Donnie Diary
#1
Geschrieben 05. Mai 2005, 11:10
In (gerade durch ab Sommer diesen Jahres völlig offene und neue Lebensumstände) definitiv unregelmäßigen Abständen werde ich an dieser Stelle versuchen, wichtige - oder auch mal unwichtige - Filmerfahrungen zu verarbeiten und für andere transparent zu machen.
Ich heiße sowohl jene, die mich bereits von einer gewissen anderen Internetseite kennen, als auch die für mich neuen User von hier willkommen, Kommentare zu meinem Geschreibsel und zu den Filmen abzugeben.
Cheers.
#2
Geschrieben 05. Mai 2005, 11:53
(Ji-Woon Kim)
Das war wieder mal ein Paradebeispiel dafür, dass man einen Film nicht vollständig verstehen muss, um von ihm extrem fasziniert zu sein. Es war spät in der Nacht und der Grad der Aufnahmebereitschaft für einen Film auf Koreanisch mit englischen Untertiteln war eigentlich nicht mehr wirklich erwähnenswert. Aber ich war neugierig auf dieses Werk, wurden die viel gehörten und viel gelesenen Lobeshymnen doch nur von wenigen (hallo Critic) etwas gedämpft.
Ich liebe asiatischen Horror. Dieses extreme, schleichende Grauen und das pure, blanke Entsetzen auf Zuschauerseite kriegen in meinen Augen nicht wirklich viele Filme hin. Dazu kommt die Faszination der intelligenten und überzeugenden Dramageschichten, die immer wieder den Rahmen für diese Filme bilden.
Auch wenn sich die Versatzstücke langsam aber sicher abnutzen (bei der Szene mit der kriechenden, schwarzhaarigen Frau musste ich dann doch mal kurz grinsen - es war wie die Begrüßung einer alten Bekannten), muss man "A tale of two sisters" doch definitiv bescheinigen, dass aus alten Elementen in absolut gekonnter Weise etwas eigenständiges und auf praktisch allen Ebenen überzeugendes kreiert wird.
Auf der einen Seite steht das Drama um eine zerrüttete Familie. Zwei Schwestern leben mit ihrem Vater und dessen neuer Frau, mit der sie absolut nicht klarkommen - was auf Gegenseitigkeit beruht -, zusammen. Doch in dem Haus, in dem sie wohnen, passieren seltsame Dinge. Der Film lässt sich Zeit, kommt dann aber nach einer halben Stunde richtig in Fahrt und lässt einen an extrem unheimlichen Szenen teilhaben. Konzentration ist angesagt, um am Ende des kompletten Rätsels Lösung zu erkennen. Das Grundprinzip ist klar, aber die Details, die Details...! Ich muss das alles echt nochmal sehen.
Hervorzuheben ist die darstellerische Leistung vor allem der beiden Schwestern und ihrer Stiefmutter. Hier wird mit vollem Herzblut gebangt, gezittert, gewütet und verachtet. Ungewöhnlich intensiv!
Scary Shit auf hohem Niveau.
#3
Geschrieben 07. Mai 2005, 11:17
(Hayao Miyazaki)
Dieser (Trick)Film ist soooo süß! Ich krieg mich wirklich nicht mehr ein! Innerhalb weniger Tage habe ich ihn zweimal gesehen - und sowas mache ich recht selten, weil es ja beständig neues zu entdecken gilt.
Jedenfalls ist das hier einer der 5 besten Kinderfilme aller Zeiten, da bin ich mir sicher. Der Übermut, die Neugier, aber auch Gefühle wie Wut und Enttäuschung springen den Zuschauer aus den beiden jungen Protagonistinnen regelrecht an. Mit einfachen, aber doch unheimlich detailverliebten Pinselstrichen haucht dieser Film seinen Figuren eine atemberaubende Lebendigkeit ein, die sogar die meisten Realwerke vermissen lassen.
Neben der Tatsache, dass man die Kids beständig knuddeln will und sich nicht nur einmal wünscht, mit den Eltern tauschen zu können, überzeugt "My neigbor Totoro" auch mit seiner Botschaft völlig. Neben dem Respekt und Liebe der Natur gegenüber pflegt dieser Film einen wunderbar positiven und entspannten Umgang mit Geistern und anderen unerklärlichen, für Kinder normalerweise unheimlichen Phänomenen und Situationen. Pädagogisch mehr als wertvoll, würde ich sagen.
Und die drei Geister sind soooo geil! Soooo niedlich, soooo knuffig! Lieblingsszene: Totoro lässt dicke Regentropfen auf seinen Schirm prasseln. Ich würde den Kerl dabei am liebsten aus dem Bildschirm zerren. Aber Geister, die aus Fernsehern kommen, sind ein anderer Film.
#4
Geschrieben 08. Mai 2005, 09:23
John G. Avildsen
Also, hihi, nee. Inspiriert durch meine vielleicht intensivsten Kinoerfahrung des Jahres bisher - "Million Dollar Baby" - und Pei Meis Trotzreaktion darauf (der Kauf einer gewissen DVD) wollte ich gestern Nacht mal eine kleine Bildungslücke schließen und mir endlich mal "Rocky" angucken. Hab ich auch gemacht. Aber...
Über Stallone zu maulen, ist sicherlich keine große Heldentat. Macht fast jeder. Aber mal im Ernst: Wie kann man denn so ein Drehbuch schreiben. Die Dialoge sind zum schreien. Bei den Annäherungsversuchen an Adrian sind mir fast die Augen aus dem Kopf gekullert. Hilfe! Sicher, man könnte hier argumentieren, dass das ganze eben der aus einfachen Verhältnissen stammenden, etwas ziellosen und unsicheren Figur des Rocky entspricht. Aber ich konnte das alles einfach nicht ernst nehmen. Genau wie diese ganze pseudocoole, pseudolässige Gestik und Mimik (Mimik?) von Stallone. Auch hier kann gern behauptet werden, dass diese Art Methode hatte, eben um Rocky, so wie er ist und sein sollte, darzustellen. Mir hat's trotzdem absolut nicht gefallen und ich konnte und konnte mich einfach nicht zusammenreißen, hätte mir vor Lachen permanent auf den Schenkel hauen können.
Ehrlich: meiner Meinung nach stolpert dieser Film von einer Peinlichkeit in die nächste. Was war das denn bitte mit den "Fleischsandsäcken" im Kühlhaus? Wer denkt sich denn sowas aus? Für mich ist der Film Trash, nichts weiter.
Ganz schlimm auch der Endkampf gegen Apollo. Keine Spur von Gespür für Spannung. Völlig uninspiriertes Gehaue, total gehetzt wirkende Überleitungen von Runde 3 zu Runde 14 - Hauptsache wir erreichen die 15. schnell - und zum Schluss haut Rocky den Kerl einfach um und das war's. Noch ein bisschen "Adrian" brüllen und der Abspann setzt ein. Hä?
War einen Versuch wert. Aber es bleibt bei mir dabei: wenn schon Stallone, dann als Rambo.
#5
Geschrieben 08. Mai 2005, 16:57
Joseph L. Mankiewicz
Exzellenter Ensemblefilm um die intrigante Welt der Stars am Fallbeispiel Theater. Über 2 Stunden darf man hier Schauspieler in Höchstform sehen, permanent erstklassigen, ironisch-schlagfertigen Dialogen lauschen ("That bitter cynicism is something you've aquired since you left Radcliffe!" - "No, that cynicism I aquired the day I discovered I was different from litte boys!") und an der höchst intelligenten Geschichte um eine junge Frau, die sich mit exorbitanter Freundlichkeit bei einer von ihr verehrten großen Dame des Theaters anbiedert und in ihr Leben einschleicht, teilhaben.
Die Wege, die dieses Werk geht, lassen sich dabei zumindest teilweise und ungefähr vorausahnen, was den Filmgenuß aber in keiner Weise trübt. Es ist vielmehr eine einzige Lust, diesen wunderbar charakterisierten Figuren zuzusehen und vor allem Bette Davis´ rauchige, erotisch-energische Stimme ist ja wohl die reinste Ohrenmassage.
Schön auch die Kommentare aus dem Off, die in den Film einführen bzw. an wichtigen Stellen ein Stück weiter transportieren. Großartiges Schlussbild. Ein Meisterwerk voll beißendem, satirischem Humor und bitterer Dramatik.
#6
Geschrieben 08. Mai 2005, 21:23
(Chris Kentis)
War immer skeptisch und hatte nie wirklich Lust auf den Film. Aufgrund der für mich wirklich extrem ekelhaften Vorstellung, verlorenerweise inmitten des Ozeans zu treiben, wollte ich ihn jetzt aber doch mal antesten. Man setzt sich ja gern seinen latenten Ängsten aus - sofern es nicht in Wirklichkeit ist. A propos - hat jemand noch gute Spinnenfilmtips für mich?
Nun gut, "Open Water" taugt nicht wirklich zur Erzeugung wohligen Grusels. Dafür ist er zu belanglos. Die Schauspieler sind unterer Durchschnitt, der Score mit diesen Gesängen unpassend und die Tiefenangst will auch nicht so recht aufkommen. In den ersten zwei Dritteln viel zu wenig Panik. Ein bei einem Tauchausflug zurückgelassenes Pärchen dümpelt mutterseelenallein auf dem Ozean, meckert ein bisschen über die doofen Tauchtour-Veranstalter und hält es nicht mal für nötig, ein bisschen exaltierter auf sich aufmerksam zu machen, wenn in der Ferne Boote vorbeifahren. Wie wär's denn mal mit Rufen gewesen? Da wird ein bisschen halbherzig gewunken und schon ist's wieder vorbei mit der Lust, gerettet zu werden. Nun ja.
Die letzten 20 Minuten mit den immer stärkeren Hai-Attacken und dem Einsetzen der Nacht und des Sturms entschädigen dann noch etwas, sind aber viel zu schnell rum. Wie der Film ganz allgemein (Laufzeit ca. 75 min.). Nicht wirklich schlecht, aber eben einfach belanglos. Verschenktes Potential.
40%
P.S.: Wollte in meinem Tagebuch eigentlich auf Prozentwertungen verzichten, halte es jetzt aber doch für angebracht, sie mitanzugeben. Für den Fall, dass sich mal jemand einen ganz schnellen Überblick über meinen Filmgeschmack holen will.
#7
Geschrieben 09. Mai 2005, 08:47
(Isao Takahata)
Unendlich trauriges Anime. Ein Junge versucht sich im Japan zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs kurz vor und nach der Kapitulation seines Landes mit seiner kleinen Schwester durchzuschlagen, nachdem ihr Haus abgebrannt und ihre Mutter verstorben ist. Ihr Vater ist bei Schlachten auf See verschollen und sehr wahrscheinlich auch tot.
Die Leiden der Zivilbevölkerung im Krieg und in der Nachkriegszeit werden in diesem eindringlichen Film sehr überzeugend dargestellt. Bei den Schicksalen der beiden Kids kullert völlig zurecht die eine oder andere Träne herunter. Vor allem aus Wut über jene, die Krieg beschließen und beginnen.
Über die Tatsache, dass die Rahmenbedingungen für die völlig anonym bleibenden Angreifer und die Rolle von Japan im Zweiten Weltkrieg nicht angesprochen werden, kann ich deswegen gnädig hinwegsehen, weil ich bei diesem Film absolut kein Gefühl von Anti-Alliierter Propaganda hatte. Sein Anliegen ist meiner Meinung nach einfach die Frage, was vor allem mit Kindern, deren Eltern tot sind, in solchen Zeiten passiert. Allegorisch sozusagen und nicht explizit auf Japan bezogen.
Die Figuren sind lebensnah, die Animationen überzeugen. Ein empfehlenswerter Film, der durch die wunderbare Beziehung zwischen Seita und Setsuko das Herz erwärmt, gleichzeitig durch die Begebenheiten und Entwicklungen mehr als erschüttert. Das bitterste Anime, was ich bisher gesehen habe.
80-90%
#8
Geschrieben 10. Mai 2005, 10:31
(Krzysztof Kieslowski)
Verzauberung, Begeisterung! Ich bin gerade in einer ganz anderen Welt. Dieser Film hat mir mal wieder gezeigt, warum ich die Filmkunst liebe. Was für ein atmosphärisches Werk, was für eine fesselnde Geschichte!
Irène Jacob ist eine Göttin!
Näheres bei meiner Besprechung auf kino.de, was mir für "full length" Kritiken immer noch das geeignetere Format zu sein scheint.
90%
#9
Geschrieben 11. Mai 2005, 13:10
(Henry Bean)
Ich hatte den Film bereits vor einigen Wochen gesehen, will ihn hiermit aber noch per Eintrag in meinem Tagebuch würdigen, vor allem weil ich mir einen - wenn auch sicherlich nur kleinen - Werbeeffekt erhoffe.
Themen wie Rechtsextremismus und der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern interessieren mich sehr stark. Leider muss man festhalten, dass eine adäquate, qualitativ hochwertige und interessante filmische Bearbeitung selten ist. Klar, es gibt durchaus beachtenswerte Filmen über die Nazizeit und den Holocaust , diese haben aber eben eine historische Sicht und drehen sich nicht ums Jetzt, um das aktuelle Geschehen.
Umso interessanter ist der Film "The Believer". Zentrale Figur ist Danny, ein Jude im New York von heute, der schon im frühen Kindesalter mit seiner Abstammung brechen wollte und antisemitische Theorien verbreitete. Herangewachsen zu einem stattlichen jungen Mann, hat er sich neonazistischen Gruppen angeschlossen und ist an vorderster Front bei der Hetze gegen Juden oder Schlägereien mit Schwarzen dabei.
Bemerkenswert lebensnah und eindringlich schildert "The Believer" einen Lebensweg, der zum Scheitern verurteilt ist. Meiner Meinung driftet er dabei nie ins "sozialpädagogische" ab, sondern lässt den Konflikten und Entwicklungen Dannys einen sehr großen, fairen Raum. (Ausnahmsweise mal echt aussehende) Stiefelnazis werden genauso thematisiert wie die Fäden ziehende intelektuelle Elite. Es gibt erstaunlich viele, fesselnde und polarisierende Dialoge über Antisemitismus und Zionismus.
Ein toller Film, der trotz winzigen Schwächen (fand z.B. die Figur der Carla Moebius mit ihrer masochistischen Neigung leicht klischeehaft) vor allem für an der Materie interessierte Leute einiges zu bieten hat.
90%
#10
Geschrieben 11. Mai 2005, 22:27
(Peter Thorwarth)
Mut zur Niveaulosigkeit!
Wollte mir heute mit einem Freund etwas lustiges ansehen. Mein Vorschlag, einen Woody Allen Film zu gucken, wurde abgeschmettert, er wollte explizit eine deutsche Komödie. Nun habe ich im Gegensatz zu vielen anderen kein prinzipielles Problem mit dem deutschen Kino, bin allerdings trotzdem der Meinung, dass es aus unseren Landen eine Menge Schrott und Halbgares gibt und man oft Glück haben muss, um die versteckten Perlen (z.B. "Nichts bereuen") zu finden.
Eins ist klar: wer sich mal wieder eine richtig *dämliche* Komödie angucken will, ist hier bestens bedient. "Was nicht passt wird passend gemacht" dreht sich um eine völlig chaotische Bautruppe plus bubihaftem Architektur-Praktikanten, der ein Auge auf die Tochter des Poliers geworfen hat - was diesem überhaupt nicht schmeckt. Darüber hinaus haben die Jungs mit den Existenzproblemen ihres Chefs und dem Unfall eines polnischen Schwarzarbeiters zu kämpfen.
Die Wege, die dieses Werk in seinen 90 Minuten Spielzeit geht, sind absurd, teilweise übertrieben slapstickhaft, aber zum größten Teil richtig herzerfrischend bescheuert. Kleine Absacker im letzten Drittel, als der Film versucht dramatisch zu werden, sind verzeihlich. Für Leute, die prolligen Humor mögen eine ziemlich runde Sache.
70%
#11
Geschrieben 12. Mai 2005, 13:25
(Ji-woon Kim)
Koreanischer Beitrag zum Thema "Verlierertyp fängt mit professionellem Sport (in diesem Fall Wrestling) an und wird zum Gewinnertyp" - obwohl letzteres dann eigentlich doch nicht so ganz stimmt, wie man am Ende merkt. Die Aussage des Films liegt sicherlich auch in der extremen Schwierigkeit, als Angestellter o.ä. aus dem Kreislauf der Ausbeutung herauszukommen.
Es gibt viele witzige, klamaukhafte Szenen, der Film bleibt aber im Großen und Ganzen auf der Dramaebene. Sicherlich kein must see, aber für Freunde des asiatischen Kinos allemal einen Blick wert.
70%
#12
Geschrieben 13. Mai 2005, 01:43
(Luke Greenfield)
Zuckerwatte, Zuckerwatte! Mal wieder so eine typische US-amerikanische Teenie-Komödie mit den bekannten Zutaten coole Macker, aufgebrezelte Tussen und Nerd mit Nerd-Kumpel(s), die's am Ende doch noch reißen.
Ein bisschen anders ist der Film dann allerdings doch. Die Angebete vom männlichen Sympathieträger ist mal keine Mitschülerin, sondern ein ehemaliger Pornostar. Dementsprechend ist auch der Film gefärbt, "The girl next door" gibt sich wesentlich frivoler als Werke wie z.B. "10 Dinge die ich an dir hasse".
Ohne mich an den Rollenklischees, die mich in diesem "Genre" oft ein bisschen stören, groß aufzuhalten hier das simple Bekenntnis: mir hat's gefallen. Es macht einfach Spass, sich mal wieder richtig jung zu fühlen und mit den Ereignissen, bei denen es im übrigen auch höllisch viel zu lachen gibt, mitzugehen.
Und, ja, das wichtigste ist eben nicht das Stipendium, sondern die Liebe. Recht so, Matthew!
80%
#13
Geschrieben 15. Mai 2005, 13:59
(Sydney Pollack)
Netter Hochglanzthriller von Altmeister Pollack um eine junge Dolmetscherin im Dienste der UNO, die zufällig mitbekommt, dass eine Verschwörung gegen den Präsidenten einer afrikanischen Republik, der des Völkermords beschuldigt wird und zu diesen Vorwürfen bei einer Rede Stellung nehmen will, im Gange ist.
Nicole Kidman, die die weibliche Hauptrolle übernimmt, wird von Sean Penn, der einen Mann vom Secret Service spielt, der versucht die Hintergründe des Ganzen herauszufinden, ergänzt.
Überzeugt hat mich in diesem Film, der sicherlich keinen Innovativitätspreis für die Story gewinnt, dabei aber trotzdem auf recht spannende Weise unterhält, vor allem die Darstellung der Annäherung von den beiden Protagonisten (Stichwort: Bank im Bark und die späteren Szenen bei Silvia zuhause). Für mich als jemanden, der selbst vor noch nicht allzu langer Zeit eine sehr, sehr wichtige Person an den Tod verloren hat, war das Verhalten der Figuren extrem nachvollziehbar und wunderbar echt. Wie sich Silvia und Tobin auf der Couch aneinander kuscheln, war einfach klasse! Kein Knuschen, kein Sex (vor allem für Tobin viel zu früh!), aber trotzdem das Bedürfnis nach Nähe, nach Wärme. Genauso ist's. Und das alles ohne den Einsatz von lauter, schwülstiger Musik. Well done, Mr. Pollack!
80%
#14
Geschrieben 16. Mai 2005, 21:14
Shivers
(David Cronenberg, 1975)
Im Gebäudekomplex eines riesigen Wohnhauses auf einer Insel treiben wurmartige, aggressive Parasiten ihr Unwesen, die aus den Bewohnern blutdürstende, notgeile Zombies machen. Schuld ist (wie so oft bei Cronenberg) eine Arzt, welcher plante, diese Parasiten als Organersatz für den Einsatz am schwerkranken Menschen heranzuzüchten. Insgesamt ein netter Horrorstreifen. Ein großes Budget gab's ganz offensichtlich nicht und die mutierten Regenwürmer, die dann auch mal auf den Regenschirmen von alten Ommas landen, die das "arme Vögelchen", was gegen das "hohe Gebäude" geflogen ist, bedauern, sorgen für den einen oder anderen unfreiwilligen Lacher. Auf der anderen Seite wirkt besonders die letzte Viertelstunde, als fast keiner mehr normal zu sein scheint und regelrechte Orgien unter den Zombies beginnen, wirklich bedrohlich. Auch das (durchaus klassische) Schlussbild hat was. Recht straighter, 70er-Jahre-Zombiehorror.
70%
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Rabid
(David Cronenberg, 1977)
Derselbe Look, verwandte Geschichte. Nachdem bei der Operation einer jungen Frau die bisher ungetestete Methode von "neutralisiertem Eigentransplantat" (ein Lächeln ist an dieser Stelle erlaubt) verwendet wurde, entwickelt die behandelte Stelle ein tödliches Eigenleben. Aus der Achselhöhle der Dame kann nun ein Stachel hervorschnellen, der anderen Menschen das Blut aussaugt - übrigens natürlich mittlerweile das einzige, worauf die Frau noch Appetit hat - woraufhin diese ebenfalls zu blutdürstenden Zombies werden. Geht man in der Interpretation des Ganzen zu weit, wenn man den (wachsenden) Stachel, der andere Leute penetriert und verletzt, als Sinnbild für das aggressive Moment männlicher Sexualität sieht? Vielleicht. War ja auch nur so ein Gedanke. Ob ich wegen all den nackten Brüsten bzw. fast durchsichtigen Oberteilen der Darstellerinnen drauf gekommen bin? Cronenberg hatte es offensichtlich schon immer mit Sexualität, wie sich auch in "Shivers" zeigte. Jedenfalls ist auch dieser Film sicherlich kein Meilenstein, aber für die Entstehungszeit doch ordentlich. Auch hier verstört die letzte Viertelstunde am meisten.
70%
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Naked Lunch
(David Cronenberg, 1991)
This is weird! Bruchstückhaft sind mir die Hintergründe um dieses Werk bekannt: die Verfilmung eines im Grunde unverfilmbaren, biografisch geprägten Buches des heroinsüchtigen William S. Burroughs. Halluzinationen par exzellence bestimmen dann auch das Geschehen um die Hauptfigur - ein Schriftsteller, der sich eigentlich als Kammerjäger versuchen wollte und durch das Spritzen seines Insektengifts immer tiefer in einen einzigen Alptraum zwischen Wirklich- und Unwirklichkeit versinkt. Definitiv *nicht* das richtige, um einen Abend ausklingen zu lassen. Verwirrte
80%
#15
Geschrieben 17. Mai 2005, 16:03
(Christoph Schlingensief, 1989)
Regisseur-typische, irrwitzige Satire über die letzte Stunde von Adolf und seinen Getreuen im Führerbunker. Treibt die völlige Abwesenheit von Vernunft in kulminierendem Psychoterror auf die Spitze. Schlingensiefs Besetzungs-Hofstab ist natürlich wieder mit an Bord und gibt munter die von Macht, Sex und Deutschland besessenen Protagonisten. Anstrengend und teilweise einfach nur grotesk-bescheuert (wie war das jetzt mit Wim Wenders?!), aber letztendlich wohl der wesentlich bessere Film zu dieser Thematik als "Der Untergang".
70-80%
#16
Geschrieben 17. Mai 2005, 22:47
(Peter Thorwarth, 1999)
Okay Critic, du hast völlig recht. Dieser Film ist besser als "Was nicht passt...". Sogar wesentlich besser. Die Figuren sind sympathischer und die Story intelligenter. Da greift ein Detail ins andere, es ist wirklich eine wahre Lust der Entwicklungen und Verwicklungen zuzusehen. War es Michi, der kürzlich von kleinen Zahnrädchen in einem Uhrwerk sprach? Genau diese Assoziation hatte ich hier.
Keek führt ein herrliches Leben - er haut die Kohle eines Bankraubes auf den Kopf (vor allem mit Pferdewetten), den er zusammen mit Kalle gemacht hat. Letzterer wurde durch eigene Blödheit geschnappt. Die Abmachung lautete: Kalle zieht Keek nicht mit rein, kriegt dafür aber nach seiner Entlassung 90% des Geldes. Aus Gründen, die ich hier garnicht weiter ausführen will, dreht Kalle durch, bricht aus und will in der wiedergewonnenen Freiheit natürlich seinen Anteil - Keek darf sich jetzt einen Kopf machen, wie er die Kohle wieder ran schafft.
Der Plot dieses rasanten, herzerfrischend komischen Gaunerfilms ist wirklich große Klasse. Bestens aufgelegte Darsteller, ein Dutzend bekloppte Charaktere, feinste Situationskomik, 105 Minuten Überraschungen und zwischen all dem Spass auch ein paar kluge Worte. Ein Werk, was ich von der ersten Sekunde an mochte. Besonders sympathisch natürlich die Würdigung einiger meiner Lieblingsbands in Form von im Film auftauchenden T-Shirts: von Misfits über Ramones bis hin zu Obituary war alles dabei.
Großartig - leider ohne Kumpels und ohne Kasten Bier geguckt. Vielleicht das nächste Mal.
90%
#17
Geschrieben 18. Mai 2005, 11:48
(David Fincher, 1995)
Nach langer Zeit mal wieder reingeguckt und sofort hängengeblieben. Lieber Himmel, was für eine düstere Atmosphäre. Dadurch, dass man das Ende schon kennt, wird die bittere Erkenntnis, das schauerliche Schließen des Kreises keineswegs angenehmer. War die letzte halbe Stunde wie elektrisiert, das Adrenalin hat mich fast fertig gemacht und Tränen in den Augen hatte ich auch, weil ich mich so gut in Detective Mills reinversetzen konnte.
Ein kompromissloses, abgründiges Werk, wohl *der* Serienmörderthriller der 90er und nach "Fight Club" Finchers bester Film. Freeman, Paltrow, Pitt und Spacey bieten exzellente Performances in einem so geschickt wie perfide konstruierten Trip um die 7 Todsünden der Menschen. Bedächtig und erbarmungslos spinnen David Fincher und John Doe über 2 Stunden ihre Netze, aus denen es kein Entrinnen gibt.
Hat sich echt gelohnt, dieses Erlebnis aufzufrischen.
90-100%
#18
Geschrieben 20. Mai 2005, 13:10
(Ridley Scott, 2005)
Als Kontrastprogramm zum einsetzenden Star Wars Rummel habe ich mir gestern erstmal den neuen Scott angeschaut. Nach einer stolpernden ersten Stunde, in der man das angeblich relativ umfangreiche, rausgeschnittene Material recht deutlich bemerkt, bekam der Film Sogwirkung und hat mich immer stärker gefesselt.
Ich hätte vor allem nicht gedacht, dass mich Milchbart Orlando Bloom mal richtig überzeugen könnte - aber er hat's getan. Er spielt den jungen Schmied Balian, der etwas unfreiwillig in die Kriege von Christen und Moslems um Jerusalem hineingezogen wird, wirklich ziemlich gut. Auch der Rest der Besetzung weiß zu gefallen.
Die Bilder dieses Films sind einfach fantastisch. Was das angeht, ist auf Scott Verlass. Während Petersen mit "Troja" oder Stone mit "Alexander" irgendwie nur uninspirierten Pomp inszenieren, lässt Scott mit seinem riesigen Feld voller Leichen, über denen zahllose Krähen fliegen, oder der Heeresschau von Saladin den Atem des Zuschauers stocken. Klasse z.B. auch die extreme Nahaufnahme des in der Sonne blinkenden und blitzenden goldenen Kreuzes mit dem schnellen Zurückzoomen auf die Kreuzritter. Oder schlicht die Figur des Leprakranken Königs mit der Silbermaske - unheimlich und faszinierend.
Am schönsten fand ich die Botschaft des Films (zu der das Schlussbild dann aber nicht 100%ig passen will), dass es nicht um den Streit, wer die "bessere, richtigere" Religion hat, gehen sollte, sondern um Toleranz und Miteinander. Gesten wie das Aufheben und Aufstellen des umgestürzten Tischkreuzes von Saladin haben mich wirklich bewegt.
Scott zaubert mit "Königreich der Himmel" einen tollen Bildersturm auf die Leinwand, schwimmt dabei aber nicht in sinnlosen Popcornkinogefilden. Er geht mit einer gehörigen Portion Ernsthaftigkeit an die Sache und hat offensichtlich ein (unterstützenswertes) Anliegen. Ich bin ziemlich begeistert. Der Film ist besser als gedacht. Definitiv.
80-90%
#19
Geschrieben 21. Mai 2005, 20:31
(Tonie Marshall, 1999)
Sah mir irgendwie nach einem netten Film für den Samstagvormittag im Bett mit Frau & Frühstück aus. Französische Komödie um gefrustete, in einem Schönheitssalon arbeitende Frauen mit der (eigentlich) bezaubernden Audrey Tautou in einer ihrer frühen Rollen.
Naja, jeder greift mal ins Klo. Ganz deutlich: der Film ist der letzte Scheiß. Die Charakterisierung von Männern & Frauen + ihrer Probleme miteinander ist so oberflächlich (und teilweise ärgerlich und dummdreist patriarchal) geprägt wie nur irgend möglich.
Die versuchten Witze sind der Hammer. Übelste Kichereien über bei der Haarentfernung in der Bikinizone "auslaufende" Frauen. Geht's noch peinlicher? Aufgebrezelte Tussen, die nackt aus der Solariumkabine stolzieren und nach ihrem Handtuch schreien, während vor dem Fenster des Salons die Männertraube immer größer wird. Und, Leute, das passiert nicht nur einmal in dem Film. Äh, ist das witzig?
Nach etwas mehr als einer Stunde hat's uns gereicht. Keine Ahnung wie der Film ausgeht. Interessiert mich auch nicht die Bohne. Für das bis dahin Gesehene gibt's so ungefähr
0%
#20
Geschrieben 23. Mai 2005, 00:22
(George Lucas, 2005)
So richtig mein Ding waren die "Star Wars" Filme nie. Ganz nette Unterhaltung zum Abschalten, aber große Emotionen konnte mir diese Reihe nie entlocken. Das hier war mein erster (und wohl letzter) "Star Wars", den ich im Kino gesehen habe. Aber die Intensitätsschraube in meinem - leicht reservierten - Empfinden konnte die große Leinwand auch nicht anziehen.
Um's kurz zu machen: ich fand den Film schrecklich. Uninspirierend und uninspiriert. Keine Gefühle, kein Adrenalin. Seelenloser, bunter Bombast. Ein glattgelecktes Effektespektakel, dass es zu keiner Zeit verstand, in mir Interesse für seine Entwicklungen (Äh, welche auch? Anakin wechselt über zur dunklen Seite, weil er seine Frau retten will. Und die Vision seiner sterbenden Angetrauten folgt damit einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. 2 1/2 Stunden für'n Eimer) zu wecken.
Ich hab nicht's gegen Popcorn-Kino. Aber was zuviel ist, ist zuviel. Ausdruckslose Darsteller (die deutsche Synchro wird wie zumeist ihr übriges dazu getan haben), simpelst konstruierte Geschichte, ein paar flache Oneliner der Helden. Und ungefähr eine Million digitale Raumschiffe und Hochhäuser, letztere bevorzugt abgelichtet bei Sonnenuntergang. Bis es einem zum Hals raushängt.
Die Doppel-Trilogie hat ihr Ende. Gut so.
0-20%, je nachdem ob man die zugegeben exzellenten (aber eben irgendwann auch stinklangweiligen und ermüdenden) Effekte in die Wertung mit einfließen lässt.
#21
Geschrieben 24. Mai 2005, 10:22
(Steve Buscemi, 2000)
Ist glaube ich der erste Film gewesen, den ich mit Buscemi als Regisseur gesehen habe. Er macht seine Sache nicht schlecht, aber so richtig überzeugen konnte mich der Film dann auch nicht.
Es geht um einen jungen Kerl, Ron, der wegen Drogengeschichten einsitzt und in Earl, der im Knast einiges zu sagen hat, einen väterlichen Freund findet. Der Film setzt so abrupt ein wie er aufhört, die Entwicklungen sind recht unspektakulär, insgesamt ist das Ganze irgendwie zu undramatisch. Die Schlägerein sehen harmlos aus, wirkliche Probleme hat Ron nur ganz selten, ihm wird von Earl praktisch alles auf dem Silbertablett serviert, einfach so. Kein "Hocharbeiten", wie man das in solchen Filmen irgendwie gern sieht, vieles nur halbherzig angedeutet.
Sicherlich will sich "Animal Factory" nicht in die Reihe der düsteren Gefängnisfilme wie z.B. "Lock up" einreihen, sondern eher Freundschaft und Loyalität hinter Gittern thematisieren, so wie vielleicht "Die Verurteilten". Aber dafür hätte er ein bisschen besser darstellen können, was Earl nun so sehr an Ron findet - und umgekehrt. War mir alles ein bisschen zu wenig.
Ganz nett, muss man aber auch nicht kennen. Edward "Augenringe" Furlong mal wieder zu sehen macht allerdings schon ein bisschen Spass und Willem Dafoe mit Glatze ist auch nicht ganz zu verachten.
50-60%
#22
Geschrieben 24. Mai 2005, 16:35
(Ingmar Bergman, 1966)
Extrem rätselhafter, aber ebenso faszinierender Film. Eine Theaterschauspielerin, Elisabet, hört bei einer Aufführung für eine Minute auf zu reden und wirkt orientierungslos. Am nächsten Tag spricht sie überhaupt nicht mehr und reagiert nur noch spärlich auf ihre Umwelt.
Nachdem dieser Zustand 3 Monate angehalten hat, bekommt Elisabet eine neue Krankenschwester, Alma, die sich ihres Falls annehmen soll. Sie fahren zusammen in ein einsames Haus ans Meer, wo ihr Alma immer mehr persönliche und intime Details ihres Lebens erzählt, um so Elisabet zum Reden zu bewegen.
"Persona" hat einen ziemlich morbiden Charme. Die Identitätsebenen zwischen den beiden Frauen verschwimmen zunehmend und Bergman verwirrt den Zuschauer mit seinen m.E. ziemlich genialen (vor allem optischen) Spielereien immer mehr. So sieht man zum Beispiel in einer Großaufnahme ein Gesicht, was zu jeweils einer Hälfte aus Almas und Elisabets Gesichts besteht. Und erst an dieser Stelle fällt einem richtig auf, wie sehr sich die beiden ähneln.
Von Anfang an hat der Film eine schleichend bedrohliche Atmosphäre. Die ersten Minuten vor den einsetzenden Credits sind visuell und akustisch dermaßen stark, dass ich vorm Fernseher hätte niederknien können. Wirklich verstanden habe ich den collagenartigen Zusammenschnitt von obskuren Bildern nicht, aber ich fand ihn stark, absolut stark.
Interpretativ bieten die gerade mal knapp 80 Filmminuten jedenfalls eine Menge Stoff. Vielleicht meldet sich im Kommentar-Thread ja mal jemand, der den Film auch kennt. Ich bin jedenfalls verwirrt, aber ziemlich angetan. Und vor allem hat mir "Persona" mal wieder gezeigt, wie wunder-wunder-wunderschön Schwedisch klingt. Seufz.
90%
#23
Geschrieben 25. Mai 2005, 08:48
(Hayao Miyazaki, 2001)
Die Überraschung kann ein ärgerliches, aber auch ein wunderschönes Element eines Filmerlebnisses sein. Hier war sie zum Glück letzteres. Ich weiss nicht wirklich, was ich von "Chihiro" erwatet hatte. Aber auf jeden Fall etwas anderes. Etwas nicht so sperriges.
Ich hatte sicherlich gedacht, dass der Film etwas, hm, na, sagen wir mal niedlicher sein würde. Vielleicht nicht ganz so aufwühlend. Stellenweise ist er ja regelrecht unheimlich. Ohne Altersbeschränkung hätte *ich* dieses Werk nicht freigegeben.
Klar ist wohl auch, dass man ohne tiefgehenderes Verständnis japanischer Kultur und Mythologie den Film nicht wirklich erfassen kann. Mir war am Ende noch einiges unklar. Was wollte Ohnegesicht eigentlich, was war der Flußgott für einer? Ich habe offen gestanden keine Ahnung.
Das einzige was ich sicher weiss ist, dass man hier an absolut magischen 2 Stunden teilhaben kann.
90%
#24
Geschrieben 25. Mai 2005, 21:09
(Wolfgang Murnberger, 2000)
Ganz netter Krimi um einen Rettungssanitäter, der dubiose Machenschaften sowohl von seinem Rettungsdienst als auch von der Konkurrenz aufdeckt. Das Ganze ist recht straight erzählt, die Geschichte kommt ohne größere Überraschungen aus. Die Kommentarstimme aus dem Off nervt ein bisschen, wohingegen der Film mit seinen sympathisch schwarzhumorigen Elementen wieder etwas Punkte gewinnen kann. Unterhaltung für zwischendurch, aber nichts, was man wirklich kennen muss.
60%
#25
Geschrieben 26. Mai 2005, 11:25
(Lukas Moodysson, 1998)
Großartiges Jugenddrama um die klassischen Themen Sinn- und Identitätssuche, so wunderbar und sensibel aufbereitet, dass die eine oder andere Träne unbedingt erlaubt ist.
Agnes ist vor fast 2 Jahren mit ihrer Familie nach Åmål gezogen, hat aber bisher noch keine einzige wirkliche Freundin gefunden. Sie ist nicht hässlich oder langweilig, ganz im Gegenteil, jedoch reiht sie sich einfach nicht in die typischen Tussenklischees ein, was Klamotten und Freizeitgestaltung angeht. Und übrigens ist sie lesbisch, was ihre Probleme nicht kleiner macht. Sie ist verliebt in Elin, die gemeinsam mit ihrer Schwester das große Wort unter den Kids führt.
Besonders die wirklich spitzenmäßigen Jungschauspieler machen diese tolle Geschichte über Anerkennung und Liebe, die man auch in einem Kaff wie Åmål finden kann, zu einem echten Erlebnis. Bewegendes und wahrhaftiges großes kleines Kino.
Erwähnte ich schon, dass Schwedisch wunder-wunder-wunderschön klingt?
100%
#26
Geschrieben 27. Mai 2005, 09:44
(Lukas Moodysson, 2000)
Noch ein ziemlich guter Film von Moodysson, wie bei "Raus aus Åmål" hat er hier auch das Drehbuch verfasst. Es geht diesmal um ein typisches Wohnkollektiv der 70er Jahre, was die spießigen Nachbarn zu Spannereien und Lästereien veranlasst und in dem Fernseher, Fleisch und Kriegsspielzeug unerwünscht sind.
Das Haus ist auch Auffangbecken für Elisabeth, die vor ihrem prügelnden Mann geflohen ist, und ihre zwei Kinder. Dabei kommen neue Impulse in die WG, da für die Kids zum Beispiel auf einmal doch ein Fernseher angeschafft wird.
Im Prinzip finde ich es gut von Moodysson, dass die undogmatischeren Figuren, die eben das - in entschärfter Form (soll in diesem Fall heißen: gebrauchter S/W-Fernseher) - zulassen, für das Überleben der Gemeinschaft auch im Angesicht des Auszugs radikalerer Mitbewohner sorgen und die Verbliebenen + einiger neuer Personen zu einem schönen, zuckerwattigen Schlussbild führt.
Andererseits scheint der Film extrem oft zu behaupten, dass die Ideale dieser Bewegung nur "äußere", "politische" Entscheidungen waren, die nicht aus wirklicher Überzeugung geboren wurden. Keine Ahnung, inwieweit das zutrifft. Ich war damals nicht dabei und will mir kein Urteil erlauben, dieses Gefühl aber ansprechen. Wenn gegen Ende sich doch wieder alle freuen, wenn es "mal Fleisch gibt", bleibt für mich ein schaler Beigeschmack.
Aber nur ein kleiner. Man merkt, dass sich Moodysson um Ausgewogenheit bemüht hat, und das soll in Verbindung der wieder mal wunderbaren Darsteller mit
80%
nicht unbelohnt bleiben. Die größte Weisheit kommt aus Kindermund: "Alle Erwachsenen sind Idioten."
#27
Geschrieben 28. Mai 2005, 11:38
(Zach Braff, 2004)
Immense Erwartungshaltungen und eine - angeblich - schlechte Synchro: der Todesstoß für echte Begeisterung. Schade! Obwohl ich bei "Million Dollar Baby" auch schon ziemlich beeinflusst von den überschwenglichen Stimmen war, diesen auch in der - angeblich - schlechten Synchro gesehen habe und trotzdem völlig plattgefahren wurde.
Also: "Garden State" ist schön, keine Frage. Die Figurenzeichnung ist sensibel und macht Spass. Aber manchmal ist sie nicht in letzter Konsequenz überzeugend. Zum Beispiel Sam - ehemalige Eiskunstläuferin, deren Karriere durch ihre epileptischen Anfälle versaut wurde und die einen zwanghaften Tick zu Lügen hat. Ist mal in einem Krokodilskostüm auf dem Eis aufgetreten. Trägt wegen ihrer Krankheit auf Arbeit einen hässlichen Gummihelm. Nennt dutzende Hamster ihr eigen, hat einen Haustierfriedhof, ein schwarzes, Jura studierendes Patenkind "zum Bruder" ("Irgendjemand pisst auf die Fernbedienung. Ich habe den Verdacht, dass es einer von den Hunden ist") und macht gern Dinge, die "noch nie jemand gemacht hat": zum Beispiel komische Geräusche mit noch komischeren Verrenkungen. Ein bisschen aufgesetzt wirkende Skurrilität darf man hier schon konstatieren.
Die Geschichte gefällt mir: ein Mittzwanziger findet zu sich selbst, indem er sich seiner Vergangenheit stellt. Einige Bilder und Szenen haben mir dabei richtig gut gefallen. Die 2, 3 Minuten, in denen Vater und Sohn endlich miteinander reden, waren toll. Wie um Andrew herum manchmal alles ganz schnell abläuft. Schön. Aber bisweilen wird man in dem Film einfach das Gefühl nicht los, dass hier ein Jungregisseur überlegt hat, wie er eine möglichst so richtig doll kreative Mischung aus Liebesfilm, (verspätetes) Coming-of-Age-Drama und Komödie zusammenschustern kann. Wie gesagt: der Film hat mir schon gefallen. Aber er hat mich nicht so richtig erwischt.
Lieblingsszene: Andrew sieht den abgerissenen Zapfschlauch in seinem Tank stecken, guckt sich verstohlen um und schmeißt ihn dann einfach in den Müll.
80%
#28
Geschrieben 30. Mai 2005, 08:08
(Alfred Hitchcock, 1954)
Hübsch gedrechselte Kriminalgeschichte um einen eifersüchtigen Mann, der einen alten Bekannten damit beauftragt, seine ihn betrügende Frau umzubringen. Der Plan läuft schief, die Polizei kommt hinzu und von nun an entspinnt sich ein herrlich spannendes Duell um den Tathergang des "Einbruchs" zwischen dem improvisierenden Mann und dem verantwortlichen Inspektor.
Fast der komplette Film spielt sich in ein und demselbem Zimmer ab. Dass er trotzdem fesselt, ist bei Hitchcock natürlich Ehrensache.
80-90%
#29
Geschrieben 30. Mai 2005, 11:58
(Chien Lai Yeh, 1983)
Konfus-witziger KungFu-Film um den bösen Mönch Chi-Kung, der 18 geraubte Mädchen zu seiner Leibgarde in extrem gefährlichen, seltenen - und natürlich ein bisschen albernen - Kampftechniken ausbilden ließ. Chi-Kung terrorisiert das Land, bis sich ihm eins der Mädchen mit Hilfe teils recht skurriler Charaktere entgegenstellt.
Inwieweit man den Film ernst nehmen möchte, sei jedem selbst überlassen. Amusement und Langeweile geben sich hier in meinem Empfinden ein bisschen die Klinke in die Hand. Das Ganze macht an einigen Stellen schon Spass, nervt aber durch Bildwiederholungen, einem teils supergrottigen Schnitt und oft extrem unspektakulärer, aber trotzdem minutenlang ausgewalzter Kämpfe über die komplette Spieldauer schon ein wenig.
50%
#30
Geschrieben 31. Mai 2005, 11:54
(James L. Brooks, 1997)
Zwecks romantisch-gemütlichen Ausklingens eines recht nervigen Tages hab ich gestern mal wieder den wunderbaren "As good as it gets" geguckt. Jack Nicholson spielt in diesem Film den verschrobenen, gefühlskalten Sack Melvin, dessen größtes Hobby ist, andere Leute zu verschrecken und niederzumachen.
Zu seinen Zwangsneurosen gehört es auch, jeden Tag am selben Platz in selbem Restaurant zu essen - und natürlich auch von derselben Kellnerin bedient zu werden. Als er mehr von ihr und vor allem von der Krankheit ihres Sohnes erfährt, tritt - begleitet von vielen, vielen Fettnäpfchen - langsam eine Veränderung in seinem Wesen ein. Ist er etwa verliebt?
Die Lebensweisheit, dass man Kompromisse eingehen und sich von unerreichbaren Idealvorstellungen lösen muss, wenn man sich auf das große L einlassen will, ist sicherlich nicht besonders neu, hier aber sowohl sehr unterhaltsam als auch eindringlich aufbereitet. Schön, witzig und durch die starken Darsteller einfach ein so ziemlich perfekter Wohlfühlfilm.
90%
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