In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#421
Geschrieben 11. August 2006, 17:12
Westworld ~ USA 1973
Directed By: Michael Crichton
In naher Zukunft haben Disneyland und Konsorten ausgedient: Wer sich an den Annehmlichkeiten eines wirklich kapitalen Freizeitparks erfreuen möchte, geht zu Delos. Diese bieten einen Urlaub vom Ich - wahlweise in der römischen Antike, im Mittelalter oder im Wilden Westen. Die beiden Freunde Peter (Richard Benjamin) und John (James Brolin) entscheiden sich für ein paar Tage als Gunslinger. Doch die Tücken der Technik gewinnen bald die Oberhand: Die Androiden des Parks drehen durch und beginnen, die Besucher abzumurksen. Ein böser Revolvermann (Yul Brynner) hat es auf Peter abgesehen, der sich mit dem Blechheini eine Jagd quer durch den Park liefern muss.
Hypermoderne Freizeitgestaltung, die zum Albtraum wird - ein Thema, dass es Crichton wohl angetan hat. Seine unmissverständlich erkennbar geplante Technologiekritik geht hier zugunsten einer - wenigstens fulminant erzählten - Actiongeschichte baden. Diverse inhaltliche Fragen, deren Beantwortung für eine tiefergehende Beschäftigung mit einem solchen, gerade damals noch interessanten Sujet vonnöten gewesen wäre, fallen Temporeichtum und Schauwerten zum Opfer, die "Westworld" in eine bequeme 90-Minuten-Schablone zwängen. Innerhalb des Sci-Fi-Subgenres "Künstliche Menschen" muss man dem Trivialliteraten dann aber zumindest bescheinigen, einem ästhetisch wegweisenden Film die Bahn geebnet zu haben. Yul Brynner, obwohl schon ein wenig faltig um den Adamsapfel, persifliert in fast schon brillanter Weise seine "Magnificent Seven" - Figur Chris, ebenfalls ein emotions- und wortkarger, schwarzgewandeter Ballermann. Richard Benjamin hingegen macht seinem Nachnamen alle Ehre und ist einer der schlimmsten Biedermeier-Schlappihelden, denen man je ein Happy-End missgönnt hat.
7/10
#422
Geschrieben 11. August 2006, 17:47
King Of Kings (König der Könige) ~ USA 1961
Directed By: Nicholas Ray
Leben und Sterben Jesu Christi (Jeffrey Hunter), der zwischen römischen Besatzern, judäischer Herrscherclique und Aufrührern wenig zu lachen hat.
Hmmm, schön. Bibelkino aus Hollywood. Obwohl ich sonst mit dem Neuen Testament nichts am Hut habe (dem Alten übrigens auch nicht), verfalle ich doch immer wieder gern der Opulenz und Bildgewalt eines monumentalen Sandalenstreifens, auch wenn er sich eines mir solch widerstrebenden Themas annimmt.
Formal gesehen ist "King Of Kings" ein Sahneschnittchen. Ray, ein vielerorts geschätzter Meister filmischer Inszenierung, kann nämlich sogar Bibelschinken. Die 70mm-Bilder mit ihrer Farbdramaturgie und Tiefenschärfe erinnern, wohl nicht ganz unabsichtlich, an die großen italienischen Meister der Renaissance und sind die Seele des Films. Eine Starbesetzung hat man großen Massenszenen zuliebe einfach mal ausgespart, was sich keinesfalls nachteilig auswirkt. Im Gegenteil, eindrucksvoll wird hier bewiesen, dass auch solches Kino hervorragend ohne einen Riesentross bekannter Gesichter auskommt, so denn die Leistungen der Beteiligten dieses "Manko" aufzuwiegen verstehen. Hunter etwa in der Hauptrolle, balancierend auf dem schmalen Grat zwischen würdevoll und lächerlich, meistert seinen Jesus tadellos und hat den durchdringenden Erlöserblick wirklich erstklassig drauf. Noch sehenswert: Harry Guardino als Barabbas.
8/10
#423
Geschrieben 11. August 2006, 19:03
The Agony And The Ecstasy (Inferno und Ekstase) ~ USA 1965
Directed By: Carol Reed
Michelangelo Buonarroti (Charlton Heston) ist gerade dabei, Papst Julius II (Rex Harrison) ein wahrhaft imposantes Grabmonument zu errichten, als der Kirchenvater ihm einen neuen Auftrag erteilt: Michelangelo soll die Decke der Sixtinischen Kapelle bemalen. Widerstrebend macht sich der passionierte Bildhauer an die mühselige Arbeit, die ihn ein ums andere Mal Gesundheit und Verstand zu kosten droht. Immer wieder wird die langwierige Arbeit unterbrochen durch psychische Duelle und Wortgefechte zwischen beseeltem Künstler und kriegsführendem Pont. Max..
Auch dieses ein stets prächtiger Bilderbogen. Heston als Michelangelo ist immer wieder eine Schau, ebenso wie Harrison, der das streitbare geistliche Oberhaupt wie einen zweiten Prof. Higgins gibt, nur, dass es diesmal nicht darum geht, ein prolliges Blumenmädchen, sondern einen der größten florentinischen Künstler zu domestizieren. Der Dauerkonflikt der beiden Mimen, der mit sanfter Ironie in Szene gesetzt wurde, sollte in jedem Fall mal genossen werden, demonstriert er doch eindringlich, dass Heston als Akteur beachtliche Qualitäten vorzuweisen hatte. Für Carol Reed, der sich von seinen sehr britischen Noir-Dramen irgendwann der zuweilen kitschigen, breiten Farbpalette der großen Studios zuwandte, ist dieses späte Historienstück gar nicht mal ungewöhnlich. Der Film indes zehrt neben seiner interessanten Geschichte von der epischen Erzählweise, die, wie es sich für derartige showcases gehörte, mit Intermission in zwei schöne Akte aufgeteilt wurde.
8/10
#424
Geschrieben 12. August 2006, 13:20
Deep Blue Sea ~ USA 1999
Directed By: Renny Harlin
Auf der Suche nach einem Mittel gegen Alzheimer haben Wissenschaftler das beste Regenerativum der Welt entdeckt: Es befindet sich in den Vorderhirnzellen von Haien. Die Forschungsstation "Aquatica", in der drei überdimensionale Makos gehalten werden, dient einem liquiden Pharmaunternehmer (Samuel L. Jackson) als Versuchslabor. Dummerweise hat die Chefdoktrice (Saffron Burrows) an der Hirnmasse der drei Fische herumgepfuscht, was zur Folge hat, dass diese hyperintelligent und -aggressiv geworden sind.
Big Budget-Trash mit gediegenen Animatronic -und CGI-F/X, den ich erst über die Jahre schätzen gelernt habe. An der Oberfläche ist der Film sicher verteufelt dämlich, aber wie Harlin lässig und good old fashioned die Actionszenen dirigiert und mit Spannungsmomenten um sich schmeißt, ohne inszenatorische Mätzchen zu bemühen, davor darf man neidlos den Hut ziehen. Da sieht man auch gern darüber hinweg, dass die Filmmakos die zwei- bis vierfache Größe ihrer natürlichen Vorbilder haben - in punkto Angriffslust und Geschwindigkeit sind die Tiere auch in freier Wildbahn nicht zu unterschätzen.
Absolut panne hingegen LL Cool J als gottesfürchtiger Koch mitsamt kalauerndem Papagei auf der Schulter. Herrschaftszeiten, eine überflüssigere Kombi wird man selbst im dullen Mainstream der letzten fünf Jahre nur schwerlich auffinden.
Doch sehen wir großzügig darüber hinweg - dann bleibt noch immer hirnfreies Spitzenentertainment ohne Durchhänger. Wie drückte es Bethmann doch so treffend auf seinen Hartboxen aus? "Sag ja zu Tierhorror!" Bin dabei.
7/10
#425
Geschrieben 13. August 2006, 10:32
Saw II ~ USA 2005
Directed By: Darren Lynn Bousman
Der Jigsaw-Killer (Tobin Bell) hat sich einmal mehr allerlei perfide Gemeinheiten ausgedacht, um seinen Opfern, wieder allesamt Leute, die in irgendeiner Form Dreck am Stecken haben, ja nicht ohne den gebotenen Sadismus ins Jenseits zu entsenden. Diesmal ist gleich eine ganze Truppe in dem aus dem Vorgänger bekannten Prachtbau gefangen, darunter der Sohn (Erik Knudsen) eines übel korrumpierten Polizeibeamten (Donnie Wahlberg). Die sieben Gefangenen müssen unententwegt ein tödliches Nervengas einatmen und sind aufeinander angewiesen, um ein Gegenmittel ausfindig zu machen. Ihr jeweils schlechter Charakter macht ihnen natürlich einen dicken Strich durch die Rechnung.
Nette Fortsetzung, die mit derselben hektischen Bildästhetik arbeitet wie Teil I, die braungrünen, überbelichteten Bilder teilweise vorbeirauschen lässt wie einen Hochgeschwindigkeitszug und damit zumindest stilistisch nichts Neues bietet. Aber wen interessiert das, man will sich ja ohnedies bloß an den üblen Fallen und Brutalitäten ergötzen, die uns diesmal ein Herr Bousman frei Haus schickt. Und tatsächlich, der geneigte Filmblutbuff wird nicht enttäuscht, insbesondere das Spritzenbad gehört mit zu den boshaftesten Einfällen, die mir seit langem untergekommen sind. Aua. Ein wenig klamme Händflächen gönnt man uns, wenn auch der traditionelle Spannungsbegriff, den zumindest meine Wenigkeit noch pflegt, eine andere Entsprechung sucht. Angenehmes, wohl austariertes Entertainment, jeglicher Diskussion überdrüssig. Alles in allem bloß ein weiterer 'Tabubrecher' in einer mehr und mehr enttabuisierten Zone.
6/10
#426
Geschrieben 13. August 2006, 10:55
Final Destination 3 ~ USA 2005
Directed By: James Wong
Diesmal ist es ein Achterbahnunglück, das diversen Jugendlichen ihr Schicksal verheißt. Eine hellsehende Göre (Mary Elizabeth Winstead) sorgt dafür, dass zumindest ein paar der Beteiligten Gevatter Sense von der Schippe springen. Bekanntermaßen ist aufgeschoben aber nicht aufgehoben und so erwischt es einen nach der anderen doch noch.
Zum dritten Teil des New Line - Franchise ist zu sagen: Wer die ersten beiden mochte, kann sich ganz problemlos auch diesen anschauen. Der einzige Zweck des Dargestellten sind na klar die illustren Todesarten, die denen in Teil 1 & 2 in nichts nachstehen. Es wird nicht groß gefackelt oder der verhängnisvolle Fehler begangen, über die Unausweichlichkeit der Vorbestimmung zu philosophieren, nein, Wong, der bereits Numero Uno auf dem Kerbholz hat, kommt punktum zur Sache. Dabei wirkt "F.D.3" schon beinahe selbstironisch, denn die Teens gehen so lässig und unaufgeregt mit den blutspritzenden Toden ihrer KlassenkameradInnen um, wie die abgebrühten Zuschauer vor der Leinwand. Wieder einer weniger, war ja zu erwarten. Der große Vorteil im Gegenatz zu den üblichen Slasher-Szenarien liegt ja darin, dass die 'Morde' hier nicht einer wie auch immer gearteten, personellen Beschränkung unterworfen sind, sondern dass man hier letztlich nichts anderes als Unfälle zu sehen bekommt. Zwar sind die herumfliegenden Torsi und Innereien mit Hilfe von CGI entstanden, aber auch das kennt man ja nun.
Also gilt hier wiederum: Wer doch tatsächlich so blauäugig ist, eine Fahrt durch den Drive-In, einen Solariumsbesuch, ein nächtliches Szenario im Baumarkt oder ein Volksfest für harmlose Veranstaltungen zu halten, der wird im Rahmen dieser vergnüglichen Serie einmal mehr eines Besseren belehrt.
Spaßig.
6/10
#427
Geschrieben 13. August 2006, 21:53
A Passage To India (Reise nach Indien) ~ UK/USA 1984
Directed By: David Lean
Zusammen mit ihrer Schwiegermutter in spe (Peggy Ashcroft) reist die Engländerin Adela Quested (Judy Davis) in den 20er Jahren nach Indien, um ihren Zukünftigen (Nigel Havers), dort als Richter tätig, zu ehelichen. Schon vor ihrer Abfahrt übt das exotische Land eine magische Anziehungskraft auf Adela aus, die sich nach ihrer Ankunft noch verstärkt. Die junge Frau gerät in eine Sinnkrise, als sie die rassistische Überheblichkeit der Kolonialisten gegenüber der einheimischen Lebensart bemerkt und realisiert, dass sie ihren Verlobten gar nicht liebt. Ein Trip zu den Höhlen von Marabar endet mit einem Skandal, als Adela nach ihrer Rückkehr völlig verstört behauptet, der indische Arzt Aziz (Victor Banerjee) habe versucht, sie zu vergewaltigen.
David Leans letzter Film, eine E.M. Forster-Verfilmung, 14 Jahre nach "Ryan's Daughter" entstanden, ist zugleich so etwas wie der Abschluss seines großen, monumentalen Historienzyklus, der mit "The Bridge On The River Kwai" begann. Er führt einmal mehr an einen entlegenen Ort und in eine vergangene Ära. Thematisiert wird die arrogante Kolonialherrschaft des Empire in Indien, sowie der Wert von Weisheit, Freundschaft und Verständnis in widrigen Zeiten, mit der gewohnten Opulenz und visuellem Reichtum. Die Bilder sind mitunter beinahe schmerzhaft schön und brennen sich, wiederum mit Maurice Jarres Klängen unterlegt, unwiderruflich ins Gedächtnis ein.
Große emotionale Ausbrüche unter den Akteuren gibt es kaum, die jeweiligen Gefühlswelten spiegeln sich ausschließlich auf den Gesichtern der erlauchten Besetzung, die, wie könnte es anders sein, auch einen Part für Alec Guinness (als verschrobenen Philosophen) bereithält. Die kämpferischen Auseinandersetzungen bzw. körperlichen Aktionen aus den Vorgängerfilmen hat der alternde Regisseur nunmehr endgültig ad acta gelegt. Was bleibt, ist ein reifes humanistisches Lehrstück über Toleranz.
9/10
#428
Geschrieben 15. August 2006, 20:58
September ~ USA 1987
Directed By: Woody Allen
Lane (Mia Farrow), die sich aufgrund psychischer Probleme in ihr Elternhaus zurückgezogen hat, erlebt einige böse innere und äußere Konflikte im Zusammenhang mit ihrer Mutter (Elaine Stritch) und ihrer besten Freundin (Dianne Wiest), die sich um unglückliche Liebe und unaufgearbeitete Schuldkomplexe drehen.
Ein knappes Jahr nach seinem filmischen Souflée "Radio Days" brachte Allen dieses schwere Drama ins Kino, das in jeder nur denkbaren Weise im krassen Gegensatz zum Vorgänger steht. Die beiden Filme im Vergleich markieren quasi die diametralen Enden Allen'schen Filmschaffens. "September" ist ein Kammerspiel, das, strengen Formalia unterworfen, durchweg an einem einzigen Ort angesiedelt ist; ohne Außenaufnahmen (von einer kurzen Terrassen-Szene abgesehen) oder gar exzessive Kamerabewegungen. Ein bisschen dick trägt der auteur bisweilen schon auf, wenn sich seine Symbolik in heftig donnerndem Gewitter, einem Stromausfall oder den Nacht-Tag-Wechsel niederschlägt. Man hadert dann ein wenig mit sich, ob man das Ganze nun als plumpen Manierismus empfindet oder angesichts der ansonsten waltenden Sorgfalt toleriert. Allens Stärke liegt zweifelsohne nicht in seinen Versuchen, Tschechov/Strindberg/Bergman nachzueifern, wie es schon bei "Interiors" der Fall war. Zumindest ein Quentchen Humor sollte und muss einfach seinen Platz in einem Allen einnehmen, um diesem uneingeschränkte Sympathien zuteil werden zu lassen.
7/10
#429
Geschrieben 19. August 2006, 08:31
Superman Returns ~ USA 2006
Directed By: Bryan Singer
Nach einem selbstauferlegten fünfjährigen Exil im All, das der Ergründung seiner Wurzeln dienen soll, kehrt Superman (Brandon Routh) zur Erde zurück. Die Welt hat sich auch ohne ihn weiter gedreht. Lex Luthor (Kevin Spacey) ist Milliardenerbe, Supes große Liebe Lois Lane (Kate Bosworth) hat sich als kritische Journalisten verdient gemacht mit dem Essay "Why the world doesn't need Superman". Dennoch: Die Menschheit ist hocherfreut, ihre Ikone wiederzuhaben und der Stählerne hat gleich mehrfach Gelegenheit, sich neu zu bewähren: Als Weltenretter und Familienvater.
Bryan Singer will alles und will jedermann zufrieden stellen. Er konzipiert seine aktuelles Werk als narrative wie auch atmosphärische Fortsetzung der beiden Filme von 1978/80, deren Kenntnis eine mehr oder weniger unausgesprochene Voraussetzung für den kompetenten Genuss des Neulings darstellt. Zahlreiche Elemente der Vorgängerfilme, seien es erzählerische wie die Kent'sche Farm in Smallville, die arktische Festung der Einsamkeit, oder Luthors Domizil, werden ebenso aufgegriffen wie stilistische - beispielhaft die Gestaltung der Titelsequenz. Gleichzeitig sollen sowohl die klassischen Comicstorys als auch die modernen hofiert werden. Zahlreiche der - der Ikonografie der Titelfigur gemäßen - aseptischen, unvergleichlich prachtvollen Bilder ähneln Gemälden der Comicmaler Alex Ross und Tim Sale. Nebenbei werden sämtliche den Helden begleitende traditionals in irgendeiner Form verwurstet, oder, je nach Blickwinkel, als Hommage untergebracht; von dem alten "It's a bird! - It's a plane!" bis hin zum Cover von "Action Comics # 1". Komponist John Ottman zitiert ausgiebig John Williams Originalscore, der in nahezu jedem Thema, das passend zum jeweiligen szenischen Pendant für den Erstling geschrieben wurde, für 2, 3 Akkorde anklingt.
Insgesamt ist "Superman Returns" eine beinahe perplexe Angelegenheit: Zum einen führt der Film vor Augen, dass die Titeligur (im Gegensatz zu ihrer graphischen Entsprechung) in unseren zunehmend zynischen, nach Hinterfragung schreienden Zeiten ein fliegender Anachronismus geworden ist und macht Superman zum anderen visuell klar fürs neue Jahrtausend.
Die Darstellung des Hauptcharakters findet in Brandon Rouths Erscheinung tatsächlich eine ideale Form, Kate Bosworth mochte ich indes gar nicht. Wie schon zu Donners und Lesters Zeiten liegt die wahre schauspielerische Herausforderung aber ohnehin in der Gestaltung des Bösewichts, den Gene Hackman ehedem als wunderbar netten Massenmörder angelegt hat, welchem man ob seiner klug-verdrehten Art kaum böse sein konnte. Kevin Spacey, wohlbekannt als 'John Doe' und Keyser Söze, bemüht sich, seinen Part ganz genauso anzugehen, scheitert jedoch am Element der irrationalen Sympathie, die sein Vorgänger hervorragend im Griff hatte.
Was mich persönlich angeht, wird trotz aller erkennbaren Ambition an Donners Thron nicht gekratzt, der bodenständige, mit seinen althergebrachten Tricks weitaus organischere 78'er "Superman" (nebenbei eine der hervorragendsten Comicverfilmungen überhaupt) bleibt mir der mit Abstand Allerliebste. Wobei auch im Falle "Superman Returns" erst weitere Begegnungen für endgültige Klarheit sorgen dürften.
Für wahre Adrenalinschübe bei mir sorgten gestern Abend zumindest die Teaser für "Ghost Rider" und "Spider-Man 3". Marvel-Style.
7/10
#430
Geschrieben 22. August 2006, 15:07
Match Point ~ USA 2005
Directed By: Woody Allen
Nachdem er in London einen Job als Tennislehrer für den reichen Berufssohn Tom (Matthew Goode) angenommen hat, eröffnen sich für den Iren Chris (Jonathan Rhys Meyers) ganz neue Möglichkeiten. Ein Einstieg in die mondäne Luxuswelt der Oberklasse ergibt sich spätestens nach der Ehelichung von Toms Schwester Chloe (Emily Mortimer). Gleichzeitig empfindet er jedoch starke Gefühle für eine erfolglose amerikanische Gelegenheitsaktrice (Scarlett Johansson), die zugleich Toms Verlobte ist. Als sie Chris' Avancen nachgibt, erwartet beide ein furchtbares Drama.
"Match Point" liegt fernab von dem, was man als langjähriger Allen-Freund mittlerweile schweigend erwartet. Ungewöhnlich schon der europäische Schauplatz (allerdings bereits die zweite Ausnahme dahingehend nach "Everyone Says I Love You"), hinzu noch die Länge, die diesmal satte zwei Stunden umfasst. In letzter Zeit widmet sich der Regisseur hinzukommend noch des Öfteren wesentlich jüngeren Generationen, so auch hier. Umso befriedigender, dass Allen auch mit / unter diesen Voraussetzungen formidabel zu arbeiten versteht. Seine Bilder bewahren, obwohl fast hörbar knisternd, die übliche Diskretion und wirken dabei vor all den mondänen Upper Class - Hintergründen ungewöhnlich exquisit.
Von dem ironisch umschmeichelten Neurotiker zumindest auf absehbare Distanz gerückt, kümmert sich der auteur diesmal um ein Genre, das er schon öfter gestriffen hat: Das des Kriminalfilms. In punkto Ernsthaftigkeit nimmt es "Match Point" spielerisch mit der Landau-Hälfte von "Crimes And Misdemeanors" auf und auch sonst sind dorthinzeigende Parallelen unverkennbar. Wie vor 15 Jahren ist man sehr geneigt, seiner Arbeit das überdimensionale "Meisterlich" - Schildchen anzuheften, denn Haken und Ösen sucht man weithin vergeblich.
Trotz seiner beinahe jugendlichen Frontmannschaft ein Werk von großer Altersweisheit und Klasse.
9/10
#431
Geschrieben 22. August 2006, 20:08
The Curse Of Frankenstein (Frankensteins Fluch) ~ UK 1957
Directed By: Terence Fisher
Baron Frankenstein (Peter Cushing), frühe Waise und Haupterbe des Familienvermögens, ist seit jeher ein recht kühler, aber wissbegieriger Charakter. Die Freundschaft zu seinem Mentor und Hauslehrer Kempe (Robert Urquhart) ermöglicht es ihm bald, Experimente mit toten Lebewesen durchzuführen, die wieder ins Leben zurückgeholt werden sollen. Frankensteins zunehmend wahnwitziger werdenden Pläne kulminieren in einem kaltblütigen Mord und der Schaffung eines Patchwork-Wesens aus Leichenteilen (Christopher Lee). Dieses ist von Grund auf gemeingefährlich und hat bald selbst manche Gewalttat auf dem Gewissen.
Mit dieser bereits legendären Wiederbelebung eines phantastischen Mythos begann der kometenhafte Aufstieg der Hammerstudios zum führenden Experten für gotisches Horrorkino. Schon im ersten der insgesamt sechs Teile umfassenden "Frankenstein"-Reihe (exkl. "The Horror" mit Ralph Bates) finden sich die bewährten Qualitätsmerkmale, die nahezu sämtliche Produktionen bis in die frühen 70er Jahre begleiten sollten und sich durch Professionalität und Sorgfalt in jeder Hinsicht auszeichneten. Ein farbenfrohes Ambiente, häufig in vergangener Zeit angelegt, geschliffene Dialoge von angenehm britischer Steifheit, bisweilen mit sanfter Ironie und von durchweg sympathischen Darstellern vorgetragen sowie eine pfiffige Inszenierung, häufig durch den Namen Terence Fishers repräsentiert.
Ein Klassiker auch deswegen, weil hier erstmals in einer Genre-Produktion das Blut in Technicolor floss und überhaupt so etwas wie (noch verhaltener) Naturalismus Einzug hielt. Christopher Lees Kreatur, die sich grundlegend von Karloffs maßstabssetzender Interpretation unterscheidet, enthält trotz aller Schrecken ein gerüttelt Maß tragischer Mitleidssuche und repräsentiert damit, trotz aller Untreue gegenüber der Shelley'schen Vorlage, sehr den Geist derselben.
Meilenstein.
9/10
#432
Geschrieben 22. August 2006, 20:31
The Revenge Of Frankenstein (Frankensteins Rache) ~ UK 1958
Directed By: Terence Fisher
Seiner Hinrichtung knapp entkommen flieht Frankenstein (Peter Cushing) mit seinem verkrüppelten Gehilfen Karl (Michael Gwynn) in das Städtchen Carlsbrück, wo er sich unter dem Namen Dr. Stein einen ordentlichen Leumund und den Neid des hiesigen Ärztekonzils zuzieht. Seine Forschungen betreibt er im Geheimen dennoch weiter. Mit einem weiteren Adlatus, dem jungen Dr. Kleve (Francis Matthews), führt er eine riskante Operation durch, bei der Karls Gehirn in einen neuen Körper verpflanzt wird. Doch nach anfänglich Erfolg versprechenden Ergebnissen kommt alles anders: Durch einen Zwischenfall erleidet Karl einen irreparablen Hirnschaden und wird zum wahnsinnigen Mörder. Frankensteins wahre Identität wird aufgedeckt und man sieht sich alsbald geliefert.
Ein Beispiel dafür, wie rasch und doch präzise und erfolgreich Hammer arbeiten konnte. In kürzester Zeit nach dem Erstling entstanden, trat ein beinahe ebenbürtiges Werk die direkte Nachfolge an. Ohne den Plot von "Curse" plump zu kopieren und ohne jegliche Anlehnung an den Originalroman erlebt man eine gelungene Weiterspinnung des Cushing-Franchise, etwas humorvoller, zugleich aber düsterer und härter. Kulissen und Kostüme können dem Vorgänger fast das Wasser reichen, ebenso wie die gediegene Cast. Frankensteins Charakter wird hingegen etwas anders angelegt. Der angesichts seiner im Erstling durchgemachten Entwicklung vermutete, absolute Irrsinn weicht einer eher trockenen, streng wissenschaftlichen Attitüde, die Cushing vor dem drohenden overacting bewahren. Womöglich versuchte man nach seiner Darstellung des Van Helsing in "Horror Of Dracula" auch, den Mimen zumindest halbwegs als Sympathieträger beim Publikum zu etablieren.
Wie dem auch sei, "Revenge" bietet all die liebenswerten Hammer-Attribute und bleibt rundum sehenswert.
8/10
#433
Geschrieben 24. August 2006, 14:10
Goldene Zeiten ~ D 2006
Directed By: Peter Thorwarth
Eventmanager Ingo (Wotan Wilke Möhring) soll ein vorgebliches Benefizturnier für den Unnaer Golfclubleiter Matthies (Wolf Roth) ausrichten und hat zu diesem Zwecke den Quasi-Prominenten US-Seriendarsteller Douglas Burnett nach Westfalen beordert. Eigentlich handelt es sich aber gar nicht um einen abgehalfterten TV-Star, sondern um einen noch viel abgehalfterteren Provinzschauspieler namens Horst Müller (Dirk Benedict).
Um unseren den Durchblick verlierenden Ingo herum entwickelt sich ein infernalisches Szenario um Knochenbrüche, Freundinnenbeschiss und jede Menge Leichen.
Na ja, zunächst dachte ich, der Film mausere sich zur größten Pleite seit "Cowgirl", danach hat er aber doch noch irgendwie die Kurve gekriegt. Auch im letzten Teil seiner Unna-Trilogie, der trotz diverser bizarrer Verfänglichkeiten und unmöglicher Situationen kaum noch die (wohl vielerseits erhofften) Zugeständnisse an den Brachialhumor eines "Bang Boom Bang" macht, legt Thorwarth wieder viel Herz in seine Figuren. Davon lebt der Film. Diesmal stehen nicht die kleinen Loser, sondern die Großkotze, über deren Köpfe gierig der Pleitegeier kreist, im Fokus. Wolf Roth ist begeisternd authentisch in seiner Rolle als Scheiternder am Seidenfädchen, auch Ralf Richter gibt als (Zwillings-?) Bruder des verstorbenen Kalle Grabowski eine neuerliche Glanzvorstellung. Weiterhin sehen wir noch die Neldel und Christian Kahrmann in ihren bekannten Parts. Doch Thorwarth darf auch über Konkurrenzfiguren verfügen: Lukas Gregorowicz wiederholt ganz offensichtlich seine "Lammbock"-Rolle. Erfreuliche déja-vus. Möhring hingegen wird mir nie Sympathien entlocken, den mag ich einfach nicht. Aber wenn man schon wie ein Schäferhund heißt und eine ähnlich deutliche Aussprache pflegt ...
Wer hinter Thorwarths jüngster Groteske eine schlichte Nummernrevue in Anlehnung an seine letzten beiden Spielfilme erwartet, wird sich zwangsläufig enttäuscht sehen, wer hingegen einen unspektakulärere, gemeine Krimödie akzeptiert, mag sich zwo Stunden gut amüsieren. Andere Ansichten sind durchaus nachvollziehbar.
7/10
#434
Geschrieben 26. August 2006, 14:27
Inside Man ~ USA 2006
Directed By: Spike Lee
Gewiefter Bankräuber (Clive Owen) führt einen doppelt verdreidübelten Bankraub mitten in Manhattan durch, bei dem er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Weiterhin darin verwickelt sind 50 Geiseln, ein selbstherrlicher Polizist (Denzel Washington), ein nur scheinbar altehrwürdiger Finanzpapst (Christopher Plummer) sowie eine knallhart-obskure "Ich-kann-alles-und-lasse-es-die-Leute-wissen"-Lady (Jodie Foster).
Ich weiß nicht, ob man so weit gehen kann, bei "Inside Man" von tragischem Identitätsverlust zu sprechen. Nachdem Spike Lee seinen mitunter grantigen, latenten Rassismus zunächst erfolgreich geöffnet und zwei herrliche Filme mit ausschließlich weißen Protagonisten ("Summer Of Sam", "The 25th Hour") zu Wege gebracht hat, kommt nun dieser neue, langweilig professionelle Joint daher. Der äußerlich wie innerlich zermürbende Geiselnehmerplot wurde ja bereits mehrfach durchexerziert und daher ist diesbezüglich schon mal keine Offenbarung zu erwarten. Aus moralischen Beweggründen agierende Verbrecher sind mittlerweile ebenfalls ein alter Hut und die ach so hintersinnig und verschachtelt abgewickelte Story schielt nicht selten Richtung ungleich bessere Vertreter des cinema criminale Marke "Usual Suspects". Nichts gegen Althergebrachtes, aber dann doch bitte mit mehr Mut zum Radikalen, gerade bei einem solchen Filmemacher.
Lees Liebäugelei mit dem Mainstream spiegelt sich formal derweil in der gediegen, aber wenig überraschend agierenden Prominenz wieder, ebenso wie in der (diesmal an an John Barry angelehnten) Musik des Lee'schen Hauskomponisten Terence Blanchard. Die kleine, mahnende Nebensequenz mit dem 50 Cent - Spiel auf der Minikonsole des Jungen lässt indessen, in einer seltsamen Mischung aus Trefflichkeit und Unbeholfenheit wehmütig an den früheren Lee denken, bloß dass diesmal ein Whitey den Zeigefinger erhebt. Gehörig seltsame Entwicklungen sind das.
Zu vergleichen mit Finchers "Panic Room" - Turnus: Unterhaltsam zwar, dabei aber am Rande der Belanglosigkeit und erschreckend banal.
5/10
#435
Geschrieben 27. August 2006, 12:10
Frankenstein Created Woman (Frankenstein schuf ein Weib) ~ UK 1967
Directed By: Terence Fisher
Baron Frankenstein (Peter Cushing) hat sich in einem kleinen Städtchen bei dem arglosen Arzt Dr. Hertz (Thorley Walters) und dessen Gehilfen Hans (Robert Morris) niedergelassen. Neuerdings beschäftigt er sich mit der Konservierung und Verpflanzung von Seelen. Als Hans wegen eines Mordes unschuldig hingerichtet wird und seine Geliebte, die entstellte Christina (Susan Denberg), sich daraufhin das Leben nimmt, sieht Frankenstein seine Chance gekommen: Er überträgt Hans' Seele in Christinas Körper, dessen er sich zudem chirurgisch annimmt und ihn bildschön macht. Der Hans/Christina-Hybrid rächt sich daraufhin an den wahren Tätern.
Leider ist "The Evil Of Frankenstein" noch immer nicht bei uns erschienen und so musste ich einen kleinen Sprung zum vierten Teil der Serie vollziehen, der nach einer Pause wieder mit der üblichen Sorgfalt von Fisher inszeniert wurde Der Film ist wieder ziemlich großartig und mit einer ganz eigenen Tragik versehen. Die Geschichte um das leidende, verkrüppelte und dabei so charmante Mädchen Christina zählt zu den berührendsten Melodramen des Horrorfilms. Die österreichische Schauspielerin und Ex-Playmate Susan Denberg erlebte auch im wahren Leben die Abgründe des Seins, als sie Drogen und Psychosen anheim fiel.
Frankenstein selbst, von Cushing einmal mehr mit höchster Präzision dargestellt, wird dabei schon fast zum Nebencharakter. Seltsam poetisch, wie er sich in seiner Eigenschaft als strenger Naturwissenschaftler nunmehr metaphysischen Prozessen zuwendet und mit etwas so schwer Greifbarem wie der menschlichen Seele befasst. Die drei arroganten, versoffenen Dandys, die Hans und Christina das Leben schwer machen, haben ihr grausames Schicksal wirklich verdient.
8/10
#436
Geschrieben 29. August 2006, 14:25
Frankenstein Must Be Destroyed (Frankenstein muss sterben) ~ UK 1969
Directed By: Terence Fisher
Frankenstein (Peter Cushing) geht maskiert auf die Suche nach potentiellen Opfern, die er für seine Experimente verwursten kann. Als er beinahe gefasst wird, versteckt er sich unter falschem Namen in der Pension der jungen Anna (Veronica Carlson). Deren Verlobter Dr. Holst (Simon Ward) ist Arzt in einer Nervenklinik, in welcher Frankensteins früherer Gesinnungsgenosse Dr. Brandt (George Pravda) in völliger geistiger Umnachtung sein Dasein fristet. Als Frankenstein bei dem jungen Pärchen eine gesellschaftliche Schwachstelle ausfindig macht, nutzt er diese gnadenlos, um die Verlobten zu erpressen. In Annas Haus richtet er ein neues Labor ein und plant, Brandts Irrsinn auf spektakuläre Weise zu "heilen".
Hammer-Frankenstein Nummer 5 stellt wieder ganz den Baron in den Mittelpunkt, wobei dieser nunmehr zum lupenreinen Bösewicht avanciert ist. Mit kalter Genüsslichkeit verspottet, erpresst, vergewaltigt, mordet er. Ein rundum arroganter Schweinehund, der eigentlich eine direkte Weiterentwicklung von "Curse" präsentiert, nachdem in den vorangegangenen Filmen mehr der unstillbare Wissenschaftsgeist im Mittelpunkt stand. Nunmehr geht es dem mad scientist allem voran um Anerkennung und Ruhm wider sämtliche Gemeinheiten, derer er sich zur Erreichung seiner Ziele befleißigt. Cushing meistert auch diese Wandlung mit bewundernswerter Leichtigkeit. Sein in diesem Film porträtierter Frankenstein zählt mit Sicherheit zu den ungenießbarsten Rollen, die er zeitlebens gespielt hat, und das sei bitte rundum positiv zu verstehen!
Zur Produktion selbst ist zu sagen, dass wieder mit der studioüblichen Rafinesse in feinstem viktorianischen Interieur gedreht wurde. Man meint die miefigen Polster und wurmstichigen Kommödchen beinahe riechen zu können. Immer noch um Klassen besser als manch "neumodischer Kram".
8/10
#437
Geschrieben 30. August 2006, 14:21
Frankenstein And The Monster From Hell (Frankensteins Höllenmonster) ~ UK 1974
Directed By: Terence Fisher
Der junge Dr. Simon Helder (Shane Briant) eifert Frankensteins (Peter Cushing) Ideen von der Schaffung neuen Lebens aus Leichenteilen nach. Als man ihm auf die Schliche kommt, wird Helder in ein Sanatorium für Geisteskranke geschickt. Als heimlicher Leiter dieser Anstalt entpuppt sich der totgeglaubte Baron, der als 'Dr. Victor' munter seinem gottlosen Werk frönt. Diesmal ist das Hauptobjekt seiner Arbeit ein urmenschenartiges Wesen (David Prowse) mit dem Gehirn eines genialen, aber lebensmüden Mathematikers (Charles Lloyd Pack).
Ein schöner Abschluss für Hammers qualitätsbeständigste Serie. Für Terence Fisher fällt zugleich mit dem letzten "Frankenstein" der Regievorhang und Peter Cushing liefert sich seinen vorfinalen Auftritt in einem Film des kurz vor der Verabschiedung stehenden Studios. Sichtbar günstiger als in den vorangegangenen Episoden nimmt sich die Kulisse des nach fünfjähriger Serienpause (lässt man "The Horror" außer Acht) entstandenen Werks aus; die kargen Mauern der Irrenanstalt bieten wenig Raum für eine glamouröse Ausstattung und die Außenaufnahmen des Gebäudes zeigen deutlich sichtbar ein Miniuaturmodell. Zumindest die bekannte, dichte Atmosphäre konnte jedoch, einhergehend mit einem erhöhten Maß an lakonischem Humor, bestehen. Cushing entblödet sich trotz aller ungünstigen Umstände auch hier nicht, ein Höchstmaß seiner Kunst zu demonstrieren, was den Mann wiederholt zu einem der sympathischsten seiner Zunft macht. Das mehr oder weniger offene Ende lässt einen sich wünschen, dass der nach "Must Be Destroyed" wieder etwas gefangene, aber immer noch unverwüstliche Baron irgendwo im filmischen Orkus beständig weiter seinen kleinen Experimenten nachgeht. Ich jedenfalls gönne es ihm von Herzen.
Hervorzuheben ist die deutsche DVD von Anolis, die mit zum Liebevollsten gehört, was das Label aus dem Hut gezaubert hat: Nicht nur, dass Bild- und Tonqualität tadellos sind und mit aktuellen Filmen locker mithalten können, hinzu kommt noch die Tatsache, dass man "The Monster From Hell" nach 30 Jahren auch dem deutlichen Publikum zugänglich machen konnte. Für die Synchronisation - seine vierte Frankenstein-Performance nach 35 Lenzen Unterbrechung gewann man die knapp 90-jährige Stimmenlegende Friedrich Schönfelder. Der Mann legt nicht nur einen absolut frischen, tadellosen Job hin, sondern gibt in einem Interview (ebenso wie der etwas kühle David Nathan) auch manches Anekdötchen zum Besten. Schon allein deshalb eine potentielle Lieblingsscheibe.
8/10
#438
Geschrieben 31. August 2006, 17:09
Schulmädchen-Report, Teil 2: Was Eltern den Schlaf raubt ~ BRD 1971
Directed By: Ernst Hofbauer
Diesmal ist unser rasender Reporter Friedrich von Thun je zur Hälfte in einem Studio mit einigen ausgewählten Briefeschreibern, die nach dem aufwühlenden ersten Teil eigene Erfahrungen schildern wollen, sowie auf dem Ku'Damm unterwegs, um dort junge Mädels nach ihren Vorlieben und moralischen Wertmaßstäben zu befragen.
Kaum ein Unterschied zum Vorgänger. Unter dem Deckmäntelchen der sexuellen Libertinage werden wieder einige bewegte Bilder nackter, unkeuscher Mädels feilgeboten. Diese treiben im besten Falle mit gleichaltrigen Jungs üblen Schabernack oder ruinieren schlimmstmöglich den Leumund braver gesetzter Herren, die aber zuvor ihre Pfoten auch nicht bei sich behalten konnten. Über das Für und Wider derartiger Alibihandlungen ist jede Diskussion müßig - das wahre Potential der beispiellos erfolgreichen Hartwig-Reihe liegt ohnehin im Zeitkolorit und der damit einhergehenden unfreiwilligen Komik sowie der unschlagbar duften Musik begründet. Fast schon ein bisschen eklig kamen mir die Fummeleien bayrischer Dorfjugendlicher vor ("Du, wos is'n des?" - "Des is' mei Säckle."). Riesig aber wiederum Willy Harlander, später als Schorsch Bernbacher im "Pumuckl" zu besonderen Ehren gelangt.
Einer der Laienschauspieler heißt Frank Wedekind. Falls dies ein Pseudonym ist/war - mir fiele für diese alte Geschmacklosigkeit auch kein Besseres ein.
5/10
#439
Geschrieben 02. September 2006, 15:18
Die 1000 Augen des Dr. Mabuse ~ BRD/F/I 1960
Directed By: Fritz Lang
Eine Reihe mysteriöser Todesfälle führt Interpol und Kripo direkt zum Wiesbadener Hotel Luxor, denn sämtliche Opfer haben kurz vor ihrem Ableben dort residiert. Der US-Milliardär Travers (Peter van Eyck), der im Luxor abgestiegen ist, macht bald die Bekanntschaft einer suizidalen Schönen (Dawn Addams), während Kommissar Kras (Gert Fröbe) sich nicht sicher ist, wer der große Drahtzieher ist - der aufdringliche Versicherungsvertreter Mistelzweig (Werner Peters), der seltsame Hellseher Cornelius (Wolfgang Preiss) oder gar die potentielle Selbstmörderin?
Artur Brauner war zu seiner Hochzeit ein äußerst cleverer Geschäftsmann mit dem stets richtigen Riecher. Für seine Konkurrenzreihe zur Wallace-Serie von Horst Wendlandts Rialto reanimierte er einen deutschen Klassiker: Dr. Mabuse, der in Gestalt von Rudolf Klein-Rogge bereits während der Weimarer Republik und kurz vor der nazistischen Übernahme die nationale Unsicherheit personifiziert hatte. Brauners größter Coup aber lag darin, Fritz Lang dazu zu bewegen, wieder die Regie zu übernehmen. Mit einer ansehnlichen Besetzung brachte dieser, wenn auch fernab seiner früheren Klasse, das Kunststück fertig, ein zeitgemäßes, unterhaltsames Kriminalepos zu bewerkstelligen, welches der Konkurrenz durchaus die Stirn zu bieten wusste. Stilistisch mittlerweile sehr in der - möglicherweise forcierten - Nähe zu Kollegen wie Reinl oder Vohrer, blieb dies Langs letzter Film und damit auch der einzige unter seiner Regie innerhalb der ihrerzeit neuen Mabuse-Reihe der CCC.
Interessant ist, dass filmhistorisch die Stummfilm-Version von '22 respektive der Tonfilm von '33 zwar von filmhistorisch betrachtet ungleich höherem Rang sind als die 60er-Jahre-Serie, letztere aber (wohl nicht zuletzt aufgrund diverser TV-Ausstrahlungen) im medialen deutschen Gedächtnis noch weitaus präsenter zu sein scheint.
7/10
#440
Geschrieben 02. September 2006, 15:42
Things To Do In Denver When You're Dead (Das Leben nach dem Tod in Denver) ~ USA 1995
Directed By: Gary Fleder
Nachdem seine Kumpels (William Forsythe, Christopher Lloyd, Treat Williams, Bill Nunn), auf deren Mitwirkung bei der Ausführung eines "Jobs" Jimmy The Saint (Andy Garcia) besteht, selbigen vermasselt haben, heißt es für alle fünf nur noch "Buckwheats". Dies bedeutet nichts anderes als einen qualvollen Tod, vornehmlich herbeigeführt durch eine ins Rektum abgefeuerte Kugel, in Auftrag gegeben durch den erzürnten Gangsterboss "Mann mit dem Plan" (Christopher Walken).
In der Nachfolge zu Tarantinos Überraschungserfolg gab es ja eine ganze Schwemme von Filmen, die mit einem ähnlich 'revolutionären' Impetus hantierten, dabei aber allermeistens bitterböse auf die Fresse flogen. Ich weiß nicht mehr, welches Blatt den Begriff "Taranteenie" kreiert hat, aber ich finde ihn nach wie vor sehr treffend.
Bei "Things To Do" hatten die Weinstein-Brüder eine zumindest halbwegs brauchbare Intention. Fleders Film wirkt mit all seiner gezwungenen Coolness, dem Gangstergehabe, Walken und Buscemi in Klischeerollen und der durchkalkulierten Verrücktheit zwar 11 Jahre später rührend nineties-like und arg überholt, ist andererseits aber noch immer durchweg amüsant und mit einigen beständigen Lachern garniert.
Das größte Talent liegt immer noch bei Gary Fleder, dessen bis heute ansehnlichster Film dies ist. Dem öligen Andy Garcia passen die Schuhe des Jimmy The Saint aber gar nicht so recht, während es darstellerisch sonst wenig zu mäkeln gibt. Am meisten in Erinnerung bleibt mir nach wie vor der fiese, aber treffsichere Critical Bill (Treat Williams).
7/10
#441
Geschrieben 03. September 2006, 16:12
Sonne, Sylt und kesse Krabben ~ BRD 1971
Directed By: Jerzy Macc
Einige jungte Leute auf Sylt halten sich vornehmlich am FKK-Strand auf und treiben dort Schabernack. Der Geschäftsmann Weber (Achim Strietzel) ist derweil damit beschäftigt, hübsche junge Zähne (meist erfolglos) anzubaggern.
Es lebe der Dilettantismus! Dieses frivole Sex-Klamöttchen besticht durch ein Nichts an Inhalt und wenige zu erhaschende Blicke auf Brüste und Pos, im Glücksfall jene der vorzüglich gebauten Ingrid Steeger. Ansonsten handelt es sich zweifellos um ein PR-Filmchen für die mondäne Nordseeinsel, denn diverse nette Sylter Ausflugsziele und Sonnenstrände werden publikumswirksam ins Bild gerückt.
Eine kleine alte Peinlichkeit aus dem deutschen Giftschränkchen der Siebziger.
3/10
#442
Geschrieben 04. September 2006, 15:01
Im Stahlnetz des Dr. Mabuse ~ BRD/F/I 1961
Directed By: Harald Reinl
Dr. Mabuse lässt seinen kriminellen Einfluss diesmal von einem Gefängnis ausgehen, dessen Einsitzende ihm wegen der Injektion eines Narkotikums allesamt zu Diensten sind. Inspektor Lohmann (Gert Fröbe), unterstützt durch den wackeren G-Man Joe Como (Lex Barker), hat alle Hände voll zu tun, den Großmeister des Verbrechens dingfest zu machen.
Der zweite Mabuse-Film der CCC schneidet, besonders im direkten Vergleich mit den "1000 Augen" stets deutlich schlechter ab, was ich nicht so ganz vermag, nachzuvollziehen . Zwar muss man eindeutig konstatieren, dass Reinl bei weitem kein Fritz Lang war, um nicht zu sagen, dessen international erprobte Könnerschaft schlicht nicht besaß, dass er aber dennoch als respektabler Routinier durchging.
Die wohlfeilen Zutaten für gepflegte deutsche Gruselunterhaltung sind allesamt auch hier vertreten und mit Barker (für den mit diesem Film seine "deutsche" Karriere begann) und Daliah Lavi zudem zwei formatfüllende Stars an Bord. Bei genauerem Hinsehen zeichnet sich bereits hier das serielle Element ab, das dem einstigen furchteinflößenden Mastermind Mabuse einiges von seiner Schrecknis rauben wird, als harmlose Unterhaltung kann man den Streifen jedoch goutieren.
6/10
#443
Geschrieben 05. September 2006, 21:26
Alien Vs. Predator ~ USA 2004
Directed By: Paul W. S. Anderson
Ein Satellit der Weyland Corporation lokalisiert unter dem Eis der Antarktis eine aztekische Pyramide. Weyland (Lance Henriksen) persönlich entsendet ein Expeditionsteam, angeführt von der taffen Alexa (Sanaa Lathan), welches das antike Gebäude untersuchen soll. Das den Tempel umgebende Geheimnis kostet nahezu sämtliche Teilnehmer das Leben.
Dass man sich bei "AVP" nicht der Gefahr der mentalen Überhitzung aussetzt, dürfte kein Geheimnis sein - ebensowenig wie die Tatsache, dass das Gipfeltreffen zweier der beliebtesten extraterrestrischen Spezies keiner der jeweiligen, vorausgehenden Reihen das Wasser reichen kann. Ich darf aber feststellen, dass ein zweites Anschauen - die Erwartungshaltung kann nun ja nicht mehr enttäuscht werden, im Gegenteil sie ist sogar irgendwo im tiefsten Keller - einen recht angenehmen Effekt mit sich bringt. Obwohl das Ganze mehr einem Videogame ähnelt als dem, was man sich klassischerweise unter einem Spielfilm vorstellt, die meiste Zeit Versatzstücke aus den beiden Basis-Franchises herangezogen und aufgewärmt werden und von jedweder Überraschung keine Rede sein kann, vermag "AVP" es, für kurzweiliges Amüsement zu sorgen. Putzige Ideen wie die Predator-Mensch-Allianz oder die Von Däniken - Mär mit den außerirdischen Kulturspendern lässt man sich doch gern gefallen. Außerdem ist die Erscheinung der Alienqueen im Showdown mehr als beeindruckend. Einen signifikanten Unterschied zwischen der Kinofassung und dem Unrated Cut konnte ich nicht fetstellen, erst das Nachlesen eines Schnittvergleichs brachte Licht ins Dunkel.
Wie erwähnt, eine zweite Begegnung kann manchmal eine durchaus versöhnliche Wirkung mit sich bringen.
6/10
#444
Geschrieben 07. September 2006, 17:38
Supergirl ~ USA 1984
Directed By: Jeannot Szwarc
Als das Omegahedron, ein wichtiger Energiespender, wegen der Unachtsamkeit des kreativen Wirrkopfs Zaltar (Peter O'Toole) aus der kryptonischen Enklave Argo City gen Erde verschwindet, saust Supermans Cousinchen Kara (Helen Slater) hinterher, um das Kügelchen zurückzubringen. Dumm nur, dass das Ding der Zauberin Selina (Faye Dunaway) in die langen Finger fällt. Diese hat nämlich einen ziemlich üblen Charakter und nichts Besseres mit dem Omegahedron zu tun, als Unruhe zu stiften.
"Supergirl" ist ein grandios gescheiterter Versuch der Salkind-Familie, die weibliche Version des so erfolgreichen Mannes aus Stahl für ein geschwisterliches Unternehmen flott zu machen. Dass bei einer so hemmungslos albernen, dullen Geschichte der Erfolg ausbleiben musste, dürfte eigentlich vorprogrammiert gewesen sein. Kurzum: Der Film ist so scheiße, dass er schon wieder schön ist. Dem Rechnung trägt die herrliche Filmmusik von Jerry Goldsmith, gewissermaßen eine Adaption des originalen "Superman"-Scores, die zumindest phantasievolle Gestaltung inklusive der umnebelten Bilder und natürlich die denkwürdige Besetzung. Helen Slater ist sehr niedlich in blau und mit viel Beinfreiheit, Faye Dunaway betreibt das vermutlich größte Overacting ihrer Karriere, Hart Bochner (der "Die Hard" - Kotzbrocken) demontiert sämtliche Männlichkeitsideale der 80er, Mia Farrow bekommt für 2 lustlose Minuten screentime immerhin die vierte Castposition und dann: Peter O'Toole. Ultraabgeklärt sitzt er in der aus "Superman II" bekannten Phantomzone und säuft Whiskey aus einem Zerstäuber. Den Filmgöttern sei Dank für diesen Auftritt!
Nicht verschweigen sollte man, dass "Supergirl" als Adaption der Comics, mit Ausnahme einiger Schönheitsfehler (der Textilienwechsel ist und bleibt schleierhaft), gar nicht mal so übel ist. Allerdings waren diese bereits gurkig wie nur was.
5/10
#445
Geschrieben 09. September 2006, 12:01
Gunfight At The O.K. Corral (Zwei rechnen ab) ~ USA 1956
Directed By: John Sturges
Wyatt Earp (Burt Lancaster) trifft auf der Jagd nach den verbrecherischen Clanton-Brüdern den notorischen Spieler und an Tuberkulose erkrankten Doc Holliday (Kirk Douglas), mit dem ihn bald eine spröde Freundschaft verbindet. In dem kleinen Städtchen Tombstone, in dem Wyatts Bruder Virgil (John Hudson) Marshall ist, kommt es einige Zeit später zum unausweichlichen Konflikt mit Clanton (Lyle Bettger) und seiner Bande.
Ein sehr erwachsen wirkender Western nach einem Script von Leon Uris, psychologisch sehr ausbalanciert, der eher mit Dialog als mit Aktion zu glänzen weiß. Insbesondere Douglas als Doc Holliday, ohnehin stets der dankbarere Part in allen Wyatt Earp - Filmen, bleibt in Erinnerung. Sein Spiel in "Gunfight" zählt mit Sicherheit zu den besten Rollen seiner Laufbahn. Ihm sind dann auch die knackigsten Sprechzeilen vorbehalten. Wie er mit seiner ihm hoffnungslos verfallenen Freundin (Jo Van Fleet) zankt, das ist schon ganz große Tragödie. Lancaster, obschon auch hervorragend, bleibt dagegen beinahe blass. Der Film wurde seinerzeit in VistaVision abgelichtet, ein teueres, wenngleich schmaleres CinemaScope-Konkurrenzformat, das wegen seiner Schärfe und Brillanz auch heute noch für SF/X-Shots verwendet wird, das "Gunfight" noch immer in schönsten Farben erstrahlen lässt und der klassischen Musik von Dimitri Tiomkin einen genießerischen Nährboden verschafft.
In Nebenrollen erhascht man zahlreiche bekannte Gesichter aus der Westernwelt der 1950er, darunter John Ireland, Earl Holliman, Lee Van Cleef, DeForest Kelley, Jack Elam und den jungen Dennis Hopper.
Einer von Sturges' bemerkenswertesten Filmen, ganz sicher.
9/10
#446
Geschrieben 10. September 2006, 10:27
Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse ~ BRD 1962
Directed By: Harald Reinl
Mabuse (Wolfgang Preiss) verschanzt sich in den Kellergewölben eines Theaters, in dem allabendlich die schöne Schauspielerin Liane Martin (Karin Dor) ein Guillotine-Opfer gibt. Seine Welteroberungspläne errichtet der Doktor diesmal auf dem unsichtbar machenden Frequenzverschieber, einer Erfindung des entstellten, unglücklich in Liane verliebten Professor Erasmus (Rudolf Fernau). Mabuse diesmal auf den Fersen: Kommissar Brahm (Siegfried Lowitz) und nocheinmal Joe Como (Lex Barker) vom F.B.I..
Viel geklaut hat man für den dritten CCC-Mabuse, bei Leroux und Wells. Immerhin entstand so ein hübsch schauriger Gruselkrimi mit zwar wenigen, aber durchaus ahnsehnlichen Unsichtbarkeits-Effekten. Fröbe hat als heldenhafter Kriminalist eine Pause eingelegt und Lowitz kann ihm trotz solider Leistungen zweifellos nicht das Wasser reichen. Erfreulich: Lex Barker hat nun, nachdem er im Vorgänger noch unpassenderweise (wie im "Schatz im Silbersee") von Horst Niendorf synchronisiert wurde, Gert-Günther Hoffmann als Sprecher. Witzigerweise wirkt Barker mit mahlenden Wangenknochen und treffsicherer Faust trotz seines in der Schultergegend gut ausgefüllten Tweedjackets wie Old Shatterhand, ein Part, auf den er irgendwie wohl in sämtlichen seiner deutschen Produktionen abonniert war.
Ein wenig daneben die Humoreinlagen, für die der schweizer Schauspieler Walo Lüönd (mit Stimme von Georg Thomalla) als Assistent Hase verantwortlich zeichnet. Der Mann war beileibe kein Eddi Arent.
Insgesamt ein unübersehbar typisch deutscher s/w-Reißer, der den Freund derartiger Unterhaltungsware trotz der erwähnten Kritikpunkte zufriedenzustellen weiß.
6/10
#447
Geschrieben 10. September 2006, 10:46
Das Testament des Dr. Mabuse ~ BRD 1962
Directed By: Werner Klingler
Der in einer Irrenanstalt einsitzende Mabuse (Wolfgang Preiss) scheint trotz seines vermeintlich autistischen Wahns einen unheilvollen Einfluss auszuüben: Ein Syndikat begeht Verbrechen genau nach Mabuses verworren aufgezeichneten Plänen. Kommissar Lohmann (Gert Fröbe) und Assi Krüger (Harald Juhnke) haben einige Nüsse zu knacken, bis sie dem Überganoven auf die Schliche kommen.
Brauner-Mabuse No. 4 bringt ein Quasi-Remake von Langs 33er-Version und fährt damit gar nicht mal schlecht. Fröbe ist wieder an Bord und zeigt sich einmal mehr in bester Form. War schon ein toller Mann. Zwar konnte man sich auch hier die pseudowitzigen Einlagen, diesmal durch Juhnke präsentiert, nicht verkneifen, aber sie erscheinen zumindest weniger redundant als im Vorgänger. Auf den ewigen "Untertan" Werner Peters hat man dafür, ein wenig bedauerlich, leider verzichtet.
Eine Menge gelungener Regieeinfälle in Verbindung mit einem für die Reihe fast schon innovativem Schnitt und erstklassigen Licht/Schatten-Spielen machen diesen Mabuse jedenfalls Langs "1000 Augen" ebenbürtig. Preiss, der sich im Laufe der Serie auf wundersame Weise von einem verrückt gewordenen Psychiater zu Mabuse himself gewandelt hat, tritt hier endgültig ab. Fortan wird nur noch sein Geist unterwegs sein.
7/10
#448
Geschrieben 10. September 2006, 17:13
3:10 To Yuma (Zähl bis drei und bete) ~ USA 1957
Directed By: Delmer Daves
Um 200 Dollar zu verdienen, die ihm helfen können, seine marode Farm zu retten, erklärt sich Dan Evans (Van Heflin) bereit, den Outlaw Ben Wade (Glenn Ford) in ein nahegelegenes Städtchen zu eskortieren und dort mit ihm auf den nachmittäglichen Zug nach Yuma zu warten. Wades Leute fallen natürlich nicht auf die fingierten Spuren herein, die man ihnen gelegt hat und sind bald zur Stelle, um ihren Chef zu befreien.
Daves' erstklassiger Western nach einer Kurzgeschichte von Elmore Leonard zählt zu den wichtigsten Genrebeiträgen der 50er, nicht zuletzt in seiner Funktion als unbeabsichtigtes Bindeglied zwischen zwei anderen großen Klassikern, nämlich "High Noon" und "Last Train From Gun Hill".
Wie manch anderer vergesse auch ich dieses kleine Juwel in Aufzählungen immer wieder gern, dabei kann "3:10", trotz mangelnden Stardoms und in seinem äußerlichen B-Gewand inmitten der anderen großen Klassiker des US-Western problemlos bestehen. Heflin und Ford als Biedermann und Brandstifter (wobei erster im Grunde seinen "Shane"-Part ausbaut) sind absolut glaubwürdig in ihren Rollen und liefern sich spannende Psychoduelle, wobei sich - trotz brenzliger Situationen - eine gewisse gegenseitige Sympathie nicht leugnen lässt. Diese überträgt sich auch auf den Zuschauer, der gar nicht anders kann, als Ben Wade am Ende ein hohes Maß an Respekt zu zollen.
Ein Pflichterlebnis, wenn man mich fragt.
9/10
#449
Geschrieben 11. September 2006, 18:58
Underworld ~ USA/D/H/UK 2003
Directed By: Len Wiseman
Vampire und Lykaner liegen in einem bereits Jahrhunderte andauernden Clinch, dessen Ursachen nurmehr verschwommen erscheinen. Mitten in den als Guerillakrieg unter den Menschen geführten Konflikt platzt die unbeabsichtigte Romanze zwischen der Vampirin Selene (Kate Beckinsale) und dem unbedarften Arzt Michael (Scott Speedman), eines Nachfahren des Urvaters beider Rassen, den der Werwolf-Chef Lucian (Michael Sheen) zu einem Blutsauger/Lykaner-Hybriden umfunktionieren möchte, zu persönlichen Zwecken natürlich. Intrigen im Vampirhaus erleichtern die explosive Situation nicht gerade.
Eine ernsthafte Empfehlung für Wisemans Hochglanz-Trash sollte man sich lieber verkneifen, zu sehr schwelgt die gesamte Ästhetik in Zitaten, zu grenzlächerlich die rigorose De-Mythologisierung, die mit jeder Art von gotischen Romantik bricht, Werwölfe und Vampire in Leder und Latex kleidet und mit modernsten Handfeuerwaffen (beidseitig) um sich ballern lässt. Und selbst dieser Ansatz ist ja seit "Blade" nichts Neues mehr. Ähnlich wie jenes Vorbild, bei dem es sich ja noch um eine ausgewiesene Comicverfilmung handelt, kokettiert "Underworld" mit der Welt der bunten (in diesem Falle allerdings eher einvernehmlich dunklen) Bilder. Was ich persönlich dem Film jedoch zu Gute halte, ist sein naiv-ernsthaftes Selbstverständnis, mit dem er sich selbst breit anstreicht und sein kleines, brüskes Universum entwirft.
Uneingeschränkt verneigenswert dabei der Auftritt Erwin Leders als verschrobener Werwolf-Wissenschaftler, den ich erst jetzt, nachdem ich Kargls "Angst" gesehen habe, richtig zu würdigen wusste. Der Österreicher vermag es, zumindest seine Szenen mit einer ganz individuellen Note zu versehen.
Wie bereits formuliert sicher kein uneingeschränkter Hochgenuss, für den toleranten Genrefreund aber dennoch wert, angetestet zu werden. Der zweite Teil steht jedenfalls auf meiner Einkaufsliste.
6/10
#450
Geschrieben 12. September 2006, 20:17
Scotland Yard jagt Dr. Mabuse ~ BRD 1963
Directed By: Paul May
Professor Pohland (Walter Rilla), nunmehr vom Geiste Dr. Mabuses (Wolfgang Preiss) besessen, will sich erneut eine Erfindung für seine umtriebigen Pläne unter den Nagel reißen: Eine Maschine, die anderen einen fremden Willen aufzwängen kann. Zu diesem Zwecke wird Mabuse/Pohland in England tätig, um dem "Empire zu neuem Glanz zu verhelfen, allerdings etwas anders als früher". Major Tern (Peter van Eyck) von Scotland Yard und sein deutscher Kollege Vulpius (Werner Peters) lassen sich jedoch nicht ins Bockshorn jagen.
Eine seltsame Genese für Brauner-Mabuse # 5: Offenbar in Ermangelung einer probaten Weiterführung der Geschichte um das Verbrechergenie bediente man sich eines Romans von Bryan Edgar Wallace ("The Device") und verquickte diesen mit den altbekannten Mabuse-Zutaten. Heraus kam ein netter, fast schon innovativer Serienbeitrag. Besonders gegen Ende bringt May in einer irrwitzig temporeichen Schnitt- und Zoomparade beinahe dadaistische Züge in seine Inszenierung ein, wobei die hervorragende, jazzige Musik von Rolf Wilhelm ihr Übriges tut. Dadurch ergibt sich gleichermaßen eine gehörig-unfreiwillige Komik, wie auch ein beinahe kunstfertiger Impetus. Der starke Verdacht stellt sich ein, dass ein paar Dekaden später Schlingensief stilistisch hier mehr als ordentlich abgeschaut hat, wirft man einen Blick auf seine Arbeiten.
Neben drei alten Bekannten, Peters (als ordentlicher Fröbe-Ersatz auf der Seite des Guten), van Eyck (zum ersten Mal seit den "1000 Augen" wieder dabei) und Rilla (aus dem direkten Vorgänger) gibt sich Kinski als braver Yard-Beamter seinen einzigen Mabuse-Auftritt. Weiterhin sehen wir noch einige eher durch ihre Synchrontätigkeit bekannte Schauspieler: Wolfgang Lukschy, Hans Nielsen und Agnes Windeck.
Wenngleich etwas trashiger als die vier Vorgänger hat mir Mabuses England-Exkursion nochmal außerordentlich gut gefallen. Außerdem: Ein rein deutsches Exponat, bevor für den letzten Teil wieder internationale Geldgeber in die Bresche sprangen.
7/10
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