Schar, mehr oder weniger, ehrbare Jungmaiden zusammen. – So ging’s aber nicht. – Es ist schon eine wahre Freude den Dampfhammer von Bruder Eisenhand regieren zu sehen und auch Robin Hood braucht sein Schwert nicht nur zum „Fingernägel-Säubern“ – Das ist finsteres Mittelalter – einmal anders ... da wird aufgeräumt mit den elenden Schurken, die am liebsten noch heute Sklaven halten würden.
... natürlich verliebt sich auch unser Held Robin ... und natürlich wird auch der Boß der Totenschädel-Männer zum „Düll“ hinter den Ulmen gefordert ...
Alles in allem – ein Mords-Spaß, mit dem wohl rühmlichen Ende: Freude, Frieden, Eierkuchen
Der Film selbst ist dann allerdings eine mittelschwere Katastrophe. Ob’s den Robin Hood auch in der Originalfassung gegeben hat, wage ich mal zu bezweifeln, möchte mich aber gar nicht lange mit solchen Nebensächlichkeiten aufhalten. Das Klamauke in ROBIN HOOD UND DIE DÄMONEN DES SATANS dürfte sich ursächlich wohl ebenso in Grenzen gehalten haben, obwohl der Film mit Schwachsinnigkeiten aller Art nicht gerade geizt. Der brummige, zuschlagende und stets mit bärigen Sprüchen aufwartende Mönch „Mordskelle“ ist wohl enbeso zu einem gehörigen Teil der deutschen Synchronfassung zuzuschreiben - und u. U. dem Durst nach buddyartiger Unterhaltung. Immerhin: Schön abstrus ist sie ja, diese Filmgülle. Horror, Abenteuer, Romantik, Komödie – alles in einem Topf zu einem undefinierbaren Brei zerkocht. Was der ganze Mummenschanz mit der Totenkopfbande überhaupt soll, erschließt sich nicht wirklich – und was als Idee hinter all den üblen Taten steckt, bleibt ohne Kenntnis des Videocovers ebenso lange im Unklaren wie der Hintergrund der Hauptcharaktere. Die haben einfach irgendwann ihren Auftritt, geben sich gegenseitig auf die 12 und man muss sich mit all dem halt so abfinden, wie es ist. ROBIN HOOD UND DIE DÄMONEN DES SATANS ist ein Film der Erklärungsnotstände, die mit Kloppe, dummen Sprüchen und einer hin und wieder hervorlugenden Titte kaschiert werden. Das ist nicht wirklich viel - und brauchbar noch viel weniger. Selbst unter Trashaspekten kann das Werk kaum punkten, was ausgesprochen schade ist.
ROBIN HOOD UND DIE DÄMONEN DES SATANS stinkt ganz arg nach Keller, weshalb ich ihn fortan in einem Regal mit weiteren, derartigen „Spitzenproduktionen“ aufbewaren werde. Neben WENN ZACHY INS MANÖVER ZIEHT ist immer noch ein Plätzchen frei...
Hinterher habe ich mir noch den deutschen Kinotrailer zu DAS TODESCAMP DER SHAOLIN angesehen, was nach dem durch ROBIN HOOD UND DIE DÄMONEN DES SATANS etwas verpfuschten Abend ein schwacher Trost war, obwohl der Bösewicht in TODESCAMP eine der schönsten Wischmobfrisuren zur Schau stellt, die jemals in einem Karateklopper zu sehen waren.
...
#84
Geschrieben 04. August 2005, 15:49
(Hongkong 1977 – Wang Hung-chang)
Carter Wang ist Wan Yung Ching, Kung-Fu-Lehrer, Meister der Iron Finger -Technik, Mediziner und Anführer der Rebellgruppe "Bruderschaft der schwarzen Spinne" gegen die japanischen Besatzer. Im Verbund mit seinem Onkel Wai Yen, dem Shaolin-Mönch Man Kwo und weiteren ungemein kampfstarken Fightern will er den von General Hito eingesetzten Protektor Lai Chien Ting eins auswischen und gleichzeitig zum Sturm der Massen gegen die Unterdrücker ausholen. Doch in seinen Reihen gibt es einen Verräter, den es ausfindig zu machen gilt, bevor Lai Chien eine Namensliste aller Rebellen in die Hände fallen kann. Wird binnen also binnen Stundenfrist erledigt. Ganz schlimm kommt es aber gleich darauf, als es Lai Chien gelingt, Wan Yuns Mutter zu entführen. Um sie zu befreien, soll Wan Yun einige Kämpfer aus seinen Reihen eliminieren, was er auch sofort in die Tat umsetzt – allerdings nur zum Schein, wie sich wenig später herausstellt, denn die potentiellen Opfer sind über die List informiert. Natürlich denkt Dreckskerl Lai Chien auch gar nicht daran, seinen Teil der Abmachung einzuhalten, behält die Mutti und kloppt Wan Yun fast tot. Mittels eines Gifts, das übernatürliche Kampfkraft verleiht und zusammen mit seinen totgeglaubten Freunden holt Wan Yun zum Gegenschlag aus. Lai Chien und seine eher mauen Söldner kriegen mal so richtig schön 'n Arsch voll.
Von den ganzen Filmen aus der Produktion von Jimmy Shaw ist dieser ganz sicher noch einer der besten. Neben überzeugenden Darstellern wie Carter Wang, Kam Kang (aus DUELL DER GIGANTEN, im Vorspann übrigens als – ha, ha, ha! – King Kong gelistet) und James Tien, der mir vor allem in DIE TODESFAUST DES CHENG LI ungemein gefallen hat, wird auch kampftechnisch ganz dick aufgefahren. Der Schlussfight der Rebellen gegen Lai Chien und seine Männer ist schichtweg grandios. Bei besonders drastischen Schlägen friert das Bild für einige Momente effektvoll ein, die Soundeffekte sind der Knaller (Kam Kang als Mönch Man Kwo kämpf mittels Eisenglatze, die bei jedem Treffer gong-gong macht – ganz, ganz groß!) und die extravaganten Kampftechniken sind wirklich schön anzusehen, wenn sie sich zum Teil auch aus einigen besonders erfolgreichen Shaw-Filmen herleiten. So kämpft Wan Yung mit gestählten Eisenfingern („Vergesst nicht, dass der Mittelfinger der todbringende ist!“), mit denen er die Nervenbahnen seines Kontrahenten nach Marke EXECUTIONERS FROM SHAOLIN malträtiert. Aber das macht natürlich nichts, weil sowas bei einem Film aus der Fabrik von Jimmy Shaw schon in Ordnung geht. Unfreiwillig komisch ist der Film dann auch noch hin und wieder. Ganz besonders aber in der Szene, die Wan Yung als guten Samariter etabliert. Da hilft er einem verunglückten kleinen Jungen auf dem Marktplatz. Dessen gebrochenen Arm (!) renkt er mit geschicktem Griff und allerlei Gekrache wieder ein, dann überreicht er der Mutter noch ein paar Kräuter mit den Worten: „Gebt ihm von dieser Medizin eine Woche lang zweimal täglich, dann wird er wieder gesund.“ Spitze!
#85
Geschrieben 23. August 2005, 23:34
(Frankreich 1964 – François Truffaut)
Franzmann, erfolgreich, vermögend, verheiratet, geht fremd und zieht den ganzen Film über eine Schnute, weil alles nicht so läuft, wie er sich das eigentlich ausgemalt hat. Am Ende kommt seine Frau dahinter und verlässt ihn. Auch die Geliebte kratzt die Kurve, was Anlass für noch mehr Trübsalblaserei bietet. Nix gegen Truffaut, aber hier ist er nur dann wirklich zu gebrauchen, wenn sein Film einigermaßen hektisch wird und dem Protagonist sein Konstrukt aus Lügen und Hosejucken zusammenzufallen droht. Davon mal ganz ab gab sich der Franze gewohnt schwerfällig und miesepetrich, war ganz der schlechten Laune verhaftet. Macht ja aber nichts, weil das Bildungsbürgertum trotzdem „Ohh!“ und „Ahh!“ sagt und ganz von den Socken ist, die Nase reckt und vermeint, etwas ganz besonders wertvolles gesehen zu haben. Von mir aus...
PAUL EHRLICH – EIN LEBEN FÜR DIE FORSCHUNG
(USA 1940 – William Dieterle)
Nachts, ZDF. Ein Schwarzweißfilm, zudem auch wirklich sehr ansprechend besetzt, über den Mann, dem es gelang, das Tuberkelbakterium einzufärben und somit auch für die Mediziner sichtbar zu machen, die in der Arbeit mit dem Mikroskop ungeübt sind. Löblich, dass man auch über so etwas im Grunde total langweiliges noch einen solch heroischen Film runterklotzen kann. Irgendwie ein Vorläufer zum ähnlich aufbereiteten SAUERBRUCH – DAS WAR MEIN LEBEN? Keine Ahnung. Der Appetit auf Warner Biopics aus der Zeit ist mal wieder bestens gestillt. Und dennoch: Anstatt mit drittklassigen Asiaten zu langweilen, sollte man beim ZDF viel öfter mit Arzt-, Doktoren- und Pillendreherkrachern aufwarten und eine solche Filmreihe mindestens in KINDERARZT DR. FRÖHLICH gipfeln lassen, welcher von Florian Silbereisen (optional würde ich mich auch mit einer Reinkarnation von Dr. Frances B. Gröss zufrieden geben) anmoderiert werden müsste.
#86
Geschrieben 24. August 2005, 23:00
Dieser Deodato landete überaus häufig in den letzten Jahren in meinem Abspieler – warum auch immer. Formal ist der Film alles andere als gut. Die Effekte sind ganz furchtbar schlimm und die Schauspieler noch viel mehr, so sehr das Zusammenspiel von Christopher Connelly und Tony King eines gewissen Liebreizes nicht entbehrt, wie zuzugeben ist. Tony King wird wie in JÄGER DER APOCALYPSE Washington (bzw. Wash) gerufen, doch anders als beim Margheriti, wo er darauf verweist, ja nicht mit dem Washington verwechselt zu werden, weil sein Vorname schließlich ebenso George lautet, mag er in ATLANTIS INFERNO lieber Mohammed heißen. Das hat zwar keinen weiteren geistigen Nährwert und geht zugegebenermaßen in der epischen Breite, mit der dieser Kalauer wiederholt wird, auch viel eher auf den Keks, aber immerhin wird auf ganz zaghafte Weise ein (unbeabsichtigtes) kleines Brücklein zwischen den beiden Filmen geschlagen. Und mehr noch: Wenn Connelly und King auf Atlantis herumkrebsen, um die von den Atlantiden schon ganz lalle gemachte Gioia Scola zu retten, dann tun sich mit einem Mal Bilderwelten auf, die ganz verwandt mit denen sind, die Boorman in ZARDOZ lieferte. ATLANTIS INFERNO ist aber nicht der bessere ZARDOZ, obwohl er bei weitem verworrener ist. Dass der Deodato unterliegt begründet sich allein schon darin, dass er sich einer echten Schlusspointe enthaltsam zeigt, wenn man in Abzug zu bringen gewillt ist, dass die Scola dem Connelly, dem alten Faltenfritz, am Ende zum Dank das Gesicht abschleckt. Und das war zu Beginn des Films wirklich überhaupt nicht vorhersehbar und überrascht deshalb auch immer wieder.
Was einst die Zier des Films darstellte, die aus MAD MAX 2 abgekupferten Atlantiden-Rocker auf ihren dollen Maschinen, nervt beim wiederholten Ansehen des Films gehörig, denn sattgesehen an dieser Truppe ist der Geist eigentlich frei und aufnahmefähig für den verbalen Unfug, den die Heldenschar ablässt. So habe ich erst heute so richtig mitbekommen, warum Atlantis überhaupt aus den Fluten aufsteigt (ich dachte bislang immer, der Auslöser wäre die olle Steintafel, die die Amis vom Meeresgrund gefischt und damit den Atlantiden geraubt haben - total falsch): Die radioaktive Strahlung eines gesunkenen U-Bootes hat eine tektonische Spannung ausgelöst. Atlantis und all seine unliebsamen Begleiterscheinungen wird man daher folgerichtig wieder los, wenn man die Strahlungsquelle neutralisiert, was im Film auch erfolgreich Ausführung erfährt. Im Prinzip also so einfach, man hätte glatt selbst drauf kommen können. Aber warum schicken die Amerikaner eine Bohrinsel (!) los, um ein U-Boot in Seenot zu retten? ATLANTIS INFERNO ist weitaus komplizierter, als man auf den ersten Blick überhaupt auch nur erahnen könnte.
#87
Geschrieben 25. August 2005, 11:52
(Japan 1964 – Ishiro Honda)
Endlich, endlich, endlich habe ich diesen Film sehen können. Im Kino leider immer wieder verpasst, vom brutal guten deutschen Kinotrailer aber mehrfach schwer beeindruckt und dementsprechend angeheizt, war X 3000 einer meiner meistgewünschten Filme aus der Monsterabteilung der Toho-Filmschmiede. Und enttäuscht wurde ich wahrlich nicht – ganz im Gegenteil, denn die riesige Weltraumamöbe Dogora ist schon ein ungemeiner Hingucker. Sie taucht urplötzlich am Himmel auf und saugt alles, was ordentlich Kohlenstoff enthält in sich hinein. Also vornehmlich ganze Kohlebergwerke, aber auch Diamantenminen, Juweliergeschäfte mit üppiger Edelsteinauslage und qualmende Fabrikschlote. Das mit den Juwelen lässt die Polizei zunächst glauben, international operierende Gangsterbanden stecken hinter dem Übel. Das lässt Platz für allerlei Dunkeltapperei. Diesem Strang sehr hübsch eingeflochten bietet X 3000 auch noch eine nette Gangstergeschichte mit einer sich bodenlos ungeschickt verhaltenden Juwelenbande (Markenzeichen: weiße Handschuhe), die von einem Undercovermitarbeiter der „Internationalen Juwelenversicherungsgesellschaft“ ausgetrickst wird. Beigefügt wird aber auch ein (obligatorischer) Professor samt seiner liebreizenden Tochter, die beide in den Krimiplot verstrickt werden und gleichsam den Bogen zum Monstererzählstrang spannen. Am Ende siegt natürlich das menschliche Genie, das erkennt, dass das Gift von Wespen Dogoras Substanz kristalisiert und das Monster schwer angeschlagen in großen Kristallbatzen zur Erde regnen lässt, was - und das ist's natürlich, was man sehen will - noch mehr Zerstörung mit sich bringt. In einer besonders großartigen Szene reißt Dogora die gewaltige Hängebrücke am Hafen von Kyushu heraus und lässt sie durch die Luft wirbeln. Bei solchen bombastischen Szenen bleibt die Spucke weg, während sich die Bewunderung für den Einfallsreichtum dieser Produktion in unerwarteten Klimmzügen übt.
X 3000 – PHANTOME GEGEN GANGSTER geht verhältnismäßig sparsam mit seinen Effekten um, bietet wenn dann aber immer 100% volles Pfund. Von den SF-Filmen aus Japan ist X 3000 ganz obere Liga, ungeheuer spannend anzusehen und mit so vielen Augenleckereien versetzt, wie man sie sich bei einem solchen Film nur wünschen kann. Ein ganz, ganz großes, bravouröses Kinostück. Bin hin & weg.
#88
Geschrieben 25. August 2005, 18:43
(Italien 1972 – Enzo Barboni (E. B. Clucher))
Nachdem ich zuletzt vor geraumer Zeit Teile des Films einmal in der englischsprachigen Fassung gesehen habe (fad), heute die Rückkehr zur deutschen Balla-balla-Synchronisation, die aus VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA einen zugegebenermaßen herrlichen Nachmittagsspaß macht, während zart der Regen an die Fensterscheibe klopft. Obwohl ich die Haudraufsprüche schon kannte, musste ich hin und wieder doch noch kopfschüttelnd lachen, was bei VIER FÄUSTE ja auch die halbe Miete ist. Dass der Film gerade in der zweiten Hälfte bei der Klosterbrüderei etwas an Fahrt verliert, macht nicht wirklich etwas aus und ändert auch am guten Gesamteindruck nichts. Der Film hat aber auch deshalb heute gewinnen können, weil die DVD von e-m-s ein nicht so glattgeschlecktes Bild bot und sehr viel Kinoatmosphäre durch die Röhre schwappte, was fast einer jener legendären Jugendvorstellungen gleichkam, in denen die VIER FÄUSTE ja auch öfter mal abgespielt wurden. Rundum gelungen, tolle Scheibe.
THIS NIGHT I’LL POSSESS YOUR CORPSE
(Brasilien 1966 – José Mojica Marins)
Nach wie vor gefällt der zweite Teil der Serie mit Brasiliens Horrorikone Zé de Caixão (= Coffin Joe) noch am besten, was nicht nur an der unglaublichen Kranksinnigkeit liegt, die den ganzen Film durchdringt und sich bei jeder Gelegenheit auch in Zés ungemein abstrusen philosophischen Betrachtungen äußert, die im Vergleich zum ersten Film, AT MIDNIGHT I’LL TAKE YOUR SOUL, gehörig auf die Spitze getrieben werden. Es sind natürlich auch die schier unglaublichen Bilder, mit denen Marins in THIS NIGHT I’LL POSSESS YOUR CORPSE aufwartet: Hunderte von Taranteln, mit denen Zé seine geraubten Frauen einer grausigen Prüfung unterzieht, die Schlangengrube, vor allem aber auch die in Farbe gedrehte Höllensequenz mit ihren immer wieder bass erstaunenden Folterungen. Für einen Film von 1966 ist CORPSE ein ziemlich harter Tobak, was zudem erstaunen lässt, dass sich die Zensoren in Brasilien damals einzig über das Ende des Films aufregten, in dem Zé auch im Angesicht des Todes die Existenz von Gott vehement verneint. Leider findet sich auch auf der DVD nur der geänderte (und nicht so recht passende) Schluss, bei dem Zé urplötzlich zum Glauben findet und sogar nach einem Kruzifix verlangt. Obwohl THIS NIGHT I’LL POSSESS YOUR CORPSE direkt an AT MIDNIGHT I’LL TAKE YOUR SOUL anknüpft (Zé wird gerettet, im Krankenhaus gepflegt und ein angestrengter Prozess vor Gericht zu seinen Gunsten entschieden), kann das Sequel auch wunderbar für sich alleine stehen. Vielleicht schon allein deshalb, weil der Film formal wesentlich besser ausgefallen ist. Das schmälert keinesfalls die Qualitäten seines Vorläufers, wenngleich zuzugeben wäre, dass THIS NIGHT I’LL POSSESS YOUR CORPSE zu den ganz wenigen Sequels zählt, die ihre Vorlagen allen Belangen zu übertrumpfen verstehen. THIS NIGHT I’LL POSSESS YOUR CORPSE ist für mich einer der besten und visuell eindrucksvollsten Horrorfilme der 60er Jahre. Leider hat sich ja trotz der Tatsache, dass die COFFIN-JOE-Reihe eigentlich überall in Europa unlängst ein Begriff ist, bislang kein deutsches Label gefunden, das diesen wirklich bemerkenswerten brasilianischen Filmschatz auch bei uns ein wenig aus der Versenkung hebt. Überhaupt ist es in diesem Zusammenhang immer wieder so ungemein beklagenswert, dass abseits vom Arthaus-Kino Filme aus Mittel- und Südamerika in Deutschland fast überhaupt nicht stattfinden. Was für eine Schande! Was für ein Verlust!
#89
Geschrieben 26. August 2005, 16:14
(USA 1998 – Jack Sholder)
Jack Sholders Erstling, ZWEI STUNDEN VOR MITTERNACHT, finde ich nach wie vor recht ansprechend, vor allem weil ich den einst im Kino gesehen habe, wo der Film durchaus in brauchbarer Weise seine Zuschauer terrorisierte. Auf Video blieb von dieser tollen Stimmung leider nicht mehr allzu viel übrig, wenn ich den Film zugegebenermaßen trotz dieser Widrigkeit auch daheim sehr gerne angesehen habe. THE HIDDEN finde ich ebenfalls sehr gelungen, was gleichfalls daran liegen mag, dass ich ihn damals zuerst im Kino gesehen habe. Alles, was von Sholder bei mir ausschließlich auf Video Premiere feierte, kam nie an die Eindrücke heran, die seine Filme im Kino hinterließen. A NIGHTMARE ON ELM STREET 2, CONDITION RED und DER RETORTEN-KILLER (meine Fresse!) und nun endlich einmal WISHMASTER 2, der bereits seit vier Jahren auf DVD im Regal herumlungerte und den ich jüngst im Zuge meines Umzugs beim Auspacken in einer Kiste „entdeckt“ habe. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich den Film überhaupt habe. Sowas kann schon mal passieren. Da ich aber ein großer Freund von Keller- und Dachbodenfundstücken bin, ließ ich es mir nicht nehmen, WISHMASTER 2 trotz aller Vorurteile und Bedenken sofort zur Seite legte, um ihn mir alsbaldig anzusehen. Den ersten Teil habe ich nur noch vage in Erinnerung, meine aber, dass der halbwegs erträglich gewesen ist. In die Story kann man sowieso auch einsteigen, wenn man das Original nicht kennt, denn gerade amerikanische Sequels breiten notweniges Hintergrundwissen zum besseren Verständnis der Geschichte ja in jedem Teil auch für Kreti und Pleti noch einmal so umfassend aus, dass selbst große Erinnerungslücken wie die meinen gar kein Problem darstellen. Der Djinn aus dem roten Opal geht diesmal in einem Gefängnis und vor allem auch in einem Spielcasino in Las Vegas auf Seelenfang, was zu Beginn noch recht spaßig anzusehen ist, aber mit Voranschreiten der Geschichte zu einem mittelschweren Rohrkrepierer verlottert, weil man ganz arg zu spüren bekommt, wie hart daran gearbeitet wird, den Djinn zu einer Art Freddy Krueger oder Pinhead auszubauen, also zu einer lausigen Horrormelkkuh. Das Finale im Spielcasino steht einem HELLRAISER III (Diskoszene) demzufolge auch in kaum etwas nach. Wie es die Ausrichtung des Films diktiert, sind die durchaus vorhandenen Splattereffekte demzufolge auch eher zur Belustigung gedacht denn zur ernsthaften Schauderei, was ich ziemlich problematisch finde, wenn ein Horrorfilm auch über seine Halbwertzeit hinaus Bestand haben soll. WISHMASTER 2 ist von 1998, ich habe ihn 2005 gesehen, und es ist erschreckend zu sehen, dass mittlerweile schon sieben Jahre genügen, um einen Film so über Gebühr alt aussehen zu lassen. Und wie der Djinn am Ende in den roten Kristall einfährt, so fährt die DVD jetzt bis zum nächsten Umzug in das neue Kellerregal.
#90
Geschrieben 26. August 2005, 19:23
(USA 2002 – Phillip Roth)
Noch so ein Fundstück. Dass der Film von UFO ist und aus Kostengründen gleich links neben Sofia abgekurbelt wurde, verheißt schon mal nichts Gutes. Und so wird vor allem ALIENS und ein wenig JURASSIC PARK geplündert, während der fertige Film wohl seinerzeit vor allem an den zu erwartenden (aber dennoch weitestgehend ausbleibenden) Erfolg von DIE HERRSCHAFT DES FEUERS gekoppelt werden sollte. DRAGON FIGHTERS ist vor allem in der ersten Stunde ein höchst unsinniges Split-Screen-Inferno, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe, bei dem alle Unzulänglichkeiten mit dröhnender Musik übertüncht werden. Ein Soundtrack, den man nur noch auf den Mond wünschen kann. Auch das Monster, der Drache, ist ein ganz schöner Gammeljahn. Alles sichtbar aus dem Computer. Sogar der Hubschrauber zu Beginn und am Ende. Einfach furchtbar!
Doch in jeder Graupe gibt es eine gute Szene. Hier war’s die Erklärung des Forschungsleiters, dass die Drachen in Meteroiten versteckt auf die Erde gelangten. Dazu werden computergenerierte Bilder gereicht, wie die Drachenklöpse am Saturn vorbeifliegen und kurz darauf auf die Erde einschlagen. Da war mal kurzes Aufflackern gekonnten Trashs zu verspüren. Ansonsten ist hier aber wirklich alles verloren.
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