In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#61
Geschrieben 25. August 2005, 19:45
Tante Trude aus Buxtehude ~ BRD 1971
Directed By: Franz-Josef Gottlieb
Zwei behämmerte Detektive (Rudi Carrell, Ilja Richter) helfen einer unglücklichen Erbin (Elisabeth Krogh) an die Million zu kommen, die ihre Tante Trude ihr hinterließ. Vor dem pittoresken Skifahrer-Idyll von Kitzbühel bekommt man es auf der Suche nach dem Zaster mit allerlei idiotischen Zeitgenossen (u.a. Theo Lingen, Ralf Wolter, Rainer Basedow, Herbert Fux & Toni Sailer) zu tun...
Zweiter Teil der legendären "Tanten"-Trilogie, die mir jüngst ein anderer User hier im Forum durch seine schönen Einträge wieder ins Gedächtnis rief und die mittlerweile leider viel zu selten im Fernsehen laufen. Also hurtig her damit auf Silberling.
Aus heutiger Sicht erscheint es beinahe unfassbar, das Filme wie dieser noch vor 30 Jahren Kinosäle füllten. Von einer halbwegs plausiblen Geschichte ist weit und breit nichts zu entdecken und der Humor ist so infantil, dass selbst ein Drittklässler wohl kaum noch darüber lachen könnte. Ich selbst hingegen muss freimütig gestehen: Ich schon.
Handwerklich bewegt man sich in den Niederungen des Schulmädchen-Reports - mit anderen Worten: Ein derartiger Ausbund an allseitigem Untalent spottet nach wie vor jeder Beschreibung und diente seinerzeit wohl lediglich als PR-Maschine für schmissige SchlagersängerInnen, halbgare TV-Comediens und pseudo-mondänen Wintersport. Heute hingegen kann man das ganze genussvoll betrachten als Porträt der deutschen kulturellen Befindlichkeit anno 71. Gleich noch den ehedem aktuellen Fassbinder hinterher und man hat das komplette Spektrum nationalen Bewusstseins in drei Stunden abgehandelt, und das jugendfrei! So allumfassend ist Film.
Erstaunlich finde ich es auch immer wieder, dass damals soviel nachvertont wurde, und das nicht nur sichtbar asynchron. Da hat Chris Roberts, wenn er nicht gerade "Hey, Mann am Mikrofon" trällert, doch tatsächlich die Stimme von Tommi Piper (Alf). Naja, wenigstens der hübsche Herbert Fux, der diesem Kleinod zwischen "Mark Of The Devil" und Francos "Jack The Ripper" seine Präsenz verlieh, darf mit eigenem Organ wienern (s. Zitat.). Komplett gaga, aber ein Liebhaberstück.
5/10
#62
Geschrieben 27. August 2005, 09:09
Sin City ~ USA 2005
Directed By: Robert Rodriguez, Frank Miler
Drei Geschichten aus der comic noir - Stadt Basin City, in der es harte Kerle, schöne Frauen und perverse Bösewichter gibt und die Grenzen zwischen Ethik und Verworfenheit fließend sind.
"Sin City" ist wohl die konsequenteste Comicverfilmung, die es zur Zeit gibt und zugleich ein Beweis für die Unaustauschbarkeit zweier Medien. Auf dem Papier funktionieren Millers Storys tadellos, sie sind unglaublich stringent und in der konsequenten Verquickung von Stil und Erzählweise ein Glücksfall für die 9. Kunst.
Der bis auf die Spitze getriebene Expressionismus von Millers Zeichnungen wird denn auch ohne jeglichen Verlust auf die Leinwand hinübergerettet. Hier wie dort sind die Bilder von einer beispiellosen Ästhetik, was hüben über panels gereicht wird, spiegelt sich drüben in Bewegungsabläufen wieder. Dass einzelne frames exakt Szenen aus dem Comic entsprechen, ist da noch das Tüpfelchen auf dem i.
Für Dialoge und off-Monologe gilt Selbiges; auch sie sind im Verhältnis 1:1 übernommen worden. Allerdings liegen hier Knackpunkt und Problem des Films: Funktionieren die Plots um Rache und männlichen Beschützerinstinkt im Comic tadellos als (beabsichtigte) wunderbare Hommage an Detektivromane von Spillane oder Hammett, wirken sie im Film etwas tumb und wie eine bloße Rechtfertigung für die gewaltbeseelten Bilder. Ein eindrucksvolles Beispiel für die unterschiedlichen Wirkungen von geschriebenem und gesprochenem Wort. Die Konsequenz aus alldem: "Sin City" ist wie ein Animationsfilm, dessen künstliche Figuren durch reale Personen substituiert wurden und erscheint daher in Printform äußerst reif, in bewegten Bildern jedoch seltsam unerwachsen. Der griffige, aber ermüdende "style over substance"-Vorwurf (eigentlich hatte ich mir vorgenommen, diese Floskel hier nicht zu zitieren) ist also berechtigt. Dennoch: Was für die Besetzung an Coolness-Ikonen aufgelaufen ist, dürfte wohl nicht zu toppen sein. Selbst Rutger Hauers Kurzauftritt gemahnt an "Blade Runner"-Zeiten. Fehlte eigentlich nur noch Christopher Walken.
Nicht schlecht, aber wohl überbewertet.
7/10
#63
Geschrieben 27. August 2005, 09:58
La Chèvre (Der Hornochse und sein Zugpferd) ~ F 1981
Directed By: Francis Veber
Die vom Pech verolgte Tochter (Corynne Charbit) des Großindustriellen Bens (Michel Robin) wird bei einem Mittelamerika-Trip verschleppt. Dieser engagiert daraufhin den Detektiv Campana (Gerard Depardieu), der jedoch keinen Erfolg hat auf der Suche nach ihr. Also kommt man auf die bizarre Idee, den kleinen Angestellten Perrin (Pierre Richard), der ebenso tolpatschig ist wie das Entführungsopfer, zusammen mit Campana nach Mexiko zu schicken, um dort durch ähnliche Missgeschicke, wie sie "die kleine Bens" erlebt hat, dem Mädchen auf die Spur zu kommen. Der zunächst skeptische Campana muss sich bald wundern, denn nicht nur die Unglückstheorie scheint sich zu bewahrheiten, Perrins Pech färbt auch noch auf ihn ab...
Die erste von drei Kollaborationen zwischen dem Regisseur Veber und dem Duo Richard/Depardieu. Sie alle zeichnen sich durch eine seltsame, aber funktionierende Mischung aus Klamauk und leisem, beinahe poetischem Humor aus. Für "La Chèvre" gilt dies besonders: Veber versteht es hervorragend, auf der Klaviatur zwischen trefflichen Lachszenen und immer wieder durchbrechender Ernsthaftigkeit zu spielen und seine beiden Akteure gereichen ihm dabei voll zum Erfolg. Depardieu als hardboiled P.I. und Richard als von sich selbst überzeugter Verlierer ergeben eine klassische Buddy-Konstellation, die ausgiebig Zeit für Streitereien, aber auch für die Freundschaftsentwicklung lässt.
Dazwischen kommt es immer wieder zu kaum fassbaren Kuriositäten, wie einer Szene, in der der Allergiker Perrin von einer Wespe gestochen wird und plötzlich aufdunst, oder seiner Entführung durch einen Gorilla (sichtbar schlecht kostümiert). Das Ende ist dann wunderbar schlicht und doch vielsagend. Ein rundum schöner Film.
9/10
#64
Geschrieben 28. August 2005, 18:01
Bad Day At Black Rock (Stadt in Angst) ~ USA 1955
Directed By: John Sturges
1945, kurz nach Kriegsende: Nach vier Jahren hält plötzlich zum ersten Mal wieder der Schnellzug am Bahnhof von Black Rock, einem Wüstenkaff inmitten des Mittelwestens. Der seltsame Fremde, der aussteigt (Spencer Tracy), gibt sich als John Macreedy aus. Die überwiegend männliche Bevölkerung von Black Rock, angeführt von dem zwielichtigen Smith (Robert Ryan) begegnet dem Fremden beinahe durchweg zunächst mit Argwohn und sehr bald mit unverhohlener Aggression. Offenbar hat man etwas zu verbergen. Als Macreedy anfängt, sich nach einem japanischstämmigen Farmer names Komoko zu erkundigen, gleicht das einem Stich ins Wespenest...
Sturges' noireskes Kleinod in Farbe und breitem Scope ist ein Musterbeispiel für absolut schnörkelloses, präzises Filmemachen. Runde 80 Minuten Spielzeit genügen ihm, um ein atmosphärisches Suspense-Feuerwerk alter Schule abzubrennen und dabei nicht nur eine spannende und durchaus realistische Geschichte zu erzählen, sondern zugleich ein sozialkritisches Thema anzugehen, das im übrigen gern totgeschwiegen und durch Film als kulturelle Reflexion äußerst selten aufgegriffen wurde. Der Weite der kargen, felsigen Prärielandschaft zum Trotz entstand so ein regelrecht klaustrophobisches Kammerspiel. Sturges beging glücklicherweise auch nicht den Fehler, die wenigen aktionsgesteuerten Sequenzen reißerisch ausarten zu lassen.
Kleiner Mopperpunkt am Rande: Obwohl der exzentrische Spencer Tracy wie (fast) immer eine erstklassige Vorstellung abliefert, ist er für seinen Filmcharakter bestimmt ein wenig zu alt. Schließlich soll es sich um einen Kriegsveteranen handeln, der erst vor kurzem aus Europa zurückgekehrt ist. Dennoch kann man mit Tracy als Protagonist letztendlich gut leben. Hervorragende Darsteller auch in den Nebenrollen: Walter Brennan, Dean Jagger, Ernest Borgnine, Lee Marvin.
Ein rechtes Meisterwerk nach meinem Geschmack, aufgrund seiner würzigen Kürze ideal für die Überbrückung zwischen Suppe und Kartoffeln.
9/10
#65
Geschrieben 29. August 2005, 18:50
Wenn die tollen Tanten kommen ~ BRD 1969
Directed By: Franz-Josef Gottlieb
Paul (Ilja Richter), der für ein Reisebüro arbeitet, muss zum Wörthersee um mit seinem Kumpel Rudi (Rudi Carrell) einen Exklusivvertrag mit einem Hotel dingfest zu machen. Nicht nur, dass sämtliche Klamotten der beiden von Kühen gefressen werden und sie im Frauenfummel herumlaufen müssen, sie bekommen es neben anderen schillernden Gestalten wie dem Schabernack treibenden Zwillingspärchen Uschi und Muschi (Ulli & Gaby König), auch noch mit Christian (Anders) als Hotelbesitzer in cognito zu tun, der sich seinen bedauernswerten Mitmenschen am liebsten durch schmalzige Schlager mitteilt...
In umgekehrter chronologischer Reihenfolge nun der erste Tantenfilm, der - man glaubt es kaum - noch bizarrer ist als sein Nachfolger (s.o.).
Ein solch formvollendeter Schwachsinn dürfte wohl selbst im baufälligen deutschen Unterhaltungskino der späten 60er / frühen 70er seines Gleichen kaum finden. Der Song, der die Titelsequenz (in welcher sich knappgeschürzte Damen verschiedener Couleur vor bundesdeutschen Straßen und Bauwerken räkeln) untermalt, ist erwartungsgemäß erstklassig, für die unvermeidlichen Käseliedchen von u.a. Chris Roberts (wiederum mit Alf-Sprechstimme) braucht man allerdings selbst als Trashfreund ein gutes Nervenkostüm. Dafür bekommt man wiederum den Stimmimitator Kurt Stadel (größter Gag des Films!) und im gleichen szenischen Atemzug ein schwarzes Transenwunder geboten sowie nicht zuletzt den wirklich genialen Hubert von Meyerinck als Ilja Richters cholerischen Chef. Hanebüchene Abgründe tun sich auf. Beinahe staunt man mehr als dass man lacht über so viel (in jeder Hinsicht) Unfassbares.
Wer nach filmischen Grenzerfahrungen sucht und die "Tanten" noch nicht kennt, sollte sie sich umgehend zu Gemüte führen. Demnächst folgt auf diesen Seiten der Abschluss der Trilogie: "Die tollen Tanten schlagen zu", den ich (so glaube ich wenigstens) zum allerersten Mal werde genießen dürfen.
4/10
#66
Geschrieben 01. September 2005, 18:56
Die tollen Tanten schlagen zu ~ BRD 1971
Directed By: Franz-Josef Gottlieb
Richter und Carrell haben einmal mehr Gelegenheit, sich in der zeitgemäßen haute couture zu präsentieren und dürfen diesmal sogar ein paar ominöse "Kraftpillen" zu sich nehmen, nach deren Genuss ihnen Bizeps bzw. Brust schwellen und sie prügeln können wie ihre italienischen Zeitgenossen Girotti/Pedersoli. Außerdem werden die beiden u.a. vom notorisch talentlosen Hansi Kraus flankiert, der hier, anstatt unschuldige Lehrer seelischer Tortur auszusetzen, mit einer duften Beatband namens "The Tears" durch die Lande reist und am Ende sogar knutschen darf. So ein Lümmel.
Glücklichwerweise das in jeder Hinsicht "letzte Wort" in Sachen Tanten-Trilogie. Wie angedroht, erfolgte justament die diesbezüglich finale Sichtung, die dann doch ein gehöriger Dämpfer war. Teilweise musste ich mich durch dieses dünne Klammöttchen quälen wie durch einen See klebrigen Kaugummis.
Statt Witz bekommt man hier nur noch Langeweile geboten, selbst die mal wieder promoteten Schlager sind - man hält es nicht für möglich - noch einen Tacken unerträglicher als in den beiden Vorgängern. Offenbar hat man sich nicht mehr die geringste Mühe gegeben, das Konzept noch ein letztes Mal auszureizen, die allgemeine Lustlosigkeit feiert Dauerpräsenz und wird nur ganz selten (wie im Showdown) durchbrochen. Dieser dafür ist dermaßen schwachsinnig und grotesk, dass man beinahe schon wieder jubiliert. Ansonsten aber herrscht gähnende Leere. Rund 70% der Gags bestehen darin, dass jemand unfreiwillig in den Wörthersee fällt. Hoho.
Glücklicherweise erhält die Travestie-Thematik durch das schlussendlich gefundene Hetero-Glück der beiden Protagonisten (die in jedem der drei Filme übrigens andere Charaktere spielen sollen!) auch ihren sexual-psychologischen Abschluss. Danach konnte wirklich nix mehr kommen.
Ein filmhstorisch interessanter Aspekt ist aber doch noch zu vermerken: Hier finden sich nämlich die Ursprünge des Fäkalhumors. Ein Kuh scheißt Ilja Richter mitten ins Gesicht, worauf der schon damals graumelierte Rudi Carrell den verbalen running gag des Films zum Besten geben darf: "Scheiße bringt Glück."
Na denn, wohl bekomm's.
2/10
#67
Geschrieben 03. September 2005, 08:42
Soul Man ~ USA 1986
Directed By: Steve Miner
Der verwöhnte, aus reichem Hause stammende Mark Watson (C. Thomas Howell) wird zwar in Harvard angenommen, sein Dad (James B. Sikking) zeigt jedoch urplötzlich erzieherische Avancen und streicht ihm den Lebensunterhalt. Da Mark nur äußerst ungern arbeiten gehen möchte, bewirbt er sich für ein Stipendium, welches allerdings nur schwarzen Studenten vorbehalten ist. Also nimmt er eine Überdosis Bräunungspillen, färbt sich die Haare und bekommt tatsächlich die erwünschten finanziellen Zuwendungen. An die "Begleiterscheinungen", die das Leben als Farbiger in den USA sonst so mit sich bringt, denkt Mark zunächst nicht. Als er sich in die Kommilitonin Sarah (Rae Dawn Chong) verliebt, muss er zu allem Überfluss feststellen, dass er ihr das Stipendium weggeschnappt hat. Jetzt heißt es: Farbe bekennen...
Eine der unterschätztesten Komödien, die ich kenne. Nicht nur ungemein witzig, sondern auch sehr gescheit greift der Film die wohl leider nie abebbende Rassenthematik auf und hat damit innerhalb des Teenie-/College-Genres der 80er einen originären Status inne. Ein beliebtes Argument, dessen sich die Kritiker des Films oft befleißigen ist jenes, der Film sei oberflächlich und behandele sein Thema nur mit genau den Klischees, die er ja ganz offensichtlich ausräumen möchte. Nun, man sollte sich während und nach der Rezeption stets vor Augen halten, dass es sich hier um eine Satire handelt. Und da sind derartig überspitzte Darstellungen nicht nur erlaubt, sondern sogar ausdrücklich erwünscht. Die Szene, in der Mark bei der Familie der ethnogeilen Whitney zu Abend isst, ist jedenfalls schlechthin genial und absolut entlarvend für die (vielleicht unfreiwillige) Denkweise etlicher Weißer.
Natürlich liegen die ausgesprochenen Stärken im Script und weniger in der routinierten, jedoch zugegebenermaßen biederen Inszenierung. Regisseur Steve Miner hatte mit zwei "Friday The 13th"-Sequels und "House" allerdings auch noch wenige Regie-Lorbeeren vorzuweisen.
Gestern habe ich "Soul Man", den ich seit seiner Videopremiere wohl so um die 15 bis 20 Male gesehen haben dürfte, erstmals im Original genossen. Obwohl gerade in diesem Fall die Synchro ganz gut ist, haben wir hier mal wieder ein Beispiel dafür, wie sehr eine solche doch verfälschen kann. Insbesondere James Earl Jones' Stimme ist natürlich stets ein wahrer Ohrenschmaus.
8/10
#68
Geschrieben 05. September 2005, 17:29
Hard Times (Ein stahlharter Mann) ~ USA 1975
Directed By: Walter Hill
Zur Zeit der Depression: Der Vagabund und Streetfighter Chaney (Charles Bronson) und der Glücksritter Speed (James Coburn) schlagen sich mit Faustkraft und frechem Mundwerk durch den Wettspieler-Dschungel von New Orleans. Dem örtlichen Austernexporteur und Großbuchmacher Gandil (Michael McGuire) sind die beiden ein Dorn im Auge und so versucht er, Chaney mit seinen Streetfightern zur Niederlage zu zwingen. Dieser jedoch bleibt standhaft...
Kein großer Film im eigentlichen Wortsinne, vielmehr ein nettes kleines Zeitporträt.
Walter Hills Debüt als Regisseur hat schon genau den urtypisch staubtrockenen Charakter, den auch spätere Arbeiten kennzeichnen sollen. Hill dreht Filme für ein ausschließlich männliches Publikum, so auch hier. Mit Bronson hat er gleich den idealen Charakterkopf für seine straighte Story gefunden. Ohne viele Worte und äußerst eindeutig in seinen Absichten und Zielen zieht Chaney sein Ding durch und verschwindet dann wieder. Diesmal Richtung Norden. Ähnliches gilt für Coburn, ebenfalls einer der harten Typen Hollywoods, der sich aus brenzligen Situationen vornehmlich mit seiner unerschütterlich großen Klappe herausrettet.
Der Film schwitzt sein Südstaatenflair aus jeder Pore, in Szenen mit betrügerischen Cajuns, verrauchten Blueskneipen mit Bourbonausschank und natürlich den zahlreichen schön gefilmten Außenaufnahmen vom Hafen, dem Mississippi-Delta und dem French Quarter - Bilder, die angesichts der aktuellen Situation sehr wehmütig anmuten.
Es geht also weniger um dialoglastige Tiefgründigkeit, als um Atmosphäre, die Hill wie immer perfekt zu kreieren weiß.
7/10
#69
Geschrieben 06. September 2005, 16:47
Bad News Bears (Die Bären sind los) ~ USA 1976
Directed By: Michael Ritchie
Nicht nur dass Ex-Baseballer und Poolreiniger Morris Buttermaker (Walter Matthau) sich sein stets griffbereites Budweiser mit Jack Daniels verlängert, jetzt muss er auch noch eine Kindermannschaft trainieren. Buttermaker trifft auf einen Haufen altkluger Besserwisser und Verlierer im Miniformat, denen er zunächst selbst kaum eine Chance zugesteht, irgendwas zu reißen. Dann jedoch erwacht sein längst versiegt geglaubener Sportsgeist zu neuem Leben und mit etwas Unterstützung durch seine Stieftochter in spe (Tatum O'Neal) macht er die "Bears" zu einem durchaus respektablen Team.
Bei "Die Bären sind los" habe ich noch heute immer die TV-Serie mit Jack Warden und Bizets "Carmen"-Ouvertüre als Titelmusik im Hinterkopf, doch der vorausgehende Film ist natürlich essenziell. Es handelt sich beinahe um einen Kinderfilm für Erwachsene. Wie Matthau mit seinen hängenden Schultern unentwegt die Kühlbox oder einen Eiseimer mit Bierbüchsen durch die Gegend trägt, sich von den Kids einen Martini mixen lässt und später besoffen in Ohnmacht fällt, das besitzt zwar ein wenig situationsbezogene Tragik, animiert aber vielmehr zum Mitballern. Herrlich! Selbst die Kinderdarsteller, allen voran die schon mit "Paper Moon" zu frühen Ehren gekommene Tatum O'Neal, sind ja nur toll. Ein rundum schöner und unterhaltsamer Film, den man sich auch gern mal öfter anschauen mag. Fehlt nur noch die passende DVD.
Die Baseball-Regeln übrigens habe ich aber immer noch nicht verstanden. Egal.
9/10
#70
Geschrieben 10. September 2005, 13:04
The Golden Child (Auf der Suche nach dem Goldenen Kind) ~ USA 1986
Directed By: Michael Ritchie
Im fernen Tibet betet eine religiöse Gemeinschaft das Goldene Kind (J.L. Reate) an, das durch seine innere Reinheit und Gutartigkeit die Menschen wieder auf den rechten Weg führen soll. Der dämonische Sardo Numpspa (Charles Dance) hat allerdings Gegenteiliges im Sinn und entführt deshalb das Kind.
Es gibt im fernen L.A. jedoch einen großschnauzigen Detektiv namens Chandler Jarrell (Eddie Murphy), der als Einziger das Kind wiederfinden und es den Klauen des Bösen entreißen kann. Zusammen mit der hübschen und schlagkräftigen Kee (Charlotte Lewis) macht er sich auf die höchst seltsame Suche...
Vollkommen auf den ehedem supererfolgreichen Hauptdarsteller zugeschnittener Genrebastard, der den redseligen, Murphy-typischen Kodderhumor mit einem Schuß Fantasy-Horror mixt. Letzterer sorgt dafür, dass es zahlreiche hübsche Ideen gibt, u.a. eine der surrealsten Traumsequenzen der Filmhistorie, einen Raum ohne Boden und sogar einige "monströse" stop-motion-Effekte. Die Szene, in der Numpspa seinem obersten Herrn und Meister (offenbar Satan in persona) in wahrhaft höllischer Umgebung den Zwischenrapport ablegt, ist zudem sehr nett gestaltet worden.
Über die Qualitäten des Films (bzw. darüber, ob solche überhaupt vorhanden sind) kann man sicher streiten, aber im Kino der 80er Jahre nimmt "The Golden Child" durchaus eine Sonderposition ein. Etwas Vergleichbares dürfte sich schwer finden lassen.
Charles Dance, ein sehr distinguierter, sehr britischer Charaktermime, gibt als Bösewicht eine ansehnliche Figur ab, Charlotte Lewis ist zwar nett anzuschauen, aber eine sagenhaft ausdruckslose Aktrice. Eddie Murphy spielt sich einmal mehr selbst. Jene Szenen zum Beispiel, in denen Jarrell Problemsituationen meistert, indem er sein Gegenüber einfach totplappert, entsprechen dertailliert den inhaltlich vergleichbaren Sequenzen in der "Beverly Hills Cop"-Reihe. Seinen halbwegs originären Charakter zieht der Film also aus seinen Fantasy-Elementen.
Und den Beweis dafür, dass die amerikanische Kultur sogar religiöse Ikonen aus Fernost zu assimilieren vermag, bleibt man uns am Filmende nicht schuldig: "Goldie" (wird übrigens von einem Mädchen gespielt), rausgeputzt wie ein all-american-kid, neigt bereits zu ähnlich "lässigen" Verhaltensweisen wie sein Retter.
6/10
#71
Geschrieben 11. September 2005, 20:38
Spanglish ~ USA 2004
Directed By: James L. Brooks
Restaurantbesitzer und Familienvater John Clasky (Adam Sandler) sieht sich durch die Einstellung des bezaubernden neuen Hausmädchens Flor (Paz Vega) sowie die Vergabe seines vierten Sterns (er befürchtet einen übermäßigen Erwartungsdruck) einer unvermittelt kritischen Lebenssituation gegenüber. Seine überaus neurotische Frau Debbie (Téa Leoni) sorgt angesichts dieser Probleme nicht für Besserung, im Gegenteil. Sie frisst einen Narren an Flors Tochter Cristina (Shelbie Bruce) und verwöhnt sie mit zahlreichen Geschenken, was der Mexikanerin, des Englischen übrigens kaum mächtig, überhaupt nicht zusagt...
Dass Brooks ein phantastischer Schauspiel-Regisseur ist, ist nichts Neues. Auch hier spornt er seine Besetzug zu Höchstleistungen an, die denn auch auf ganzer Linie so grandios sind, dass sie allein ausreichen, um "Spanglish" vollkommen überzeugen zu lassen.
Um die an sich ereignisarme Geschichte eines Ehepaares in der ersten großen Krise spinnt sich additiv noch ein deutlich vernehmbarer Hauch sozialkulturellen Krisenbewusstseins, das immer dann zu Tage tritt, wenn es um Erziehungsfragen geht. Flor und Debbie sind zwei absolut diametrale Charaktere, Flor ist besonnen, bodenständig und weiblich, Debbie wirkt zerfahren, nervös, hart und unglücklich. Beide Frauen haben eine Tochter etwa im gleichen Alter, was sie häufig aufeinanderprallen lässt. Zwischen diesen beiden Kämpferinnen wirkt Adam Sandler, der, davon bin ich bereits seit "Punch Drunk Love" überzeugt, wirklich etwas auf dem Kasten hat, beinahe verloren und zerbrechlich. Mitunter legt er sogar eine (im konservativen Sinne) authentischere Weiblichkeit an den Tag, als seine Frau. Wie man sich das vorzustellen hat? Selber ansehen!
8/10
#72
Geschrieben 12. September 2005, 20:53
Harry Potter And The Sorcerer's Stone (Harry Potter und der Stein der Weisen) ~ USA 2001
Directed By: Chris Columbus
Beginn der Saga um den Londoner Magier-Eleven Harry Potter (Daniel Radcliffe), der bei unausstehlichen Muggel-Verwandten aufwächst und zu Beginn seines 12. Lebensjahres auf die Zauberschule Hogwarts geht. In seinem ersten Abenteuer muss er mithilfe seiner neuen Freunde Ron (Rupert Grint) und Hermine (Emma Watson) das Geheimnis um den Stein der Weisen enträtseln, hinter dem der zwielichtige Lehrer Severus Snape (Alan Rickman) herzusein scheint.
Es scheinen Harry Potter-Tage ausgebrochen zu sein im Forum, bin ich doch bereits der Dritte innerhalb von zwei Tagen, der über den Zaubernachwuchs berichtet.
Die filmgewordene Exposition zu jenen Geschichten, die Bücher wieder en vogue machten, bietet bereits das, was die Serie so beliebt machen sollte: Überbordende Fantasie, eine liebevolle Inszenierung und bei aller Verspieltheit eine Geschichte, die auch für fantasykompatible Erwachsene goutierbar ist. Hinzu kommt die Vielzahl britischer Charaktermimen, hier noch angeführt von dem altehrwürdigen Richard Harris, einer meiner persönlichen Ikonen, von dessen genialem Minenspiel man unter dem weißen Rauschebart allerdings kaum mehr etwas zu erkennen vermag. John Williams' Motive wecken Erinnerungen an den "temple of doom" und auch die Kinderdarsteller dürften ihren literarischen Vorbildern so nahe kommen wie nur irgend möglich.
Beseeltes Kommerzkino, äußerst kalkuliert zwar, aber auch nach mehrfachem Sehen von bleibendem eigentümlichem Reiz.
8/10
#73
Geschrieben 12. September 2005, 21:19
Harry Potter And The Chamber Of Secrets (Harry Potter und die Kammer des Scheckens) ~ USA 2002
Directed By: Chris Columbus
Zweites Jahr in Hogwarts. Harry lernt u.a. den noch fieseren Vater (Jason Isaacs) des ohnehin schon fiesen Draco Malfoy (Tom Felton) kennen, bringt einen aufschneiderischen Betrüger (Kenneth Brannagh) zur Raison, beweist die Unschuld seines Kumpels Hagrid (Robbie Coltrane) und bekommt es mit allerlei überdimensioniertem Krabbelgetier zu tun.
Fortsetzung meines gestrigen Potter-Sonntags. Die Protagonisten sind bereits bekannt, das erste Staunen ist verebbt. Im Großen und Ganzen wurde das Erfolgskonzept des Vorgängers beibehalten, die fabulöse Brit-Act-Riege nochmals aufgestockt und wiederum ein ordentliches Zauber-Abenteuer für kleine und große Spinner in Szene gesetzt. Ein wenig düsterer ist das ganze auch. Insofern also alles prima. Aber...:
Üblicherweise bin ich ja kein Filmegucker, der jeden Logikfehler mit der Lupe sucht und auch sonst bisweilen großzügig über drehbuchbedingte Engpässe hinwegsieht. Hier allerdings klaffen einige Löcher in der Geschichte, als hätte der dreiköpfige Riesenköter aus Teil 1 zugelangt. Außerdem nervt mich das Geistermädchen auf dem Lokus. Dies und die Tatsache, dass die audiovisuelle Gestaltung (die Interieurs in Hogwarts, die sich bewegenden Treppen und Gemälde, das Quidditch-Match) bereits ein wenig der Gewohnheit anheim gefallen sind, machen Potter-Abenteuer No. 2 (das ich zumindest erstmals ungeschnitten schauen durfte) einen Tacken schlechter als den Vorgänger.
7/10
#74
Geschrieben 14. September 2005, 20:06
The Firm (Die Firma) ~ USA 1993
Directed By: Sidney Pollack
Der junge Jurastudent Mitch McDeere (Tom Cruise) steht kurz vor einem hervorragenden Harvard-Examen und wird von den großen Kanzleien bereits heiß umworben. Das verführerischste Angebot erhält er von einer Firma in Memphis, die sich bald nach Mitchs Zusage nicht nur als erzkonsevativ sondern auch als abonniert auf Mobsterklienten entpuppt. Während das FBI Mitch nun dazu bringen will, als Maulwurf in der Firma aktiv zu werden, stellen sich die Methoden des "Rechtsunternehmens" als mindestens ebenso unlauter heraus, wie die ihrer Hauptklientel. Mitch gerät mitsamt seiner Frau (Jeanne Tripplehorn) zwischen die Fronten...
Preisfrage: Aus welchem Film stammt die im Folgenden beschriebene Szene?
Tom Cruise hängt in horizontaler Position über dem Erdboden und darf sich nicht rühren, ansonsten blüht im Saures. Allerdings tropft Schweiß von seiner Stirn, der ihn zu verraten droht.
Ein Tipp gefällig? Es ist nicht "Mission: Impossible".
Palim, palim, hat doch der De Palma drei Jahre später mit gleichem Personal die gleiche Situation nachgestellt. Zwar um einiges spektakulärer und spannender, aber trotzdem. Geklaut ist geklaut. Nun ja, wollen wir ihm nicht weiter böse sein.
Fest steht: Die Grisham-Verfilmungen ähneln sich (ebenso wie seine Prosa) auch allesamt sehr. Sie sind sämtlich stets im selben Milieu angesiedelt, die Hauptcharaktere sind dabei vollkommen austauschbar. Sie haben regelmäßig eine Laufzeit von über 2 Stunden und verschleißen die Top-Regisseure und Schauspieler Hollywoods am Fließband. Wobei - Grisham scheint mittlerweile etwas aus der Mode gekommen zu sein.
Allerdings bieten seine Geschichten neben ihrer geistlosen, spießigen Art der Darstellung auch meist einen halbwegs spannenden Fortgang, der die Erzählzeit seltsamerweise moderat erscheinen lässt und: Sie sind immer verlässlich. Irgendwie ist man ein wenig angewidert angesichts so viel plump dargelegter Weltanschauung, guckt sich den Salat aber trotzdem gut amüsiert und ohne Überforderungsgefahr zu Ende an. Das gilt für diese (erste) Adaption ebenso wie für die (geschätzten) 9 weiteren. Komische Kiste, diese Grisham-Verfilmungen.
7/10
#75
Geschrieben 18. September 2005, 10:35
La Noche Del Terror Ciego (Die Nacht der reitenden Leichen) ~ E, P 1971
Directed By: Amando de Ossorio
In einem Freibad begegnen sich die ehemals besten Freundinnen Betty (Lone Fleming) und Virginia (María Elena Arpón) wieder. Virginia und ihr Freund Roger (César Burner) planen, übers Wochenende aufs Land zu fahren und laden Betty ein, sie zu begleiten. Die bereits früher unterdrückten Gefühle zwischen Betty und Virginia keimen wieder auf, Roger macht der lesbischen Betty eindeutige Avancen. Virginia verlässt, überfordert mit der Siutuation, bei Berzano den Zug und sucht nächtens Zuflucht in einem verfallenen Kloster. Ein tödlicher Fehler. Doch die eigentliche "Nacht des blinden Terrors" lässt noch auf sich warten...
Ein wunderschöner Film und ein Lehrstück in Sachen Atmosphäre aus der mediterranen Hexenküche, das das unscheinbare Portugal als Ort finsterer mittelalterlicher Schrecken etabliert. Die Templer, mediävistische Satanisten, die sich ehedem an dem Blut wunderschöner Jungfrauen erquickten, sind gesichtslose Tote, die eine grausame Strafe durch die Inquisition erfahren mussten: Sie wurden gehängt und ihre Augen von Krähen ausgehackt, auf dass sie zu ewiger Blindheit verdammt seien. Angelockt durch den Geruch und die Wärme Virginias erwachen sie zu neuem unheiligen Leben und entsteigen ihren Gräbern um ihr altes Werk fortzuführen. Ihre körperlichen Verfehlungen, Begehren und Notzucht, müssen alle außer Betty, die trotz ihrer sexuellen Andersartigkeit "rein" bleibt, mit dem Leben bezahlen. Betty ihrerseits wird "nur" den Verstand verlieren.
Doch es gibt noch ein Übel: Die von den Templern ausgesaugten Leichen kehren als Wiedergänger zurück und dürsten nun selbst nach Blut. In einer denkwürdigen, einzigartig ausgeleuchteten Szene, verfolgt die auferstandene Virginia die junge Nina (Verónica Llimera) in einer Schaufensterpuppenfabrik. Mit Feuer wird Virginia dann endgültig der Garaus gemacht. Sie schmilzt in einem endlosen Schreikrampf förmlich dahin, ähnlich den aus Plastik geformten Puppen.
Seinem Hauptwerk ließ der Spanier Ossorio, dessen hier geführter Name ganz offensichtlich ein Peudonym ist, noch drei Fortsetzungen folgen, die den hohen qualitativen Standard des Erstlings nicht halten konnten. Dieser jedoch darf sich der Bezeichnung "Meisterwerk" uneingeschränkt erfreuen.
9/10
#76
Geschrieben 18. September 2005, 11:13
Flesh & Blood (Fleisch + Blut) ~ USA 1985
Directed By: Paul Verhoeven
1501, zu Beginn der Renaissance: Die letzten archaischen Ausläufer des Mittelalters beuteln das immer noch finstere Europa. Es wird belagert, geplündert, geraubt, gemetzelt und vergewaltigt was das Zeug hält.
Der Söldner Hawkwood (Jack Thompson) und seine Mannen helfen dem Ritter Arnolfini, seine Stadt zurückzuerobern. Als der Edelmann jedoch seine Zugeständnisse zurücknimmt, kommt es zum Bruch zwischen Hawkwood und seinem besten Mann Martin (Rutger Hauer). Dieser rächt sich und setzt sich dann mit seinen Verbündeten und der Jungfrau Agnes (Jennifer Jason Leigh) auf einer Burg ab. Doch weder Arnolfini noch sein Sohn Steven (Tom Burlinson) wollen die Schmach auf sich sitzen lassen. Zusammen mit Hawkwood rücken sie gegen das versprengte Häufchen vor...
Verhoevens erster mit US-Geldern gedrehter Film geriet nach eigener Aussage zum persönlichen Debakel. Der Holländer hatte eine Art mittelalterliche Version von "The Wild Bunch" im Sinn, was man dem Endprodukt durchaus noch anmerkt. Hinzu kam, nachdem Orion Pictures insistiert hatte, jedoch die Dreiecksgeschichte zwischen Martin, Agnes und Steven, die dem Film einiges von seinem Drive nimmt.
Rutger Hauer wollte in erster Linie weg von seinem bad boy image und zerstritt sich deswegen mit Verhoeven, die restliche Besetzung war während des Drehs offenbar mehr an ausschweifenden Strandpartys interessiert, was dem Regisseur schließlich den Rest gab.
So macht denn "Flesh & Blood" auch einen wesentlich weniger geschlossenen Eindruck als Verhoevens spätere US-Filme, die stets entweder Maßstäbe setzten oder grandios scheiterten.
Auf mich wirkte der Film auch nach großem Abstand zur letzten Sichtung immer noch, als wolle er primär die Greuel und den Hedonismus mittelalterlicher Existenz zeigen, und das möglichst provokativ. Zumindest diese Prämisse hat Verhoeven eingelöst. Dass der Film für des Meisters Verhältnisse überdies sehr oberflächlich ist und zu seinen schwächeren Arbeiten gezählt werden muss, ist so zumindest halbwegs zu verschmerzen. Allerdings kann "Flesh & Blood" noch lange nicht mit der inszenatorischen Wucht, mit der spätere Historienporträts Schwert- und Grabenkämpfe darstellten, mithalten. Insofern ein recht zwiespältiges Erlebnis.
6/10
#77
Geschrieben 22. September 2005, 21:03
Emanuelle in America (Black Emanuelle - Stunden wilder Lust) ~ I, 1976
Directed By: Joe D'Amato
Emanuelle (Laura Gemser), wie immer ganz die gewiefte Skandalreporterin, versteckt eine Minikamera in Armreif und Halskette und dokumentiert schonungslos die Dekadenz und Perversion ihrer zumeist äußerst wohlhabenden Zeitgenossen. Am Ende stößt sie sogar auf einen Snuffporno-Ring, dessen sinistres Treiben selbst der stets nonchalant agierenden Fotografin zumindest kurzfristig das überhebliche Grinsen aus dem Gesicht wischt...
Das skandalumwitterte Werk des Exploitation-Maestros Aristide Massaccesi erweist sich, was die vielerseits beschworenen, "unheilvollen" Sequenzen angeht, dann doch eher als Rohrkrepierer. Grenzt ja beinahe schon an Legendenbildung. Nichtsdestotrotz gibt es einige phantastische Bilder zu bestaunen, die Party des blaublütigen Alfredo Elvize (Gabriele Tinti) etwa hat es wirklich in sich. Erlesene Dekors und Kostüme sind zu sehen, man fragt sich ernstlich, welcher offenbar betuchte Hauseigner sein Refugium für die Drehs zur Verfügung gestellt haben mag. Oder die Szene, in der Emanuelle und ihr Lover vor der Tür des Kammerorchesters eine Nummer schieben: Massaccesi erweist sich hier wie dort nicht nur als Stilist mit unbestechlichem Auge, sondern zudem als wahrer Kultur-Guerillero.
Das satirisch aufgezogene Ende schließlich überspannt den Bogen ein wenig und wurde wohl eher aus der Not geboren. Kann man aber verschmerzen.
Nebenbei demonstriert der Regisseur, dass er auch als sein eigener Kameramann Grandioses zu leisten vermag. Seltsamerweise wird er in dieser Funktion in den credits unter seinem richtigen Namen geführt.
Erwähnung finden sollte noch der erwartungsgemäß hervorragende Score von Nico Fidenco, wie Massaccesi ein ungebremster Dynamo seines Fachs.
7/10
#78
Geschrieben 23. September 2005, 20:00
The Life And Death Of Peter Sellers ~ USA 2004
Directed By: Stephen Hopkins
Karriere und Privatleben des begnadeten Komikers Peter Sellers, von seinen Anfängen bei der BBC hin zu seiner Hollywood-Karriere, werden unter Zuhilfenahme einiger wesentlicher Stationen seziert.
Hopkins' Biopic präsentiert den Exzentriker und Lebemann Sellers als einen hoffnungslos ambivalenten Menschen, der unnachgiebig persönliche Ziele zu verfolgen zu und erreichen vermochte, darüber hinaus aber ein widerwärtiger Egomane sein konnte, dessen infantile Gefühlsmomente ihn bisweilen zu einem waschechten Misanthropen machten. Die Hassliebe zu Sellers' Erfolgsregisseur Edwards wird geschildert, Kubrick einmal mehr zum introvertierten Genie verklärt. Sellers' Ehefrauen und Kinder nehmen eher eine Opferposition ein, wenn sie einmal mehr seine Ausbrüche erdulden müssen. Dass Hopkins einmal einen fast bedeutsamen Film abliefern würde, hätte ihm sicher nicht jeder zugetraut, doch die traumwandlerische Leichtigkeit, mit der er hier die inszenatorische Feder führte, belehrt uns eines Besseren. Geoffrey Rushs Auftritte sind beinahe transzendent; um das Chamäleon darzustellen, wird er selbst zu einem solchen - unglaublich! Besonders in den nachgestellten Filmsequenzen sieht Rush seinem Vorbild mitunter zum Verwechseln ähnlich.
Einen (subjektiv auszulegenden) Mangel gibt es aber doch zu beklagen: Hopkins wollte offenbar unter allen Umständen die für Biopics typischen Gefühlsausbrüche vermeiden und sparte daher so gut wie jede emotionale Involvierung aus. Dieser Ansatz ist angesichts der aktellen Schwemme von Film-Biographien zwar nachvollziehbar, nimmt der Geschichte aber viel von ihrer Bodenhaftung. Dennoch, die positiven Aspekte übwerwiegen: Sorgsam eingesetzte Farbfilter & Weichzeichner, fließende Übergänge zwischen Film und Realität und besonders jene Metaebene, die Rush alias Sellers in die Rollen seiner jeweiligen szenischen Antagonisten schlüpfen lässt, machen "The Life And Death" zu etwas Besonderem.
8/10
#79
Geschrieben 29. September 2005, 14:42
Road House ~ USA 1989
Directed By: Rowdy Herrington
Dalton (Patrick Swayze) ist der Toughste, wenn es darum geht, unliebsame Gäste aus gastronomischen Etablissements zu komplementieren und wird daher von dem Besitzer einer runtergekommenen Tanzspelunke engagiert, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen. Das Kaff (und damit auch der Alkoholausschank), in dem besagter Schuppen liegt, wird von dem großkotzigen Brad Wesley (Ben Gazzara) kontrolliert. Klar, dass Dalton und Wesley bald empfindlichst aneinander geraten...
"Road House" begründete und beschloss zugleich das dementsprechend kurzlebige Genre es "Rausschmeißer-Films". Patrick Swayze lässt mit beeindruckender Null-Mimik und seinem eingeölten Drahtleib die Mädels seufzen, langt aber trotzdem ordentlich hin. Nur noch die mit Otis Reddings "These Arms Of Mine" untelegte Bumssequenz gemahnt ans schmutzige Tanzen. Kelly Lynch stellt als sonnenbankbewährtes Blondchen und mit Manta-Matte dann auch die Kerls zufrieden (wobei: zwei, drei Kilos passen da noch ran). Doch Vorsicht: "That gal's got entirely too many brains for an ass like that!" (Sam Elliott) Sie ist nämlich Doc und hat den Schwur geleistet. Für den geneigten Cineasten gibt es indes die besagten, bestens aufgelegten Sam Elliott (als Türsteher-Ikone und väterlichen Mentor) und Ben Gazzara, denen man den Spaß am Dreh deutlich anmerkt. Von einem fröhlichen Klopperfilm entwickelt sich Herringtons Prolo-Ballade dann hin zu einem ziemlich harten, Silver-typischen Showdown mit urplötzlich rapide ansteigenden humanen Verlusten und gewohnt hektischem Score von Michael Kamen. Silly but unique.
6/10
#80
Geschrieben 30. September 2005, 20:45
Les Douze Travaux D'Astérix (Asterix erobert Rom) ~ F 1976
Directed By: René Goscinny, Albert Uderzo
Um herauszufinden, ob es sich bei den unbesiegbaren Galliern möglicherweise doch um Götter handelt, lässt Julius Cäsar Asterix und Obelix 12 Aufgaben erfüllen, wie weiland Herakles, bevor er in den Olymp durfte. Für den Fall, dass alle diese Missionen erfüllt werden, will Cäsar sich den Aufständischen unterwerfen...
Der erste und einzige Film, den die créateurs der gedruckten Abenteuer des Galliers ausschließlich und höchstpersönlich für die Leinwand schrieben und umsetzten, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von den Comics und von den anderen Ausflügen ins Trickfilmressort. Diverse Fantasy-Elemente (abgesehen vom Zaubertrank) fließen hier mit ein, die zu Goscinnys Lebzeiten niemals Platz in den Printgeschichten gefunden hätten, die Historie wird zugunsten des Plots beispiellos radikal verändert und im Gegensatz zu den anderen Filmen setzt sich die herkulische Story der "12 Aufgaben" nicht aus bereits bekannten Episoden aus den Comics zusammen. Zwar gab es dort bereits einzelne Gags, wie die (herrliche) Bürokratie-Satire, im Großen und Ganzen jedoch ist die vorliegende Geschichte originär. Sie mutet aber auch ungewohnt pompös an, ist gespickt mit psychedelischen Farben, Tönen und Bildern und daher auch als "Asterix auf Acid" bekannt.
Die Zeichnungen wirken noch lange nicht so flüssig und formvollendet wie in den letzten Episoden, was "Asterix erobert Rom" jedoch keineswegs an Charme einbüßen lässt, er wirkt eben sehr erdig und "handgemacht" und lebt auch mehr von seinem Ideen- als seinem Detailreichtum. Ich mochte den Film früher und mag ihn auch jetzt noch - allerdings sollte man ihn als Liebhaber der Comics eher losgelöst betrachten.
Für jüngere Kinder sicher der am wenigsten geeignete Asterix-Film.
7/10
#81
Geschrieben 01. Oktober 2005, 09:08
Dragnet (Schlappe Bullen beißen nicht) ~ USA 1987
Directed By: Tom Mankiewicz
Die beiden sehr unterschiedlichen Sergeants Friday (Dan Aykroyd) und Streebeck (Tom Hanks) müssen einem geplanten Verbrechen der PAGAN-Sekte (PAGAN = People Against Goodness And Normalcy) unter der Führung des TV-Predigers Whirley (Christopher Plummer) auf die Spur kommen, in das u.a. eine bolivianische Riesen-Anaconda, ein Softporno-Verleger, eine waschechte Jungfrau sowie Fridays Oma involviert sind...
Hommage an und zugleich Parodie auf das "Dragnet"-Original, eine mehrfach aufgelegte, klassische Radio - & TV-Serie, die die Arbeit der Polizei von L.A. bierernst und pseudodokumtarisch nachstellten und über ein berühmtes Titelthema verfügten.
80er-Komödien, in denen ehemalige Saturday Night Live-Komiker mitwirken, sind für Komik-Fans ja normalerweise immer ein besonderes Vergnügen. "Dragnet", obwohl eigentlich hervorragend besetzt (sogar Henry Morgan aus der 67er-Dragnet Re-Animation ist dabei), gehört da eher zu den Ausnahmen. Der Film ist völlig richtungslos. Manche (wenige) Gags zünden, die meisten sind jedoch hoffnungslos doof und einfach nur infantil. Oft verlässt das Drehbuch seinen eben eingeschlagenen Persiflage-Pfad, um dann wieder typische SNL-Witze (die denn auch gut sind) zu präsentieren, schwenkt dann um zu actionreichen Verfolgungsjagden, um schließlich wieder bei einer äußerst flachen Pointe zu landen. Hängt womöglich damit zusammen, dass drei Leute (u.a. Aykroyd) mit unterschiedlichen Ansätzen am Script herumgewerkelt haben.
Unterhaltsam zwar, aber für eine Polizei-Komödie entschieden zu dünn. Dann schon lieber richtig stupide mit der "Police Academy" oder richtig gut mit "The Naked Gun".
5/10
#82
Geschrieben 04. Oktober 2005, 19:27
Die Helden von Eisenheim ~ BRD 2004
Directed By: Per Schnell, Werner Kubny
"Die Helden von Eisenheim" dürften eifrigen WDR-Sehern bereits seit einigigen Jahren bekannt sein. Es handelte sich dabei um eine mehrteilige Doku-Soap um den ehemaligen Kumpel und jetzigen Rentner Manni Heldt, der mit seiner Famile in einer altehrwürdigen Kohlenkolonie in Oberhausen-Eisenheim wohnt und seine Zeit mit kräftigem Essen und Taubenzüchten verbringt. Jüngst sind Höhepunkte der Serie zu einem Film zusammengeschnitten (und mit kurzen Kommentaren von Elke Heidenreich versehen) worden, der einen kurzen Kinoeinsatz erhielt und auch auf DVD erhältlich ist.
Die Heldts sind also so etwas wie das Revier-Pendant zu den Kölner Fußbroichs, leider war ihre Fernsehzeit nur wesentlich kurzfristiger. Vielleicht liegt es an ihrem unspektakulären Leben: Zwischen Frühstück, Taubenschlag und dem allabendlichen Familien-Meeting vor dem Fernseher passiert nicht viel - ein Abstecher zum CentrO oder zum Friseur zählt da schon zum Außergewöhnlichen. Manni hat eine Seele von Frau, die dem übergewichtigen Taubenfan ein Leckerchen nach dem anderen kredenzt (von Schinkenbrötchen über Torte bis zu Frikos), zwei erwachsene Kinder und seinen Bruder Gustav, der nur ein, zwei Häuser weiter wohnt. Sicher, die Heldts zählen freilich weder zum Bildungsbürgertum noch sind sie Großverdiener, aber das wollen sie auch gar nicht. Ihr existenzieller Mikrokosmos stellt die Familie offensichtlich vollkommen zufrieden, und das ist auch gut so.
Die Filmemacher Schnell und Kubny legen indes keinen Wert auf denunzierenden Voyeurismus, sondern filmen beseelt und unbestechlich weiter, selbst dann, wenn die Eisenheimer bisweilen angesichts der omipräsenten Kamera ein klein wenig zur Selbstinszenierung neigen. Umso authentischer wirkt das Ganze.
Eine der besten Milieu-Dokumentationen, die ich kenne, die durch den Verzicht auf die Heidenreich'schen Wortbeiträge noch gewonnen hätte. Nach dem Filmgenuss sind mein Kumpel und ich ins ein paar Kilometer entfernte Eisenheim gefahren, und siehe da, wir hatten das Vergnügen, Manni und Gustav Heldt auf der Bank vor ihrem Haus sitzend anzutreffen. Und - wat soll ich sagen? Die sehen in echt genauso aus wie im Fernsehn, do.
Für Leute aus dem Pott ein Muss.
9/10
#83
Geschrieben 04. Oktober 2005, 19:48
The Cat Concerto (Tom gibt ein Konzert) ~ USA 1946
Directed By: William Hanna, Joeph Barbera
Während Kater Tom versucht, ein Piano-Konzert zu geben, fühlt sich der im Flügel hausende Jerry empfindlich gestört und es kommt zu den allseits bekannten Kebbeleien.
Stellvertretend für mehrere gestern geschaute "Tom & Jerry"-Cartoons aus deren Glanzzeit von 45 bis 49 (darunter die ebenfalls phantastischen "Texas Tom", "Salt Water Tabby" und "Heavenly Puss") möchte ich dieses Meisterstück hervorheben, das anno '46 sogar mit einem Academy Award bedacht wurde. Zu Recht.
Dies ist einer der schönsten MGM-Cartoons um Katz und Maus, von formaler Perfektion, unglaublich temporeich und ein mustergültiges Beispiel dafür, wie einzigartig es Hanna/Barbera verstanden, Bilder und Töne zur absoluten Symbiose zu treiben. Jerry Mouse bekommt hier (zu Recht) Lack wie selten zuvor oder danach, geht allerdings trotzdem (wie immer) als Sieger hervor, da Kater Tom sich wegen des Mäuserichs andauernder Intervention im wahrsten Sinne des Wotes um Kopf und Kragen spielen muss. Herrlich böse und sadistisch, dabei von außerordentlicher Kunstfertigkeit, ein echtes, wunderbar detailreiches Kleinod, das man gar nicht oft genug sehen kann.
10/10
#84
Geschrieben 06. Oktober 2005, 18:23
Million Dollar Baby ~ USA 2004
Directed By: Clint Eastwood
Der alternde Box-Coach Frankie (Clint Eastwood) übernimmt nach dem Weggang seines Champs in spe die Betreuung der aus einfachen Verhältnissen stammenden Maggie (Hilary Swank), unterstützt von seinem langjährigen Weggefährten Eddie (Morgan Freeman). Trotz anfänglicher Bedenken erweist sich Maggie als außerordentlich talentiert, doch der Vater-Tochter-ähnlichen Beziehung widerfährt bald ein abruptes Ende...
So, das war also der diesjährige Award-Abräumer. Recht gut hat er mir gefallen, wenngleich mein cineastisches Weltbild nicht erschüttert wurde. Aber das wurde es eigentlich ohnehin selten von einem Oscar-Kandidaten.
Eindringlich wie selten wurde mir bewusst, dass Eastwood, ob als Jungakteur, gereift oder im Alter im Grunde stets denselben Charakter spielt. Abgeklärt, knüppelhart, mehr oder weniger sichtbar von Dämonen getrieben, die ihn nicht loslassen wollen. Ob er nun gegen sprücheklopfende Desperados, Nazis, Serienkiller, Terroristen, Elefanten, Attentäter oder (wie in diesem Falle) ethische Grundsätze zu Felde zieht, Clint bleibt Clint. Hätte Harry Callahan nach seiner Pensionierung (oder wahlweise Suspendierung) eine Boxschule eröffnet, er könnte auch Frankie Dunn heißen. Letztendlich liegt dies aber wohl eher an des Altmeisters immergleicher Präsentation (das gefährliche Wort "Unvermögen" möchte ich hier aussparen, dafür ist der Mann zu betagt und ich mag ihn zu sehr). Hervorzuheben ist die angenehm gerade Inszenierung, die aber, wie man angesichts des Filmemachers Alter befürchten könnte, glücklicherweise auch keineswegs lahm oder gar anachronistisch daherkommt. Hinter der Kamera ist und bleibt Eastwood einer der besten.
Ob jetzt der Film an sich das ganze Bohei, das um ihn gemacht wurde, rechtfertigt, muss letztendlich jeder für sich entscheiden. Ich fand ihn recht ergreifend, wenn ich auch nicht in Tränen ausgebrochen bin und als typischer, alljährlicher Academy-Liebling repräsentiert "Million Dollar Baby" offenbar genau das Gusto derselben. Mir recht.
8/10
#85
Geschrieben 06. Oktober 2005, 21:30
The Beast From 20,000 Fathoms (Panik in New York) ~ USA 1953
Directed By: Eugène Lorié
Bei einer Arktis-Expedition wird durch Sprengungen ein Saurier aus dem Eis befreit, welcher sich hurtig auf den Weg nach New York macht. Der Forscher Nesbitt (Paul Hubschmid) bekommt das Vieh zu Gesicht, doch niemand mag ihm glauben. Bald jedoch häufen sich die Begegnungen. Bis die Army zum Eingreifen bewogen werden kann, hat der "Rhedosaurier" allerdings schon halb NYC in Schutt und Asche gelegt. Außerdem verbreitet das Tier eine prähistorische Seuche. Nesbitt hat schließlich DEN rettenden Einfall...
Einer der großen Klassiker des Monsterfilms, der seine schnuckeligen Stop-Motion-Effekte dem großen Ray Harryhausen verdankt. In wohlfeil genutztem schwarz-weiß gefilmt, wirken dessen Animationen umso lebensechter - manche Szenen, wie etwa der Angriff auf den Leuchtturm oder jene, in denen der Saurier durch die New Yorker Innenstadt stapft, zeugen trotz ihrer verhältnismäßig frühen Entstehungszeit von Harryhausens Meisterschaft auf seinem Gebiet. Der Film hält sein Spannungsniveau über die kurze Distanz von rd. 75 Minuten locker aufrecht und stellt einen netten Kontrapunkt zu den ansonsten üblichen Invasionsfilmen der 50er Jahre dar."The Beast" demonstriert rund 45 Jahre vor (dem thematisch ähnlich angelegten) Emmerich-"Godzilla" wie ein ordentliches Stück US-Monsterkino mit Seele auszusehen hat!
7/10
#86
Geschrieben 08. Oktober 2005, 09:33
The Man Who Knew Too Little (Agent Null Null Nix) ~ USA 1997
Directed By: Jon Amiel
Der geschwätzige Videothekar Wallace Ritchie (Bill Murray) kommt nach London, um sich bei seinem Bruder James (Peter Gallagher) für dessen Geburtstagsgeschenk zu bedanken. Damit der nervige Wally ihn nicht bei einem Geschäftsessen stören kann, arrangiert James für ihn einen Part in der Show "Theatre Of Life", in der Normalbürger in eine fiktive Szenerie geraten. Dummerweise gerät Wally statt ins Fersehen in eine sehr reale Verschwörung von rusischen und britischen Agenten. Er allerdings glaubt weiterhin permanent, er befinde sich in der Show...
Hatte Amiels Komödie wesentlich besser und lustiger in Erinnerung. So werden ehemals hochgelobte Filme nach Jahren entzaubert. Eine recht bittere Erfahrung. Allerdings: Rigoros schlecht ist Murrays Auftritt als Mann, der zu wenig wusste nun auch wieder nicht. Manche Einfälle sind durchaus redlich und gelungen, gegen Ende gibt es eine furiose Schnittsequenz. Einige wenige Lacher sind auch dabei, alles in allem ist das aber dennoch zu wenig für die gesamte Laufzeit.
Ferner wird sich dem Zuschauer mit steigender Intensität die Tatsache bewusst, dass die vermeintlich innovative Idee, einen unwissenden Trottel sich durch seine Tollpatschigkeit aus jeder noch so brisanten Situation befreien zu lassen, ja so innovativ gar nicht ist. Das alles hat man im Prinzip schon etliche Male gesehen. Und schon besser.
5/10
#87
Geschrieben 09. Oktober 2005, 11:08
Howling II: ...Your Sister Is A Werewolf (Das Tier II) ~ USA 1985
Directed By: Philippe Mora
Nachdem seine Schwester Karen (Hana Ludvikova) sich vor laufenden Fernsehkameras in einen Werwolf verwandelt und dann erschießen lassen hat (was allerdings, im Widerspruch zum Finale des Vorgängers, niemand mitbekam) begegnet der resolute Cop Ben White (Reb Brown) dem Okkultisten Stefan Crosscoe (Christopher Lee), welcher ihn darauf aufmerksam macht, dass seine Schwester wegen der Extrahierung des benutzten Silberprojektils weiterhin untot ist und erlöst werden muss. Ben lässt sich nur allzu schwer überzeugen, bis er das Übel mit eigenen Augen sieht. Zusammen mit Crosscoe und der Reporterin Jenny (Annie McEnroe) reist er nach Transsylvanien, der Brutstätte aller Werwölfe (aha!), um der Oberlykantrophen Stirba (Sybil Danning), übrigens Crosscoes Schwester, den Garaus zu machen...
Der Reiz des Verbotenen: Eine lange Liebesbeziehung gibt es zwischen "Das Tier II" und mir. Ich erinnere mich, dass mein Vater etwa zu der Zeit, als der Film auf Video erschienen ist (muss so um 1986) gewesen sein, eine Raubkopie davon im abgeschlossenen Aktenschrank hatte. Ich war 10 und durfte ihn damals nicht sehen. Eines Abends, meine Eltern waren beide außer Haus, gelang es mir irgendwie, an den Schlüssel zu kommen und ich sah mir den Streifen herzklopfend im dunklen Wohnzimmer an - ein Schlüsselerlebnis in Sachen Horrorgenuss.
Nach rund zwanzig Jahren relativiert sich der Blick ein wenig. Bekanntermaßen ist der Streifen der absolute Trashhammer. Die Handlung von Dantes Original wird sträflicherweise und dümmstmöglich wiederaufgenommen und weitergesponnen. Heraus kam eine Mär, für die der Begriff "blöde" ein glattes Kompliment wäre. Der altehrwürdige Christopher Lee schämt sich noch heute für seine Mitwirkung, was aber wiederum eigentlich Quatsch ist.
Atmosphäre und Verve nämlich hat "Howling II" aller Kritik zum Trotz. Und welch eine Besetzung! Neben Lee gibt es zu bestaunen: Muscleman Reb Brown, der gern auch in italienischen Exploitern Marke "Strike Commando" den Rambo aus zweiter Hand gab, Sybil Danning (die zumindest zwei prächtige Attribute vorweisen kann, welche sie auch offenherzig (und in einer Reprise-Endlosschleife zum Schluss noch um die 20-mal) präsentiert), Ferdy Mayne (als Graf Krolock zu absoluten Oberehren gelangt) und die blasse, anämisch dreinblickende Annie McEnroe, die zunächst wie ein Mauerblümchen wirkt um dann mit Brown ein flottes Nümmerchen zu schieben. Überhaupt wird Sex, neben saftigen Gore-Einlagen, groß geschrieben in Moras opus magnum stupidum: Selbst die Werwölfe schieben schon mal 'nen Dreier und feiern für ihr Leben gern ausschweifende Orgien. Und erst die Waffen, mit denen man gegen die pelzige Teufelsbrut zu Felde zieht: Silber wirkt nicht mehr, ab jetzt ist Titan angesagt! Verliert man derweil seine geweihten Ohrstöpsel, gibt es ektoplasmischen Unterdruck und die Augen fliegen einem - plopp, plopp - geräuschvoll aus dem Kopp. Die New Wave-Band (Babel) mit dem Titelsong ist ein Knaller und die Szenenwechsel wirken, als seien sie mit der Heimvideo-Kamera arrangiert worden.
Resümierend darf man also feststellen, dass Mora keinen Abklatsch, sondern einen richtig spaßigen und originären Film aus dem Handgelenk gezaubert hat. Die alte Magie ist noch da.
6/10
#88
Geschrieben 11. Oktober 2005, 10:45
Barfly ~ USA 1987
Directed By: Barbet Schroeder
Downtown L.A.: Das Leben des Gossenpoeten Henry Chinaski (Mickey Rourke) besteht im Wesentlichen aus drei Grundfesten, nämlich daraus, zu saufen, sich mit dem Barkeeper Eddie (Frank Stallone) zu prügeln und in lichteren Momenten Verse über sein Gossendasein zu Papier zu bringen. An regulären Jobs ist er nicht interessiert. Eines Tages lernt er in einer Bar die gleichfalls dauerbenebelte Wanda (Faye Dunaway) kennen, mit der er so etwas wie eine Liebesbeziehung eingeht. Als die Verlegerin Tully (Alice Krige) auf Henrys short stories aufmerksam wird und ihn bald darauf kennenlernt, vernarrt sie sich sogleich in den schmierigen Lebenskünstler - diesem jedoch erscheinen Hab und Gut gleichbedeutend mit purer Langeweile und bevor er sich vom schnöden Mammon korrumpieren lässt, kehrt er in die Bars und zu Wanda zurück.
"I drink, I gamble, I write." Die Lebensmaximen des großen Undergroundpoeten Charles Bukowski waren kurz und prägnant. Wer seine Gedichte, Kurzgeschichten und Romane kennt, kommt wohl kaum umhin, sich von ihrer pointierten, lebensweisen Sprache mitreißen zu lassen. Bukowski, der Film und Hollywood hasste, ließ sich eines Tages von dem mehr als hartnäckigen Schroeder gegen die entsprechende Gage doch dazu überreden, ein Script zu schreiben. Heraus kam das autobiographisch gefärbte Buch zu "Barfly", das bis in kleinste Details hinein geprägt ist von Buks kernigem Stil. In seinen autobiographischen Schriften verbarg sich Buk ebenfalls stets hinter dem Pseudonym "Henry Chinaski". Der Meister, der auch im wirklichen Leben ununterbrochen trank ("that's the slowest way to kill yourself") gab sich später sogar in einer kurzen Einstellung die Ehre zu einem Cameo. "Barfly" wäre dann beinahe nicht in Produktion gegangen und wiederum lag es an Schroeder, sein Herzensprojekt vehement zu forcieren.
Zu meiner persönlichen Einschätzung des Films ist zu sagen, dass er seit langer Zeit zu meinen absoluten Lieblingen gehört, zumindest die deutsche Version habe ich in den letzten fünfzehn Jahren schätzungsweise um die dreißig bis vierzig Male gesehen und kann sie zeilengetreu mitsprechen. Daher stehe ich "Barfly" denkbar subjektiv gegenüber - Mickey Rourke IST Bukowski, zumindest 97 Minuten lang, zählt seither zu den Größten seines Metiers für mich und allein die Tatsache, dass Francis F. Coppola und Golan/Globus von Cannon hier eine wirklich einzigartige Produzentenehe eingegangen sind, hebt den Film in höchste Sphären. Die bluesigen Klänge, zu denen Titel- und Endcredits laufen ("Hip-Hug Her" von Booker T. & The M.G.'s) hat "Barfly" übrigens Rourke zu verdanken, der für deren Einsatz plädierte. Buk war mehr für Mahler.
Für mich der größte (amoralische) Trinkerfilm aller Zeiten.
10*/10
#89
Geschrieben 13. Oktober 2005, 08:37
Per Un Pugno Di Dollari (Für eine Handvoll Dollar) ~ I/E/BRD, 1964
Directed By: Sergo Leone
Ein Fremder (Clint Eastwood) kommt kurz nach dem Sezessionskrieg in ein mexikanisches Grenzstädtchen, das von zwei rivalisierenden Familien, den Baxters und den Rojos, bewohnt wird. Der Mann ohne Namen ("Joe", wie er von den meisten angesprochen wird, war laut J. Hembus seinezeit nur ein allgemeingültiger Rufname) nutzt die pausenlose Zwietracht für seine eigenen Zwecke, indem er die Streithähne gegeneinander ausspielt.
Ein Initiationsfilm in jeder Hinsicht: Für den Italo-Western (und in diesem Zuge auch für die spätere kurze Re-Animation des US-Western), für seinen Hauptdarsteller, für seinen Regisseur, den Komponisten und deren "Man With No Name"-Trilogie - und dabei doch "nur ein Remake".
Dreckig, zynisch, rau und in jeder Hinsicht wider die Genre-Konventionen setzt insbesondere Eastwood hier sich und seiner Karriere den wohl wichtigsten Markstein: Der ewig gleichbleibende Typus, von dem ich vor ein paar Tagen im Zuge von "Million Dollar Baby" berichtete, findet sich hier zum ersten Mal breit im Film ausgespielt. Verkniffene Augen, halboffener Mund, skeptischer Blick - Eastwood in Reinkultur. Moralische Werte oder gar Bedenken gibt es für seinen Fremden nicht (mit Ausnahme von der Befreiung Marisols), und damit kappt er die letzte Verbindung zu seinen amerikanischen Vorgängern.
Leones Leistung ist zwar hervorragend und durch extreme close-ups, zooms und Schnittstakkatos bereits klar identifizierbar, seinen epischen, opernhaften Stil wird er allerdings erstmals in seinem nächsten Film ansatzweise zum Einsatz bringen.
Ähnliches gilt für Morricones Musik, die hier noch durch die Bank mit E-Gitarre und Flöte flott und nervenaufreibend daherkommt. Den Ohren des Rezipienten wird quasi keine Pause gegönnt.
Zu erwähnen noch das Synchronisations-Hickhack. Früher war es durchaus üblich, dass ein Film für seinen wiederholten Kinoeinatz eine neue Synchro verpasst bekam. So auch hier: Die alte Dialogfassung wirkt noch verhältnismäßig erdig und naturbelassen, während die spätere, erstellt von Rainer Brandt, sich durch die typischen Witzchen, die regelmäßig nur uns Deutschen offeriert wurden, auszeichnet: Der Maulesel "Alfons", war in der früheren Version noch namenlos und aus "Mach drei Särge fertig" wurde da "Mach schon mal drei von deinen Kommoden einstiegsbereit". In beiden Fassungen wird Eastwood jedenfalls von seinem späteren Stammsprecher Klaus Kindler gesprochen, auf der neuen Paramount/TFE-DVD findet sich nur die alte Version. Wem nun welche mehr zusagt ist letztendlich wohl i.e.L. eine Frage von Nostalgie und Tradition, ich persönlich hätte mich ja über beide Synchros gefreut.
9/10
#90
Geschrieben 14. Oktober 2005, 14:45
Wolfen ~ USA 1981
Directed By: Michael Wadleigh
Dewey Wilson (Albert Finney), ein recht abgeklärter New Yorker Cop, ermittelt in einem Mordfall an dem reichen New Yorker Grundstücksspekulanten van der Veer (Max M. Brown). Nach und nach wird er mithilfe der Kollegen Neff (Diane Venora) und Whittington (Gregory Hines) gewahr, dass es sich bei den Tätern nicht um die hauptverdächtige Terrororganisation "Götterdämmerung" handelt, dass sogar scheinbar überhaupt keine Menschen für den Mord verantwortlich sind. Außerdem geschehen noch weitere Greueltaten, wobei sich der Kreis der betroffenen Personen mehr und mehr Wilson annähert...
Grandiose Horror-/Fantasy-Mär, die Wadleigh, ehedem mal Regisseur der Woodstock-Doku, nach einem Roman von Whitley Strieber inszeniert hat. Nahezu perfekt bis ins Detail und im Grunde bar jeder Kritik bekommt der Horror-Aficionado hier ein ungemein atmosphärisches, äußerst durchdachtes Großstadtmärchen, das mal nicht innerhalb der üblichen Genrebahnen kursiert, sondern bewusst mit den Zuschauererwartungen spielt und in seiner trockenen, ungeschwätzigen Art heute noch genauso up to date wirkt, wie vor 24 Jahren. Außerdem - ungewöhnlich für einen Genrefilm der etwas deftigeren Art, konnte "Wolfen" seinerzeit sogar das etablierte Feuilleton für sich einnehmen, was freilich mit der goutierbaren Message zusammenhängen dürfte.
Wenn mich jemand nach empfehlenswerten NY - Filmen fragt, gebe ich immer auch diesen mit an, weil er das Flair der Stadt in durchdringender Weise wiedergibt. Und was man hier für lose Enden findet, die später wieder aufgenommen wurden: Für die Visualisierung der Wahrnehmung des "Predator" hat man sich sechs Jahre später offenbar freimütig hier bedient und wer James Horners Musik zu "Aliens" innovativ nennt, der sollte sich einfach mal seinen "Wolfen"-Score anhören.
Hugh!
9/10
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