Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#781
Geschrieben 05. Juni 2007, 14:07
(Hongkong 1974 – Chang Cheh)
Fang Shih Yu wird ein Mord angehängt, nachdem er den Gang durch die Allee der Holzmänner bei den Shaolins geschafft und zu einem unüberwindlichen Kämpfer geworden ist. Er verbündet sich mit den Rebellen Hu Huei Chien, der das als Selbstmord ausgewiesene Verbrechen an seinem Vater mit den 1000 Mann der Jin Lun-Schule abrechnet, und Hung Hsi Kuan, dessen Hobby es ist, die Männer der Qing-Regierung kaputtzuschlagen, sobald diese nur um die Ecke lugen. Die Qings beschließen, die Shaolin-Tempel, seit jeher als Orte bekannt, in denen jungen, beeinflussbaren Menschen neben der Kampfkunst auch die Rebellion gegen die Obrigkeit eingeimpft wird, zu vernichten. In der alten und ziemlich zerstörten Tempelanlage des Klosters Qin Yun nun treten die drei Kämpfer nebst ein paar Helfern gegen Meister Gao und das Qing-Regime an. So richtig los geht der Film erst nach ziemlich genau einer Stunde Spielzeit, dann erst wird der Titel des Films neben allen wichtigen Credits zu den Bildern brennender Tempel über die Leinwand geschickt. Zuvor investiert Cheh jede Menge Zeit, seine drei Helden ins rechte Licht zu rücken, was bei ihm vor allem in ausgewalzten Kampfszenen geschieht, die durchaus ausgesprochen eindrucksvoll anzusehen sind, den Film aber nicht zwingend voran bringen. Die Handlung ist für einen Film, der gerade mal die magische Grenze von 90 Minuten streift, viel zu kurz umrissen und nicht immer der Ausbund an Nachvollziehbarkeit. Mitzukommen und das Geschehen halbwegs chronologisch auf die Reihe zu kriegen (in einer Szene gibt’s was mit der Faust aufs Auge, in der nächsten ist es bereits drei Jahre später, worüber man nur in einem knappen Nebensatz informiert wird), erfordert nicht wenig Aufmerksamkeit. Der Film, der auch nicht wenig seiner Faszination daraus zieht, dass er ordentliche und wie gewohnt überaus schöne Szenen in der freien Natur und eben nicht nur Studiobilder liefert, ist zudem auch mit etwas viel Tand beladen. So ist Alexander Fu Shengs Charakter mit einer beispiellosen Unverwundbarkeit gesegnet, die er dadurch erlangt hat, dass seine Mutter ihn seit frühester Kindheit in einem besonderen Wein badete. Lediglich der Arsch, den er im Bottich immer dichtgekniffen hat, bietet sich als Angriffspunkt an. Dem Film selbst bringt diese hübsche Idee leider gar nichts, weil er vor allem als handlungsschweres Epos angelegt ist und weniger als versponnener Superhelden-Aufwasch. Zu knapp ist die Zeit, als dass das Potential solcher schönen Beigaben in irgendeiner Form relevant wird. Und nicht zuletzt zugunsten all solcher Dinge erfährt man beispielsweise von der angedrohten Rache eines Abts der Shaolin an einem Qing-Bösewicht mit Namen Zhi Shan dann nichts mehr, obwohl das für das Verständnis der Geschichte rund um Fang Shih Yus Charakter wohl von Wichtigkeit gewesen wäre. Aber gut. Dass in Chehs Film „Mars“ aus den Planeten von Holst ertönt, sobald die Qings auf der Leinwand erscheinen, hilft in dem etwas großen Durcheinander wenigstens, die Guten von den Schlechten jederzeit auseinander zu halten. Und lustig ist die Idee ja auch irgendwie. Um so richtig zünden zu können, verlangt der Film aber mindestens nach der Ausführlichkeit von THE WATER MARGIN, denn MEN FROM THE MONASTERY ist in der Tat ja alles andere als schlecht, nur halt viel zu vollgestellt für straffe 90 Minuten.
#782
Geschrieben 06. Juni 2007, 08:02
Gleich zu Beginn werden zwei höchst unsympathische Teenager, die auf ihren Fahrrädern eine Bergtour machen, von dem schwarzen, fetten, stets infernalisch hupenden Geisterauto geplättet. Nichts anderes haben sie verdient. Dann fährt das Monstrum weiter in ein kleines Wüstekaff und tyrannisiert, terrorisiert und mordet munter im und um den Ort herum alles, was sich nicht schnell genug verdünnisiert. James Brolin und seine Polizeikumpels müssen schon bald Unglaubliches herausfinden, denn das Auto ist gegen Kugeln gefeit, geht aus jeder noch so ungeheuerlichen Karambolage unverbeult und unverschrammt hervor und am Steuer sitzt nach Zeugenaussagen auch niemand. Da hat der Deibel höchstselbst seine Finger im Spiel, was der Film vor allem auch dadurch demonstriert, dass der Killerwagen den geweihten Boden eines anständigen Friedhofs, auf den sich ganz viele, zuvor unglaublich schlecht musizierende Grundschulkinder gerettet haben, nicht befahren kann. Schade. Anstatt aber nun die Karre einfach in eine Pfütze aus Weihwasser zu locken, rückt man ihr am Ende mit einer Wagenladung Dynamit ans Blechle. Leider bleibt bis zum (fortsetzungsträchtigen) Schluss unklar, warum der Teufel mit dem schwarzen Auto durch die Lande zieht und harmlose amerikanische Bürger zermatscht. Und nicht nur da zottelt der Film dem ungekrönten König der Geisterkisten, DRACULAS TODESRENNEN, und selbst Carpenters King-Verfilmung CHRISTINE etwas kraftlos hinterher, sondern vor allem auch in den Actionszenen, in denen mit schnellen Schnitten und viel Kameragepurzel kaschiert wird, was in den anderen Filmen gut zu sehen ist: zermalmtes Blech und hier und da auch etwas Gekröse. DER TEUFEL AUF RÄDERN begnügt sich damit, in rasanten Schlitterfahrten vor allem ordentlich Wüstenstaub aufzuwirbeln und den Motor bedrohlich aufheulen zu lassen. Kann man mal machen, hält aber ganz sicher nicht 90 Minuten lang bei Laune. Das schafft viel eher die ziemlich gute Besetzung, die mit James Brolin, Ronny Cox und R. G. Armstrong, der in diesem Schockerstück einen Farmer spielt, der schon früh am Morgen seine Frau prügelt und durch den Vorgarten schleift, in der Tat gut und üppig ausgefallen ist. Alles andere als schlecht auch der Kniff, die heroische Grundschullehrerin und Brolins Liebchen nach einer Stunde dem Blechkasten als unfreiwilliges Opferlämmchen vor die Räder zu schmeißen. Das gleicht zumindest etwas aus, dass DER TEUFEL AUF RÄDERN keine vernünftigen Action- und Verfolgungsszenen zu bieten hat, obwohl die sich ja für einen Streifen dieses Kalibers nicht nur anbieten, sondern geradezu aufdrängen. Dass der Film aber auch ganz groß sein kann, wird mit Szenen wie die bewiesen, in denen die Karre durch ein Haus donnert und zwei Streifenwagen im wahrsten Sinne des Wortes überrollt. Auch der Feuerzauber am Ende kann sich wirklich sehen lassen. Zu dumm, dass der Film mit solchen Dingen nicht häufiger gespickt und das ja durchaus vorhandene Schocker-Potential des Films nicht mit einem entsprechenden Bilderreigen besser ausgeschöpft wurde. Punkten kann DER TEUFEL AUF RÄDERN vor allem wegen der nervigsten Hupe aller Zeiten und dem Umstand, dass es bedauerlicherweise nicht so viele Filme mit Killerautos gibt. Und die paar, die da sind, sind über alle Qualitätsschranken hinweg wohl oder übel zu ehren.
(Für Funxton)
#783
Geschrieben 07. Juni 2007, 07:27
(USA/Deutschland/Großbritannien 2003 – Jonathan Mostow)
Aus dem unsympathischen Fratz aus dem zweiten Teil ist ein herumstreunender, heimatloser junger Erwachsener geworden, der um sein tägliches Überleben kämpft. Aus der Zukunft reisen nun dazu: ein schon etwas angefalteter Arnold, der in der besten Szene des Films wie der Tall Man aus den PHANTASM-Filmen einen Sarg mit sich herumschleppt, und ein Fotomodell mit norwegischem Vornamen und strenger Frisur. Der Arnold will John Connor nur Gutes, das Fotomodell, das sich bei Bedarf die Titten aufpumpen kann, nicht. Dann muss noch eine alte Liebe von Connor her, Fräulein Schön, eine Tierärztin. Den Rest des Films wird fröhliche Hatz betrieben und um das Super-Computerprogramm Skynet gekämpft, damit der Doomsday, der eigentlich schon bereits in Teil 2 abgepfiffen wurde und sich nun aber erneut ankündigt, weiterhin nicht stattfinden kann. Noch weitaus weniger als in den vorangegangenen Filmen kommt es dabei auf Logik und Nachvollziehbarkeit an, sondern ausnahmslos darauf, dass all das, was man in die Bilder gestellt hat, auch tatsächlich kaputt gemacht werden darf. Dabei nimmt sich der Film zuweilen aus wie eine Crash-Orgie vom seligen Halicki, ist dabei aber weder so sympathisch noch durchgehend so unterhaltsam. Einher mit Dauerkrawall geht eine fast schon herrliche Naivität, die mit Übertriebenheiten aller Art – mal vorgetragen mit ernster Mine, mal mit zwinkerndem Auge – die Ehe einzugehen versucht. Nicht wenig fühlt man sich dabei zuweilen an dummdusselige, aber in sich schlüssigere Ballerknallereien aus den 80er und 90er Jahren erinnert. Und dabei offenbaren sich auch die beiden größten Fehler des Films, nämlich seine Besetzung und sein viel zu hohes Budget. Mit einen Lorenzo Lamas, Reb Brown oder zumindest Gary Daniels und ein paar für ein jugendliches Publikum völlig ungeeigneten Ruppigkeiten wäre TERMINATOR 3 eine richtige Granate geworden und nicht nur eine auf Kasse zugeschnittene, formal wie inhaltlich untragbare und damit auch im Grunde total wertfreie Großkotzerei. Immerhin: Blendwerke wie TERMINATOR 3 geben eindeutig Auskunft darüber, wie wertvoll die im Keller herumstinkende VHS von R.O.T.O.R. eigentlich ist und machen unmissverständlich klar, wie viel kostbare Zeit man vor der Glotze vergeudet.
#784
Geschrieben 08. Juni 2007, 22:58
Wenn auch die Mordserie in Argentos vielleicht ausgewogensten Film zunächst etwas tollkühn und so gar nicht glaubhaft damit losgetreten wird, dass die hellsichtige Ullmann bei einem parapsychologischen Kongress einen Menschen mit dunkler Vergangenheit im Publikum wähnt, dessen Gedanken zudem einzig ums Töten kreisen, fängt sich der Film doch recht flott in bewährtem Krimistrick auf. Wie gut der zunächst etwas holperig erscheinende Anfang aber eigentlich zur zweiten Hälfte des Films passt, die zu großen Stücken in der als Spukhaus verschrienen leeren und überaus hübschen Villa spielt, in der David Hemmings in den Fußstapfen Tony Musantes auf eigene Faust nach Hinweisen auf den Mörder sucht, geht einem erst so richtig im Rückblick auf. Ganz meisterlich hält Argento in PROFONDO ROSSO die Balance zwischen Krimi und Schauerstück und mit weitaus besserem Resultat als bei den bis in die 70er Jahre hinein durch die Kinos gespülten und gemeinhin als Gruselkrimis verkauften Wallazen, die in der Tat einmal zu oft ihr Schauerpotential zugunsten von Gehampel und Lächerlichkeiten weit unter Preis verramschten. Mit der Kunst dieser Endlosserien steht Argentos Films schon allein deshalb auf Kriegsfuß, weil er nach ziemlich genau 16 Minuten seinen Killer zeigt – wenngleich man es eigentlich nur dann mitbekommt, wenn man wirklich aufpasst wie ein Luchs. Dass sich Argento vor allem mit diesem Film als Virtuose im Spiel mit Farben, Formen, Schatten und dem höchst effektiven Einsatz von Musik empfiehlt, ist ohnehin klar. Geschlagen wird dies höchstens noch durch die meisterhafte Inszenierung von Räumen und ganzen Bauwerken, die in PROFONDO ROSSO ausnahmslos beängstigend bis bedrohlich erscheinen und dem Film damit allein schon aus dem Gros der „Gelben“ herausstechen lassen. Dafür nimmt man auch gerne hin, dass Daria Nicolodi mit ihrer mal flippigen, mal forschen, durchweg jedoch etwas naiven Darstellung der Heroine zuweilen den Pausenclown macht. Amüsante Unterhaltungseinlagen dieser Art hat der Film auch nicht nötig, denn langweilig ist PROFONDO ROSSO selbst dann nicht, wenn man ihn schon ein Dutzend mal gesehen und also bereits alle Winkel sattsam erkundet hat. PROFONDO ROSSO ist ein zeitloser Film, gemacht für die Ewigkeit.
#785
Geschrieben 09. Juni 2007, 07:02
((BR) Deutschland/Spanien 1968 – Jess Franco)
Mit fast genau einem Jahr Abstand kann man sich diesen Franco gerne mal wieder beschauen. Dass die Roten Lippen Reynaud und Yanni in einer Pilsstube herumtröten wie Captain Cook und seine singenden Saxophone und die Reynaud dabei in den zur Schau gestellten Glitzerklamotten wie Catherina Valente in ihren besten Tagen aussieht, macht den Film an sich bereits sehr wertvoll. Vom Inhalt bleibt ohnehin nicht viel hängen. Das ist zum einen ganz klar den beiden reizenden Damen anzulasten, zum anderen der sich ohnehin wie ein Sturzbach über den Zuschauer ergießenden Geschichte, die mit lustigen Absurditäten wie den Kapuzen-Sektierern, einigen falschen Interpol-Agenten, Dschungel-Amazonen, dem wie immer erstklassigen Michel Lemoine als Zauberlehrling mit wenig Ahnung und zwei in roten Badehosen und sonst nix steckenden Supermännern aus dem Reagenzglas, Andros 1 und 2, sowieso ziemlich voll ist. Die künstlich erschaffenen und mit Sapsche aus dem Chemiebaukasten aufgepäppelten Wesen will Chris Howland – hier in seiner schönsten Rolle seit DER HENKER VON LONDON – gleich zu Beginn als „Menschen in Dosen oder so was“ verstanden wissen. Das ist zwar genau genommen jedoch eher das Thema von Mikels unschlagbarer und erst vier Jahre später entstandener LEICHENMÜHLE, für sich genommen aber nicht weniger visionär wie die seiner Zeit tüchtig vorauseilende Darstellung der Frau in diesem Fetzer. Die darf mal Sexluder sein, mal Emanze, stets aber unerreichbar für die Männer, die sich bei Franco allesamt von ihren Klöten lenken lassen, sich deshalb in Unvorsichtigkeiten gnadenlos vertappen und also zu bereitwilligen Opfern für Mordanschläge aller Art werden. KÜSS MICH, MONSTER ist ein Spaßmacher mit einigen hübschen Wackelbildern, schmissiger Musik und bietet in nicht mal 80 Minuten Spielzeit eine nicht zu unterschätzende Dichte an sich lasziv herumräkelnden Frauen, die durch das häufige Übereinanderschlagen ihrer Beine vergessen machen, dass rasante Action nicht zwingend ins Leistungsverzeichnis eines Agentenfilms gehören muss.
#786
Geschrieben 09. Juni 2007, 07:03
Im Hintergebäude vom Broadway gab es damals noch das exzellente Berolina. Die Säle des Hauses teilten sich zu gerechten Stücken Porno- und Horrorfilme aus der jeweils absolut untersten Schublade. Das Kino fiel bereits der ersten großen Videoschwemme in den 80er Jahren zum Opfer und ist also schon ewig tot. Hingehen konnte ich da nicht. Dort einen Handyladen, eine Automatenspielhalle oder noch eine Wechselstube vorzufinden, hätte ich nicht ertragen.
#787
Geschrieben 10. Juni 2007, 07:31
(Frankreich/(BR) Deutschland 1987 – Louis Malle)
Der zurückhaltende und seine Nase unentwegt in Büchern steckende Julien freundet sich nach einigen Hindernissen mit Jean an, dem Neuzugang in einem katholischen Internat während der Besatzungszeit. Stück für Stück muss Julien entdecken, dass die Schulleitung jüdischen Kindern - darunter auch Jean - eine Zufluchtsstätte bietet und sie damit vor der Deportation bewahrt. Am Ende kann natürlich nicht ausbleiben, dass die Deutschen die Juden durch einen Verräter doch noch finden und abführen. Bei Malles stark autobiografischen Film geschieht dies nicht ohne entsprechend dicken Klos im Halse, doch beherrschen nicht nasse Augen das Ende in AUF WIEDERSEHEN, KINDER, sondern vor allem das blanke Entsetzen. Sehr bescheiden geht der Film auch mit seinen wahren Helden um, allen voran der Schulleiter Pater Jacques, die Kopf und Kragen riskieren, um ein paar Menschenleben vor dem sicheren Tod zu bewahren. Gefeierte Gutmenschelei und die unentwegte Zuschauertreiberei mit der Emotionspeitsche findet hier nicht statt. Die Geschichte, die Malle mit nur sparsamen Ausschmückungen erzählt, genügt vollkommen, um die entsprechende Furche in einem zu hinterlassen. Gerade der sich durch Zurückhaltung auszeichnende Inszenierungsstil trägt viel zum Gelingen des Films bei, sodass AUF WIEDERSEHEN, KINDER also auch mir gefallen hat. Und weil ich von Malle bisher – wenn’s hoch kommt – lediglich drei oder vier Filme gesehen habe, ist nun also der Entschluss gefasst, dass noch ein paar weitere Werke von ihm ins Haus müssen.
#788
Geschrieben 10. Juni 2007, 07:34
Die Ferien verbringt die knackjunge Catherine bei ihren vermögenden Eltern am Amazonas, die dort eine Kautschukplantage betreiben. Bei einem Ausflug mit dem Hausboot werden sie jedoch überfallen und während Catherines Eltern hübsch blutig ins Gras beißen, wird Catherine von den Kriegern eines wilden Stammes entführt, der sich bestens auf das Handwerk des Kopfabschneidens versteht. Nun glaubt Catherine, dass die Eingeborenen am Tod ihrer Eltern Schuld haben, was sie daran hindert, mit dem jungen Krieger Umukai eine Liaison einzugehen. Aber als sie nach ungefähr einem Jahr endlich lernt, sich sprachlich auszutauschen, kriegt sie serviert, dass gar nicht die Dschungelmänner die beiden Alten auf dem Gewissen haben, sondern ein paar Weiße, die ans dicke Geld wollten. Also nimmt sie nach Art des Dschungels Rache, stellt sich danach allerdings den Behörden und landet vor Gericht. Der Kniff, dass die ganze Geschichte als verfilmte Zeugenaussage von Catherine Miles abläuft, ist gar nicht mal so doof. Weitaus schlechter ist da schon der pseudodokumentarische Rahmen des Ganzen gewählt, der gelegentlich und zudem äußerst halbherzig um das gewisse Maß an vorstellbarer Authentizität bettelt, das bislang noch jeder Italo-Dschungelschocker mitzubringen in der Lage war. Dass AMAZONIA jedoch u. a. auch ziemlich frech als CANNIBAL HOLOCAUST 2 zu Markte getragen wurde, lässt lediglich klar erkennen, wo hier in Sachen Kasse das Ziel gesteckt worden ist. Inhaltlich wird hängt sich der Film aber eher an MONDO CANNIBALE 3. TEIL aus dem Hause Franco, was ich persönlich auch ganz in Ordnung finde. Statt Kannibalen gibt es jedenfalls diesmal Kopfjäger, ansonsten hat sich nicht viel geändert, alles bleibt im Grunde wie gehabt: der weiße Mann aus der Zivilisation ist einmal mehr das wahre Ungeheuer, die eingeborenen Mädchen erinnern ein wenig an Me Me Lay und die mitunter ganz saftigen Blutleckereien sind zahlreich und in gewohnt guter Dosierung über den ganzen Film verteilt. Im Grunde reicht das ja auch schon. Gariazzo zitiert nebenher noch so manche schöne Szene aus LEBENDIG GEFRESSEN (Deflorationsritus) und DIE RACHE DER KANNIBALEN (Madenmampfen) und verliert sich nicht so häufig in eingeschnittene Tieraufnahmen. Ein Kakadu sitzt herum und die Tiger (!) dürfen sich einmal ein Bambi und einmal ein Äffchen zwischen die Kiemen schieben. Alles Natur, alles halb so wild. Weitaus hübscher da schon die mitunter sehr geschickt angerichteten Landschaftsaufnahmen. Wasserfälle, Sonnenuntergänge, endloses Grün – alles herrlich anzuschauen. Richtig gut ist auch die Musik des Films geworden. Das Titelthema hört sich an die Karaokeversion eines x-beliebigen Schlagers aus dem Repertoire Roy Blacks und hat auch fast so viel Charme wie das von den Zwiebel-Brüdern verzapfte Nella foresta vergine aus DIE WEISSE GÖTTIN DER KANNIBALEN. Für einen echten Dschungelschocker ist AMAZONIA trotz aller Matschereien viel zu sauber geraten und zieht beim Vergleich mit dem von Deodato höchstselbst im gleichen Jahr abgelieferten CUT AND RUN formal wie inhaltlich jederzeit den Kürzeren, dennoch unterhält AMAZONIA außerordentlich gut und ist die in ihn investierte Zeit absolut wert.
#789
Geschrieben 11. Juni 2007, 13:21
((BR) Deutschland/Frankreich 1961 – Max Pécas)
Durch den Tod eines weltbekannten Fotomodells kommt die junge Münchnerin Daniela in den Genuss eines Vertrages mit dem italienischen Modehaus Castelani. Der Chef, der mondäne Graf Luigi Castelani, führt die Deutsche zudem schon bald in die High Society ein. Bei einer rauschenden Party des Modezaren muss Daniela zwar entdecken, dass Castelani einen nicht so ganz astreinen Lebenswandel hat und auch in internationale Unterweltlereien verstrickt ist, jedoch ist das dumme Ding da bereits dem Charme des Mannes erlegen und auch für die eindringlichen Mahnungen anderer Mädchen und vor allem ihrer Hotelbekanntschaft, dem deutschen Zeitungskorrespondenten Herrn Bauer, nicht mehr zugänglich. Besonders hinterher ist man nun hinter einen Mikrofilm, der hohe Persönlichkeiten in Rom schwer belasten könnte und der durch Zufall in Danielas Ausschnitt landet. Obwohl die Reise dann noch mit einem Abstecher über München nach Paris geht und schließlich in einem malerischen bayerischen Dorf ein gutes Ende findet, so richtig in Fahrt kommt der dereinst wohl vor allem wegen einer Szene in einem Auszieh-Amüsierbetrieb ab 18 Jahren freigegebene Film dummerweise nicht. Dazu fehlt es allein schon an Spannung und eines gewissen Maßes Nachvollziehbarkeit des Gebotenen. Was genau auf dem rund eine Stunde lang gejagten Mikrofilm zu sehen ist, wird ebenfalls nicht wirklich erklärt (und gezeigt schon gar nicht), womit man am Ende also auch noch um den eigentlichen Clou der Geschichte nach Strich und Faden betrogen wird. Einzig die noch ziemlich junge Elke Sommer ist durchaus hübsch anzusehen, und gar nicht schlecht ist auch der Mief der 60er Jahre, der von der ersten bis zur letzten Einstellung durch den Film weht. Mit seinem Titel wird schwer auf Reißer gemacht, erfüllt wird dieses Versprechen blöderdings nicht. Statt eines Krimis, was der Film wohl mal sein sollte, bekommt man ein Jungmädchen-Drama voller Warnungen vor den Gefahren der großen weiten Welt und damit also vor allem einen ziemlich verkorksten Zelluloidplunder zugesteckt, der in seiner Beschaffenheit an so hervorragende Jugendverfehlungsfilme wie SCUM OF THE EARTH oder NACKT AUF HEISSEN STEINEN in keiner Weise heranreicht.
#790
Geschrieben 11. Juni 2007, 13:22
(Italien 1972 – Roberto Bianchi Montero)
Ein maskierter Killer mit obligatorischem Regenmantel über dem Buckel, Strumpfkondom über dem Kopf, breitkrempigen Hut auf dem Schädel und die Mördertatzen in schwarze Lederhandschen gestülpt, bringt fremdgehende Frauen mit einem Rasiermesser um und verziert die Leichen sodann mit Fotos, welche die Opfer beim Poussieren mit ihren Liebhabern zeigen. Kommissar Capuana hat einen hässlichen Schnauzer und keine Ahnung, wie er den Fall lösen soll, der zudem zu einem Politikum auszuarten droht, weil zwei der Opfer Frauen von hohen Regierungsmitgliedern waren. Schließlich reizt er den Täter dermaßen, dass dieser sich telefonisch beim Kommissar beschwert. Und der kann – wie beim ungleich besseren GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE – dank eines Geräusches auf dem Tonband schließlich dem Irren auf die Schliche kommen. Mit einer durchgehenden Handlung hat man es bei diesem „Gelben“ nicht so gehabt, wohl aber mit der Präsentation von nackten Frauen, die zuweilen aber weder schön sind, noch sich in Liebestollheiten üben. Etwas weniger gut abfinden kann man sich damit, dass der Film wirklich Mord an Mord reiht, ohne das da ein Mindestmaß an Bezug zum Rest des Werks hergestellt wird. Die Frauen springen also in ausgewalzten Szenenfolgen über die Klinge und helfen damit vor allem, die 90 Minuten Spielzeit irgendwie voll zu machen. Damit das alles weniger öde anzuschauen ist, hat man SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL eine ziemlich dufte Synchronisation spendiert, in der mit häufig verwendeten Begriffen wie „Schickse“, „Homo“ und „Arschficker“ ein ganz ansehnliches Fundament für den reißerischen Titel geschaffen wird. Überhaupt ist die Synchro mit weitem Abstand der wichtigste Grund, warum man sich den Film mehr als einmal ansehen kann. Auf dem Cover der alten VHS steht „Harter Krimi. Für Kenner!“ und dann noch in roter Schrift auf der Rückseite: „Dieser Film ist nur für starke Nerven, da die einzelnen Mordszenen genau dargestellt sind.“ Ist natürlich der totale Beschiss, aber wenn man mich schon vorab als „Kenner“ bezeichnet und mir dann noch genau dargestellte Mordszenen verspricht, dann werde ich immer schwach. So leid es mir hinterher auch immer tut.
#791
Geschrieben 13. Juni 2007, 10:00
(USA 1951 – Robert Wise)
Ein Außerirdischer, der sich als Freund der Menschen entpuppt, landet mit seiner Untertasse in Washington und will zu allen Völkern der Welt ein wichtiges Wort sprechen. Doch mit der Einigung der Völker, vor allem Russland und den USA, ist es auf Seiten der Politik gerade nicht so gut bestellt, weshalb sich der Marsmensch dann auch viel lieber mit den wesentlich einsichtigeren Wissenschaftlern unterhält, die als Übermittler der Botschaft fungieren sollen. Denn 1951 steht der Mensch ja bereits mit einem Bein weit über dem Abhang des nuklearen Wettlaufs sowie der damit verbundenen Gefahren, weshalb die Warnung aus dem All vor der Nutzung der Kernenergie zu Kriegszwecken gerade recht und auch gewiss nicht zu spät kommt. Dass man eine Geschichte rund um einen außerirdischen Menschenfreund auch ohne Peinlichkeiten und Kinderquatsch verpackt bekommt, beweist der Film sehr eindrucksvoll und bis heute eigentlich ungeschlagen. Bahnbrechend für seine Zeit sind zudem nicht nur die wirklich sensationellen Effekte, sondern auch die wunderschöne Musik von Bernard Herrmann, die, wenn ich mich recht entsinne, für weitere SF-Heuler jener Zeit gern mal Pate gestanden hat. Nicht zuletzt ist dem überraschenden Erfolg von DER TAG, AN DEM DIE ERDE STILLSTAND die SF-Schwemme der 50er Jahre zu verdanken, die eine Unmenge über jeden Zweifel erhabener Werke mit sich brachte. In denen war der Außerirdische zwar nie so richtig lieb und wurde deshalb in der Regel immer nach spätestens 80 oder 90 Minuten totgehauen, aber immerhin wurde diesen Filmen – wie zuweilen dem Werk von Wise - auch nicht unterstellt, sie würden religiöse Inhalte transportieren. In den Filmen, die nach DER TAG, AN DEM DIE ERDE STILLSTAND kamen, war der Mensch immer Herr aller Lagen und wusste sich stets zu helfen. In dem Film von Robert Wise kommen die Menschen eigentlich ziemlich schlecht weg. Keine Spur von Vernunft und von wegen Krone der Schöpfung. So gern ich mir anschaue, wie beispielsweise der Gemüsemann in DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT auf der clever von Menschenhand als Falle ausgelegten Hochspannungsmatte verwelkt, irgendwie glaube ich, der Wise hat recht.
#792
Geschrieben 13. Juni 2007, 10:02
(Japan 1989 – Shintaro Katsu)
Älter, schon mit grauen Haaren und leicht aufgedunsener Visage meldet sich 15 Jahre nach ZATOICHI’S CONSPIRACY der Anma mit der schnellen Klinge zurück. In einem kleinen Örtchen besucht Zatoichi einen zurückgezogen lebenden Freund und gerät mitten in ein Komplott gegen Boss Torazou. Der wird vom jungen Aufsteiger Goemon bei einer Sitzung brutal ermordet. Goemon genießt Rückhalt durch den ebenfalls noch recht jungen Ortsvorsteher Hasshuu, den Goemon mit der hübschen Ohan aus der Bosatsu-Familie und vor allem einer Kiste Gold schwer beeindruckt hat. Obwohl sich wenig später mit dem noch nach alten Regeln lebenden Ronin Akabei ein ernstzunehmender Gegner für Zatoichi hinzu gesellt, legt der in die Jahre gekommene Masseur am Ende den Sumpf ziemlich gut trocken. Ungewohnt für diesen Beitrag zur Filmreihe und vor allem auch eingedenk der Tatsache, dass der Film an der Schwelle zu den 90er Jahren entstand, ist der doch überwiegend extrem ruhige Inszenierungsstil mit langen (aber nicht langweiligen) Szenen voller zuweilen tiefsinniger Dialoge. Ungewohnt ist auch, dass die Kämpfe von unerhörter Brutalität sind und mit einer Schnelligkeit ausgetragen werden, die man dem in die Tage gekommenen Helden so nicht zwingend zugetraut hätte. Alle Achtung! Musikalisch befindet man sich mal wieder absolut auf der Höhe der Zeit. Neben gar nicht mal so unpassendem Synthie-Geklimper, das sich jedoch auch nicht viel anders anhört wie das aus einer Fragasso-Produktion aus Italien, gibt es noch ein englischsprachiges (!) Gesangsstück mit dem Titel „The Loner“, das von einem röhrenden Menschen namens Johnny vorgetragen wird. Das hätte es nun wirklich nicht gebraucht. Ansonsten zeigt sich auch der 26. Film der Serie ausschließlich von seiner besten Seite – vor allem in den wirklich exzellenten Schwertkämpfen und einem nicht weniger als 20 Minuten Spielzeit in Beschlag nehmenden Finale, bei dem einmal mehr alle Handlungsstränge mittels Waffeneinsatz zu einem guten Ende geführt werden. Satt macht auch dieser Beitrag noch nicht, weshalb es schade ist, dass hiernach dann wirklich nichts mehr kam – außer natürlich die Huldigung von Takeshi Kitano kurz nach Katsus Dahinscheiden im Jahre 2002. Obwohl die Menge der Filme nicht wenig abschreckt, aber die Zatoichis sind bei mir bestimmt nicht das letzte Mal gelaufen.
#793
Geschrieben 13. Juni 2007, 12:28
(USA 1932 – Victor Halperin)
Auf Haiti wollen Madeline und Neil den Bund der Ehe eingehen, treffen aber bei der Überfahrt von den USA auf den reichen Schnösel Beaumont, der auf Haiti eine Plantage unterhält und beide zu sich in seine Villa einlädt. Beaumont führt nun allerdings nichts Gutes im Schilde, denn er paktiert nach einigem Zögern und Zaudern mit dem sinistren Legendre, der für Voodoo allerlei übrig hat und in der Zuckermühle ausschließlich Untote schuften lässt. Mit Hilfe eines von Legendre aufgeschwatzten Zaubers will Beaumont Neil das hübsche Ding ausspannen und für sich gewinnen. Wie gewünscht kippt Madeline bei ihrer Vermählung (schein)tot aus den Latschen, was Neil in tiefe Verzweifelung stürzt. Doch mittlerweile ist auch in Legendre sichtliches Interesse an dem Mädchen erwacht. Dass sich Legendre und Beaumont schließlich wegen des Weibes behaken, kann nicht ausbleiben. Doch auch Neil ist nicht untätig. Mit Hilfe des in übernatürlichen Dingen bewanderten Dr. Bruner kann er alle Übeltätereien schließlich aufdecken. Ein hübscher Kampf mit Legendres Zombie-Armee bildet den Abschluss des durchgehend höchst spannenden Films, der auch visuell immer wieder begeistern kann. Nun ist es zwar so, dass der Streifen selbst für 1932 sehr statisch und antiquiert wirkt, die Darsteller sich auch etwas arg in großen theaterhaften Gesten verlieren und der Film zudem mit einer Vielzahl von Mitteln arbeitet, die man eher im Stummfilm suchen würde, aber dennoch bilden gerade diese Dinge ein durchaus passendes Fundament für die recht schaurige Geschichte. WHITE ZOMBIE war einer der ersten „richtigen“ Horrorfilme, die ich gesehen habe. Die Bilder des steilen Friedhofberges, die Szene, in der Lugosi seine Zombies mit satanischen Grinsen als seine ehemaligen Feinde vorstellt und natürlich die grotesk kreischende Zuckerrohrmühle, in die ein unachtsamer Zombie hineinfällt, haben sich mir unauslöschlich eingebrannt. Unendlich brutal kam mir der Film damals vor (Einschussloch im weiter herumwankenden Untoten, Lugosi schlägt nach seinem Abgang über die Klippe bös aufs Wasser auf und wird sofort von einer brausenden Welle weggespült, der Mühlen-Zombie), heute macht der Film mehr aus anderen Gründen und vor allem wegen dem diabolischen Lugosi Eindruck. Und das finde ich eigentlich recht gesund.
#794
Geschrieben 13. Juni 2007, 12:30
Zusammen mit seinem Gehilfen Crawford schraubt der etwas irre Professor Pretorious an einem Gerät namens Resonator herum, welches durch seine Schwingungen das Gehirn derart anregt, dass man mit der Anhangdrüse einen Blick in die vierte Dimension werfen kann. Und dort lauern vor allem bissige, durch die Luft wabernde Aale, Killerglibber und gewaltige Pflanzen aus Fleisch, die einem den Schädel vom Halse nuckeln wollen. Pretorious übelebt den Angriff der Dimensionstierchen nicht. Crawford wird in die Klapse eingewiesen, dort aber bald von der von der Bullerei hinzugezogenen Psychologin Chatherine wieder abgeholt. Unter Polizeischutz darf Catherine mit Crawford noch einmal das Experiment wiederholen, damit nicht nur bewiesen werden kann, das Crawford unter Umständen doch nicht so verrückt ist, sondern auch der Tod von Prof. Pretorious Aufklärung findet. Dabei stellt sich heraus, dass Pretorious munter die Seiten gewechselt hat und nunmehr in der vierten Dimension als sexbesessenes Gummimonster umherschwirrt, das fortlaufend seine Gestalt verändern kann. Dass mit den Wissenschaftlern so manches nicht stimmt, kriegt der Zuschauer bei Gordon ohnehin schon immer rechtzeitig aufs Tablett gelegt. In RE-ANIMATOR unternimmt Dr. Hill einen von Notgeilheit getriebenen Annäherungsversuche an die knackjunge Freundin eines Studenten, in FROM BEYOND hat Pretorious gleich neben dem Versuchslabor ein großzügig ausgestattetes S/M-Zimmerchen eingerichtet, in dem er – was uns Gordon anhand von Videos nicht vorenthält – am liebsten Weiber verdrischt, wenn er vom Experimentieren gerade die Schnauze voll hat (bzw. er vielleicht wütend ist, weil nichts voran geht). Kranke Welt. Die Vorlage von Lovecraft, derer sich Gordon hier bedient, kenne ich nicht, orakele aber einfach mal dahingehend herum, dass sich Gordons Interpretation allerlei Freiheiten erlaubt. FROM BEYOND ist vor allem Monsterkino mit ganz erheblichem Gummieinsatz, genau so, wie es in der zweiten Hälfte der 80er und Anfang der 90er Jahre schwer in Mode war. Im Director’s Cut des Films finden sich gegenüber der Erstauswertungsfassung etwas mehr als eine Minute lang zusätzliche Schweinereien, die eine oder andere ekelige Großaufnahme und die bessere Sicht darauf, wie Jeffrey Combs bei lebendigem Leibe seinen Kopf abgeschraubt bekommt. Der ganz große Wurf ist FROM BEYOND auch in der längeren Version nicht, was aber auch vielleicht daran liegt, dass sich ein Überraschungsknaller wie RE-ANIMATOR nun mal nicht am Fließband herstellen lässt. Trotzdem: In Sachen Unterhaltungswert kann der Streifen auch mit zwanzig Jahren auf dem Buckel noch ganz oben bei den Gummikrösern aus der Zeit mitmachen, ist besser als so manches, was danach mit Produzent Yuzna auf dem Regiestuhl entstand, bietet Monster und Mutationen satt und ist ohnehin der einzige mir bekannte Film, der u. a. davon handelt, wie einem Mann sein ihm mitten aus der Stirn wachsender Gehirnpimmel abgebissen wird. Allein dafür kriegt der Film schon sein Fleißsternchen.
#795
Geschrieben 14. Juni 2007, 13:23
Zatoichi kommt bei seiner Wanderung bei der alten Oume und ihrem spielsüchtigen Neffen Shinkichi unter. Im ihrem Ort herrscht große Aufregung, weil die Clans von Ginzo und Ogi gerade dabei sind, die Macht zu übernehmen und sich dabei von ihrer geldgierigsten Seite zeigen. Schutzgelder erpressen sie von den Händlern unter Anwendung von allerlei Gewalt im Tagesrhythmus, zum Leben bleibt da nicht mehr viel. Außerdem stehen Ginzo und Ogi die alteingesessenen Familien von Izutsu und Funahachi im Wege, die an Tradition und Ritualen festhalten und demzufolge hinderlich sind. Im Ort findet sich aber nun auch noch ein Geschwisterpaar ein, das eine alte Rechnung mit Ginzo und Ogi offen hat, und zwar aus der Zeit, als die beiden Mieswurze noch unter ihren richtigen Namen firmierten und mit Boss Kuchinawa von der Naruto-Familie aus Habgier einen einflussreichen Reishändler, den Vater der beiden nämlich, ermordeten. So schön eng die Story auch gestrickt ist und auch einen gefährlichen Ronin nicht vermissen lässt, der aus der Not heraus in Ogis Dienste tritt und der natürlich als einziger Zatoichi in Sachen Kampfstärke das Wasser reichen kann, so ist Kitanos Film vor allem eine Verbeugung bis zum Boden vor dem Gesamtwerk Shintaro Katsus und weniger der Versuch einer Wiederbelebung. Kitano gönnt sich selbst nur wenig Präsenz auf der Leinwand, taucht vor allem in den Szenen auf, die entweder Schwertkloppereien bieten oder diese einleiten, und sonderlich gesprächig ist er auch nicht. Katsus Zatoichi umgibt sich dagegen gerne mit Menschen, plaudert und labert, lacht und schäkert und macht unentwegt Witze über sich selbst. Davon ist Kitano weit entfernt. Sein Zatoichi hat eher was von einem in die falsche Zeit gesetzten VIOLENT COP, der vor allem verdrießlich aus der Wäsche schaut. Dennoch ist Kitanos Interpretation alles andere als schlecht, immerhin transportiert er alle anderen Wesenszüge (bis hin zum etwas tapsigen Gang) der Vorlage ziemlich genau. Ähnlich der TV-Serie mit Katsu, bei der in der letzten Folge Zatoichi das Augenlicht wiedererlangt, stellt sich zum Schluss in Kitanos Film heraus, dass der Anma gar nicht vollständig blind ist. Das ist als Kniff und Witz sicherlich gut gemeint, demontiert allerdings auch nicht übel die fast schon mit überirdischen Gaben gesegnete Figur, wie sie Katsu in seinen 26 Filmen darstellte. Der Inszenierungsstil von Kitano hingegen kann sehr gut an die besten Arbeiten der alten Serie anknüpfen. Manchmal bestimmt allein seine Form den modernen Zatoichi mehr als der Inhalt, ebenso hat die Musik einen wesentlich höheren Stellenwert bekommen und funktioniert auch als Taktstock für die Stimmungslagen in dem Film wirklich exzellent. Am Ende löst sich der Film – wie auch einige der Zatoichi-Abenteuer aus den 60er und 70er Jahren – in einem frohen Fest auf, alles ist ganz Tanz und Musik, die dunklen Tage sind gezählt. Zatoichi indes muss auch in diesem Film allein weiterziehen. Leider bis heute keinem neuen Abenteuer entgegen. Und das ist eigentlich das größte Manko dieses Werks.
#796
Geschrieben 14. Juni 2007, 13:24
((BR) Deutschland/Spanien 1969 – Jess Franco)
Überall auf der Welt verschwinden hübsche Tänzerinnen, Mannequins und Fotomodelle auf unerklärliche Weise. Der Millionär Radek, der in einer der Verschwundenen verliebt ist, beauftragt das Rote-Lippen-Duo nach seiner Flamme zu suchen. Regina und Diana finden in der Kunst des zurückgezogen lebenden Malers Klaus Tiller eine erste Spur, denn seine jüngsten Kunstwerke zeigen verschreckte Frauen, die den Vermissten wie aus dem Gesicht geschnitten sind. Klarerweise können die Roten Lippen den Killer am Ende entlarven und zur Strecke bringen. Besonders gelungen ist die Idee, dass dieser „eine neue Form der Kunst: die Kunst des Schreckens“ schaffen will und sich dazu eines durch Drogenexperimente verunstalteten Faktotums mit dem Namen Morpho bedient, der die entführten Damen unter allerlei Gegrunze umbringt, während der Meister den Moment des Todes mit dem Pinsel festhält. Mit Michel Lemoine hat man einen Darsteller gefunden, der eigentlich auch ohne Handrückenperücke und Fusseln im Gesicht zu erschrecken versteht, aber natürlich als „Wolfo“ auch ausgesprochen zu gefallen weiß. Die meiste Zeit des Films wird ohnehin nicht wirklich mit dem Fall verbracht, sondern mit Lakengeraschel und der Präsentation von Unterwäsche und Bademoden durch die Damen Yanni und Reynaud sowie unendlich vielen dummen Sprüchen. Wenn sich Rosalba Yanni gleich zu Beginn aus dem Bett schält und den Zuschauer im Saal direkt anspricht („Meine Herren, entschuldigen sie, die Kamera muss näher ran, ich bin nämlich völlig ohne!“) dann ist man durchaus gewillt, dem Filmdienst recht zu geben, der in harschem Ton vor allem die „Spekulation auf die Lüsternheit alter Männer“ dieses ansonsten recht schönen Films verurteilte. Aber nur einen kurzen Moment natürlich, denn was ist denn schon dabei? Natürlich sind die Damen in diesem Film – nicht nur vertreten durch Reynaud und Yanni – vor allem dazu da, dass man an ihnen mit den Augen schlingernden Kurvenfahrten unternehmen kann. Den Krimiplot gibt es fast schon geschenkt oben drauf, ebenso Jess Franco selbst in seiner Paraderolle als dummer August, der auf den schönen Namen Napoleon Boulevard (!) hört. Dummerweise habe ich es noch nie auf die Reihe bekommen, die beiden Rote-Lippen-Filme in der chronologisch richtigen Reihenfolge zu sehen. Im Grunde spielt das zwar auch keine Geige, weil jeder Film auch für sich allein wunderbar funktioniert, jedoch allein der Umstand, dass in SADISTEROTICA Chris Howland als Interpol-Agent McClune eingeführt wird und in KÜSS MICH, MONSTER bereits kräftig mitmischt, stört durchaus ein wenig. Ansonsten ist natürlich alles egal und vor allem auch alles egal gut, und zwar in und bei beiden Filmen.
#797
Geschrieben 15. Juni 2007, 09:44
(USA 1982 – Bruce Starr)
Nach den grauenhaften Ereignissen aus dem ersten Teil macht Lacey erst einmal Ferien bei ihrer Freundin Bonnie in Hollywood. Die ist Schundfilm-Schauspielerin und liiert mit Mickey, einem Schundfilm-Regisseur. Der dreht gerade mit „Nathalie im Zeitalter der reduzierten Erwartungen“ (!) seinen ersten großen Wurf und hat deshalb ständig Stress mit seinem tittengeilen Produzenten („Wenn ich 'n Heimatfilm drehen will, hol’ ich mir Luis Trenker!“ – „Wir titeln den um in Deep Stroke, dann denkt der Verleiher, das wär’n Actionfilm.“). Das große Geschäft wittert diese lustige Mischpoke, sobald Lacey mit ihrer Geschichte auspackt, zumal Mickey und Bonnie ohnehin dauerklamm sind und Bonnie deshalb schon mehrfach „den Gerichtsvollzieher am Schniedelwutz packen“ musste. Und dann ist da noch der Butler Joseph, der Lacey ein Stückchen vom vermaledeiten Spiegel klaut, das sie als Talisman gegen das Böse mit sich herumschleppt. Unheimliche Kräften werden sogleich frei und sorgen bei einer blöden Pool-Party mit ziemlich dufter deutscher Musikuntermalung („Gestern Abend so kurz vor 10 / Hab’ ich mal wieder die Tagesschau geseh’n“) für viele Tote. Zum Schluss explodiert noch ein Auto und dann ist auch dieser grobe Unfug vorbei. Als halbwegs brauchbarer und ernstzunehmender (?) Genrebeitrag disqualifiziert sich BOOGEY MAN 2 allein schon deshalb, weil trotz spärlicher Laufzeit über eine halbe Stunde Material aus dem ersten Film eingekleistert wurde. Die Effekte sind grausig und ebenso grausig schlecht, aber – wie auch der Rest des Films - nicht ohne gewissen Witz. Schlichtweg grandios ist die Idee, eine der Trinen vom unsichtbaren Bösen mit einer Alu-Leiter (!) derart verdreschen zu lassen, dass sie mit geöffneten Schnabel am Auspuff des schwarzen Golf II vom Produzenten hängen bleibt und sich daran und natürlich an den Abgasen zu Tode lutscht. Dem Auto gefällt dies, scheint’s, sehr, brummt’s dazu doch irgendwie ausgesprochen lüstern. Im Original muss BOOGEY MAN 2 die totale Gurke sein, in der deutschen Fassung wird fast schon ein Kultfilm daraus, so schön drehen die (Porno-)Sprecher auf. Da werden blonde Dummchen als Meisterinnen im Ballonaufblasen aus Fuck City, Idaho, vorgestellt, der Butler fabuliert über Legenden und Schauergestalten aus aller Welt („In meiner Heimat nennt man das nicht Boogey Man, bei uns heißt der Frankenstein.“) und viele Szenen wissen mit einem unendlich tumben Menschen zu glänzen, der in der deutsche Fassung Tarzan heißt und schier unglaubliches Filmfachwissen an den Tag legt. („Ist eine Mischung aus Star Wars und Der kleine dicke Ritter, es dreht sich um Vitamin-C-Schmuggel im Weltall oder so.) Totaler Unsinn im Quadrat, immer wieder ein Erlebnis - und ein nicht zu verachtender Partyspaß zu Bier und Salzstangen sowieso. Oder, um es mit Bonnie zu sagen: „Ach, du dicker Dödel!“
#798
Geschrieben 15. Juni 2007, 13:51
(Japan 1969 – Teruo Ishii)
Noriko wird von Fukahata nicht nur belästigt, sonder vielmehr nach allen Regeln der Kunst gestalkt, gequält und fast zu Tode geschändet. Der Grund: Norikos Vater hat angeblich Geld in der Firma unterschlagen. Fukahata weiß als einziger davon, aber sein Schweigen ist teuer. Nun verliebt sich Noriko allerdings unsterblich in Yoshioka und sitzt alsbald in einer elendigen Zwickmühle. Fukahatas Sexphantasien werden dagegen immer wilder, immer mehr verlangt er. Bald ist Noriko schwanger und muss unter allerlei Mühen das Baby wegmachen lassen. Knapp ist das geschafft, bringt Fukahata von einer Geschäftsreise eine Geschlechtskrankheit mit, die er sich bei Sexkontakten mit ein paar lustigen Tunten aus einer Schwulenbar weggeholt hat. Noriko wird es bald zu bunt und sie beschließt, aus diesem für sie eh absolut unerträglichen Spiel auszusteigen. Darüber gerät Fukahata so außer sich, dass er Norikos Lover an die Gurgel will.
Die deutsche Fassung macht aus dem Streifen einen ziemlich glatten Sexbomber fürs Bahnhofskinopublikum, und zwar für ein solches, dass sich gerne in Phantasien von geschundenem Weiberfleisch und Zwangsbesamungen verliert. Zwischen den mal nachdenklichen, mal recht flapsigen Dialogen sticht aber auch in der deutschen Fassung ganz klar heraus, was Ishii eigentlich im Sinn hatte, nämlich die höchst sonderbare Beziehung zwischen Täter und Opfer zu enträtseln. Dabei bezieht er ganz klar Stellung, denn während man den ganzen Film aus der Sicht von Noriko, die auch als Erzählerin in Erscheinung tritt, erzählt bekommt, gibt sich Ishii mit irrsinnigen Aufnahmen und brutalen Schnitten recht große Mühe, Fukahata als instinktgetriebenes Tier darzustellen. Seitens der schauspielerischen Leistungen wird dabei so einiges geboten, was allein schon reicht, um Ishiis WÜSTLING ganz klar aus dem Sexkino-Einerlei herauszuheben. In Deutschland sollte und musste der Film einzig auf der neuen Welle mit Ruppig-Sexfilmen aus Fernost mitschwimmen, aber so doof ist DER WÜSTLING dann gottlob doch nicht.
#799
Geschrieben 16. Juni 2007, 13:41
(Großbritannien 2004 – Roger Michell)
Joe wird von einem Fremden, dem er zuvor lediglich als Ersthelfer und Augenzeuge bei einem Ballonunglück auf der grünen Wiese begegnet ist, gestalkt. Der Fremde gibt vor, ihn zu lieben und setzt alles daran, Joes ohnehin kippelige Beziehung zu seiner Dauerfreundin, der Künstlerin Claire, in die Binsen gehen zu lassen und ihre Stelle in seinem Leben einzunehmen. Das ganze endet ziemlich dramatisch in einer unschönen Messerstecherei, die man allerdings nach rund 90 Minuten Eseleien ohne Sinn und Verstand vor allem recht gleichgültig hinnimmt. Dass es sich bei diesem unausgegorenen Quatsch um die Verfilmung eines Romans von Ian McEwan handelt, das kann man jedenfalls so gar nicht glauben. Die Charaktere – allen voran die ohnehin sehr unsympathisch gezeichnete Claire – üben sich darin, bei schlechter Laune unlogische Dinge zu tun und zeigen sich ansonsten vor allem von ihrer mundfaulen Seite, was gleichzeitig auch der Hauptgrund für das Dilemma ist, in das Joe und Claire schlittern. Dazu klimpert das Klavier, Daniel Craig latsch lustlos einen Gang entlang und guckt sich seine Tapete an. An bedeutungsschwangeren Wackelbildern aus der Handkamera, die zusammen mit anstrengender Musik gereicht werden, daran mangelt es ENDURING LOVE gewiss nicht. Spannung und Tiefe kriegt man durch solche Spielereien allerdings auch nicht gerade ins Werk transportiert. So richtig überflüssig und ärgerlich war dieser „Thriller“ ohne Biss. Schade um die schöne Zeit.
#800
Geschrieben 18. Juni 2007, 10:45
(Spanien/Italien 1971 – J. E. Lacy (José María Elorrieta))
Aus dem Urlaub kommt Maria als geschockte wandelnde Leiche zurück. Ihr Haar ist angegraut, ihr Gesichtsausdruck huschig, und ansprechbar ist sie auch nicht mehr. Um nun herauszufinden, was mit ihrer Schwester geschehen ist, reist Hilda in den Urlaubsort und macht dort recht bald Bekanntschaft mit dem undurchsichtigen Dr. Nescu, der in einem einsam gelegenen Schloss lebt und gemeinhin als Kunstkenner und Wohltäter bekannt ist. Nescu ist außerdem ein großer Fan der Schwarzen Magie Indiens und liefert im Kreise seiner Freunde hierzu auch gerne mal eine Kostprobe. Schnell wird Hilda, die ihre Identität geheim hält, von Dr. Nescu auf sein Schloss eingeladen, was im Grunde für den Film eine ziemlich gute Chance wäre, die Kurve in Richtung Horror zu bekommen. Allerdings verliert sich TANZ DES SATANS dann noch einmal eine ganze Weile darin, zum einen mit einem auf Gegenseitigkeit beruhenden Abhängigkeitsverhältnis zwischen Nescu und Hilda zu langweilen und zum anderen seinen Teufel trotz bereits ordentlich beackerten Boden aufwändig in Frage zu stellen und also Nescu vielmehr als versponnenen Großkotz herauszukehren. Da kann man dann mit Fug und Recht von Spaßbremserei sprechen, denn TANZ DES SATANS ist abgesehen von seinen unnötigen Schlenkern alles andere als schlecht, kann mit nerviger Gruselmusik aus der Orgel ebenso überzeugen wie mit einigen recht atmosphärischen Bildern und einem eigentlich gar nicht mal so üblen Schluss, der auch nicht nach Happy McErdbeer schmeckt. Apropos Musik: Auf der DVD von Marketing gibt es die ohnehin grausig ausgesteuerte Orgelei in einem obligatorischen 5.1-Upmix, der mit Abstand das schlimmste ist, was jemals an Klängen aus den Boxen meiner Anlage tropfte. Das Bild ist „von einem der wenigen weltweit verfügbaren Bildmastern gemastert“, womit man eine VHS-Kassette meint, über dessen Gewusel man einen großzügigen Rauschfilter hat laufen lassen, der immerhin für zusätzliche Gespensterseherei sorgt. Doch auch dieser Griff in die Trickkiste kann natürlich nicht kaschieren, dass das Bild hin und wieder komplett wegkippt. Auf Wunsch läuft zu dieser dem Film in keiner Weise gerecht werdenden Präsentation, die die schlimmsten Erlebnisse mit dem Grundig 2x4 V2000 in Erinnerung ruft, eine farblose Synchro aus der Pornobutze, die man nicht länger als fünf Minuten am Stück aushält.
#801
Geschrieben 18. Juni 2007, 13:20
Cho muss aus Japan weg, weil er und seine Familie dort als Zielscheibe für die Angriffe einer Ninja-Bande sind, mit der die Familie wohl schon seit 1000 Jahre im Clinch liegt. Mit seinem Geschäftspartner Braden will er einen schwunghaften Handel mit japanischen Porzellanpüppchen in den USA aufmachen, allerdings muss Cho erkennen, dass Braden ein Verräter und Arsch ist, der hinter seinem Rücken krumme Dinger mit dem örtlichen Mafiosi Chifano dreht. Obwohl Cho nicht mehr kämpfen will, muss er doch seine Kiste mit der Ninja-Ausrüstung aufmachen und sich schließlich eine halbe Stunde lang mit Braden herumprügeln, der natürlich dank seines langjährigen Aufenthalts in Japan auch einer von diesen lautlosen Killern ist. Lautlos ist ein gutes Stichwort, denn aufs geräuschlose Töten verstehen sich die Ninja in Firstenbergs Film eher weniger, sondern vor allem aufs Posieren vor der Kamera mit gezücktem Säbel, wobei ich Kosugi allerdings davon ausklammern möchte, denn der versucht ja durchaus, etwas Ernst und Würde in die Sache zu bringen. Auffällig ist, dass sich bei DIE RÜCKKEHR DER NINJA alles der Action unterzuordnen hat. Die (platte) Handlung ist eher lästig und wird nebenher erledigt. Gerade mit dem zeitlichen Abstand von über 20 Jahren wird allerdings deutlich, wie klug doch diese Herangehensweise eigentlich ist. Der Film zeigt nicht bei jeder Einstellung, dass er Actionkost aus den 80ern ist, hat eine Dynamik zu bieten, vor der selbst die meisten aktuellen Produktionen zu kapitulieren haben und nutzt sich außerdem so gut wie gar nicht ab. Kunststück! Dass der Film für die 80er ganz wichtig war und nach Golans eigenem (und mitunter ungewollt ulkigen) NINJA, DIE KILLERMASCHINE, bei dem Kosugi ja auch schon kräftig mitmischte, die große Ninja-Welle erst so richtig ins Rollen brachte, ist gar nicht von der Hand zu weisen. Ebenso wenig, dass DIE RÜCKKEHR DER NINJA fast überall mehr oder weniger kräftig hat Federn lassen müssen, weil Firstenberg kräftig und ohne erkennbare Grenzen auf die Pauke haut, sobald er seine schwarzen Krieger erst einmal von der Leine lässt. Obwohl man sich damals wirklich größte Mühe gegeben hat: DIE RÜCKKEHR DER NINJA hat auch die deutsche Zensur nicht kaputtgeschnitten bekommen. Denn statt plumper Haudrauf-Action hat DIE RÜCKKEHR DER NINJA vor allem eine ungemein stimmige Gesamtkomposition zu bieten, die eine im Grunde unendlich doofe Bierdeckel-Kritzelgeschichte mit vielen sensationellen Aufnahmen und einer mit nur wenig Unterbrechungen den ganzen Film geschickt begleitenden musikalischen Dauerberieselung aufzupeppen versteht, die genau darüber informiert, was gerade Sache ist oder gleich Sache sein wird. Mit seinen ganzen formalen Kniffen kann der Film auch sehr geschickt kaschieren, dass Shô Kosugi mit den schwarzumpinselten Augen zwar sehr eindrucksvoll aussieht, im Vergleich zu seinen Klassenkameraden aus Fernost kämpferisch aber nicht so wahnsinnig viel zu bieten hat. Das macht wenig, denn wenn die Grenzen des Machbaren erreicht werden, feuert der Film als gäbe es kein Morgen mit Spezialeffekten aus einem Waffenarsenal um sich, das einem Bond mehr als würdig wäre. DIE RÜCKKEHR DER NINJA ist eine gewaltige Wundertüte voller überwältigender Gewalttaten und eines immer wieder den Atem nehmenden Finales auf dem Dach des American Towers in Salt Lake City. Keine glatte eins, sondern eine eins mit Stern.
#802
Geschrieben 19. Juni 2007, 13:24
Die taube Jenny sucht ihren Bruder, der irgendwo im Haight-Ashbury-Bezirk von San Francisco untergetaucht sein soll. Dort blüht gerade die Hippiebewegung so richtig auf. Auf den Straßen herrscht allgemeine Heiterkeit und in den Kneipen wird abwechselnd mit Drogen und der freien Liebe experimentiert. Der Mensch ist sich hier einmal nicht selbst sein ärgster Feind, alle sind gut drauf und schwimmen auf der richtigen Welle. Jenny macht Bekanntschaft mit Stoney und seinen Freunden, die gerade mit ihrer Band auf dem besten Wege sind so richtig durchzustarten. Abgesehen davon, dass sich Stoney und Jenny während des Films immer näher kommen, wird ihre Suche von den Hippies tatkräftig unterstützt. Das nimmt sich im Film dann aus wie eine Art Road Movie innerhalb eines Stadtbezirks, wobei Rush und Produzent Clark dennoch vor allem am Herzen gelegen war, ein möglichst genaues Abbild dessen zu schaffen, was 1968 die Jugend hat nach San Francisco treiben lassen. Und bei diesem Unterfangen kommt dem Film sehr zugute, dass seine Straßenbilder aus Haight-Ashbury nicht gestellt sind, sondern in der Tat ausnahmslos echt. Jack Nicholson, Bruce Dern, Dean Stockwell und natürlich Susan Strasberg wirken darin auch nicht wie Fremdkörper, sondern vielmehr als authentischer Teil der Hippiebewegung. Einen besonderen Touch bekommt der Film auch dadurch, dass er Drogen nicht explizit verteufelt (einige unschöne Drogenszenen sind dennoch mit an Bord), sondern seine Protagonisten einfach mal machen und probieren lässt. Dass der Film keine wirklich brauchbare Geschichte erzählt, stört nicht, viel wichtiger ist ihm die Befindlichkeit der Jugend auf der Straße, ihre Ziele und ihr Hoffen auf eine bessere und friedliche Welt, wobei sich ein Stück des gewünschten Heils bereits durch ein intensives Studium der bei Konzerten an die Wand projizierten Farbkleckse finden lässt. Vorausgesetzt natürlich, man ist dabei ausreichend zugedröhnt. Musik spielt im Film ganz klar eine wichtige Rolle, weshalb The Seeds was beisteuern durften und natürlich auch The Strawberry Alarm Clock, von denen es „Rainy Day Mushroom Pillow“ und natürlich ihren großen Hit „Incense & Peppermints“ auf die Ohren gibt. Daneben gefällt Bruce Dern als Hippie-Jesus auch ganz besonders gut. Der Film ist als Rückspiegel in die 60er Jahre sehr zu gebrauchen, macht enorm viel Spaß und wirkt dank seiner flippigen Gestaltung auch alles andere als antiquiert.
#803
Geschrieben 19. Juni 2007, 13:24
(USA 1970 – Herschell Gordon Lewis)
Magier Montag bietet bei seiner Bühnenshow krösige Extravaganzen: Er kloppt einer Frau den Schädel mit einem großen Metallnagel auseinander, zersägt eine andere mit einer Motorsäge solange, bis nur noch Blutmatsch übrig ist, zermalmt Körper mit einer Metallstanze oder zerbröselt Münder und Verdauungsorgane mit einer hübschen Anzahl Schwerter. Das findet die Moderatorin Sherry so spannend, dass sie Montag unbedingt in ihrer TV-Show haben möchte. Ihr Freund Jack sieht in Montags vor allem einen Scharlatan, den man beim besten Willen nicht für voll nehmen kann. Nun ist es allerdings so, dass Montags (unfreiwillige) Bühnenassistentinnen die Gewalttaten der Show nicht wirklich überleben. Nur wenige Stunden nach ihrem Auftritt findet man sie übel zugerichtet und natürlich mausetot auf. Zunächst vermutet Jack, dass ein Killer nach Vorlage von Montags Darbietungen mordend umherzieht, doch dann muss er herausfinden, dass der Magier selbst hinter all dem Übel steckt. Und das ist keine große Überraschung, lässt Lewis Film ohnehin von vornherein wissen, dass Montags Publikum unter einem Bann steht und sich die blutigen Exzessen auf der Bühne lediglich schön deriliert. Ansonsten fährt Lewis mit dem, was der Zuschauer als Realität zu erkennen glaubt und was nicht, ganz gehörig Schlitten und lässt sich bis zum Schluss alle Möglichkeiten offen. Dabei spielt dem Film sehr zu, dass er sich für einen Lewis-Schocker über Gebühr phantastisch gibt, der großartige Ray Sager den Magier mal wie von einem anderen Planeten, mal wie ein Kasperle aus dem Improvisationstheater spielt und der Filmschnitt während Montags Kunststücken zwischen den beiden Ebenen derart hin- und hergaloppiert, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, dass man selbst nicht mehr weiß, was sich überhaupt gerade abspielt. Technisch bietet der Film jede Menge Angriffsfläche. Die Effekte sind im gleichen Maße durchschaubar wie blutig, etliche Szenen sind viel zu lang und die Tonmischung allein zu ertragen kostet bereits so einige Nerven. Inhaltlich ist der Film jedoch unheimlich clever und spielt auf beeindruckende Weise mit Zuschauerwahrnehmungen herum, was ihn bereits aus dem üblichen Output von Lewis deutlich hervorstechen lässt. THE WIZARD OF GORE ist ein billiger Film, aber kein doofer. Die Handlung ist nicht schundig, sondern tiefgründig und die Effekte zwar plump, aber nie ohne Wirkung. Zudem hat man Ray Sager einige der wohl bedeutendsten Monologe spendiert, die jemals in einem Lewis-Film gesagt wurden. Dass Sager seine Rolle zudem mit einer Qualität und Überzeugung spielt, die mich glatt dazu hinreißen könnte, ihn mit einem jungen Robert De Niro zu vergleichen, ist ein weiterer und absolut nicht zu unterschätzender Pluspunkt für den Films, der für meine Begriffe die beste Arbeit ist, die Herschell Gordon Lewis je abgeliefert hat. Dem wohl mittlerweile fertigen Remake dieses Klassikers – besetzt mit Jeffrey Combs und Brad Dourif - sehe ich mit ganz besonderem Grausen entgegen.
#804
Geschrieben 20. Juni 2007, 11:49
(Hongkong 1968 – Chang Cheh)
Fang lebt zurückgezogen als Farmer und hält sein am Ende vom ersten Teil abgegebenes Versprechen. Statt sein zerbrochenes Schwert zu schwingen pflügt und hackt er lieber den kargen Acker. Nun ekeln im Land jedoch die selbsternannten „8 Schwertkönige“ des Duanhan-Clans herum und rufen zu einem Turnier auf, bei dem nur die Besten der Besten mitmachen dürfen. Ziel der acht Schwertmeister ist jedoch einzig, die Bedeutung der Schwertkampfschulen bei einem völlig rücksichtslosen Kampf zu brechen und allen Kämpfern, die sich weigern, beim hinterlistigen Treiben zugunsten der eigenen Tasche des Clans mitzumachen, mit dem Säbel was über den Pelz zu geben. Bei den Kampfschulen geht die nackte Angst um, ist man den Techniken der „8 Schwertkönige“ doch nicht gewachsen. Und Fang will natürlich wegen des abgegebenen Versprechens auch nicht mitmachen. Da lassen die Tunichtguts alle alten Meister kidnappen und wollen die Schüler damit zur Teilnahme „überreden“. Fangs Frau muss erkennen, dass die Grausamkeit der „Schwertkönige“ ohne Beispiel ist und gibt schließlich doch noch grünes Licht für ihren Mann. Was Wang Yu dann einmal mehr in seiner Paraderolle anstellt, kann sich absolut sehen lassen und steht dem erfolgreichen Vorgänger in keiner Weise nach. Die Story ist zwar etwas schusselig und kommt kaum über das Niveau einer Schwertkampf-Nummernrevue hinaus, dafür wird jedoch technisch einwandfreie Arbeit geliefert und ein höchstes Maß an Abwechslung geboten. Die acht selbsterkorenen Meister haben sich selbst tolle und ihrem Kampfstil alle Ehre machende Namen verpasst. Da gibt es nebst einigen anderen die „Lady mit den 1000 Händen“, die überall am Körper Waffen versteckt hat, den „Giftigen Drachen“, der mit einem Gas versprühenden und Schrotkugeln abfeuernden Säbel ausgestattet ist, den „Meister Affenarm“, der in der Tat etwas von einem Primaten hat und „Meister Schleuderrad“, der sich und seine Bande im Umgang mit einer verheerende Wunden schlagenden Schwert-Guillotine übt. Langweilig werden die Kampfkunststücke einem da nicht so schnell, zumal sie im Vergleich zum Vorgänger und auch anderen Shaw-Produktionen unerhört blutig ausgefallen sind und eine fast schon groteske Brutalität zur Schau stellen. Zudem lässt Cheh seine Kämpfer an ganz außergewöhnlichen Orten aufeinander prallen. Mal kloppt sich alles in einem ins Kampfgetümmel recht eindrucksvoll einbezogenen Bambuswald, mal bildet eine ruhig vor sich hinplätschernde Dorfmühle die Kulisse. Dort darf sich Wang Yu auch am Ende mit dem Anführer von Duanhan, dem „Heimlichen Schwert“ samt seiner aus acht unsichtbaren Kriegern bestehenden Leibgarde, bei einer schönen Fahrt im Mühlrad herumschlagen. Hat für die Story nicht sonderlich viel Gehirnschmalz aufs Papier tropfen müssen, der Rest jedenfalls stimmt und zeugt nicht gerade von wenig Einfallsreichtum, ist wunderschön fotografiert und hat eine für einen chinesischen Genrefilm wirklich tolle Musik im Gepäck. Ein würdiger Nachfolger also für einen herausragenden Klassiker.
#805
Geschrieben 20. Juni 2007, 12:45
((BR) Deutschland/Italien/Spanien 1966 – Primo Zeglio)
Operation Stardust mit Perry Rhodan als Kommandant soll neue Erkenntnisse über den Mond bringen. Insgeheim will die Regierung aber auf dem Trabanten ein Metall finden, das besser radioaktiv strahlt als alle auf der Erde bekannten Elemente. Uninteressant. Deshalb wird dieser Faden auch fallen gelassen, sobald Rhodan und seine Kumpels ein Raumschiff vom Planeten Arkon entdecken, in dem bereits seit Monaten die blonde und knackige Thora im hautengen Strampelanzug und der alte Crest hocken, der an Leukämie erkrankt ist. Rhodan und seine Leute wollen mit dem Super-Raumschiff der Außerirdischen nun aus Afrika von Dr. Haggard das weltweit beste Medikament gegen Leukämie holen, müssen sich dabei aber zum einen mit dem afrikanischen Militär herumschlagen, zum anderen gegen ein paar Dunkelmänner kämpfen, die sich die Wunderwaffen von Arkon gerne unter den Nagel reißen würden, um damit über die Welt zu herrschen.
Die Welt der Romanserie ist mir völlig fremd und der Film macht auch nicht gerade viel Appetit darauf, sich näher mit ihr zu befassen. Vor allem stechen die wahnsinnig schlechten Spezialeffekte ins Auge, wobei im direkten Vergleich die Wackel-UFOs aus PLAN 9 FROM OUTER SPACE schon wieder aussehen wie von den fachkundigen Händen eines George Pal auf die Leinwand gebracht. Auch nicht schlecht ist der Mini-Fernseher mit drei Knöpfen, mit denen man ein Energieschild (roter Knopf) ausfahren kann oder die Schwerkraft (blauer Knopf) aufheben. Wozu der dritte Knopf (grün) ist, erfährt man bis zum Ende leider nicht. Vielleicht schaltet sich der Film damit automatisch ab. Besser wär’s so manches mal gewesen, denn durchgehend spannend ist dieser Weltraum-Film mit deutsche Beteiligung auch nicht gerade. Zwischendrin feuern noch ein paar Roboter, die im Wandschrank wohnen und mit Latexgesichtern ausgestattet sind, mit Laserstrahlen um sich und üben sich im starren Gang. Tolle Sache. Ebenso die im Jeep herumfliegenden Neger. Lang Jeffries spielt die Titelfigur und kriegt leider nicht vermittelt, was Perry Rhodan als Typ eigentlich so herausragend macht. Dakkar ist auch ganz kurz mit dabei und hat fast dasselbe Hemd an wie in ZOMBIES UNTER KANNIBALEN. Immerhin. Zu retten ist hier dennoch nichts mehr. Wie grottig PERRY RHODAN – S.O.S. AUS DEM WELTALL ist, zeigt sich am ehesten, wenn man ihn neben die auch nicht über alle Zweifel erhabenen (aber ansonsten durchweg unterhaltsamen) Weltraumschinken stellt, die Antonio Margheriti der Welt fast zeitlich geschenkt hat. Sowohl RAUMSCHIFF ALPHA, ORION 3000 und selbst der schon reichlich angegurkte PLANET DER VERDAMMTEN haben wesentlich mehr Pep als dieser hingeschluderte Versager. Über die 90 mit allerlei Wohlwollen investierten Minuten ärgere ich mich nicht gerade wenig und der faule Geschmack, den der Film bereits bei der Erstbesichtigung vor über zwei Jahrzehnten hinterlassen hat, ist natürlich auch nicht gewichen, da ist ja gar kein Denken dran!
#806
Geschrieben 21. Juni 2007, 12:00
(Frankreich/Spanien 1962 – Jess Franco)
Inspektor Tanner ist noch nicht einmal richtig aus dem Urlaub zurück, da kriegt er von seinem Chef auch schon einen besonders komplizierten Fall aufs Auge gedrückt. Es verschwinden nämlich Mädchen aus einschlägigen Amüsierbetrieben in auffälliger Anzahl und dazu leider auch noch spurlos. Was der Inspektor nicht weiß, ist, dass der böse Dr. Orlof in einem kleinen Schlösschen die Haut der Weiber dringend benötigt, um seine liebe und leider in Gesicht fürchterlich entstellte Schwester aufzuschönen. Dafür zieht Orlof nachts mit seinem vor dem Galgen geretteten und leider durch eine Anzahl in die Hose gegangener Experimente verunstalteten Faktotum Morpho durch die Straßen. Der verrichtet mit starrem Blick aus Augen, die sich niemals schließen, die grobe Arbeit in diesem Geschäft.
Ganz eindrucksvoll sind Franco die Szenen gelungen, in denen Morpho die getöteten Frauen für Howard Vernon herumschleppt und der Doktor eilenden Schrittes dem blinden Diener vorauseilt, wobei er mit ihm mit viel hektischem Tock-tock-tock! seines Spazierstocks den Weg weist. Und überhaupt vermählt sich in GRITOS EN LA NOCHE Krimi und Horror zu einem durch und durch brauchbaren Gruselkrimi mit einer Intensität eines ernsthaften Schauerstücks, das die meisten in gleichem Fahrwasser schippernden deutschen und vor allem unter dem Wallace-Banner schippernden Thriller ziemlich alt aussehen lässt. Der Schrecken, den man in den deutschen Filmen durch ein besonderes Maß an Witzigkeit zu relativieren versuchte, bei Franco wird er konsequent und bis zum Ende durchgespielt – selbst wenn dafür Oben-ohne-Mädchen mit dem Skalpell zu bearbeiten sind. Für die Entstehungszeit sicherlich eine mehr als provokative Ungeheuerlichkeit. Francos Film ist vor allem böse und ziemlich aufregend. In seinen Spannungsmomenten macht der Film Panik und Schrecken gleichermaßen allein durch seine absolut außergewöhnliche Musik und eine bemerkenswerte Schwarzweiß-Fotografie nicht nur nachvollziehbar, sondern regelrecht erlebbar. Und das ist allein schon Grund genug, seine Freude mit dem Film zu haben, denn in das bequeme Quatsch-Kissen eines vor allem als Instinktbefriediger dienenden Spektakels hat man sich hier nicht fallen lassen. Stattdessen bekommt man eine Arbeit vorgesetzt, die es in der Tat und trotz der Tatsache, dass sich Franco ganz gut bei Wallace und vor allem auch LES YEUX SANS VISAGE von Franju bedient hat, mit den ganz großen und gern zitierten Klassikern des europäischen Horrorfilms jener Tage aufnehmen kann. Dummerweise hat sich das immer noch nicht so wirklich herumgesprochen.
#807
Geschrieben 21. Juni 2007, 12:01
(Italien 1980 – Fernando di Leo)
In einer Hütte auf dem Lande wollen Sergio, seine Frau Liliana und deren Schwester Paola ein schönes Wochenende verbringen. Die Rechnung haben die drei allerdings ohne den aus dem Knast geflohenen Schwerverbrecher Giò Brezzi gemacht, der unter dem Kamin der Hütte was eingemauert hat, was er sich nun wiederzuholen gedenkt.
Mit Giòs Schatzsuche hält sich der Film nicht so sonderlich lange auf, wichtiger und vor allem auch ergiebiger ist, was die vier Menschen untereinander für Gefechte austragen. Und da dreht der Film innerhalb seiner Möglichkeiten durchaus ganz ordentlich auf. Spannungen kündigen sich bereits zu Beginn an, wenn der Zuschauer erfährt, dass Paola und Sergio ein munteres Verhältnis haben, von dem Liliana natürlich nichts weiß. Mit weiterem Voranschreiten der Geschichte dürfen sich Paola – die, was zu lernen ist, ihren Körper gezielt einzusetzen weiß, um alle erdenklichen Ziele zu erreichen – und auch Sergio noch als die weitaus gefährlicheren Unholde empfehlen, was ein netter Clou ist, der ein wenig an die Tradition guter Gialli erinnert. Am Ende bekommen die beiden die Quittung für ihr dummes Tun – ebenso wie auch Giò Brezzi, der selbstredend sowieso nicht alle beisammen hat. Während Patricia Behn und Gianni Macchia eher blasse Figuren geben, können die wie immer sensationelle Lorraine De Selle und Joe Dallesandro, von dem behauptet wird, er wäre die ganzen Dreharbeiten über mit Drogen ziemlich dicht gewesen, das Vier-Personen-Stück locker allein tragen und auch überaus interessant machen, obwohl es Filme mit vergleichbaren Rahmen vorher schon gegeben hat, man also auf den ersten Blick nicht wirklich viel Neues geboten bekommt. Hier macht vor allem aber die Intimität sehr viel Freude, mit der Di Leo seine Figuren auf die Leinwand zu bringen versteht (logo, die De Selle zeigt mal wieder alles) – und natürlich der über alle Zweifel erhabene Score von Luis Bacalov. Außerdem ist TOY einer der Filme, die ich ganz anders – und vor allem als wesentlich schlechter – in Erinnerung hatte. Wie interessant und in der Tat gelungen der Film doch ist, es hat seine Zeit gebraucht, dies herauszufinden. Über solche Überraschungen freue ich mich mittlerweile am meisten. In TOY habe ich mich deshalb jetzt ganz spontan neu verliebt.
#808
Geschrieben 22. Juni 2007, 13:41
(Spanien/USA 1987 – Juan Piquer Simón)
Aufgepasst! Die Schnegge kommt! Hier nun als besonders große Mutation mit Mündchen, in dem zwei Reihen strahlend weiße Beißerchen sitzen. Der Gesundheitsministerialbeamte Mike wird fast von einer gebissen und hat danach den Durchblick, warum in der kleinen Stadt so viele Menschen auf unerklärlich grausame Weise ums Leben gekommen sind. Natürlich hört ihm keiner zu, außer seiner Freundin Kim und eines alten Kumpels von den Wasserwerken oder so. Der geht dann aber in der Kanalisation drauf, wo sich die Schneggen zur bevorstehenden Invasion formieren, denn, so legt es der Film nahe, setzen die dazu an, die Weltherrschaft übernehmen zu wollen. Finde ich persönlich schon mal nicht schlecht, denn Schneggenfilme gibt es eh zu wenige. Richtig erstklassig wäre der Film vor allem dann geworden, wenn irgendwo in einem Loch auch noch eine riesige und intelligente Mama-Schnecke hocken würde, die die kleinen Bastarde mittels Telepathie gezielt zur Menschenfresserei anstiftet. Auf dieses schöne Monsterfilm-Element hat man jedoch verzichtet und geht stattdessen den Weg, den Jeff Lieberman mit SQUIRM bereits getrampelt hat. Sozusagen die Schnegge als Racheinstrument der mit Füßen getretenen Mutter Erde. Die darf sich hier auf den Weg machen, ohne nun von 200.000 Volt getrieben zu werden. Einfach so und trotzdem effizient, wenngleich die Zahnschnegge nun nicht ein Kracher ist wie der unschlagbar grausige Schreiwurm in dem alten Film aus den 70ern. Statt sympathischer Charaktere bietet Simón in seinem Fetzer ausnahmslos Knalltüten, Alkleichen, Großkotze und Teenager in Muskelshirts und Ballonseide-Hosen als Identifikationsfiguren an. Alle ganz gut fertig hier. Danke, da bleibe ich lieber auf Distanz. Wie man es bereits aus Simóns PIECES her kennt, dreht der Spanier ganz gut am Rad, sobald sich die Gelegenheit für Gekröse bietet. Der Alki kriegt die Augen rausgelutscht, der Gärtner hackt sich selbst die Flunke ab, nachdem eine Schnegge in seinen Gartenhandschen gekrochen ist und sich in die Kuppe vom Fickfinger verbissen hat – lauter so Zeugs, und immer alles garantiert so tiefrot, wie es nur irgend geht. Die VHS kam damals erstaunlicherweise ungeschnitten heraus und hat eine ziemlich lustlose Synchronisation aufgedrückt bekommen, weshalb der Ärger nicht ganz so schlimm ausfiel, dass nur wenig früher bereits für ganz schön gutes Geld die Holland-VHS ins Haus gewandert kam. Kassetten und DVDs mit Krabbeltiermonsterfilmen kann man ja sowieso gar nicht genug haben. Ob gut, mittelmäßig oder schlecht spielt bei dieser Art Filmschocker sowieso keine Geige.
#809
Geschrieben 22. Juni 2007, 15:05
(USA 1953 – Byron Haskin)
Weil es den Marsmenschen zu kalt wird, suchen sie nach einer neuen Heimat im Sonnensystem. Der Erzähler fängt dabei mit dem Pluto an, aber für so clever halte ich die Marsmänner schon, dass sie nun nicht zum weitest entfernten und zudem kältesten Planeten fliegen würden, wenn sie auf dem Mars schon frieren. Dann geht’s in kunterbunter Reihenfolge weiter in der Planetenkunde, wobei die Venus aber ausgeklammert wird. Warum eigentlich? Am Ende stellt sich jedenfalls heraus, dass die Erde am schönsten ist. Wen wundert's? In Form von Kometen rasen die Raumschiffe der Marsianer nun auf Gottes Acker, auch USA genannt. Mit Gott und Glauben hat man es ohnehin ganz groß in diesem Film. Zuerst wird zwar ein Prediger von den Marsmenschen geröstet, zum Schluss aber scheint es, als hätten nicht die Bakterien und Bazillen die Invasoren in die Knie gezwungen, sondern viel eher die tiefreligiösen Choräle, die zu den abstürzenden Untertassen erschallen. Auch, dass Dr. Forrester sein Glück in zwei Kirchen suchen muss, färbt den eigentlich von vorn bis hinten erstklassigen Sensationsfilm etwas unschön ein. Heil hat man beim KAMPF DER WELTEN gefälligst im Beistand eines Pfaffen zu suchen und nicht etwa im Glauben an Wissenschaft, Technik und Atombombe, mit der sich der Ami in gleichwohl verzweifelter wie selten naiver Weise selbst auf den Schädel haut. Der Marsmensch in Haskins Film sieht ganz schön ungeschlacht aus, hat Augen wie ein alter Röhren-Beamer, drei Saugnäpfe an der Hand und keinen Hals. Die sich in ihren letzten Zuckungen bewegende Marsmenschenhand, die am Ende aus der Untertasse hängt, ist einer der größten Schrecken meiner Kindheit und kostete damals eine halbe Nacht ohne Schlaf. Die UFO-Effekte und vor allem die Zerstörungsorgien während der weltweiten Invasion sind auch hochanständig ausgefallen, wenngleich ich die Kaputtmachereien in FLIEGENDE UNTERTASSEN GREIFEN AN noch etwas gelungener finde. Immerhin: Auf der DVD von KAMPF DER WELTEN findet sich der alte Stereo-Ton der amerikanischen Originalfassung. Den Film mal in Stereo sehen zu können wie damals bei der Erstaufführung, das hat mich so richtig glücklich gemacht. Den Bombast-Choral am Ende habe ich mir aber wesentlich leiser als den Rest des Films gegeben. Das Gejaule macht mich mittlerweile nur noch fertig.
#810
Geschrieben 22. Juni 2007, 15:06
(Spanien/Italien/Frankreich 1963 – Mario Calani (Mario Caiano))
Wegen eines Briefes seines Vaters reist der junge Don Ramon nach Mexiko, denn seinen Alten hat er bisher für Tod gehalten und demzufolge auch noch nie gesehen. In Mexiko muss Ramon feststellen, dass sein Vater als Verräter eingekerkert wurde und sich im Angesicht dieser Schande erhängte. Alles gelogen, denn in Wirklichkeit wollte sich der gierige Gouverneur Alvarez lediglich die Silbermine des Alten unter den Nagel reißen. Alvarez presst die Bevölkerung aus wie die Zitronen und verhängt Steuern nach eigenem Gutdünken. Diese ganzen Ungerechtigkeiten kann Don Ramon nicht mit ansehen, wird zum maskierten Rächer und schließt sich gar einer Untergrundbewegung an, die gegen die Tyrannenherrschaft zu revoltieren gedenkt. Dass Don Ramon zwischen all dem Geklimper mit dem Degen auch noch das Herz eines schönen Mädchens erobern kann, ist ohnehin klar. Neben den Kampfszenen kommt auch der Humor nicht zu kurz, hat man diesem Zorro doch auch ein kleines Dickerchen beiseite gestellt, das für die Publikumsbespaßung zuständig ist und über sich selbst am lautesten lacht. Zorro stellt sich hier außerdem als gebürtiger Baske vor, der mit allen anderen Basken aufgrund der gemeinsamen Herkunft schon gut Freund ist. Sie begrüßen sich untereinander mit lautem Geschrei. „Jajajajajajaaaaaa!“ So geht’s den ganzen Film, der irgendwie und trotz allem gebotenen Unsinn auch ein Stück weit politisch sein will, sich in erster Instanz aber als ganz schöner Murks entpuppt. Vor allem auch, weil Errol Flynns Sohn Sean den halben Film mit einer lächerlich hochgezogenen Augenbraue bestreitet, was auf Dauer nicht gerade wenig nervt. Das Cover jubelt trotzdem: „Ein echter Klassiker, der besonders Westernfans begeistern wird!“ Ach so, muss ich mir also in die Reihe mit den Leones stellen. Ja, wat’n Scheiß auch.
Bearbeitet von molotto, 22. Juni 2007, 15:37.
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