In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#991
Geschrieben 03. November 2007, 08:58
The Devil's Rain (Nachts, wenn die Leichen schreien) ~ USA 1975
Directed By: Robert Fuest
Der mit dem Parapsychologen Dr. Richards (Eddie Albert) zusammenarbeitende Tom Preston (Tom Skerritt) macht sich auf in die Wüste zu dem Satansboten Corbis (Ernest Borgnine) und dessen Kuttenträgern. Corbis hat Toms Bruder Mark (William Shatner) und ihre Eltern entführt, um aus ihnen willfährige Anhänger seiner Sekte zu machen. Hinzu kommt, dass ein jahrhundertealtes Buch mit Seelenregister, dass Corbis unbedingt zurückhaben will, sich im Besitz der Prestons befindet.
"The Devil's Rain" ist das propere Beispiel eines formvollendeten Schwachsinnsfilms mit hanebüchnen Schnitten, kaum nachvollziehbaren Storywendungen und durchtränkt von totaler Konfusion. Und eben das macht ihn so schön. Wer weiß schon genau, was dieser Corbis, den Borgnine so wenig bedrohlich zum Besten gibt, eigentlich will? Was hat er bloß von seinem ominösen Buch, wieso müssen seine Jünger ihre Augen hergeben, warum verbrennt der satanifizierte Sheriff (Keenan Wynn) urplötzlich, weshalb schmelzen des Teufels Jünger im Regen dahin, wieviel Marktanteil wurde den teils hochkarätigen Darstellern für ihre Mitwirkung versprochen? Fragen über Fragen, auf die sich wohl schwerlich Antworten finden lassen.
Fuest, der immerhin mit den beiden "Dr. Phibes"-Filmen zu glänzen wusste, durfte seine Neigung zum Abseitigen wohl mal ganz uneingeschränkt ausleben, anders kann ich mir seinen Einsatz bei der Mär vom Teufelsregen nicht erklären.
Ein kleiner Klassiker, sowieso, und eine Pflichtübung für unerschütterliche Genrearchäologen.
5/10
#992
Geschrieben 03. November 2007, 13:52
Hot Fuzz ~ UK/F 2007
Directed By: Edgar Wright
Ein solches Maß an Ehrgeiz wie es der Polizist Nicholas Angel (Simon Pegg) vorlegt, kann dem Ansehen der Londoner Polizei nur schaden. Darum wird er kurzerhand in das malerische Dörfchen Sandford auf dem Lande versetzt, wo die kriminellen Handlungen sich in Ladendiebstahl und Alkoholausschank an Jugendliche erschöpfen. Doch kaum ist Angel in Sandford angekommen, treffen einige der alteingesessenen Bürger bestialische Unfälle, deren Anhäufung kaum mehr zufällig sein kann. Angel ist bald wieder ganz in seinem Element.
Nach ähnlichem Prinzip wie "Shaun Of The Dead" verfährt auch "Hot Fuzz", bloß dass die Zielscheibe der liebevollen Ironisierung in diesem Fall das amerikanische Action- und Polizeikino ist. Diverse Zitate und Ehrerbietungen, die besonders dem langjährigen Kenner des Quellmaterials großes Vergnügen bereiten dürften, finden ihren Platz neben liebevollem schwarzen Brit-Humor. Jener entblödet sich weder, seine Pointen hinter jeder sich bietenden Gelegenheit zu platzieren, noch ein paar fiese Brutalitäten aufzufahren, die einerseits zu herzhaftem Gelächter Anlass geben, andererseits aber verflixt naturgetreu ausschauen. Auch das ist ja aus "Shaun" bekannt.
Kurzum: Die inoffizielle Fortsetzung zum Zombie-Spaß ist erneut sehr vergnüglich, wenn auch ein wenig lang geraten und gibt Anlass zu mancher Feier vor dem Fernsehapparat.
8/10
#993
Geschrieben 04. November 2007, 10:17
Flirting With Disaster ~ USA 1996
Directed By: David O. Russell
Mel Coplin (Ben Stiller) gerät in eine psychische Krise, weil er adoptiert ist und seine richtigen Eltern nie kennengelernt hat. Mithilfe der Zusammenführungsexpertin Tina (Téa Leoni) macht sich Mel also mitsamt Frau Nancy (Patricia Arquette) und namenlosem Baby (der Junge soll den Namen seines leiblichen Großvaters erhalten) auf nach San Diego, wo seine angebliche Mutter (Celia Weston) wohnt. Die Adresse entpuppt sich jedoch als fehlerhaft und so geht es weiter quer durch die Staaten, bis Mel irgendwann bei seinen richtigen Eltern, dem Ehepaar Schlichting (Alan Alda, Lily Tomlin) landet, die sich als LSD-brauende Spät-68er entpuppen.
Als eine der schönsten Komödien ihres Jahrzehnts habe ich "Flirting With Disaster" immer empfunden und dieser Eindruck konnte sich jetzt wieder manifestieren. Der Film lebt, wie sein Titel es andeutet, von der Konfrontation des hoffnungslos überforderten Protagonisten mit einer Vielzahl chaotischer, unüberschaubarer Situationen und Personen, die oft in heillos durcheinander gesprochenem Dialog, ähnlich wie bei Altman, kulminiert. Ben Stillers komisches Talent besteht ja in erster Linie darin, in absurder Lage blöd aus der Wäsche zu gucken und dafür hat er hier massig Gelegenheit. Kernstück der Erzählung sind aber die diversen spinnerten Menschen, denen man auf Mels und Nancys Reise begegnet, darunter Mels Adoptiveltern (George Segal & Mary Tyler Moore), zwei schwule FBI-Agenten (Richard Jenkins & Josh Brolin), ein Ex-Hell's Angel (David Patrick Kelly) und natürlich die göttlichen Schlichtings, irrtümlicherweise auch schonmal "Shitkings" genannt. Erst diese geben Russells urkomischem Roadmovie das richtige Würzmaß.
8/10
#994
Geschrieben 04. November 2007, 16:48
Deadly Friend (Der tödliche Freund) ~ USA 1986
Directed By: Wes Craven
Als das jugendliche Genie Paul (Matthew Laborteaux) mit seiner Mum (Anne Twomey) und dem selbstkonstruierten Hausroboter BB in eine neue Gegend zieht, lernt er die nette Sam (Kirsty Swanson) kennen, die gleich nebenan mit ihrem Vater Harry (Richard Marcus) wohnt. Nachdem ihr Vater, ein übler Patron von einem Schläger, Sam eines Tages wieder verprügelt hat und sie unglücklich die Treppe hinabgestürzt ist, erleidet sie einen Hirntod. Kurz zuvor wurde BB durch ein paar Flintenschüsse von Pauls garstiger Nachbarin Elvira (Anne Ramsey) zerlegt und so kommt der junge Mann auf die Idee, Sam des Roboters Elektronengehirn einzupflanzen. Das Experiment funktioniert - allerdings wird Sam zu einer gnadenlosen Killermaschine, die sich an allem rächt, was ihr zu Lebzeiten Schaden zugefügt hat.
"Deadly Friend" gilt nicht gerade als Diamant in Wes Cravens Schaffenskrone. Über das Warum geistert manch halbseidene Theorie durch die einschlägige Literatur und tatsächlich bleibt es bei Ansicht des Films nicht lang unbeantwortet. Der Meister war selbst nicht als auteur im Einsatz, eine Seltenheit im Zuge seiner Regisseurstätigkeit, zudem handelte es sich um die Auftragsarbeit eines Studios. Böse Zungen mögen von Unverwandtheit oder gar Unmotiviertheit unken - ich mag den Film. Bei aller Naivität und dem nicht selten die Grenze zur Lächerlichkeit überschreitenden Ideenfundus des Buchs ist die Fabel um einen juvenilen Frankenstein und sein einzigartiges Wissen (auf die Frage woher er dieses erworben habe, antwortet er einmal, dass er sich schon immer dafür interessiert hätte - nüja ...) um die Funktionsweise von Synapsenschaltungen, das dem Burschen sogar eine Dozentur einbringt, nämlich eigentlich ganz reizvoll. Ironischerweise ist die Narration sehr auf ein eindeutig junges Publikum ausgerichtet, dabei werden jedoch einige handfeste Effekte serviert, von denen zumindest einer den Film geradezu unvergesslich macht. Ein weiterer bedenklicher Faktor wäre demnach die unentschlossene Inszenierung. Über das alles muss man hinwegsehen können, was sicher nicht eben einfach ist.
Als Bestandsaufnehmer jugendlicher Befindlichkeit im Grauenssektor ist Craven dann doch erste Wahl, auch wenn die zugrunde liegende Story nicht auf seinem Mist gewachsen ist und "Deadly Friend", ich gebe es zu, ganz bestimmt einen von mehreren kleinen Einbrüchen in seinem Oeuvre darstellt. Die Visualisierung infantiler Angstgebilde und Albtraumsequenzen liegt ihm einfach bestens und auch wenn ein so verquastes Ende den Film beschließt, mit all dem kann ich leben. Mein Glück.
5/10
#995
Geschrieben 04. November 2007, 21:22
Ride The High Country (Sacramento) ~ USA 1962
Directed By: Sam Peckinpah
Steve Judd (Joel McCrea), ein alternder Abenteurer, nimmt den Auftrag eines Bankiers (Byron Foulger) entgegen, die gesammelten Goldvorräte aus einem Minenstädtchen in den kalifornischen Bergen hinab in die Stadt zu bringen. Auf einem Jahrmarkt trifft Judd seinen alten Freund Gil Westrum (Randolph Scott), der mittlerweile als Schausteller tätig ist und bietet ihm an, ihn auf dem Goldtransport zu begleiten. Zusammen mit seinem jungen Mündel Longtree (Ron Starr), der ebenfalls mitkommt, plant Westrum, sich das Gold unter den Nagel zu reißen, notfalls auch ohne Judds Einverständnis. Zusätzliche Probleme ergeben sich, als die drei der Farmerstochter Elsa (Mariette Hartley) begegnen, die ihrem erzpuritanischen Vater (R.G. Armstrong) entfliehen möchte und Hals über Kopf einen schmierigen Goldgräber (James Drury) heiratet. Dieser und seine Brüder zeigen erst nach dem Ja-Wort ihre wahren Gesichter und Judd hat, neben dem schwelenden Konflikt mit Westrum und Longtree, alle Hände voll mit den aggressiven Hammonds zu tun.
Peckinpahs zweite Kinoarbeit nach "Deadly Companions" gilt als Beginn seiner Hochphase. Wie alle anderen Western des Regisseurs, die "High Country" später noch folgen sollten, ist auch der vorliegende ein wehmütiger Abgesang auf Tradition, vergangene Werte, verjährte Moralvorstellungen und Heldentum, hier allerdings noch um einiges hoffnungsvoller vorzufinden als in anderen Werken. Zwar müssen die pensionierten Gunslinger aus Altersgründen schließlich abtreten und werden auch klaffende Lücken hinterlassen, der Liebe der Nachfolgegeneration wird jedoch zumindest eine Chance eingeräumt. Bei Garrett und Billy gibt es diese nicht mehr.
Mit McCrea und Scott in den Hauptrollen hat sich Peckinpah klugerweise zwei altgediente Männer vom Fach in die Sättel gesetzt, was einen gänzlich anderen, authentischeren Effekt nach sich zieht als wenn lupenreine Stars wie Wayne oder Fonda in diese Parts geschlüpft wären. Wie die beiden über Stiefelmacherkunst und andere Erfahrungen aus ihren langen Biographien diskutieren, das zählt zu den Sternstunden peckinpahschen Westerngeschehens. Ganz zu schweigen von dem mitreißenden Moment, in dem Judd erkennen muss, dass sein alter Freund ihn betrügen und das Gold stehlen will.
Wer Peckinpah kennt, weiß, dass monumentale Szenen häufig gleich zu Beginn auftreten können, so ist die bitterste Stelle des Films gleich sein Quasi-Prolog. Judd reitet in die Stadt ein, die ihre Hauptstraße wie für eine Prozession heraugeputzt hat. Stolz beginnt er, den Schaulustigen zuzuwinken, geradeso als gelte der Trubel seiner Person. Schließlich fordert ein Polizist ihn unsanft auf, die Straße zu räumen, weil er sich im Weg befindet: Ein Kamelrennen, so ziemlich das Bizarrste, was man sich vor einer Westernkulisse vorstellen kann, wird dort veranstaltet.
Charakteristika wie seine Zeitlupenmontagen finden sich in "High Country" noch nicht, die Schlechtigkeit und den Schmutz der Welt zumindest, die in Kürze noch so oft sein Thema sein sollen, kehrt Peckinpah bereits hier vor seine Tür. Man denke nur an die Hammond-Brüder; solch miese, verlauste Gestalten dürften wohl zum ersten Mal durch ein amerikanisches Westernszenario stiefeln.
9/10
#996
Geschrieben 06. November 2007, 18:48
Phantasm II (Das Böse II) ~ USA 1988
Directed By: Don Coscarelli
Nachdem Mike (James LeGros) Jahre in der Heilanstalt verbracht hat mit dem therapeutischen Ziel, endlich die vermeintlichen Erlebnisse um den Großen Mann (Angus Scrimm) und seine Zwergenarmee dranzugeben, erhält er, kaum aus dem Sanatorium entlassen, den Beweis dafür, dass all das keineswegs seiner Phantasie entsprungen ist: Die Familie von Mikes Freund Reggie (Reggie Bannister) wird ebenfalls zu Opfern des Großen Mannes. Die beiden reisen, auf den Spuren des übermächtigen Feindes, quer durch die Staaten. Mike steht in telepathischem Kontakt mit einem Mädchen (Paula Irvine), das ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hat wie er selbst. Nachdem man sich endlich gefunden und zusammengerauft hat, geht es mit vereinten Kräften dem Großen Mann an den Kragen.
Die finstere Poesie hat Coscarelli für den zehn Jahre später entstandenen Nachfolger seines Klassikers "Phantasm" beiseite geschoben, um ein Actionfeuerwerk im Horrorsektor abzubrennen, das sich auch zahlreicher komischer und selbstparodistischer Szenen mitsamt Kettensägenduell nicht scheut und offensichtlich ästhetischer Pate für etliche PC-Spiele aus den Neunzigern war. Die eigenartigen fliegenden Sphären, von denen im Vorgänger nur eine einzelne ganz unvermittelt auftauchte, spielen diesmal eine gewichtigere Rolle und zeigen, dass sie noch viel mehr können, als bloß Schädel auszuhöhlen. Coscarelli greift viele Ideen von dazumal auf und bringt sie, gestärkt mit einem deutlich höheren Budget zu höchst effektiver Reife. Dazu gehört auch die streng angezogene Splatterschraube. Dennoch verliert das "Phantasm"-Universum für meinen Geschmack viel an hypnotischer Kraft durch den deutlich aufgelockerten Ton und die plötzlich so unverzichtbare Luzidität, die die interessanten Metageschehnisse um einen einsamen Jungen kurzerhand verdrängt. Bleibt eine herzhaft-leichte Horror-Unterhaltung, nunmehr ohne Zwischentöne, die man jedoch sehr vermissen mag.
7/10
#997
Geschrieben 07. November 2007, 19:42
White Lightning (Der Tiger hetzt die Meute) ~ USA 1973
Directed By: Joseph Sargent
Als der einsitzende Gator McKlusky (Burt Reynolds) vom Mord an seinem Bruder durch den korrupten, fettärschigen Südstaatensheriff Connors (Ned Beatty) erfährt, geht er kurzerhand einen Deal mit den Bundesbehörden ein: Wenn er als vorgeblicher Transporteur illegaler Spirituosen genug Beweise gegen den mit Schwarzbrennern zusammenarbeitenden Connors sammeln kann, wird dieser zur Rechenschaft gezogen werden. Natürlich möchte McKlusky auch seine ganz private Rechnung mit Connors nicht beilegen.
Unter anderem über verschmitzte Proletarierrollen wie die des Gator McKlusky konnte sich Burt Reynolds seine glänzende Reputation erarbeiten. Als renitenter Gesetzesübertreter mit dem Herz am rechten Fleck, dem rechten Fuß am Gaspedal und einem ordentlichen Stich bei den Redneckladys war jedes 'pig' ihm schlussendlich hoffnungslos ausgeliefert und auch in "White Lightning" zeichnet sich ganz schnell ab, was sich bald offenbaren soll: Beatty hat im Duell gegen Reynolds nicht den Hauch einer Chance. Zum Film ist zu sagen, dass der sich nie so ganz zwischen Hillbilly-Charme und Hippie-Koalition entscheiden mag, wobei im Prinzip eher erster maßgeblich ist. Zwar ist Gator kein Rassist oder Antiliberaler, seine politischen Statements sind bei aller Ironie aber zurückhaltend und dass er mit den Menschen im (Zitat) "reaktionärsten County der Staaten" sympathisiert, daraus macht er keinen Hehl. Man muss also schon ein bisschen was übrig haben für die rebel rousers aus dem Süden und dazugehörige romantische Verklärungen. Dass die flotten Autoverfolgungsjagden mitsamt Gators geschickten Ausweichmanövern einen jungen Actionfan wie den kleinen Funk_Dogg zu begeistern wissen, das allerdings halte ich nicht nur für möglich, sondern geradezu verpflichtend.
7/10
#998
Geschrieben 08. November 2007, 18:24
Conan The Destroyer (Conan der Zerstörer) ~ USA 1984
Directed By: Richard Fleischer
Während Conan (Arnold Schwarzenegger) am Grab seiner toten Gefährtin Valeria zum Gebet niederkniet, gibt sich dort die mysteriöse Königin Taramis (Sarah Douglas) zu erkennen, die ihm ein Angebot macht: Gegen die erfolgreiche Suche nach einem magischen Horn, das den schlafenden Gott Dagoth erwecken soll, will sie Conans Geliebter das Leben zurückgeben. Zusammen mit dem flapsigen Dieb Malak (Tracey Walter), der Prinzessin Jehnna (Olivia d'Abo), ihrem Leibwächter Bombaata (Wilt Chamberlain) sowie der Amazone Zula (Grace Jones) und dem Zauberer Akiro (Mako) entdeckt Conan bald tatsächlich das Gesuchte. Taramis jedoch erweist sich als verlogene Fanatikerin.
In der Fortsetzung zu John Milius' einzigartigem Original erinnern lediglich die pompösen Partituren von Basil Poledouris an vergangene Großtaten. Der Film selbst ist ein recht lauer Fantasy-Aufguss mit viel mehr sorcery als sword, im Vergleich zum Vorgänger geradezu schwatzhaft, sowie, eigentlich unverzeihlich, zu großen Teilen als Gagparade konzipiert. Ed Pressman muss unterdings die unfreiwillig komischen Qualitäten des muskelbepackten Grazers entdeckt haben, denn dieser bekommt einen ganzen Teil ominösen Dialogs, welcher kaum mehr zur Unterstreichung denn vielmehr zur Unterminierung der Ernsthaftigkeit seines physisgetriebenen Charakters dient. Eine besonders alberne Szene, die zugegebenermaßen in ihrer Absurdität wirklich witzig erscheint, zeigt Conan, wie er im Vollrausch nach übermäßigem Genuss vergorenen Safts über das Leben und dessen Fallschlingen schwadroniert. In der bald folgenden "Red Sonja"-Verfilmung, deren freimütige Debilität sich hier bereits mehrfach andeutet, wäre so etwas kaum weiter ins Gewicht gefallen, in diesem Falle aber vergreift man sich geradezu frevlerisch an einem Mythos.
Zudem entpuppen die Ersinner der Geschichte sich als die zugleich langjährigen Autoren der Marvel-Comicreihe (Gerry Conway & Roy Thomas), womit sich wiederum die Entfernung von dem finsteren Archaismus eines Robert E. Howard hin zu einem typisch oberflächlichen Mittachtziger-Verständnis von der Aufbereitung von Phantastik erklären lässt - nicht jedoch verzeihen. Die Magie hat man günstig verramscht und den Barbaren kurzerhand zum Pappkameraden degradiert.
4/10
#999
Geschrieben 10. November 2007, 09:05
How The West Was Won (Das war der Wilde Westen) ~ USA 1962
Directed By: Henry Hathaway/John Ford/George Marshall
In fünf kleinen Geschichten, die eine Familie und ihren Ost-West-Vorstoß im 19. Jahrhundert über mehrere Generationen begleiten, wird von der nordamerikanischen Landnahme berichtet: Die streng puritanische Farmerfamilie Prescott reist über den Fluss gen Westen, um ein Fleckchen Land zu besiedeln. Die gefahrvolle Reise, auf der sie mit Stromschnellen und Piraten fertig werden müssen, überleben nur die beiden Töchter Lilith (Debbie Reynolds) und Eve (Carroll Baker). Letztere heiratet den Trapper Linus Rawlings (James Stewart) und gründet mit ihm eine Farm, während Lilith sich als Tingeltangelsängerin verdingt und den charmanten Glücksjäger Van Valen (Gregory Peck) kennenlernt. Eves Sohn Zeb (George Peppard) zieht später für die Konföderation in den Bürgerkrieg, arbeitet als Kundschafter für die Eisenbahngesellschaft und muss schließlich als Sheriff gegen einen marodierenden Desperado (Eli Wallach) antreten.
Neben dem obskuren "Scent Of Mystery" ist "How The West Was Won", ein bombastisches Prestige-Projekt im Fahrwasser der monumentalen Kriegs- und Bibelschinken, der einzige Spielfilm, der im Cinerama-Verfahren entstanden ist. Bei diesem wurden drei 35mm-Kameras parallel und voneinander abgewinkelt nebeneinander montiert, so dass deren Aufnahmen ein breites, flächendeckendes Panoramabild ergaben, welches besonders plastisch wirken sollte. Den Kinderschuhen mitsamt seiner technischen Mäkel konnte Cinerama nie entwachsen, denn es wurde bald schon wieder eingestampft: Nahaufnahmen waren praktisch unmöglich, den vollständigen Bildausschnitt aller drei Kameras vermochte nur ein Leinwand-Breitenverhältnis von 2,75:1 abzudecken, die drei unterschiedlichen Aufnahmen wiesen trotz sorgfältigen Tiefenabgleichs unterschiedliche Helligkeitsstufen auf, die beiden Schnittstellen waren deutlich sichtbar. Immerhin sorgte die konvexe Bilderscheinung, die durch die Frontalausrichtung der mittleren Kamera entstand, für manch verblüffenden Effekt.
Die MGM fuhr für "How The West Was Won" mit das beste auf, was man dieser Tage für einen Genrefilm bekommen konnte. Für die Inszenierung des - ohne Frage - herausragendsten Segments "The Civil War" gewann man sogar John Ford. Henry Fonda, Gregory Peck, James Stewart, Richard Widmark und selbst John Wayne, die Kaisergarde des Hollywood-Westerns, trat gesammelt in Nebenparts auf, während die eigentlichen Hauptrollen Debbie Reynolds und George Peppard zukamen, die neben Spencer Tracys Erzählstimme zusammen von Anfang bis Ende durch die breit angelegte storyline führen. Hathaway führte bei drei Fünfteln des Films seine routinierte Regie. Teure, ehrgeizige Sequenzen mit viel Knall und Fall machten ein subtiles oder gar psychologisches Management geradezu überflüssig: Wildwasser, Gebirgsaufnahmen, diverse Explosionen und Gefechte sowie eine Bison-Stampede geben lohnenswerteste Motive ab.
"How The West Was Won" ist unverhohlen bunt, laut und kitschig - aber zugleich prachtvoll und herrlich anzuschauen. Zudem unverzichtbar für jede Genre-Werkschau.
8/10
#1000
Geschrieben 11. November 2007, 10:41
Enter The Ninja (Ninja, die Killermaschine) ~ USA 1981
Directed By: Menahem Golan
Zu den weitschweifigen Erlebnissen des Weltenbummlers Cole (Franco Nero) gehört u.a. auch, sich in Japan zum Ninjas ausbilden zu lassen. Sein Mitschüler Hasegawa (Shô Kosugi) sieht es zwar alles andere als gern, dass ein Westgesicht die traditionellen Künste erlernt, muss sich aber zähneknirschend fügen. Coles neue Fertigkeiten kommen ihm gerade recht, denn sein alter Kumpel Frank (Alex Courtney) steckt in der Klemme. Der böse Mr. Venarius (Christopher George) will Franks Land auf einer philippinischen Insel, notfalls auch mit Gewalt. Als Venarius merkt, dass selbst ganze Schlägerarmeen Cole nicht beikommen, engagiert er Hasegawa. Es kommt zum alles entscheidenden Duell.
The one that started it all: "Enter The Ninja" legte nicht nur den Grundstein für eine der erfolgreichsten Serien des Produzentenduos Golan/Globus, sein Kassenecho wies den beiden außerdem die allseits bekannte, kommerziell verheißungsvolle Zukunft im preisgünstigen und politisch unkorrekten Actionfilm. Ehrlich gesagt träumte ich seit vielen Jahren davon, diesen Semiklassiker endlich mal sehen zu dürfen. Schon zu Grundschulzeiten prahlte ein Freund von mir, er habe ihn daheim auf Video. Sein Herr Papa, ein Kommissar bei der örtlichen Kripo, unterband aber erfolgreich jeden noch so zaghaften Kontakt zwischen dem "Ninja" Nero und mir. Später, als ich selbst Mittel und Wege gehabt hätte, ihn zu besorgen, war der Film nirgends mehr zu bekommen und ich konnte leider nicht in die Röhre schauen.
Wie es so ist im Leben - Jahrzehnte potenzierter Erwartungen fordern häufig Uneinlösbares, und so war es auch in diesem Fall. Dennoch ist der Amusement-Faktor, den "Enter The Ninja" bietet, wahrlich nicht zu unterschätzen. Schon Zachi Noy mit Hakenhand bürgt dafür, dass die Fieslingsriege aller potenziellen Dämonie entledigt wird. Christopher George (den ich schonmal garnicht böse finden kann) als sein Boss und tuntiger Obermotz beschäftigt sich am Liebsten damit, völlig idiotische Installationen mit irgendwelchen Badenixen zu arrangieren. Die ganze Truppe ist so verpeilt, dass man sich fragt, wie sie es überhaupt soweit bringen konnte. Da hat es Franco Nero, als Django noch in allen Zuschauerköpfen präsent, nicht sehr schwer, das personalintensive Kanonen- pardon, Nunchaku-Futter abzuservieren und da verzeiht man auch noch so stulle Dialogpassagen und inszenatorischen Dilettantismus großherzig. Eine klaffende Lücke konnte endlich geschlossen werden und das ist allemal wichtiger.
5/10
#1001
Geschrieben 11. November 2007, 17:20
Ninja III: The Domination (Die Herrschaft der Ninja) ~ USA 1984
Directed By: Sam Firstenberg
Nachdem ein von Polizisten tödlich getroffener Ninja (David Chung) seinen Geist per Schwertübergabe geradewegs in die zufällig vor Ort arbeitende Telefonangestellte und Aerobiclehrerin Christie (Lucinda Dickey) ausgehaucht hat, ist diese phasenweise nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Der Geist des Ninja will Rache und lässt Christie alle Nase lang zum Schwert greifen, um die Cops, die ihn zur Strecke gebracht haben, nacheinander abzuservieren. Glücklicherweise ist bald schon der Japaner Yamada (Shô Kosugi) zur Stelle, der mit dem Ninja-Dämonen noch eine ganz persönliche Rechnung offen hat.
"Ninja III" bringt Cannons Reihe um die schwarzgewandeten Tötungsexperten aus Japan nach dem zweiten und besten Teil zu einem humbugreichen Abschluss. Sieht man von den drei in der Folge entstandenen Konkurrenzproduktionen "Nine Deaths Of The Ninja", "Pray For Death" und "Rage Of Honor" ab, die ebenfalls allesamt mit Shô Kosugi in der Hauptrolle werben konnten, ist die Trilogie der Cannon so etwas wie das Herzstück der kurzlebigen Ninja-Manie in den Achtzigern. Angesichts des vorliegenden Films, der selbst für Firstenbergs Verhältnisse abstinkt und in seinen eigenen anspruchslosen motivischen Gefilden einen Tiefpunkt markiert, ein recht verwunderliches Faktum. Für "Ninja III" zog man diverse Okkultismus- und Horrorelemente hinzu; teilweise werden ganze Einstellungen aus "The Exorcist" und "Poltergeist" detailgetreu nachgestellt, was erwartungsgemäß zu einem Potpourri führt, das unausgegorener kaum sein könnte. Kosugi, der charismatische Grund, weshalb man sich den ganzen Stuß überhaupt bis zum Finale antut, trägt zwar eine telegene Augenklappe, hat jedoch bloß ein Minimum an Auftritten. Den Hauptteil bestreiten die besessene Dame und ihr ganzkörperbehaarter Polizistenfreund (Jordan Bennett), die aber beide zu blass sind, um die Kastanien noch aus dem Feuer zu holen.
Immerhin, recht komisch ist dieser ganze obskure Blödsinn in seiner Hilflosigkeit trotz allem noch und zur Vervollständigung ohnehin obligatorisch. Hoffe jedenfalls, dass ich die anderen erwähnten Filme in nicht allzu ferner Zukunft auch wieder werde begutachten können.
3/10
#1002
Geschrieben 12. November 2007, 15:18
Wanted: Dead Or Alive (Gesucht: Tot oder lebendig) ~ USA 1987
Directed By: Gary Sherman
Nick Randall (Rutger Hauer) steht in bester familiärer Tradition: Schon seine Ahnen waren Kopfgeldjäger und damit Männer, die trotz ihres dreckigen Gewerbes das Leben in ihrem Land ein Stück lebenswerter machten.
Als der international gesuchte Terrorist Malak al Rahim (Gene Simmons) nach L.A. gelangt, um dort mit seinen denkbar unstrategisch platzierten Bomben in erster Linie Unschuldige in die Luft zu sprengen, kommt Randalls alter Arbeitgeber, die CIA, wieder auf ihn zu und bietet ihm an, Malak gegen entsprechende Belohnung aus dem Verkehr zu ziehen. Das anschließende Duell hat einige Opfer zu beklagen, die in erster Linie die laienhaft arbeitenden Papierhengste vom Geheimdienst verantworten müssen.
Von 1958 bis 61 ritt Steve McQueen als Bounty Hunter mit abgesägter Flinte durch einen Westen, der Individuen wie ihn zum Bestehen notwendigerweise brauchte. Die dazugehörige Serie hieß "Wanted: Dead Or Alive" und auf ebensie beruft sich Shermans Film. Jener treibt seinen Helden noch weiter gen Pazifik, quasi bis direkt an die Küste, um ihn dort seinem Geschäft auf eine wesentlich arrogantere, gnadenlosere und abgeklärtere Weise nachgehen zu lassen als es weiland sein Urgroßvater für die CBS getan hat. Nick Randall hat ein beträchtliches Waffenarsenal in seinem schnittigen Coupé untergebracht, pflegt trotz seiner schmalzigen Schlagersängerfrisur eine nette Beziehung zu einer Studentin (Mel Harris) und liebt seinen Job nicht gerade, erledigt ihn aber zumindest tadellos. Jedenfalls ist alles besser als in Schlips und Kragen und nach Vorschrift für die Regierung zu arbeiten. Der arabische Terrorist Malak (Gene Simmons in der letzten seiner drei famosen Schurkenrollen aus den Achtzigern), welcher sich mitsamt seiner Zelle ausgerechnet Randalls malerischen Küstenstreifen San Pedro ausgesucht hat, kann da zwangsläufig nur das Nachsehen haben, zumal er die Angelegenheit ein wenig zu persönlich nimmt. Ironischerweise genehmigt sich Hauer eine gute halbe Dekade, nachdem er als Terrorist Wulfgar Sly Stallone das Leben schwer machte, einen mit allen Wassern gewaschenen Seitenwechsel.
Gary Shermans Regie ist ungeheuer präzis und geradezu beflissen, erspart sich Kinkerlitzchen und steht ganz im Zeichen des Genres. Zwar standen für "Wanted" als New World-Produktion nicht unbedingt astronomische monetäre Mittel zur Verfügung, eventuelle diesbezügliche Mängel macht der Film jedoch mit einem Hauptdarsteller zu seiner Hochzeit doppelt und dreifach wieder wett und zeigt bei allen Vorbehalten betreffs seiner reaktionären Phrasen, wie ein zünftiger, brutaler Kracher von kompetentem Personal zu dieser Zeit auszuschauen vermochte.
7/10
#1003
Geschrieben 13. November 2007, 19:44
I, The Jury (Ich, der Richter) ~ USA 1982
Directed By: Richard T. Heffron
Jack Williams (Frederic Downs), ein langjähriger Freund von P.I. Mike Hammer (Armand Assante), wird in seiner Wohnung umgebracht. Gemäß seines Berufs und seiner Berufung spürt Hammer, ein ganz privater Krimi, den Umständen von Williams' Tod nach und stößt auf eine waffenschiebende Ganoven, CIA-Agenten und eine seltsame Umerziehungsklinik, die vorgeblich Sexualneurosen therapiert.
They don't make 'em like this anymore. Ja, in letzter Zeit bin ich um anglophile Paraphrasen nicht verlegen, aber wenn sie so hervorragend passen, dann sehe ich es auch nicht ein, mich aus falscher Bescheidenheit darum zu drücken. "I, The Jury", dessen Script ein gut aufgelegter und zugleich unschwer erkennbarer Larry Cohen verfasst hat, gibt ein rotziges Stück Kriminalkino ab, dass dem Hammer-Erfinder Mickey Spillane trotz seiner Zeitkontext-Transponierung sicher gut gefallen haben dürfte. Assante gibt den grenzfaschistischen Privatdetektiv als Asphalt-James-Bond, der um keinen treffsicheren Revolverschuss und keine flotte Nummer verlegen ist, gerade so demnach, wie Spillane ihn sich stets gern vorgestellt hat. Die Story um einen durchgetickten CIA-Mann (Barry Snider), der einen seiner Meuchelmörder aus den Gefilden einer Psychiatrie, welche zugleich einen halben Puff mit regelmäßig stattfindenden Orgien abgibt und von Barbara Carrera geleitet wird, ist schon ein starkes Stück; dass diese gleichermaßen so verworrene und hübsch subversive Geschichte dabei aber so sleazy präsentiert wird (man schaue sich nur die title sequence an), macht "I, The Jury" erst recht zum Knallbonbon. Schade, dass die offenbar intendierte Folge-Reihe nie das Licht der Kinoleinwände erblickt hat und Mike Hammer stattdessen in der weit weniger peppigen Stacy Keach - Interpretation auf die TV-Bildschirme verbannt werden sollte ...
8/10
#1004
Geschrieben 14. November 2007, 17:00
Kickboxer (Karate Tiger III - Der Kickboxer) ~ USA 1989
Directed By: Mark DiSalle / David Worth
Der ziemlich großmäulige Boxer Eric Sloane (Dennis Alexio) reist mit seinem jüngeren Bruder Kurt (Jean-Claude Van Damme) nach Thailand, um dort Tong Po (Michel Qissi), den amtierenden Kickbox-Champion, zu schlagen. Eric bezieht eine Tracht Prügel, die sich gewaschen hat und landet hernach sogar querschnittsgelähmt im Rollstuhl. Kurt schwört Rache und erlernt, um diese vollenden zu können, Muay Thai bei dem verschrobenen Meister Xian (Dennis Chan).
Der Weisheit letzter Schluss ist "Kickboxer" möglicherweise nicht, dafür aber ein recht amüsantes Knüppelfilmchen mit knackigen Tritteinlagen. Im Kino lief der Film damals ab 12 Jahren, was mir die Möglichkeit verschaffte, ihn problemlos vor Ort anzusehen. Das war eine große Sache, denn Van Damme, der immerhin durch "Bloodsport" und "Black Eagle" einen ansehnlichen Ruf in entsprechenden Kreisen zu verteidigen hatte, war bereits dieser Tage auf hiesigen Leinwanden ein rares Ereignis. So gibt es in "Kickboxer" zwar keine Toten zu beklagen, bzw. lässt die einzige, etwas aus dem übrigen Rahmen fallende Schießsequenz des Films keine direkten diesbezüglichen Schlüsse zu, es wird aber ordentlich gekickt - und geboxt. Erstmals sind die früheren Gewaltschnitte der deutschen Fassung nun in dem just veröffentlichten R-Rated-Cut zu betrachten, ich muss aber ehrlich gestehen, dass mein bezüglich dieses speziellen Falls eher ungeübtes Auge kaum revolutionäre Änderungen auszumachen vermochte. Immerhin, was zum Lachen hatte ich dann doch, besonders die Sequenz, in der Van Damme besoffen spielt und im Muskelshirt in einer Urwaldbar zu Jukebox-Popmusik abtanzt, wußte mir ein wohliges Maß Fremdscham einzutrichtern. Ein kleiner Gardemaß-Klassiker, steht jetzt netterweise zur preisgünstigen Neuentdeckung bereit.
5/10
#1005
Geschrieben 17. November 2007, 10:13
The Hitman ~ USA 1991
Directed By: Aaron Norris
Dass sein Partner Del (Michael Parks) mit dem Polizistensalär nicht mehr zufrieden ist und sich daher seine Brötchen lieber als Drogenimporteur verdient, kann Cliff Garret (Chuck Norris) nicht ahnen. Umso größer sein Erstaunen, als Del ihm eines Tages zwei Kugeln in den Wanst jagt. Die Welt hält Garret fortan für tot - worüber sich sein Boss (Ken Pogue) indes sehr freut, denn nun kann er seinen besten Mann, der mitnichten ausgeschaltet ist, unter dem Namen Grogan in ein italienisches Gangstersyndikat einschleusen, das seinerseits harte Grabenkämpfe mit frankokanadischen und iranischen Konkurrenten auszutragen hat. Grogan / Garret nutzt die Gunst der Stunde, um die verschiedenen Parteien gegeneinander auszuspielen. Doch im Hintergrund zieht noch ein alter Bekannter die Fäden.
Bereits in den späten Achtzigern begann Chucks jüngerer Bruder Aaron, zuvor Vietnamsoldat und Stuntkoordinator, Filme für den bekannteren Norris zu schreiben und zu inszenieren. Mit "The Hitman" wagte das Doppel einen semi-erfolgreichen Einstieg in die Folgedekade, die nach gut sichtbaren Budgets, Sprüchen und schnellerem Schnitt lechzte. Dort bekommt Norris der Ältere dann auch tatsächlich ein paar oneliner mehr als gewohnt, schießt, ähnlich wie sein Kollege Seagal, mit der goldglänzenden Mini-Shotgun schonmal halbe Gliedmaßen ab und trägt eine vollgelockte Matte zur Schau, die selbst die von Van Damme im zwei Jahre jüngeren "Hard Target" in den Schatten stellt. Die wahre Sensation jedoch ist Michael Parks als Bösewicht, der ähnlich wie in "Death Wish V" ein Kette rauchendes Arsenal übellauniger Sprüche zum Besten gibt. Diese dürften die Dialogkünste des jungen Tarantino, der Parks Jahre später noch mehrfach einsetzen sollte, sicher maßgeblich beeinflusst haben. Die Ameisen kriegen 'nen Bauchkrampf vor Lachen.
Mit seiner teils beinahe operesken, pathetischen Inszenierung, die Norris der Jüngere wohl zum Gangstermilieu passend dabeihaben wollte, sieht der Film besonders zu Beginn geradezu vergleichsweise edel aus, peinlich wird's aber, als Grogan / Garret einem Teenagerjungen (Salim Grant) aus der Nachbarschaft diverse Kunststückchen rund um Handkanten und Schlagfolgen beibringt, auf dass dieser sich gegen einen delinquenten Schulkameraden zur Wehr setze. Aua, aua.
Wie dem auch sei, "Hitman" ist das letzte Aufbäumen einer kleinen Legende vor der Frührente in Form dussliger TV-Produktionen und kann sich noch durchaus sehen lassen.
5/10
#1006
Geschrieben 17. November 2007, 10:36
Never Too Young To Die (Lance - Stirb niemals jung) ~ USA 1986
Directed By: Gil Bettman
Der Geheimagent Drew Stargrove (George Lazenby) hinterlässt, nachdem er von einem Kollegen hintergangen wurde, seinen im Geräteturnen hochbegabten Filius Lance (John Stamos). Dieser sieht sich bald darauf in ein Inferno gestoßen, das der größenwahnsinnige Hermaphrodit Velvet Von Ragner (Gene Simmons) auf der Suche nach einer Diskette, mit der man die Trinkwasservorräte der Westküste verseuchen kann, entfesselt.
"Never Too Young To Die" zählt zu den unglaublichsten Zelluloid-Schätzen, die sein Jahrzehnt hervorgebracht hat. In einem wirren Pastichio finden sich Elemente der Teenie-Komödie sowie des Agenten- und Endzeitfilms, dargeboten als Troma-Konkurrenzprodukt in neonglänzendem Pop-Ambiente. Dabei ist Hauptdarsteller John Stamos noch das Unscheinbarste am ganzen Film: Gene Simmons' genussvolle Darstellung des Bösewichts als exaltiert zu bezeichnen, wäre eine bombastische Untertreibung, Schneekönigin Vanity war selten netter anzuschauen und man sieht sich beinahe genötigt, ihr selbst vor dem TV-Schirm hinterherzupfeifen. Dazu gibt's noch mehr Famoses, wie den Collegefreund des Helden, einen bebrillten Asiaten, der mal ebenso nebenbei mithilfe seines Ataris Spielzeuge wie Abhörwanzen in Kaugummis und Rocket Launcher erfindet, eine Schurkenarmee, die direkt aus "The Road Warrior" herübergezogen kommt und manch kleine, aber grelle Brutalität, die in einem offensichtlich für zwölfjährige Jungs hergestellten Streifen zunächst etwas unpassend anmuten mag, die man im Gesamtkontext dann aber doch nicht missen möchte. Ein wahrhaft irrer Film, der eigentlich längst einmal zum Objekt einer mediensoziologischen Analyse hätte erhoben werden sollen. Kaufen, kucken, klücklich sein.
8/10
#1007
Geschrieben 17. November 2007, 16:07
Harry Potter And The Order Of The Phoenix (Harry Potter und der Orden des Phönix) ~ UK/USA 2007
Directed By: David Yates
Harry (Daniel Radcliffe) kommt vors Zaubergericht, nachdem er seinen Stiefbruder (Harry Melling) vor einem Dementoren gerettet und zu diesem Zwecke verbotenerweise Magie in der Menschenwelt angewandt hat. Zwar erwirkt sein Verteidiger Dumbledore (Michael Gambon) einen Freispruch vor Gericht, den zunehmend unglückseligen Zuständen in Hogwarts kann aber auch dies keinen Riegel vorschieben: Die Schulleitung übernimmt, nachdem Dumbledore seiner Abschiebung nach Askaban durch promptes Verschwinden Vorschub leistet, die furztrockene Professorin Umbridge (Imelda Staunton). Diese funktioniert Hogwarts zu einem sterilen Zauber-Borstal um, in dem es garantiert nichts mehr zu lachen gibt. Harry betätigt sich daher auf besonderen Wunsch von Hermine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) als Geheimlehrer der Verteidigungskünste, wird jedoch mitsamt seinen Schülern bald entdeckt - gar begrüßenswerte Entwicklungen für den bösen Voldemort (Ralph Fiennes), der Harry bald zum nächsten Duell fordert.
Als bekennendem Nichtleser der Bücher und Gernhaber der Verfilmungen gefällt mir der aktuelle Potter wieder ganz gut, wenn auch das Erwachsenwerden des Franchise mit Riesenschritten voranschreitet. So "schön" und auf offenmündiges Staunen abzielend wie die ersten Episoden ist der vorliegende Teil nicht mehr, dafür etwas aufgeräumter, wesentlich ernster und mehr oder weniger offensichtlich auf das nahende, große Finale hindeutend. Gutaussehende Ideen wie die unterirdische Parallelstadt und die diversen Fabelwesen laden wieder zum Verweilen ein, an den etwas finsteren Anstrich musste ich mich indes erst einmal gewöhnen. Inszenatorisch bringt Yates einiges an frischem Wind mit, der der Serie ein deutlich gegenwärtigeres Aussehen verleiht als bislang gewohnt.
Resümierend bleibt mir nur, dasselbe wie sonst auch nach Genuss eines neuen Potter-Films festzustellen: In ihrer minutiös durchkalkulierten Unschuld zählt die Reihe noch immer zum Respektabelsten, was das profitgeile Blockbusterkino unserer Tage zu bieten hat und stellt eine Konstante dar, die ich weniger und weniger missen möchte. Darauf ein schönes Tässchen Muggel-Tee!
7/10
#1008
Geschrieben 18. November 2007, 10:08
The Burning (Brennende Rache) ~ USA 1981
Directed By: Tony Maylam
Weil er so ein ungemütliches Wesen hat, spielen dem berüchtigten, stets alkoholisierten Feriencamp-Aufseher Cropsy (Lou David) einige der kleinen Sommergäste böse mit: Sie stellen ihm einen brennenden Totenschädel neben das Bett, auf dass er sich halb zu Tode erschrecke. Doch wie das Unglück es will, fällt der Scherzartikel geradewegs auf Cropsys Schlafstatt und der Unglückselige fängt am ganzen Leib Feuer. Zwar kann er den missglückten Streich mit Mühe und Not überleben, schaut aber nunmehr aus wie ein servierbereiter Dönerspieß und ist noch verrückter als vorher, was die Gäste des benachbarten Camp Stonewater in aller Deutlichkeit zu spüren bekommen ...
Nicht nur am Crystal Lake ging damals eine® um, auch Camp Blackfoot (bzw. nach dessen Niederbrennen das besagte Stonewater) wurden - wie später noch diverse andere - Zeuge eines durch juvenilen Leichtsinn verschuldeten Missgeschicks, das eine exponentielle Tragödie nach sich zog, welche wiederum das Opfer des Ausgangsereignisses zu verantworten hatte. Dies liest sich nun nun weitaus komplizierter als es ist, selbstredend wird auch hier ausschließlich das Slasherprinzip in all seiner pseudo-reaktionären Urgesinnung befolgt. Interessant im Prinzip allein die Hauptwaffe des Täters (hier: eine blitzend blanke Heckenschere), seine Maskierung (hier: ein verbrutzeltes Antlitz im Schatten eines großkrempigen Hutes), seine Tötungskreativität (hier: eingeschränkt) und die Dumm- bzw. Nacktheiten der diversen Zielobjekte (hier: jeweils intensiv vorhanden).
Aus dem sonstigen Subgenre-Wust ragt "The Burning" besonders einer legendären, untypischen Sequenz wegen heraus: Üblicherweise nimmt der Killer bekanntermaßen ja immer ein oder zwei von der übrigen Herde losgelöste Lämmchen aufs Korn, in "The Burning" attackiert er mit seiner Schneidigen von Zwilling einmal ein ganzes Floß voller neugierer Teenies, von denen keiner auf die naheliegende Idee kommt, die Flucht nach vorn - ins Wasser etwa - anzutreten, um Cropsy zu entgehen. Lieber kreischt man geduldig und lässt sich hernach die Fingerchen abschnippeln.
Hierzulande genießt "The Burning" trotz seiner deftigen Erscheinung eine unverhältnismäßige Reputation, die er, wie manche Leidensgenossen, die ebenfalls mit den spritzigen Make-Up-Künsten vom lustigen Savini-Tom bedacht wurden, den unfreiwilligen Marktschreiern von Stand 131 verdankt. Geschieht ihnen ganz recht.
5/10
#1009
Geschrieben 18. November 2007, 12:51
From Beyond ~ USA 1986
Directed By: Stuart Gordon
Der Wissenschaftler Crawford Tillinghast (Jeffrey Combs) wird völlig verstört vor dem Haus seines Mentors Dr. Pretorius (Ted Sorel) aufgegriffen. Selbiger liegt enthauptet in der Dachkammer neben dem von ihm entwickelten Resonator. Tillinghast behauptet, der Resonator öffne das Tor zu einer Paralleldimension und ließe einen Kreaturen erblicken, die man sonst nicht in der Lage ist zu sehen, und landet prompt in einer Gummizelle. Die ehrgeizige Psychiaterin Katherine McMichaels (Barbara Crampton), die herausfindet, dass Tillinghasts Zirbeldrüse abnorm vergrößert ist, erwirkt, den Patienten zum Tatort zurückführen zu dürfen, um dessen unglaublicher Geschichte nachzugehen, anbei den Cop Brownlee (Ken Foree). Bei erneuter Betätigung des Resonators kreuzt nicht nur der zu einem schleimigen Monster mutierte Pretorius wieder auf, auch Tilinghast und McMichaels unterliegen merkwürdigen Bewusstseinsveränderungen.
Der Film mit der Zirbeldrüse. Nach "Re-Animator" lieferte das identische Team mit "From Beyond" eine weitere bildschöne, auf Lovecraft basierende Horror-Groteske ab. Nur ein Bruchteil des kompletten Films, nämlich die pre-title-sequence, gibt den kurzen Inhalt der kurzen literarischen Vorlage wieder. Der Rest ist auf dem violett blühenden Misthaufen der Filmautoren Gordon, Yuzna und Paoli gewachsen, die Combs und Crampton nach ihren giftgrünen Zombieerfahrungen diesmal durch die Hölle des sechsten Sinns schicken, in der dicke Blutegel durch die Lüfte schweben, die Sexualität zur unkontrollierbaren Größe wird und der Appetit auf Gehirn sich kaum mehr stillen lässt. Weniger Blut, dafür mehr Schleim verpasst Gordon seinen Anhängern und lässt den lustvollen Ekel sich dabei kaum lockern. Eigentlich erscheint dieses zwar wiederum schwarzhumorige, dabei aber doch deutlich weniger karnevaleske Werk daher auch eher wie ein kleiner Bruder von Cronenbergs "The Fly", der zufälligerweise etwa zur gleichen Zeit herauskam. Immer noch toll.
Nach zwei Dekaden ist nun endlich auch die unzensierte Fassung erschienen, in der u.a. Dr. Bloch (Carolyn Purdy-Gordon) etwas länger an Tillinghasts Zirbeldrüse herumporkeln und ihr dafür im Gegenzug der nunmehr kahlköpfige Patient Augapfel und Hirn aus dem Schädel lutschen darf. Für gorehounds ein willkommener Anlass zum Freudentanz.
8/10
#1010
Geschrieben 19. November 2007, 15:02
The Thin Man (Der dünne Mann) ~ USA 1934
Directed By: W.S. Van Dyke
Dorothy Wynant (Maureen O'Sullivan) macht sich Sorgen um den verschwundenen Herrn Papa (Edward Ellis). Glücklicherweise weilt dessen Bekannter und Ex-Privatdetektiv Nick Charles (William Powell) um Weihnachten in New York, verfügt dieser doch über eine erstklassige Spürnase und ist so vermögend, dass er es sich erlauben kann, unentgeltlich zu arbeiten. Seine Frau Nora (Myrna Loy), die ebenso ungern ins Glas spuckt wie ihr Gatte, ist bei der Lösung kniffliger Fälle wie dem vorliegenden außerdem unverzichtbar.
Neben dem obercoolen Sam Spade verdankt die Welt der Kriminalliteratur ihrem Großen Dashiell Hammett auch das elegante wie gleichermaßen versoffene Ehepaar Charles, das sich zwischen Dekadenz und scharfem Verstand Wortgefechte wie Tennismatches zu liefern wusste. In insgesamt sechs Filmen bis 1947 tauchten die beiden auf, die, schenkt man den zahlreichen Kennern der Reihe Glauben, von konstant nachlassender Qualität sind. Meine erste, längst fällige Begegnung mit Nick, Nora und ihrem genervten Airdale Terrier Asta ist der Vehemenz der lieben zora zuzuschreiben. Da sie um meine Affinität auch zu den Komödienklassikern der alten Tage wusste, ein völlig treffender Ratschlag. Herrlich, dass der noch so junge Tonfilm schon derart spitzzüngige Dialoge auszustoßen wusste, interessant, wie das depressionsgeschädigte Publikum das offenkundig verschwenderische Dasein des Protagonistenpaars zum Anlass ausschweifenden Eskapismus genutzt haben muss, clever schließlich die wie beiläufige Lösung des Mordfalls durch den Gentleman-Detektiv Nick Charles. Edle Unterhaltung.
8/10
#1011
Geschrieben 20. November 2007, 16:08
Back In Action ~ CAN 1994
Directed By: Steve DiMarco / Paul Ziller
Während eines Drogendeals wird die junge Tara (Kai Soremekun), Freundin eines der Gangster, zur Zeugin einer blutigen Schießerei. Der Boss der Truppe (Nigel Bennett) wünscht nicht, dass Tara mit dem Leben davonkommt. Ihr Bruder Billy (Billy Blanks), ohnehin ein Rotseher vor dem Herrn, beginnt nach Taras Verschwinden sogleich, die Halunken zu dezimieren, später sogar mit der Unterstützung des mürrischen Polizisten Rossi (Roddy Piper).
"Back In Action" führt zwei Experten unterschiedlicher Kampfkünste zusammen, den Wrestler Piper und den Kickboxer Blanks. Weder der eine noch der andere ist ein besonders hübsches oder (mutmaßlich) cleveres Exemplar der Gattung Testosteronschleuder und so besteht der Aktionismus der Beiden auch primär darin, sich durch mannigfaltige Prügel- und Schießorgien zum Finale durchzuboxen. Besonders Blanks, dem Shoppingkanal-Enthusiasten durch den Verkauf seiner Tae-Bo-Videos ein Begriff, walzt seinen massigen, ölglänzenden und knapp bekleideten Leib wie ein Berserker durch den Film - ohne seine bitterböse Miene auch nur einmal aufzuhellen, ohne auch nur eine Fresse unpoliert zu lassen.
Die Geschichte, wenn man von einer solchen überhaupt sprechen möchte, ist so rührend dämlich, dass sie selbst schlichteste Ansprüche noch unterfordert (besonders wuppe ist die Reporterfreundin von Rossi, die aus jedem Fliegenfurz eine "Wahnsinnsstory" herausholt) und ausschließlich die audiovisuelle Perzeption beansprucht. "Back In Action" eignet sich daher auch bestens für den aggressionssublimierenden Genuss nach einem langen Arbeitstag, an dem der Chef einem mal wieder so richtig auf die Nerven gefallen ist.
4/10
#1013
Geschrieben 22. November 2007, 16:18
Knock Off ~ USA/HK/AW 1998
Directed By: Tsui Hark
Der meisterhafte Labelfälscher Marcus Ray (Jean-Claude Van Damme) versucht gerade, ehrlich zu werden, als er kurz vor der feierlichen Rückgabe Hongkongs an China in einen Kleinkrieg zwischen dem CIA und der Russenmafia mitten in Kowloon verwickelt wird. Es geht um Nanobomben, die die Gangster als kleine Nieten getarnt in gefälschte Markenjeans einnähen, um später Erpressungen im großen Stil damit vollziehen zu können. Dabei entpuppt sich jeder Teilnehmer als etwas völlig anderes als er / sie zunächst vorstellt. Nur gut, dass Marcus in all dem Chaos einen kühlen Kopf bewahren und fleißig Kampfkunst anbringen kann.
Die sprichwörtliche 'Reinheit' von Harks Film liegt sicher nicht in seiner unüberschaubaren narrativen Konstruktion, sondern in dem erklärten und hinreichend umgesetzten Ziel, Rasanz zum Hauptakteur zu ernennen. Ein- und selbst zweimaliges Anschauen dürften kaum genügen, um all der kleinen Flippigkeiten gewahr zu werden, die Hark im geschätzten Zehn-Sekundentakt darbietet (allerdings ohne die Rezeptoren in unangenehmer Weise zu überanstrengen). Als formales Prachtstück des jüngeren Actionkinos mit komödiantischem Einschlag verdient "Knock Off" demnach durchaus größere Beachtung als sie ihm bisher zuteil wurde; brillant außerdem die Idee, vor diesem historischen Background ein erzkapitalistisches Märchen von minderwertigen Markenfälschungen in die Welt zu setzen.
Das unleugbare Problem des Films respektive sein immenser Nachteil vor der Zuschauermajorität aber, und beides ist nicht zu unterschätzen, liegt einfach darin, dass die Figuren, um die die Geschichte kreist, völlig im Schatten der ehrgeizigen Inszenierung stehen und einem damit durch die Bank egaler nicht sein könnten. Van Damme hat bei aller Limitation durchaus das Talent, sich seiner Rolle gemäß zu verkaufen, davon wird hier aber nicht der geringste Gebrauch gemacht. In Kombination mit dem Sprüche klopfenden Rob Schneider wirken die beiden eher wie eine unheilige Buddy-Kombination ohne Anfang und Ende; ein grundsätzlich toller Bösewicht wie Paul Sorvino verpufft ergänzend dazu zu heißer Luft. Die Mischung macht's, und die ist in diesem Falle äußerst unausgewogen. Was, das sei nochmal betont, keineswegs bedeutet, dass "Knock Off" etwa ein schlechter Film wäre. Er ist bloß ein halber.
5/10
#1014
Geschrieben 23. November 2007, 14:49
Pirates Of The Caribbean: At World's End (Pirates Of The Caribbean - Am Ende der Welt) ~ USA 2007
Directed By: Gore Verbinski
Um dem unseligen Davy Jones (Bill Nighy) und seinem Kompagnon Norrington (Jack Davenport) endgültig den Garaus zu machen, brauchen Elizabeth Swann (Keira Knightley) und Will Turner (Orlando Bloom) Jack Sparrow (Johnny Depp) zurück, der jedoch noch auf dem Grund des Meeres seine ganz persönliche Ego-Hölle durchlebt. Unerschrocken und verstärkt durch den reanimierten Barbossa (Geoffrey Rush) holen sie Sparrow zurück, besuchen mit ihm einen Piratengipfel, wo sie zusätzliche Unterstützung gewinnen und entfesseln die Göttin Calypso, in deren tödlichem Mahlstrom sie den letzten Kampf gegen Jones antreten.
Bei back-to-back gefilmten Sequels werden die guten / besseren Ideen seltsamerweise häufig beim ersten ins Kino gebrachten Teil verpulvert; für den als Klimax angelündigten Rest bleiben dann nur noch appetitliche Häppchen. "At World's End" (den "Fluch der Karibik" hat man aus dem deutschen Titel endgültig verbannt) teilt dieses Schicksal nur bedingt. Wie so oft bestand hier ganz offensichtlich die nötigende innere Verpflichtung, sämtliche losen Enden aufzunehmen und zum Abschluss zu führen. Kurioserweise wird dieses 'Muss' auch für den Zuschauer spürbar, womit ein Großteil der vormaligen Leichtigkeit dahin ist. Seinen Spaßauftrag mitsamt hohem Entertainmentfaktor erfüllt der Film noch immer ganz passabel, das große Staunen aber hat sich längst eingestellt bei den Freibeutern. Selbst an Depp als dazumal tuntig-exotische Piraten-Attraktion hat man sich unterdings gewöhnt. Alles nach wie vor durchweg sehr passabel, aber es sollte sich damit auch haben. Bevor es unterkarätig wird.
6/10
#1015
Geschrieben 25. November 2007, 08:42
Seraphim Falls ~ USA 2006
Directed By: David Von Ancken
Drei Jahre nach dem Ende des Sezessionskriegs bekommt der einstmalige Unionsoffizier Gideon (Pierce Brosnan) es mit einem früheren Kontrahenten (Liam Neeson) zu tun, der ihn mit ein paar Männern unerbittlich jagt um eine alte, persönliche Rechnung zu begleichen.
"Seraphim Falls" lebt unter anderem von folgendem interessanten Faktum: Von Ancken greift ein beliebtes Mittel zur Inszenierung von Verfolgungsjagden auf, das den Gejagten und seine Jäger zeigt, wie sie mit gewissem zeitlichen Abstand jeweils dieselben Punkte passieren. Da sein Film sich inhaltlich ausschließlich mit der Flucht Gideons und seiner Verfolgung durch den besessenen Carver befasst, nimmt er sich beinahe wie eine ausgedehnte Studie ebenjener Szenen- und Einstellungsfolge aus, ohne allerdings auch nur einmal in gröbere Hektik zu geraten oder sich, wie es bei Chase-Sequenzen sonst üblich ist, gar vor Tempo zu überschlagen. Man bewegt sich eben zu Pferde oder zu Fuß fort und nicht per Ford Mustang. Das Schuld-/Sühne - Thema, dessen die Geschichte sich (obwohl der Gewohnheitsseher längst ahnt, worum es geht) erst im letzten Viertel veräußert, kulminiert dann in einem grenzsurrealen Abschluss, der mit Wes Studi und Anjelica Huston zwei wunderbare Wegbereiter findet.
Schön, dass das Genre noch solche ernstzunehmenden Arbeiten hervorzubringen im Stande ist.
8/10
#1016
Geschrieben 25. November 2007, 17:24
The Eagle Has Landed (Der Adler ist gelandet) ~ UK 1976
Directed By: John Sturges
Auf einer Krisenonferenz anno '43 kommen Hitler und Himmler (Donald Pleasence) auf die glorreiche Idee, Winston Churchill aus seinem streng geheimen Erholungsdomizil, einem kleinen Seebad, zu entführen. Durch die Hilfe einer Kundschafterin (Jean Marsh) kann Churchills Aufenthaltsort ausfindig gemacht werden, noch bevor der Staatsmann eintrifft. Für den heiklen Auftrag zieht man den fronterfahrenen Fallschirmjäger Oberst Steiner (Michael Caine) und seine Einheit hinzu. Mittelsmann wird der nordirische Dozent Devlin (Donald Sutherland). Als polnische Truppe getarnt landen die Soldaten an der englischen Küste, werden jedoch entdeckt, ehe Churchill in die Nähe des Dorfes gekommen ist. Verzweifelt wagt Steiner den Alleingang.
Eine gehörige Summe von für ein Projekt wie diesem wichtigen Erfahrungswerten konnte zusammentragen werden, indem man Altmeister Sturges für die Regie (seine letzte) und eine hochkarätige, teilweise bereits aus anderen Kriegsfilmen sattsam bekannte Besetzung gewann. "The Eagle Has Landed", nach einem Roman des Trivialliteraten Jack Higgins entstanden, fiktionalisiert historische Hintergründe und nutzt sie für ein von Schauwerten geprägtes Kriegsabenteuer voller Männlichkeitsbeweise, Aktion und kleiner Humorismen, wie sie besonders zum Ende des vorhergehenden Jahrzehnts vielfach aus Hollywood kamen. Der besondere Aspekt der Geschichte liegt darin, dass Wehrmachtssoldaten, respektive ein heldenhafter Offizier (Caine) als Sympathieträger zentralisiert und in den perspektivischen Vordergrund gesetzt werden. Natürlich hat Steiner mit Nazis nichts am Hut, das wird gleich zu Anfang, als er vergebens versucht, einer Jüdin das Leben zu retten, deutlich. Von Reichstreue ist er aber dennoch bis zuletzt beseelt und wird als deutscher Charakter in einer Form heroisiert, wie man es in WW2-Filmen nur höchst selten erlebt. Dass der oberste Befehlsstab des Reichs bzw. der direkte Führerdunstkreis von Psychopathen durchsetzt war, daraus macht "The Eagle" selbstredend keinen Hehl und ist daher gleichsam ein - man entschuldige meinen etwaigen Zynismus - sympathischer und beeindruckend professioneller Kriegsfilm ohne jeden Verdacht auf eine allzu nachdenkliche Beäugung seines Kontextes.
7/10
#1017
Geschrieben 26. November 2007, 20:29
Eureka ~ UK/USA 1984
Directed By: Nicolas Roeg
Jack McCann (Gene Hackman), ein Glücksjäger, der in Alaska hartnäckig lange Jahre nach Gold sucht, wird anno 1925 schließlich fündig. Zwei Jahrzehnte später besitzt er, nunmehr einer der reichsten Männer auf dem Globus, ein Refugium auf einem karibischen Eiland, vom in Europa und im Pazifik tobenden Krieg völlig unbeeindruckt. Er hat eine Tochter (Theresa Russell), die den französischen Lebemann und New-Age-Philosophen Claude Maillot (Rutger Hauer) heiraten möchte, von dem McCann wiederum nichts hält, da er nach der Auffassung des Alten nur auf das Familienvermögen schielt. Jacks größtes Problem jedoch nähert sich in der Person des Gangsters Mayakofsky (Joe Pesci), der, selbst in Florida ansässig, McCanns Insel kaufen und darauf ein Spielerparadies errichten will. Als Jack eines Tages auf grausige Art in seinem Haus ermordet wird, landet Maillot als Hauptverdächtiger im Gefängnis und vor Gericht.
Im Zuge von Einträgen wie diesem sehe ich mich unweigerlich genötigt, die Funktion der traditionell vorausgehendenen Synopse zumindest zu hinterfragen. Roegs monströsen Film in ein paar Sätzen abzufassen ist, als wolle man Montserrat Caballé in ein Ballerinenleibchen zwängen. "Eureka" ist weit mehr als die Summe seiner narrativen Bausteine, eine Parabel auf Gier und wie sie nicht nur das Individuum sondern gleich dazu die nachfolgende Generation beeinträchtigt. Ungeheuer bildgewaltig schwebt der Film in den zutiefst beeindruckenden Prologsequenzen atmosphärisch irgendwo zwischen Herzog und Altman, entwickelt dann aber eine Eigenmotorik, die einen bald soghaft verschlingt. Roegs Inszenierung bleibt während des Genusses nicht ohne Fragezeichen, hier und da muss man graben und schaufeln wie Jack McCann, um Codierungen zu lüften und in ihrer Sinnhaftigkeit zu hinterfragen, am Ende jedoch - die letzten Monologe lassen einen kurz glauben, das Kartenhaus stürze nun endgültig in sich zusammen, ist dann doch alles wortwörtliches Wohlgefallen und es bleibt eines der seltsamsten happy endings zu erleben, die Roegs Oeuvre bereithält.
9/10
#1018
Geschrieben 26. November 2007, 21:01
A Man Called Horse (Ein Mann, den sie Pferd nannten) ~ USA 1970
Directed By: Elliot Silverstein
Einige Sioux auf dem Kriegspfad überfallen den vom Leben angeödeten englische Abenteurer John Morgan (Richard Harris) mitten in der Prärie. Seine drei Scouts werden getötet, Morgan selbst wird als 'Pferd' an die Mutter (Dame Judith Anderson) des Häuptlings Yellow Hand (Manu Toupu) verschenkt und wie ein Aussätziger behandelt. Mehrere Fluchtversuche bleiben zwecklos. Mithilfe des langjährigen gefangenen Halbbluts Batise (Jean Gascon) lernt Morgan, wie er sich zu verhalten hat, um Respekt und Ehrerbietung der Sioux zu gewinnen. Schließlich heiratet er die Schwester (Corinna Tsopei) von Yellow Hand, nachdem er an einem Initialisierungsritual teilgenommen hat und verteidigt das Dorf gegen eine Gruppe feindlicher Schoschonen.
Neben "Soldier Blue" und "Little Big Man" der dritte Western innerhalb eines Dreivierteljahrs, der mittels ungewohnt naturalistischer und ungeschönter Bilder Stimme für die Indianervölker erhebt, sich nicht nur müht, sich authentisch zu präsentieren, sondern seine Authentizität (die allerdings in Teilen von Historikern angezweifelt wird) ausdrücklich betont und mit ihr sogar wirbt. In manch wahnwitziger Schnittfolge und Überblendung und mit seltsamer Farbgebung präsentiert "A Man Called Horse" rauschhafte Impressionen und schmauchige Öko-Diskurse.
Zentrale und berühmteste Sequenz dürfte freilich das Sonnenritual sein, bei dem Morgan unter größten körperlichen Schmerzen seine 'indianische Identität' entdeckt und den Geist der Natur zu begreifen beginnt. Ein bisschen Peyote wird bei der Ersinnung dieser Szene das Übrige getan haben. Glücklicherweise hält der Film noch Maß in seinen Ausschweifungen, so dass er trotz mancher Kurzexkursion Richtung Sleaze doch noch seine Stellung halten kann.
7/10
#1019
Geschrieben 28. November 2007, 14:57
To Be Or Not To Be (Sein oder Nichtsein) ~ USA 1942
Directed By: Ernst Lubitsch
Dass die soeben einstudierte Nazi-Groteske "Gestapo" eines Warschauer Theaterensembles wegen allzu provokativen Inhalts zugunsten des 'Hamlet' abgesetzt wird, nimmt die Truppe noch gerade so hin, dass kurz darauf die Deutschen in Polen einmarschieren dafür umso weniger. Dummerweise droht die Schar der neu rekrutierten Widerstandskämpfer gleich wieder aufzufliegen, denn der polnische Bomberpilot Sobinski (Robert Stack) fällt in London auf die Unscheinbarkeit des Spions Siletsky (Stanley Ridges) - zunächst selbst ahnungslos was Sobinski angeht - herein. Sobinski machte zuvor der Actrice Maria Tura (Carole Lombard) den Hof, wovon deren Ehemann Joseph (Jack Benny) nichts ahnt und will ihr nun über Siletsky einen Gruß zukommen lassen. Damit ist jedoch die Deckung der gesamten Bühnentruppe gefährdet. Siletsky fliegt auf und die Schauspieltruppe, allen voran der übereifrige Joseph, hat allerlei Mühe, Siletskys Entlarvungsliste nicht in die Hände des dämlichen Gestapochefs Ehrhardt (Sig Ruman) fallen zu lassen.
Den Terror per entlarvender Komik zu ent-terrorisieren, diese Idee hatte zuvor schon Chaplin und sie wurde bei Lubitsch dann auch mehr Mittel zum Zweck für eine durch ihren sprühenden Dialog glänzende Screwball-Komödie. Die humorvolle Ausgangssituation der Geschichte, jenes Moment, dass den sich selbst überschätzenden Tura auf der Bühne den 'Hamlet'-Monolog aufsagen lässt, was den liebestollen Sobinski jedes Mal wie einen umgelegten Schalter in die Garderobe von Madame Tura treibt, ist für sich genommen schon brillant, dass es dazu genutzt wird, den Nazis und dem eiskalten Vaterlandsverräter Siletsky einen humoresken Strick zu drehen, ist vielleicht das beste, was dem alliierten Propaganda-Spielfilm passiert ist. Kein großkotziges Fliegerabenteuer, keine spektakuläre U-Boot-Schlacht, kein Hochleben flotter Navy-Korps, einzig eine Geschichte von aufgesetzten Hörnern und dem rechten Couragemaß. Soviel Geistreiches konnte und kann nicht genug Abnehmer finden, ob vor 55 Jahren oder gegenwärtig.
Ein fehlloser Film, der die Welt ein Stück besser macht.
10/10
#1020
Geschrieben 02. Dezember 2007, 07:59
Bronco Billy ~ USA 1980
Directed By: Clint Eastwood
Bronco Billy McCoy (Clint Eastwood) zieht mit seinem kleinen Wildwest-Zirkus durch die Lande, immer kurz vor der Pleite, doch alles in allem glücklich und zufrieden. Als eines Tages durch Zufall die sitzengelassene, zickige Millionenerbin Antoinette (Sondra Locke) zur Show stößt, engagiert Billy sie zunächst als eine seiner "Assistentinnen", das heißt als Zielscheibenfigur und Betthäschen, muss aber bald einsehen, dass eine wechselseitige Zähmung der Widerspenstigen eingetreten ist.
Mit seinem Neowestern hat Eastwood eine schöne, oftmals sanft-satirische Americana gemacht, die viel über nationale Befindlichkeiten verrät und in ihrer Konsequenz gar ein bisschen märchenhaft geraten ist. Bronco Billy Westernshow ist nichts anderes als ein Sanktuarium für Menschen, die das Träumen noch nicht verlernt haben; nicht nur, dass sich die gesamte Belegschaft aus Ex-Sträflingen rekrutiert - Billy selbst, vorgeblich ein großer Revolverheld, offenbart sich irgendwann als ein kleiner Handwerker aus New Jersey und Autodidakt am Schießeisen, die Squaw (Sierra Pecheur) eines Häuptlings (Dan Vadis) mitnichten als Indianerin, der junge Lassokünstler Leonard (Sam Bottoms) als Deserteur, der sich geweigert hat, nach Vietnam zu gehen. Eastwood demontiert sich bei aller Heroisierung auch ein Stück weit selbst. Um Leonard aus dem Gefängnis freizukaufen, muss er sich vor einem feisten Sheriff (Walter Barnes) fürchterlich erniedrigen, wobei unklar ist, wie weit seine Machtlosigkeit ausgenutzt wird - irgendwann blendet Eastwood ab. Man ahnt aber, dass man dieses Thema Bronco Billy gegenüber besser nie mehr zur Sprache bringen sollte.
Erstaunlicherweise gelingt Eastwood das Kunststück, sich als Komödienregisseur eines warmherzigen Ensemblefilms zu bewähren, fast ohne Tadel. Nebenepisoden wie die mit Geoffrey Lewis als frustriertem Ehegatten hätten vielleicht nicht ganz so breit ausgespielt werden müssen, ansonsten aber ist "Bronco Billy" durchaus geglückt.
8/10
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