"If it bleeds, we can kill it!"
#391
Geschrieben 29. August 2008, 21:26
(My Blueberry Nights) / China u.a. 2007 / DVD
Das Einfassen des menschlichen Lebens in mal mehr, mal weniger unscheinbare Objekte, sei es der verlorene Schlüssel, die unbezahlte Rechnung oder der rückwirkend geschenkte Jaguar, scheitert. Stets ist die Geschichte, die diese Gegenstände erzählen, lediglich der Startschuss für eine neue, die Gegenstände werden zu vergänglichen Stationen. Wong Kar-Wais Film bleibt mir in seiner Motivik zwar noch etwas fremd, doch lasse ich mich davon keineswegs entmutigen und entschädige mich für die vielleicht verpasste Erkenntnis mit wunderschön eingefangenen Stimmungsbildern, die das Werk zu Hauf bietet.
#392
Geschrieben 02. September 2008, 15:34
(Lo chiamavano Bulldozer) / Italien, Deutschland 1978 / DVD
Der Film hat leider eine Menge seines Charmes, den er zu Kinderzeiten für mich versprüht hatte, eingebüßt. Damals genügte es wohl, Bud Spencer in einen Footballdress gewandet beim Kloppen auf dem Spielfeld zuzusehen. Dennoch zieht mich die leichtfüßige Harmlosigkeit von SIE NANNTEN IHN MÜCKE noch ausreichend in ihren Bann, so dass das Filmerlebnis insgesamt keinesfalls als verkorkst anzusehen ist. Zu beschwingt kommt der schöne Soundtrack daher, zu fies Raimund Harmstorf als Armdrücker und Footballtrainer, zu liebenswert der ruppige Bud Spencer, als dass der Film schlecht sein könnte.
Es sind eher Kleinigkeiten, die mich ein wenig genervt haben, wie etwa das sonderbare Verhalten von Mückes Mannschaft, deren Mitglieder Kempfers Soldaten als Dank dafür, dass sie ihnen Trikots und Schutzkleidung zur Verfügung stellen, mal eben bestehlen und sie um ihr Benzin erleichtern. Auch die Moral des Films - Sport und Freundschaft retten vor sozialem Abstieg - kam mir selbst für ein Werk dieser Art zu hanebüchen vor. Andererseits, ginge es um Ernsteres, der Film würde sofort seine Leichtigkeit verlieren und das möchte ich natürlich auch nicht.
Gut gefällt mir wiederum das Spiel mit der schier übermenschlichen Unbesiegbarkeit von Spencers Charakteren zu Beginn während des Armdrückens. So nahe am Rande einer Niederlage, ob nun von Mücke beabsichtigt oder nicht (ich vermute ersteres), sah ich Spencers Rollen wohl nie. Eine schöne (aber freilich kurze) Abwechslung zur sonstigen physischen Unantastbarkeit der Figuren.
#393
Geschrieben 02. September 2008, 19:25
(Altrimenti ci arrabbiamo) / Italien, Spanien 1973 / DVD
Der Auto- und Motorenfilm unter den Spencer/Hill-Schoten. Die beiden legen mit einem Autorennen los, zanken sich in der Folge um einen zerstörten Buggy und nehmen es mit einem fiesen Schläger auf einer Kirmes im Autoscooter auf, bevor es in einer Sporthalle zum Kampf mit den bewährtesten aller ihrer Waffen kommt: Ihren Fäusten und zufällig in der Gegend herumliegenden Gegenständen. Das folgende Gemenge kann es durchaus mit meinem Favoriten, der legendären Schlacht auf der Bowlingbahn in ZWEI AUSSER RAND UND BAND, aufnehmen.
Auch kommt ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL wie ein Film über das Kind im Manne daher: Der Streit um die Besitzansprüche am Strandbuggy soll zunächst unter Zuhilfenahme eines Kinderspiels mit Stöckchen und Steinen beigelegt werden, die Vorfälle auf dem Rummelplatz sind nichts weiter als Balztänze vor zu beeindruckenden Mädchen oder Machtkämpfe zwischen zwei Parteien, die auch auf jedem erdenklichen Schulhof stattfinden könnten (schließlich ist Kid (der Name spricht für sich) und Ben ihr neuestes und wohl liebstes Spielzeug (der Buggy) zerstört worden). Die sich am Ende des Films in der Probefahrt mit den letztlich errungenen Fahrzeugen zeigende kindliche Freude der Protagonisten über die neuen Buggys verstärkt den Eindruck zutiefst. Nun stellt sich mir die Frage, inwieweit Kindheitsphantasien möglicher Weise bei Freud, der uns im Film in der Figur des Doktors begegnet, eine Rolle spielen, mit dem ich mich leider wenig bis gar nicht auskenne. Vielleicht gewinnt der Film durch eine nähere Beschäftigung heirmit noch an Tiefe. Ich bin gespannt.
ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL bietet zudem in einer seiner gelungensten Sequenzen eine kurze Kulturgeschichte über das Outlaw-Dasein. Nach der Motorradverfolgungsjagd durch den Wald endet die gewohnte Dudelmusik abrupt und wird durch deutlich an Morricones Soundtracks orientierte Musik ersetzt. Auch das Schnittwerkzeug eines Sergio Leone (Schnitte aus der Totalen auf die Gesichter der Duellanten und zwischen diesen hin und her) verweist auf den einsamen Revolverhelden des Italowesterns, der sich sodann im Lanzengang, dem Sport der Ritter des Mittelalters, mit seinem Gegner misst, dabei auf einem Motorrad sitzend, welches spätestens mit Entstehung der verschiedensten Bikerfilme gern auch ein freiheitliches Lebensgefühl fernab des Gesetzes oder sozialer Zwänge zu versinnbildlichen vermag. Auch diese Sequenz bedarf noch genauerer Betrachtung, wie ich finde.
Nur wenige Stunden vor ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL habe ich Spencers Solo-Ausflug SIE NANNTEN IHN MÜCKE gesehen. Durch die zeitnahen Sichtungen fällt mir auf, woran es manchem Einzelabenteuer der Hauptdarsteller mangelt, nämlich der, ich nenne sie mal so, Gegendynamik des fehlenden Teils des Paares. Nur gemeinsam vermögen Spencer und Hill eine gelungene Mischung aus schwerfälligem Bulldozergekloppe und graziler Gazellengymnastik während ihrer zahlreichen Scharmützel zu bieten. In SIE NANNTEN IHN MÜCKE gerät manches Gefecht zu einer schwerfälligen Farce, die leider nicht schön anzuschauen ist. Hill bietet hier vor allem durch sein gymnastisches Talent einen gelungenen Gegenpol, der in Spencers Solofilmen oft fehlt. Andererseits gefallen mir (zumindest gemäß schwammiger Erinnerungen an DER SUPERCOP, der von überheblichem Rumgehüpfe Hills geprägt in Erinnerung blieb) Hills Einzelwerke auch wesentlich weniger gut als die gemeinsamen Filme. Die Mischung macht es hier einfach. Nicht zufällig macht Ben den wohl verwundbarsten Eindruck während eines kurzen Moments, nachdem Kid mit seinem Laster davonfährt und das Bild des vor der nächtlichen Silhouette der Stadt völlig verloren und bewegungslos herumstehenden Bens für wenige Sekunden im Auge der Kamera verweilt.
Abschließend frage ich mich, inwieweit die stoische Gelassenheit, die die Figuren Hills und Spencers oft an den Tag legen (hier etwa während der Zertrümmerung des Lokals, in dem die beiden ihren Würstchenfresswettbewerb abhalten), Pate für die beiden BLUES BROTHERS Jake und Elwood gestanden haben könnte . Ich denke hier vor allem an die Szene, in welcher sich Dan Aykroyd völlig unbeeindruckt ob der Zerstörung aus den Trümmern seiner Wohnung erhebt. Vielleicht hilft ein vergleichendes Screening weiter, wobei ich BLUES BROTHERS wirklich schon lange nicht mehr gesehen habe und sich die Verbindung zu ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL und Spencer/Hill im Allgemeinen auch ebenso gut als Hirngespinst herausstellen könnte.
#394
Geschrieben 05. September 2008, 16:22
(Gwoemul) / Südkorea 2006 / DVD
Keine Atomkatastrophe, man denke an so machen GODZILLA, kein fehlgeschlagenes Vergrößerungsexperiment, etwa TARANTULA, und nein, auch kein als vermeintliche Touristenattraktion aus der Wildnis geraubter KING KONG darf im Seoul der Gegenwart sein Unwesen treiben. Stattdessen ein wendiges und in seiner physischen Erscheinung gar nicht mal so einfach zu umschreibendes Ungetüm, das in seiner Wohnumgebung und Entstehung von den guten alten TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES inspiriert zu sein scheint.
So flink und gefährlich das Monster auch sein mag: Die wahre Bedrohung scheint von seiner Eigenschaft als von der Regierung vermuteter Träger von Viren auszugehen. In dieser Virenparanoia - wohl, wie im Film auch kurz vermutet, von der SARS-Epidemie in Asien herrührend - mag mancher die östliche Entsprechung der westlichen Angst vor islamistischem Terror sehen, welcher in CLOVERFIELD knapp zwei Jahre später auch von einer gesichtslosen Frauenstimme zunächst als Urheber der Zerstörung New Yorks in Betracht gezogen wird.
Anders als der jüngere CLOVERFIELD, kann sich THE HOST nicht auf seine Perspektivierung verlassen, sondern muss seine Kraft zu viel größeren Teilen aus Plot und Figuren - und seinem Monster - schöpfen. Dies gelingt im Wesentlichen gut, zumal das Hauptbegehren der Figuren - zumindest nach dem Anruf Hyun-Seos - nicht etwa die Vernichtung des Monsters, sondern die Rettung eines von ihm erbeuteten Familienmitglieds darstellt. Letztlich wird das Monster für die Familie zur Bewährungsprobe: Die Schwester Park Kang-dus überwindet die Angst beim Bogenschuss, der Bruder entfaltet revolutionäre Macht in sich, der Vater stirbt den stilgerechten Mentorentod und Park Kang-du selbst wird vom schläfrigen Halb-Slacker zum aufmerksamen und unnachgiebigen Vater, der gar den entscheidenden Todesstoß ausführen darf und auch schon weit vor der letzten Schlacht mit manch waghalisgem Angriff auf das Monster zu überzeugen vermag. Ein großer Schluck Initiation für die ganze Familie!
#395
Geschrieben 05. September 2008, 16:50
(Disturbia) / USA 2007 / DVD
Erweckt über weite Strecken den Eindruck einer modernisierten und mit zahlreichen Nebenfiguren aufgeplusterten Variante von REAR WINDOW. Dieser Eindruck mag meine Sichtung des Werks etwas verschleiert und behindert haben, weshalb mein Missfallen DISTURBIA vielleicht nicht gerecht wird. Bleiben die isolierten Plots der beiden Filme zu großen Teilen zumindest ähnlich, so unterscheiden sie sich in ihren Raumkonzepten deutlich. Bleibt James Stewarts Wohnung bei Hitchcock deutlich vom Wohn- und Lebensraum der von ihm Beobachteten entrückt und kommt es eigentlich erst gegen Ende zur Kollision mit der Außenwelt, so gelingt DISTURBIA sein Spannungsaufbau gerade durch das gegenseitige Abtasten der Räume. So gelingt es den Kontrahenten gar mehrfach in die gegenseitigen Räume einzudringen; sei es durch Pannenhilfe oder das Einbrechen in die fremde Garage dank neuester Technik.
Wie gesagt, raumkonzeptionell durchaus interessant und der Subtext um private Spionage, Datenschutz- und Privatsphärenverletzung dürfte kaum jemandem entgangen sein, doch konnte mich DISTURBIA - vielleicht aufgrund meiner Befangenheit, auf die erneut verwiesen sei - kaum überzeugen.
#396
Geschrieben 05. September 2008, 17:07
(Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street) / USA 2007 / DVD
Der Film ist so sehr Tim Burton, dass es fast schon schmerzt. Die düstere Atmosphäre samt ihrer Kulissen, die stark von der Realität entrückt wirkenden Charaktere und natürlich Teile der bewährten Burton-Stammbesetzung, allen voran der so ekelhaft wandelbare Johnny Depp (jetzt kann der auch noch singen!), machen SWEENEY TODD zu einem Werk, das von keinem anderen Regisseur hätte stammen können - selbst wenn ein anderer Name im Billing stünde. Was SWEENEY TODD aber seine Daseinsberechtigung beschert und zudem beweist, dass Burton trotz seines distinkten Stils ein gewisses Repertoire an Varianz innerhalb seines Gesamtwerks zu etablieren imstande ist, stellt die Inszenierung des Films als Musical dar.
Die Rachegeschichte, die blutige Grausamkeit, die Charakterkonstellationen und die Tatsache, dass - dem Genre entsprechend - der meiste Dialogtext gesungen wird, rücken den Film meines Erachtens in die Nähe zur antiken Tragödie. Ich denke hierbei aber vor allem an die römischen Tragödien eines Seneca, da ich etwa in der Figur der Mrs. Lovett eine Symbiose der verschiedenen Inkarnationen der Nutrix Senecas auszumachen glaube: Mal beschwichtigend und katalysierend auf den Zorn Sweeney Todds reagierend, mal den Zorn des Barbiers anheizend und ihn zur Tat treibend. Eben eine echte Amme.
#397
Geschrieben 06. September 2008, 09:18
(Highlander: The Source) / USA 2007 / DVD
Die Idee, die bereits im sieben Jahre jüngeren Vorgänger eingeführt wurde, die Unsterblichen dieser Welt unter einer Art Dachverband zusammenzufassen, wird hier konsequent fortgesetzt, was dem Bild des Lonesome Riders, wie es Christopher Lamberts Charakter in den ersten Filmen verkörpert, natürlich entgegensteuert und recht fremd wirkt. Wobei es natürlich möglich ist, dass solche Möglichkeiten bereits in der TV-Serie (die mir weitgehend unbekannt ist) verhandelt wurden und mein obiges Geschreibsel längst kalter Kafee aus noch länger vergangener Zeit ist.
Zudem irritiert mich die Inszenierung Duncans als ruheloser Rächer der Enterbten zu Beginn des Films. In ähnlicher Pose, in gebeugter Haltung und nachdenklichen Blickes auf dem Sims eines Hochhauses kauernd, haben wir bereits Batman, Spiderman und viele andere Begabte, deren Gabe zur Last wird, gesehen. Neben diesem einprägsamen Bild dürfte wohl auch Duncans Verhinderung einer Strafttat im direkten Anschluss dem großen Erfolg der verschiedensten Verfilumungen von Superheldenomics geschuldet sein. Zumindest meine Erinnerung sagt mir, dass den vielen Unsterblichen in älteren Filmen weniger am Allgemeinwohl der Menschen als viel mehr an der Rettung des eigenen Kopfes gelegen ist (Kopfwortspiele sind übrigens im Zusammenhang mit Highlanderfilmen immer mit starker Nähe zur Peinlichkeit und (Fremd)Scham behaftet - nicht das die Dialogregie des Films das stören würde). Durch die Anleihen an den Superheldenfilm gelingt es HIGHLANDER: THE SOURCE aber auch, seine eigentliche (und einzige) Stärke auszuspielen. Viel prägnanter als in der Vorgängern wird hier die eigene Gabe als psychische Last für die Betroffenen etabliert, was spätestens seit X-MEN und SPIDER MAN auch in besagtem Genre angekommen ist.
Leider entwickelt sich die Lösung des Problems zu einer wahllos zusammengekleisterten Fantasy-Schatzsuche durch Osteuropa. Verbindendes Element zwischen den Episoden soll freilich Duncans Love Interest sein, die als Führerin zur Quelle der Unsterblichkeit fungieren soll, die einzelnen Scharmützel aber nicht überzeugend ineinander Übergehen lassen kann. Zudem nervt ein zunächst als geheimnisvoll dunkle Figur eingeführter und schnell als sprücheklopfender Kampfgollum entpuppter Wächter der Quelle mit seiner bloßen Anwesenheit. Die Actionszenen sind nicht der Rede wert, da es untypisch für einen Highlander kaum vernünftige Schwertduelle, dafür aber reichlich hektisch geschnittene Klopp- und Schusskost mit uninteressanten Waffen und Gegnern gibt. Die inszenatorischen Mängel zerstören letztlich den spannenden Eindruck, den die Geschichte mit all ihren Subplots (Unsterblichkeit als Last und religiöses Phänomen) grundsätzlich macht.
#398
Geschrieben 06. September 2008, 09:32
(Nati con la camicia) / Italien, USA 1983 / DVD
Die Luft scheint raus. Es mag sein, dass ich in der letzten Zeit zu viele Spencer/Hill-Vehikel gesehen habe, doch so oder so hat mich an ZWEI BÄRENSTARKE TYPEN allenfalls die erste halbe bis dreiviertel Stunde überzeugen können, die der Einführung in den Plot und dem wie immer allerliebst arrangierten Aufeinandertreffen der beiden Zankhähne dient. Nach vielen Ausflügen in die verschiedensten Genres verschlägt es das Duo nun also in einen Agentenfilm, der wohl im Wesentlichen die James Bond-Filme auf die Schippe nehmen möchte. Selbst kein Fan der Reihe verstehe ich vielleicht manche Anspielung nicht, doch bietet der Film dennoch ein paar gelungene Scherze.
Natürlich bietet auch dieser Film neben viel zu wenigen Schlägereien und einer gewohnt urigen Synchronisation ("Weg, du Schlampe!") einen kurzen nachdenklichen Augenblick, in dem Bud Spencer über die Austauschbarkeit von Geheimagenten sinniert, die sich ja sowohl in der Weltkarte im Büro des Chef-Spions zeigt, die die Tode der Mitarbeiter lediglich mit einem aufleuchtenden Blinklicht kommentiert, als auch in den Figuren Spencers und Hills selbst, die ja ebenso einfach in ihre Posten unbemerkt hineinvertauscht wurden. Dem komischen Ton des Films zuträglich wird natürlich auf eine Entfaltung dieses wichtigen Diskurses verzichtet. Macht auch nichts. Was ist schon von einem Spencer/Hill-Film erwartbar, der die Schlussschlägerei nicht von den beiden Haudegen, sondern durch eine dunkelhaarige Furie mit komischem Wabbelpöter beenden lässt?
#399
Geschrieben 07. September 2008, 17:51
(Blutiger Freitag) / Deutschland 1972 / DVD
Ein in Asi-Ästhetik gehülltes, politisches Pulverfass. Die ikonographische Schlagkraft des Heinz Klett hat die Zeiten gut überdauert und durch die hohen Zigarettenpreise, die manchen Lohnempfänger zum Kauf von wesentlich günstigeren Spar-Zigarillos zwingen, dahingehend noch eine mögliche Bedeutungserweiterung erfahren, dass der Zigarillo schon längst nicht mehr ausschließliches Symbol des über dem Gesetz stehenden Einzelgängers der Westernwelt ist, sondern vielleicht auch der Mitglieder einer neuen Klasse des arbeitenden Rauchers. Natürlich lässt meine persönliche Bekanntschaft mit zwei oder drei Ex-Zigaretten-Jetzt-Zigarillo-Rauchern bei weitem keinen verallgemeinernden Schluss zu, von dem ich mich hier auch klar distanzieren möchte, doch verleiht der Zigarillo Klett - allein auf der Basis meiner persönlichen Erfahrung - eine zeitlose Qualität. Was hiermit jedoch anzufangen sein soll, bleibt mir schleierhaft. Der Film bleibt toll.
#400
Geschrieben 08. September 2008, 18:23
(Red Dawn) / USA 1984 / DVD
Viel ist (speziell in diesem Forum) zu RED DAWN geschrieben worden; diesem Film, dessen Plot eigentlich in einer Komödie des Untergenres "Kriegsparodie" bestens aufgehoben wäre. Doch nichteinmal unfreiwillig komisch (von ganz wenigen Stellen, wie etwa der Kühlerpissszene, abgesehen) kommt diese Bombe von Film daher, gerät seine Inszenierung doch zu hart, als dass so etwas passieren, und zu professionell, als dass RED DAWN zum billigen Pathos-Trash werden könnte.
Kaum etwas könnte ich nun schreiben, das nicht in den vielen anderen Filmtagebucheinträgen zu RED DAWN bereits in angemessenerer und erschöpfenderer Form gesagt wird. Somit möchte ich abschließend auf meine bloße und beinahe fassungslose Faszination für diese Ansammlung an Initiationsriten und Männlichkeitsabfeierungen hinweisen und den Text, der eigentlich noch gar nicht angefangen hat, der Ewigkeit überantworten, vielleicht sogar seinen Namen in einen Felsen ritzen.
#401
Geschrieben 09. September 2008, 12:26
(Missing in Action) / USA 1984 / DVD
Ein Vergleich mit dem etwas jüngeren RAMBO: FIRST BLOOD PART II drängt sich aufgrund von Plot-Ähnlichkeiten geradezu auf, doch erweisen sich die Ähnlichkeiten zwischen beiden Werken letztlich als recht oberflächlich und eben fast nur auf besagter Ebene existent. So kommt Braddock etwa wesentlich zahmer daher als Rambo, was daran liegen könnte, dass es sich bei MISSING IN ACTION um den ersten teil der Filmreihe handelt, es also anders als bei Rambo noch keinen Vorgängercharakter aus einem früheren Film gibt, der zur gepflegten Demontage geeignet wäre. Gerade die charakterliche Diskrepanz zwischen dem Rambo aus FIRST BLOOD und dem aus seinem Nachfolger ist einer der Faktoren, die Rambo in letzterem Teil in einem so unvergleichlichen Licht erscheinen lassen.
Die Inszenierung der Hauptfigur als funktionerende Kampfmaschine aus RAMBO: FIRST BLOOD PART II geht MISSING IN ACTION nahezu völlig ab, hier hat man es vielmehr mit einem flinken und wesentlich unauffälligeren Infiltrator zu tun, der den schier uneinnehmbaren Raum, den Dschungel Vietnams, dennoch einzunehmen versucht; völlig dem Spiderman im die Handlung des Films kommentierenden Cartoon zu Beginn des Films entsprechend, der sich an einem Hochsicherheitsgefängnis, das für Braddock im Folgenden zum vietnamesischen Dschungel wird, versucht. Anleihen an den Spinnenhelden finden sich dann auch konsequent in Braddocks nächtlicher Hatz über Saigons Balkon- und Dachlandschaften wieder.
Der Rest ist Vietnam-Revisionismus allenthalben: Der Vorwurf an Braddock und damit die USA, Kriegsverbrechen begangen zu haben, wird mit einem hinter Sonnenbrille und Vollbart verstecktem blöden Blick pariert. Unmöglich, diese Vietnamesen, deren Truppen freilich als menschenverachtende Knalltüten charakterisiert sind, wodurch die amerikanischen Soldaten, wesentlich stärker als in RAMBO: FIRST BLOOD PART II, zu den eigentlichen und einzigen Opfern des Krieges stilisiert werden. So zumindest mein Ersteindruck. Die Sichtung der Fortsetzungen und der RAMBO-Reihe in naher Zukunft dürfte sich von selbst verstehen.
#402
Geschrieben 12. September 2008, 21:24
(The Mist) / USA 2007 / DVD
THE MIST ist ein Film, der so manche Merkmale eines gelungen Werks in sich zu vereinen versteht.
Im folgenden Punkt in eine ähnliche Kerbe wie der jüngst gesehene CLOVERFIELD schlagend, erschöpft sich THE MIST nicht in Darstellungen von von fiesen Monstern ausgehenden Grausamkeiten gegen das gemeine Menschenvolk (obgleich es hiervon auch genügend zu sehen gibt), sondern beleuchtet in erster Linie die Reaktion der Menschen auf das lange Zeit gestalt-, namen- und ursachenlose Unglück. Den Rahmen für die figuralen Entwicklungen bietet hier der gelungen als der Restwelt entrückter Raum ausstaffierte Supermarkt, dessen Isolation in den ersten Phasen des Films vor allem durch seine an Motiven aus der Schifffahrt reiche Zeichnung gelingt: So wirkt das Gebäude durch den (zu aller erst auch noch über einem Gewässer sichtbaren) Nebel wie ein orientierungslos umherirrendes Schiff auf hoher See. Stilgerecht diesen Eindruck unterstützend werden die Menschen zuerst von einem krakenähnlichen Wesen angegriffen und es kommt zu einer unfreiwilligen Angelszene, die ähnlich wie das vermutliche Vorbild für diese Sequenz (JAWS) die Angelschnur als Spannungsobjekt etabliert. Zusätzlich steht das Zusammengepferchtsein und die Beengtheit des Supermarktes in krassem Gegensatz zur sonstigen Weitläufigkeit Castle Rocks.
Innerhalb des isolierten Raumes verlieren die Regeln des Alltags und seine Routinen schnell ihre Gültigkeit: Arbeitshierarchien zählen nicht mehr, die Rationalität und Logik des Gerichtssaals sind aufgehoben. Wie so häufig in Geschichten von Stephen King ist es der fein- und freigeistige Künstler, der das Heft in die Hand zu nehmen und die Probleme zu lösen versucht. Dass diese Anstrengungen letztlich scheitern müssen, beweist die bereits früh von der Hauptfigur prognostizierte Mobbildung um die religiöse Fanatikerin Carmody. Doch auch dieses neugewonnene Regelsystem der Religion, das den meisten der Gefangenen neuen Halt und Mut verspricht (und sie nebenbei ins Mittelalter und noch weiter zurückversetzt), ist letzten Endes nur zur Ungültig- und Nutzlosigkeit verdammt. Spätestens in dem Moment, in dem David die bittere Ironie seines Handelns erkennen muss und der unheilvolle Nebel sich lichtet und gar von dem eigentlichen Symbol der Hoffnung durchstoßen wird. Denn weder ist die Menschheit hoffnungslos verloren, noch sorgen Religion und Glauben für ihren Fortbestand. Gepredigt wird hier höchstens mit Flammenwerfer und Schießgewehr.
#403
Geschrieben 12. September 2008, 22:09
(Jumper) / USA 2008 / DVD
Schon wieder so ein Film, ganz ähnlich wie Robert Luketics 21, der in seiner Story ganz furchtbar dämlich und langweilig ist, aber konzeptionell voll aufgeht: Völlig dem Credo des Hayden Christensen (die Handlung ist gar dermaßen wurscht, dass ich mich nicht einmal seines Rollennamens entsinne) entsprechend, spart man sich hier zu weiten Strecken den langweiligen Teil und stattet die Charaktere mit nahezu keinem nennenswerten Hintergrund, geschweige denn einer stimmigen Psychologie aus. Das, was zwischen den Personen und ihren Handlungen liegt, wird ausgespart. Ebenso, wie sich die Jumper das Dazwischen ihrer Reisen sparen, lediglich zu Beginn der Karriere als flinker Bankräuber muss sich David (ich hab den Namen nachgeguckt) dazu herablassen, mit dem Bus zu fahren, um sich ein neues Ziel - ein sogenanntes Jump-Sight - aneignen zu können. Der Gedanke ist ja eigentlich reizvoll: Durch eine Fortbewegungsweise, wie sie Jumper an den Tag legen, würde der gesamte kulturelle Aspekt des Reisens vollkommen obsolet, ganze künstlerische Gattungen wie der Reisebericht oder -roman würden verschwinden oder hätten höchstens noch nostalgischen Wert. Dies lenkt meine Gedanken in Richtung einer Folge von STAR TREK (hier wimmelt es ja eigentlich auch von Jumpern), in der Kirk die Vorzüge von Computer und Buch abwägt und freilich dem handlicheren (!) Computer den Vorzug gibt. Doch dies nur am Rande.
Die Inszenierung von JUMPER befreit sich folglich von charakterentwicklungstechnischem Firlefanz und in weiten Teilen auch den Gesetzen der Logik (selbst für einen SciFi-Film!) und konzentriert sich ganz auf die Fähigkeit des Jumpens, wie es so schön ins Deutsche übertragen wurde. Die Folge sind freilich einige echte und noch viel mehr unechte Jump Cuts im Schnitt des Films. Unecht deshalb, weil die Distanz, die zwischen den Bildern vor und nach dem Schnitt eigentlich übersprungen werden müsste, faktisch nicht existiert, wenn sich ein Jumper zwischen zwei Orten hin und her bewegt.
Die übernatürliche Fähigkeit des Jumpens bleibt während fast der gesamten Handlung nur Selbstzweck und versüßt den Begabten ihren Alltag; niemals kommt die Idee auf, diese Fähigkeiten zur Unterstützung des Allgemeinwohls einzusetzen. Und das obwohl sich JUMPER durchaus der aus Superheldenfilmen mittlerweile sehr bekannten Phase des Entdeckens, Erlernens und Beherrschens der neuen Fähigkeiten widmet, doch während SPIDER MAN lediglich Vasen zerdeppert und Tabletts hinter sich herzieht, landet David prompt mit der Front Vorraus an einem Baumstamm. In der Folge verweigert sich JUMPER aber der Formel des Superheldenfilms und bietet so einen Gegenentwurf zum Gerechtigkeitssinn eines Batman oder Superman; und dies noch viel stärker als HANCOCK, der ja bekantlich noch die Kurve kriegt und traditionsgemäß das Verbrechen bekämpft.
JUMPER ist in seiner abrupten und lückenreichen Inszenierung äußerst unangenehm anzuschauen, doch funktioniert der Film als konzeptionelles Ganzes ausgezeichnet. Für gewöhnlich stelle ich mir die Frage der Macher-Intention selten, doch frage ich mich hier ausmahmsweise dennoch, ob dies von Liman und seinem Team so beabsichtigt war, oder ob JUMPER letztlich doch nur ein auf hip und cool getrimmtes Vehikel für Christensen werden sollte, der von seinem undankbaren Dasein als Darth Vader genug hat.
#404
Geschrieben 12. September 2008, 22:43
(Akira) / Japan 1988 / DVD
Mein Studium hat viele Semester lang seine Mission gefahren, mich bei der Analyse von Filmen, die auf literarischen Vorlagen basieren, vom vorschnellen Schwingen der Vorlagenvergleichskeule abzuhalten. Und dies zum Glück höchst erfolgreich, was bei mir für eine wesentlich unvoreingenommere Wahrnehmung von Medien jeglicher Art gesorgt hat. So soll das ja auch sein und bei der vielen berechtigten Kritik, die gegen deutsche Universitäten spätestens seit Beginn des Bologna-Prozesses vorgetragen wird, ist es, so denke ich, auch mal an der Zeit, ein paar Worte des Lobes an meine akademische Ausbildung zu verlieren.
Doch so sehr ich mich auch schäme, die heutige Sichtung von AKIRA kam nichts Anderem gleich als dem im Kopf stattfindenden Vergleich zwischen literarischer Vorlage und filmischer Adaption. Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber anmerken, dass dies nicht von ungefähr kam, da ich mich allzu oft einem quasi-abgefilmten Panel des Mangas gegenüber sah, wenn auch natürlich in Farbe und ohne Sprechblasen. Zudem machte die Charakterisierung und Inszenierung der verschiedenen Figuren einen stark lückenhaften und abgehackten Eindruck. Zu viele Lücken habe ich in Gedanken mit Füllmaterial aus der Mangakenntnis gestopft. Ob AKIRA wirklich vorgeworfen werden kann, unübersichtlich und wirr zu sein, vermag ich kaum zu beurteilen, da mir die vorherige Comiclektüre hier in ihrer hoffnungslosen Überlegenheit die ganze Laufzeit des Films über nur allzu präsent blieb.
Was AKIRA aber trotzdem stellenweise sehr stark macht, ist die gelungene Zeichnung Neo-Tokyos, die in dieser Form kein Comicpanel zu leisten imstande ist. In besonderer Erinnerung wird hierbei die erste Motorradverfolgungsjagd zwischen Kanedas Gang und den Clowns bleiben, die durch den stimmigen Einsatz von Trommelmusik den tatsächlichen Charakter einer Jagd durch den unübersichtlichen und düsteren Dschungel Großstadt erhält. Ähnlich gelungen gestaltet sich die Zeichnung der Stadt noch an vielen anderen Stellen des Films, die ich aber leider kaum wiederzugeben vermag, da der fade Eindruck, den die Gesamtverfilmung auf mich macht, zu sehr überwiegt und die guten Aspekte aus meinem Gehirn zu verscheuchen droht.
#405
Geschrieben 14. September 2008, 03:09
(Poliziotti dell'ottava strada) / Italien 1985 / DVD
Im Vorfeld war ich mir einigermaßen sicher, diesen bis Mitte der Neunziger letzten gemeinsamen Film Bud Spencers und Terence Hills bisher nicht gesehen zu haben. Jedoch kam mir der Running Gag um Dougs "große Scheine" in Verbindung mit Hills Gesicht recht bekannt vor, weshalb eine mittlerweile aus der Erinnerung verbannte Sichtung vor Jahren vielleicht doch stattgefunden haben könnte. Der Rest des Filmes schien mir aber für mich neu zu sein.
Die Eingangsequenz erinnert mich an VIER FÄUSTE GEGEN RIO. Auch dort wird die bunte und vielseitige Strandwelt des Handlungsortes in ähnlichen Bildern eingefangen und durch kurze Zwischeneinblendungen mit dem Hauch des Verbrechens belegt, jedoch nicht annähernd so hektisch arrangiert. Auch ansonsten macht der Film einige Dinge wesentlich schlechter als manch anderes Werk des beliebten Duos: So werden die beiden etwa ihres Weltenbummlerdaseins enthoben und mit einer gemeinsamen Vergangenheit ausgestattet, was, so meine ich mich zu erinnern, abgesehen von DIE MIAMI COPS nur noch in DAS KROKODIL UND SEIN NILPFERD derart gehandhabt wird. Ein solches Vorgehen lässt zwar die bekannten Giftereien zwischen den beiden nicht verschwinden (was gut ist), jedoch fehlt der Begegnung zwischen Spencer und Hill so das liebenswert Schicksalshafte (was schlecht ist).
Letzteres kann ich als Freund der Spencer/Hill-Filme gern verzeihen und als Kleinigkeit abtun, doch gibt es einen weiteren Punkt, in dem der Film völlig versagt: Die Schlägereien! Viel zu häufig (vom Endkampf abgesehen eigentlich immer) unterbinden die Figuren handgreifliche Eskalationen, die ohnehin recht rar gesäht sind, durch das bloße Zücken von Schusswaffen und verhindern so zwar größere Gewaltausbrüche, doch bringen sie so den Zuschauer auch um das Vergnügen, Zeuge von herrlich choreographierten Prügeleien wie etwa in ZWEI AUSSER RAND UND BAND oder ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL zu werden. Auf ein absolutes Minimum werden Handgemenge im Schlusskampf reduziert, der mit dem Glanz früherer Tage auch nicht mehr viel zu tun hat, Schusswaffen erledigen auch hier den Löwenanteil der Drecksarbeit.
Zuletzt sei noch darauf verwiesen, dass selbst der große Rettungsanker für deutsche Fans, nämlich die Synchronisation, häufig versagt und die Spritzig- und Geschmeidigkeit der älteren Filme selten erreicht. So viele negative Kritikpunkte sind nun aufgezählt, dass es mir fast schon in der Seele weh tut. Die Filmsichtungen der letzten Zeit haben mir aber leider bewiesen, dass ich die Filme mit Bud Spencer und Terence Hill bei weitem nicht so uneingeschränkt verehre, wie es mir vergnügte Erinnerungen an meine Kindheit vorgaukeln wollen. Eine bittere Erkenntnis vielleicht, aber Nostalgie ist manchmal wohl doch nicht alles.
Zum Glück hat es aber der Großteil der von mir mittlerweile nachgeholten und aufgefrischten Schoten geschafft, sich trotzdem einen Platz in meinem Herzen zu erkämpfen, allen voran der niemals in Frage gestellte und ewig geliebte ZWEI AUSSER RAND UND BAND.
#406
Geschrieben 18. September 2008, 17:26
(Iron Man) / USA 2008 / DVD
Aufgrund der Fülle an mittlerweile vorliegenden "neuen" Comicverfilmungen und Superheldenfilmen im Allgemeinen (diese neue Zeitrechnung würde ich mit Singers erstem X-MEN beginnen lassen) wird es für jeden neuen Genrevertreter schwieriger und schwieriger, sich von der Masse abzuheben, seinen eigenen Schmand zum Brei beizutragen. Dass dies gelingen kann und noch immer neue Variationen möglich sind, beweist Favreaus IRON MAN.
Im Unterschied zu thematisch ähnlich gelagerten Filmen, seien es als aktuellste Beispiele etwa HANCOCK oder THE DARK KNIGHT, wird das Heldendasein in IRON MAN nicht als neue Last für den Betroffenen gezeichnet, sondern vielmehr als eine Befreiung von einer alten. Der ganze "with great power comes great responsibility"-Teil spielt sich vor der eigentlichen Wiedergeburt Tony Starks als Iron Man ab, der - in Gefangenschaft geraten - die Konsequenzen seines Handelns als Waffendesigner erkennen muss. Der moralischen Zwickmühle verweigert er sich konsequent, indem er beschließt, die Herstellung und den Handel mit Waffen von nun an zu unterlassen. Alle moralischen Gedankenspiele liegen beim ersten Auftritt als Iron Man bereits hinter Tony - er sieht sich als das nötige Gute dieser Welt. Er ist dabei sogar so Selbstbewusst, dass er mit seiner Identität nicht hinter dem Zaun hält - ganz im Gegensatz zu etwa Spider Man oder Batman. Warum auch? Wen könnte er damit in Gefahr bringen? Er hat doch niemanden.
#407
Geschrieben 18. September 2008, 18:15
(Little Miss Sunshine) / USA 2006 / DVD
Ein Film, dessen Grundkonstellation und -plot die Nähe zum wahrhaft heldenhaften DIE SCHRILLEN VIER AUF ACHSE kaum verbergen kann. Wally World wird zu Redondo Beach, der Family Truckster zum gelben Bulli und Tante Edna zum Großvater der Familie, der ebenso wie erstere während der Reise in die Ewigkeit abberufen wird. Auch meine ich im hochmotivierten Übermut des Familienvaters eine gewisse Nähe zu Clark Griswold zu sehen. Jedoch, diese Gemeinsamkeiten mögen sich auch zwischen anderen Familien-Odysseen und LITTLE MISS SUNSHINE wiederfinden und sollten deshalb Randbemerkungen bleiben, hat man es doch ansonsten mit einem völlig anderen Film zu tun.
So spiegelt sich die recht turbulente Handlung voller sonderbarer Charaktere etwa kaum in der Inszenierung wider: Viele statische Aufnahmen und nur wenige ausufernde Kamerafahrten sorgen für den typischen "Independent-Look", der dem Film aber gut zu Gesicht steht. Einen der Höhepunkte stellt hier sicherlich Dwaynes Flucht aus dem Bulli dar, nachdem er erfahren hat, dass er sich seinen Traum vom Fliegen möglicher Weise nicht wird erfüllen können. Der innere Druck der Verzweiflung gerät nur allzu groß für den beengten Raum des Fahrzeugs; einzige Lösung scheint die Flucht aus der Beengtheit, hinaus aus dem Hintergrund des Bildes und bis ganz dicht hinein in das Auge der Kamera.
Ich weiß nicht, wie ich dieses Textfragment sinnvoll zu Ende bringen soll und schließe daher mit einem profanen Fazit: Netter Film, habe mich von dem melancholischen Soundtrack nicht gefangennehmen lassen und gelegentlich gelacht.
#408
Geschrieben 18. September 2008, 18:28
(Reign Over Me) / USA 2007 / DVD
Im Wesentlichen gelungenes, aber weitgehend belangloses Drama, um hier ausnahmsweise mal etwas stärker wertend zur Sache zu gehen, wie es sich meine Freundin wünscht. Aber nur dieses eine Mal und auch nur bis zum Ende dieses jetzt beendeten Satzes.
In Grundzügen erinnern mich Charlie und seine Verdrängungstaktik an den Hauptcharakter in Camus' DER FALL. Hier will ich mich aber mitnichten zu einem abschließenden Urteil hinreißen lassen, sondern dies vielmehr bei einer Neulektüre des Romans vielleicht im Hinterkopf behalten.
Ich frage mich bei vielen Filmen immer wieder, inwieweit sie dadurch einen Erkenntniszuschlag erhalten, dass sie historisch verortet werden, es sei denn natürlich, dass das Ziel eines Filmes darstellt, ein historisches Ereignis en detail nachzuzeichnen, was hier natürlich (bezogen auf den 11.September) nicht der Fall ist. Der oben kurz geäußerte Gedanke zu Camus lässt mich jedoch an der Unrelevanz, die ich den Ereignissen im Zusammenhang mit der Filmhandlung zugeschrieben habe, direkt wieder zweifeln. Ebenso natürlich an der Belanglosigkeit des gesamten Films, die ich ihm eingangs zugesprochen habe.
Drum sei ein Urteil verschoben, der Roman neu gelesen, der Film neu geguckt.
#409
Geschrieben 20. September 2008, 09:37
(Plan 9 from Outer Space) / USA 1958 / TV-Ausstrahlung
Es fiel mir schwer, die verklärende Barrikade zu durchbrechen, die der allgemeine Kult um PLAN 9 FROM OUTER SPACE und insbesondere Tim Burtons ED WOOD um den Film herum errichtet haben. Manch eine Szene, wie etwa Lugosis Blumenpflücken, mag durch die Vorbelastung poetischer daherkommen und ihrer zuweilen vollkommenen Zusammenhanglosigkeit entrissen sein.
Was aber bleibt, wenn die Barriere durchbrochen, der Film in seiner Essenz erreicht ist? Nicht allzu viel, möchte ich meinen. Und dabei halte ich PLAN 9 FROM OUTER SPACE für handwerklich gar nicht mal so schlecht gemacht, nur eben altmodisch (vermutlich schon für 1958) und vor allem im Schnitt ein wenig unbeholfen. Auch die Vermischung mit Aufnahmen aus dem Militärarchiv steht dem Film nicht besonders gut zu Gesicht. Insgesamt aber bleibt PLAN 9 FROM OUTER SPACE ein Film, bei dem zumindest das Anschauen keine Schmerzen verursacht. Viel gravierendere Schwächen finden sich im Drehbuch, sofern es denn ein solches gegeben hat, der Film ist nämlich in erster Linie eines: Furchtbar langweilig und selbst mit seiner moderaten Laufzeit von unter 80 Minuten noch viel zu lang für die dünne, aber nichtsdestotrotz in ihrer Einfältigkeit spektakuläre, Geschichte. Als einzig halbwegs gelungen erachte ich die narrative Rahmung des Films durch den Hellseher Criswell, der als vielleicht einziger mitwirkender Schauspieler in seiner Rolle aufzugehen scheint und nicht für verlegenes Grinsen seitens des Zuschauers sorgt.
Es lässt sich kaum verbergen, dass ich kaum etwas Sinnvolles über den Film zu schreiben in der Lage bin. Eine Low-Budget-Produktion, von der es in ähnlicher Weise zur Entstehungszeit sicher noch mehr gegeben hat (wobei ich mich hier gern korrigieren lasse!). Selbst die Verwurstung abgehalfterter Stars (wie hier Lugosi oder Vampira) wirkt nur allzu passend und gewöhnlich für eine solche Produktion. So mancher Star des Actionfilms der 80er wird davon ein Liedchen singen können. Inwieweit PLAN 9 FROM OUTER SPACE in diesem Zusammenhang aber eine Vorreiterstellung einnehmen könnte, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich mich mit der Geschichte Hollywoods und der früheren Geschichte des Films allgemein zu wenig auskenne. Vielleicht verkenne ich den Film und seine Bedeutung hier entscheidend.
Dennoch bleibe ich dabei: Blende ich den Kult um den Film aus, bleibt fast nichts mehr übrig.
#410
Geschrieben 21. September 2008, 00:19
(Pari e dispari) / Italien 1978 / DVD
Hier ist wieder alles an seinem Platz. Die Schusswaffe nämlich nicht abfeuernder Weise in den Händen der Hauptakteure Spencer und Hill gehalten, sondern als schnödes Wurf- und Schlaginstrument eingesetzt. Einige Jahre vor den MIAMI COPS ist zumindest in dieser Hinsicht noch alles in Ordnung. Auch anderweitig bietet ZWEI SIND NICHT ZU BREMSEN einigermaßen ausgewogene Spencer/Hill-Freude samt durchweg gelungener Schlägereien (die diesmal mit urigen Point-of-View-Shots sowohl aus Sicht der Zuschlagenden als auch der zu schlagenden aufwarten) und einer famosen Synchronisation, die für einen denkwürdigen Zitatenschatz sorgt. Auch sind die beiden Figuren hier noch von Schicksal und Gerissenheit zusammengeführte Weltenbummler, die zumindest in weiten Teilen gemeinsame Sache gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt machen.
Diese Ungerechtigkeiten führen mich zurück zu meiner letzten Sichtung von ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL, in dem ich Parallelen zwischen Spencer/Hill und den späteren BLUES BROTHERS ausgemacht zu haben glaubte. Auch hier sehe ich eine Überschneidung, wenn auch nur eine kleine, im Topos der Waisenhausrettung. Dieser Eindruck mag jedoch etwas weiter hergeholt sein und wirkt möglicher Weise nur im Zusammenspiel mit meinen Anmerkungen zu ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL.
Doch letztlich bleibt dies völlig Apfelsaft wie Pokerkraft, denn nach den letzten von mir geschauten Spätschäden ZWEI BÄRENSTARKE TYPEN und DIE MIAMI COPS freue ich mich insgesamt viel mehr darüber, durch ZWEI SIND NICHT ZU BREMSEN wieder zum Glauben an die gute Sache, nämlich Spencer/Hill-Schoten, zurückgefunden zu haben. Die einzigen wirklichen Wehrmutstropfen stellen die furchtbar alberne - aber zum Glück ziemlich kurze Szene - mit Bud Spencer als Baby und die wenig eingängige Titelmusik dar.
#411
Geschrieben 23. September 2008, 21:37
(Over the Top) / USA 1987 / TV-Ausstrahlung
Mit zum Entstehungszeitpunkt vier ROCKY-Filmen im Rücken findet sich Stallone in einer in Scheinwerferlicht getauchten und von johlendem Zuschauergebrüll erfüllten Sportarena natürlich bestens zurecht, wenn OVER THE TOP auch nie die Klasse auch nur eines einzigen der vier Rockys vor und der zwei nach ihm erreicht. Ohnehin beschleicht mich auch abgesehen von der Tatsache, dass es sich bei diesem Film im weitesten Sinne um einen Sportfilm handelt, das Gefühl, dass er nur allzu häufig gern so sein möchte wie das große Vorbild. Eigentlich sind auch alle Rocky-Zutaten vorhanden, wie etwa die Zeichnung der Hauptfigur als sportlicher Außenseiter und menschlicher Verlierer, die hier aber in beiderlei Hinsicht keine angemessene Ausarbeitung erfährt: Zu obskur bleibt die Vergangenheit Hawks, zu unklar sein Status innerhalb der Welt des wettkampfmäßigen Armdrückens. Dass Hawk unter gewöhnlichen Umständen keine Chance haben dürfte, erfährt der Zuschauer erst in dem Moment, in welchem Hawk selber Geld auf seinen Sieg wettet.
Dass die Umstände jedoch alles andere als gewöhnlich sind, beweist die Erweiterung der Rockyformel um ernstzunehmende familiäre Schwierigkeiten, derer sich die ROCKY-Reihe erst im fünften Teil annimmt. Es ist schon ein Jammer: OVER THE TOP möchte sicher so gern für sich selbst stehen, boxt aber doch nur im Schatten von Stallones wohl größtem Erfolg (Das Wortspiel war leider unvermeidlich).
Jedoch, es gibt auch Punkte, in denen sich OVER THE TOP zumindest auf Tuchfühlung mit den verschiedenen Rockys befindet, denn eine solche Ansammlung an Männlichkeitsritualen, sei es das erste Armdrücken, die erste Fahrt mit Vaters Truck oder die Übernachtung in letzterem, habe ich seit meiner Sichtung von RED DAWN vor ein paar Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Punkten kann OVER THE TOP trotz aller Mängel durch seine eigentlichen - und viel zu rar gesäten - Stars, nämlich die Armdrückduelle, die im Laufe des Films ihre ganz eigene Ästhektik des Grunzens, Schweißes und Schmerzes entwickeln. Der an goldene Zeiten des Boxens und Wrestlings erinnernde Trash Talk der verschiedenen Widersacher tut sein Übriges.
#412
Geschrieben 24. September 2008, 16:27
(Tremors) / USA 1990 / VHS
Dürfte für das Genre, welches ich grob als Monsterfilm bezeichnen möchte, in etwa das geleistet haben, was SCREAM eine halbe Dekade später für den gemeinen Slasher leistete; nämlich die charmante Parodie eines Genres unter dem Deckmantel einer ernsten Inszenierung. Wobei ich die Verweise auf das Genre im Allgemeinen nur an wenigen Stellen von TREMORS auszumachen glaube, wie etwa den verschiedenen in den Raum geschmissenen Erklärungsversuchen, was das Auftauchen der 'Schnappoiden' angeht: Hier wird ja tatsächlich jedes Monster von Godzilla über King Kong bis zu den exotischeren Toho-Vertretern abgedeckt. Köstlich natürlich die von Val ersonnene Idee, die Würmer könnten eine vom Militär entworfene Waffe gegen die kommunistische Bedrohung sein.
Abgesehen hiervon sehe ich aber eigentlich ausschließlich anleihen an JAWS. Dem Meer in letzterem entsprechend wird hier der Erdboden als Gefahren beherbergendes Spannungselement aufgebaut, die vor Bruce zumindest einigermaßen schützenden Schiffe werden zu Felsformationen im Präriesand. Ein Konzept, das sich bis in die heutige Filmwelt hinein gerettet hat (siehe etwa THE MIST, der sich teilweise auch bei JAWS bedient haben dürfte). Zudem erscheint mir der Tod Walters deutlich an das Ableben Quints angelehnt. Die Point of View Shots aus Sicht des jeweiligen Wurms vervollständigen meinen Eindruck (wobei ich mich hier gern korrigieren lasse, was die Erstanwendung dieser Technik im Monsterfilm angeht!).
Unsicher bin ich mir, was die Stellung des Waffennarrs innerhalb der Genreverweise angeht bzw. ob es hier überhaupt irgendwo irgendeine Entsprechung gibt. Um nochmal auf JAWS zu verweisen, könnte man im Charakter Burts möglicher Weise eine Anleihe an die fröhlichen Fischersleute sehen, die den Hai auf eigene Faust (und mit Dynamit) zur Strecke bringen wollen.
Doch abgeguckt hin oder her, als Hommage (an was auch immer) funktioniert TREMORS ganz prächtig und macht mir große Lust auf manchen schon lange nicht mehr gesehenen Klassiker. Allen voran natürlich Spielbergs Wassertanz, dessen letzte Sichtung noch weit vor dem Erstellen dieses Filmtagebuchs liegt. Doch auch in der Welt der japanischen Monster gibt es für mich noch eine Menge aufzuholen. Eigentlich (fast) alles!
#413
Geschrieben 24. September 2008, 23:31
(To Live and Die in L.A.) / USA 1985 / DVD
Endlich mal wieder ein Film, der mich in beinahe zielloser Euphorie bei gleichzeitig höchstem Unverständnis zurück lässt. TO LIVE AND DIE IN L.A. ist vollgepackt bis ans Ende des Abspanns mit Motiven, die ich in ihrer Gesamtheit kaum zu erfassen, geschweige denn zu entschlüsseln, imstande bin. Allein schon über die Omnipräsenz des (Bar)geldes in seinen verschiedensten Formen, sei es als - trotz der konkreten physischen Erscheinung in Form von Banknoten - abstraktes Zahlungsmittel, als Kunstwerk oder überhaupt seinen Status als kultur- und gesellschaftsstiftendes Konzept, ließe sich so manch ergiebiger Text verfassen. Doch versuche ich dies, so fühle ich mich doch direkt wieder erschlagen von den restlichen Ideen, die TO LIVE AND DIE IN L.A. präsentiert, von denen eine jede sich in mein Hirn hineinfressen und auf ihre eigene Daseinsberechtigung verweisen will.
Auf den Plot reduzieren mag ich Friedkins Film schon gar nicht. Aber das ist ja das Fantastische. Bei aller Diskursdichte bleibt TO LIVE AND DIE IN L.A. gleichzeitig spannend, temporeich, gut gespielt und bla und blub und sowieso. Und der wartet mit einer Dichte auf, das gibt's gar nicht (oder eben doch!): Da stehen sich die Widersacher in einer Umkleidekabine in nächster Nähe gegenüber, die durch das Entkleiden noch verstärkt wird und doch bleiben sie gefangen in einem Wust aus Vorschriften, der eine frühzeitige Entscheidung unmöglich macht. Diesen Wust vermag zuweilen nichteinmal Chances selbstzerstörerisches Gemüt zu durchbrechen. Und diese Unvermitteltheit der Ereignisse, die den Film zu weiten Teilen bestimmt, die Grenzverschiebungen zwischen Recht und Unrecht.... ich schwärme. Reflexion adé...
Komplettes Durcheinander im Kopf. Zweitsichtung unausweichlich. I can hardly wait.
#414
Geschrieben 26. September 2008, 18:10
(Thank You for Smoking) / USA 2005 / DVD
Zweifelsohne hat mir meine Erwartungshaltung die gestrige Sichtung des Films zerstört. Ursprünglich eine irgendwie geartete Mockumentary über die Tabakindustrie erwartend, verflüchtigte sich diese Vermtutung mit fortlaufendem Vorspann (und damit dem Auftauchen immer mehr bekannter Namen unter den mitwirkenden Darstellern) zusehends, die Erkenntnis, dass es wohl doch etwas anderes mit THANK YOU FOR SMOKING auf sich haben könnte, setzte sich unaufhaltsam durch.
Aus irgendeinem Grund blieb ich im weiteren Verlauf das enttäuschte Kleinkind und habe mich, so glaube ich, zu keinem Zeitpunkt vollends auf den Film eingelassen, in dem es vermutlich um die Labereigenschaften der Menschheit und ihren erfolgreichen Einsatz in einer kapitalistischen Weltordnung ging.
Irgendwann nochmal...
#415
Geschrieben 26. September 2008, 18:37
(Robocop) / USA 1987 / DVD
Der zweite Film am gestrigen Abend, der ein wenig an mir vorbeigeflogen ist, doch bei dem im Gegensatz zu THANK YOU FOR SMOKING ausreichend Untersuchungsstoff für eine weitere Sichtung hängengeblieben ist, die alsbald erfolgen sollte. Ein paar der Eindrucksfetzen, die mich dieses diskurs- und motivreiche Werk hat aufschnappen lassen, möchte ich hier kurz aufbereitet wissen.
In erster Linie haben mir zwei grundlegende Dinge in ROBOCOP äußerst gut gefallen. Dies wäre zum einen die Nähe des Films zum Frankensteinstoff und zum anderen die Idee, das menschliche Gedächtnis nicht nur einfach als Datenbank zu begreifen, sondern dies in Form der subjektiven Perspektive des Robocop auch in konkreten Sequenzen auf der Leinwand zu visualisieren. Da laufen aufgezeichnete Erinnerungen (dank verschiedener Split Screen-Techniken) parallel zum aktuellen Geschehen, es erfolgen abrupte Schnitte in die Vergangenheit, wenn Robocop darauf zugreifen möchte, oder durch die Begegnung mit vergangenen Menschen, Gegenständen oder Orten regelrecht dazu gezwungen wird. Ganz wie jedem von uns so manche verlorengeglaubte Erinnerung unvermittelt in den Kopf schießt.
Was ich zum Frankensteinstoff schreiben wollte, fällt mir jetzt beim besten Willen nicht mehr ein. Grund genug, den Film schnell ein weiteres Mal zu schauen und meinen Gedanken von der doppelten Wendung der Erfindung gegen ihren Schöpfer, die hier stichwortartig dann doch noch genannt sei, auf die Probe zu stellen (und wieder zu verstehen, was ich damit überhaupt meine; gestern war es mir noch klar).
Sehr interessant.
Bearbeitet von emme, 26. September 2008, 18:37.
#416
Geschrieben 30. September 2008, 10:25
(Assault on Precinct 13) / USA 1976 / TV-Ausstrahlung
Schon wieder so ein Kesselfilm, der mir sehr gut gefallen hat, was insbesondere auf das Spiel mit den spätestens mit NIGHT OF THE LIVING DEAD eingeführten Merkmalen des Zombiefilms zurückzuführen ist. Ähnlich isoliert und vom Schicksal zusammengewürfelt wie in Romeros Film finden sich die Charaktere im Polizeirevier wieder und erwehren sich der Bedrohung, die hier zwar keine Zombies im gewöhnlichen Horrorsinne darstellt, sondern vielmehr zusammengerottete Jugendbanden, die jedoch ganz ähnlich einer Zombiebrut nichts zu verlieren haben. Um bei dem Vergleich mit NIGHT OF THE LIVING DEAD zu bleiben, komme ich zu dem Schluss, dass Carpenter insgesamt das wesentlich positivere Menschenbild zeichnet, indem er die Insassen des Reviers eint und die zwischen ihnen geschaffenen Grenzen auflöst.
Daneben halte ich auch die Zeichnung der Stadt als Pfuhl der Gewalt für äußerst gelungen, nicht zuletzt aufgrund der Omnipräsenz der schnöden Schusswaffe, die nur allzu oft das erste im Bild sichtbare körperliche Merkmal der verschiedenen Figuren darstellt.
Zudem ist es stets als Qualitätsmerkmal eines Films (oder zumindest seiner musikalischen Gestattung) zu werten, wenn das Hauptthema auch am Folgetag der Sichtung noch im Kopf herumspukt. Einer angemessenen Veröffentlichung - sowohl des Films als auch des Soundtracks - sollte ich schnellstmöglich habhaft werden. ASSAULT ON PRECINCT 13 ist gemeinsam mit ROBOCOP und TO LIVE AND DIE IN L.A. für mich die Erstbesteigung der letzten sieben Tage.
#417
Geschrieben 05. Oktober 2008, 11:20
(Cobra) / USA 1986 / DVD
Schön, wie Stallone hier seine spätere Rolle als Gewaltenzusamenschluss in JUDGE DREDD vorwegnimmt, wobei die Tätigkeiten Cobras natürlich noch nicht staatlich verankert und abgesegnet sind, er also vielmehr als notwendiges Übel in einer von Verbrechen zerfressenen Welt wahrgenomen wird. (Großartig inszenierte Einganssequenz übrigens - um mal wieder einen unreflektierten Superlativ herbei zu rufen!)
Auch gut gefällt das infernalische Szenario des Endkampfes, dessen Symbolkraft nicht erst mit der rhetorischen Frage des finsteren Messerschlitzers während seiner sozialdarwinistischen Kurzansprache (Do you want to go to hell with me?) offenbar wird. Fast ebenso schön wird auch das Maulwurfsweibchen in den Reihen der Polizei in Erinnerung bleiben, das selbst nach seiner Enttarnung noch das Erscheinungsbild einer vom Leben enttäuschten Hausfrau an den Tag legt - und das neben solch herrlich ihrer Funktion entsprechend ausstaffierten Charakteren wie Cobra oder dem oben zitierten Night Slasher.
Ein feiner und männlicher Film.
Bearbeitet von emme, 05. Oktober 2008, 11:59.
#418
Geschrieben 05. Oktober 2008, 11:57
(Chi trova un amico, trova un tesoro) / Italien, USA 1981 / DVD
Ich möchte mit dem Ende des Films einsetzen. Als erfahrener SpencerHill-Scholast verzeihe ich natürlich bis zu einem gewissen Grade Asynchronie zwischen Lippenbewegungen und gesprochenem Wort in der jeweiligen deutschen Fassung des gesehenen Films. Nicht auszudenken, welch unsterbliche Stilblüten dem Zuschauer/-hörer entgangen wären, wenn derartige Nebensächlichkeiten eine Rolle spielten. Der Schlussdialog im Museum schießt in dieser Hinsicht bisher jedoch den größtmöglichen Vogel ab; geht er doch ohne jegliche Lippenbewegung, dafür aber mit flottem Vierzeiler, vonstatten. Bei näherer Überlegung eigentlich so dämlich, dass es dann doch wieder toll ist - so wird ja ohnehin gern mit den meisten Elementen eines solchen Films verfahren.
Insgesamt aber hat mir ZWEI ASSE TRUMPFEN AUF fast durch die Bank nicht gefallen. Zu sehr verlässt sich der Film auf unlustiges Gezappel und Gebrabbel mit Eingeborenen und auf offenkundig homophobe Episoden mit Lacklederpiraten. Ohnehin scheint mir dieses Werk noch eine ganze spur infaniler ausgefallen zu sein als die meisten anderen SpencerHill-Schoten, die mir bekannt sind. Einfach nicht meine Welt.
Einzig der Kniff, den Genrereichtum der gemeinsamen Ausflüge des Duos mit ZWEI ASSE TRUMPFEN AUF um gleich zwei weitere Einträge zu erweitern (Robinsonade und Antikriegsfilm), sowie die Existenz von Marmelade Marke Puffin und der nervige, aber trotzdem ohrwurmbelastete Titelsong retten den Film vor der völligen Bedeutungslosigkeit.
Und da ich mein Gefallen von SpencerHill-Komödien - und eigentlich auch von Filmen im Allgemeinen - oft von wenigen Faktoren abhängig mache und demnach selbst dem gröbsten Unfung noch Positives abgewinnen kann, darf sich auch ZWEI ASSE TRUMPFEN AUF trotz des Gemeckers in die Reihe der irgendwie dann doch noch gelungenen Filme der beiden einreihen. Nicht zuletzt hilft bei dieser Eindordnung das Wissen darum, dass es Mitte der Achtziger noch wesentlich schlimmer werden sollte.
#419
Geschrieben 05. Oktober 2008, 12:15
(The Abominable Snowman) / Großbritannien 1957 / DVD
Die Sichtung des Films liegt weniger als zwölf Stunden zurück, doch scheint die Erinnerung an ihn rapide zu schwinden. Lediglich die ersten 10-15 Minuten sind mir noch in genauerer Erinnerung geblieben, was aber auch daran liegen könnte, dass ich THE ABOMINABLE SNOWMAN in den letzten vier Jahren mehrfach angefangen, aber dann doch schnell wieder abgebrochen hatte. Irgendwie braucht es für einen für mich gelungenen und mitreißenden Hammer die fast schon klischeebeladenen gothischen Zimmer, den nächtlichen Mond am Himmel und irgendein sichtbares Monster. Natürlich verkenne ich mit dieser (insbesondere der letztgenannten) Erwartungshaltung die psychologischen Qualitäten des Films. Statt blutiger Schauwerte bestimmen hier eben subtilere Mittel wie mysteriös zerstörte Fallen, sonderbare Andeuteleien des östlichen Weisen und allenfalls (vom Ende des Films abgesehen) die sichtbare Pranke des Yetis das Geschehen. Der Schrecken bleibt im Wesentlichen also unsichtbar und nur in den Köpfen der Protagonisten materialisiert. Auch der eigentlich in der Geschichte des phantastischen Films bewährte Konflikt zwischen dem Streben nach wissenschaftlicher Erkennnis auf der einen und der schieren Raffgier auf der anderen Seite konnte mich diesmal hinter dem Ofen nicht hervorlocken.
Ich verkenne den Film, das ist gewiss; liegen seine Qualitäten doch selbst für den letzten Holzkopf offen und müssten nur noch eingesaugt werden. Jedoch, die Erwartungshaltung und sicherlich auch die Entscheidung für die Synchronfassung mit all ihren austauschbaren Stimmchen haben mir THE ABOMINABLE SNOWMAN kaputt gemacht. Doch werde ich ihn nicht als misslungen abtun, sondern ihm vielmehr in einer Stimmung, in der ich nicht nach Blut und Make-Up-Spektakel geifere, eine zweite Chance einräumen.
Bearbeitet von emme, 05. Oktober 2008, 12:17.
#420
Geschrieben 06. Oktober 2008, 21:47
(Banana Joe) / Italien, Deutschland 1982 / DVD
Ich bin mit Bud Spencer wieder im Reinen. Hatte mich SIE NANNTEN IHN MÜCKE kürzlich - gemessen an der euphorischen Kindheitsrezeption - noch schwer enttäuscht*, so sorgt BANANA JOE erfreulicher Weise für keinerlei negative Überraschung. Alles ist beim Alten, an seinem Platz und Spencer in Bestform (sofern von Film zu Film überhaupt Nuancen in seinem Spiel ausmachbar sind. Eigentlich steht er ja meist nur in der Gegend herum und lässt die deutsche Synchronisation für sich brummen). Als Rächer der Enterbten und gleichzeitig erstmals einer Zivilisation, die über den Bananenumschlagsplatz im Hafen hinausgeht, ausgesetzt, hat Joe natürlich alle Hände (und gar nicht mal so häufig die Fäuste) voll zu tun. Da müssen Bananenfabrikanten vertrieben, ein Betrüger bestraft und vor allem - was wohl zu den denkwürdigsten Scharmüzeln des Films geführt haben dürfte - vernünftige Papiere herangeschafft werden, um die erstgenannte Aufgabe auch mit staatlicher Absegnung überhaupt angehen zu können.
Der ganze Film ist eigentlich ein Selbstläufer, vielleicht nicht zuletzt auch aufgrund mal mehr und mal weniger geschicktem Recyclings schon bekannter Episoden aus früheren Filmen. Was 1976 in ZWEI AUßER RAND UND BAND für unvergessene Brüller gesorgt hat - der anpassungsunfreudige Bud Spencer in den Fängen einer staatlichen Ausbildung - kann auch ein paar Jahre später nicht schiefgehen, muss sich mancher Macher hier gedacht haben. Und liegt damit völlig richtig. Gelungen auch die vielen komischen Situationen, die sich während der ersten plumpen Gehversuche Joes in der großen Stadt ergeben. Damit wird ja eigentlich so ganz nebenbei ein großer Topos der Film- und Literaturgeschichte, nämlich die verfremdete Wahrnehmung der Zivilisation durch die Augen eines ihr nicht zugehörigen Individuums, aufgegriffen. Sowas haben in Ansätzen auch schon Lew Tolstoj und Jack London veranstaltet. Nur um mal die Möglichkeit beim Schopfe zu packen, Tolstoj und Bud Spencer im selben Text zu erwähnen!
Rechnet Ihr auch noch in Bananen?
*Ein Eindruck, der sich mit wachsender Distanz zur Sichtung allerdings immer mehr und mehr verflüchtigt. Das Titellied läuft hier rauf und runter (selbst jetzt, in diesem Moment des Schreibens), eingebrannt haben sich die magischen Armdrück- und Türzuschlagmomente. Vergessen scheint all das Füllmaterial. Riesenfilm!
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