Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#301
Geschrieben 15. Mai 2006, 20:33
(USA 1968 – Roman Polanski)
Die Buchvorlage kenne ich dummerweise bis heute nicht, der Film zumindest handelt davon, dass Rosemary und ihr schauspielender Ehemann John Cassavetes, dessen Regiearbeiten eigentlich mehr Spaß machen als sein Gesicht auf der Leinwand, in ein scheinbar verwunschenes Haus in New York ziehen, wo sich die Nachbarn als böse Hexenmeister entpuppen, die ganz scharf auf Rosemarys Nachwuchs sind, erwarten sie doch die Niederkunft des Teufels auf Erden. Nach zwei Stunden lässt ROSEMARY’S BABY die Bombe platzen und schiebt jegliche Bedenken, es könne sich alles auch nur um die wahnsinnige Blüten treibende Einbildung einer von Schwangerschaftshormonen übersättigten jungen Frau handeln, beseite. Der Film ist toll besetzt, auch eingenk der Tatsache, dass Mia Farrow nicht wesentlich überzeugender ist als ihre Schwester, deren paar Filme nicht weniger Freude machen. ROSEMARY’S BABY ist eine durchweg runde Sache und ziemlich fein gemacht, wenn auch der größte Reiz der ist, dass der Film mit über 130 Minuten so ewig lang geraten ist, dass man über die Jahre immer das meiste vergisst – außer natürlich das Ende des Schauerstücks. Sahnestücke sind nach wie vor der kurze Moment, wo die Farrow für den Zigarre schmauchendem William Castle die Telefonzelle räumt und natürlich die grandiose Ruth Gordon, der eigentliche Star des Films, die ein Buch mit Pabstwitzen in ihrem Klo hängen hat und an einem Sauberkeitsfimmel leidet, der selbst dann keinen Abbruch findet, als die finale Teufelsbeschwörung schon in vollem Gange ist. Dadurch rutscht der Film zwar hin und wieder in Richtung TANZ DER VAMPIRE ab, aber weder ruiniert das den Spaß, den man mit Polanskis Beitrag zum Gruselkino haben kann, noch schmälert es den nervösen Terror, den ROSEMARY’S BABY bestens zu verbreiten in der Lage ist. Im Kino mit einem Saal voll schwangerer Frauen, deren Entbindungstermin unmittelbar bevorsteht und die den Streifen noch nie zuvor gesehen haben, sicherlich eine der intensivsten Seherfahrungen, die man überhaupt machen kann.
#302
Geschrieben 17. Mai 2006, 14:23
(Italien/Spanien 1970 – Luciano Ercoli)
Die attraktive Minou wird eines Tages von einem Unbekannten belästigt und mit dem Messer bedroht. Der Unbekannte bringt schwere Vorwürfe gegen Minous Mann Peter, einem Kleinindustriellen in Geldnöten, vor. Der soll seinen Hauptfinanzier hinterrücks ermordet haben, was jedoch keiner weiß. Minou kann durch eine Freundin die Identität des Mannes ermitteln und versucht, diesen mit Geld zum Schweigen zu bringen. Doch den interessiert das Moos nicht, vielmehr ist er an Minou selbst interessiert, die sich ihm mit Leib & Seele hingeben soll. Als der Unbekannte sein Ziel erreicht hat, lässt er schon bald darauf die Bombe platzen, dass die Vorwürfe gegen Peter nur erfunden waren. Er erpresst die junge Frau fortan mit gestochen scharfen Bildern der Liebesnacht. Als sich Minou auf Anraten ihrer Freundin Peter anvertraut und dieser die Polizei ruft, scheint der Unbekannte wie vom Erdboden verschwunden zu sein und seine Wohnung steht überdies auch bereits seit Monaten leer. Zwar gibt der Film sich dann eine zeitlang große Mühe, Minou tatsächlich als leicht gestörte Frau mit allzu lebhafter Phantasie darzustellen, aber als richtiger „Gelber“ hält dieser Zustand natürlich nicht lange an. Falsche Fährten folgen, danach die Mordankündigung und schließlich das Finale mit Pfiff und ein paar Leichen. Unterlegt ist alles mit wunderschöner Musik aus der Feder Morricones, die auch mit Vorliebe auf allen erdenklichen Italo- und Morricone-Sampler immer wieder Verwurstung findet. Ganz groß ist das Zusammenspiel von Dagmar Lassander (hier wirklich ungemein hübsch anzuschauen), Susan Scott, die fast nuttig-divamäßig durch die Kulissen stelzt und Pier Paolo Capponi ausgefallen. Gemeinsam sitzt dieses Beziehungsgeflecht irgendwann im vornehmen Neureich-Ambiente um den Esstisch und während Ercolis Kamera die drei abwechselnd beim bedrückten Suppe löffeln beobachtet, lässt der Film mit reichlich Wortfetzen aus dem Off alle Puzzleteile des Films Revue passieren und gibt damit noch einmal alles in die Hand, was man zum Miträtseln benötigt. Dass der Film optisch ein nicht ganz solcher Kracher ist wie andere Filme des Genres wird locker durch das grandiose Flickwerk der Geschichte, einer anständigen Portion Spannung und eben Morricones enorm einlullender Musik wieder wettgemacht. Der Film lohnt sich sogar allein wegen der Lassander und der Scott. Oder weil der immer gern gesehene Simón Andreu als Sadist ein wenig aussieht wie der New York Ripper, dazu noch einen tollen Messersticken hat wie Karl Malden in DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE und auch in der deutschen Synchronfassung überaus glaubhaft selten boshaftes Zeug vom Stapel lässt.
#303
Geschrieben 18. Mai 2006, 14:02
(Taiwan 1978 – Liu Yueh-lin)
Die vier sogenannten Abkömmlinge der Shaolin haben sich mit dem niederträchtigen Ching verbündet, der das Land mit eiserner Faust beherrscht. Auf der anderen Seite stehen ein paar Rebellen, die – aus welchen Gründen auch immer – eine Liste mit den Namen von sich spazieren tragen, hinter die Ching natürlich her ist. Ein junger Kämpfer gesellt sich zu den Rebellen, zudem eine junge Frau, die sich als fünfter Shaolin-Abkömmling entpuppt, danach kriegen Ching und seine Mordgesellen was aufs Dach.
Dragon Lee spielt die Hauptrolle und zeigt, dass er den Nachnamen nicht umsonst trägt. Seine Grimassenschneidekunst ist dem Original sehr verwandt, ebenso versteht er sich bestens darauf, kleine Macken Bruce Lees gekonnt zu imitieren. So zum Beispiel das kurze Berühren des Nasenflügels mit dem Daumen, bevor er Kicks und Zuckis mit großer Kelle unters Volk verteilen geht. Und das originalgetreue katzenhafte Gejaule beim Zuschlagen kann auch der Dragon ganz gut. Am Ende benutzt er dann Chings Kopf als Punchingball und kloppt so dermaßen mit Hackengas darauf herum, dass wirklich alles zu spät ist. Zwischendrin entpuppt sich noch einer der Abkömmlinge der Shaolin als Handkantenexperte mit Silberflunke und Verwandlungskünstler in Personalunion, dessen strubbeliges Yeti-Outfit in Taiwan allerdings niemanden zu denken aufgibt. Eine als Hut getarnte fliegende Güllotine ist ebenso vertreten wie die ein oder andere Superhelden-Zusatzleistung. Dragon Lee empfiehlt eben nicht nur gern als mindestens ebenbürtiger Bruzze, sondern auch noch als der bessere Spiderman, der in absoluter Rekordgeschwindigkeit kerzengerade Wände hochzukrabbeln vermag.
Die Karateklopper aus Taiwan zeichnen sich ja in erster Linie durch ihre ziemlich sinnfrei aneinandergepappten Prügelszenen aus, weniger durch Handlung und Tiefgang oder gar Sinn und Verstand. Die Story von DAS TÖDLICHE URTEIL DER EISENFAUST geht vollkommen in dieser Tradition auf. Sie belanglos zu nennen, ist bereits geprahlt. Die deutschen Dialoge folgen diesem leuchtenden Beispiel, weshalb es auch nichts ausmacht, wenn man nebenher eine CD anhört. In Sachen akrobatischer Aktionen geht der Film aber gerade noch so eben. Und die paar unfreiwilligen Lacher, die sich zu guten Stücken aus der brachial-hölzernen Synchronisation ergeben, nimmt man ja ebenfalls gerne mit.
Ganz anders stellt sich das Schauerstück natürlich dar, wenn man DAS TÖDLICHE URTEIL DER EISENFAUST allein von der Story her als Taiwans zeitnahe mit blanker Faust heruntergedroschene Antwort auf STAR WARS sieht.
#304
Geschrieben 20. Mai 2006, 16:08
Lorna ist die schöne Unbekannte, die dem Amerikaner Bill, gespielt von dem wie immer außerordentlich guten Jack Taylor, den Kopf verdreht hat. Der hat sie angeblich in Lissabon aufgegabelt, wenngleich Lorna auch beteuert, niemals im Leben dort gewesen zu sein. Reichlich nebulös ist auch der Umstand, dass Fremde auf sie zugehen und sie mit „Gräfin“ anreden und sich sowieso jeder Mann, egal wie schmierig oder geschniegelt er erscheint, augenblicklich der Schönen verfallen zeigt. Wird die Liebe zu groß, das Drängen nach mehr zu stark, lockt Lorna die Männer in ihre Falle und entledigt sich der lüsternen Schar auf ihre Weise. Und da sie sich bei Bill als gestrenge Domina bei einer S/M-Bühnenshow verdingt, fällt ihr dergleichen auch nicht sonderlich schwer.
Bill glaubt, Lorna unter Kontrolle zu haben, der Zuschauer weiß es allerdings schon ziemlich bald wesentlich besser, weshalb es wenig überrascht, als sich Lorna am Ende von Bill und seiner Nummernshow auf ewig trennt und in ihr ominöses Schloss an der portugiesischen Küste zurückkehrt.
Im Gewand eines sich unendlich anspruchsvoll gebenden Gesamtkunstwerks, das zu großen Teilen ohne zusammenhängende Handlung auskommt, spielt Franco all das aus, was er am besten zu inszenieren versteht. Die bunte Tüte aus Sadismen, lesbischen Einschüben und sexuellen Obsessionen aller Art trug er in den folgenden Jahren immer wieder zu Markte wie einen alten Käse, wenngleich natürlich die Qualität der Filme schwankte und hin und wieder unter der mit brachialer Gewalt in die Filme geklatschte Basisrezeptur litt. NECRONOMICON hat es dagegen ziemlich leicht, als Kunstkino durchzugehen, weil der Film derart wenig greifbare Substanz zu bieten hat, dass der Quark trotz enorm eindrucksvoller Bilder nur ganz knapp am groben Unfug vorbeisegelt. Und niemand gibt schließlich gerne zu, einen Franco-Film nicht kapiert zu haben - auch wenn es wie hier kaum etwas zu kapieren gibt. Da schon lieber Gewichtung in die surrealen Momente und bedeutungsschwangeren Nichtigkeiten legen, mit denen der Film gefüllt ist. Howard Vernon ist der „Admiral“, der wie ein Zeitreisender aus einem anderen Jahrhundert scheint und von Lorna nach einem Tänzchen ein Auge rausgekloppt kriegt, bei einer Tunten-Feier liest ein geheimnisvoller Unbekannter aus Büchern vor, während Lorna von dem auf allen Vieren kriechenden, knurrenden und bellenden Partyvolk kreuz und quer durch den Raum verfolgt wird und dafür später von Bill eine gescheuert bekommt, Adrian Hoven erleidet Lustqualen und macht sein Sterbchen, der großartige Michel Lemoine schaut grimmig und hat tolle Einzeiler beizutragen und hin und wieder darf Lorna von sich geben, welche Wörter ihr spontan zu Namen wie Hitchcock, Bunuel, Truffaut, Lang und Hund, Katze, Maus einfallen, wobei natürlich weiterer bedeutungsvoller Unfug mit Nährwert Null produziert wird.
Unterhaltsam ist es aber trotzdem nicht gerade wenig, was der Franco sich da zusammengeschustert hat. Allemal auch deswegen, weil in NECRONOMICON ganz besonders viele absurde Einfälle auf engstem Raum zusammenfinden, weshalb es sich lohnt, den Film in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder anzusehen. Die deutsche Verleihwerbung trug diesem Umstand keine Rechnung und zielte dagegen einzig und allein auf Nackedeiereien und vor allem die Rundungen der Reynaud ab, die in der Franco’schen Ausleuchtung durchaus ein paar ganz unglaublich tolle Momente hat. Zudem schält sich Janine Raynaud, die mir persönlich in den Rote-Lippen-Filmen von Franco weitaus besser gefällt, ja auch nicht aus irgendwas, sondern aus einem extravaganten Lederfummel von Karl Lagerfeld. Das wäre wohl heute kaum mehr zu bezahlen, weshalb die neueren Francos auch durch die Bank so aussehen, als hätte man kik als Ausstatter gewonnen.
Bearbeitet von Funxton, 26. Februar 2009, 13:16.
#305
Geschrieben 21. Mai 2006, 08:02
(Frankreich/Italien 1960 – René Clement)
Tom Ripley soll den verzogenen, durch Italien streunenden Millionärssohn Philippe Greenleaf im Auftrag dessen Vaters in die USA zurückbegleiten, freundet sich aber mit ihm an und nimmt an dessen Leben in Saus und Braus teil. Greenleaf sieht das alles mehr als großen Jux und betrachtet Ripley kaum als Seinesgleichen. Ripley wiederum neidet Greenleaf all seinen Reichtum und die Unbeschwertheit, mit der dieser sein Leben verbringt. Bei einem Segeltörn kommt es zum Mord und Ripley schlüpft mit gefälschten Dokumenten, gefälschter Unterschrift und einer Tasche voller Kreditbriefe in Greenleafs Haut. Die Identifikation mit dem Getöteten geht sogar so weit, dass Ripley auch bei dessen Verlobten dem ihm nicht zustehenden Platz einnehmen will. Am Ende platzt dann die Bombe, wozu sich der Film keine zwei Minuten Zeit nimmt. Mehr ist auch nicht erforderlich, lebt NUR DIE SONNE WAR ZEUGE doch vornehmlich von Charakterstudie, Versteckspiel und einer guten Portion Wahnsinn. Die Flucht Ripleys vor Polizei und den Bekannten Greenleafs gibt genug Anlass für Dramatik und birgt allerlei Spannungsmomente, so dass der Film mit seinen sich durchaus Zeit nehmenden Szenen und über weite Strecken gemütlichen Gang so ganz und gar nicht langweilig ausfällt. Alain Delon trägt sein Scherflein zum Gelingen mehr als bei und spielt sich förmlich den Arsch ab. Mehr kann man von einem Film wohl wirklich nicht erwarten.
#306
Geschrieben 21. Mai 2006, 11:51
(Italien 1977 – William Hawkins (Mario Caiano))
Leonard Mann spielt mit seiner Kindervisage, aus der öfter mal ein zerkauter Zigarrenstummel ragt, der ihm wohl etwas mehr Männlichkeit verschaffen soll, den Polizisten Belli. Der hat es sich im äußerst gammelig erscheinenden Neapel zur Aufgabe gemacht, den Gangster Santoro dingfest zu machen, welcher als Hintermann bei einer ganzen Reihe spektakulärer Überfälle auf Banken und sogar einem Geldzug agiert. Santoro steht allerdings unter dem persönlichen Schutz von Mafiaboss Don Alfredo, weshalb ihm etwas nachzuweisen äußerst schwer fällt. Am Ende kriegt Belli ihn natürlich doch noch, allerdings zu einem hohen Preis. Denn in DIE KILLERMEUTE ist wie in Fulcis nur kurze Zeit später entstandenen Western-Abgesang SILBERSATTEL (in dem Blondie-Boy Sven Valsecchi zu sehen ist, der wirklich alle Vorurteile, die man gegen Kinderdarsteller haben kann, voll und ganz auf sich vereint und gegen den sich selbst ein Giovanni Frezza ausnimmt wie Marlon Brando) eine schier unerträgliche Randgeschichte um einen kleinen Jungen eingebaut, die das Nervenkostüm in ganz beachtlichem Maße strapaziert. Scheinbar waren Nervbälger Ende der 70er in Italien schwer en vogue, wovon nicht zuletzt auch die Bud-Spencer-Filme jener Tage zeugen. Mit einem Abstand von fast 30 Jahren wird dergleichen allerdings zu einer kaum zu überstehenden Geduldsprobe. Man mag Caiano zugute halten, dass er mit der Pfiffikus-Tradition durchaus zu brechen versteht, wenn er den kleinen Mann am Ende im Hagel von Henry Silvas Kugeln opfert. Nur wirkt das dann nicht einmal sonderlich tragisch, sondern eher befreiend, und man möchte Henry Silva in diesem Moment gern anerkennend auf die Schulter klopfen. Als Ende eines Schlimmfingerfilms in bester Italo-Tradition taugt derlei jedoch weniger, zumal die Sympathien schon auf Seiten der Polizei sein sollten. Und man fragt sich unterwegs in diesem Stück nicht nur einmal, ob sich Belli nicht bei wichtigeren Dingen vertrödeln sollte als den Kindergarten-Cop für Straßenjungs zu geben. Wenn der Film dann mal zur Sache kommt, dann ist das durchaus anständig. Maschinenpistolengeknatter, Straßenraub und auch ein Perverser im Stadtpark sind ebenso vertreten wie das für ein Werk dieses Kalibers gängige Strickmuster mit kleinen, für die Handlung unwichtigen Episoden, die einzig deswegen vertreten sind, um mehr Actionfeuerwerk einzuflechten. DIE KILLERMEUTE unterhält eigentlich recht gut, ist aber weit davon entfernt, zu den bedeutenden Beiträgen des Genres zu gehören. Ohne den gewohnt eiskalten Henry Silva wäre der Ofen ziemlich schnell aus - Ballerlei hin, Geiselnahme her. Etwas gnadenloser ausgefallen ist die Präsentation des Films auf DVD. Das Bild geht gerade noch so, der Ton jedoch ist so verrauscht, dass es sich anhört, als würde es in Neapel dauernd regnen – und das sogar innerhalb geschlossener Räume. Schauderhaft. Da hat man mit einer halbwegs anständigen VHS fast noch mehr Spaß.
#307
Geschrieben 21. Mai 2006, 15:09
Mit dem letzten Schrei der US-Marine, dem größten Atom-U-Boot der Welt, der Seaview, unternimmt der stolze Admiral Nelson samt des ihm ergebenen Kapitän Lee, einer hartgesottenen Crew und einigen Kongressabgeordneten, die aus mannigfaltigen Gründen an Bord weilen, eine 96-tägige Tour durch die Tiefen des Ozeans, wo noch kein Schwein je zuvor gewesen ist und keine Funkwelle hinzureichen vermag. Irgendwann rumst’s im Karton, man muss auftauchen und stellt fest, dass der Weltraum, genauer gesagt der Van-Allen-Strahlengürtel, Feuer gefangen hat. Schnell fischt man noch einen tief religösen Polarforscher aus dem Wasser, dann wird nach New York zur UNO geeilt, wo bereits die führenden Wissenschaftler der Welt über das Problem debattieren. Der Dr. Zucco aus Österreich meint, der Strahlengürtel brennt von selbst bei 78° Celsius aus, Admiral Nelson, der zuvor mit Peter Lorre alles genau durchgerechnet hat, hält jedoch dagegen, dass nur der punktgenaue Beschuss mit einer Atomrakete von einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit den Feuergürtel in die Weiten des Alls sprengen und die Welt retten kann. Und weil keine Sekunde mehr verloren werden darf, brechen Nelson und seine Crew auch sofort auf, das Abschussgebiet noch zeitig zu erreichen. An Bord der Seaview mehren sich die Zweifel – zum einen deshalb, weil die Zustimmung des Präsidenten zum Einsatz einer Atomrakete fehlt, zum anderen, weil der Österreicher ja auch Richtiges von sich gegeben haben könnte und Admiral Nelson also möglicherweise auch seine geistige Bodenhaftung verloren hat. Dann müssen noch Unterwassertelefonkabel angezapft, ein Minenfeld durchquert und ein Riesenkrake besiegt werden. Am Ende zeigt sich selbstredend, dass Dr. Zucco Unfug gefaselt hat, Nelson mitnichten bescheuert ist und nach dem Einsatz mit der Kernsprengwaffe der Himmel augenblicklich wieder blau und schön wird. Obwohl UNTERNEHMEN FEUERGÜRTEL in erster Instanz ein Prestigeobjekt für die Fox war, so richtig mit donnerndem 4-Kanal-Ton, CinemaScope-Bild und sattem Farbenrausch in Technicolor, kurzum: kaum mehr als Zuckerli für die Augen und Ohren, so muss er sich doch mit den SF-Filmen jener Zeit messen lassen. Und da versagt der Film trotz aller Oppulenz allein schon deshalb, weil trotz massivem Staraufgebot die Charaktere aus ihren Schablonen kaum herauszuragen in der Lage sind, der absolute Größenwahn sich auch in den Dimensionen der unglaubwürdigen bis hirnrissigen Sets niedergeschlagen hat und natürlich die Ideologie der ganzen Unternehmung mehr als fragwürdig ist und man sich allein auf Grund dessen, wüsste man es nicht besser, in einem jener ohne Wenn und Aber alles glorifizierenden Werke aus der Schmiede eines Michael Bay wähnen könnte. Moderne Techniken werden – anders als in anderen Filmen seiner Zeit – nicht auch als potentielle Gefahrenherde angesehen, sondern sind einzig dazu da, dem Menschen Friede und Freude zu verschaffen. U-Boot, Kernwaffe und die scheinbar bei den Amis ganz besonders schlimm verbreitete Angewohnheit des Haudrauf-Aktionismus sind die probaten Mittel, die ganze Welt zu retten. Ganz schlimm!
Abgesehen davon macht UNTERNEHMEN FEUERGÜRTEL natürlich einen Mordsspaß und lässt die Zeit wie im Fluge vergehen. Unfreiwillig Komisches lässt sich zudem in jeder zweiten Szene ausmachen. Seitens der Effekte ist der Film etwas müde, aber nicht uninteressant. So einen schönen bunten Himmel sah man erst in STRASSE DER VERDAMMNIS wieder, der, ebenfalls unter dem Banner der Fox segelnd, ja eine ganz ähnliche Geschichte wie FEUERGÜRTEL erzählt. Zwar versteht sich der Film aus den 70ern nicht als ein einziger Kraftakt und eine Leistungsschau der Sonderklasse wie dieses Werk, aber das tut der guten Stimmung dort ebenfalls keinen Abbruch. Interessant bei FEUERGÜRTEL auch der Umstand, dass sich aus der ganzen Welt Schreckensmeldungen häufen, die von abgesoffenen Städten, halb verbrannten Kontinenten und völlig zerstörten Landstrichen berichten und die einzige Sorge, die die Amerikaner haben, ist die, dass die Maisernte das Jahr nicht mehr zu retten ist. Im Grunde sagt allein schon das absolut alles über den Film aus.
#308
Geschrieben 28. Mai 2006, 09:37
((BR) Deutschland 1976 – Manfred Jenning)
Weil auf der Insel Lummerland kein Platz mehr ist, machen sich Lukas, seine fröhlich pfeifende Lokomotive Emma und das Findelkind Jim Knopf auf in die große Welt. In China angekommen und beim Kaiser um eine Anstellung ersucht, gibt es nicht nur Hinweise auf Jim Knopfs Herkunft, sondern es muss auch die liebliche Kaisertochter Li Si befreit werden, die in der Drachenstadt von der bösen Frau Mahlzahn festgehalten wird.
Nach der noch auf Schwarzweißmaterial gefilmten Puppenkisten-Version von Michael Endes Kinderbuchklassiker legte der Hessische Rundfunk in den 70ern eine Farbfassung nach, die die Geschichte weitaus besser und eindrucksvoller zu vermitteln weiß als der ebenfalls schon sehenswerte Vorgänger. Dass in der Puppenkiste nicht nur Märchen und Kindergeschichten aufgeführt werden, sondern auch ein ziemlich gutes Kabarettprogramm geboten wird, ist zumindest in Ansätzen in die ersten Folge von JIM KNOPF deutlich zu verspüren. Aber auch sonst hält der TV-Vierteiler einiges parat (vor allem Wortspielereien und durchaus sehr hintersinnig gezeichnete Figuren), was auch das erwachsene Herz wärmt und den Kinderprogramm-Straßenfeger zu einem zeitlosen Unterfangen werden lässt. Mit modernen Maßstäben lässt sich das Puppentheater nicht messen, allein schon deshalb, weil die handgearbeiteten Fadenfiguren einen ganz eigenen Charme besitzen. Trotz des sich aus der Natur der Sache ergebenden engen Aktionsraumes der Puppen ist es jedoch immer wieder eine kleine Sensation zu sehen, wie gut doch das Marionettenspiel auch im Film funktioniert und die im Grunde winzigen Sets enorme Tiefe vorgaukeln. An der hohen Qualität des ganzen Films - sowohl inhaltlich wie formal - gibt es ohnehin nicht den geringsten Zweifel.
#309
Geschrieben 28. Mai 2006, 12:56
(Italien 1970 – Cesare Canevari)
Knapp dem Galgen entronnen, unternimmt der Schwerverbrecher Burt zusammen mit seinen Kumpanen Phil und Todd sowie der schmucken Mary einen Überfall auf einen Geldtransport, bei dem sie 200000 Dollar erbeuten. Burt wird – wie es zunächst scheint – im Kugelhagel getöet. Der Rest der Truppe verschanzt sich in einer alten Geisterstadt, in der nur noch eine alte Oma haust, die sich ihren Traum vom Wiedererstarken des Ortes wohl auch etwas anders vorgestellt hat. Wenig später stoßen mit dem Bumerang-Boy Lee und einer jungen Frau, der Mann, Planwagen und Pferd in genau dieser Reihenfolge quasi unterm Arsch verreckt sind, zwei weitere Personen in die Handlung und zu den Mordbuben, die auch augenblicklich zeigen, das Menschenverachtung bei ihnen nicht nur eine leere Worthülse ist. In all dem Trubel spielt Mary ein falsches Spiel und paktiert mit einem Unbekannten im Hintergrund ums Vermögen, das Todd in der verlassenen Stadt sicher versteckt hat. Am Ende gibt’s das große Aufräumen, bei dem auch das Omchen nicht verschont wird. WILLKOMMEN IN DER HÖLLE hält ausnahmsweise das, was der deutsche Titel verspricht. Das verlassene Städtchen ist so heiß und deprimierend, wie man es im Italo-Western nur selten vermittelt bekommt, der Film zeigt das Schlechte im Menschen schonungslos und mit aller Härte, Gewalt in allen Facetten regiert und selbst wenn am Ende Lee, der den ganzen Film zu seinen Prinzipien stand und deshalb klarerweise als Sieger aus dem Horrorstück entkommen kann, der Sonne entgegenzieht, ist man als Zuschauer noch lang nicht durch mit all der Niedertracht und dem Suddel und Schmuddel, den der Film einen in den Kopf gekippt hat. Dazu passt der sehr unübliche Soundtrack, die teilweise völlig entfesselten Bilder des Films, die aussehen, als hätte man die Kamera geworfen, um sie einzufangen und natürlich der rasende Filmschnitt bestens. Dass der Film einmal mehr sämtliche Genrekonventionen über den Haufen rennt, ist klar. Ebenso klar ist aber auch, dass so Filmjuwele aussehen.
#310
Geschrieben 28. Mai 2006, 18:17
(Türkei 1967 – Yilmaz Atadeniz)
Kilink, der türkische Supergangster im Skelett-Kostüm, hat bereits in London einem erfolgreichen türkischen Wissenschaftler nachgestellt und ermordet diesen dann gleich nach seiner Rückkehr nach Istanbul. Dabei bringt er auch eine Geheimformel an sich. Am Grab des Gelehrten weint dessen Sohn, und noch ehe alle Tränen zu Boden geflossen sind, hüpft als deus ex machina auch schon ein bärtiger und in Lumpen gewandeter Himmelsgeist aus dem Grab und stattet den Sproß mit allerlei Superfähigkeiten aus, sobald er nur das magische Wort Brzlbrmpf ausspricht. Derweil laboriert Kilink mit aller Kraft an der Formel herum, die ursprünglich als Mittel gegen Krebs gedacht war, sich mit einigen Handgriffen jedoch in eine die Welt in die Knie zwingende Superwaffe umstrukturieren lässt. Weil Kilink mit dem Datensalat zunächst nicht zurande und dann zu der Erkenntnis kommt, das da noch wichtige Teile fehlen, entführt er allerlei Leute aus dem Umfeld des Wissenschaftlers, um sie als Druckmittel zu gebrauchen. Das bietet dem Sohnemann genügend Gelegenheiten, seine neuen Superkräfte auszuprobieren. Zur großen Finalschlacht lädt dann allerdings erst zweite Filmteil der Kilink-Filmserie, KILINK UCAN ADAM KARSI, ein, der direkt an KILINK ISTANBUL’DA anschließt und dummerweise nicht zur Verfügung steht. Am Ende vom ersten Filmteil steht man also etwas planlos und wie aus einem schönen Traum gerissen da, hat aber immerhin 70 erstklassige Filmminuten durchlebt und den wohl gewichtigsten Stützpfeiler türkischer Superhelden-Filmware gesehen, der zwar noch nicht über so viel spaßigen Schlagetot wie in SÜPERADAM ISTANBUL’DA oder den schier unfassbaren Spezialeffekten eines SUPERMEN DÖNÜYOR verfügt, aber schon klar erkennen lässt, wohin die Reise geht. Kilink ist mehr als deutlich inspiriert vom italiensichen Vorbild Kriminal, verlässt sich aber nicht nur allein auf diesen Charakter, sondern mischt auch noch einen Supermann bei, der mehr als schon ziemlich dreist dem großen US-Vorbild entspricht und auch den S-Aufnäher auf dem Wams nicht vermissen lässt. Ganz nervös kann man werden, wenn man sieht, gegen wen Kilink noch in anderen Filmen der Serie hat bestehen müssen. Das Gerangel gegen Django und Frankenstein möchte man unbedingt lieber heute denn morgen sehen, ganz besonders dringend aber den letzten Streifen der Filmfolge, in dem ein einarmiger Boxer Kilink den Arsch versohlt. Allein die Neugier auf den türkischen Wang Yu (wahrscheinlich so richtig knallig mit zottiger Schenkelbürste im Gesicht) wäre schon alles Geld der Welt wert. KILINK ISTANBUL’DA macht eindeutig Lust auf mehr und ist – wie so oft bei türkischen Filmen der Fall – eine Seherfahrung weitab aller Vorstellungskraft, an der man ganz viel zu fressen hat, während die geklaute Musik aus James Bond und anderen Großproduktionen noch in einem nachhallt. Ganz schön süper, dieser Film...
#311
Geschrieben 29. Mai 2006, 14:17
((BR) Deutschland 1964 – Franz Josef Gottlieb)
Vordergründig geht es um das erfolgreiche Turnierpferd Satan von Lord Mant, einem ehemaligen Richter. Das nämlich soll nach Willen des äußerst sinisteren Nachtclubbesitzers Ranova beim nächsten Lauf trotz aller Siegeschancen nicht gewinnen, weshalb er den Veterinär unter Druck setzt, dem Tier mehrfach ein Müde-Mittelchen zu spritzen. Spitzeneinnahmen an der Wettkasse und der gute Rug stehen auf dem Spiel. Gleichzeitig sterben rund um Ascot die Leut’. Und zwar vor allem die aus dem Dunstkreis des Lords und schließlich auch der Lord selbst. Im Hintergrund steht nämlich noch ein zweiter Übeltäter, der vor allem auf Rache sinnt. Bis dieser entlarvt ist und das Pferd sicher wieder im Stall, haben vor allem der als Tiermaler getarnte Versicherungsdetektiv Hansjörg Felmy und seine sich als Diätköchin ausgebende Sekretärin Trude Herr ordentlich was zu rätseln. Der Zuschauer auch, weil Gottliebs Film so gut geworden ist, dass es ausnahmsweise mal wieder Spaß macht, sich mit der Lösung des Falls zu beschäftigen, während bei den vorangegangenen „echten“ Rialto-Wallazen und den CCC-Bryans dazu eher wenig Anlass gegeben wurde. Die hat man dann zum Großteil doch lieber der Einfachheit halber sich ergehen lassen und nahm’s dann so hin, wie es einem vor die Füße geworfen wurde. Zwar fehlen auch beim Gottlieb, der zu dem Streifen auch das Drehbuch beisteuerte, die üblichen Spaßfaktoren nicht (hier jedoch in Form eines trocken witzelnden Butlers und der Trude Herr als Lachpraline zumindest etwas dezenter auf mehrere Schultern verteilt), aber hin und wieder dringt sogar mal etwas feinsinnigerer Humor durch und nicht immer nur Kalauerei, was durchaus als Zugewinn zu verstehen ist. Der vor allem durch seine Heimat- und Jäger-Filme bekannte Felmy will nicht wirklich in einen Krimi dieser Art passen, macht das Schummerstück aber zu nicht geringen Stücken gerade deswegen zu einer interessanten Angelegenheit, die sowieso den meisten der Konkurrenz-Wallazen absolut vorzuziehen ist. Ganz groß bei Gottliebs Film unterwegs ist auch der Burgschauspieler Helmut Lohner als Kinski-Ersatz – und der ist so über jeden Zweifel erhaben und eine dermaßen sichere Nummer, dass es schier zu bedauern ist, dass er in diesen Filmen nicht regelmäßiger Auftritt hatte.
#312
Geschrieben 30. Mai 2006, 12:35
John Saxon ist der Weltraumtyrann Sador, der eine Narbe oder ein Brandmal im Gesicht hat (so genau lässt sich das nicht erkennen) und nur noch über einen Arm verfügt, was ihn in der Summe wahrscheinlich deshalb so übellaunig macht. Sador ist zudem Saumensch genug, selbst friedliche Welten zu unterjochen, die ihm so rein gar nichts getan haben. In diese Kategorie fällt auch der Planet Akir, der nichts zu bieten hat außer ein paar Menschlein, die nach komischen religiösen Vorstellungen wie die Hippies leben und natürlich davon, dass sie Weltraumkohl anbauen oder etwas ähnliches. Ackerbau und Viehzucht also, mehr nicht. Auf Akir gibt es keine Waffen und keine Verteidigungsanlagen, weshalb nach kurzer Beratung der vornehmlich als John Boy Walton bekannte Richard Thomas mit einem alten Klapperkastenraumschiff, das zwei Glubschaugen als Triebwerke, einen nervtötenden Computer mit dem Namen Nell und vorne am Bug zwei Titten hat, auszieht, willige Söldner im Kampf gegen Sador in den Tiefen des Alls zu finden und zu rekrutieren. Nur sechs Tage hat er Zeit, dann will Sador Akir mit seiner Superwaffe, dem Stellarkonverter, in die Luft jagen. Unterwegs sammelt John Boy schnell eine illustre Truppe zusammen, insgesamt so zehn Persönchen, die Akir helfen wollen. Darunter befinden sich mit dem interplanetar gesuchten Verbrecher Robert Vaughn, dem irdischen Weltraum-Cowboy George Peppard und der in einem ganz unsäglichen Plastikfummel gekleideten Sybill Danning auch mehr oder minder bekannte Gesichter der zweiten Garnitur, die in einer Corman-Produktion allerdings aussehen wie Hollywood-Giganten. Man sieht, dass das Personal zwar nicht so zahlreich vertreten ist, dafür allerdings einem gewissen Standard entspricht. Gespart wurde auch bei den Effekten, die selbst für 1980 nicht gerade allzu knallig ausgefallen sind und im Film gern auch öfter als einmal wiederholt werden, damit es nach mehr aussieht. Sowieso versteht sich SADOR in erster Instanz als eine ziemlich plünnig geratene Lidl-Version von STAR WARS, wobei der Film immerhin so ehrlich ist, ganz klar an den Tag zu legen, das derlei Unterhaltung vornehmlich ein großer Schmus ist, dessen Nährwert schon bei Null stagniert. Etwas Boden macht der Film mit seinen absonderlichen Raumschiffen gut, die sich deutlich von der Tierwelt inspiriert zeigen und somit immerhin gewissen Schauwert besitzen. Dazu gibt es Musik von James Horner, die den Film gewichtiger erscheinen lässt als er ist. Über die Jahre hat SADOR ganz enorm gelitten, weil der Film zu sehr auf technischen Tralala setzt als auf liebevoll gestaltete Charaktere oder eine brauchbare Story, die hier natürlich ebenfalls nicht anzutreffen ist. Der Lack ist ab, und zwar gewaltig. Damals im Kino wusste der Film, der für STAR WARS etwas zu spät kam, jedoch immerhin das Warten auf DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK verkürzte, durchaus zu begeistern, reihte er sich doch nahtlos zwischen STAR CRASH und KAMPF UM DIE 5. GALAXIS ein. Hat man einen gesehen, hat man im Grunde alle gesehen, wobei STAR CRASH den anderen Beispielen jederzeit haushoch überlegen ist. Gegen einen vierdimensionalen Angriff aus der Hand von Joe Spinell hat auch ein Corman nichts entgegenzusetzen. Und wenn schon ein Corman aus den frühen 80ern, dann doch in Zukunft lieber wieder PLANET DES SCHRECKENS oder MUTANT, bei dem der Cutter von SADOR, Allan Holzmann, beeindruckend unter Beweis stellt, dass er durchaus zu Größerem berufen scheint.
#313
Geschrieben 31. Mai 2006, 14:08
(Belgien 1987 – Dominique Deruddere)
Drei Stationen von Harry Voss mit jeweils herausragender Bedeutung für sein Leben. Als Zwölfjähriger erlebt er nach einem Kinobesuch mit anschließendem Diebstahl eines Aushangbildes aus dem Schaukasten die Zerstörung des unbefangenen Kindertraums von Romantik und die aufs rein Wesentliche reduzierte Einführung in die Sexualität. Irgendwann ist Voss 19 und man darf daran teilhaben, wie er mit der wohl grausigsten Form von Akne entsetzlich entstellt seinen Abschluss-Schulball und eine unerfüllte Liebe erlebt. Am Ende landet er im Knast. Mit fast 40 fristet er ein Leben am sozialen Rand, Dauerpleite und mit seinem einzigen Freund aus Jugendtagen im Schlepptau erlaubt er sich den derben Spaß einer Leichendieberei, in deren Folge sich der Kreis des Films schließt und Harry seine große Liebe aus Kindertagen (wieder)findet. Der Film endet tragisch und folgt damit nicht wirklich der Vorlage The Copulating Mermaid Of Venice, CA von Charles Bukowski, der er sich im letzten Drittel bedient. Lässt man diesen Umstand beiseite, so ist jedoch festzustellen, dass mit CRAZY LOVE ein ganz einzigartiger und ungemein ergreifender Film entstanden ist, der auch ohne Bukowski-Zutaten bestens über die Runden kommt, die ohnehin nicht wirklicher Dreh- und Angelpunkt des Ganzen sind. Dafür faszinieren einmal mehr die Leistungen gerade der jungen Darsteller und natürlich der äußerst merkwürdige Look des Films, der die ganze Geschichte mit Voranschreiten immer mehr der Realität entrückt. Dass am Ende ein Bogen zum Beginn des Films gespannt wird, der den ungeheuerlichen Ausgang durchaus begreifbar macht und zwischendrin mit einigen absurden Ideen nicht gespart wird (vor allem Harry Maskerade mit Toilettenpapier), wobei sich der Streifen noch lange nicht der Lächerlichkeit preisgibt, sind weitere Faktoren, die aus dem Werk eine absolut runde und bemerkenswerte Sache werden lassen. Besonders schön auch, dass sich CRAZY LOVE trotz aller Spielereien sehr viel Zeit in den einzelnen Abschnitten nimmt und seine Charaktere unentwegt ins Zentrum des Interesses stellt, woraus das Werk qualitativ noch einmal merklich Profit schlägt. CRAZY LOVE ist ein trotz seines sehr ruhigen Ablaufs ein umso intensiverer und eindrucksvollerer Film geworden, bei dem es nicht einleuchten will, warum er nicht unlängst größere Beachtung gefunden hat, wenngleich auf der anderen Seite schon klar ist, dass allein die Masturbationsversuche eines Heranwachsenden und Nekrophilie für die Leinwand ein etwas härterer Tobak sind. CRAZY LOVE ist ein Film, den ich fortan nicht mehr missen möchte.
#314
Geschrieben 01. Juni 2006, 20:09
(USA 1972 – Ray Danton)
Zu einer munteren Hippie-Komune, die sich ihre Zeit am liebsten mit all dem vertrödelt, was Hippies halt so den ganzen Tag machen, also an der Wasserpfeife ziehen, seichtem Gitarrengeklimper lauschen und die Freikörperkultur pflegen, gehört auch der reichlich undurchsichtige Schwarze Barbedo, der so aussieht, als würde er seine Haare mit einem beherzten Griff in die Steckdose föhnen. Dieser bringt eines Tages nach ein wenig Flötenspiel am Strand den ziemlich schaurig aussehenden Superhippie Khorda mit ins Lager. Khorda gibt vor, von den Isles of Maybe zu kommen und lässt Küchenkalenderphilosphie aus seinem bärtigen Schnabel kacken, die sich um Solche gewichtigen Dinge wie Flowers and eternity oder Infinity of light dreht. Dergestalt macht er die Hippies ziemlich kirre im Kopp, weil Geschwall dieser Sorte genau nach deren Geschmack ist. Doch Khorda verfolgt ein wesentlich höheres Ziel, ist er doch ein Jahrtausende alter Vampir, ein Verführer der dunklen Seite, der alles daran setzt, Menschen um seinen Finger zu wickeln. Außer dem Pärchen Pico und Rona, deren Skepsis nach anfänglicher Begeisterung für Khordas Gewäsch dann doch Oberhand gewinnt, macht er sich die Komune schleunigst Untertan. Nur knapp kann Pico Khorda und den inszwischen zu Vampiren mutierten Hippie-Freunden entkommen, während Rona im Keller gefangen gehalten wird. Hilfe holt sich Pico von seinem elterlichen Freund Pop, der unweit einen Krimskrams-Laden betreibt und allerlei Bücher besitzt – auch solche mit okkulten Inhalten. Nur mühsam gelingt es Pico, Pob von den Ungeheuerlichkeiten, die sich in der Nachbarschaft zutragen, zu überzeugen und nach einem kleinen Literaturstudium zum Handeln zu bewegen.
THE DEATHMASTER ist einer der wenigen durch und durch geglückten Unternehmungen des US-Kinos der frühen 70ern, dem Vampirfilm einen modernen Anstrich zu verpassen und dabei nicht Glaubwürdigkeit einzubüßen oder in Lächerlichkeiten abzukippen. Robert Quarry, der den Film auch co-produzierte, gibt nach seinem Auftritten in den beiden COUNT YORGA Filmen den Blutsauger in THE DEATHMASTER mit noch mehr Überzeugung und trotz des eher harmlos anmutenden Äußeren ganz abgrundtief böse. Dabei geht in dem Film ziemlich gekonnt das nach wie vor sehr klassisch angerichtete Vampirmotiv flüssig in modernen Horror auf, was man in so hoher Qualität nicht alle Tage geboten bekommt. Sehr schön auch, dass das Ende nach anfänglichem Ansatz zum Happy End noch einmal umschwingt und auf den letzten Metern zu einem horriblen Unterfangen voller Hoffnungslosigkeit wird. Nebenbei schwingt noch ein wenig Manson-Family mit, was natürlich zusätzlichen Reiz mit sich bringt. Überhaupt hat THE DEATHMASTER viele schöne Details zu bieten und bringt eine Atmosphäre mit sich, wie man sie eher in einem europäischen Genrebeitrag vermuten würde. Ein wirklich schöner und überaus gelungener Film, von dem man sich auch gern mehr als einmal gefangen nehmen lässt.
#315
Geschrieben 02. Juni 2006, 18:34
((BR) Deutschland/Italien 1967 – Harald Reinl)
Fall Nr. 6: G-Man Jerry Cotton lässt den roten Jaguar in New York stehen und begibt sich im Auftrag des FBI nach Los Angeles, wo die bereits einschlägig bekannte Stone-Organisation ein schweres Verbrechen nach dem anderen verübt. Man weiß lediglich, dass für das nächste große Ding der just aus Dartmoor in England entlassene Panzerknacker Rick Trevor engagiert worden ist. Den fängt das FBI am Flughafen ab und Jerry schlüpft in dessen Rolle, hat er sich doch vorher noch in einem Schnellkurs mit sämtlichen Alarmtechniken der Welt vertraut gemacht. Die Männer von Stone erweisen sich allesamt als superharte Kerle, die nicht lange fackeln. Der Diebstahl eines Superstaubsaugers steht zunächst auf dem Plan, dann der Einsatz der Technik und Jerrys Kenntnisse bei einem gewichtigen Diamantenraub.
DYNAMIT IN GRÜNER SEIDE setzt fürchterlich auf Action, Explosionen und ein paar Stunts, die 1967 bestimmt ein ganz schöner Hingucker waren. Reinls Film zeigt sich über seine gesamte Länge nur von seiner allerbesten Seite und ist fürchterlich rasant inszeniert, lässt also wirklich kaum eine Szene verstreichen, ohne dass irgendwas passiert. Von der Tonspur knattert dazu ein „cooler“ Dialog nach dem nächsten, was für zusätzliche Stimmung und allerlei unfreiwillige Lacher sorgt. So einen Film hätte man vom Reinl nicht wirklich erwartet, trägt er über weite Strecken doch viel eher die Handschrift eines Rolf Olsen, wobei selbst dessen sich zielsicher in Peinlichkeiten ergießendes Talent zur Komödie in einer kleinen Episode mit Cottons Mutter Berücksichtigung findet. Carl Möhner macht den Fiesen, und das sehr schön, Silvie Solar die Wasserstoffblondine, die sich in Cotton verguckt, dessen Dienstplan jedoch keine Techtelei oder gar handfesten Liebeshandel zulässt. Man hätte es sich anders auch gar nicht vorstellen können. Gerade solche Zutaten voller Kernigkeit machen DYNAMIT IN GRÜNER SEIDE zu einem erstklassigen Schau- und Schmuckstück, der zudem den großen Vorteil genießt, dass es sehr viele 2nd-Unit-Aufnahmen aus dem echten Amerika zu sehen gibt, die einen Beigeschmack deutscher Betonbau-Piefigkeit gar nicht erst aufkommen lassen.
#316
Geschrieben 03. Juni 2006, 12:59
(Japan 1958 – Ishiro Honda)
Nachdem zwei Biologiestudenten im japanischen Niemandsland alle Warnungen der Dorfbevölkerung in den Wind schlagend dusselige Schmetterlinge fangen wollen und dafür mit dem Leben bezahlen müssen, setzt sich eine Gruppe Leute in Bewegung, die Umstände des Dahinscheidens der beiden Jungen zu untersuchen. Dabei machen sie allerdings Bekanntschaft mit dem Monster Varan, das schnell mal aus dem See auftaucht und allerlei Angst und Schrecken verbreitet. Japans Großstädte laufen Gefahr, von dem 158 Millionen Jahre alten Urviech zertrampelt zu werden, weshalb das japanische Militär alles auffährt, was die Garage nur hergibt. Nach Beschuss mit Brandraketen dann die nächste Überraschung: Varan kann zwischen den Vorder- und Hinterbeinen Flughäute ausspannen und sich in die Lüfte erheben. Schnell ist die nächste moderne Stadt mit großem Flughafen erreicht, der als Kulisse für den Finalkampf herhalten darf. Am Ende wird Varan mit einer neu erfundenen Dynamitsorte der Garaus gemacht, die ziemlich trickreich in das Innere seines Körpers geschleust wird. Überhaupt ist der Endkampf ziemlich eindrucksvoll geraten, was man vom Rest des Films nicht immer behaupten kann. Zu lange wird da im Urwald herumgelatscht und zu wenig in die Charaktere investiert. Im Fall von VARAN muss das Monster den Film ganz allein tragen, was nicht durchgehend sonderlich gut funktioniert. Statt ein paar Nebengeschichten um Menschen und Schicksale zu präsentieren, fährt Hondas Film vor allem Spezialeffekte und Schlachtengetümmel auf, wobei mindestens zwei komplette Jahresproduktionen Revell-Modelle zu Klump verarbeitet werden. Das hat zwar auch nicht gerade wenig Reiz, wird auf Dauer jedoch in der Tat etwas ermüdend. Als Highlight des Ganzen stechen lediglich die (Unter-)Wasserszenen hervor. Zur gesamten Zerstörungsorgie schmettert ein richtig tofter Soundtrack von Akira Ifukube, den man wohl zu seinen besten Arbeiten zählen darf. Dass die Toho VARAN trotz vorheriger Farbausflüge nur in Schwarzweiß produziert hat, störte mich eigentlich nicht – dann schon eher, dass der Film gerade im Mittelteil etwas schwächelt und klassisches Städtegetrampel nicht wirklich stattfindet. Wenn mal Gebäude bersten, sieht das in VARAN nämlich ziemlich gut aus. Auf der amerikanischen DVD gibt es wirklich schönes Extra zu dem Film: Eine untertitelte Folge einer japanischen TV-Show, die im Workshop von VARAN-Designer Keizo Masure, der auch einen Audiokommentar zum Film beigesteuert hat, zum Heimwerken einlädt. Mit ein paar Handgriffen, Flüßiggummi, einem Stein und einigen Büscheln japanischen Heidekrauts kann man selbst zum VARAN werden, was immerhin eine interessante Option dazu darstellt, ansonsten nur faul auf der Couch vor der Glotze den Hermann zu machen. Die TV-Show gibt es ganz stilecht mit einem fürchterlich schlecht aussehenden und sich hinter einer Riesenbrille verschanzenden Strichmännchen als Moderator sowie vor allem einem reichlich devoten Bastelfan, dem Gesicht nach um Mitte 30 und ein ganz schöner Nerd, der vor jedem Stück Plastik, das der Meister verwendet hat, allerlei Bücklinge macht, bevor er es anlangt und dann vor lauter Seligkeit kaum mehr ein Wort herausbringen kann. Herrlich!
#317
Geschrieben 04. Juni 2006, 06:49
In New Yorker Stadtteil Bronx der frühen 60er Jahre balgen sich die Straßengangs wegen ganz ähnlichen Nichtigkeiten wie in dem im gleichen Jahr hergestellten THE WARRIORS, wenngleich dieser zeitlich wesentlich später angesiedelt ist. Meistens geht es um Beleidigung oder schlicht darum, dass irgendwer irgendwem irgendwo ins Revier gestolpert ist, was Anlass genug ist, den eigenen abgepissten Bereich wie ein Straßenköter verletzt zu sehen und die Zähne zu fletschen. In diesem Hexenkessel nun treiben sich auch die Wanderers herum, eine Bande von italienischen Einwanderersöhnen, denen allerdings etwas die Freundschaften zu anderen Gangs abhanden kommt, nachdem sie sich mit den Schwarzen des Viertels angelegt haben.
Schließlich soll ein Football-Match wieder für Ruhe sorgen, eskaliert jedoch zu einem Machtkampf um die Herrschaft über den ganzen Stadtteil. Im Grunde wäre es das auch schon, sieht man mal von einigen Nebenkriegsschauplätzen ab, in denen ein abtrünniger Wanderer von einer feinlichen Bande ermordet wird, erste sexuelle Erfahrungen anstehen und pubertäre Pennälerscherze für Auflockerung sorgen. THE WANDERERS spiegelt jedoch anders als sonstige Straßenbanden-Filme nicht nur sehr gut die Stimmung ein ganzes Jahrzehnt wider, er zeigt in seiner sehr losen und auf Breite setzenden Machart, die den eigentlichen Handlungsfaden immer wieder verlässt, auch allerlei Umbruch und Zerfall.
Während in der ersten Stunde noch Froh- und Unsinn bestimmend sind, gibt sich die zweite Stunde des Films ganz der Auflösung hin, eingeleitet treffenderweise durch das Kennedy-Attentat in Dallas. Hoffnungen rauschen den Bach hinunter, Enttäuschungen mehren sich, prügelnde Väter, alkoholkranke Mütter, Flucht und Ausbruch aus dem eigentlich kärglichen Leben, entweder in unfreiwillige Ehen oder gleich auf die andere Seite des Kontinents. Und weil dies alles durchaus mit allerlei Fein- und Hintersinn und einer ganzen Fuhre Rock’n Roll und Kaugummi-Pop jener Tage in den Film gearbeitet wurde, ist THE WANDERERS ein sich weitaus weniger abnutzendes Werk geworden als jene Streifen, die ihre Straßenkämpfer vornehmlich im oberflächlichen Rabatz und Radau verheizen.
Zusammen mit seinem ungemein sehenswerten Remake DIE KÖRPERFRESSER KOMMEN hat Philip Kaufman, dessen Filme ich sowieso sehr mag, mit THE WANDERERS einen durchaus gewichtigen Beitrag zum Kino der ausgehenden 70er Jahre beigesteuert, das in dem Maße an Bedeutung gewinnt, je weiter man sich selbst von der in ihm geschilderten Welt junger Erwachsener mitsamt all ihren Flausen und ungefestigten Leben entfernt.
#318
Geschrieben 05. Juni 2006, 14:15
(Großbritannien 1970 – Peter Sasdy)
Nach dem Tod ihres Mannes, den die ebenso alte wie ruchlose Gräfin Bathory emsig mit seinem Waffenbruder, Captain Dobi, betrogen hat, lässt ihr die Testamentseröffnung die ohnehin schaurigen Gesichtszüge noch schlimmer entgleiten. Die Ländereien des Grafen soll sich sich zukünftig mit ihrer Tochter Ilona, mit der sie sich nicht sonderlich gut steht, gerecht teilen. Während sie noch mit den Dienstmägden zürnt, entdeckt sie jedoch durch Zufall, dass sie ausgerechnet durch Jungfrauenblut auch mal etwas Gutes für sich tun kann. Ein Bad in solches macht sie nämlich wieder jung und knackig, was bei Frau Pitt, deren Gesicht auch so etwas leicht angeknuspert omahaftes hat, natürlich relativ zu sehen ist. Frisch und adrett zeigt sie sich ihrem Liebhaber und ihrer Kammerzofe, die beide fortan auch für den Nachschub an jungen Dingern zuständig sind, da der falsche Zauber nicht so lange anhält wie erwartet. Klimpernde Augendeckel spendiert die wieder in Saft und Kraft stehende Gräfin dagegen dem jungen Lieutenant Imre, bei dem sie sich als ihre eigene Tochter ausgibt, welche sie, damit sie ihr nicht in die Quere kommt, von einigen gemeinen Hundsföttern im Wald entführen und einschließen lässt. Irgendwann kommt auch Imre hinter das Geheimnis der trotz ihrer Jugend ungemein reif erscheinenden Gräfin, die ihn allerdings kurzerhand erpresst. Berge von ausgebluteten Weiberleichen wollen im Schloss und in der Feldmark gefunden werden, bevor bei der erzwungenen Hochzeit zwischen der Gräfin und dem jungen Soldaten die Bombe platzen kann.
COMTESSE DES GRAUENS gibt die schändlichen Taten rund um Gräfin Elizabeth Bathory natürlich etwas sinnentstellt einzig aus Motiven der ewigen Jugend und sexueller Begierden wieder, womit sich Ingrid Pitt als erste Wahl für eine solche Rolle durchaus als cleverer Zug erweist. Überhaupt zeigt sich der Film für einen Hammer-Streifen der 70er sehr körperbetont. Es hüpft hier und da die Titte und Frau Pitt darf sich einmal ganz splitterfasernackt in ihrer Blutbadewanne gehörig erschrecken.
Von den paar „offiziellen“ Filmen rund um die Blutgräfin (die Filme, die lediglich mit Elementen der Bathorny-Geschichte spielen, mal ausgenommen) ist COMTESSE DES GRAUENS trotz aller Abschweifungen und marktgerechter Aufbereitung schon ein ziemlicher Hingucker geworden, der anders als beispielsweise NACHT DER VAMPIRE durchaus ernst genommen werden möchte. Und gegenüber dem ansonsten aber enorm eindrucksvollen DAUGHTERS OF DARKNESS kann der Film zumindest dahingehend punkten, dass er die Bathory nicht zu einem weltentrückten Vamp der 20er Jahre werden lässt, sondern dem zeitlichen Rahmen und einigen überlieferten Fakten durchaus Beachtung schenkt. Formal gibt es an COMTESSE DES GRAUENS sowieso nichts zu meckern. Streckenweise möchte man sogar meinen, der Film ist weitaus oppulenter ausgefallen als andere Werke des Studios jener Zeit und überdies eine der besseren Arbeiten Peter Sasdys. Wohltuend auch, dass der Film trotz aller Anlässe für den Einsatz von Blut und Gekröse doch relativ zurückhaltend inszeniert ist und sich somit den Charme älterer, vor allem auf Schauer statt Schock setzender Leinwandunterhaltung bewahrt hat. Ganz ohne Gruselzutaten kommt die COMTESSE klarerweise auch nicht über die Runden, wenngleich man schon deutlich merkt, dass es den Machern auch um etwas anderes ging als lediglich eine weitere von Vampirthematik gespeiste Geschichte zu erzählen.
#319
Geschrieben 06. Juni 2006, 14:11
(Italien/Frankreich/(BR) Deutschland 1977 – Bernardo Bertolucci)
Der Lebensweg zweier Freunde. Der eine, Olmo Daco, Bauernsohn und Sozialist, der sich gegen die Unterdrückung durch den Patron auflehnt, der andere, Alfredo Berlinghieri, der fast zeitgleich zu Olmo geborene Sohn eben jenes Patrons und ebenfalls Komunist, bis ihn der Tod des Vaters zumindest oberflächlich dazu zwingt, etwas anderes zu sein. Zwischendrin gepflegte Freundschaft der beiden Söhne, Knastaufenthalt des einen, Frauengeschichten des anderen, Heirat und augenscheinlich gesetztes Leben, durchzogen von Sinn- und Ehekrisen. Irgendwann kommen dann die Nationalsozialisten an die Macht. Zum Kriegsende kollabiert das System auf dem Hof, nicht jedoch die Freundschaft der beiden Söhne. Am Ende gibt’s versöhnliches Gerangel alter Männer.
Das alles wälzt Bertulocci auf satte fünf Stunden aus, wobei man sich fragt, warum er für seine Geschichte so lange benötigt. Zwar gibt sich Bertolucci alle Mühe, den Film nach Art einer Familiensaga sehr klassisch zu erzählen, durchbricht dieses Vorhaben jedoch regelmäßig mit rapiden Zeit- und Ortssprüngen, die es nicht unbedingt leicht machen, dem Film konstant zu folgen. Ganz besonders schlimm ist in seinem Epos die Zeichnung der Figuren ausgefallen, die sich zu keiner Zeit normal oder gar rational verhalten und somit eher eine Nähe zu den Kretins an den Tag legen, wie sie beispielsweise ein Ted V. Mikels in seine Filme packt. Sie allerdings durch einen Fünfstünder spazieren zu lassen, durchbricht die Grenze von Anstand und Zumutbarkeit nachhaltig. Zwischendrin lassen sich Gerard Depardieu und Robert De Niro noch von einer Prostituierten stereo einen runterholen, es wird geblutet und gemordet, defloriert und Hass geschoben. Das meiste jedoch weitab vom Belang des Films darüber Aussage zu treffen, welche politischen und sozialen Wirren die ersten 45 Jahre des letzten Jahrhunderts in Italien mit sich brachten. Der zweite Akt von 1900 wirkt zudem fast wie ein eigener Spielfilm, eröffnet von einigen Ungeheuerlichkeiten bar aller Nachvollziehbarkeit, die sich bei der zu Beginn gesetzten Heirat Berlinghieris zutragen. Was vorher war, das ist ab da nur noch Nebensache.
Bei Bertolucci ist es eh das größte Problem, einen Film von ihm zu nennen, der trotz der öden und langweiligen Mittelstücke und seiner ablehnenden Haltung der kurierenden Wirkung der Schere gegenüber nachhaltig begeistert hat. Man vergisst sie meist ebenso schnell wie die völlig gehaltsfreien Stücke aus den Klapsmühlen des Popcorn-Kinos. Lediglich Fetzen nimmt man mit. Auf der DVD von 1900 gibt es den üblichen Vermerk, dass die Vorführung u. a. in Krankenhäusern und Gefängnissen nicht gestattet ist. wenngleich doch dort die einzigen Menschen hocken – wartend auf Genesung oder Freilassung -, die überhaupt über genügend Zeit verfügen, sich mit so einen Kolossalschinken zu befassen.
#320
Geschrieben 07. Juni 2006, 13:55
(Großbritannien/USA 2000 - Stephen Frears)
Gegen Frears habe ich nichts, auch nicht gegen das gleichnamige Buch von Nick Hornby, das sich immerhin ganz amüsant las. Im Film dagegen ist vieles, was das Buch manchmal zärtlich und mit einem Schuß Wehmut beschreibt, auf grelle Fassaden plakatiert. Der Film ist schnell. Zu schnell fast für das Buch. Und anders als in Hornbys Roman scheint John Cusack in der Rolle des Rob ein ewiges Nervenbündel zu sein, das alle Augenblicke zu explodieren droht. Das gibt zwar in der Summe einen rasanten Film, der allerdings darüber hinaus kaum etwas hat und bietet, was ihn (durchgehend) interessant macht. Das vom Verleih angepriesene Lebensgefühl vergangener Zeit vermittelt der Streifen schon mal gar nicht. Wirklich spannend ist nur der herrliche Plattenladen, in dem Buch wie Film gleichermaßen zu Teilen spielen. Da wünscht man sich nicht gerade wenig ins Bild hinein, um in den alten Platten hemmungslos zu kramen und zu wühlen. Das versprochene Lebensgefühl einer anderen Zeit käme da wohl bei weitem eher auf – zumindest, wenn man vorher noch Cusack und seine beiden luschigen (und sehr nervtötenden) Knalltüten, die sich in dem Shop die Zeit vetrödeln, verübergehend entfernen würde.
#321
Geschrieben 08. Juni 2006, 17:28
(Italien/USA 1965 – Hugo Grimaldi)
Zwei Astronauten haben in den Mondeishöhlen Gesteinsproben gesammelt und wollen diese auf die Erde zurückbringen. Vorher dürfen sie aber noch ein wenig auf der um die Erde taumelnden Raumstation X-7 verweilen und sich des Anblicks der blubbergeilen Wissenschaftlerinnen erfreuen, die dort ihren Dienst verrichten. Ganz unbemerkt hat Rakensteuermann Captain Webber jedoch neben den Gesteinsproben auch einen merkwürdigen Pilz vom Mond mit auf die Raumstation geschleppt, der sich – wie sich herausstellt – bei Wärme gern und überall verbreitet. Schnell ist nicht nur Webber hin und hinüber, sondern die ganze Raumstation wird von dem Pilz, der sich munter weiterwachsend als krabbelnder Moosteppich durch die Räume schleppt, bedroht. Verschärft wird die ohnehin schon prekäre Situation dadurch, dass der Kommandant der Raumstation, Major Olsen, an Weltraumkoller leidet und nötige Quarantänemaßnahmen gar nicht einsieht. Irgendwann kann der Pilz gar durch ein Meteoritenleck auf die von der Sonne erwärmte Außenhülle der Station klettern und diese überwuchern. Der unkontrollierte Absturz auf die Erde droht, wenn nicht schnell etwas geschieht.
Ja, so hat man SF in Schwarzweiß doch gern! Eine Raumstation, deren Dach aus einem alten Teesieb gefertigt wurde, die Rakete der Raumfahrer parkt auf der Unterseite einer auf die Station geklebten Butterdose und die hypermoderne Innenaustattung inklusive fleißig Wellen zeigenden Oszillosgraphen, der natürlich in einem Film dieser Güte auf gar keinen Fall fehlen darf und der hier irgendwelchen Atomneutralisationstrallala verrichtet, kann man ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen durchaus als tollkühn bezeichnen. Die Raketen und die Raumstation wackeln mehr durchs All als das sie fliegen, aber so ist das nun einmal. Und es ist ja auch gut so, wie es ist. Langeweile kommt jedenfalls bei SS-X-7 keine auf, weil stets allerhand passiert und der Adrenalinspiegel der Raumfahrer immer am Anschlag ist. Scheint eine Katastrophe überwunden, kündigt sich schon eine schlimmere an. Gegen Ende überschreitet der Film ungewollt mehrfach die Grenze aller nur denkbaren Lächerlichkeiten, verliert dabei aber nie sein Gesicht. Grimaldis Film ist SF der 60er im Gewand der 50er von ungeheuerlicher Qualität und auf ganz hohem Niveau. Frech erzählt und mit einer deutschen Synchronisation versehen, die sich alle Mühe gibt, den Ami raushängen zu lassen. Die Raumfahrer brauchen keien Fakten, sondern nur Facts und wenn man seinem Gegenüber gut zugehört und alles kapiert hat, sagt man auch in Deutschland nicht mehr bestätigenderweise „Ja, verstanden“, sondern einfach „Alright!“ Bei SS-X-7 trägt’s immerhin dazu bei, dass der Film dadurch noch weitaus „fachmännischer“ wirkt, als er ohnehin schon ist. Ganz so, als wären da Synchronleute am Werk gewesen, die die Weltraumfahrerei aus dem Effeff kennen. Wahnsinn!
#322
Geschrieben 08. Juni 2006, 19:50
(USA 1975 – Jack Starrett)
Warren Oates ist Frank und Konstrukteur von Motorrädern, Peter Fonda ist Roger und ein dufter Motorradfahrer. Gemeinsam machen sie in Franks funkelnagelneuen Wohnmobil, neun Meter lang und alle Vorstellungen, die man von den Gigantomanien solch eines Ami-Reisebusses haben kann, absolut erfüllend, mit ihren zumindest im schicken 70’s-Badeanzug halbwegs knackig aussehenden Frauen auf den Weg in den Urlaub. Von Texas nach Colorado soll es gehen. Doch schon beim ersten Stopp in der Wildnis gleich neben einem plätchernden Fluß werden Frank und Roger Zeuge, wie unweit eine Frau von Satanisten geopfert wird. Just nach der Tat werden die Urlauber von den Teufelsanbetern entdeckt und die Hatz beginnt. Schon bald stellt sich heraus, dass sie niemanden trauen können, weder Tankwart, spießiger Reisebekanntschaft und schon gar nicht der Polizei. Ganz Texas scheint voller Satanisten, gegen die sich die vier kaum zu erwehren wissen.
Der Schluss des Films unterstreicht noch einmal deutlich, wie gut doch der auf den ersten Blick quatschige deutsche Titel passt. Die Karosse rast und sargt in zunehmendem Maße. Nie hätte man zudem gedacht, dass einmal ein Drehbuch von Lee Frost, der Mann, der uns LOVE CAMP 7, HEISSE SPOREN und PORNOKATZEN gab, mit solch einer großartigen Starbesetzung in einem Fox-Film enden würde. Anders als aber die Regiearbeiten von Frost donnert dieser Film mit pausenloser Höchstgeschwindigkeit durch seine knappen 90 Minuten. Vor dem großen Finale steht dann noch eine Verfolgungsjagd, die wie MAD MAX 2 im Miniformat aussieht und fast so schnell ist. Nur gibt’s halt statt Lederrocker Satanisten in Zivil, die aber nicht weniger böses im Schilde führen.
Das Ende ist wirklich großer Bahnhof und ein toller Kniff, wenn natürlich bei wiederholter Sichtung nicht mehr so ganz das Bonbon wie beim ersten Mal. Wenn das Bild einfriert, fröstelt es in einen trotzdem noch ein wenig weiter. VIER IM RASENDEN SARG vereint gekonnt Paranoia-Essenz der 50er, Teufelsanbeter-Mode der Mitt-70er und grandioses Blech- und Straßenschlachtenkino unter einem Dach und macht allein deshalb immer wieder höllischen Spaß. Sowieso ist der Film saugut, das kann man gar nicht anders sagen. Von Jack Starrett habe ich, glaube ich, eh noch nie einen wirklich schlechten Film gesehen. Zumindest, was seine Arbeiten aus den 70ern anbelangt.
#323
Geschrieben 09. Juni 2006, 10:40
(Hongkong 1982 – Keith Li (Keith Lee Baak-Ling))
Die attraktive Kay reist trotz ausdrücklichen Verbots ihrer Mutter tief ins Hinterland von Südostasien, um dort mit einer Freundin ein paar schöne Tage zu verbringen. Nur ihr Bruder Wai Lun weiß von ihrem Vorhaben. Das Entsetzen ist groß als die Nachricht kommt, dass Kay ganz überraschend ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Wai Lun fährt hin und kommt gerade noch rechtzeitig, um mitanzusehen, wie Kay stirbt – mit dicken Schwären übersäht und Tausendfüßler kotzend. Nach einem Anpfiff durch Frau Mama fährt er zusammen mit seiner Freundin Chee abermals in die eigentlich verbotene Gegend, um die Umstände von Kays Tod zu klären. Um die Familie rankt sich nämlich ein schreckliches Geheimnis, das direkt mit der verwunschenen Gegend in Südostasien in Verbindung steht. Der Opa hat sich in der Vergangenheit nämlich ein paar Dinge abgekniffen, die, wie sich herausstellt, nicht so ganz die feine englische Art waren und drei Menschen das Leben kosteten. Und deswegen will sich ein mittlerweile zu einem mächtigen Zauberer gemauserter alter Kumpel von Opa durch allerlei schwarze Magie, vor allem aber unter Anwendung des gefürchteten und ungemein mächtigen Tausendfüßlerzaubers, gebührlich bei dessen Nachfahren für die einst erlittene Pein bedanken. Je tiefer CENTIPEDE HORROR in seine Geschichte vordringt, desto mehr verlässt er die auch die Grenzen der Vernunft und wird schließlich zu einem richtig fetzigen und vollends kompromisslosen Duell der Zauberer, wie man sonst nur noch aus den Filmwundertüten Indonesiens oder den Philippinen kennt. Während der gute Zauberer die Geister zahlreicher emsig vor sich hingackernder Hühnerskelette (!) bemüht, beschwört der böse Magier jedes einzelne seiner favorisierten Krabbeltiere, dem aus Hongkong angereisten Pärchen zu zeigen, was eine Großoffensive ist. Tausende der Tiere stürmen deren Liebeslager, und Chee selbst darf sich obendrein auch noch als falscher Fuffziger entpuppen und am Ende – igitt! – in Tradition von DIE WURMFRESSER echte (!) Riesenkrabbler in gehöriger Stückzahl aufs Spannbettlaken kotzen. Der böse Zauberer endet stilsicher mit einer Cobra im Schädel und blutenden Haaren. Zwischendrin gibt es noch Zauber-Exorzismus zur Auflockerung, bei dem der Film dann endlich mal zum Zuge kommt, ein paar nackte Tatsachen zu servieren. Keith Lis Streifen ist durch und durch unterhaltsam, gänzlich ohne Anspruch, dafür aber mit viel Gespür fürs Absonderliche inszeniert. Richtig gewinnen kann CENTIPEDE HORROR zudem, wenn man ihn als verbesserte Variante von OMEN DES BÖSEN oder ähnlichen sehenswerten Zaubergruselstücken der ehemaligen Kronkolonie begreift. Die Zusammensetzung aus Tierhorror und magischen Effektgeballers funktioniert hier wunderbar, ist ausgewogen, ohne Einbußen für eine der Seiten und geht absolut schmerzfrei hinter die Pupille. Und das, obwohl die Rahmenhandlung und die blaßen, enorm schlecht gekleideten Charaktere nicht schlecht an die etwas später entstandenen Fragasso-Zombies aus Italien erinnern. Hier jedoch mit dem gewaltigen Unterschied, dass der Film trotz aller Dünnbrettbohrereien so viel für Auge und Ohr zu bieten hat, dass man als Zuschauer überaus gern zum Wiederholungstäter wird.
#324
Geschrieben 09. Juni 2006, 19:18
(Spanien 1977 – Carlos Puerto)
Ana und Andres leben gemütlich im Herzen von Madrid, erwarten ihr erstes Kind und machen sich einen schönen Tag, der so aussieht, dass sie sich STAR WARS im Kino ansehen, dann ein Käffchen heben gehen und – wie verwerflich doch für eine Schwangere! – zu allem Kette rauchen. An einer Ampel werden sie auf ein Pärchen im Nachbarwagen aufmerksam, dass unentwegt zu ihnen starrt. An der nächsten Biegung machen sich die beiden Paare miteinander bekannt, wobei der Fremde, Bruno, vorgibt, er wäre ein alter Schulkamerad von Andres. Kurzerhand werden Ana und Andres von Bruno und seiner Frau Bertra zu sich nach Hause eingeladen, um bei Käse und Wein in Erinnerungen zu schwelgen. Nach einstündiger Fahrt durch die Pampa und auf fürchterlichen Schlammpisten erreichen sie ein herrschaftliches Haus, vollgestellt mir okkulten Dingen und Büchern, in denen nackte Satansweiber ihr Können zeigen. In der Küche gibt es zudem eine höchst seltsame Gefriertruhe mit noch seltsameren Inhalten und überhaupt wird man nicht so recht schlau aus den sich doch ungeheuer merkwürdig benehmenden Pampa-Pärchen. Weil es schon spät ist, bleiben Ana und Andres über Nacht, winden sich in schrecklichen Träumen und werden Zeuge von höchst seltsamen Sex-Ritualen, bei denen sie wie in Trance heftig mitmischen und turbulente Vierer veranstalten. Überhaupt ist SATAN’S BLOOD voll mit nackter Haut und noch nackteren Tatsachen. Etwa der, dass Bruno seinen Selbstmord prophezeit bekommt, der sich gegen Ende dann auch tatsächlich einstellt. Bis es damit aber so weit ist, gibt es noch ein paar Schlüpfrigkeiten mehr, bei denen sich die Darstellerin der Berta, Mariana Karr, als eine Art spanische Brigitte Lahaie empfiehlt, und auch allerlei zombiehafter Leichenfraß fehlt nicht. Die letzten 10 Minuten des Films, in denen Ana und Andres schließlich in ihr altes Leben zurück fliehen wollen, sind gefüllt mit Terror, Horror & Entsetzen der allerbesten Gruselschule. Der Film entführt sehr gekonnt und trotz aller logischer Lücken von einer scheinbar rationalen und geordneten Welt in eine traumhafte Horrormühle mit ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten, wobei das größte Verdienst des Films dergestalt auszumachen ist, dass die damit einhergehende unheimliche Stimmung ohne spürbaren Unterlass für allerlei Gekribbel auf der Haut sorgt. Der Film ist packend, irgendwie schmuddelig und ein ziemlicher Gurgelquetscher. Oder, um’s mal so zu sagen: Hätte ich den vor 20 Jahren gesehen, ich hätte hinterher nicht schlecht Lust gehabt, mich zu besaufen. SATAN’S BLOOD ist eine wirklich schöne Entdeckung. Ja, bitte mehr davon! Keine Ahnung, wie seine sonstigen Regiearbeiten so sind, aber der Name Carlos Puerto wird sich jedenfalls schon mal vorsichtshalber gemerkt.
#325
Geschrieben 10. Juni 2006, 08:10
Eines Nachts wacht der junge Brian auf, einen Einstich in Nacken und das Bett voller Blut. An seinem Rücken hat sich ein Parasit, der aussieht wie eine Kreuzung aus Muppet-Monster und Kackwurst mit Kopp, festgesaugt. Ehe sich Brian versieht, bekommt er von dem Viech eine blaue Flüßigkeit ins Hirn gespritzt, die ihn alle Sorgen vergessen lässt, euphorisch und total high macht. Im Gegenzug erwartet das mit Verlockungen nicht geizende Wesen, dass Brian ihn mit Gehirnen füttert. Und davon laufen auf der Straße ja schließlich genug herum. Das Mittel, das der Wurm, Elmer genannt, Brian verabreicht, hat jedoch den unerwünschten Nebeneffekt, dass es irrsinnig süchtig macht. Deshalb sind auch die Nachbarn von Brian, denen Elmer entwischt ist, weil sie ihm nur minderwertigere Tiergehirne zu fressen gegeben haben, ebenfalls hinter dem Glücklichmacher her wie der Teufel hinter der Seele. Die Abhängigkeit zum witzelnden Wurm zu beenden, schlägt trotz quälender Versuche fehl, außerdem läuft Brian Gefahr, dass Elmer sich auch an seiner Freundin und seinem Bruder gütlich tut.
ELMER ist der einzig „ernstzunehmende“ Beitrag zum Drogenfilm in den späten 80ern, der das Abhängigkeitsverhältnis auch weitaus plausibler erklärt als der künstlerisch-mahnende Pseudo-Dokumentarismus einer CHRISTIANE F. Das Monster Elmer fungiert als personifizierte Verlockung, ist ganz der Schweinehund des Süchtelnden. Dass der Film das mit allerlei groben Humor und einer gehörigen Portion Horror und Abartigkeiten bis auf die Spitze treibt, will da ganz gut passen. Nichts liegt dem Film ferner als der eigentlich tödliche Ernst der Angelegenheit. Und spätestens beim wohl bemerkenswertesten Blowjob der Filmgeschichte ist hemmungsloses Gejohle vorprogrammiert. Besonders schön: Während einer Fahrt mit der U-Bahn gibt es auch eine Begegnung von Kevin Van Hentenryck und seinem unheimlichen Weidenkorb aus Henenlotters wunderschönen Erstling. Henenlotter hat leider schon seit Ewigkeiten keinen neuen Film mehr gemacht, was wirklich schade ist, obwohl mir die beiden Nachzügler zu BASKET CASE und auch sein FRANKENHOOKER nicht sonderlich gefallen haben. Schade ist auch, dass die deutsche DVD von ELMER nicht so sonderlich üppig ausgestattet ist. Der Audiokommentar von (Schmuddel-)Filmfan Henenlotter fehlt schmerzlich. Auch das Bild hätte angesichts der Farbenräusche gern noch einen Tick besser sein dürfen. Trotzdem schön, dass es den Film jetzt auch bei uns gibt.
#326
Geschrieben 10. Juni 2006, 08:19
(Italien/Frankreich 1980 – Gérard Loubeau)
In den Sommerferien treffen sich alle in der schicken Villa auf dem Lande: Luca, der seine Sommerferien dort verbringt, die Mutti natürlich und auch Tante Marta, der Herr Papa sowie die knackige Cousine Fanny, die von ihren Eltern bei Reichs abgeliefert wurde, damit der ungestörten Reise in die USA nichts mehr im Wege steht. Ferner laufen dort noch die Dienstmädchen Simona und Gina herum. Letztere ist schwarz und wird wohl deshalb von der Mama so oft zusammengefaltet. In ihren Ferien werden Luca und Fanny in die Geheimnisse der Liebe eingweiht, wobei die beiden durchtriebenen Dienstmädchen, die es auch gern untereinander treiben, fleißig helfen. Außerdem träumt Luca, der sich übrigens auch gerne mal Weiberunterwäsche und Strapse anzieht, seit seiner Kindheit davon, es mit mal ordentlich mit seiner Tante zu treiben. Auch die junge Fanny ist nicht ohne und reibt sich jede Nacht was über den Seiten ihres Pornowälzers zusammen. Der Film ist aus, wenn Luca endlich seine Sackkanone in der Tante, die, wie sich noch schnell herausstellt, gar nicht seine echte Tante ist, leergeschossen hat und Dienstmagd Simona Fannys „totgefahrenen Igel“ einen Besuch mit der Zunge abgestattet hat. Das ist nach 82 Minuten der Fall und man wünscht sich nicht nur einmal, dass das ruhig schon hätte früher passieren können. Zwischen den Momenten emsiger Buschbeschauereien passieren nämlich gar höchlich aufregende Dinge, beispielsweise Kaffee servieren, Wäsche aufhängen oder – jetzt wird’s spannend! - Boden aufwischen, wozu lustig plätschernde Trallala-Musik aufspielt, die das Gebotene angenehmst versüßt und irgendwie wichtig macht. Doch wirklich wichtig ist das alles natürlich nicht – außer vielleicht, dass Brigitte Lahaie die durchtriebene Hausangestellte Simona so spielt, wie man es von ihr erwartet. Ich weiß nicht, aber die Rolle nimmt man ihr ab. Die Hardcore-Szenen wurden aus der weicheren Fassung des Films nicht immer vollends sauber entfernt, womit es also an einigen Ecken und Enden noch etwas zu sehen gibt, was man so in einem Werk dieser Art nicht zwingend erwartet hätte. Freunde von bildschirmfüllenden Bermudadreiecken, aus denen das rote Auge des Taifuns einen in Grund und Boden starrt, werden ganz ordentlich bedient. Und zur Ehrenrettung des Werk als Ganzes muss man natürlich schon sagen, dass EIN SOMMER AUF DEM LANDE zumindest optisch für ein Schmuddelstück ziemlich anständig aussieht. Bis zu den Hochleistungsbildern eines Hubert Frank ist aber trotzdem noch ein ganz schönes Stück.
#327
Geschrieben 10. Juni 2006, 11:22
(USA 1965 – Norman Taurog)
Der wahnsinnige Wissenschaftler Dr. Goldfoot, der sich hinter der Fassade eines Beerdigungsunternehmers verbirgt, will das Vermögen der mächtigsten Männer der Welt auf seine Seite bringen. Deshalb jagt er den Reichen und Superreichen aller Kontinente speziell auf deren Geschmack abgestimmte Roboter-Weiber auf den Hals, die er zuvor in seiner „Bikini-Maschine“ im Keller hergestellt hat. Gegen derlei sträfliches Tun ziehen ein geprelltes Opfer und ein Agent, dem niemand glaubt, zu Felde.
Dass DR. GOLDFOOT ziemlich teuer war, sieht man schon daran, dass er für einen AIP-Film nicht mit Außenaufnahmen geizt. Fürs Auge gibt es in dem Film viel zu sehen. Bunte Bauten, blinkende Knöpfe – und das alles im Scope-Format. Das Ende, eine schier endlose Verfolgungsjagd quer durch San Francisco, ist zudem ungeheuerlich ideenreich und rasant inszeniert und ein würdiges Finale. Zwischendrin wird mit der Wiederverwendung des Pendel-Sets aus THE PIT AND THE PENDULUM aber auch Sparsamkeit an den Tag gelegt. Vincent Price gibt die Titelrolle mit Witz und Spaß an der Sache. Die anderen Beteiligten, vor allem Jack Mullaney, der hier einen Trottel vom Schlage eines Jerry Lewis gibt, betrachtet man bei ihren Schusseligkeiten und Dummheiten eher mit gemischten Gefühlen. Vieles in DR. GOLDFOOT ist so brachial komisch, so hektisch, so nervig, dass der ganze Film stellenweise schon zu einer sehr anstrengenden Unternehmung wird. Dafür entschädigt der tolle Titelsong von den Supremes und die blödsinnige Idee mit dem „Spaß-Finger“ im Trailer.
#328
Geschrieben 10. Juni 2006, 15:15
(USA 1970 – Brian G. Hutton)
Durch Zufall findet der ehemalige Offizier Kelly heraus, dass in einem kleinen französischen Dorf hinter den feindlichen Linien 14000 Goldbarren der Nazis zwischengelagert werden. Während eines dreitägigen Fronturlaubs nutzen er und ein bunter Haufen kriegsmüder Soldaten die Gelegenheit, einen Privatfeldzug zur Bergung des Goldes zu unternehmen.
Der Film folgt zwar prinzipiell der Marschroute, die Hutton bereits mit seinem unschlagbar guten WHERE EAGLE DARE eingeschlagen hat, bietet aber neben viel Knall und Peng auch einige durchaus gelungene Momente, wo Spaß und gute Laune regieren. Mit Donald Sutherland in der Rolle des Panzerfahrers Oddball (Spinner in der deutschen Fassung) hält sogar ein wenig zeitgemäße Flower Power Einzug in den Kriegsfilm, der eigentlich eh keiner ist – zusätzlich unterstrichen von Lalo Schifrins Musik, die sich generell sehr gegenwartsverhaftet zeigt. Der Film versteht sich durchaus als imposantes und überaus interessantes Heist-Bravourstück, bei dem die Beute gar eine solche große Verlockung darstellt, dass sogar der Nazi nicht lange überlegen muss, um seine Führertreue an den Nagel zu hängen. Gerangel um Anteile, Beschiss und Verrat gibt es nicht. Insgesamt ist der Film die ganze Zeit trotz allen Kanonengetrommels irgendwie ganz friedlich und versöhnlich - zumindest, wenn es um die Gruppe Rauhbeine geht. Sauberes Abenteuer steht auf dem Programm, in dessen Konzept auch ein spaßiges Italo-Western-Zitat gegen Ende nicht fehlplaziert wirkt, wenn die drei Hauptakteure zum Duell auf dem Marktplatz ganz Leone dem übermächtigen deutschen Tiger-Panzer entgegenschreiten. Toll auch, wie gut die deutsche Synchronfassung funktioniert, die teilweise einen eigenen Sprachwitz pflegt und dennoch nicht sinnentstellend ausgefallen ist. Sie ist zwar anders, der OF aber durchaus auf ihre Weise gewachsen. So etwas fällt auch erst wieder so richtig auf, wenn man sich mit blutenden Ohren durch elende Synchron-Stangenware hat quälen müssen. Aber man ist dann doch sehr froh, dass es so eine hohe Qualität mal gegeben hat. Egal wie, der Film ist noch immer ein Knüller, wenn es schon nicht wenig schmerzt, dass die deutsche Tonspur auf der DVD nur noch Mono bietet und nicht mehr den alten Stereo-Ton der Kino-Erstaufführung.
#329
Geschrieben 10. Juni 2006, 21:19
(USA/Deutschland 2005 – Rob Zombie)
Die Ordnungshüter stürmen die Farm der Familie Firefly. Mutter Firefly wird von der Polizei gefangen genommen, der Rest der Bande kann sich gerade noch dem Zugriff der Staatsmacht entziehen. Quer durch Texas ziehen sie fortan eine Schneise aus Gewalt, Tod und Verwüstung. Nachdem Sheriff Wydell zudem erfahren hat, dass die Familie auch seinen Bruder auf dem Gewissen hat, sinnt er auf Rache.
Der Film schließt an DAS HAUS DER 1000 LEICHEN an, kommt aber im Grunde auch ohne die Vorgeschichte aus. Das, was man wirklich für den Film wissen muss, klärt sich im Verlauf von THE DEVIL’S REJECTS. Einige Details bleiben ohne die Vorkenntnisse jedoch verborgen. DAS HAUS DER 1000 LEICHEN hat mir weniger gefallen, der Nachzügler dafür allerdings umso besser. Geblieben ist zwar das ruppige Spiel mit der Kamera und die etwas unübliche (und manchmal für das MTV-ungeschulte Auge verwirrende) Ästhetik des Films, gegenüber den LEICHEN hat der Film jedoch den Vorteil, dass er seine Wurzeln – Manson, TEXAS CHAINSAW MASSACRE, Nerventerror und Sadismen a la THE LAST HOUSE ON THE LEFT – weitaus besser zu verkaufen versteht. Wieviel Zombie daran lag, seine Rolle rückwärts ins Kino der 70er gekonnt hinzulegen, davon zeugen auch kleinste Details (beispielsweise die TV-Sprecher mit den ausnahmslos grauenhaft bunten Hemden und sensationell unpassenden, breiten Krawatten, die in ihren an „Dalli dalli“ erinnernden Studios hocken) und Darsteller, die der Film zu bieten hat. Neben Sid Haig gibt es noch Ken Foree als dessen Filmbruder (und ihr Zusammenspiel macht wirklich Spaß), Michael Berryman ist mit dabei und selbst Mary Woronov und P. J. Soles (alt geworden) sind auszumachen! Gerade durch seine unendlich abartigen Charaktere mit durchweg windschiefen Äußeren und die geschickt über den ganzen Film verteilten Nebendarsteller macht der Film gewaltig Boden gut, denn die Handlung ist – trotz aller optischen Spielereien und der Tatsache, dass die Gewalttaten zuweilen wirklich an den Nerven zu rütteln vermögen – im Grunde eher für die Tonne. Weitaus höheren Unterhaltungswert haben da schon eher die zuweilen pointiert gesetzten abartig-komischen Dialoge, mit denen der Film ebenfalls ganz gut gefüllt ist.
#330
Geschrieben 11. Juni 2006, 06:37
(Hongkong 1993 – Casey Chan)
Der Film handelt davon, dass am Ende ein Gewächshaus aus dem Baumarkt kaputt ist. Vorher gibt es noch eine brutal uninteressante Geschichte um eine junge Frau, eine Killerin, die bei einem Auftrag ihre Freundin aus Kindertagen umbringt und deren Leben übernimmt, Falschgeldgeschäfte, Erinnerungen an unbeschwerte Zeiten und die Züchtung einer Blume mit schwarzen Blüten. Bis dann am Ende - wie gesagt - das Gewächshaus kaputt und der Film aus ist. Waise Lee und Michelle Reis machen mit, was wenig daran ändert, dass der THE BLACK MORNING GLORY ein Stück Schwerstarbeit ist und kein Vergnügen. Verschärft noch dadurch, dass aus den Lautsprechern, sobald man den falschen Knopf drückt, ein deutscher Synchronton in Dolby 5.1 Splitted (wow!) kräht, der ganz eigene Symbiose mit diesem lustlosen Werk eingeht. Da haste doch was für die Mark! Schon lange her, dass ich mich vor der Glotze dermaßen geödet habe. Beim Ausschalten sprang der Fernseher automatisch und aus welchen Gründen auch immer auf HSE24. Auch das noch.
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