Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#841
Geschrieben 09. Juli 2007, 12:20
Der Roman von Tolstoy ist ein umfangreicher Schmöker, für den man als durchschnittlicher Leser ein paar mehr Leseabende einplanen muss. King Vidor hat aus dem Buch einen Film gemacht, der es immerhin noch auf eine Länge von gefühlten zwei Tagen bringt. Eine entsetzlich dürre Audrey Hepburn steht während den Eroberungsfeldzügen Napoleons zwischen drei Männern, die um ihre Gunst buhlen. Dazu politische Verwicklungen, Standesdünkel und so große Schlachten, wie man sie auf der Leinwand sonst wirklich nur selten zu Gesicht bekommt. Hier wurde Großes versucht und in der Tat auch geleistet. Ob und inwieweit der Film dem Roman von Tolstoy gerecht wird, darüber mag ich nicht urteilen, woran es Vidors Schmachtfetzen allerdings auf jeden Fall mangelt, sind die Figuren, die im Vergleich mit ähnlichen Großfilmen wie beispielsweise DOKTOR SCHIWAGO vor allem durch ihre Blässe auffallen. Der Film macht recht große zeitliche Bocksprünge, nicht immer gelingt es dabei einwandfrei mitzukommen. Dem dicken Wälzer in rund dreieinhalb Stunden gerecht zu werden ist ohnehin wohl ein schwieriges Unterfangen. Von den politischen Wirrungen kriegt man eher nur am Rande etwas mit, das Hauptaugenmerk des Films liegt vor allem in den Beziehungskonstellationen der Hepburn, der Vidor recht viel Zeit zubilligt, aus ihren Rehaugen mal amüsiert, traurig oder gelegentlich unendlich angepisst zu gucken. Das ist auf Dauer in der Tat etwas strapazierend und langweilig. Die Hepburn kann ich ohnehin nicht so gut leiden. Mel Ferrer assoziiere ich vor allem mit GROSSANGRIFF DER ZOMBIES und DER FLUSS DER MÖRDERKROKODILE, wofür der Film natürlich nichts kann. Und Herbert Lom als Napoleon ist zwar ganz toll, unvergessen ist er mir aber vor allem als Lord Cumberland in HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT oder als irrer Typ im HOUSE OF CRAZIES. Auch dafür kann der Film natürlich nichts. KRIEG UND FRIEDEN hat dennoch ein paar fantastische Momente. Die Schlachtszenen sind schlichtweg atemberaubend und die Bilder aus Jack Cardiffs VistaVision-Kamera sind auch in ruhigeren Momenten ungemein lecker, helfen also so manchem öden und zeitfressenden Handlungsstrang nicht gerade wenig über die Runden. Dazu spielt meist noch sehr schöne Musik von Nino Rota. Es ist weniger die Handlung oder das Staraufgebot was hier wirklich zählt, mehr sind es die Formalien und der dem ganzen Film anzumerkende Größenwahn. Wäre er nicht so unendlich lang, würde ich KRIEG UND FRIEDEN den allein schon wegen der Bilder und der Musik öfter ansehen. So aber lieber nicht.
#842
Geschrieben 09. Juli 2007, 12:20
(Japan 1962 – Ishiro Honda)
“Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden als sich unsere Schulweisheit träumen lässt!“ Mit diesen Worten beginnt Hondas Monsterschlacht. Und mit den „Dingen“ meint der Sprecher Godzilla und den Superaffen King Kong. Erdbeben lassen das Packeis des nördlichen Polarmeeres Richtung Japan schwappen. In einem Eisberg hockt Godzilla, bricht aus, vernichtet das amerikanische Super-U-Boot Seahawk und macht sich auf den Weg in die japanische Heimat. Gleichzeitig versucht der Chef eines pharmazeutische Konzerns den sagenumwobenen Riesenaffen King Kong zu Werbezwecken nach Tokio zu schaffen. Eine Expedition ist längst unterwegs und verhandelt diesbezüglich mit den Eingeborenen einer geheimen Südseeinsel. King Kong rettet das Dorf der Eingeborenen vor einer Riesenkrake, säuft danach aber einen über den Durst (eine der besten Szenen des Films) und pennt ein. Zwar darf die Expedition auf Anordnung von höchster Stelle nicht mit dem Affen in Japan an Land gehen, aber das Viech weiß sich natürlich zu befreien und in der großen Stadt allerlei Verwüstungen anzurichten. Die Rettung soll Godzilla bringen. Man narkotisiert den Affen und schleppt ihn an riesigen Fesselballons zur Urzeitechse. Die letzten zehn Minuten des Films bestehen aus Monsterdresche vom Feinsten, bei der es auch nicht so sonderlich stört, dass die Kostüme von den Giganten nicht so wahnsinnig gut sitzen – geschweige denn überhaupt gut aussehen. Weitaus schlimmer als das ist aber der Umstand, dass die deutsche Kinofassung auf dem amerikanischen Schnitt des Films beruht. Da gibt es nachgedrehte Szenen mit einem grinsenden, den Zeigestock über Landkarten schwingenden Erklärbär im Studio (als ob man den in einem Godzilla-Film überhaupt nötig hätte!), jede Menge Straffungen und die Musik aus DER SCHRECKEN VOM AMAZONAS. Dafür kann die deutsche Fassung mit einer Synchronisation aufwarten, die sich gewaschen hat. DIE RÜCKKEHR DES KING KONG ist in manchen Szenen ohnehin bereits über Gebühr lustig, in der deutschen Fassung kommen noch ein paar Flapsigkeiten hinzu und vor allem ein tüchtiges Maß an fürchterlichen Abschätzigkeiten gegen Menschen mit anderen kulturellen Hintergrund. So wird beispielsweise dem Häuptling der Eingeborenen auf der Monsterinsel ein rotes Transistorradio als Gastgeschenk mit den anpreisenden Worten „Hiermit kannst du alle Kanaken unter Kontrolle halten!“ in die Hand gedrückt. So ganz in Ordnung ist das ja nicht, aber ich muss zugeben, ich habe trotzdem ordentlich gelacht. Dass der Film damals ein großer Erfolg wurde, finde ich ebenso gut wie die Tatsache, dass Godzilla am Ende über King Kong siegt. Die Echse hat eben mehr drauf als der Affe. Gar nicht mehr eingekriegt hat sich übrigens auch der Sprecher im deutschen Kinotrailer, der angesichts des Getrampels in den Pappstädten und dem Geschüttel eines ganz klar von der Modellbahn stammenden Waggons durch den Riesenaffen völlig außer Atem und also als käme er gerade von einem 5000-Meter-Lauf etwas von „Eine Orgie der Zerstörung! Ein Taumel der Vernichtung!“ hyperventilierte. Damals sah man es wohl ungläubig staunend und mit großen Augen, heute hat es eher entgegensetzte Wirkung.
#843
Geschrieben 10. Juli 2007, 18:44
(USA 1974 – John Waters)
Divine ist Dawn Davenport, die von zu Hause abhaut, als sie unterm Christbaum nicht die mit allerlei Schimpfworten von ihren Eltern herbei gebeteten Cha-Cha Heels findet, sondern nur ein paar lumpige Treter. Von einem schmierigen Typen mit dickem Bremser in der Unterhose kriegt sie sodann ein Kind verpasst. Ihre Taffy bringt Dawn in einer versifften Absteige zur Welt, das Leben der beiden wird durch Einbrüche und Ladendiebstähle bestritten. Eines Tages lernt Dawn in dem Unterwelt-Schickimicki-Friseurladen von Donald und Donna Dasher den zotteligen Gator kennen. Den heiratet Dawn vom Fleck weg, aber sehr zum Missfallen von Gators Tante Ida, eine Dampfwalze mit unglaublicher Fettschürze, die, stets adrett gekleidet in mindestens vier Nummern zu kleinen Latexkleidchen, zu Dawns Erzfeindin wird. Viel lieber als Dawn sähe sie an der Seite ihres Neffen einen netten schwulen Kosmetiker. Als die Dashers Dawn zu ihrem neuen Top-Model machen und ihr aus Dankbarkeit Ida eingesperrt in einem riesigen Vogelkäfig überreichen, Gator sich lieber mit knackigen Hühnern die Zeit vertreibt als mit der drallen Dawn und Taffy, mittlerweile eine frühreife Lotter-Lolita, ihren Entschluss umsetzt und sich Hare Krishna anchließt, geht’s rasant bergab. Idas abgesägter Hand folgen Mord und Totschlag, die Dashers erweisen sich als große Schweine, Grobheiten, Schreiereien, tausend böse Worte. Dawn wird mit Füßen die Spirale des gesellschaftlichen Abstiegs hinuntergetreten an dessen Ende einzig der elektrische Stuhl auf sie wartet.
FEMALE TROUBLE ist ebenso wie schon PINK FLAMINGOS eine Lehrstunde in Moral und Anstand nach dem Verständnis von John Waters. Der Film ist im Grunde affig, im höchsten Maße kindisch, überaus albern und grotesk von vorn bis hinten – und doch hat er nur Wahrheiten zu erzählen. Mit Ekelszenen, die Waters Filme so berühmt machten, geht FEMALE TROUBLE im Vergleich zu PINK FLAMINGOS sparsamer um, wenngleich der Film nicht weniger durch die Untiefen absoluter Geschmacklosigkeiten watet. In FEMALE TROUBLE ist alles drin, was dem Menschen nicht gut bekommt: Drogenmissbrauch, Kriminalität, prügelnde Mütter, Verrat, sexuelle Verdorbenheiten und natürlich die Suche nach dem Heil in völlig falschen Vorbildern. Wäre der Film nicht so übertrieben, so weit über dem Tellerrand des „Normalen“ angesiedelt, nicht so schillernd und sich zuweilen in lachhaften Kleinigkeiten verlierend, man könnte ihn schlicht nicht ertragen. In der Art wie Waters das alles jedoch zusammengerührt hat, kommt am Ende ein weiterer Meilenstein des 70er-Kinos heraus und ganz sicher nach dem unumstößlichen PINK FLAMINGOS der zweitbeste Film vom Pope of Puke.
Sehr profitiert der Film natürlich auch davon, dass die wichtigen Rollen mit dem üblichen Waters-Dreamland-Gefolge besetzt wurden. Neben Divine und der wie immer gleichwohl selten schamlosen wie stets exzellenten Edith Massey werden mit Mink Stole, Cookie Mueller, Mary Pearce und dem unvergesslichen David Lochary (in seiner letzten Rolle) ausschließlich Waters-Urgesteine aufgefahren. Ebenso trägt einmal mehr die exzellente Musikauswahl zum Gelingen des Kunstwerks bei. Von PINK FLAMINGOS gibt es ein Soundtrack-Album, von FEMALE TROUBLE leider nicht. Sehr bedauerlich! Und nicht weniger der Umstand, dass bis zum heutigen Tage MONDO TRASHO, MULTIPLE MANIACS und auch die ganzen von Waters auf Super 8 und 16mm gebannten Frühwerke nicht auf DVD veröffentlicht wurden. A dirty shame!
#844
Geschrieben 10. Juli 2007, 18:44
(Mexiko 1969 – Rene Cardona)
Weil sein Sohn Julio an Leukämie erkrankt ist und die Wissenschaft auch keinen Rat mehr weiß und ihn also abgeschrieben hat, greift Dr. Krellman zu ganz neuen Mitteln. Zusammen mit seinem humpelnden, zernarbten Faktotum bricht er nachts in den Zoo ein, schießt sich einen Gorilla und transplantiert dessen Herz in den Julios Körper, weil “it will be powerful enough to quash the disease!“ Julio zeigt sich zunächst auch in der Tat auf den Weg der Besserung, doch dann setzt die Verwandlung in einen grauenhaften Affenmann ein, der aus dem jungen Man eine Art Hulk macht, eine selten böse, von grausamen Instinkten getriebene Kreatur, die Frauen anfällt (um ihnen die Kleider vom Leibe zu reißen und sie zu vergewaltigen) und Männer überfällt (um sie zu töten, in dem er ihnen den Hals zerfetzt, die Nase oder den Skalp abreißt, mal ein Auge rausquetscht oder einfach ersticht – lauter so Zeugs halt). Als Dr. Krellman dies erkennen muss, fällt ihm ein, dass im Krankenhaus ja noch eine Catcherin liegt, der es ohnehin nicht so gut liegt. Also klempnert er das Affenherz aus seinem Sohn wieder raus und das der Frau hinein. Dummerweise bringt das nicht den gewünschten Effekt, noch immer verwandelt sich der Filius in den Gorilla-Mann mit den Superkräften. Und dann ist da ja noch die Polizei, die dem Mörder – halb Mensch, halb Affentier – unlängst auf der Spur ist.
Ein selten schöner Film, der einfach alles zu bietet, was einen waschechten Mad-Doctor-Schocker auszeichnet: kreischende Weiber (hier überdies garantiert immer ohne Bekleidung), jede Menge Blut, wirre wissenschaftliche Erklärungen und natürlich erstklassige Operationsszenen. In diesem Fall wirken diese auch in der Tat sehr echt, weil Cardona Dokumentaraufnahmen Herz-OP in seinen Hobel geschnitten hat. In den 70ern scheint das groß in Mode gewesen zu sein. In Rolf Olsens DAS STUNDENHOTEL VON ST. PAULI war die dort stattfindende Operation sogar ein vom Verleih besonders in den Vordergrund gestellter „Gimmick“. Überschwänglich bedankt man sich bei Cardonas Film in den Credits bei der Firma Siemens für die medizinischen Apparate. Dieser Film will mir als Aushängeschild des vor allem nur noch durch Skandale bekannten Weltkonzerns doch ganz gut passen. Nun frage ich mich jedoch, ob man sich mit Siemens-Geräten in der Tat Affenmänner im Keller zusammenbauen kann.
Etwas betrüblich ist, dass der Affenmann am Ende von der Polizei gejagt wird und nicht – wie es vielleicht wünschenswerter gewesen wäre – von einer Horde lustig kostümierter Wrestling-Weiber. Die tauchen nämlich in NIGHT OF THE BLOODY APES durchaus auf, spielen in der Schauermär allerdings eine eher untergeordnetere Rolle. Am Ende muss der Doktor erkennen, dass man mit den Schöpfungen vom lieben Gott kein Schindluder betreibt, und lustig an ihrer Banane kauende Tiere als Ersatzteillager für Menschen zu missbrauchen - das geht auch nicht. Mit zitternder Unterlippe (und eine solch heftige, fast bis zur Brust hinunter bebende Wackelpudding-Unterlippe gibt es in keinem anderen Film zu sehen) darf er seinen Sohn um Verzeihung bitten. Der stirbt mit einem Lächeln und mit einem Gesichtsausdruck, der vollkommend befriedigt aussieht. Nach der Menge kreischender Frauen, die sich Affen-Julio den ganzen Streifen über brutal unter den Nagel gerissen hat, irgendwie aber auch kein Wunder.
Bearbeitet von molotto, 10. Juli 2007, 18:51.
#845
Geschrieben 12. Juli 2007, 13:07
Ob nun in der Tat die verstrahlte Venus-Sonde die frisch Verstorbenen ins Leben zurückbringt oder nicht, ist in Romeros Klassiker eigentlich völlig piepe. Gerade der Umstand, dass man mehr oder weniger im Unklaren darüber gelassen wird, was eigentlich die Katastrophe heraufbeschwört, macht viel vom Reiz von Romeros DEAD-Filmen aus – mehr noch in ZOMBIE 2 – DAS LETZTE KAPITEL und vor allem natürlich in ZOMBIE, in dem das Konzept der hilflosen Konfusion gerade in der ungemein starken ersten halben Stunde bis auf die Spitze getrieben wird. Die sich abzeichnende Apokalypse in DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN ist etwas in den Hintergrund gestellt, der ganze Film vor allem ein Spiel mit der Angst, eingebettet in einen überaus harten Überlebenskampf, der Mathesons bekannte Vorlage mindestens ebenso häufig streift wie den bereits in THE LAST MAN ON EARTH angeschlagenen, harschen Ton einer Umsetzung in einer möglichst den Charakter des überaus existentialistischen Romans treffenden Weise. Dass überdies die Menschen in DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN zu blöde zum Überleben sind, sich gleichwohl in Kleinigkeiten und den zwangsläufig daraus resultierenden Konflikten verschwenden, ist der Motor, der den Film mindestens ebenso am laufen hält wie die ungeheure Ernsthaftigkeit, mit der die Schockszenen dargebracht werden. Die wissen selbst heute noch zu beeindrucken, wie überhaupt der ganze Film, der unter einer ganz anderen Prämisse segelt als die meisten der Gruselstücke, die sich in erster Instanz anschicken, ihre Schocks gut und günstig zu verkaufen. Das ist zwar nichts Schlechtes, lässt diese Werke aber mit einigem zeitlichen Abstand im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen. DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN kann sich für mein Dafürhalten nach wie vor mit aktuellen Produktionen messen, die Jahre sind fast spurlos an dem Film vorüber gezogen, Kamera und Schnitt sind ungeheuer effektiv, und das DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN auch noch Platz für Interpretationen abseits seiner Stellung als reinrassiger Horrorfilm zulässt, ist ein unbeabsichtigter, jedoch höchst willkommener Mehrwert, den Romero – mit Ausnahme des dahingehend ungleich motivierteren CRAZIES – glücklicherweise auch über die folgenden Jahre immer wieder in seine wichtigeren Filme inkludierte. Für mich einer der wichtigsten Filme der 60er Jahre und zudem einer der wenigen Filme, die mir als Junggemüse mal so richtig Angst gemacht haben. Der Film macht nach wie vor einen unendlichen Spaß und wird umso unverwüstlicher je älter er wird.
#846
Geschrieben 12. Juli 2007, 13:07
(Japan 2001 – Sogo Ishii)
Beim Klettern auf dem Hochspannungsmast holt sich ein kleiner Junge einen heftigen Stromschlag. Aus ihm wird nach einer Odyssee durch eine eher schreckenerregende Jugend durch Krankenhäuser und Nervenheilanstalten Electric Eye Morrison, ein Privatdetektiv, der für seine Kundschaft abhanden gekommene Reptilien aufspürt und einfängt. Immerhin unterhält er zu den Echsentieren doch eine sonderbar harmonische Beziehung – ebenso wie zu seiner E-Gitarre, mit der in wahren Schrabbel- und Schrammelorgien (mit klarerweise voll aufgedrehten Verstärker) seine aus ihm dringenden Energien ableitet. Nachts muss er sich zudem selbst ans Bett fesseln, damit die von der unbändigen elektrischen Kraft hervorgerufenen Konvulsionen ihn nicht von der Pritsche schicken, obwohl er sich vor dem Zubettgehen regelmäßig erdet. Doch in der Stadt ist er nicht allein mit dem Problem des unausgeglichenen Energiehaushalts, denn es geistert noch der Thunderbolt Bhudda herum, ein Bürschchen, das sich durch einen Blitzschlag in seiner Kindheit gar mit noch mehr Energie als Electric Eye Morrison aufgeladen hat. Ein Kräftemessen auf dem Dach eines Hochhauses soll Klarheit bringen, wer von den beiden der Stärkere ist. Weder ist der Kampf von besonderem Interesse noch die beiden Charaktere, sondern vor allem die atemberaubende Optik, der Mut zu ziemlich waghalsig montierten Schwarzweiß-Bildern und ein Soundtrack, der sich in den besten Passagen ein wenig wie Helios Creed anhört. Die Form geht bei ELECTRIC DRAGON 80.000 V jederzeit über den Inhalt, der jedoch auch ein paar hübsche Lesarten zulässt. Plagen muss man sich damit aber nicht wirklich. Der Film ist ein Tummelplatz für visuelle Extravaganzen und damit der vielleicht schönste experimentelle Bilderrausch seit TETSUO. ELECTRIC DRAGON 80.000 V ist also vor allem ein hoch künstlerisches Werk und damit fast frei von den obligatorischen Abnutzungserscheinungen klassisch erzählter Kinokost. An seinen aufwühlenden, sehr kreischenden und überdies oftmals ungeheuer chaotischen Bildern und Tönen sieht und hört man sich satt. Wenn Ishiis Film nach einer Stunde geschafft ist, ist man geschafft. Unglücklich darüber jedoch nicht.
#847
Geschrieben 13. Juli 2007, 08:51
(USA 1987 – Terence H. Winkless)
Der Bürgermeister des Küstenkaffs North Port hat sich das folgendermaßen gedacht: Wenn er die Leute der höchst fragwürdigen Intec Corporation bei sich vor der Haustür Experimente mit Kakerlaken machen lässt, setzen die ihm im Gegenzug schöne, schicke Ferienhäuser in die Landschaft, womit sein Flecken Erde fortan auch für Touristen höchst interessant ist. Nun geraten aber die Versuche mit den Schaben außer Kontrolle, weshalb die Dinger bald – anstatt sich gegenseitig aufzufressen, wie ursprünglich geplant – gegen alles resistent werden, was der Mensch an Giften und Gasen aufzufahren in der Lage ist. Die Warnsignale häufen sich: Im Supermarkt fressen die Killerkrabbler eingeschweißte T-Bone-Steaks aus der Kühltruhe ratzeputze auf, ein Hund wird bis auf die Knochen abgenagt aufgefunden, Menschen verschwinden und, ganz besonders schlimm, in der Bücherei fallen die alten Schinken auseinander, weil die gefräßigen Schaben die Leimung als Labung zu mitternächtlicher Stunde hernehmen. Der Sheriff und seine alte Liebe, die Tochter des Bürgermeisters nämlich, die mit ihrem Alten ebenso wenig auf gutem Fuße steht wie der Ordnungshüter selbst, kämpfen gegen die Viecher, eine eiligst eingeflogene und überaus schreckschraubige Wissenschaftlerin der Intec Corp. und um ein wenig Spannung in diesem Insektengrusler. Aus dem Hause Corman darf man eigentlich ganz gute Unterhaltung erwarten, im Fall von DAS NEST ist diesbezüglich allerdings über weite Strecken absolutes Dunkeltuten. Das hängt zum einen damit zusammen, dass der Film bis auf ein wenig Gekröse fast keine wirklich brauchbaren Schockszenen auffährt, zum anderen ist die deutsche Synchronfassung alles andere als spaßig und gewollt drollig, sondern vor allem ziemlich müllig und güllig. Gegen Ende wird es dann doch noch kurz interessant, weil sich herausstellt, dass sich die Schaben aufgrund ihrer veränderten Gene mit der von ihnen aufgenommenen Nahrung kreuzen. Da hat dann plötzlich eine Kakerlakenkatze Auftritt und es fehlt auch nicht – als krönender Höhepunkt des Schauerstücks – ein riesengroßer, sabbernder und grunzender Käfermann. Bevor man sieht, wie schlecht der getrickst ist, wird er in die Luft gejagt. Schade. Ich hatte mich auf ein Wiedersehen mit DAS NEST eigentlich sehr gefreut und bin nun doch etwas erschrocken darüber, dass mir dieser Quatsch mal ausgesprochen gut gefallen hat. Schlecht ist der Film nicht, aber auch nicht der Klopfer, den ich meinte mit diesem Film in Erinnerung zu haben. Selbst der dusselige SLUGS von neulich ist mir da doch bei weitem lieber. Scheint so, als gäbe es bis auf das erstklassige Segment „They’re Creeping Up On You“ aus DIE UNHEIMLICH VERRÜCKTE GEISTERSTUNDE gar keine wirklich brauchbaren Krabbel-Horrorfilme aus den 80er Jahren, bei denen man sich nach einem Abstand von rund zwei Jahrzehnten nicht tüchtig ans Hirn langt.
#848
Geschrieben 13. Juli 2007, 17:05
(DDR 1964 – Kurt Weiler)
Sklavisch und zuweilen bis auf die niedergeschriebenen Dialoge hält sich die Märchenverfilmung aus der DDR ans Märchen. Und das ist soweit gut, weil der Wiedererkennungswert damit gesichert ist. Von seinen Bildern und Tönen geht der Film nämlich ziemlich eigenständige Wege, die Puppen sind ziemlich grotesk anzuschauen (allerdings mit ihren Gesichtern nach Art von Maxifant und Minifant auch als ein Produkt ihrer Zeit zu erkennen), die Hintergründe, in denen sie sich tummeln, ebenso farbenfroh wie höchst surreal. Die Tricktechnik ist sehr fein und auf einem durchweg absolut hohen Niveau, was man bei einem Film von Kurt Weiler aber auch nicht anders erwartet. Wo das Märchen recht starr wirkt, peppt Weil es mit recht eindrucksvollen Kulissen und höchst eigenwillig kreierten Figuren auf. Die Adaption ist unterlegt mit Instrumentalversionen klassischer Weisen aus Frankreich - u. a. mit „Junger Tambour“, das man aus unendlich vielen französischen Mantel- und Degenfilmen kennt. Diese wirken allerdings zu keiner Zeit deplaziert, sondern umrahmen das Geschehen auf der Leinwand auf wunderbare Weise. Für Kinder ist der Film gedacht und gemacht, man kann aber nicht sagen, dass Erwachsene mit einem Faible für exzellent animierte Puppenfilme weniger Freude mit dem Streifen haben. Allein die Farbgestaltung des Films haut einen schier um.
#849
Geschrieben 13. Juli 2007, 17:12
Neulich im Jahre 1400: Flavia wird von ihrem Vater, dem einflussreichen Don Diego, zwangsweise in ein Kloster gesteckt, wo das Mädchen zur Frau heranreift. Flavia setzt sich mit vielen Fragen auseinander, die bis wohl auch noch nicht zweifelsfrei geklärt sind. Warum Gott keine Frau ist, und wieso wird die Welt überhaupt ausschließlich von Männern gelenkt? Unterdrückte Sexualität ist eine andere Sache. Von der Gewaltherrschaft ihres Vaters entsetzt und nicht zuletzt durch die aufstachelnden, ketzerischen Reden von Schwester Agata, einer alten, irre grinsenden Vettel, läuft Flavia irgendwann mit ihrem heimlichen Schwarm, dem Juden Abraham, weg. Die Strafe ist grausam, Abraham soll gar dem Henker anempfohlen werden. Bevor es dazu kommt, überfallen die Muselmanen das Land, womit sich das Blatt für Flavia wendet. In der Gunst der Muselmanen steht sie alsbald und wohl nicht zu wenigen Stücken wegen ihrer durchaus herrischen, fast schon männlichen Art überaus hoch, ist mit ihren Anführer verbandelt und zieht mit ihm gar gegen ihren eigenen Vater zu Felde, der endlich dafür büßen soll, sie überhaupt gezeugt zu haben. Als sie den von den Türken befreiten Abraham allerdings erblickt und zu ihrer alten Liebe zurückfindet, zürnt der Türke und hackt dem Juden den Kopf ab. Damit erlischt der Lebensmut in Flavia vollends. Als die Türken sich wieder verziehen, kommt es mit der Inquisition ganz dicke für die überaus emanzipiert wirkende Frau.
Wer mit dem Film – und nicht zuletzt durch die deutschen Titelkreationen (die Wiederaufführung lief in froher Erwartung irgendeiner Sogwirkung des ebenfalls noch einmal neu aufgelegten HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT dann auch als NONNEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT) – dem Gedanken anheim fällt, es handelt sich bei CASTIGATA, DIE GEZÜCHTIGTE um einen herrlichen Schmierbatzen von einem Film, der wird durch die überaus kunstvoll erzählte Geschichte, den mitunter sehr beeindruckenden Bildern und der fast schon sentimentalen (und wirklich erstklassigen) Musikuntermalung schnell eines Besseren belehrt. An einschlägigen Szenen mangelt es dem Film natürlich dennoch nicht: Ein Hengst wird kastriert (was überaus echt aussieht - wahrscheinlich ist es das auch), ein notgeiler Edelmann saut mit einer Magd im Schweinestall herum (die Türken zahlen es ihm später mit ein paar standfesten, schokostechenden Muskeltypen heim und erdolchen ihn abschließend), in einer Traumsequenz rennt alles nackt im Kloster herum und eine Frau verkriecht sich gar in den ausgeweideten Kadaver einer Kuh. Wozu das alles immer gut sein soll, das erklärt sich einem nicht immer bis ins Letzte, aber interessant anzusehen ist das natürlich trotzdem. Von den ganzen Nonnen-Exploitern der 70er Jahre ist CASTIGATA einer der besseren Vertreter, weil er sich nicht nur auf Sex- und Gräuelszenen verlässt, sondern in der Tat einmal eine zumindest halbwegs plausible und ansatzweise sogar recht interessante Geschichte zu erzählen versucht, die nicht zwangsläufig darin gipfelt, dass sich am Ende alles an der Muschi fummelt. Die guten Ansätze können zwar auch nicht ganz verhehlen, dass die mit auf den Weg gegebene Schmalspur-Philosophie und das ganze Emanzen-Gedöns oftmals vor allem nur dazu da sind, all die grobe Gewalt und natürlich auch die unzüchtigen Dinge zu rechtfertigen, dem Film allerdings vorzuwerfen, er würde damit ausschließlich Kaschierung betreiben, das wäre vielleicht etwas zu hoch gegriffen.
CASTIGATA habe ich anno 1982 beim Dauerbrenner leider nicht gesehen, mittlerweile allerdings im Kino nachgeholt. Dort wirkt er allein schon wegen seiner schönen Bilder und der Musik ungleich besser als vom Silberling, wenngleich er bei einigen Gewaltszenen (Nibbelgeschnibbel) und vor allen bei einigen fürs Bahnhofspublikum zu tiefsinnigen Dialogen hat Federn lassen müssen. Claudio Cassinellis Charakter wurde dabei fast zur Hälfte aus dem Film geschnitten, weil der halt nur labert und labert und labert. Dummerweise versteht man deshalb den Film nicht mehr so ganz. Seine Beziehung zu Flavia, die unter anderem den ganzen unschönen Ausgang der Geschichte entscheidet, wird dem deutschen Kinozuschauer nicht mehr klar gemacht. Aber irgendwo muss man ja ansetzen, wenn der Film 90 Minuten Spielzeit nicht überschreiten darf.
Bearbeitet von molotto, 13. Juli 2007, 17:14.
#850
Geschrieben 13. Juli 2007, 22:50
SUPERMAN – DER FILM
(Großbritannien/USA 1978 – Richard Donner)
Der Planet Krypton ist im Eimer, und als einziger Überlebender der kosmischen Katastrophe ist das Baby von Marlon Brando und seiner seltsamen Filmfrau, deren Namen ich schon wieder vergessen habe, in einem Kristallschiff unterwegs zur Erde. Dort ist es dem Fratz dank seiner besonderen molekularen Beschaffenheit möglich mit Superkräften zu hantieren, was ihn dann nach einigen harten Jahren des Studiums im Palast der Einsamkeit (oder so) zu Superman macht, der sich unbeirrbar gegen das Böse auf der Erde stellt. Superschurke Lex Luther schmeißt auch gerade mit A-Bomben um sich, also Superman muss ins Innere der Erde vordringen, um die auseinanderwabbelnden Kontinentalplatten wieder zusammenzuschieben und darf gleich danach ein wenig am Rad der Zeit herumdrehen. Am Ende liefert er die schlimmen Finger im Knast ab, hat also dem „Land einen großen Dienst erwiesen“ und kriegt dafür einen warmen Händedruck. Außer dem Drang Gutes zu tun, ist Superman nur noch mit der Liebe zu seinem Schwarm Lois Lane beseelt. Nebenbei thematisiert der Streifen auch noch ein paar Probleme, mit denen sich junge Menschen so herumschlagen: Anfeindungen durch vermeintlich Überlegene, Duckmäuserei und Mobbing, peinliches Imponiergehabe - und natürlich will auch Superman gern mal einen wegstecken, verheddert sich allerdings bei seinen Annäherungsversuche maßlos und gibt auch sonst in seinem „normalen“ Leben kein wirklich umwerfendes Bild ab. Weil er aber durch Leistung überzeugt, darf er ja später durchaus noch zum Ziel kommen. In Donners Film reicht es, wenn er erst einmal die Welt rettet, was ja bei näherer Betrachtung auch wirklich keine schlecht Ersatzbefriedigung ist. Und das geht äußert bunt und voller gewaltiger Effekte vonstatten, die aber manchmal (und gerade in Supermans Flugbetrieb) auch schon anno 1978 nicht mehr ganz so taufrisch wirkten. Zu allem dudelt das übliche Geschmetter aus der Tonfabrik von John Williams, den ich nicht zwar nicht leiden kann, dessen Klänge zu diesem Film ich aber trotzdem recht gelungen finde. SUPERMAN war noch nie so wirklich mein Ding, weder als Comic noch als Film. Mittlerweile muss ich aber zugeben, dass ich Donners Millionen-Dollar-Trash aus dem ohnehin guten Filmjahr 1978 aber durchaus recht gerne sehe. Und den Reeves finde ich eigentlich auch gar nicht so übel, wenngleich ich mir schon immer viel lieber Miles O’Keefe in der Titelrolle gewünscht habe.
Bearbeitet von molotto, 13. Juli 2007, 22:51.
#851
Geschrieben 14. Juli 2007, 19:45
(Großbritannien 1981 – John Landis)
Die beiden US-Studenten Jack und David unternehmen einen Trip quer durch Europa, werden allerdings schon ziemlich zu Anfang im schottischen Moor von einem Werwolf aufgerieben. Vorbei ist es mit dem Ferienvergnügen, stattdessen wartet auf Jack ein Sarg, auf David, der den Angriff verletzt überlebte, die hübsche Londoner Krankenschwester Alex, die sich in den jungen Amerikaner verliebt und ihn gar nach seiner Entlassung mit nach Hause nimmt. Hätte sie mal besser nicht gemacht, verwandelt sich David doch schon beim nächsten Mondenschein ebenfalls in einen gruseligen Werwolf und tötet sechs Menschen. Das große und ungemein effektive Finale des Films findet auf dem Piccadilly Circus statt, davor schaut sich David in einem Pornokino einen höchst sonderbaren Film an, den ich gerne in meiner Sammlung hätte. AMERICAN WEREWOLF hält ungemein gut die Balance zwischen zeitloser Komik, wohligem Schauer und ziemlich deftigen Schocks, sodass sich der Streifen auch nach über 25 Jahren noch ausgesprochen gut ansehen lässt und wegen womöglich typischer 80er-Jahre-Spaßereien durchaus keinen Schiffbruch erleidet. Sehr schön sind auch die zahlreichen Effekte des Films, allen voran natürlich die überaus gelungene Verwandlungsszene in dem Apartment von Alex sowie das Auftauchen von Jack als Leiche in den verschiedenen Verwesungsstadien.
Ein Highlight des Films und damals im Kino immer der größte Lacherfolg ist natürlich, wenn David sich durch wüste Beschimpfungen vergebens müht, von einem Bobby verhaftet zu werden. Auch die deutsche Synchronfassung dreht da tüchtig auf. Ebenso wie AMERICAN WEREWOLF zwischen ziemlich abscheulichen Szenen – das Kino war dank der FSK ab 16 Jahren immer gut gefüllt mit Pimpfen – und witzigen Passagen, die auch schon mal unter die Gürtellinie zielen – großes Fragezeichen über den Köpfen der Pimpfe im Kino –, die Waage zu halten versteht, ist auch die musikalische Untermalung des Films überaus abwechslungsreich. Neben orchestralen Klängen von Elmer Bernstein gibt es hübsche amerikanische Gassenhauer aus den 50er Jahren: Bad Moon Rising und natürlich Blue Moon. Das schöne Durcheinander hat seinerzeit wohl nicht wenige Leute in die Plattenläden getrieben – mich übrigens auch, was ich gerne zugebe. Auch nett fand ich, dass der Film damals in irgendeiner Kultursendung im ZDF Gegenstand einer Besprechung wurde, bei der man neben der Verwandlung und einem kurzen Ausschnitt von der Verfolgung in der U-Bahn vor allem Davids Traum voll ausspielte, in dem eine Werwolf-Einheit in SS-Uniformen seine Familie mit Maschinenpistolen in Grund und Boden ballert. Das hat mich seinerzeit ganz entsetzlich schockiert. Persönlich liegt mit Joe Dantes DAS TIER als moderner Werwolfschocker gerade wegen seiner dezent gesetzten satirischen Untertöne und der Kreaturen aus dem Hause von Rob Bottin noch etwas mehr, aber zu klagen gibt es im Fall von John Landis Genrebeitrag absolut gar nichts. Schöner Film!
Bearbeitet von molotto, 14. Juli 2007, 20:01.
#852
Geschrieben 15. Juli 2007, 14:47
DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS
(Italien 1970 – E. B. Clucher (Enzo Barboni))
„Der müde Joe“, auch „die rechte Hand des Teufels“ genannt, versteht sich mit seinem Bruder, „der Kleine“ bzw. „die linke Hand des Teufels“ genannt, nicht so sonderlich. Der - je nach Betrachtungsweise - Kleine bzw. Dicke mimt in einem Dorf widerrechtlich den Sheriff und nutzt die beschauliche Zeit, einen neuen Coup auszubaldowern. Joe indes freundet sich mit ein paar Siedlern an, die sich mit ihrem Viehzeug in einem saftigen Tal niederlassen wollen. Das wiederum ist allerdings einem einflussreichen Viehzüchter ein Dorn im Auge, weshalb er sich mit einer Bande mexikanischer Revolverhelden zusammenschließt, um die gottesfürchtigen und kampfunerfahrenen Leute aus der Senke zu vertreiben. Joe und der Kleine vergessen da kurzerhand ihren familiären Zwist und unterrichten die Siedler in den Künsten der Selbstverteidigung.
Die während des großen Finales am Fließband ablaufenden Dreschflegeleien sind in dieser frühen Zusammenarbeit vom Duo Spencer und Hill bei weitem noch nicht von der bekannten Übertriebenheit späterer Werke, überdies hält sich die Synchronfassung (noch) arg zurück mit duften Sprüchen und Kalauereien, wie sie dank Synchron-Rainer aus Berlin dann in den folgenden Jahren zum Standard einer jeden Klopporgie mit dem Dicken und Blonden wurden. Dafür ist der Film vor allem ein überaus anschaubares Spiel mit den Elementen des Western-Kinos, lässt ironische Betrachtungen ebenso wenig vermissen wie aufrichtig und überaus nett gemeinte Verbeugungen. Im Gegensatz der späteren Spencer/Hill-Western und bis hinauf zu dem unsäglichen EINE FAUST GEHT NACH WESTEN ist auch in Sachen Filmmusik und vor allem seitens der wunderbaren, manchmal sogar schlichtweg genialen Scope-Bilder bei DIE RECHTE UND LINKE HAND DES TEUFELS noch absolut alles im Lot. Der Film ist ein großer und auch recht interessanter Spaßmacher, der die Jahre weitaus besser überstanden hat als so manch anderes Werk des Duos.
Bearbeitet von molotto, 15. Juli 2007, 14:47.
#853
Geschrieben 15. Juli 2007, 19:41
(Großbritannien/USA 1981 – John Boorman)
Uther Pendragon ist der Träger von Excalibur, dem Schwert der Könige. Seine ihm dadurch verliehene Macht missbraucht er jedoch ebenso wie die Zauberkünste Merlins, um eine Nacht mit Igrayne, der Frau seines ehemaligen Rivalen Cornwall, zu verbringen. Merlin fordert für sein Zutun zu dem bösen Spiel das Kind, das in dieser Nacht gezeugt wird: Arthur, der dazu bestimmt ist, Excalibur als junger Erwachsener aus dem Stein zu ziehen, in den Uther es vor seinen Tod hat hineinfahren lassen. Bis es soweit ist, darbt das führerlose Land und allen geht es schlecht. Nachdem es Arthur gelingt, das Schwert an sich zu nehmen und danach alle Ritter treu und brav um sich zu scharen, steigt ihm die Macht allerdings ebenso zu Kopfe wie bereits seinem Vater.
Und auch Merlin, der sich zeitig damit befasste, die Macht durch listige Intrigen in die für ihn richtig erscheinenden Kanäle zu lenken, muss für seine Kühnheit teuer bezahlen. Die Führung gerät ins Trudeln, dem Land geht es noch schlechter als zuvor. Damit das Land nicht unrettbar ins Chaos stürzt, soll der Gral als ultimativer Heilsbringer hergeschafft werden. Arthurs Ritter strömen aus, kommen allerdings einer nach dem anderen bei der kräftezehrenden Suche ums Leben. Lediglich Parzival kann die Gralsburg (müsste der Sage nach eigentlich Munsalwaesche sein) ausfindig machen, wo die Zauberin Morgana (und nicht etwa Anfortas), Arthurs Halbschwester, haust samt ihres verrückten Sohnes Mordred. Mordreds ist durch einen faulen Zauber Morganas aus einem Verhältnis mit Arthur entstanden, also ein Inzest-Balg mit in der Tat ausnahmslos schlechten Seiten. Zwar kann Parzival allen Versuchungen widerstehen und den Gral dem sich in seinen Depressionen suhlenden Arthur bringen, doch das Land ist da schon nicht mehr zu retten. Am Ende kämpfen die verbliebenen Ritter aus Arthurs Gefolge gegen Mordred und seine blutdürstige Horde.
Zwar basiert der Film auf einen Roman von Thomas Malory, und inwieweit der im Konzept des Films aufgeht, das entzieht sich mir leider völlig, mit den ursprünglichen Sagen jedenfalls fährt der Film gehörig Schlitten. Da wundert es schon fast, dass bei Boorman nicht auch noch Prinz Eisenherz ums Eck lugt und hallo sagt. Möglicherweise ging es Boorman in EXCALIBUR aber weniger um eine hübsch verwobenes Konstrukt aus Fragmenten der höfischen Literatur, sondern vor allem um den Untergang des mit sich, der Natur und den übernatürlichen Elementen in absoluten Einklang stehenden Menschen. Je weniger Arthur und sein Gefolge dem Zauberer und vor allem Excalibur trauen und auf eigene Rechnung, die ihnen einzig Vernunft und Gefühl diktieren, tätig werden, desto größer ist das Unheil, das sich daran anschließt. Möglicherweise ist das aber auch zu hoch gegriffen, würde aber zu Teilen auch erklären, warum der Film, der in der ersten Hälfte recht klar strukturiert ist, im weiteren Verlauf in einen recht wirren Mindfuck ausartet, bei dem mitunter nicht immer klar ist, warum und wieso sich die Charaktere stellenweise so wunderlich benehmen. Gegen Ende wirkt EXCALIBUR in manchen Szenen so überdreht wie dereinst Boormans ZARDOZ, der, was man ihm unbedingt zugute halten muss, im Vergleich mit EXCALIBUR aber zumindest aussieht wie aus einem Guss. Wenn es einem zu blöd wird, kann man sich in EXCALIBUR immerhin noch an den opulenten Bildern satt sehen und kriegt dazu bestenfalls noch Wagner und Orff auf die Ohren, deren Kompositionen übrigens sehr effektiv und wirkungsvoll in den Film eingefasst sind.
Seinen Ballast kann Boorman gerne behalten, für mich ist der Film nur noch ein Fest für Aug und Ohr, das einen von der Leinwand aus schier aus dem Sessel fegt. Es ist schade, dass der optisch wirklich überragende Film so schlumpig auf DVD umgesetzt wurde. Statt des korrekten Bildes im Format 1.66:1 gibt es Warner-Standard in 16:9, das den Rittersleuten mitunter tüchtig die Schädeldecken abfräst und manches Bilddetail einfach verschwinden lässt. Für mich neben JASON UND DIE ARGONAUTEN, der sich gegen EXCALIBUR in dieser Beziehung aber noch harmlos ausnimmt, das bislang schlimmste Stück Bildformat-Schindluderei.
#854
Geschrieben 16. Juli 2007, 08:38
(USA/Ägypten/Italien 1981- Frank Agrama)
Nachdem ein ziemlich unsympathischer Grabräuber die geheime Ruhestätte von Safiraman gefunden und aufgesprengt hat, tummeln sich dort plötzlich ein paar amerikanische Fotomodelle, ein Fotograf und ein billige Helfer herum, die in der Höhle atemberaubende Aufnahmen für ein Modemagazin herzustellen gedenken. Nun ist die Mumie Safiramans allerdings verflucht. Durch die Wärme der Scheinwerfer, die man in seine Grabkammer gestellt hat, wacht Safiraman nun auf und macht sich über die Weiber her. Weil Safiraman vier Fotomodelle - die das Cover übrigens als attraktiv verstanden wissen will, wovon allerdings keine Rede sein kann – allein nicht auffressen kann, erheben sich zum Zwecke der Nachbarschaftshilfe auch seine Mumienkollegen in der Wüste. Höhepunkt des Ganzen ist dann der Überfall der Mumien auf ein nahegelegenes Dorf, wobei vor allem schlecht getrickstes Gekröse für eine „außergewöhnlich spannende Atmosphäre“ sorgt.
Die erste Stunde des Films ist pottenlangweilig, da geht so gut wie gar nichts voran. Selbst die selten blöden und recht ausufernd inszenierten Fotoshootings laden nur wenig dazu ein, sich über das Gehabe und Gemache der vier Schranzen und ihres selten blöden Fotografen auszuschütten. Besonders dulle: Eines der Fotomodelle kippt sich irgendwann mal die ätzenden Eingeweide von Safiraman über die Flunke und kriegt daraufhin eine Gruselhand, die für den weiteren Verlauf des Films jedoch ohne Bedeutung bleibt. Schon toll: Das Geschlinge aus Safiramans Körper steht selbst nach Tausenden von Jahren immer noch in einem frisch-blutigen Durcheinander in einem Bottich neben dem Sarkophag herum. Auch nicht schlecht: Die Mumienkollegen von Safiraman werden ursprünglich mit dem Meister in der Grabkammer bestattet, schälen sich später aber irgendwo mitten in der Sahara aus dem Sand. Haben die sich bis dorthin durchgebuddelt? Zeit genug hatten sie ja anscheinend wohl.
Die Idee, ein paar Zombiemumien durch Ägypten latschen zu lassen, ist ja noch nicht einmal so blöd, das Resultat indes jedoch alles andere als ein „legendärer und herausragender Zombieklassiker“, sondern ein ganz schön öder und unerträglich langatmiger Menschenfresserfilm mit hackfressenbewehrten Schlurfzombies, denen viel zu wenig Spielzeit eingeräumt wurde. Außerdem sieht man von dem Gematsche nicht genug, weil der Film an einer sagenhaft schlechten Ausleuchtung leidet. Weil DIE MUMIE DES PHARAO einzig den Gorebauern in mir anspricht, empfand ich das als ganz besonders bedauerlich. Gar nicht auszuhalten ist auch die Musik in dem Film, die irgendein Mensch auf den Tasten seines Synthesizers zusammengedrückt hat und die, was mich mittlerweile maßlos erstaunt, sogar auf LP und MC ausgewertet wurde. Ganz schön mutig! DIE MUMIE DES PHARAO hatte ich eigentlich als recht amüsant in Erinnerung. Davon ist nichts geblieben. Dem Stinker ist das Vierteljahrhundert, das bereits über ihn geflossen ist, überhaupt nicht gut bekommen. Damals hui, heute pfui.
#855
Geschrieben 17. Juli 2007, 10:12
DER GIGANT
(USA 1981 – Steve Carver)
Erst wird sein Partner von der Drogenmafia ermordet, dann dessen Freundin, die im Auftrag eines TV-Senders einen schonungslosen Enthüllungsreport plante und dafür ganz hochbrisantes Material beschaffen konnte. Weil der Captain mit den jüngsten Misserfolgen von Sean Kane auch nicht mehr klarkommt, zieht Kane die Konsequenz und legt das Abzeichen und die Waffe auf den Tisch. Jedoch ermittelt er auf eigene Faust weiter, was bedeutet, dass er alles und jeden aus den Weg räumt und klarerweise auch die Drogenbosse nicht schont, die ein ungeheuer schweres Ding planen, den größten Drogenimport nämlich, den die USA je gesehen haben. Christopher Lee macht dabei den aalglatten Schmierhannes, dem nicht über den Weg zu trauen ist, und Mako ist als Kanes alter Kung-Fu-Lehrer mit von der Partie, kämpft wacker und gibt unendlich wertvolle Ratschläge, die in der deutschen Fassung auch etwas lustiger rüberkommen als im Original („Meditieren hat hier keinen Sinn mehr, hier hilft nur Kraft!“ – Genau!). Ganz der große Fetzer wie wenig später MCQUADE – DER WOLF ist Carvers DER GIGANT zwar noch nicht, aber alle guten Ansätze sind schon da. Vor allem auch seitens der Synchronisation, die aus dem in der Tat überaus massiven Prof. Toru Tanaka einen „Panzer in Zivil“ macht und Chuck Norris auch mal als „Saftbock“ beschimpfen darf, wenn er im Original einfach nur ein „Kumpel“ ist. Carver lässt seinen Über-Cop durchaus menschlich erscheinen und weniger als eine eher seelenlose Kampfmaschine, zu die ihn die Verleihwerbung versuchte zu stilisieren. („Dieser Mann braucht keine Waffe – dieser Mann ist eine Waffe!“) Manchmal wird der Film zwischen all der Action und dem Krach richtig philosophisch. Die Charaktere dürfen auch mal einen Moment innehalten und reflektieren („Vielleicht bin ich zu blond um perfekt zu sein.“) oder leben in hinreißenden Szenen ihre Gefühlswelten aus – wenngleich nicht zu verhehlen ist, dass diese vor allem aus Hass und Rachephantasien bestehen. Norris prügelt dabei nicht umsonst in einem regelrechten Tobsuchtanfall den Sandsack aus dem Stahlanker seiner extravaganten Wohnung, sondern gibt damit auch schon mal bekannt, wie er mit den Drogenbossen zu verfahren gedenkt. Am Ende dann die Überraschung, wenn er den Schlimmfinger doch noch den Mühlen von Recht und Ordnung überlässt, und ihm nicht einfach – wie man es in einem solchen Film eigentlich erwarten würde – die Nase nach innen stülpt. Ja, DER GIGANT ist ein Actionfilm, aber wahrlich kein dummer.
#856
Geschrieben 17. Juli 2007, 13:38
DER FAN
((BR) Deutschland 1981 – Eckhart Schmidt)
Simone denkt nur noch an R. R ist nämlich Popstar und ein dufter Typ, so stellt sich zumindest die Simone das vor. Ganz dick ist sie in R verschossen – und irgendwann denkt sie halt auch, dass er in sie verschossen ist. Ist ja klar. Weil sie nun ständig auf ein Zeichen seiner Liebe wartet, nervt sie zunächst ihren Postboten so lange, bis sie sich mit ihm (aus Enttäuschung) prügelt, dann geht sie dazu über, die Schalterbeamte im Postamt zu tyrannisieren. Zur Schule geht Simone nicht mehr Hat ja eh alles keinen Sinn, denn wenn nicht bald der ersehnte Brief kommt, will sie sowieso vom Ulmer Münster springen. Doch Simone überlegt es sich noch einmal und zieht nach einen Krach mit den Eltern andere Seiten auf. Sie fährt nach München und lauert R schließlich vor dem Fernsehstudio auf. R wird sogar – o himmlischer Traum! - von selbst auf sie aufmerksam und schleppt Simone schließlich ab. Alles ganz toll für Simone. Gern gibt sie sich wenig später dem Bettvergnügen mit R hin, muss gleich danach aber erkennen, wie wenig ehrlich R es mit ihr meint. Dann kommt endlich das, was damals für Schlagzeilen sorgte: Simone kloppt R nieder, verhackstückt ihn und – etwas Warmes braucht der Mensch! - brät sich schließlich einen Fuß mit Soß. Als deutscher Beitrag zum Kannibalen-Subgenre taugt DER FAN natürlich nur bedingt, weil der Film eigentlich eine ganz andere Geschichte erzählen möchte. Nur: Welche, das ist mir bis heute nicht so wirklich klar. Wenn ich mich recht entsinne, hat sich damals darüber ohnehin niemand wirklich Gedanken gemacht, da war von weitaus höherem Marktwert, dass die Nosbusch oben und unten ohne zu sehen ist und Bodo Steiger ihr mal kurz an der Pflaume leckt. Deshalb sind die Leute wohl vor allem ins Kino. Und dann gab es – vor allem von einschlägigen Medien wie BILD und (später) auch durch die Schriften des Werner Glogauer – passend zur Hysterie rund um das gemeine Horrorvideo ja auch noch den Fall des angeblichen Kannibalen von Norderstedt, der ja ob einer Überdosis von DER FAN und in einem Anfall geistiger Umnachtung seine Freundin mit einem Messer anfiel, damit die Absicht bekundend, ihr doch ein Stücklein Naschwerk aus dem Pelz schneiden und sich dies (Gebraten oder roh? Geschnitten oder am Stück?) einfahren zu wollen. So murksig wie DER FAN geworden ist – sowohl als Film als auch als vermeintlich ernstgemeinter Beitrag zur Horrorschwemme jener Tage -, ist kaum zu glauben, dass man diesen eher ziemlich öden Fetzer als Vorlage für eine Straftat zu Rate zieht. Seinen Wert hat der Film dennoch, denn neben GIB GAS ICH WILL SPASS ist DER FAN ganz sicherlich der größte und trotz aller bedeutungsschwangerer Unsinnigkeiten vielleicht sogar beste NDW-Film. Einige Highlights hat der Schocker natürlich auch zu bieten, das darf man nicht unterschlagen. Persönlich gefällt mir der dralle Autofahrer mit dem Köter am besten, der Simone lüstern fragt: „Was hältst du von... TSEKS!?“ Und der Einsatz der Musik von Rheingold – inklusive einer fast vollständig ausgespielten Version von “Extra” – ist natürlich auch recht geglückt. Blacky Fuchsberger macht schließlich auch noch kurz mit. Außerdem hat die Nosbusch einen echten Sony-Walkman in Silber! So einen wollte ich auch immer haben, hatte damals dummerweise aber nicht die Kohle dafür. Heute hätte ich die Knatter, nur brauche ich den jetzt nicht mehr.
#857
Geschrieben 17. Juli 2007, 15:26
(Italien 1980 – Anthony M. Dawson (Antonio Margheriti))
Freiwillig übernimmt Captain Morris einen Geheimauftrag von höchster Stelle, welcher ihn tief in den Dschungel von Charly führt. Dort im Feindesland steht nämlich ein Radiosender, der die amerikanischen Truppen schwer demoralisiert. Hilfe erhält Morris von den beiden Negern Wash („Mein Name ist George Washington, aber damit keine Verwechslungen auftreten, nennen mich alle nur Wash.“) und Carlos, ihrer Truppe unerschrockener Haudegen und der Fotoreporterin Jane, die die Mission in Wort und Bild festhalten möchte. Schon bald geraten sie im Dschungel der Apokalypse in Hinterhalte („Wenn das 'ne Falle ist, blas ich zuerst die Frau weg! Verfluchte Charly-Nutte!“) und zahlreiche Bambusfallen, wodurch die Schlagkraft der Truppe enorm gemindert wird.
Ein Aufenthalt in der tief im Dschungel liegenden Bunkeranlage (mit Bar!) von Major Cash macht noch einmal klar, wie wichtig die Mission ist. Der amerikanische Soldat gibt sich dort Rausch- und Saufmitteln hemmungslos hin, eine Vergewaltigung ist für ihn lediglich ein Kavaliersdelikt und überhaupt erscheinen die Krieger, die Margheriti in seinem besten Vietnamfilm vorführt, hoffnungslos ausgebrannt und bereits mehr dem Tode zugewandt denn dem Leben. Von seinem Ziel rückt Morris auch nicht ab, als er wenig später von Charly gefangen genommen und in einen Wasserkäfig voller bissig-biestiger Wasserratten gesperrt wird.
Am Schluss kann Morris zwar die Sendeanlage vernichten, muss aber erkennen, wie wenig er damit eigentlich erreicht hat – zumal ihn die Entdeckung, wer denn da eigentlich die ganze Zeit am Mikro gesessen hat, in eine tiefe persönliche Krise stürzt. So billig, wie man vielleicht annehmen könnte, ist Margheritis Film nicht. JÄGER DER APOKALYPSE ist nur bedingt ein in (vor allem) Gewalttätigkeiten vernarrter Abklatsch von APOCALYPSE NOW, vielmehr zeigt Margheriti in seiner Vision der „Flussfahrt mit app’n Bein“ (Wash kriegt, als er ohnehin mehr aus Löchern als Haut besteht, bei seiner Heimreise nach Saigon auf einem Boot von den Charlys das Bein weggeknallt) dass er durchaus verstanden hat, was das Vorbild im Hintergrund so wunderbar zusammenhält.
Ähnlich der Reise ins Herz der Finsternis die Martin Sheen in Coppolas Film unternimmt, gelangt auch David Warbeck zu einer tiefen, ihn vollkommen erschütternden Erkenntnis, für die das grobschlächtige Handlungskonstrukt allenfalls einen treffenden Rahmen bildet. In manchen Bildern kann Margheriti, dem man durchaus bescheinigen kann, dass er sein Handwerk blendend beherrscht, dem größenwahnsinnigen Coppola-Film durchaus das Wasser reichen. Zwar hat Margheriti mit Warbeck (der hier aber ausgesprochen gut ist), John Steiner (der hier aber ausgesprochen gut ist), Bobby Rhodes (der hier aber ausgesprochen gut ist) und natürlich dem unvergleichlichen Tony King (der hier wirklich exzellent ist) eher die zweite, dritte, meinetwegen auch die vorletzte Garde Schauspieler an der Angel und so gar keinen Marlon Brando vorzuweisen, allerdings kommt es darauf auch nicht an. Die Perversion des Krieges, die in JÄGER DER APOKALYPSE um ein Vielfaches eindrucksvoller in den Vordergrund gerückt wird als in Coppolas Film, das Treiben zwischen Recht und Unrecht innerhalb eines Alptraums aus Kugeln und Mörsergranaten und nicht zuletzt die Zermürbung selbst stärkster Menschen (Warbeck) in einem völlig sinnlosen Unterfangen sind wichtige Dreh- und Angelpunkte des Films, die Margheriti trotz all dem blutigen Geballer zu keiner Zeit aus den Augen verliert. JÄGER DER APOKALYPSE ist ein wichtiger und gewichtiger Film, den man nicht unterschätzen sollte.
Bearbeitet von molotto, 17. Juli 2007, 18:01.
#858
Geschrieben 18. Juli 2007, 10:09
KLEINE BIESTER
(USA 1980 – Ronald F. Maxwell)
Die Story des Films ist ganz einfach: Tatum O’Neal ist die neureiche Göre, die mit Kristy McNichol, die das freche, rauchende und saufende Mädchen aus dem Präkariat mimt, in einem dieser unbeschreiblichen Sommerlager darum wettet, wer denn nun von beiden als erste von einem Typen mal so richtig schön gebürstet wird. Immerhin geht es um 100 Dollar, die eine Lagergenossin ausgelobt hat – und die hat halt das Sagen, weil sie nämlich schon mal in einem Werbespot für Seidenshampoo mitgemacht hat, was allgemeine Bewunderung, Lob und Anerkennung hervorruft. Während Tatum O’Neal es bei dem reifen, bartstoppeligen Französischlehrer (o-la-la!) Armand Assante probiert (und auf die Schnauze fällt), hat Kristy im Jungenlager „Tomahawk“ gleich auf der anderen Seite des Sees und also bei Matt Dillon mehr Glück. Am Ende gibt Tatum ihren Misserfolg nicht zu, die Kristy nicht ihren Erfolg. Das führt zu Verwicklungen. Der Höhepunkt des Films ist erreicht, wenn Matt Dillon der Menschheit seine weiße Feinrippunterhose vorführt. Und damit hat es sich dann auch schon, denn der Rest des Films ist – nicht zuletzt aufgrund des Alters der Darsteller(innen) – recht züchtig ausgefallen. Maxwell ist kein Hamilton, die USA nicht Frankreich. Mehr muss man dazu nicht sagen. Die deutsche Fassung (OF kenne ich nicht, muss man aber wohl auch nicht) ist dafür ganz voll mit Lebensweisheiten aus der Bravo. Da erfährt man z. B. dass Männer mit 17 Jahren den Höhepunkt ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit erreichen und es danach nur noch bergab geht. Das nährt bei den Mädchen um die 14, die hier zu sehen sind, das Verlangen nach einem „erfahrenen 13jährigen“. Nur zu gern ergeht sich der Streifen in der Bedienung von Klischees. So fehlt weder das nette Pummelchen, das allgemein gehänselt wird und hier auch für die drolligsten Szenen zuständig ist, noch das Flower-Power-Girl mit einem Jahresvorrat Ginseng-Dragees. Am Ende muss man sich Erkenntnis gefallen lassen, dass Sex mit 14 ganz schön scheiße ist. Ach so.
Bearbeitet von molotto, 18. Juli 2007, 10:11.
#859
Geschrieben 18. Juli 2007, 13:23
(Hongkong 1973 – Kuei Chih-hung)
Das HOSPITAL DER GEISTER habe ich leider bis heute nicht gesehen, wohl aber ist mir Birte Tove aus ihren dänischen Sexfilmen bekannt, vor allem natürlich als Blondchen in MUTTI, MUTTI, ER HAT DOCH GEBOHRT, bei dem allein der Titel schon eine Goldmedaille verdient hätte, wenn auch der Rest eher als dröger Quatsch in der Erinnerung herumgeistert. Und dann gibt es natürlich noch DAS BAMBUSCAMP DER FRAUEN. In diesem Shaw-Reißer spielt Birte die Rot-Kreuz-Schwester Jennifer. Sie kriegt es mit den in China während des Zweiten Weltkrieges marodierenden Japanern zu tun, weil sie angeblich in ihrer Station einen amerikanischen Soldaten versteckt hält. Die Japsen ballern wahllos alles über den Haufen, die Überlebenden jedoch werden ruckizucki ins KZ 13 gesteckt. Dort warten Erniedrigungen und harter Lageralltag. Die sadistische Oberaufseherin Mako, eine irre Lesbe überdies, lässt sich gern die Stiefel von Frauenzungen sauberlecken, die Gefangenen müssen sich bei eher lächerlichen Vergehen gegenseitig auch mal zu Tode peitschen und dass man besser nicht an die unter Hochspannung stehende Einzäunung fasst, kriegen die Neuankömmlinge auch gleich recht eindrucksvoll demonstriert. Sobald sich die Militärführung der Japaner zu einem Besuch in KZ 13 herablässt, sind die Gefangenen für das Amüsierprogramm zuständig. Und da der gemeine Japaner nicht so ganz sauber tickt, gibt es neben den üblichen Nackedeiereien, den Grabbel- und Grabschorgien und allerlei Gesabber auf entblößte Milchfabriken auch solche Szenen wie die, in der ein Offizier ein verschrecktes Mädel mit seinem Katana barfüßig durch ein Zimmer voller Scherben hetzt. Nun jedoch formiert sich Widerstand, denn die Mädels wollen und müssen abhauen, denn die inhaftierte Hong weiß als einzige, wo ein Goldschatz verborgen ist, von dem sich die Rebellen neue Waffen kaufen könnten. Nachdem der erste Fluchtversuch scheitert, soll der zweite, den Lo Lieh anführt, gelingen. Aber natürlich ist auch ein Verräter unter den ausbrechenden Weibern. Und die Japaner sind ihnen natürlich immer dicht auf den Fersen. Birte Tove und ihre Freundinnen laufen den ganzen Film über mit knapper Unterwäsche und sonst nichts herum, was mich persönlich nicht so sonderlich stört. Außerdem gibt es noch eine schöne Romanze zwischen der Birte und Lo Lieh, die eigentlich recht angenehm mitzuverfolgen ist.
In Sachen Sadismen nimmt sich der Chih-hungs Film gegenüber den einschlägigen Francos aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre so rein gar nichts. Schlimme Knochenverrenkungen, Erschießungen, Elektrotherapien – all das gibt es hier auch. Und was es bei Franco an Großaufnahmen zerschundener nackter Frauenleiber mehr gibt, das gleicht dieser Shaw-WIP mit einer ordentlichen Dosis Blut und Kung-Fu-Kämpfe - die es natürlich auch noch gibt - locker wieder aus. Die Gewalt wirkt überaus hart in diesem Streifen – wenn die oftmals die Bilder leicht ins Lächerliche ziehende und zuweilen recht spaßige Musikuntermalung nicht wäre. Die deutsche Fassung lässt diese unter Umständen auch eher „lustig“ gemeinten Exzesse zu guten Stücken unter den Tische fallen, was irgendwie einleuchtet. Bei rund 20 fehlenden Minuten ist aber auch noch ordentlich (politisch motivierte) Handlung über den Jordan gegangen, die vom einschlägigen Bahnhofspublikum aber wohl ohnehin nicht gewünscht gewesen wäre. Der Avis-Verleih, sonst für keine Großkotzigkeit und Schnodderei zu schade, ruderte für DAS BAMBUSCAMP DER FRAUEN ein ganz schönes Stück zurück: Auf das obligatorische „Eine Meisterproduktion der Shaw Bros.“ auf dem Plakat wurde verzichtet (warum eigentlich?), stattdessen gibt es Erklärbäriges: „Dieser Film will ein mahnendes Zeichen setzen. Er richtet sich weder gegen eine bestimmte Nation noch Hautfarbe, weil Ungerechtigkeit und Gewalt viele Namen haben.“ Ja, ja, alles klar. Schön, dass wir einmal darüber gesprochen haben.
DAS BAMBUSCAMP DER FRAUEN ist ein großartiger Film, neben dem noch weitaus politischeren FRAUEN IM FOLTERCAMP einer der wenigen WIPs aus dem Hause Shaw, hat einen tollen Soundtrack, viel Gewalt und Action, eine sich entwickelnde, recht überdurchschnittliche Handlung sowie ausnahmslos halbnackte Weiber in ebenso ausnahmslos brenzligen Situationen. Mehr will man nicht, mehr kriegt man nicht, alles ist gut.
#860
Geschrieben 19. Juli 2007, 14:45
(USA 1981 – Hal Needham)
Mit einem erheblichen Staraufgebot bis in die kleinste Nebenrolle und einer sich einzig mit Autos und Geschwindigkeitsüberschreitungen beschäftigenden Handlung, donnerte einst dieser Film in die Kinos. Das Rennen gegen die Zeit von New York bis nach Los Angeles macht vor allem aus zweierlei Gründen selbst nach über 25 Jahren noch Spaß: Der alten Haudegen wegen, die sich hier teilweise selber spielen (dabei ganz groß: der dauerbesoffene Dean Martin mit seinem alten Partner Sammy Davis jr.) und natürlich aufgrund der stellenweise brachialen deutschen Synchronisation, die an Witz und Pfiffigkeit das Original meilenweit übertrumpft. Die erste halbe Stunde hatte ich etwas flotter in Erinnerung und weniger als die sinnfreie Stuntshow, die Needham hier bietet, aber danach ging der Streifen ab wie eh und je. Highlight ist nicht etwa das Ziel, bei dem schon keinen mehr interessiert, wer das Rennen überhaupt gewinnt, sondern die Prügelei mit den Rockern am letzten Stopp vor der Zielgeraden. Peter Fonda und seine Motorradkumpel teilen gut aus und stecken ebenso gut ein, und dazu kalauert sich die Synchronfassung so dermaßen einen zurande, dass absolut alles zu spät ist. („Er sieht aus wie Roman Polanski aufm blauen Scheißhaus!“) Das größte Rätsel gibt mir die FSK-Freigabe ab 6 Jahre auf. Der Film ist allenfalls einem nach Zerstreuung suchenden Zwölfjährigen zuzumuten, keinesfalls aber wohl leicht beeindruckbaren Grundschulkindern, die nach dem Genuss des Actionspektakels mit ihren Kett-Cars und unter allerlei abgeschauten groben Gepöbel den Autobahnzubringer unsicher machen könnten. Die Fortsetzung habe ich als nicht allzu berauschend in Erinnerung, hätte jetzt aber nicht schlecht Lust, diese auch einmal wieder in Augenschein zu nehmen. Und natürlich Needhams dümmster Film aller dummen Filme, MEGAFORCE – aber für den habe ich noch nicht genug Mut gesammelt.
#861
Geschrieben 19. Juli 2007, 14:46
JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES
(USA 1981 – Steven Spielberg)
Die Nazis jagen hinter der Bundeslage her, in der Moses die Steintafeln mit den Geboten aus dem Himmel geladen hat, denn die Lade ist eine Superwaffe, die diejenigen, die sie herumschleppen unverwundbar macht. US-Archäologe Indiana Jones jagt hinterher und ist den Nazis schnell immer ein paar Nasenlängen voraus. Zusätzliche Spannung bringt Indianas Freundin Marion – Karen Allen, die ihre beste Rolle wohl in CRUISING hatte –, die ebenso vor den schlimmen Deutschen zu retten ist wie der Gebots-Container. In Cliffhanger-Manier hetzt der Film durch zwei Stunden Spielzeit, wobei es mindestens alle zehn Minuten zu einem – wenn auch oftmals recht künstlich – herbeigeführten Spannungshöhepunkt kommt. Das alles geht recht sauber vonstatten und auch überaus schmerzfrei in die Augen, der Film hat sich über die Jahre und spätestens nach drei Durchläufen aber gehörig abgenutzt. So richtig bei der Sache zu bleiben, fällt hier weitaus schwieriger als bei etwas plumperen Abenteuervariationen aus meinetwegen Italien, die über die reinen Schauwerte hinaus in der Regel noch etwas zu bieten haben – und sei es nur eine schönere Musik oder eine leicht ranzige Atmosphäre und ein wenig Geschmuddel. Davon zeigt sich der glatte JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES vollkommen befreit. Interessant ist höchstens, dass er trotz der Hauptlast auf schnelle Action und Abenteuer einige phantastische Elemente mitbringt und auch ein wenig gar nicht mal so schlechtes Gematsche und Gekröse, wobei die zerfließenden Nazis am Ende bei weitem nicht den hohen Standard der sich in kunterbunten Durcheinander auflösenden Zombies rund um Ernest Borgnine in NACHTS, WENN DIE ZOMBIES SCHREIEN haben.
#862
Geschrieben 19. Juli 2007, 14:49
(Italien 1972 – Umberto Lenzi)
Der Engländer John Bradley treibt in Thailand herum, macht gleichwohl Urlaub wie Fotosafari, streitet sich mit Einheimischen und landet irgendwann im Dschungel, von dem – nach dem Willen der Filmemacher – erst ein Drittel erfasst und erkundet sind. Bradleys Führer wird schon in der ersten Nacht ermordet, Bradley von Wilden verschleppt. In ihrem Dorf halten die Wilden den blonden Mann aus dem Westen zunächst wie einen Gastarbeitender, Sklaven und Paradiesvogel in Personalunion.
Doch so nach und nach und nicht zuletzt durch die aufblühende Liebe zu der Dorfschönheit Maria sowie dem Umstand, dass Bradley einem kleinen Jungen mit einem gekonnten Luftröhrenschnitt das Leben rettet, findet er Anschluss an die Wilden, kommt daraufhin sogar mit ihren brutalen und primitiv erscheinenden Bräuchen und Ritualen zurecht und genießt recht bald dank seines Wissens hohes Ansehen. An Flucht ist nicht mehr zu denken, ist so ein Ansinnen nach den Gesetzen der Wilden ohnehin strikt verboten. Mit dem Dorfschamanen versteht sich Bradley nicht so gut, ebenso wenig mit den Kannibalen, die in direkter Nachbarschaft zu den Wilden wohnen und gelegentlich auf einen Überfall vorbeischauen. Maria erkrankt irgendwann schwer, weshalb Bradley vor der großen Entscheidung steht, ob er mit ihr, zumal sie von ihm schwanger ist, doch noch in die Zivilisation zurückkehrt oder sie im Dschungel verrecken lassen muss. Obwohl der Abenteueranteil überwiegt, ist Lenzis Ausflug in den Urwald ganz schön voll mit Bildern, wie man sie aus den seinerzeit auch gerade aktuellen Mondo-Filmen her kennt. Da gibt es Tierkämpfe mit Hahn und Schlange, ein bisschen Thai-Boxen und Aufnahmen verschreckt ausschauender Thailänder, die am Straßenrand irgendwelchen Krimskrams verhökern. Selbstverständlich fehlen auch ein paar Tiere nicht, die direkt vor der tüchtig ins Zoomen geratenden Scope-Linse in Opferszenen unter Muh! und Mäh! ihr Leben aushauchen.
Das ist nicht immer lecker anzusehen, unterstreicht aber weitaus besser als in allen anderen Urwald-Reißern die Authentizität der Geschichte, die, was Lenzi ja in zahlreichen Interviews nicht müde wird zu betonen, so oder eben anders als Ideenlieferant in irgend einer italienischen Zeitung gestanden hat. Dass zur Mitte des Films ein paar Dschungelschurken aus dem Blattwerk springen, ein Eingeborenen-Mädchen zunächst vergewaltigen und sich sodann grob geschnitten ins Kauwerk packen, das geht zumindest spannungsmäßig voll in Ordnung, weil der Film da auch langsam in seiner Urwaldromantik abzusaufen droht.
Der Weg bis zum Auftauchen der Kannibalen ist zwar auch schon hübsch bestückt mit allerlei wilden Riten und magenumkrempelnden Grausamkeiten (Zunge abschneiden, Reihum-Vergewaltigung auf dem frischen Aschehaufen eines Dahingeschiedenen), aber es fehlt durchaus noch ein wenig was für die Grundsteinlegung eines eigenen Subgenres.
MONDO CANNIBALE war einer der ganz großen Kassenerfolge 1973 in Deutschland und wurde bis zum Erscheinen von Francos Kannibalenbeitrag im Jahre 1980, der bei uns als dritter Teil der Serie lief, immer und immer wieder gern über die Leinwände geschickt. (Gern erinnere ich mich daran, dass es im seligen City in Hamburg damals eine wunderbare MONDO-CANNIBALE-Nacht mit allen drei Teilen gegeben hat.) Auch noch in den darauffolgenden Jahren war der Film immer mal wieder im Einsatz – und besonders gern natürlich im Rahmen des Dauerbrenners. Dort gehört der Streifen, man kann es gar nicht anders sagen, auch absolut hin.
#863
Geschrieben 23. Juli 2007, 08:07
OUTLAND – PLANET DER VERDAMMTEN
(USA 1981 – Peter Hyams)
Auf dem Jupiter-Mond Io hat der raffgierige Konzern Con-Am eine riesige Förderanlage für Titanium gestellt. Dabei geht Con-Am auch über Leichen, denn um die Produktion zu steigern, werden die Arbeiter mit synthetischen Drogen versorgt, nach deren Einnahme sie in einem Hochgefühl für drei schuften. Diesen Skandal aufzudecken schickt sich Sean Connery an, der als neuer Marshall für ein Jahr nach Io versetzt wird. Dummerweise verhält es sich jedoch so, dass er keine Mitstreiter findet. Bis auf die resolute Ärztin Dr. Lazarus (schöner Name) natürlich, die ihm schlussendlich sogar dabei hilft, zwei von Con-Am bestellte Profikiller auszuschalten.
Mit Science Fiction im klassischen Sinne hat der Film höchstens noch am Rande zu tun, sondern geht voll auf in einer Art Weltraumwestern, welcher durchweg sehr spannend zusammengestrickt ist und mit den Regeln des Genres trotz seiner ungewöhnlichen Spielwiese nicht bricht. Als zusätzlichen Bonus kriegt man auch noch ein wenig Kritik am sich vor allem an Leistung und Profit orientierenden Wirtschaftssystem zugesteckt, sonderlich vertieft wird dieser Aspekt jedoch nicht. Aber egal. Ähnlich wie in ALIEN ist auch bei Hyams OUTLAND der Weltraum vor allem ein Ort, an dem schwer gearbeitet wird und weniger ein frisch gekehrter Schießstand für blankpolierte Waffensysteme, was das Ganze überaus echt wirken lässt. Ein paar überaus gelungene Spezialeffekte und einige Blutkleckereien sind auch noch zu verbuchen, ebenso eine recht unaufdringliche Musik von Jerry Goldsmith. Zu meckern gibt es hier in der Tat nicht viel, zumal der Film dank seiner Geschichte und einer nicht den Verlauf der Geschichte störenden Technikversessenheit überaus zeitlos wirkt.
#864
Geschrieben 23. Juli 2007, 19:13
(USA 1973 – Franklin J. Schaffner)
Wegen Mordes wird Henri Charrière, genannt Papillon, in die Verbannung nach Französisch Guyana geschickt. Trotz widrigster Bedingungen, brutaler Zwangsarbeit und selbst nach jahrelanger Einzel- und Dunkelhaft ist in ihm der Freiheitsdrang nicht auszutreiben. Nach vierzehn Jahren Marter, unendlichen Enttäuschungen und nachdem fast alle anderen Mithäftlinge gestorben sind, setzt er entschlossen um, wovon er ein ganzes Leben lang geträumt hat.
Schaffners Film ist hartes Männerkino, eine der Kronen des Knastfilms und dampft Charrières dicke Schwarte ziemlich gekonnt auf zweieinhalb Stunden zusammen, wobei viele eher belanglose Details ausgelassen werden, der Grundtenor des autobiografisch gemeinten Romans allerdings unangetastet bleibt. So hart wie Steve McQueen Charrière im Film darstellt, lässt zwar mehr als einmal starke Zweifel aufkommen, ob sich das alles wie dargestellt auch tatsächlich ereignet hat, aber darauf kommt es ja im Grunde auch gar nicht so sehr an. Columbia hat PAPILLON damals als Tatsachenbericht verhökern wollen, was man getrost als schmucken Publicity-Gag abtun kann. Steve McQueen ist – ebenso wie Charrière sich in der Vorlage darstellt – ein Mann, den selbst die schlimmsten Folter nicht bricht, der auszuharren versteht und sich seinen Kopf soweit wie möglich klar hält. Am Ende ist er zwar körperlich ziemlich angeknackst, von seinem Ziel, der Flucht, jedoch kein Stück abgerückt. Mehr erzählt der Film eigentlich auch nicht, der in Sachen Ausstattung, Drehorte und Besetzung noch recht gut den damals vorherrschenden, vor allen aus den Bilderfesten der 50er und 60er Jahre portierten Größenwahn durchblicken lässt. Fürs Geld bekommt man jedoch nicht nur Heroisches, sondern auch ziemlich viel Erschreckendes geliefert, nicht nur Übermenschliches, sondern vor allem Unmenschliches. Schaffners Film ist vor allem eine recht schonungslose Angelegenheit, die nach wie vor in einigen Momenten ein gehöriges Unwohlsein aufkommen lässt. Ein ziemlich beinhartes Stück Abenteuerkino also, weniger dumm und glorifizierend wie es mittlerweile zum Standard geworden ist. Ein Großfilm, der stellenweise auch mit den ruppigeren Mitteln des Kleinfilms (z. B. in den ganz auf Schock ausgerichteten Szenen in der Leprakolonie) überzeugen kann.
Großes Kino verlangt nach einer großen Leinwand. Abseits vom Dauerbrenner liefen Hollywood-Großmeiereien wie PAPILLON gut und gerne und bis in die frühen 80er Jahre hinein fast regelmäßig im Kino Barke, das ungemein günstig mitten in der Spitalerstraße in Hamburg zu finden war. Die 70er Jahre brachten mit sich, dass der ungemein riesige und sehr schöne Saal der Barke aufgeteilt wurde und das Kino dadurch zwei Leinwände bekam. Damit war der große Saal dann im Eimer, und den Untergang der Barke hat dieser Trick höchstens hinausgezögert. Unvergessen sind die Eindrücke der Filme, die ich mir in so einem schönen Umfeld angesehen habe, das so ganz anders war als die Bahnhofskinos, die ich schon damals in schöner Regelmäßig aufgesucht habe - oder eben die Bezirksspielstätten mit ihren bunten Programmen. In der Barke wurde Film richtiggehend zelebriert. Kein Popcorngeschmeiße, keine Vorsager und Labertaschen, keine Tütenraschler. Wer in die Barke ging, der wollte tatsächlich nichts anderes als den Film sehen, und das bitte konzentriert. Ich erinnere mich, dass die Kassiererinnen eher flüsterten denn sprachen, dass es im Foyer unendlich ruhig (und kühl – wichtig im Sommer!) war und dass in der Barke bei Jeanne Yannes unterirdischen und selten hirnrissigen DIE VERRÜCKTESTEN 90 MINUTEN VOR CHRISTI GEBURT nicht einmal – und weder freiwillig noch unfreiwillig - gelacht wurde. Man hat sicht nicht gehen lassen in der Barke. Heute gibt es im Barkhof und also dort, wo die Barke war, eine neumodische Fassade aus Glas und Stahl mit einem T-Punkt dahinter.
#865
Geschrieben 24. Juli 2007, 09:16
(Hongkong 1974 – Ho Meng-hua)
Fürst Ching von den Manchus regiert mit eiserner Hand und lässt die ganze südchinesische Region ordentlich bluten. Sein getreuer Diener Xin Kang entwickelt eines Tages ein Gerät, mit dem man einen Menschen auf 100 Schritt Entfernung enthaupten kann: die fliegende Güllotine! Zunächst reagiert man am Hofe mit Bestürzung, als Xin mit der Mordmaschine einen deutschen Schäferhund bearbeitet, da man Anschläge auf Seine Majestät befürchtet. Dann jedoch erhält Xin zwölf Männer aus der Leibwache, um sie in der neuen Güllotinen-Technik zu unterrichten. Unter diesen zwölf sind auch Ma und Xu, die zunächst die dicksten Freunde sind. Als Ma aber dank seiner besseren Fähigkeiten viel öfter Belohnungen von höchster Stelle erhält und es überdies zu einem kleinen Zwischenfall beim Training kommt, schwärzt Xu Ma als angeblichen Rebellen bei der Majestät an. Ma, in dem nach einigen von höchster Stelle verordneten Mordaufträge ohnehin so manche Zweifel wachsen, haut ab und wird fortan von Xin, Xu und den verbliebenen Güllo-Männern gejagt. Doch die kriegen ihn erst so richtig zu fassen, als Ma bereits eine Familie gegründet, einen Sohn gezeugt und sich einem braven Leben als Ackerbauer hingegeben hat.
Um seine Nächsten zu schützen, packt Ma die Egge weg und holt die Güllotine wieder raus, was klar ist und auch gar nicht anders vom zumeist recht grimmig guckenden Chen Kuan-tai erwartet wird. Kuan-tai spielt hier wirklich herausragend, ist fast so gut wie in DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER, DIE TÖDLICHEN ZWEI oder dem ohnehin schwer zu schlagenden DER PIRAT VON SHANTUNG. Auch sonst bietet der Film nur feinste Zutaten: Erstaunliche Spezialeffekte, tolle Kampfszenen, eine gar nicht mal so dumme Geschichte, die nicht nur auf Rache setzt, und natürlich eine stattliche Anzahl blutiger Hälse. Alles, was Ho Meng-hua an Geschichten mit phantastischen Elementen aufgetellert hat, hat bislang immer gemundet - so natürlich auch dieser Film, der als Blaupause für alle ihm folgenden Filme mit fliegenden Güllotinen diente, also von dem unsäglichen Sequel, über 4 STAHLHARTE FÄUSTE und DAS TÖDLICHE GEHEIMNIS DER SHAOLIN bis hin zum DUELL DER GIGANTEN. Alles, was in DIE FLIEGENDE GUILLOTINE passiert, ist so und nicht anders gewesen. “Although based on a true story, the film’s weapon was a complete fabrication because in real life, no one ever survived to tell what the actual weapon really looked like.“ Ja, ja, alles klar. Die deutsche Kino- und Videofassung krankt an so einigen kräftigen (Handlungs-)Schnitten, ist aber in den Massakerszenen so gut wie komplett, hat eine tolle Synchronisation mit einigen lustigen Klöpsen und gehörte auch außerhalb der Dauerbrennerei regelmäßig ins Programm des altehrwürdigen Cinema, in dem in den 70ern ausschließlich Kung-Fu-Filme spielten. Nicht nur Kultfilm von den Jungs aus der Karateschule von schräg gegenüber, sondern in der Tat ein wegweisender Klassiker.
#866
Geschrieben 24. Juli 2007, 14:45
((BR) Deutschland 1969 – Michael Armstrong, Adrian Hoven)
Als Christian von Meruh als Vorhut für seinen Meister, den Hexenjäger Lord Cumberland, alles in einem Städtchen zu bereiten gedenkt, legt er sich fast stehenden Fußes mit dem dort bereits seit geschlagenen zwei Jahren in Diensten stehenden Inquisitor Albino an, dessen grenzenlose Willkür Christian ein Dorn im Auge ist.
Die Dinge verschlimmern sich, als Cumberland die Stadt erreicht, einer frei erfundenen Anklage Albinos folgt und die hübsche Wirtshausbedienung Vanessa in den Kerker werfen lässt, auf die Christian ein Auge geworfen hat. So langsam regen sich in Christian Zweifel ob der Richtigkeit und Rechtmäßigkeit ihres fanatischen Tuns. Lord Cumberland hingegen legt nach einer Auseinandersetzung mit Albino so richtig los und lässt sich zum willfährigen Diener derjenigen machen, die im Hexenwahn vor allem ihre krankhaften Neigungen ausleben. Innerhalb dieses Spannungsfeldes bietet HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT nicht nur in Großaufnahmen auf die Leinwand tapezierte Abfolgen von Folter und Mord, sondern beschäftigt sich durchaus mit einigen Fragwürdigkeiten und Irrtümern der Hexenprozesse. Neben dem ohnehin als ungemeine Verwerflichkeit einzustufenden persönlichen Lustgewinn für manchen daran Beteiligten ist auch deutliche Kritik dahingehend auszumachen, dass einige Prozesse lediglich zum Zwecke der Bereicherung der Kirche stattfanden bzw. stattfinden mussten. Dass sich z. B. eine harmlose Familie samt kleinen Kindern (!) dank schierer Dummheit der Inquisitoren einer hochnotpeinlichen Befragung im Folterkeller zu unterziehen hat, Eifersüchteleien zu Denunziationen führen und Vertuschungsaktionen für schlimmste sexuelle Fehltritte ganz weit in den Vordergrund zu stellen sind, das ist so oder zumindest in ähnlicher Form auch immer wieder in den Fallbeispielen der einschlägigen Literatur zu finden.
Ein Doku-Drama wird deshalb noch lange nicht aus dem Film, sondern natürlich in erster Linie ein abendfüllendes Spektakel, das sowohl auf Schock setzt wie auch auf ein wenig Heimatromantik in den ruhigeren Passagen. Eine schöne Mischung kriegt man fürs Geld, die zudem auch noch überaus sauber inszeniert ist, in herrlichen Gegenden abfotografiert (Kalinke!) und mit einer exzellenten Musik von Michael Holm unterlegt wurde, die überdies eindrucksvoll beweist, dass ein Schlageräffchen mitunter nicht nur Sing und Sang zustande bekommt, sondern auch einen ungemein stimmungsvollen Soundtrack auf die Beine zu stellen versteht. Mit Udo Kier, Superstar Herbert Lom, Reggie Nalder und natürlich Herbert Fux als Kellerknecht ist der Film auch über Gebühr gut besetzt.
HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT ist absolute A-Ware, die damals nicht nur mit ganz vielen Kopien in den größten Häusern am Platze spielte, sondern ihren Schatten gar bis in die damalige DDR warf, wo der Film allerdings ähnlich schlecht aufgenommen wurde wie von der hiesigen und sich ausnahmslos als seriös verstanden wissen wollenden Kritik. Man fragt sich wirklich, warum das so war, hält man mit dem Streifen doch gleichwohl einen der besten deutschen Nachkriegs-Exploiter in den Händen als auch die einzig logische Konsequenz aus Kolle-Aufklärungen und Wallace-Spuk. Oder kurzum: Das nächste große Ding aus deutschen Landen.
aus „Filmspiegel“, 4. März 1970
#867
Geschrieben 25. Juli 2007, 12:07
LA BOUM – DIE FETE (ELTERN UNERWÜNSCHT)
(Frankreich 1980 – Claude Pinoteau)
Nach einem Umzug in einen anderen Pariser Bezirk muss sich die 13jährige Vic ganz neu einleben. Neue Schule, neue Freunde, alles anders. Außerdem ist Vic gerade dabei so richtig aufzublühen, auch und gerade, was ihr Interesse am anderen Geschlecht anbelangt. Nun ist bei Klassenschwarm Raoul und seinen ziemlich toleranten Eltern eine Party angesagt, zu der Vic nach viel hin und her mit ihren Alten, bei denen übrigens auch nicht alles sonderlich rund läuft, gehen darf. Sie verguckt sich schwersten in den bereits etwas älter und damit reifer erscheinenden Mathieu, worauf all das beginnt, was Mädchen so machen, wenn sie verliebt sind: Gespräche mit der Freundin, Gespräche mit der Oma, die Eltern nerven plötzlich, wollen sie doch immer alles ganz genau wissen bei all den Ängsten, die sie ums liebe Kind ausstehen müssen. Dann noch Verlustängste, liebtermichliebtermichnich, mal die Oma fragen... Anno dünnemals, als der Film ganz groß in Mode war, konnte ich mir dergleichen auf keinen Fall antun, heute sehe ich es gelassen und amüsiere mich ob des Früh-80er-Sprechs der jungen Leute ganz enorm, denn da lassen die Kinder noch so Sachen ab wie „finde dich steil“ oder schwärmen in blumigsten Worten für Paul Newman. Unglaublich. Die Musik, den soften, im Film recht oft erklingenden Puberty Blues von Richard Sanderson, kann man getrost als viel zu schmusig abtun. Erstaunlich in diesem Zusammenhang finde ich es höchstens, dass „Reality“ bis zum heutigen Tag im Radio gespielt wird – und da auffällig oft vor dem Verkehrsfunk. Da macht wohl einer Scherze. Allerdings kann ich mich auch an Partys in den 80ern erinnern, bei denen zu „Reality“ tatsächlich noch geknutscht wurde – so man denn noch konnte. Sophie Marceau zeigt noch nichts her, obwohl man in Frankreich ja schon immer recht unverkrampft war. Als die Marceau dann das Alter erreicht hatte, in dem man auch mal unverhohlen all seine Schokoladenseiten präsentieren darf (war es in DIE STUDENTIN?), da haben sich die damaligen Kinoklatschblätter hübsch das Maul zerrissen. LA BOUM indes versteht sich voll und ganz als porenreine Jugendunterhaltung – und als solche hat der Film, das muss man schon sagen, seine Jahre besser überwunden bekommen als der gegen diesen französischen Beitrag unendlich verkrampft erscheinende, neulich erst bestaunte KLEINE BIESTER.
#868
Geschrieben 25. Juli 2007, 12:07
ZWEI AUSSER RAND UND BAND
(Italien 1976 – E. B. Clucher (Enzo Barboni))
Der dicke Jumbo und die blonde Napfsülze Kirby werden eher unfreiwillig zu Streifenpolizisten und kloppen sich mit einem in Florida operierenden Drogenbaron und seinen Schergen herum. Zwischendrin taucht noch Laura Gemser in einer kleinen Rolle als Chinesin auf, in die sich der „junge Tiger“ zur Unbill des „großen Drachen“ unsterblich verguckt. Was herzeigen, das tut die Gemser in diesem zwischen den Emanuelle-D’Amatos heruntergekurbelten Prügelspaß leider nicht. Aber es dreht sich bei ZWEI AUSSER RAND UND BAND ja auch alles ums Fressen, Saufen und Prügeln. Vor allem natürlich letzteres. Der Film wirkt sehr episodenhaft, die ohnehin schmale Handlung wird mit viel Dreschflegeleien verziert, die dem Streifen über die Wupper von annähernd zwei geschlagenen Stunden Spielzeit helfen. Das ist für einen Spencer/Hill definitiv zu lang, zumal die erste halbe Stunde fast ausschließlich darauf verwendet wird, mehrmals hintereinander die Autos des Drogenbosses zu zerdeppern und dabei in einem Aufwasch den bösen Buben was aufs Mützchen zu schlagen. Lang-wei-lig! Da hilft auch die plapper- und ulkfreudige sowie selbst bei den Prügeleien noch sehr munter Kalauer in Richtung Zuschauer abschießende deutsche Synchronisation nichts, die hier aber ansonsten wirklich mehr als nur die halbe Miete ist. Durchweg interessant anzusehen, das ist der Film leider weitaus weniger als die meisten anderen Prügelfilme mit dem Dicken und dem Blonden. Gegen Ende wird man allerdings mit einer Spencer/Hill-typischen Fress- und Sauforgie dafür belohnt, dass man sich bereits 90 Minuten lang den Hintern durchgesessen hat. Nach einer obligatorischen aber immerhin mit tollen Stunts garnierten Prügelorgie ist es dann geschafft: David Huddleston macht zum wiederholten Male einen Witz über Spencers Gesichts-Sauerkraut, Hill darf die Gemser auf die Wange küssen, die China-Blagen werden mit drei Einkaufstüten voller Spielzeug und Süßigkeiten überschüttet und fertig.
#869
Geschrieben 25. Juli 2007, 12:08
(Hongkong 1978 – Chang Pei Shan)
Die Japaner hocken in dieser vom deutschen Verleih zum direkten Nachfolger zu DAS BAMBUSCAMP DER FRAUEN erkorenen Billigheimer noch immer in China herum. Und da die Landbevölkerung nichts besseres zu tun hat, als gegen die Invasoren zu stänkern und zu rebellieren, hat sich der Japaner was ausgedacht: Rebellennester ausheben, alle Männer erschießen und die Frauen ins Frauenlager 314 stecken, wo sie entweder Sex-Dienste leisten dürfen oder sich aber bereitwillig für bakteriologische Experimente zur Verfügung zu halten haben. Su Ying ist eine harte Rebellenbraut, die in Lager 314 einsitzt und in der Mitgefangenen Shen Yuen eine Verräterin sieht. Doch weit gefehlt, denn tatsächlich hat Shen Yuens Vater der Tochter mit unsichtbarer Farbe (!) ein Tattoo gleich links neben dem Arsch hingeritzt, auf dem genau erklärt wird, wo ein kapitaler Goldschatz begraben liebt. Und den müssen die Rebellen heben, um sich – mal wieder, denn so etwas ähnliches hatten wir schon im „Vorgänger“ – neue Waffen kaufen zu können. Dummerweise haben auch die Japaner Wind von der Sache bekommen und versuchen nun ihrerseits mit viel Einfallsreichtum und einigen Taschenspielertricks an die Pennunze zu kommen. Ganz so deftig wie in dem wesentlich besseren Shaw-Film geht das in BAMBUSCAMP 2. TEIL nicht vonstatten, wenngleich ich mal vermute, dass der Film an einigen besonders delikaten Stellen Federn hat lassen müssen. Was alles mit dem bakteriologischen Experimentierkoffer angestellt wird, davon erfährt man hier jedenfalls schon mal eine Runde lang gar nichts. Auch die Sexeleien zwischen den Gefangenen und den durchgehend entweder sehr schmierigen oder aber besonders sadistischen Japanern finden mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nein, Deftigkeiten aller Art sind hier nicht wirklich auszumachen. Dafür wird die Freund-Feind-Verräter-Geschichte in aller Ausführlichkeit ausgebreitet und wartet sogar mit einigen hübschen Verwicklungen auf, die den Streifen sogar auch abseits der erwarteten Tortur mit Titten angenehm spannend machen. Und zusätzlich gibt es zum Ausgleich für die fehlenden „Sinnesfreuden“ eine Synchronisation, mit der einmal mehr großes Können bewiesen wird. Vor allem die japanischen Aufseher drehen manchmal ganz ordentlich auf: „Du verdammte Pische, ich wird’ dir zeigen, wer hier der Herr ist!“ Was jedoch gänzlich fehlt, das sind Karateschlägereien. Das ist mir aber auch erst jetzt in der Wiederholung so richtig aufgefallen. Macht aber eigentlich nichts, weil der Film auch ohne ganz gut auskommt. Ein paar hübsch schundig angerichtete Resultate aus der Forschungshölle japanischer Mad Scientists hätte ich trotzdem gerne mitgenommen, zumal ich den Film auch als wesentlich fieser in Erinnerung hatte.
#870
Geschrieben 25. Juli 2007, 17:26
DIE KAMPFMASCHINE
(USA 1974 – Robert Aldrich)
Nach einer Fahrt in einem gestohlenen Auto, Trunkenheit am Steuer und Widerstand gegen die Staatsgewalt kommt der völlig aus- und abgebrannte Ex-Footballstar Paul Crewe für zwei Jahre hinter Gittern. Dem sadistischen Direktor Hazen gefällt der Gedanke, dass Crewe ihm zu Trainingszwecken für seine vom Abstieg bedrohte, auf semiprofessioneller Basis tätige Wärter-Mannschaft eine Football-Truppe aus Knackis zusammenstellt. Zunächst folgt Crewe allen Anweisungen, die er von Direktor Hazen erhält und die mehr Erpressungen gleichkommen, dann jedoch besinnt er sich auf seinen Sportgeist und setzt dazu an, den Wärtern auf dem Feld mit seiner bunten Mannschaft gehörig die Platte zu putzen. Während sich die erste Stunde des Films ganz dem Knastalltag und schließlich der Zusammenstellung von Crewes Mannschaft widmet, ist die zweite Stunde ein waschechtes Sportdrama, dass zwar dank der zahlreichen und äußerst brutalen Übergriffe auf dem Rasenplatz einen ganz enormen Unterhaltungswert hat, jedoch darunter leidet, dass man wohl auch einiges vom Spiel verstehen muss, um hier am Ball bleiben zu können. Sehr viel Zeit wird mit Taktieren, Herumschmeißen und Ball treten verbracht, ehe der Film auf den Punkt kommt und Crewes Fehltritte aus der Vergangenheit ausgebügelt werden, der Streifen also dazu übergeht, seinem Hauptcharakter eine ganz eigenwillige Art der Rehabilitation angedeihen zu lassen, persönliche Rivalitäten, die ihre Wurzeln im einstigen Fehlverhalten haben, gleich miterledigt und dann auch wieder schwer an Fahrt aufnimmt. Bevor der Film zum Happy End übergeht, denn Fairness sich selbst gegenüber und die Bürde der Verantwortung für andere will schließlich auch im Alltag belohnt werden, bringt Aldrich noch einen schönen Kniff, der den herrlichen Rundlauf des Films kurzzeitig bedroht. Weniger Sport und etwas mehr Knast hatte ich bei DIE KAMPFMASCHINE in Erinnerung. Siehste wohl! so kann man sich täuschen.
Bearbeitet von molotto, 25. Juli 2007, 17:30.
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