In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#211
Geschrieben 02. März 2006, 21:05
Darling ~ UK 1965
Directed By: John Schlesinger
Diana (Julie Christie), wunderschön anzuschauendes, aber von Bindungsängsten geplagtes Londoner Fotomodell, ist unfähig, eine dauerhafte Beziehung zu nur einem Partner zu pflegen. Es gelingt ihr zwar, zahlreiche Männer zu bezaubern, oder zumindest, deren Interesse zu wecken, allerdings kommt es bestenfalls zu "Arrangements" auf Zeit. Der Journalist Robert (Dirk Bogarde) zumindest lässt sich nicht allzu lang zum Spielball von Dianas Selbstsucht degradieren.
Die Swinging Sixties, aus einer ganz anderen Perspektive als der üblichen. John Schlesinger, der später in "Midnight Cowboy" auch die augenscheinliche Hippness der New Yorker Künstlerszene sezieren sollte, unterzieht das bis heute vorherrschende Bild, welches man sich im allgemeinen von dieser Zeit zu machen pflegt, einer recht unbestechlichen Prüfung, die dann auch entsprechend unvorteilhaft ausfällt. Freie Liebe, künstlerisches Geltungsbedürfnis und Bohemiens werden als hoffnungs- und seelenlose Lebensumstände bzw. recht zweifelhaftes Völkchen dargestellt; Laurence Harvey als arroganter Dandy setzt diesem Statement die Krone auf. Am Ende bleibt Diana nichts mehr.
Glücklicherweise erspart der wie so oft meisterhaft inszenierende Regisseur uns weitestgehend den moralischen Zeigefinger, wenn er ihn sich auch nicht immer verkneifen kann. Aber dann helfen ihm glücklicherweise die hervorragenden Darsteller wieder auf Qualitätskurs. Christie stellt die lebenshungrige aber gleichermaßen lebens-unfitte Diana als hoffnungsloses Groupie dar, ihre wohl anerkannteste Leistung. Bogarde ist hervorragend als trauriger, eher konservativer Bildungsbürger und Familienvater, der mit einem alten Literatenfreund das letzte Fünkchen Glauben an die Menschheit zu verlieren scheint.
Ein wenig zu schwermütig, ansonsten aber ziemlich erstklassig in allen Belangen.
8/10
#212
Geschrieben 04. März 2006, 11:35
The Ballad Of Cable Hogue (Abgerechnet wird zum Schluss) ~ USA 1970
Directed By: Sam Peckinpah
Der Goldsucher Cable Hogue (Jason Robards) wird von seinen zwei abtrünnigen Kumpels (L.Q. Jones, Strother Martin) mitten in der Wüste ausgesetzt. Dem Verdursten nahe, entdeckt er eine Quelle, die ihm das Leben rettet und genau auf halbem Wege einer Postkutschen-Linie liegt. Cable eröffnet eine florierende Raststation. Für die Grundstücksrechte muss er in die Stadt, wo er sich in die Hure Hildy (Stella Stevens) verliebt, die sein Glück und sein Verderben bedeutet.
Peckinpahs höchstpersönlicher Lieblingsfilm ist bezüglich seiner stilistischen Einordnung eher untypisch. Zeitlupensequenzen gibt es keine und nur einmal erlaubt der Schnitt sich eine schnelle Gegenmontage (in der Szene, als Cable seine Hildy das erste Mal erblickt). Dafür gibt es ein paar kleine Zeitraffer wie im Slapstickfilm, manche heitere Zwischentöne und ein insgesamt doch sehr lebensbejahendes Weltbild. Peckinpah hat den Film als „Komödie“ bezeichnet. In mancherlei Hinsicht mag diese Bezeichnung zutreffen, alles in allem ist dies aber in der Hauptsache einmal mehr die Geschichte der wahren Pioniere als wandelnde Anachronismen, die sich im übermächtigen Angesicht der Moderne geschlagen geben müssen. So bleibt das Ende, trotz seines absurden Humors, ein sehr bitteres Mahnmal für des Regisseurs Wehmut im Hinblick auf den alten Westen.
Preisgünstig und in keinster Weise „gewaltig“, wie gewohnt, ist „Cable Hogue“ sicher nicht das große Meisterwerk des Regisseurs (da gibt es andere, bekannte Kandidaten), aber für dessen Verständnis als Filmemacher unentbehrlich.
7/10
#213
Geschrieben 04. März 2006, 11:38
Walk The Line ~ USA 2005
Directed By: James Mangold
Anreißung einer biografischer Stationen im Leben des Sängers/Songwriters J.R. (später Johnny) Cash (Joaquin Phoenix). Insbesondere die Drogen- und Alkohol geschwängerten Jahre von seiner ersten Plattenaufnahme bis zur Zusage seiner Kollegin June Carter (Reese Witherspoon), seine Frau zu werden, stehen im Fokus des Erzählten.
Wie ich bereits in einem anderen Eintrag erwähnt habe, mag ich Biopics sehr gern und „Walk The Line" bildet da keine Ausnahme. Filmisch absolut solid und mit Phoenix und Witherspoon (das erste Mal, dass ich die sympathisch fand) kongenial besetzt, bekommt man als Laie einen recht kompakten, äußerst nüchtern dargebotenen Überblick über Cashs zerrissene Persönlichkeit einerseits und seine unnachgiebige Art in der Durchsetzung persönlicher Belange andererseits.
In der Tradition großer Musiker-Biografien wie "The Doors" und zuletzt "Ray" (zudem es ohnehin mehr als eine Parallele gibt) ist "Walk The Line" jedenfalls gleichauf.
8/10
#214
Geschrieben 08. März 2006, 18:10
Brannigan ~ UK 1975
Directed By: Douglas Hickox
Lt. Brannigan (John Wayne) aus Chicago soll einen zur Auslieferung bereit stehenden Gangster (John Vernon) von London zurück in die USA überführen. Erwartungsgemäß geht einiges schief, der Fiesling wird entführt.
Brannigan muss mit Hilfe des Kollegen Swann vom Scotland Yard einige Nüsse knacken, bevor er seine Mission erfolgreich beenden kann.
Im Gegensatz zu "McQ" ein ziemlich farbloser Copfilm, der seine Charaktere gern "liebevoll" veräußern will und dann auch tatsächlich mit einigen netten Humoresken aus der Sparte "Duke vs. UK" punkten kann. U.a. entfacht Brannigan eine zünftige Prügelei in einem Pub, die ebensogut auch in einem Saloon in Dodge City hätte stattfinden können. Alles in allem ist Hickox' nächste Regiearbeit nach dem ungleich glorioseren "Theatre Of Blood" aber doch nur ein mäßig unterhaltendes, vorletztes Vehikel für eine alternde Macho-Ikone, das unter deren Verehrern aber sicher noch einige Anhänger finden wird.
5/10
#215
Geschrieben 08. März 2006, 18:43
North To Alaska (Land der 1000 Abenteuer) ~ USA 1960
Directed By: Henry Hathaway
Die beiden Goldsucher McCord (John Wayne) und Pratt (Stewart Granger) haben endlich das große Los gezogen. McCord, der für ein paar Tage von Alaska nach Seattle überschifft, soll Pratts Braut mit zurück bringen. Diese hat sich jedoch mittlerweile anders verlustiert, so dass McCord auf die Idee kommt, ein anderes Mädchen mitzubringen, um seinem Kumpel die größte Trauer zu ersparen. Dafür soll das Freudenmädchen Michele (Capucine) herhalten, in die McCord sich jedoch selbst verknallt. Zurück beim Claim müssen demnach zunächst einige störende Faktoren, zu denen sich u.a. noch Pratts pubertierender Bruder (Fabian) gesellt, ausgeräumt werden.
Hathaway, ein echter Könner, hat mit "North To Alaska" eine stimmungsmäßig nahe bei Hawks "Hatari!" anzusiedelnde Western-Komödie geschaffen. Er scheut sich nicht einmal, mehrfach ausgemachte Slapstick-Elemente (wie Vögelchengezwitscher beim K.O.) einzufügen, Alkohol-Missbrauch und dazugehörige Gelage werden in höchstem Maße verharmlost. Wayne und Granger spielen hervorragend aufgelegt - das und nur das will der echte Couch-Westmann sehen! Nebenbei ist der Film wunderprächtig fotografiert und mit einem schmissigen Titelstück (Lionel Newman) versehen. Eine feel good - Granate von allerersten Rang.
9/10
#216
Geschrieben 08. März 2006, 19:01
Tenebre ~ I 1982
Directed By: Dario Argento
Um seinen neuesten Reißer "Tenebrae" zu promoten ist der New Yorker Autor Peter Neal (Anthony Franciosa) auf PR-Tour in Rom. Hier geschehen zeitgleich einige barbarische Morde, deren Opfer allesamt (wenn auch teilweise nur äußerst peripher) mit Neals Roman zu tun haben. Der Literat, der bald selbst bedroht wird, begibt sich eigenmächtig auf Mördersuche.
Anstatt seine Trilogie der "3 Mütter" zu beenden, begab sich Argento wieder auf das altvertraute Terrain des Giallo und gebar einen fetzigen Krimi mit harschem Finale und Goblin-Musik. Franciosa und insbesondere John Saxon (deutsch synchronisiert von Werner Kreindl aus der Soko) liefern sympathische Auftritte. So ist meine ewige Lieblingsszene auch die, in der Saxon, der mit Franciosas Film-Frau eine Affäre pflegt, auf offener Piazza und bei hellem Tageslicht auf selbige wartet, nur um dann völlig überraschend und unsichtbar für die übrigen Passanten erdolcht zu werden. Fast ein diametraler Gegenentwurf zu der Königsplatz-Szene in "Suspiria" (wie eigentlich beide Filme im Ganzen sich zueinander verhalten). Insgesamt sicher nicht der größte Wurf des Italieners, aber dennoch sehr ansehnlich.
7/10
#217
Geschrieben 08. März 2006, 19:28
The Wild Bunch (Sie kannten kein Gesetz) ~ USA 1969
Directed By: Sam Peckinpah
Es soll ihr letztes großes Ding werden: Pike Bishop (William Holden) und seine Gang rauben eine Bank aus. Doch der Coup geht katastrophal daneben. Bishops Ex-Partner Thornton (Robert Ryan), nunmehr im Auftrag der Eisenbahngesellschaft unterwegs, stellt den Outlaws eine Falle, welche jedoch nicht vollständig zuschnappt.
Also flüchten die sechs noch Verbliebenen über die mexikanische Grenze, um sich bei Agua Verde von dem verkommenen General und Villa-Gegner Mapache anheuern zu lassen. Als dieser jedoch den jungen Angel (Jaime Sanchez) aus Bishops Gang übel foltert, sehen sich die alternden Gangster an einem moralischen Wendepunkt angekommen ...
Es gibt sie ja, diese Filme voller Momente der Gänsehaut, die man auch zwanzig und mehr Male sehen kann und jedesmal erneut von Ehrfurcht erfüllt gewiss ist, etwas ganz Großem beizuwohnen. Peckinpahs opus magnum gehört ohne Umschweife dazu. Selbst der an Höhepunkten nicht arme Western hat wenige Meisterstücke zu bieten, die es damit aufnehmen können. Formal perfekt bis zur Schmerzgrenze, stimmig bis ins letzte Detail ist "The Wild Bunch" auch ein Initiationsfilm, und das innerhalb eines seinerzeit beinahe toten Genres. Sämtliche von Peckinpahs bevorzugten Themen werden hier zumindest angerissen, hinzu kommt die von ihm erstmalig wirkungsvoll eingesetzte SloMo-Gewaltdarstellung, die immer noch fleißig kopiert wird, in dieser Intensität und Ästhetik (auch aufgrund des Gesamtkontextes) allerdings bis heute einzigartig ist. Außerdem, und das ist ganz besonders bemerkenswert, ist Peckinpah ein ausgesprochener Regisseur von Männerfilmen, ein Ruf, dem er mit diesem seinem Hauptwerk ein absolutes Denkmal gesetzt hat. Mir ist kaum ein Film bekannt, in dem männliche Wertvorstellungen und Rituale so sehr abgefeiert werden, wie hier. Hier finden echte Kerle ihr ganz persönliches Kintopp-Refugium und das ist gut so.
Ein Traum in Scope und Staub.
10/10
#218
Geschrieben 09. März 2006, 16:01
Pat Garrett & Billy The Kid ~ USA 1973
Directed By: Sam Peckinpah
Der Outlaw Pat Garrett (James Coburn) lässt sich von der Rinderbaronen in Lincoln County zum Sheriff wählen. Seine erste Amtshandlung besteht darin, seinen alten Kumpel Billy (Kris Kristofferson) fest zu setzen. Garrett warnt Billy, er möge sich doch bitte aus dem Staub machen, dieser jedoch bleibt seelenruhig vor Ort und wird von Garrett geschnappt. Anstatt jedoch seiner Hinrichtung zu harren, ergreift Billy die erste Gelegenheit zur Flucht. Garret verfolgt Billy (der zunächst über die Grenze verschwinden will, dann jedoch seinen zu Tode gefolterten Freund Paco (Emilio Fernández) in der Prärie findet und zurück reitet) gnadenlos bis er ihn am Ende stellt und erschießt.
Nach meinen gestrigem Lobeslied betreffs "The Wild Bunch" fällt es natürlich schwer, einen noch hymnischeren Gesang zu einem meiner vordersten Lieblingsfilme anzustimmen. Aber es ist so: Müsste ich einen Peckinpah wählen, wäre es trotz vieler anderer Kabinettstückchen dieser und nur dieser.
Um allerdings in jenem spröden, kargen und vermeintlich langweiligen Abgesang auf Freundschaft und alte Zeiten wirklich das Meisterwerk zu erkennen, das es tatsächlich ist, bedarf es eingehender Beschäftigung mit selbigem. Die jedoch möchte ich jedem selbst überlassen. Einer meiner persönlichen fünf größten Momente der Filmgeschichte ist der sterbende Sheriff Baker (Slim Pickens) am Fluss mit der gleichzeitig weinenden und lächelnden Katy Jurado im Hintergrund. Das ist die finale Unterschrift unter dem Todesurteil des klassischen Hollywood-Western.
Im Zusammenhang mit "Pat & Billy" darf allerdings ein biographisches Faktum nicht unerwähnt bleiben: Es war Peckinpahs letzte Arbeit für ein Hollywood-Studio (MGM), nach deren Beendigung ihm zum zweiten Mal (nach Major Dundee) das Künstlerherz gebrochen wurde und auf die er - im wahrsten Sinne des Wortes - pissen konnte. Denn das, was der Manager Jim Aubrey von seiner (vorläufigen) Schnittversion übrigließ, spottete jedem Vergleich mit dem ursprünglich intendierten Werk. Hinzu kommt noch, dass der Regisseur während der Dreharbeiten in Durango dermaßen heftige Alkoholexzesse durchlebte, dass zur zusätzlichen Provokation das bekannte Foto mit Bahre, Kanüle, Tropfer und Whiskeypulle entstand.
Ich habe erstmals die neu geschnittene Version gesehen und bleibe dabei: Der Turner-Cut von '92, der zumindest in weiten Teilen Peckinpahs Vorstellung des Films nahekommt, ist mir nach wie vor der liebste.
Coburns größte Leistung, einige von Bob Dylans schönsten Songs. Punkt. Aus.
10*/10
#219
Geschrieben 11. März 2006, 17:51
The Best Years Of Our Lives (Die besten Jahre unseres Lebens) ~ USA 1946
Directed By: William Wyler
Nach Kriegsende kehren die drei Soldaten Al (Fredric March), Fred (Dana Andrews) und Homer (Harold Russell) nach Hause zurück. Erst am Flughafen lernen sie sich kennen, obwohl alle drei aus derselben Stadt stammen. Die Re-Integration ins Alltagsleben fällt den nicht leicht. Al neigt zum gesteigerten Alkoholkonsum, Fred, im Krieg hochdekorierter Captain der Luftwaffe, muss sich nun wieder mit einem schlecht bezahlten Verkäuferjob zufrieden geben und Homer, der beide Hände verloren hat und an deren Stelle nun Stahlhaken trägt, entzieht sich der Zuneigung seiner Verlobten (Cathy O'Donnell).
Durch eine äußerst ausgedehnte Figurenzeichnung und den Verzicht auf allzu dramatische Szenen kann Wylers Kriegsheimkehrer-Film mit zu den besten seiner Art gezählt werden. Fast 3 Stunden nimmt sich die Geschichte Zeit, über das Verhältnis der Figuren zueinander und wie sich die Persönlichkeit sämtlicher Beteiligter durch das Kriegsgeschehen (sowohl bei den Soldaten als auch bei den Daheimgebliebenen) nachhaltig verändert hat. Wyler lässt es dabei - auch durch seine im besten Sinne unspektakuläre Inszenierung - ganz unverhohlen menscheln und erzählt mal komisch, mal dramatisch diverse Alltagsanekdötchen um seine drei Protagonisten. Daraus hervor sticht insbesondere Harol Russell, der tatsächlich kriegsversehrt war, und eine ergreifend beeindruckende Darstellung vorlegt. Überhaupt ist "The Best Years" in erster Linie ein Schauspielerfilm geworden, und ein wirklich hervorragender dazu.
9/10
#220
Geschrieben 12. März 2006, 11:27
Anchorman - The Legend Of Ron Burgundy ~ USA 2004
Directed By: Adam McKay
Der Nachrichtensprecher Ron Burgundy (Will Ferrell) ist der beliebteste seiner Zunft im schönen San Diego - stets flankiert von seinem Newsteam (Paul Rudd, Steve Carell, David Koechner). Als die neue Kollegin Veronica (Christina Applegate) bei Channel 4 auftaucht, hält Ron diese für keine ernsthafte Bedrohung - schließlich handelt es sich nur um eine Frau. Doch nicht nur, dass er sich heftig verliebt, Veronica beginnt auch langsam, an Rons Popularitätsthron zu sägen.
Herrlich schwachsinniger Schwank, der wie die meisten Frat Pack-Filme einmal mehr krankhaftes Machotum auf die Schippe nimmt. Das Szenario, in dem der Plot angesiedelt ist, wirkt diesmal einerseits völlig aus der Luft gegriffen und andererseits beinahe schon surreal. Das mag auch damit zusammenhängen, dass man, neben der liebevoll ausgestatteten Erzählperiode der Siebziger ausnahmslos völlig überzeichnete Charaktere und Dialoge geboten bekommt. Ferrell mitsamt seinem Support (Paul Rudd, Steve Carrell, David Koechner) ergeben ein begnadetes Comedy-Ensemble; als fast noch toller erweisen sich aber einmal mehr die zahlreichen Cameos, die erwartungsgemäß allesamt grandios pointiert ausfallen. Im Übrigen ist die Wahl des Abschlusssongs selbstredend zum Niederknien.
8/10
#221
Geschrieben 12. März 2006, 17:21
Lady And The Tramp (Susi und Strolch) ~ USA 1955
Directed By: Clyde Geronimi / Wilfred Jackson / Hamilton Luske
Als die verwöhnte Cockerspaniel-Dame Lady für ein paar Tage allein zu Hause gelassen wird, und die ältliche Tante Sarah samt ihren zwei Siam-Katzen den Haushalt entert, brechen schwere Zeiten an für den Vierbeiner. So lernt Lady den Streuner Tramp kennen, mit dem sie zahlreiche Abenteuer erlebt.
Disneys prächtiger Trickfilm (übrigens der erste in CinemaScope) ist ausdrücklich allen Hunden gewidmet (und damit auch deren Herrchen und Frauchen) und wirkt nicht zuletzt deshalb auf mich heute noch genauso bezaubernd wie vor 25 Jahren. Das Vermögen der Zeichner, Tiere absolut zu vermenschlichen, ist hier ganz typisch das A und O der Produktion. Hinzu kommen noch exquisit gemalte Hintergrundbilder von Vorort-Villen und den Hinterhöfen im Italiener-Viertel, die ich erstmals in ihrer ganzen breiten (und restaurierten) Pracht genießen konnte. Dass letztendlich eine sehr erwachsene Geschichte erzählt wird um ein bourgeoises Spießermädchen, das den Verführungskünsten eines herumstreunenden Filous erliegt, macht diesen Disneyfilm zugleich zu einem der subversivsten und auch romantischsten überhaupt.
9/10
#222
Geschrieben 13. März 2006, 20:21
The Return Of The Pink Panther (Der Rosarote Panther kehrt zurück) ~ UK 1975
Directed By: Blake Edwards
Als der "Rosarote Panther" erneut gestohlen wird (diesmal aus einem Museum im Nahost-Staat Lugash), wird Clouseau (Peter Sellers) zurück von seinem Streifenposten in den alten Inspektor-Rang berufen - sehr zum Leidwesen seines Chefs Dreyfus (Herbert Lom), der kurz vorm endgültigen Durchdrehen steht. Erster Verdächtiger für den Raub ist natürlich Sir Charles alias "Das Phantom" (Christopher Plummer), dem Clouseau prompt nachstellt, der seinerseits jedoch selbst den wahren Täter ausfindig machen möchte. Trotz allerlei geschäftiger Verkleidungskunst hat Clouseau nicht den geringsten Plan, derweil sein Diener Kato (Burt Kwouk) ihm ständig und überall auflauert.
Der - unter Aussparung der zu vernachlässigenden '68er Interpretation von Alan Arkin - dritte Film der Clouseau-Reihe ist so erfrischend und herrlich witzig wie eh und je. Peter Sellers brilliert einmal mehr in seiner persönlichen Hassrolle und verfolgt hier weiter den Weg, den er (respektive Blake Edwards) bereits rund 10 Jahre zuvor in "A Shot In The Dark" eingeschlagen hat: Running Gags, Slapstick und vor allem die absolute Blutreizung seines Vorgesetzten (brillant: Lom), der in diesem Teil denn auch endgültig dem Wahnsinn anheim fällt. Das ist zwar weit entfernt von der Spritzigkeit des eleganten allerersten Teils, was "Return" in meinen Augen aber keine qualitativen Abstriche beschert. Zugegeben: Plummer ist kein David Niven (der später in den überflüsigen "Trail" und "Curse" dann trotzdem die Rolle wiederholen sollte, wahrscheinlich, weil der Part Sir Charles' in diesen weniger körperbetont angelegt war als in "Return") und die etwas ernstere Parallelhandlung in Lugash nimmt dem Film etwas von seinem Tempo, aber dies geht unter Berücksichtigung aller Pros in Ordnung.
Von den (inkl. des aktuellen Remakes) zehn Clouseau-Filmen ist jedenfalls nur die Hälfte wirklich "echt" - der vorliegende Beitrag gehört dazu.
8/10
#223
Geschrieben 15. März 2006, 20:19
Holiday (Die Schwester der Braut) ~ USA 1938
Directed By: George Cukor
Die Setons sind eine hoch angesehene, äußerst wohlhabende New Yorker Familie. In diese will, ohne anfänglich von deren Reputation zu ahnen, der junge Johnny Case (Cary Grant) einheiraten. Bald wird ihm schmerzlich bewusst, dass sich hinter dem schönen Schein Oberflächlichkeit, Gefühlskälte, Geldgier und Neurosen verbergen. Und nicht nur das: Der Familienpatriarch (Henry Kolker) beabsichtigt, Johnny möglichst schnell und unauffällig zu assimilieren. Einzig Linda (Katharine Hepburn), die Schwester seiner Verlobten (Doris Nolan) besitzt das richtige Maß an Bodenhaftung ...
Wie so oft bei Cukor gibt es auch hier geschliffene, beinahe pausenlos vorgetragene Dialoge, die im Prinzip den gesamten Film bestimmen. So verwundert es - bei den ausschließlich in Innensettings angesiedelten Szenen ohnehin - nicht, dass "Holiday" ein Bühnenstück ist. Die etwas moralingetränkte Geschichte um den schnöden Mammon und wie er Menschen korrumpiert, hat man in ähnlicher Form auch schon bei Capra gesehen.
Dennoch, als beherzte, ansprechende und vor allem intelligente Unterhaltung geht diese Tragikomödie absolut durch, was Wunder bei der Besetzung und Regie (die in derselben Konstellation 2 Jahre später das Wunderwerk "The Philadelphia Story" präsentieren sollten). Beweise dafür, dass Grant und Hepburn ganz besonders harmonierten, gibt es ja ohnedies mehr als genug.
8/10
#224
Geschrieben 15. März 2006, 20:50
Isle Of The Dead (Die Toteninsel) ~ USA 1945
Directed By: Mark Robson
Während der Balkankriege anno 1912 landet der griechische General Pherides (Boris Karloff) auf einem Eiland vor der Küste, wo er das Grab seiner Frau besuchen will. Doch nicht nur, dass das Mausoleum inkl. der Leichen leergeräumt wurde, Pherides muss feststellen, dass auf der kleinen Insel, deren einzige Bewohner die internationalen Gäste einer Pension sind, eine tödliche Seuche ausgebrochen ist. Um seine Truppen nicht zu gefährden, stellt Pherides die Insel unter Quarantäne. Die abergläubische Haushälterin Kyra (Helen Thimig) ist überzeugt, dass hinter den Vorfällen eine Mythengestalt names Vorvolaka steckt, die sich hinter Gestalt der jungen Thea (Ellen Drew) verbirgt. Langsam geht Pherides auf die suggestiven Äußerungen Kyras ein ...
Robsons Film aus Lewtons RKO-Zylus weist nur wenige Horrorelemente auf, die erst gegen Ende als schönste Stilblüten hervortreten. Zuvor ist "Isle Of The Dead" ein kammerspielartiges Drama, dass gleich mehrere Topoi thematisiert: Fanatischen Militarismus vor Kriegskulisse, Mythen und deren Ausbeutung, Klaustrophobie, Hetzertum, Wahn. Ein bisschen viel für einen 70-minütigen Film, aber dennoch recht sehenswert dargeboten. Die Vorvolaka, die es im Übrigen bei ihrer irrealen Herkunft belässt, hat wohl nicht von ungefähr einen ganz ähnlichen Wortstamm wie Tolstois "Wurdelak" (als der Karloff - eine interessante Parallele - ja Jahre später bei Bava zu sehen sein wird), handelt es sich doch bei beiden um mythologische, vampirähnliche Wesen, die eher unfreiweillig die Welt der Sterblichen heimsuchen. In "Isle Of The Dead" erklärt sich jedenfalls alles ganz rational. Ein bisschen schade. Offenbaren doch gerade die letzten 10 Minuten, welches Potential tatsächlich in der Geschichte gesteckt hätte.
6/10
#225
Geschrieben 19. März 2006, 16:09
Roma A Mano Armata (Die Viper) ~ I 1976
Directed By: Umberto Lenzi
Comissare Tanzi (Maurizio Merli) fackelt nicht lang, wenn es darum geht, kriminelle Elemente in die Schranken zu weisen. Im Allgemeinen nutzt er dazu seine Fäuste - wenn es hart auf hart kommt, wird jedoch mitunter auch die Kanone gezückt. Gleich mehrere Fälle muss er parallel klären, darunter den Mord an einem Mädchen per Überdosis, einen Banküberfall sowie die Entführung eines Juweliers. Dahinter steckt der bucklige, ziemlich durchgedrehte Moretto (Thomas Milian), mit dem Tanzi ohnehin noch mehrere Hühnchen zu rupfen hat ...
Umberto Lenzi war ja mal ein wahrer Spezialist für Poliziottesci, bevor er sich dann dem Horrorgenre zuwandte und einen - machen wir uns nichts vor - ziemlich unaufhaltsamen Abstieg erlebte. Richtig gutes Handwerk bieten nach wie vor seine 70er-Krimis, darunter auch diese Geschichte um den halbfanatischen, römischen Kommissar Tanzi (der in der deutschen Version "Ferro" heißt), welcher von Re-Sozialisierung und ähnlichem modernen Schnickschnack gar nichts hält. Die Realität gibt ihm aber auch immer wieder recht. "In der Besserungsanstalt hätten sie sich sicher wohler gefühlt als auf dem Friedhof", ist einer seiner trockenen Kommentare. Merli bleibt in seiner Rolle ziemlich ausdruckslos und kann ihr mit seinem spießigen Scheitel und dem sorgsam frisierten Schnorres kaum Charakter verleihen, was letztendlich aber auch nicht weiter stört. Die wahren Stars sind ohnehin die Fieslinge, neben Ivan Rassimov, der gar nicht anders kann, als verführerisch-gemein dreinschauen, der bereits erwähnte, fantastische Milian (der als "il gobbo" aussieht wie eine frühe Mischung aus Helge Schneider und Jürgen Drews) etwa. Milian sollte den Part des Buckligen in einem Prequel, das Lenzi 2 Jahre später ins Kino brachte, wiederholen.
Ansonsten: Klasse Titelthema, Zooms galore, angemessenes Tempo. Sauber.
7/10
#226
Geschrieben 19. März 2006, 16:29
The Ice Pirates (Krieg der Eispiraten) ~ USA 1984
Directed By: Stewart Raffill
Nach den "großen interplanetarischen Kriegen" ist Wasser das kostbarste Gut im All. Nur auf dem Planeten Mithra gibt es davon noch Vorräte. Die bösen Templer, die diese kontrollieren, sind daran interessiert, an dem status quo nichts zu ändern. Nur einige rebellische Piraten, darunter der flotte Jason (Robert Urich) und seine Gang (u.a. Michael D. Roberts, Ron Perlman, Anjelica Huston) haben etwas dagegen. Ebenso die fesche Prinzessin Carina (Mary Crosby), deren verschollener Vater die legendäre 7. Welt, auf der es noch H2O in Hülle und Fülle gibt, entdeckt hat. Zusammen macht man sich auf, das Quasi-Paradies zu finden ...
Es steckt ein bisschen sehr viel Fernsehen drin, in dieser ansonsten hübschen Trash-Komödie, die etliche Sci-Fi-Vorbilder der letzten paar Jahre zitiert. Zwar sind schon zahlreiche Ansätze zum durchweg gelungenen Anarcho-Vergnügen vorhanden, aber man merkt der Produktion und auch den Hauptdarstellern das ein ums andere Mal ihre TV-Herkunft nur allzu deutlich an. Trotzdem kann man über so manches Witzchen, wie die Eunuchen und die Kastriermaschine, den Weltraum-Herpes und vor allem den Showdown im Mahlstrom der Zeit heute noch ebenso gut lachen wie vor 20 Jahren. Trotz ihrer - nennen wir es mal vorsichtig - limitierten schauspielerischen Fähigkeiten haben die meisten Akteure offenbar sichtlich großen Spaß an der kruden Geschichte gehabt, was den "Ice Pirates" letztendlich doch wieder gut zu Gesicht steht. Gleiches gilt für die sichtbar preiswerten Kulissen und Miniaturmodelle, die im Rahmen der Komödie natürlich ruhig etwas stoffelig aussehen dürfen. Was soll ich groß drumherum reden - ich hatte meinen Spaß.
7/10
#227
Geschrieben 19. März 2006, 22:22
Blind Fury (Blinde Wut) ~ USA 1989
Directed By: Phillip Noyce
Der Vietnam-Veteran Nick Parker (Rutger Hauer) hat im Krieg sein Augenlicht verloren, ist dafür aber von Eingeborenen zu einem formidablen Schwertkämpfer ausgebildet worden, dessen übrige Sinne messerscharf sind. Zwanzig Jahre später hilft er seinem Kriegsfreund Frank (Terry O'Quinn) und dessen Sohn (Brandon Call) gegen üble Verbrecher (u.a. Noble Willingham, Randall Cobb), die Frank zur Herstellung einer chemischen Droge zwingen.
Der Australier und Regie-Routinier Noyce hat unterschiedlichste Filme gemacht, Höhepunkt seines Schaffens dürfte nach wie vor der sauspannende Hochsee-Thriller "Dead Calm" sein. Fast zeitgleich entstand diese fluffig-entspannte Action-Comedy mit einem nicht nur behinderten, sondern auch noch selbstironisch auftretenden Helden. Die sehr klischeebehaftete Plotkonstellation, die zunächst einen road trip von Rutger Hauer und dem (aus - uaarghh - "Baywatch" bekannten) Bengel vorsieht, lässt einen Schlimmstes befürchten. Doch weit gefehlt - die Beziehung der beiden vertieft sich erst nach einigen gegenseitig ausgespielten Gemeinheiten. Witzisch. Dass bei dem noch halbwegs gesunden Maß an Gefühlsduseleien auch die mitunter derb-humorigen Fight-Sequenzen nicht zu kurz kommen, versteht sich von selbst. Am Ende ließ man sogar Sho Kosugi, der ein rasches, unrühmliches Ende findet, gegen den Helden antreten. Nett ist auch der Auftritt von "Stepfather" Terry O'Quinn (in den Credits als "Terrance" aufgeführt) als das wandelnde schlechte Gewissen Amerikas.
6/10
#228
Geschrieben 20. März 2006, 20:24
The Silencers (Leise flüstern die Pistolen) ~ USA 1966
Directed By: Phil Karlson
Matt Helm (Dean Martin), Geheimagent im Ruhestand von der Spionageabwehr ICE, muss reaktiviert werden, als die Terrorrganisation "Big O" sich anschickt, die Weltmächte gegeneinander aufzuhetzen. Dabei gibt es massig Scotch und flotte Bienen (u.a. Stella Stevens u. Daliah Lavi).
Auftakt zu einer vierteiligen Agentenserie, die sich wohl i.e.L. als Parodie im Fahrwasser von James Bond versteht. Der Stil des britischen Superspions geht dem US-Pendant natürlich ab. Auch das Budget, das Helm nur erlaubt, sich auf US-amerikanischem Grund und Boden zu bewegen, betrug offensichtlich nur einen Bruchteil desselben bei 007. Aber, und das ist ja mindestens ebenso wichtig: Hier gibt's den Dino und der hat seine Schnapsbar immer in Reichweite: Ob versteckt in einem überdimensionalen Stück Seife, hinter dem Fahrersitz seines Kombis oder mobil am Pool - der Stimmungsheber ist nie fern. Dazu dudeln alle Nase lang hübsche Songs von Martin, die einem, sofern man sie mag, durchaus das Vergnügen nochmal potenzieren. Und dass es trotz der holprigen Inszenierung und der erwähnt niedrigen Preisklasse stylishe Dekors und Garderobe zu bestaunen gibt, ist dann noch eine weiteres Plus.
Gediegenes Amüsement für Fans des alten Vegas-Adels.
7/10
#229
Geschrieben 22. März 2006, 19:54
Gruppo Di Famiglia In Un Interno (Gewalt und Leidenschaft) ~ I 1974
Directed By: Luchino Visconti
In einem großen Wohnhaus in Rom lebt - ganz in sich und seine Welt versunken, ein alternder Kunsthistoriker und Professor (Burt Lancaster), jeweils zur Hälfte amerikanischer und italienischer Abstammung. Eines Tages überredet ihn eine hektisch auftretende Gräfin (Silvana Mangano), ihr die Wohnung oberhalb seiner eigenen zu vermieten. Zusammen mit deren wesentlich jüngerem Liebhaber (Helmut Berger), ihrer Tochter (Claudia Marsani) und einem weiteren jungen Mann (Stefano Patrizi) ändert sie nicht nur fast eigenmächtig den Grundriss der Wohnung, sondern infiltriert und vereinnahmt zunehmend das Leben des Professors. Dieser reagiert zunächst mürrisch auf die unwillkommene Gesellschaft, beginnt jedoch bald, seine in vermeintlicher Altersweisheit festgefahrene Lebenssituation zu überdenken.
Viscontis Alterswerk (und sein vorletzter Film) trägt deutlich biographische Züge: Die Figur des stillen, behäbig wirkenden Bildungsbürgers, die Lancaster wie im absoluten Gegensatz zu seinen draufgängerischen Hollywood-Rollen verkörpert, ist auch ein Spiegelbild des Regisseurs. Die Konfrontation mit den jüngeren Generationen birgt dabei deutliches Konfliktpotential, hat aber auch positive Einflüsse. Im Angesicht des "jungen Blutes", das fortan sein Haus bevölkert, beginnt der Professor, aus seiner Lethargie zu erwachen und sich nach und nach aus seiner Einsamkeit zu verabschieden. Schließlich ist er, nach diversen autoreflexiven Rückbesinnungen, sogar bereit, das laute, unwirsche Quartett als seine Ersatzfamilie anzunehmen.
Der oberflächlich harmonisch wirkenden Konstellation funkt jedoch die mangelnde Gruppendynamik dazwischen: Die Marchesa ist nebenbei noch immer Gattin eine rechtsgerichteten Großindustriellen, ihr Gigolo hingegen ein durch und durch subversives Element mit zwielichtigen Verbindungen und 68er-Vergangenheit. Die promiskuitive Haltung sämtlicher Beteiligter (bis auf den Alten) durchkreuzt dann endgültig das eben gewonnene Glück. Damit verliert der Professor seine letzte Chance zur Verjüngung.
Ein sehr bitteres Ende, nicht ohne die Visconti-typische, politische Implikation wider den Faschismus. Dieser raubt, so die letzte, unleugbare Wahrheit, nichts weniger als die Luft zum Atmen.
Es bedarf nicht viel, die formale Meisterschaft des Films zu registrieren und anzuerkennen, allein zum emotionalen Verständnis fehlen mir wohl noch ein paar Lebensjahre.
8/10
#230
Geschrieben 23. März 2006, 21:09
The Leopard Man ~ USA 1943
Directed By: Jacques Tourneur
Eine Kleinstadt in New Mexikco: Um seiner Freundin Kiki (Jean Brooks), einer Nachtclub-Sängerin, einen glamourösen Auftritt zu verschaffen, entleiht sich deren Freund und Manager Jerry (Dennis O'Keefe) einen schwarzen Leoparden, den sie an der Leine führen soll. Ihre Konkurrentin, die Flamenco-Tänzerin Clo-Clo (Margo) erschreckt neiderfüllt das Tier mit ihren Kastagnetten. Verängstigt büchst der Leopard aus und macht fortan das Städtchen unsicher. Doch bald kristallisiert sich heraus, dass hinter den bald auftretenden Todesfällen (zumindest hinter dem 2. und 3.) keineswegs ein Vierbeiner stecken muss ...
Nach den ungleich bekannteren "Cat People" und "I Walked With A Zombie" Tourneurs 3. Regiearbeit für Lewton / RKO. Eine Schande, dass dieses poetische Kleinod so im Schatten der beiden - zugegeben - großartigen Vorgänger untergegangen ist. Was Tourneur hier aufbietet, ist schon wunderbar: Seine vornehmlich im Latino-Milieu angesiedelte Geschichte, die nur sehr wenig gothic horror, sondern vielmehr Elemente des Dramas und des film noir aufweist, kreist um existentielle Fragen wie Rivalität, Schuld und Sühne. Untermalt von dem ewigen Geklaper der Kastagnetten, das sich leitmotivisch durch das Ravel - beeinflusste Titelthema und schließlich durch den gesamten Film zieht, entspinnen sich unnachahmlich schöne Bilder vom Vollmond und schattigen Straßen, die unschwer als Studiokulisse identifizierbar sind. Gerade die artifizielle Ausgestaltung des Films (es gibt nebenbei keine Außenaufnahmen und kaum Totalen) beschert ihm aber ein unverwechselbares Aussehen und jenen ganz einzigartigen Charakter zwischen B-Film und schwarzweißer Lyrik.
9/10
#231
Geschrieben 25. März 2006, 11:55
A History Of Violence ~ USA 2005
Directed By: David Cronenberg
Als er zwei brutale Psychopathen (Stephen McHattie, Greg Bryk), die sein Kleinstadt-Diner ausrauben wollen, abknallt, steht Tom Stall (Viggo Mortensen) zunächst als Held da. Kurz darauf kreuzen aber noch ein paar bedrohliche Gestalten auf, darunter der bös vernarbte Fogarty (Ed Harris), die behaupten, Stall hieße in Wirklichkeit "Joey Cusack" und hätte eine Vergangenheit als Killer in Philadelphia. Tom bestreitet die Anschuldigungen vehement, doch als er auch diese drei Gangster auf professionellste Art und Weise erledigt, ahnt seine Frau (Maria Bello), dass Tom ihr die Wahrheit verschweigt ...
Cronenberg ist doch merklich zurückhaltender geworden im Alter. Schon mit "Dead Ringers" deutete sich eine (zumindest in visueller Hinsicht) sanftere und universellere Herangehensweise an seine ehedem bevorzugten, vornehmlich abseitigen Motive an. Nun nimmt er auch noch von diesen Abstand. Zudem reiht er sich in die Gilde der vielen Regisseure ein, die sich an Comicverfilmungen versuchen. Aber warum nicht, wenn eine solch gelungene Arbeit dabei herausspringt? Revolutionen muss man von dem Mann nicht mehr erwarten, die hat er zur Genüge entfacht. An den "alten" Cronenberg erinnern nur ein paar seltene drastische Bilder, die aber so auch schon in der Vorlage von John Wagner zu finden waren.
Zumindest die allgemeine Düsternis hat er sich bewahrt, mit dieser so hell und angenehm beginnenden Geschichte vor herbstlichem Hintergrund. Nur vorgeblich kreist "A History" um die Identitätskrise des Protagonisten, vielmehr geht es um die Dekonstruktion der Institution 'Familie', und selbst die alte Anlage-Umwelt-Debatte bekommt neuen Zündstoff.
Ganz toll war mal wieder Ed Harris, der spätestens seit seinem "Pollock" zu meinen Lieblingsschauspielern zählt.
8/10
#232
Geschrieben 27. März 2006, 21:32
Curse Of The Fly (Der Fluch der Fliege) ~ UK 1965
Directed By: Don Sharp
Die frankokanadische Delambre-Familie setzt in dritter und vierter Generation ihre Experimente mit den Transmittern fort - obwohl bisher doch schon soviel schief gegangen ist mit den Dingern. Jüngst hat man eine der Transport-Boxen in London aufgestellt, während die andere in Kanada steht. Leider laufen die Experimente wiederum nicht sehr glücklich ab: Zwar weiß man es nunmehr zu vermeiden, dass sich irgendwelches Getier mit auf die Reise macht, aber die Atomisierung hat auch so ihre Tücken: So muss der junge Martin (George Baker), der selbst noch mit der Hybriden-DNS zu kämpfen hat, seiner Verlobten (Carole Gray) allerlei Geschichtchten erzählen, damit diese nicht hinter das schreckliche Geheimnis der Mutanten im Gartenhäuschen kommt ...
Der dritte und letzte Beitrag der alten "Fly"-Serie ist mit einigen Jährchen Abstand in den englischen Shepperton-Studios entstanden. Unter Verzicht auf den zugkräftigen Vincent Price (immerhin ist diesmal "Quatermass" Brian Donlevy mit dabei), geht auch einiges der Qualität, die selbst noch dem ersten, schon wesentlich billigeren Sequel innewohnte, verlustig. Dabei gibt es auch klare Pluspunkte: Die Eingangssequenz, in der die Gray aus der Irrenanstalt entflieht und vor den Credits in SloMo und Unterwäsche durch den Park läuft, hat etwas geradezu überästhetisches. Und auch sonst schimmern immer wieder grandiose Ansätze durch. Zu vermelden ist noch, dass Sci-Fi und Horror bestenfalls noch bruchstückhaft vorhanden und eher dem kitschigen Drama gewichen sind. Die Endszene jedenfalls, in der die zwei Brüder jeweils zu unterschiedlichen Teilen (und auf - hehe - äußerst einfallsreiche Weise) den furchtbaren Tod des Vaters zu verantworten haben, ist schon ein toller Einfall, den ich in den beiden Neuverfilmungen immer vermisst habe.
Als Komplettist kann man "Curse" jedenfalls gut im Regal haben und er führt den endgültigen Niedergang der Delambres zumindest unterhaltsam herbei.
5/10
#233
Geschrieben 27. März 2006, 22:02
Into The Night (Kopfüber in die Nacht) ~ USA 1985
Directed By: John Landis
Nicht nur, dass er unter akuter Schlaflosigkeit leidet und ein grenzdepressives Leben mit einem fürchterlich langweiligen Job führt: Jetzt findet Ed Okin (Jeff Goldblum) auch noch heraus, dass seine Frau (Stacey Pickren) ihn nach Strich und Faden betrügt. Bei einer im Grunde ziellosen nächtlichen Fahrt Richtung Flughafen gabelt er Diana (Michelle Pfeiffer) auf, die auf der Flucht ist vor einem iranischen Mörderquartett (u.a. John Landis). Es folgt eine irrwitzige 36-stündige Odyssee durch das nächtliche Los Angeles, an der englische Killer (David Bowie), französische Gangster (Roger Vadim), altersschwache Lustgreise (Richard Farnsworth) inkl. dämlicher Bodyguards (Jake Steinfeld) und eine persische Verbrechermatrone (Irene Papas) beteiligt sind.
"Into The Night" ist die filmische Definition der lakonischen Komödie, mit dem König der Lakoniker, Jeff Goldblum, in der Hauptrolle. Der gibt den Insomnie-Kranken mit Zeitlupen-Lidaufschlag und einer Selbstverständlichkeit, die ich nur noch als genial bezeichnen kann. Landis nimmt so viel aufs Korn, dass man unerfahrenen Blickes kaum noch mitkommt. Ganz besonders Hollywood itself hat es ihm angetan, in einer Szene wird die Traumfabrik aufs Herrlichste und ohne böszungige Denunziation demystifiziert. Und die irren Nebenfiguren: In nahezu jeder Einstellung taucht eine auf (meistens sogar mehrere). Völlig übertrieben und gerade deshalb so toll.
Was sich da fürderhin (inbesondere an befreundeten Regisseuren) alles in Cameos rumtreibt, ist beinahe schon aberwitzig. Man kann daraus direkt ein Spiel machen: Wer erkennt die meisten Gesichter? Dabei stets der Landis-typische Witz inklusive der üblichen Selbstreferenzen: Das obligatorische Poster zu dem fiktiven (Porno-)Streifen "See You Next Wednesday" (kommt in jedem seiner Filme vor) fehlt ebensowenig wie die "Girl From Ipanema"-Szene und die Blues-Hommage - diesmal in Form mehrerer Einspieler von B.B. King. Passend zum Film hat Landis einen Clip zu "Lucille" gefilmt, in dem sich neben dem Protagonisten-Pärchen auch Dan Aykroyd, Steve Martin und Eddie Murphy an den Instrumenten tummeln. Meines Wissens ist dies nebenbei der einzige Film, in dem Landis sich selbst eine kleine Rolle zugeteilt hat, nicht allerdings, ohne sich am Ende blutigst niederschießen zu lassen.
Manch einer mag "Into The Night" ja philisterhaft als durchschnittlich oder gar langweilig bezeichnen, ich halte ihn innerhalb seines Genres für einen der (wenn nicht den) witzigsten, gescheitesten und erwachsensten Beiträge überhaupt.
10*/10
#234
Geschrieben 29. März 2006, 20:38
The Nightcomers (Das Loch in der Tür) ~ UK 1972
Directed By: Michael Winner
Nachdem ihre Eltern gestorben sind, haben die beiden auf einem entlegenen englischen Landsitz lebenden Geschwister Flora (Verna Harvey) und Miles (Christopher Ellis) keine erwachsene Bezugsperson mehr. Also erwählen sie den Gärtner Quint (Marlon Brando) und ihre Gouvernante Miss Jessel (Stephanie Beacham) zu neuen Rollenmodellen. Diese beiden jedoch pflegen ein etwas abseitiges, sado-masochistisch geprägtes Verhältnis, das die Kinder mit wachsender Faszination beobachten und nachstellen. Sie interpretieren die zwischen Hingabe und Schmerz befindliche Beziehung auf ihre naive Art und Weise und finden, dass man es konsequent zu Ende führen müsse ...
Bei dem Namen Michael Winner denke ich zunächst immer unwillkürlich an Bronson mit Ballermann. Und tatsächlich nimmt "The Nightcomers" eine eher ungewöhnliche Stellung in Winners Schaffen ein, handelt es sich hier doch um ein durch und durch von britischer Atmosphäre geprägtes, an klassischer Gruselliteratur orientiertes Werk. Henry James' Novelle "The Turn Of The Screw", die bereits einige Jahre zuvor unter dem Titel "The Innocents" verfilmt worden war, stellt die inhaltliche Prämisse dar, auf der dieses Prequel beruht. Erzählt wird (aus einer eher psychoanalytisch gehaltenen Sicht) die Vorgeschichte der seltsamen Ereignisse auf Bly Hall, in schöner, erdiger Photographie und nicht ohne ironische Spitzen wider die steife viktorianische Ära. Zwar muss man sich am Ende fragen, ob ebendiese Idee tatsächlich genügend Stoff für einen derartigen Film liefern konnte (einige Längen sind unübersehbar), interessant ist das ganze, gerade für Kenner und Freunde der Vorlage, aber allemal. Der zunehmend exzentrische Brando spielt hier gewohnt lässig auf und verleiht dem proletarischen, gottlosen, aber doch herzlichen Quint ein passendes Antlitz. Die Beacham hingegen ist eher blass, passend zur englischen Landschaft.
6/10
#235
Geschrieben 29. März 2006, 20:59
Ercole Al Centro Della Terra (Vampire gegen Herakles) ~ I 1961
Directed By: Mario Bava / Franco Prosperi
Hercules (Reg Park) muss seine Geliebte (Leonora Ruffo) dem unheilvollen Einfluss ihres sinistren Onkels Lyco (Christopher Lee) entreißen. Zu diesem Zwecke, genauer gesagt, um den lebenden Stein zu beschaffen, reist er mit seinen beiden Kumpels Theseus (George Ardisson) und Telemach (Franco Giacobini) in den Hades. Dort gilt es, steinerne Monster, faulige Moore, blutendes und stöhnendes Gestrüpp, sowie Plutos sehnsüchtige Tochter (hübsch: Marisa Belli) zu überwinden.
Im Grunde ein weiterer, typisch infantil-dämlicher Muskelprotz-Sandalen-Schinken, über den diesmal allerdings Maestro Bava sein zielsicheres Auge gehalten hat. So leuchtet die Unterwelt in schönstem Grün und Violett und es ist einmal mehr ein Augenschmaus, wie mit günstigsten Mitteln ein Maximum an Atmosphäre geschaffen werden kann. So sehr das ästhetische Empfinden schnurrt, so qualvoll leidet die Kognition - leider strotzen die Dialoge, und das ist trotz der (gewohnten) stilistischen Finesse unentschuldbar, nur so vor Einfalt und unfreiwilligem Humor. Hinzu kommen die absolut flachgeistigen Auftritte von Giacobini, die vollkommen redundant erscheinen. Aber ich möchte den Film jetzt gar nicht schlechter machen als er ist. Wahrscheinlich habe ich mich vielmehr besser amüsiert als es nun den Anschein macht. Auch handelt es sich schließlich immer noch um einen Bava, und zwar einen unverkennbaren. Und dem ist man ja von Haus aus wohlgesonnen.
6/10
#236
Geschrieben 30. März 2006, 21:11
The Innocents (Schloss des Schreckens) ~ UK 1961
Directed By: Jack Clayton
Miss Giddens (Deborah Kerr) ist die neue Gouvernante der beiden Waisenkinder Flora (Pamela Franklin) und Miles (Martin Stephens), die auf dem entlegenen Gut Bly aufwachsen. Schnell merkt die kinderfreundliche Dame, dass mit den beiden Zöglingen etwas nicht stimmt und entlockt der alten Haushälterin Mrs. Grose (Megs Jenkins), dass der ehemalige Verwalter Quint und Giddens Vorgängerin Miss Jessel, beide vor rund einem Jahr verstorben, nicht nur ein ziemlich sittenwidriges Verhältnis, sondern auch einen sehr unheiligen Einfluss auf das Geschwisterpaar pflegten. Besonders der altkluge Miles neigt zu Sadismen und deftigem Wortschatz. Miss Giddens beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen ...
Nach Winners eigenwilliger Interpretation des Stoffs nun mal wieder das "Original". Claytons Gruselklassiker gehört nach wie vor zum besten, was das Spukhausgenre je hervorgebracht hat. Der Film bietet dermaßen suggestive Schauermomente, mit gezielten akustischen und visuellen Effekten, dass auch nach 45 Jahren selbst abgebrühte Zuschauer den einen oder anderen Nerv einbüßen sollten.
Nach bereits 5- oder 6-maliger Sichtung hatte ich heute erstmals das Vergnügen, den Film in voller Breite zu sehen, was in Anbetracht von Freddie Francis' Bildern eigentlich unverzichtbar ist. Jener zählt zu den renommiertesten Künstlern seiner Zunft und wirft in Claytons gotischem Nagelkauer mit psychologischem Unterbau sein ganzes, gewichtiges Können in die Wagschaale. Wie die Kerr mit einem mehrarmigen Leuchter durch das nächtliche Herrenhaus stolpert, ständig auf der Suche nach der Ursache des permanenten Gekichers und Gestöhnes, das ist von einer schaurigen Schönheit, die ihresgleichen sucht. Außerdem, und dies ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, lässt der Film am Ende einen großen interpretatorischen Freiraum. So darf man auch nach dem Abschalten noch auf Spuren- und Sinnsuche gehen. Ich deutete es bereits an: Meisterlich.
10/10
#237
Geschrieben 01. April 2006, 20:43
Soleil Rouge (Rivalen unter roter Sonne) ~ F/I/E 1971
Directed By: Terence Young
Ausgerechnet in dem Zug, den Link (Charles Bronson) und seine Bande überfallen, sitzt eine japanische Abordnung, die dem Präsidenten der Vereinigten Staaten ein goldenes Samuraischwert als Geschenk übergeben soll. Gauche (Alain Delon), einer von Links Männern, stiehlt das Schwert und lässt Link verletzt zurück. Dieser macht sich gezwungenermaßen mit dem Samurai Kuroda (Toshiro Mifune) auf die Suche nach Gauche und dem Schwert.
Mit seiner interkontinalen Besetzung konnte "Soleil Rouge" seinerzeit einen echten Coup landen. Neben den drei männlichen Hauptdarstellern sind noch Capucine und Ursula Andress (erfreulich freizügig) zu sehen, womit einige der damals weltweit beliebtesten Stars gemeinsam auftraten. Die Geschichte ist mal was anderes und bezieht ihren Charme natürlich in erster Linie aus der Buddy-Kombination Bronson / Mifune, deren Charaktere bewusst äußerst gegensätzlich angelegt sind. Trotzdem kann man den Verantwortlichen nicht gerade unterstellen, durchweg große Sorgfalt walten gelassen zu haben. Es gibt zahlreiche technische Patzer (was Schnitt, Kameraeinstellungen und Szenenanschlüsse anbelangt), die dem Regisseur drei hervorragender Bond-Filme eigentlich nicht hätten unterlaufen dürfen. A propos Bond ist "Soleil Rouge" ein richtiges Klassentreffen: Neben dem Regisseur sind aus "Dr. No" noch die erwähnte Andress und Anthony Dawson dabei.
Trotz besagter Schwächen vermag der Film es aber dennoch, vergnüglich zu unterhalten und auch wenn die Action rar gesät ist, kommt sie zumindest knackig und sauber rüber.
7/10
#238
Geschrieben 03. April 2006, 13:49
King Kong ~ USA 2005
Directed By: Peter Jackson
Eine seltsame Besatzung fährt auf der 'Venture' Richtung Skull Island, darunter der Regisseur und Glücksjäger Denham (Jack Black), sein Drehbuchautor Driscoll (Adrien Brody) und die hübsche, aber erfolglose Komödiantin Ann Darrow (Naomi Watts). Denham verspricht sich, auf der offiziell unentdeckten Insel einige spekatakuläre Aufnahmen für sein neuestes Filmprojekt machen zu können. Auf Skull Island angekommen, sehen sich Filmteam und Schiffsbesatzung mörderischen Eingeborenen sowie einer prähistorischen Fauna nebst gigantischem Gorilla gegenüber. Der riesige Primat verliebt sich in Ann und schützt sie vor zahlreichen Gefahren. Denham hingegen denkt nur ans Geld und verfrachtet das Tier mit dem Ziel größtmöglicher Vermarktung nach New York. Dort bricht 'Kong' aus und verwüstet die New Yorker Straßen, bis er am Ende von Flugjägern vom Empire State Building geschossen wird.
Musste den Film erstmal die Nacht über sacken lassen, um heute meine Eindrücke halbwegs geordnet niederschreiben zu können. Zunächst: Am Thron des Originals und auch des ersten Remakes kann Jacksons Neuverfilmung zumindest zum jetztigen Zeitpunkt bei mir nicht sägen. Dafür kenne und schätze ich die beiden Vorgänger zu sehr und bereits viel zu lang. Das bedeutet aber keineswegs, dass es sich beim Kong des neuen Jahrtausends um ein enttäuschendes Erlebnis handelt, ganz im Gegenteil. Jackson berücksichtigt ganz viele Aspekte, um der Schoedsack/Cooper - Version Respekt zu zollen: Es gibt die volle Breitseite romantischer Naivität, eine ausgedehnte Vorstellung der Hauptcharaktere (für die sich der Film in einer beinahe schon unverschämt langen Exposition Zeit nimmt), erwartungsgemäß erstklassige Tricks und hier und da ein bisschen grellbunten Jackson-Mumpitz. Insgesamt hat man so eine dramaturgische tour de force, die kaum Zeit zum Atemholen lässt. Ständig gibt es neue Attacken von irgendwelchen Urviechern, wobei einzelne Einstellungen detailgetreu der 33er Version entsprechen.
Offenbar kam es Jackson auch nicht darauf an, im Vergleich zum 76er neue Ansätze und Variationen zu finden. Bei jenem wurde das Setting in die Gegenwart gelegt und mit Kommentaren zur Energiekrise und imperialistischem Großgernetum ausgestattet. Den Neuseeländer verschlägt es zurück in die Depression. Das New York der 30er lässt er dabei möglichst unverkennbar wiederauferstehen (fühlte mich an seine Pseudo-50er-Wellington-Bilder aus "Braindead" erinnert) und die Geschichte um das arme, aber ehrliche Starlet, das 'nen Appel klaut wirkt heute noch genau so rührend-blöde wie anno dazumal. Nun hat Jacksons Fassung aber doch einen Wundertüteneffekt gegenüber beiden anderen Fassungen. Erstmals wird die Liebesgeschichte zwischen dem Biest und der Schönen wirklich herzzereißend dargestellt, dieser unmöglichen Romanze ohne viel Umschweife der gebührende Platz eingeräumt. Vorbei ist die Zeit der vorsichtigen Deutungen und Symbolsuche: Nunmehr hat der Affe wirklich was los bei der weißen Frau! Und mal ehrlich, was ist gegen einen solch omnipotenten Lover schon ein blass dreinglotzendes Luftkotelett von einem Adrien Brody? Richtig: Zweite Wahl. Am Ende wurde ich jedenfalls so andächtig und traurig wie noch nie nach einem Kong-Film und das beweist mir doch seine emotionale Größe.
8/10
#239
Geschrieben 03. April 2006, 20:53
Harry Potter And The Goblet Of Fire (Harry Potter und der Feuerkelch) ~ USA 2005
Directed By: Mike Newell
In seinem vierten Jahr in Hogwarts geht's für den Zaubereleven heiß her: Harry (Daniel Radcliffe) muss das "Trimagische Turnier" dreier Zauberschulen bestreiten. Schon die Bedingungen seiner Teilnahme verheißen nichts Gutes, hinzu kommen erste pubertäre Wallungen, die auch seine Kumpels Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) nicht unberührt lassen. Am Ende wird Harry sogar Zeuge wie Lord Voldemort (Ralph Fiennes), der Mörder seiner Eltern, ins Leben zurückkehrt und gleich wieder Unheil stiftet ...
Freunde der ersten drei Verfilmungen werden auch diese Fortsetzung mögen. Why not? Im Grunde gleichen sich die Filme, abgesehen von wenigen Qualitätsschwankungen, doch sehr. Insgesamt wird die Grundstimmung, wie schon bei Columbus' und Cuarons Vorgängern, wieder ein bisschen düsterer und - analog zum steigenden Alter der drei Protagonisten - ein wenig erwachsener. Nach und nach scheint sich übrigens die gesamte Elite britischer Darsteller mindestens einmal einen Auftritt in der Serie gönnen zu wollen, diesmal erleben wir neben dem Stammpersonal und dem erwähnten Ralph Fiennes u.a. Brendan Gleeson und Miranda Richardson. Auf der netten Ballszene tritt eine Fusion der Bands Radiohead und Pulp (unter Vorsitz deren Frontmanns Jarvis Cocker) auf und gibt dem Ganzen noch mehr Britflair. Ansonsten wäre wenig Neues zu berichten aus der magischen Paralleldimension.
7/10
#240
Geschrieben 05. April 2006, 18:53
Fight For Your Life (Ausbruch zur Hölle) ~ USA 1977
Directed By: Robert A. Endelson
Drei sozial hochgradig gestörte Schwerverbrecher (William Sanderson, Daniel Faraldo, Peter Yoshida) brechen während eines Gefangenentransports aus und schlagen sich bis zum Haus der Turners (u.a. Robert Judd) durch, die punktum als Geiseln herhalten müssen. Insbesondere der Kopf der drei Soziopathen, der besonders irre Kane (Sanderson), erniedrigt die schwarze Familie, wo es nur eben geht. Freunde der Kinder, die vorbeischauen, werden als vermeintliche Zeugen gleich brutalst erledigt. Am Ende heißt es dann: Auge um Auge usw.
Kleiner, notorischer Sleaze-Streifen im Fahrwasser von "Last House On The Left" und anderen Rape'n Revenge-Filmchen. Die Intensität des Archetypen wird natürlich nicht annährend erreicht und seinen, nun ja, Bekanntheitsgrad zwischen fies und berüchtigt verdankt der Film wohl am ehesten der Kindstötung mit Stein.
Die drei Darsteller der Psychos, allen voran der mit breitestem Südstaatenakzent jonglierende Sanderson, betreiben gnadenloses overacting und rauben dem Film so schon gleich jenes bedrückende Potential, das andere Genrevertreter auszeichnet. Auch die obligatorische klaustrophobische Stimmung tritt nur ansatzweise hervor. Dafür ist der Streifen aber durchweg sauber in Szene gesetzt, mit Weichzeichner, einigem ganz bewusst eingesetztem Humor und nicht wenigen Verweisen an das große Vorbild "The Desperate Hours".
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, wie besessen akribisch das Label Blue Underground auch für die gammeligsten Streifen immer wieder Pionierarbeit in Sachen sorgfältiger Bildrestaurierung leistet. Absolut vorbildlich.
5/10
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