In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#661
Geschrieben 26. Februar 2007, 19:35
Dust Devil ~ UK/SA 1992
Directed By: Richard Stanley
Nachdem Wendy (Chelsea Field) ihren Mann Mark (Rufus Swart) in Johannesburg sitzen gelassen hat, reist sie über die Grenze nach Namibia, um Abstand zu gewinnen. In der Wüste treibt derweil ein Dämon (Robert Burke) au der Suche nach Menschen mit verlorenem Lebenswillen sein Unwesen. Ein örtlicher Polizist (Zakes Mokae), der mit Spiritualität wenig im Sinn hat, verfolgt den vermeintlichen Serienkiller. Das finale Gipfeltreffen in einer Geisterstadt birgt Antworten.
Selten erlebt, sowas. Ein Film, der mir eigentlich bereits seit Jahren geläufig ist, präsentiert sich in ganz anderem Gewand und öffnet sich erstmals wie ein zuvor uneinsehbares Buch mit sieben Siegeln. Es ist wirklich ganz, ganz toll, wie Stanley seinen konsequenten Stilwillen unbeirrt beibehält, die Wüste Namib benutzt, um dort einen Horrorwestern zu plazieren und dabei seinen Figuren, inklusive dem titelgebenden Gespenst, genügend Raum zur Entblätterung lässt. Selbst für politische Seitenhiebe bleibt noch eine Nische, ebenso wie für kleine Obskuritäten am Rande, die sich im Gesamtkontext aber als vollkommen schlüssig erweisen. Marianne Sägebrecht taucht da plötzlich auf als orakelnde Pathologin und dann fällt es einem wie Schuppen von den Augen, wie ähnlich die staubig-roten Bilder eigentlich denen in Adlons "Out Of Rosenheim" sind. Mit Sicherheit kein Zufall. Beschwerden über ein zielloses oder gar konfuses Skript sind nicht zulässig, denn wer seine Stolpersteine in der Abwicklung der erzähltzen Ereignisse sucht und möglicherweise findet, hat Stanley nicht verstanden, so ähnlich wohl, wie ich selbst bis dato.
Eins steht für mich felsenfest: Die nächste Betrachtung wird zeigen müssen, ob meine sich langsam steigernde Euphorie mir heute einen Streich gespielt hat, oder nicht. Sollte ich nach wie vor derartig hin und weg sein, werde ich nicht umhin können, "Dust Devil" zu einem meiner Lieblingsfilme zu erklären.
10/10
#662
Geschrieben 27. Februar 2007, 13:53
The Driller Killer ~ USA 1979
Directed By: Abel Ferrara
Reno Miller (Abel Ferrara), mäßig erfolgreicher New Yorker Maler und Bohemien, haust mit zwei Mädels (Carolyn Marz, Baybi Day) in seiner Wohnung. Kleine, explosionsartige Gewaltphantasien durchziehen immer wieder sein Bewusstsein, doch kann Reno diese nicht recht einordnen. Eine Punkband, die im selben Haus wohnt, wie die freizügige Dreier-WG, schrömmelt derweil rund um die Uhr ihr atonales Zeug herunter - die perfekte Untermalung für den schleichenden Wahnsinn, der Reno langsam aber sicher befällt.
Ferraras erster Langfilm liest sich nach all den Jahren wie ein "American Psycho" im Künstlermilieu. Angewidert von der seelenlosen Identitätslosigkeit, die die wild parlierenden, bedröhnten Popartisten und Nichtstuer um ihn herum exponentiell vor sich her tragen, tickt der ohnehin zum Jähzorn tendierende Pinsel- und Bohrmaschinenschwinger durch - und knöpft sich als erstes die anonymen Straßenpenner vor. Auch hier ist am Ende davon auszugehen, dass jener Übeltäter zumindest zunächst unbehelligt davonkommt - denn er lebt zu einer Zeit, da man sich füreinander gerade wenig genug interessiert, um sich wild durch die Gegend morden zu können. Entfremdung, Einsamkeit und Verlorenheit also die Dachthemen, wobei spätere Ferrara-Motive, wie die Glaubensfrage im Angesicht zunehmender Säkularisierung und das Großstadtleben unter existenzwidrigen Umständen hier bereits ihren Platz finden. Ein bisschen breitgetreten sind manche Augenblicke, andere dafür umso begeisternder. Sicher ließ sich schon damals erahnen, dass da ein großer New Yorker Indiefilmer auf dem Weg ist - auch wenn Ferrara seinen Weg zwischen giftigem Splatter, underground spirit und Rotzepunk noch nicht so ganz gefunden hat. Ganz ernstnehmen kann man den Streifen heutzutage nicht mehr durch die Bank, keine Ahnung, ob er überhaupt je so intendiert war.
6/10
#663
Geschrieben 04. März 2007, 14:11
Thank You For Smoking ~ USA 2006
Directed By: Jason Reitman
Nick Taylor (Aaron Eckhart) promotet das gottgegebene Recht eines jeden US-Amerikaners auf seinen blauen Dunst - unabhängig von den bekannten gesundheitlichen Folgeschäden. Selbstverständlich arbeitet Taylor als Lobbyist im Auftrag der Zigarettenindustrie und spannt ungeniert Grundschulkinder und den alten, an Krebs erkrankten Marlboro-Mann (Sam Elliott) für seine Zwecke ein.
Ich empfand "Thank You For Smoking" kaum als die bitterböse Satire, als die sie derzeit überall angepriesen wird. Sicherlich landet das Script einige Treffer; nach diversen ähnlich gelagerten, teils dokumentarisch angelegten Filmen, die bereits andere Aspekte eines liberalen Lebensstils auf Kosten der Gemeinschaft aufs Korn genommen haben, kann Reitman juniors im Grunde spießiges Pamphlet aber nicht mehr überraschen. Gutes, sauberes Entertainment bleibt da übrig, das hier und da ein Schmunzeln zu entlocken weiß, mehr aber kaum. Ich fand es schade, dass Taylor, nachdem man ihn als mieses Arschloch gerade so richtig liebgewonnen hat, seinen beeindruckenden beruflichen Werdegang an den Nagel hängt.
Die persönlichen Folgen äußerten sich bei mir dergestalt, als dass ich aus einer unwiderstehlichen, inneren Protesthaltung heraus erstmal eine rauchen musste, obwohl ich's mittlerweile weitgehend drangegeben hab'. War mir irgendwie alles zu sauber, zu moralinsauer und vor allem zu altbekannt.
5/10
#664
Geschrieben 04. März 2007, 14:27
Être Et Avoir (Sein und Haben) ~ F 2002
Directed By: Nicolas Philibert
Ein Lehrer (Georges Lopez), der in der rauen Auvergne eine Schule mit nur einer einzigen Klasse leitet, die sämtliche Kinder aus der Umgebung zwischen 4 und 11 Jahren besuchen, erweist sich als unbeirrbar seinen Weg als Pädagoge gehender Held des Alltags, der den Kindern einen Unterricht bietet, wie er qualifizierter kaum sein kann und der ihnen zugleich als Lebensberater zur Seite steht.
Philiberts zutiefst menschlicher Dokumentarfilm geht in Vielem über den üblichen Dokucharakter hinaus und sollte insbesondere für Personen meines Berufsstands zum ausbildenden Pflichtprogramm ernannt werden. Nicht nur, dass der Film mit seinen Blitzlichtern, die ein halbes Schuljahr zusammenfassen, einen höchst entspannenden Effekt hinterlässt, der Provinzlehrer Lopez zeigt auch, wie man, ganz unabhängig von Forderungen seitens der Bildungspolitik und gesellschaftlichem Druck mit ruhiger und beherzter Hand sein eigenes, didaktisches Konzept erfolgreich praktizieren kann. Ganz unaufgeregt, aber dennoch mit Leib und Seele seinem Beruf verschrieben. Generationen von Schülern hat Lopez mit 60 Jahren kommen und gehen sehen und jetzt, da er kurz vor seiner Pensionierung steht, ahnt man, dass ihm ein persönliches Stück Lebensqualität verloren gehen wird.
Ich rate ja selten zum Genuss bestimmter Filme, aber wer verstehen möchte, was den Beruf des Grundschullehrers ausmacht, welche kleinen Mosaikstückchen und Details einen solchen Menschen bewegen und ihn antreiben, der sollte "Être Et Avoir" sehen.
10/10
#665
Geschrieben 04. März 2007, 18:38
Rasputin: The Mad Monk (Rasutin - Der wahnsinnige Mönch) ~ UK 1966
Directed By: Don Sharp
Der mit semi-magischen Kräften ausgestattete Grigori Rasputin (Christopher Lee) mogelt sich mittels Hypnosetricks und gemeinen Intrigen bis in das direkte Vertrauensfeld der russischen Zarin (Renée Asherson). Rasputins Adlatus (Richard Pasco) ahnt um den Größenwahn seines Meisters und macht einige Adlige am Monarchenhof auf die Gefahr aufmerksam, die von dem Machtbesessenen ausgeht. Zusammen plant man, ihn aus dem Weg zu räumen.
Die Hammer-Produktion "Rasputin", back-to-back mit "Dracula: Prince Of Darkness" entstanden, konnte sich glücklicherweise des Engagements Christopher Lees versichern, denn es ist vor allem seine Mitwirkung, die das pseudo-historische Miniepos sehenswert macht. Es fließen zahlreiche Gruselelemente mit ein, die das Endergebnis interessant machen, ihm aber zugleich jeden Rest von Ernsthaftigkeit rauben. An der Aufbereitung von Fakten, respektive einer zumindest visuell authentisch wirkenden Präsentation war man offensichtlich wenig interessiert, was prinzipiell nicht tragisch ist, dem Film aber als potenzieller Hollywood-Konkurrenz den Boden unter den Füßen wegzieht. Konnte der kurz zuvor entstandene "Doctor Zhivago" als Großproduktion das alte, prä-revolutionäre Russland noch in vollster Pracht abbilden, so wird man in "Rasputin" bestenfalls einiger der bei Hammer üblichen sorgfältig arrangierten Interieurs ansichtig.
Spaß macht "Rasputin" dennoch. Wenn Lee seinen Blick zur totalen Hypnose ansetzt, oder nach dem Genuss vergifteter Pralinen (die er sich betontermaßen wegen seiner widerstandsarmen Verfressenheit kredenzt) einen langen Todeskampf ausficht, dann macht das Herz einen Sprung angesichts soviel britischer Grandezza.
6/10
#666
Geschrieben 04. März 2007, 18:59
Deathstalker (Der Todesjäger) ~ USA 1983
Directed By: James Sbardellati
Deathstalker (Rick Hill), ein muskelbepackter Renegat in grauer Vorzeit, muss dem bösen Gewaltherrscher Munkar (Bernard Erhard) den Garaus machen, um die "drei Kräfte" wiederzuvereinen. Zum Schein nimmt Deathstalker an einem Turnier des Finsterlings teil, das dieser offiziell ausrichtet, um einen Nachfolger zu küren, tatsächlich aber bloß potenzielle Konkurrenten aus dem Weg zu räumen gedenkt. Dass der blonde Recke keinesfalls ein Kostverächter ist und nebenbei eine hübsche Prinzessin (Barbi Benton) befreit, versteht sich von selbst.
Die meisten "Conan"-Plagiate kamen zwar aus Italien, doch auch im Ursprungsland des archaischen Enthaupters war man nicht faul. "Deathstalker", auf dem schmalen Grad zwischen Schwach- und Wahnsinn balancierend, bietet einige der denkwürdigsten Momente des Früh-80er-Fantasykinos mit Pseudo-Frazetta-Plakaten. Bei weitem nicht so wuchtig gewalttätig wie Milius' Epos, entschied man sich für das einzig Denkbare in einem solchen Fall und gestaltete das Produkt als unverhohlene Quasi-Parodie mit ordentlichem Tittenfaktor. Dass dabei detailgetreu ganze Szenen des großen Vorbilds in denkbar schlampigster Art und Weise nachgeahmt wurden, sollte man dabei weniger krummnehmen als amüsiert beklatschen.
"Deathstalker" ist Trash in seiner groteskesten und blödellaunigsten Form, wie man ihn sich in bestem Biertran anschauen sollte.
4/10
#667
Geschrieben 07. März 2007, 14:54
Borat: Cultural Learnings Of America To Make Benefit Glorious Nation Of Kazakhstan ~ USA 2006
Directed By: Larry Charles
Der kasachische Medienstar Borat Sagdiyef (Sascha Baron Cohen) soll eine Dokumentation über den american way of life drehen, um daheim für kulturelle Furore zu sorgen. In den US und A bekommt er dann eindrucksvoll zu spüren, dass mentale Rückständigkeit keinesfalls zwingend mit wirtschaftlicher Rezession gleichzusetzen ist.
Ich fand Cohens alter ego aus Kasachstan schon immer witziger als seinen Ali G oder diesen österreichischen Tuckenjournalisten.
"Borat - Der Film" ist nun neben der zu erwartenden Dosis Fäkalhumors (die sich erfreulicherweise zum Großteil auf den verbalen Sektor beschränkt) zugleich ziemlich bitter geraten, denn die geballte Antipathie und Dummheit, die von den Repräsentanten der US-Bevölkerung ausgeht, ist ja nicht ganz erschwindelt. Szenen wie die beim Rodeo, bei der man ganz kurz dem Gefühl anheim fällt, dass gleich das große Lynchfest losgeht oder die Dinnerszene, deren denkwürdigster Moment Borats Abwesenheit respektive das überheblich-versöhnliche Urteil der Gastgeberin ist, sind wirklich starker Stoff und rücken den Film in die unerwartete Nähe von ernstgemeinteren Demagogie-Dokus Marke Moore oder Spurlock. Die nackelige Prügelei zwischen Borat und seinem Kumpel Azamat im Luxushotel gehört derweil zu den komödiantischen Highlights des Jahrzehnts. Zum Glück nicht all zu lang - und damit das Ansehen wert.
8/10
#668
Geschrieben 07. März 2007, 21:43
Deathstalker II (Mystor - Todesjäger II) ~ USA 1987
Directed By: Jim Wynorski
Deathstalker (John Terlesky) hilft einer betrogenen Prinzessin (Monique Gabrielle) gegen ihren vampiresken Klon und einen bösen Magier (John Lazar).
Wynorski, Spezialist für großen Zelluloidquatsch, entschied sich für das einzig Richtige und potenzierte die Slapstickelemente des Vorgängers (dem er noch, teilweise vollkommen zusammenhangslos, einige Einstellungen und ganze Schnittfolgen direkt entnahm um sie bei sich einzuflechten), so dass bei allem Dilettantismus ein immer noch sehr charmanter Videoschrott herauskam. Und: God praise the curves of Monique Gabrielle!
4/10
#669
Geschrieben 08. März 2007, 21:14
Clerks II ~ USA 2006
Directed By: Kevin Smith
Nachdem der "Quick Stop" abgebrannt ist, arbeiten Dante (Brian O'Halloran) und Randal (Jeff Anderson) in einem Fast Food - Restaurant. Dante steht kurz vor seiner Heirat, doch auch die Imbissmanagerin Becky (Rosario Dawson) spukt ihm im Kopf herum. Da Dante kein Typ schneller Entscheidungen ist, muss ihm sein Kumpel bei der Lebensrichtungsweisung eben etwas nachhelfen.
Doch, doch. Diese Fortsetzung ist Smith doch mehr als passabel geglückt. Zwar geht er - bis auf die einigermaßen derbe Sache mit dem Esel - um einiges gemäßigter, professioneller und demzufolge auch glatter zu Werke als beim Erstling (sowohl was Formalia als auch Tempo und Narration anbetrifft), doch die Sympathiepunkte, die die beiden Chaosbrüder sich bereits vor 12 Jahren erspielt haben, bleiben konstant.
Zugunsten des Anarchopotentials und einiger Lacher treten Romantik- und Freundschaftsrevision in den Vordergrund, der sich Smith ja nun scheint's in jedem seiner aktuelleren Filme sehr zugetan fühlt. Okay, geht, kann man mit leben. Für die 3 bis 4 wirklich herzhaften Gags akzeptiere ich auch Farbe und Farbspielchen.
8/10
#670
Geschrieben 09. März 2007, 17:07
High Plains Drifter (Ein Fremder ohne Namen) ~ USA 1972
Directed By: Clint Eastwood
Das an einem riesigen See liegende Städtchen Lago erhält eines Tages Besuch von einem namenlosen Fremden (Clint Eastwood), der den feigen und intriganten Einwohnern nach kürzester Zeit seine Kompromisslosigkeit einbläut. Er macht einen verlachten Zwerg (Billy Curtis) zum neuen Sheriff, lässt sich von den Städtern aushalten, "überredet" Frauen kurzerhand zum Beischlaf und brennt ungeduldigen Attentätern eins auf den Pelz. Seine eingeforderten Dienstleistungen sind jedoch nicht umsonst: Drei Outlaws (Geoffrey Lewis, Scott Walker, Anthony James), die gerade aus dem Kittchen entlassen wurden, haben noch eine Rechnung mit den Lagoern offen.
Für seine zweite Regiearbeit nach der Suspense-Studie "Play Misty For Me" wandte sich Eastwood wieder seinem ehedem bervorzugtem Fach zu, dem Western. Den mythologischen Überbau, den bereits sein bei Leone gespielter Charakter aufwies (und der wiederum seit "Shane" das Genre begleitet), erhebt Eastwood in "High Plains Drifter" zum Hauptthema. Der gnadenlose Fremde, der einer kleinen, überschaubaren Gemeinschaft die Meriten austreibt und den Grund für deren Furcht eigenhändig aus der Welt tilgt, trieb Eastwood repetitiv nochmal 14 Jahre später in "Pale Rider" um. Jener weist aber kaum den Biss auf, der "High Plains Drifter" auszeichnet. Es ist nicht die konventionelle, narrative Reise zum Showdown hin, sondern die Momente, die feierlich das wechselwirkende Verhalten des Fremden gegenüber den bigotten Kleinstädtern porträtieren, welche den Film so einzigartig machen. Der Namenlose nimmt sich, was er will und wenn die feigen Drückeberger ihm dies anfangs auch noch bereitwillig geben, um sich später einmal mehr für ihr affirmatives Verhalten in den Arsch zu beißen, dann lacht sich nicht nur die einzige ehrliche Haut in Lago, der Zwerg Mordecai, ins Fäustchen. Wen Eastwood da personifiziert, das wird spätestens angesichts jener Szene deutlich, in der er, vor dem Gegenlicht einer Flammenwand stehend, stumm und beharrlich die Peitsche schwingt.
Die deutsche Synchronisation gestattet Eastwood derweil nicht das Aufwerfen von Genrehinterfragungen und verleiht ihm, im Gegensatz zum Originalscript, zum Ausklang des Films die höchst irdische Identität eines Rächers. Eine mehr als hilflose Behandlung für diese ansonsten bemerkenswerte Arbeit.
9/10
#671
Geschrieben 10. März 2007, 09:02
Emperor Of The North (Ein Zug für zwei Halunken) ~ USA 1972
Directed By: Robert Aldrich
Zu Zeiten der Depression gilt der Tramp A-No.1 (Lee Marvin) als Legende in der Herumtreiber- und Tagelöhnerszene, ist er doch der Einzige, der den Schneid besitzt, sich von jedem beliebigen Zugführer, auch dem gefürchteten Shack (Ernest Borgnine), durchs Land kutschieren zu lassen - freilich, ohne dass dieser A-No.1 zu fassen bekäme. Shack ist nicht zimperlich, was die Behandlung blinder Passagiere angeht: Mit einem Hammer prügelt er sie von den Waggons - und wenn mal einer unter die Räder kommt, hat er eben Pech gehabt. Der großmäulige junge Landstreicher Cigaret (Keith Carradine) gedenkt derweil, die Nachfolge von A-No.1 anzutreten. Ebenfalls kein leichtes Unterfangen.
Aldrich hat nie so ganz die Anerkennung erhalten, die ihm eigentlich schon zu Lebzeiten zugestanden hätte. Nachdem das französische Feuilleton die über ihre Erzählqualitäten hinausgehenden Vorzüge vieler Filmemacher aus Hollywood erkannte und in den Cahiers hochjubelte, wurde es auch in "etablierteren" Kreisen chic, sich den Bilderbögen von Ford, Hawks und anderen hinzugeben. Aldrich aber hat man immer irgendwie unterschlagen. Vielleicht lag es an seinem scheinbar vordergründigen Machismo, seiner wenig beschönigenden Sicht der Dinge. Krieg und Landerschließung, Durchtriebenheit und Bitterkeit zeichnen als häufige Topoi seine Arbeiten aus. "Emperor Of The North" ist, wie viele spätere Filme Aldrichs, keineswegs bloß vordergründiges Abenteuer. Dem aus vielen Geschichten bekannten, sonst eher romantischen Motiv der Reisenden, die aus mangelnder Finanzkraft auf Güterzüge aufspringen, haftet stets etwas Uramerikanisches an. Dass es hier während der Depressionsära angesiedelt wird, hat - wie bei Artverwandtem ("Boxcar Bertha", "Bound For Glory", "Hard Times") - einen handfesten Grund: Es geht nicht bloß darum, dass ein in eigenen Kreisen idealisierter Penner seinen Erzfeind austricksen will, sondern um Klassenkampf, Aufbegehren gegen das Establishment, Mittellosigkeit gegen Repression.
Marvin ist als "Kaiser des Nordens" nur ein (tragischer) Held, weil er sonst endgültig am Leben scheitern müsste, bloß seine Renitenz hält ihn noch bei der Stange. Insofern ist "Emperor" ähnlich bitter und fatalistisch wie "Ulzana's Raid" oder "The Choirboys" und sollte unbedingt großflächig wiederentdeckt werden.
9/10
#672
Geschrieben 10. März 2007, 13:50
Le Charme Discret De La Bourgeoisie (Der diskrete Charme der Bourgeoisie) ~ F/E/I 1972
Directed By: Luis Bunuel
Zwei Ehepaare aus betuchten Kreisen (Paul Frankeur, Delphine Seyrig; Jean-Pierre Cassel, Stéphane Audran), das eine nebst dauerbetrunkener, kettenrauchender und kiffender Tochter (Bulle Ogier), sowie der Botschafter des lateinamerikanischen Staats Miranda (Fernando Rey) treffen sich in regelmäßigen Abständen zum Lunch oder zum Dinner, ohne auch nur einmal den Hauptgang in Augenschein nehmen zu können. Ständig kommen ihnen zunehmend bizarre Ereignisse in die Quere, die ein längeres Zusammensein verhindern.
Bunuels scharfzüngige Attacke gegen den Snobismus, eine der bekanntesten Filmsatiren. Seine episodenhaft angelegte Geschichte nutzt er für einen gesellschaftlichen Rundumschlag; nicht nur das arrogante Gernegroßtum der classe supérieur mit ihren sinnentleerten Konversationen und achselzuckend-kriminellem Selbstverständnis nimmt Bunuel auf die Schippe, sondern gleich noch Klerus, Polizei, Militär, politische Weltsituation samt überflüssiger Kommentare dazu und den Kapitalismus an und für sich - alle bekommen samt und sonders nachhaltig eins auf den Deckel. Die spielerische Doppelbödigkeit, mit der die Finalsequenzen sich als Traum im Traum im Traum (...) entpuppen, belegen in denkwürdiger Art und Weise, dass Bunuel (glücklicherweise) viel zu abgeklärt war, um sein sozialkritisches Anliegen einem künstlerischen Egotrip anheim fallen zu lassen.
9/10
#673
Geschrieben 11. März 2007, 12:54
The Hustler (Haie der Großstadt) ~ USA 1961
Directed By: Robert Rossen
'Fast' Eddie Felson (Paul Newman), selbsternannter Glücksjäger und Billardspieler, nimmt zusammen mit seinem alten Kompagnon Charlie (Myron McCormick) die Leute am Filztisch aus. Nach einem zermürbenden Spiel gegen die Poollegende Minnesota Fats (Jackie Gleason) kommt es zum Bruch zwischen Charlie und Eddie. Letzterer, der zwischenzeitlich die sensible Säuferin Sarah (Piper Laurie) kennengelernt hat, begibt sich unter die Fittiche des Spielerhais Gordon (George C. Scott), von dem Eddie unfreiwillig einiges über Gier und innere Verworfenheit lernt.
Vordergründig "bloß" ein Sportfilm, ist Rossens "Hustler" dann doch so bemerkenswert, weil er gleichermaßen als atmosphärisches Porträt einer amerikanischen Großstadt in den Sechzigern mit dem Fokus auf drei, vier ihrer Bewohner fungiert. Newman spielt hier einmal mehr die Rolle des Unbeugsamen mit sensiblem Kern, der sich erst nach harten Schicksalsschlägen offenbart. Die feine Nuancierung seiner Darstellung beweist wiederum, dass Newman für solche Typen tatsächlich eine Idealbesetzung war. Doch auch die weiteren Darsteller - insbesondere Laurie und Scott - leisten Großes. Ansonsten begeistern die edle Photographie (Eugene Shuftan) und der jazzige Score (Kenyon Hopkins).
9/10
#674
Geschrieben 11. März 2007, 13:12
The Color Of Money (Die Farbe des Geldes) ~ USA 1986
Directed By: Martin Scorsese
Der am Ende von "The Hustler" ausgesprochenen Warnung, nie wieder eine Billardhalle zu betreten, hat Eddie Felson (Paul Newman) offenbar Folge geleistet, denn er gibt sich jetzt als Spirituosenvertreter und lässt nebenbei junge Mündel den Queue für sich schwingen. Als Eddie den flippigen, aber großartigen Spieler Vincent (Tom Cruise) und seine Freundin Carmen (Mary Elizabeth Mastrantonio) kennenlernt, verspürt er den Drang, mit den beiden eine Menge Geld zu scheffeln. Für Vincent stehen jedoch weniger monetäre als spielerische Triumphe im Vordergrund und so geht er kaum auf Eddies Ablenkungslektionen ein. Am Ende stehen sich beide beim Turnier gegenüber.
Ähnliches wie für Rossens "Hustler" gilt itzo ebenso: Die Befürchtung, einem kitschigen "Schüler-übertrifft-Meister" - Plot (wie ich ihn schlimmstmöglich umgesetzt erst kürzlich noch in "Rocky V" ertragen musste) beizuwohnen, löst sich bald in buchstäbliches Wohlgefallen auf. Nach mehreren Jahrzehnten gedrehte Sequels sind häufig interessante Variationen und Weiterentwicklungen der früheren Geschichte, so auch hier. Eddie Felson ist zum semi-liebenswerten, etwas playboyhaften Zyniker "herangereift", zu einem Typ Mensch, den sein früheres alter ego mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gehasst hätte. So trifft dann moralische Unschuld (in der Person Vincents) auf Abgeklärtheit, Sportethos auf Profitgier, Jugend auf Alter. Interessanterweise geht Eddie aus der Begegnung mit Vincent als Geläuterter heraus, und wenn er am Ende sein altes, inneres Feuer wiedergefunden hat, dann dankt man den Filmgöttern. Denn so und nur so mag man Newman in Erinnerung behalten.
8/10
#675
Geschrieben 11. März 2007, 18:20
Joe Kidd (Sinola) ~ USA 1972
Directed By: John Sturges
Der notorische Unruhestifter und Ex-Kopfgeldjäger Joe Kidd (Clint Eastwood) lässt sich von dem reichen Grundbesitzer Harlan (Robert Duvall) engagieren, um gegen einen mexikanischen Aufrührer (John Saxon) vorzugehen, mit dem Kidd selbst noch eine Rechnung offen hat. Es dauert dann aber nicht lang, bis Kidd registriert, dass er sich auf die falsche Seite geschlagen hat.
Sein letzter Western unter Fremdregie ist zugleich der letzte Genrebeitrag mit Eastwood, der ohne Metaebene und transzendente Implikationen auskommt. "Joe Kidd" erzählt die bereits hinlänglich bekannte, handwerklich sauber gefertigte Geschichte eines Gunman, der sich gegen seinen ausbeuterischen Auftraggeber wendet und zum Sympathisanten wird für die konträre, revolutionäre Strömung. Neue Charakterzüge sucht man in Eastwoods Figur vergebens; sein Joe Kidd entspricht ziemlich passgenau den zuvor und im Nachhinein interpretierten Westhelden - abgesehen vielleicht von seiner vergleichsweisen Redseligkeit.
Man muss Sturges, der wenige, aber bedeutsame Genrebeiträge abgeliefert hat, nachträglich den vorsichtigen Vorwurf machen, dass er in den Siebzigern einiges von seiner früheren inszenatorischen Virtuosität, die sich vor allem durch ein punktuelles Gefühl für Timing sowie innere und äußere Spannungsschürung auszeichnete, eingebüßt hat. Zwar würde ich "Joe Kidd" sicher nicht mit weitem Abschlag im Oeuvre seines Regisseurs oder Hauptdarstellers verorten, dafür ist er schlicht und einfach zu unterhaltsam. Aber beide konnten es auch deutlich aufregender.
7/10
#676
Geschrieben 12. März 2007, 14:23
Captain Kronos - Vampire Hunter ~ UK 1972
Directed By: Brian Clemens
Der in Sachen Vampirvernichtung reisende Captain Kronos (Horst Janson) und sein buckliger Partner, Professor Grost (John Cater) werden von ihrem alten Freund Dr. Marcus (John Carson) zur Hilfe gerufen. In der Grafschaft, in der dieser lebt, kommt es gehäuft zu seltsamen Todesfällen: Junge Mädchen altern blitzschnell und sterben kurz darauf. Kronos und Grost wissen sofort den Grund für die Vorkommnisse: Ein Vampir treibt sein Unwesen! Nun gilt es, diesen zu finden und auszumerzen.
"Kronos" ist schon ein dolles Ding. Angesiedelt in einer nicht näher bezeichneten, historisch entrückten Epoche haben die Hammer-Leute damals den verzweifelten Versuch gewagt, ihre so beliebten Vampirgeschichten mit einem Mantel- und Degen - Helden aufzupeppen. Dass jener dann unser späterer Sesamstraßen-Horst werden würde, braucht man nur kurz zu begrinsen - dann stellt man nämlich fest, dass er hervorragend als Heilkraut rauchender Swashbuckler durchgeht, der sich - zu Meditationszwecken? - auch gern mal eine Tüte über den Kopf stülpt. Überhaupt ist manch grotesker Einfall zu erheischen, fast so, als hätte Clemens vor dem jeweiligen Drehbeginn ein paar bierselige Wetten abgeschlossen, die es nun zu gewinnen gälte. Warum in einer Gasthausszene ein Mädchen mit verbundenen Augen am Tisch sitzt, darüber kann man sich noch lange nach den end credits den Kopf zerbrechen, ebenso wie über tote Kröten als Vampirismus-Indikator. Caroline Munro als Bindeglied zwischen dem Jägergespann und dem in die Filmrealität hineinpurzelnden Zuschauer ist indes eine hervorragende Wahl, rein optisch kann man's wahrlich schlechter treffen. Janson scheint die ganze Angelegenheit (natürlich vollkommen zu recht) auch drei Jahrzehnte später nicht peinlich zu sein, die Jungs von anolis haben ihn nämlich zu einer späten Synchronisation seiner selbst erfolgreich ins Studio bitten können. Angeblich existiert aus dieser Session noch irgendwo ein Interview, das ich brennend gern mal gesehen hätte. Vielleicht auf einer kommenden Deluxe-Edition mit Gummikröte ...
8/10
#677
Geschrieben 13. März 2007, 07:44
Countess Dracula (Comtesse des Grauens) ~ UK 1970
Directed By: Peter Sasdy
Die ungarische Gräfin Bathory (Ingrid Pitt), alt und welk, entdeckt nach dem Tod ihres Mannes, dass das Blut von Jungfrauen im Kontakt mit ihrer Haut einen unnachahmlichen Verjüngungseffekt auf sie hat. Leider hält dieser jeweils nicht lange vor, so dass die Gräfin, um mittels ihrer wiedererlangten jugendlichen Schönheit einen jungen Kavalleristen (Sandor Elès) zu beeindrucken, weitermorden und sich im Blut ihrer Opfer suhlen muss ...
Mit osteuropäischer Folklore angereichert, präsentiert sich "Countess Dracula" mehr als Kostümdrama denn als Horrorfilm. Zwar ist der Nährboden für die seltsamen Praktiken der Gräfin schon im Übernatürlichen zu suchen, ihre Schreckensherrschaft beschränkt sich jedoch auf ein paar wenig exponierte Greueltaten. Das reale historische Vorbild, die berühmte "Blutgräfin" Erszébet Báthory, war eine notorische Mörderin, die um das späte 16. bzw. frühe 17. Jahrhundert gewirkt hat und deren Opferzahl angeblich in die Hunderte ging. Dabei dachte sie sich manch üble Todesfolter aus. Solch grobschlächtige Szenarien erspart sich Sasdys eher sanfte Hammer-Produktion, enthält jedoch mit der tollen Pitt und der mehr als sorgfältigen Produktion auch so noch ausreichend Schauwerte für den Gruselgourmet.
6/10
#678
Geschrieben 14. März 2007, 16:56
The Quatermass Xperiment (Schock!) ~ UK 1955
Directed By: Val Guest
Nachdem der Wissenschaftler Quatermass (Brian Donlevy) eine Rakete mit drei Astronauten ins All geschossen hat, wartet er nach deren Rückkehr gespannt auf Berichte. Doch dem Raumfahrzeug entsteigt nur noch ein gequält dreinblickendes, merkwürdig verändertes Besatzungsmitglied, Victor Caroon (Richard Wordsworth). Selbiger fällt zunächst in Stasis, entpuppt sich dann jedoch als Alien-Mensch-Hybrid, der im All mit einer außerirdischen Lebensform in Kontakt geraten ist und bereits seine beiden Kameraden (sowie bald mehrere weitere Menschen und Tiere) auf dem Gewissen hat. Das zu einer Art Krake mutierende Alien absorbiert nämlich organisches Leben und wächst ständig weiter.
Dass einer der besten Invasionsfilme aus den 50ern aus dem Königreich, respektive den noch jungen Hammerstudios stammt, ist insofern kaum verwunderlich, als dass sich die ökonomische, auf das Wesentliche konzentrierte Machart, welche weder für unfreiwillig komische F/X noch für dulle Dialoge eine Nische lässt, als außerordentlich fruchtbar für das Endprodukt entpuppt. Im Gegensatz zu zahlreichen Artverwandten aus den Staaten ist der erste "Quatermass" (Auftakt der Kino-Trilogie) ein Sci-Fi-Film für Erwachsene, der auch mit eindeutigen Horror- und Spannungsmomenten nicht geizt. Am bemerkenswertesten dürfte jedoch sein Status als recht früher Vorläufer erschütternder Mensch-Metamorphosen auf der Leinwand sein, die ihren Höhepunkt (nach meinem Empfinden) in Cronenbergs "Fly"-Variation erlebten. Caroon kann natürlich rein gar nichts für sein Schicksal, er wehrt sich sichtbar gegen seine neue Natur und sieht am Ende dann doch aus, wie bei Lovecraft entsprungen. Ein kurzer Kamerablick in sein Auge verrät dann aber noch den Menschen innendrin und lässt unsereinen schwer schlucken, bevor diese unglückselige Kreatur dann gegrillt wird. Was man von dem geheimnisvoll-skrupellosen Quatermass (in der alten deutschen Synchro noch "Brown" benannt) halten soll, weiß man derweil noch nicht so recht. Die Zahl seiner Auftritte halten sich in Grenzen, man ahnt nur, dass er einerseits was auf dem Kasten hat, andererseits aber auch ziemlich rücksichtslos sein muss. Mehr dann in Kürze.
9/10
#679
Geschrieben 16. März 2007, 14:15
Quatermass 2 (Feinde aus dem Nichts) ~ UK 1957
Directed By: Val Guest
Quatermass (Brian Donlevy) hat visionäre Ideen für eine Mondbasis, deren Finanzierung jedoch von der Regierung strikt abgelehnt wird. Umso erstaunter ist er, als er seine Modellentwürfe ein paar Kilometer entfernt, in der Nähe eines kleinen Ortes in Lebensgröße vorfindet. Es handelt sich, wie Quatermass bald herausfindet, um ein riesiges Werk, das vorgeblich synthetische Nahrung herstellt, in Wahrheit jedoch zur Vorbereitung einer extraterrestrischen Invasion dient.
Die gleichen Stärken wie im Vorgänger werden auch hier erfolgreich ausgespielt: Der Verzicht auf jeglichen erzählerischen oder formalen Ballast und demzufolge eine erfrischend pointierte Inszenierung. Man könnte das Ganze auch als "beispielhaft konzentriert" loben. Zwar geht die emotionale Komponente, die der Charakter des bemitleidenswereten Caroon im "Xperiment" so erfolgreich anzuschlagen wusste, in diesem Film verloren; für den Versuch, eine packende Geschichte frei von Kinkerlitzchen zu erzählen, ist dieses Faktum jedoch von sekundärer Bedeutung. Quatermass kommt hier deutlich durchsichtiger und domestizierter um die Ecke, sein leicht egozentrisches Wissenschaftler-Gebahren weicht einer eher sympathischen Spinnertheit. Beeindruckend noch und ganz besonders die befreiten Riesenglubschis zum Schluss, die im Doppelpack sicher auch den alten Japaner Godzilla das Fürchten gelehrt hätten.
8/10
#680
Geschrieben 16. März 2007, 16:49
Quatermass And The Pit (Das grüne Blut der Dämonen) ~ UK 1967
Directed By: Roy Ward Baker
In der Londoner U-Bahn-Station Hobbs End werden zunächst prähistorische Skelette gefunden, die nur entfernt denen des homo sapiens ähneln, und danach ein kleines außerirdisches Flugobjekt mit toten, insektenähnlichen Insassen. Professor Quatermass (Andrew Keir), der Wind von der Entdeckung bekommt, hat es bald mit dem ignoranten, übereifrigen Colonel Breen (Julian Glover) zu tun, sowie mit einer ungeheuren Evolutionstheorie, die sich ihm förmlich aufdrängt. Außerdem erweist sich die Minirakete als mitnichten außer Betrieb.
Nach einer zehnjährigen Pause kam der leider letzte Quatermass-Film der Hammer. Vorlagenautor Nigel Kneale insistierte, als man erwog, Brian Donlevy für einen neuerlichen Einsatz als Astro-Physiker heranzuziehen - er war mit der Besetzung durch den Amerikaner bereits zuvor nicht einverstanden gewesen. Der bärtige Andrew Keir erweist sich mit altehrwürdiger Ruhe und Gelassenheit, aber auch mit viel Temperament an den richtigen Stellen dann auch tatsächlich als passender als sein Kollege Donlevy. Überhaupt gefällt mir "The Pit" selbst noch ein bisschen besser als "Xperiment". In den Film bzw. seine zugrunde liegende Geschichte fließen zahlreiche Einflüsse aus weiteren phantastischen Gefilden ein - der bereits erwähnte Lovecraft kommt auch hier wieder zum Tragen (diesmal jedoch eher durch gedankliche Einflüsse als durch bloße Physis), ebenso wie eine gute Portion von zu dieser Zeit nicht nur bei Hammer beliebtem Satanismus und Höllenschabernack. Hobbs End präsentiert sich als Sammelzentrum für Mystisches, unerklärliche Vorgänge und puren Schrecken - und das mitten in London. Eine faszinierende Ausgangsbasis.
Unbedingt festzuhalten, dass "The Pit" nicht nur eine der besten und wichtigsten Hammer-Produktionen ist, sondern vielleicht auch die letzte des Studios, die das Prädikat "hochklassig" uneingeschränkt verdient.
10/10
#681
Geschrieben 17. März 2007, 08:26
Peter Pan ~ USA 1953
Directed By: Clyde Geronimi, Wilfred Jackson, Hamilton Luske
Die drei Großstadtkinder Wendy, John und Michael glauben im Gegensatz zu ihren nüchternen Eltern an die Fantasiegestalt Peter Pan und sein Reich, das Nimmerland. Als die Erwachsenen eines Abends aus dem Haus sind, nimmt Peter Pan die Drei mit auf eine irrwitzige Reise.
Walt Disney-Filme, besonders die frühen, sind stets besonders in ihrem unleugbaren Drogenkontext interessant. Die bizarren Farben und Formen vor einem zumeist komplett irrealen, rationalitätsentrückten Hintergrund führten dazu, dass einige Beispiele wie "Fantasia" oder "Alice In Wonderland" spätestens von den 68ern als Untermalung für LSD-Versuche genutzt wurden. Aktuellere Nachzügler wie "Treasure Planet" setzen diese Tradition sogar noch bis in die Gegenwart fort. Auch "Peter Pan", der gemeinhin als eine der schönsten Arbeiten des Studios gilt, lässt sich wohl trefflich durch Halluzinogene verstärken bzw. wahrnehmungsinduzieren. Die Hauptfigur ist dabei weniger der fliegende Kindesrebell, als vielmehr Captain Hook, jener dandyhafte Piratenultimo, dessen gezeichnete Vorlage wohl die Vorstellung seiner selbst, fern von J.M. Barrie, bis heute nachhaltig prägt. Seine Versuche, dem feisten Krokodil zu entkommen, das bereits seine Hand verspeist hat (und infolge dessen erst auf den Geschmack gekommen ist), zählen zu den visuellen Großtaten der Studiogilde.
Meine persönliche Beziehung zu diesem Film ist nichtsdestotrotz weniger stark als zu manch anderen Disneys, was seine Qualität aber de facto nicht schmälert.
8/10
#682
Geschrieben 17. März 2007, 08:44
El Espinazo Del Diablo (The Devil's Backbone) ~ E/MEX 2001
Directed By: Guillermo del Toro
Vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkriegs landet der junge Carlos (Fernando Tielve) in einem Waiseninternat fernab der Städte. Die Sozialstrukturen innerhalb der Mauern des alten Gebäudes sind für Carlos zunächst schwer zu fassen, doch er gewinnt rasch die Sympathie des alten Dr. Casares (Federico Luppi) und bald sogar das Vertrauen des unnahbaren Jaime (Inigo Garcés). Jacinto (Eduardo Noriega), ein bereits erwachsener Bewohner des Heims, ist derweil von einem tief verwurzelten Hass auf das Waisenhaus besessen und nur an den Goldbarren interessiert, die noch irgendwo lagern. Um in deren Besitz zu gelangen, ist ihm jedes Mittel recht.
Die hohe Wertschätzung von "El Laberinto Del Fauno" relativiert sich schon ein kleines Bisschen, wenn man diese erste Begegnung del Toros mit dem Aufkeimen des spanischen Faschismus nachträglich begutachtet. In mancherlei Grundzügen ähneln sich beide Filme doch sehr; Unschuld im Schatten von Gewalt - Tapferkeit versus Gier. Was "Laberinto" aber letzten Endes doch als den etwas besseren Film dastehen lässt, ist seine betuchtere Involvierung phantastischer Elemente. Das Wesen des Märchens, dem del Toro in seinem Neuesten auf die Spur zu kommen versucht, ist eben weniger abgegriffen als der bleiche Spukgeist im Halbwüchsigenformat. In seiner Poesie und Facettenvielfalt zieht "Espinazo" aber beinahe mit "Laberinto" gleich. Formidable Ideen wie die mit der Bombe und überhaupt der Status des Waisenhauses als Beherbung für positive, übersinnliche Energien funktionieren ohne Einschränkung als Motoren des Films. Ziemlich gut.
8/10
#683
Geschrieben 17. März 2007, 14:35
Children Of Men ~ UK/USA 2006
Directed By: Alfonso Cuarón
Die Welt frisst sich selbst im Jahre 2027. Nicht nur, dass politische und religiöse Krisen allerorten die Menschheit dezimieren, seit 18 Jahren wurde wegen einer Grippepandemie auch kein Kind mehr geboren. Der Zyniker Theo (Clive Owen), ehemals selbst politischer Aktivist wider die britische Rechtsregierung, dämmert vor sich hin, bis seine Verflossene Julian (Julianne Moore) ihn um einen großen Gefallen bittet. Um die Tragweite dieses Gefallens zu begreifen, braucht es allerdings noch viele Schicksalsschläge.
Das Theater, das teilweise um "Children Of Men" gemacht wurde, ist ziemlich an mir vorübergegangen. Jetzt, nach dem Ansehen, bin ich aber ebenfalls recht angetan. Zwar bietet die dystopische Geschichte um Unfruchtbarkeit und ein sich selbst hinschlachtendes Menschengeschlecht wenige frische Ideen, die Umsetzung ist dafür aber sehr mitreißend und kurzweilig. Dem Konstrukt der Erzählung lassen sich sicher viele Vorwürfe bzgl. der Revitalisierung längst bekannter Aspekte machen (Clive Owen als postmoderner Rick Blaine / Michael Caine als modifiziertes Update von Sol Roth aus "Soylent Green"), doch die Gefechtsszenen zeugen in ihrer Unmittelbarkeit und mit ihrer minimalen Schnittzahl als durchorchestrierte Plansequenzen von echter Professionalität.
Nichts anderes habe ich sehen wollen.
8/10
#684
Geschrieben 17. März 2007, 14:51
Down In The Valley ~ USA 2005
Directed By: David Jacobson
Harlan (Edward Norton) gibt sich mit Stetson und Revolver gern als traditioneller Cowboy und fühlt sich auch sonst ganz als wandelnder Anachronismus. Als er die wesentlich jüngere Tobe (Evan Rachel Wood) kennenlernt, wähnt er sich nach langer Zeit wieder geborgen und verstanden. Tobes introvertierter Bruder (Rory Culkin) hat ebenfalls etwas für Harlan übrig, allein ihr Vater (David Morse) ahnt, dass mit Harlan etwas nicht stimmt.
Recht gemächlich inszeniertes Psychodrama, garantiert frei von allzu großen Überraschungen. Die Mär vom Cowboy, der sich in der modernen Welt nicht mehr zurechtfindet, respektive die des Sozialrebellen, der gegen Normen aufbegehrt, sind uralte Hollywood-Topoi - und im Übrigen schon mehrfach besser und glaubwürdiger dargeboten worden. Erstklassig an "Down In The Valley" ist einzig und allein Nortons herausragende darstellerische Präsentation - offenbar lag ihm als Produzent das Projekt sehr am Herzen. Norton ist ja auf schizophrene bzw. extremwandelnde Charaktere quasi-abonniert, insofern überzeugt er auch sehr in diesem Film. Das Aufrollen von Westernmythen wirkt aber bisweilen etwas unpassend oder zumindest ungerechtfertigt. Ein Freiheitsliebender muss sich nicht unbedingt als Cowboy betätigen, schon gar nicht, wenn er in Nortons Alter ist. Resümierend würde ich Jacobson "Überambitioniertheit" vorwerfen. Immerhin sieht man sich bei aller Kritik doch hinreichend unterhalten.
5/10
#685
Geschrieben 17. März 2007, 21:12
Lisa E Il Diavolo (Der Teuflische) ~ I/BRD/E 1973
Directed By: Mario Bava
Die junge Touristin Lisa Reiner (Elke Sommer) wird in einer kleinen spanischen Stadt eines Freskos ansichtig, das den Teufel beim Wegtragen eines Opfers zeigt. Kurz darauf begegnet sie einem Mann (Telly Savalas), der nicht nur dem Porträt äußerst ähnlich sieht, sondern zugleich in derselben Ausgangslage durchs Gässchen schleicht. Später entpuppt der Seltsame sich als Leandro, Hausdiener einer Contessa (Alida Valli) und ihres durchgedrehten Filius Maximilian (Alessio Orano). Auf deren Herrensitz landet Lisa nämlich samt eines zerstrittenen Ehepaars (Eduardo Fajardo, Sylvia Koscina). Merkwürdige Ereignisse werfen ihre Schatten voraus ...
Den Inhalt des Films (mit dem ich heute nach langer Vorfreude das erste Mal das Vergnügen hatte) adäquat in knappen Worten wiederzugeben ist ziemlich aussichtslos. Überhaupt sollte man jeden etwaigen Gedanken an Stringenz oder Schlüssigkeit gleich von vornherein ad acta legen. So hat man dann aber eine lohnenswerte Begegnung mit einem etwas späteren Bava, der praktisch nur noch der Form verpflichtet ist und inhaltliche Strukturen allerhöchstens noch als zweckdienliches Mittel braucht. Die Sets sind höchst ansprechend und kunstvoll gestaltet, wie gewohnt werden verschiedene Räume jeweils in einer bestimmten Farbe (blau und rot) ausgeleuchtet bzw. angestrahlt oder Kamerafahrten durch andere Objekte hindurch (wie z.B. eine Menagerie ausgestopfter Vögel) begangen. Angenehm morbide gestalten sich die Ereignisse um die hilflose Lisa, die mit allerlei seltsamen Personen und Erlebnissen konfrontiert wird.
Eine später entstandene Schnittfassung mit Nachdrehs kam in der Folge des Welterfolgs von Friedkins "Exorcist" unter dem einfallsreichen Titel "La Casa Dell'Exorcismo" heraus und zeigte eine besessene, fluchende und kotzende Elke Sommer. Freilich gefielen dem Maestro diese dem kommerziellen "Spürsinn" seines Produzenten Alfredo Leone zu verdankenden Modifikationen alles andere als gut und so lehnte er selbst die Zweitauswertung seines ursprünglich visionären Werkes ab. Ich kann mir ebenfalls beim besten Willen nicht vorstellen, dass jene Version über ein rein filmhistorisches Interesse hinaus von Belang sein sollte.
"Lisa" war mir trotz aller schwärmerischen Attribute ein wenig zu gemächlich und eigensinnig, andere Bavas gefallen mir da deutlich besser.
6/10
#686
Geschrieben 18. März 2007, 10:08
Alexander Revisited - The Final Cut ~ USA/F/D/NL 2004/06
Directed By: Oliver Stone
Ausschnitte aus dem bewegten Leben Alexanders des Großen (Colin Farrell), der als legendärer Feldherr rund 300 Jahre vor Christi Geburt weite Teile der östlichen Welt unter seiner Ägide vereint hatte.
Die dritte das Licht der Öffentlichkeit erblickende Schnittversion von Stones Film, nach eigener Aussage des Regisseurs die ultimative. Was mich anbelangt, so möchte ich nur dick unterstreichen, dass diese Fassung schlussendlich das liefert, was man von "Alexander" bereits bei seinem Kinoeinsatz hätte erwarten können. Freunde von Monumentalepen und Sandalenfilmen können sich nun endlich uneingeschränkt an dem Film erfreuen. Ich habe die ursprüngliche Version nur einmal gesehen und war mäßig begeistert, der hernach auf DVD veröffentlichte, kürzere "Director's Cut" ist mir unbekannt (und wird es auch bleiben). Von der vorliegenden Version aber kann man mit profunder Gewissheit behaupten, dass sie im Gegensatz zum Kinocut nicht nur eindeutig als Stone-Film identifizierbar ist, sondern auch ein merklich geschlosseneres, stimmigeres Gesamtbild abgibt. Für Liebhaber von vielen Filmen des Autors und Regisseurs Stone lassen sich zahlreiche Gemeinsamkeiten mit seinen "Rise-and-Fall"-Epen ausmachen, von "Scarface" über "The Doors" bis hin zu "Nixon", die Blut-und-Boden-Ideologie, die Feingeistern den (nunmehr kann ich davon sprechen) Hochgenuss von "Alexander" verleiden, ist bereits bei "Conan The Barbarian" zu verzeichnen. Die zwei "zentralen" Schlachtenszenen in Persien und Indien wirken nun ungleich gewaltiger und gewalttätiger als zuvor, Alexanders homoerotischen Tendenzen wird mehr Platz eingeräumt (was die Ambivalenz seines Charakters in Bezug auf seine Blutfolge und die Wankelmütigkeit als Heerführer unterstreichen hilft).
Ich bin, schon was meine Position gegenüber dem Genre angeht, zugegebenermaßen recht befangen und würde eine Diskussion um die Vorzüge und Kritikpunkte bei "Alexander" weder siegesgewiss eingehen noch zu meinen Gunsten entscheiden können (jene Mängel, die Historienfilm-Lästerer üblicherweise anprangeren gibt es auch hier in voller Breitseite), dessen bin ich mir eindeutig bewusst. Ebenso klar ist mir aber, dass wenn es drei Anläufe braucht, um einen Film in vollster Blüte erstrahlen zu lassen, um ihn in größtmöglicher Würde zu präsentieren, es eben so sein soll - Vorwürfe um Ausverkauf und Geldmacherei hin oder her. So kann man ihn lassen.
9/10
#687
Geschrieben 18. März 2007, 16:47
Uncommon Valor (Die verwegenen Sieben) ~ USA 1983
Directed By: Ted Kotcheff
Der Gedanke daran, dass sein Sohn David noch immer sein Dasein als Kriegsgefangener in Vietnam fristen muss, lässt Colonel Rhodes (Gene Hackman) keine Ruhe. Also trommelt er nach intensiver Recherche und unter finanzkräftiger Unterstützung eines texanischen Ölmultis (Robert Stack) mit gleichem Interesse fünf alte Kriegskumpane (Reb Brown, Randall "Tex" Cobb, Harold Sylvester, Tim Thomerson, Fred Ward) von David zusammen und plant mit diesen und einem militaristischen Jungspund (Patrick Swayze) die Befreiung seines Sohnes und einiger Leidensgenossen aus einem Lager in Laos.
Nach "First Blood" kam, inszeniert vom selben Regisseur, der erste Vertreter des Vietnam-Kommando-Films mit MIA-Thematik. Deutlich angelehnt an Vorbilder aus dem Söldner-Subgenre ähnelt der Aufbau des Films als typischer Baller-Dreiakter sehr bereits bekannten Beispielen - Informationssicherung & Planung, Rekrutierung & Training, Mission. Unterdessen sind noch einige unvorhergesehene Schwierigkeiten zu meistern und zahlreiche heroische Klänge (James Horner) zu vernehmen. Was Kotcheffs Film von anderen unterscheidet, ist seine vergleichsweise erdige Charakterzeichnung, die die Helden trotz schier übermenschlicher Fähigkeiten und Anstrengungsbereitschaft sympathischer und humaner erscheinen lässt als die meisten anderen Ein-Mann-Kampfmaschinen. Zwar könnte die Zusammensetzung der Truppe klischeereicher nicht ausfallen, ein konstant hohes Spannungsmaß, eine technisch treffliche Actionregie und vor allem die klassische Haudegen-Besetzung jedoch machen Mängel an anderer Stelle wieder wett.
6/10
#688
Geschrieben 18. März 2007, 17:11
Non Si Deve Profanare Il Sonno Dei Morti (Das Leichenhaus der lebenden Toten) ~ E/I 1974
Directed By: Jorge Grau
Der Nippeshändler George (Ray Lovelock) gerät bei einem Trip in die englische Provinz durch Zufall an die junge Edna (Christine Galbo), die gerade auf dem Weg zu Schwester (Jeannine Mestre) und Schwager (Jose Ruiz Lifante) ist, um familiäre Probleme zu klären. Unterwegs begegnen sie einigen Arbeitern, die auf einem Acker mit hochfrequenten Strahlen zwecks Ungezieferbekämpfung hantieren und einem merkwürdig aussehenden Mann (Fernando Hillbeck), der Edna attackiert. Bald kommt George einem ungeheuren Geheimnis auf die Spur - auf die Hilfe des reaktionären Polizeiinspektors (Arthur Kennedy) kann er dabei noch am Wenigsten zählen.
Ein rundum gelungenes "Night Of The Living Dead"-Plagiat, das mit dem großen Vorbild zumindest in punkto Horrortainment gleichzieht. Zwar wirkt das Aufwärmen der sozialkritischen Untertöne Romeros eher unfreiwillig humorig, das tut der permanent gehaltenen, dichten Atmosphäre aber keinen Abbruch. Innerhalb der italienischen Genrehistorie nimmt der Film als einer der ersten mit derben Make-Up-Effekten hantierenden Zombiestreifen eine durchaus klassische Position ein und übertrifft die meisten späteren Nachzügler ziemlich mühelos. Arthur Kennedy in seiner Rolle als langhaarige Hippies verabscheuender Staatsdiener ist eines der großen Beispiele für einstmals gefragten Hollywoodadel, der in den Untiefen des europäischen Exploitationfilms einen letzten Hafen gefunden hat. Die permanente Abscheu auf seinem Gesicht ist vermutlich nicht nur seiner professionellen Rolleneinarbeitung zuzuschreiben ...
7/10
#689
Geschrieben 20. März 2007, 07:46
Daredevil (Director's Cut) ~ USA 2003
Directed By: Mark Steven Johnson
Der durch einen Unfall mit Biomüll erblindete, dafür aber mit übermenschlichen senorischen Fähigkeiten ausgestattete Anwalt Matt Murdock (Ben Afleck) geht des Nachts als "Daredevil" auf Verbrecherjagd. Während die Liebe zu der schönen Elektra (Jennifer Garner) ganz vielversprechend beginnt, machen ihm der Gangsterboss Kingpin (Michael Clarke Duncan) und der übereifrige Reporter Urich (Joe Pantoliano) Sorgen.
A love bizarre. Denn: Eigentlich hat "Daredevil" vieles, was ihn abqualifiziert. Die schon seit den frühen 80er Jahren zunehmend finster und expressionistisch gestaltete Comicserie erlebt als filmische Inkarnation eine vergleichsweise ziemlich spaßverpflichtete Aufbereitung, mit eher peinlichem Nu-Metal-Soundtrack und deutlich für ein junges Publikum konzipiert. Was "Daredevil" aber nach meinem persönlichen Empfinden aller mit Berechtigung zu befürchtenden Böswilligkeit enthebt, ist die Konsequenz, mit der Autor Johnson zu Werke geht. Der Film ist gespickt mit Reminiszenen an die Comics und damit ein totales fanboy-event. Seinen streitbaren Stil, der neben der Übernahme diverser bekannter Hilfsmittel (Farb- und Helligkeitsfilter, SloMos, "bullet time"), die die aktuellere Actionästhetik prägen, diverse sichtbare CGIs enthält etabliert Johnson mit unbeirrter Sturheit - und setzt sich damit auch noch durch. Ein paar Zugeständnisse an die mediale Transponierung muss man noch hinnehmen. Duncan ist wohl, trotz seiner anderen Hautfarbe, der einzige Darsteller, der ohne Rechner-Verfremdung der beeindruckenden Physis des Kingpin nahekommt und die Sache mit Murdocks Tresorbett ist im Rahmen der filmischen Prämisse seiner Hypersensitivität auch nur sinnig. Dafür sind andere Momente verblüffend detail-, fast panelgetreu übertragen worden. Mittlerweile sicher zum sechsten oder siebten Mal (davon zur Hälfte die etwas schwächere DC-Version, so auch gestern) gesehen und immer noch richtig begeistert.
9/10
#690
Geschrieben 21. März 2007, 15:17
The Dogs Of War (Die Hunde des Krieges) ~ USA 1980
Directed By: John Irvin
Shannon (Christopher Walken), ein einsamer Söldner, nimmt zunächst den Auftrag des reichen Rohstoffmagnaten Endean (Hugh Millais) an, die politische Lage in dem kleinen afrikanischen Land Zangora, das von dem üblen Diktator Kimba (Ilario Bisi-Pedro) regiert wird, zu überprüfen und zu dokumentieren. Tatsächlich ist Endean daran interessiert, einen Staatsstreich zu organisieren um einen profitgeilen Nachfolger für Kimba einzusetzen. Shannon wird entdeckt, gefangengenommen und gefoltert, kommt nach seinem Rauswurf aus dem Land jedoch nach Zangora zurück, um mit einigen Kollegen (Tom Berenger, Paul Freeman, Jean-Francois Stévenin) den Einsatz doch noch durchzuführen.
Netter Söldnerstreifen, der geringfügig wie ein Gegenentwurf zu dem politisch eher fragwürdigen Gros des Genres wirkt. Als Actionfilm kann man "Dogs Of War" eigentlich gar nicht bezeichnen; er selbst würde sich, auf einer Vorlage von Frederick Forsyth basierend, sicher gern den Sticker "Politthriller" anheften, doch auch auf diesem Stuhl hat er es wenig bequem. Als Abbildung oder gar Kommentar zu realen kosmopolitischen Ereignisse um die frühen 1980er geht er mit einem Phantasieland hausieren, die meisten ähnlich gelagerten Filme befassten sich, sinn- und wirkungsvoller, mit der Interventionspolitik der US-Regierung in Lateinamerika. Vom Film selbst bleibt Chris Walken - wie könnte es anders sein - in angenehmer Erinnerung, die ziemlich ballastfreie Abwicklung der Geschichte, die trotz ausbleibender Aktion ganz flüssig durchläuft, ist ebenfalls okay. Insgesamt ein leidlich brauchbarer Film, sicher aber kein Meilenstein auf jedweder Straße.
5/10
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