In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#1351
Geschrieben 23. August 2008, 07:36
One-Eyed Jacks (Der Besessene) ~ USA 1961
Directed By: Marlon Brando
Nach einem dreisten Banküberfall in Sonora werden Rio (Marlon Brando) und sein Partner Dad Longworth (Karl Malden) von der mexikanischen Polizei eingekreist. Dad gelingt die Flucht zurück über die Grenze, allerdings lässt er Rio, der die nächsten fünf Jahre in einem Arbeitslager verbringen wird, dabei kaltblütig im Stich. Rio hat nach seinem Entkommen nur eines im Sinn: Vergeltung an Dad. Als er auf der Suche nach dem Ex-Genossen die beiden Banditen Bob Amory (Ben Johnson) und Harvey Johnson (Sam Gilman) kennenlernt, eröffnen diese ihm, dass die Bank in Monterey an der Pazifikküste bis zum Bersten gefüllt sei und, noch besser, Dad sich zum Sheriff des Städtchens habe wählen lassen. Rio ist Feuer und Flamme, geht mit den beiden und seinem Freund Chico (Larry Duran) nach Monterey und sucht als erstes Dad auf, der ein immens schlechtes Gewissen gegen Rio hat. Man lügt sich gegenseitig etwas vor und Rio wählt als subtilen Weg zur Kränkung Dads die Verführung von dessen schöner Stieftochter Louisa (Pina Pellicer). Unter einem willkommenen Vorwand (Rio erschießt in Notwehr einen berüchtigten Raufbold (Timothy Carey)) peitscht Dad Rio daraufhin aus, zertrümmert ihm die Schusshand und jagt ihn aus der Stadt. Rios Hass potenziert sich während seiner Genesung und obgleich Louisa ihm eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwarte und Rio bittet, auf seine Rache zu verzichten, fällt es ihm schwer, von seinem Weg abzuweichen. Als er sich dann entscheidet, Louisa abzuholen, wird er von Dad fälschlich wegen Banküberfalls verhaftet und eingesperrt, um auf seine Hinrichtung zu warten. Louisa befreit Rio, der Dad erschießt und sich allein auf eine langwierige Flucht begibt.
Brandos einzige Regiearbeit, ein großes amerikanisches Kunstwerk, wird naturgemäß oft unterschlagen, wenn es um die Kanonisierung des Genres geht. Selbstredend fallen einem zunächst andere Namen und Titel ein: Ford, Mann, Hawks, Peckinpah, Boetticher vielleicht und Brooks. Man denkt unwillkürlich an "High Noon" und "Shane", schon allein deshalb, weil diese jedem auch nur gerinfügig Interessierten im Laufe der Jahre immer und immer wieder vorgekaut werden. Ich muss zugeben, dass es mir nicht anders geht. Umso erfrischender, daran erinnert zu werden, den gelegentlichen Blick über den Tellerrand hinaus nicht zu vergessen.
Die Entstehungsgeschichte von "One-Eyed Jacks" ist turbulent. Brando hatte zwei Jahre vor dem Dreh die Rechte an dem Roman "The Authentic Death Of Hendry Jones" erworben, der sich unter Abänderung von Namen und Orten mit der Geschichte von Pat Garrett und Billy The Kid befasst. Es geht im Groben um den Konflikt zwischen einem delinquenten Zögling und einer Vaterfigur, wobei zweitere zugunsten einer gesellschaftlichen Ehrenrettung den Status des Gesetzlosen aufgibt, um sein verbrecherisches Mündel zur Strecke zu bringen. Brando als Motor brachte diesen Stoff zur Paramount, die zunächst Kubrick als Regisseur engagierte. Dieser und sein Hauptdarsteller überwarfen sich in Bälde und Brando, vollkommen unerfahren auf jenem Sektor, übernahm selbst die Leitung. Seine Akribie und sein pathologischer Perfektionismus glichen denen seines Vorgängers. So nahm es etwa Wochen und etliche Ansätze in Anspruch, bis die Lichtverhältnisse an der kalifornischen Küste so waren, wie Brando sie haben wollte und dort gefilmt werden konnte. Der Dreh dauerte schlussendlich über ein Jahr und brachte einen fünfstündigen raw cut hervor, den die Produzenten dann auf die heute bekannte Länge zurechtstutzten.
Auch in dieser Form noch handelt es sich um einen in mehrfacher Hinsicht elementaren Film: In der extrem sorgfältig konturierten Psychologisierung seiner Figuren, in seinem komplexen Moraldiskurs und in seiner inneren Spannung, die Entwicklungen und Richtungen stets unvorhersehbar lässt sowie der Landschaftssymbolisierung (die maritime, knorrige Kulisse mit viel Sand, Kiefern und Meeresrauschen ist für einen Western absolut untypisch) bleibt er durchgehend meisterlich und mitreißend.
Mittlerweile ist "One-Eyed Jacks" public domain und daher von diversen Anbietern auf DVD herausgebracht worden, die den Film nur in einer ziemlich verhunzten Fassung und in mitunter grauenhaftem Zustand präsentieren. Die jüngste Ausgabe von WGF ist zwar ansehnlich, vom Optimum aber noch immer weit entfernt. Brando würde im Grabe rotieren, könnte er sehen, was aus seinen VistaVision-Bildern geworden ist. Soll sich die ignorante Paramount doch bitte endlich dieser (und gleich noch ein paar anderer) Sache(n) annehmen und nach knapp 50 Jahren eine Edition veröffentlichen, die den Film ansprechend würdigt.
10/10
#1352
Geschrieben 23. August 2008, 07:48
Way... Way Out (Das Mondkalb) ~ USA 1966
Directed By: Gordon Douglas
Um das Jahr 2000 ist der Kalte Krieg noch immer in vollem Gange und die Besiedlung des Weltalls nach wie vor eine internationale Konkurrenzfrage. Da die beiden gegenwärtig auf dem Mond stationierten US-Astronauten (Dennis Weaver, Howard Morris) hoffnungslose Idioten, Sexisten und nicht in der Lage sind, ihrem Job ordentlich nachzukommen, trifft man rasch die PR-trächtige Entscheidung ein Ehepaar hochzuschießen, das die beiden ablösen soll. Kurzerhand verheiraten sich die Astronauten Mattemore (Jerry Lewis) und Forbes (Connie Stevens), die, kaum an ihrem lunaren Zuhause angekommen, gleich eine Wodka-Orgie mit den russischen Nachbarn (Dick Shawn, Anita Ekberg) an den Start bringen.
"Way... Way Out" macht seinem Titel alle Ehre. Im Prinzip geschieht den ganzen Film über rein gar nichts von Belang, selbst sonderlich lustig ist er nicht. Lewis ist hier kein Tölpel, Naivling oder Trottel, sondern ein schicker Womanizer, der eher was für Dino gewesen wäre und dessen (natürlich von Erfolg gekrönte) Aufgabe es ist, sich mit seiner Partnerin zusammenzuraufen. Dass auf dem steinigen Weg bis zu dieser Harmonie nur ein heilloses Besäufnis mitsamt schwereloser Prügelei und versehentlicher amerikanisch-russischer Krise liegen, fällt nicht weiter ins Gewicht, man sitzt einfach bloß da und stiert und wartet auf Grimassen. Doch selbst diese bleiben weitgehend im Verborgenen. Spaßigerweise kommt trotzdem kein Sekündchen der Langeweile auf und das Beste: Ich habe mit "Way... Way Out" einen perfekten, unterstrapazierenden Katerfilm entdeckt. Ist doch auch was.
5/10
#1353
Geschrieben 23. August 2008, 15:17
Hostel: Part II ~ USA 2007
Directed By: Eli Roth
Aus dem italienischen Aktmalerei-Seminar postwendend auf den tschechischen Folterstuhl: Beth (Lauren German), Whitney (Bijou Phillips) und Lorna (Heather Matarazzo) sind die neuesten Opfer der Foltermafia. Zwei amerikanische Gentlemen (Richard Burgi, Roger Bart) haben es auf Beth und Whitney abgesehen, während Lorna, die Jungfrau des Trios, einer modernen Gräfin Bathory (Monika Malacovy) versprochen ist.
Da Roth in der Fortsetzung seines berüchtigten "Folterpornos" die thematisch offenkundigen satirischen Elemente zielsicherer herausarbeitet und dem Film so einen passenden Rahmen als grell überzeichneter Globalisierungsalbtraum im Zeichen kapitalistischer Öffnung verleiht, ist selbiger auch besser als sein Vorgänger. Ich persönlich muss zugeben, dass ich mich gesteigert erst für "Hostel II" zu interessieren begonnen habe, als er vor kurzem wegen seiner Beschlagnahmung Wind machte. Aufsehenerregende Zensurkandidaten sind ja schon klassischerweise bereits aufgrund ihrer wesentlich kontroversen Betrachtung von exponentiellem Interesse.
Nun ist "Hostel II" mal wieder so ein Fall, bei dem auch die Provokation offensichtlich ist und dennoch genau dort ins Schwarze trifft, wo sie's treffen soll. Der Gipfel für die Damen und Herren Amtsrichter dürfte erreicht worden sein mit der letzten Szene, die mir im Prinzip allerdings kaum geschmacklos denn vielmehr frech erschien. Überhaupt sind die Gewaltsequenzen bewusst so arrangiert, dass kaum eine Möglichkeit besteht, sich daran voyeuristisch zu berauschen, sieht man vielleicht von dem fast als poetisch durchgehenden, bewussten Blutbad bei Kerzenlicht ab. Seine parabelhaften Ausformulierungen über die Macht des Monetären jedenfalls machen "Hostel II" zu einem der intelligentesten Genre-Vertreter der letzten Jahre, wenn auch zu einem sehr deftigen, das lässt sich nicht ableugnen.
6/10
#1354
Geschrieben 24. August 2008, 06:31
The Big Clock (Spiel mit dem Tode) ~ USA 1948
Directed By: John Farrow
Der exzentrische Pressemogul Janoth (Charles Laughton) erschlägt im Streit seine Geliebte Pauline (Rita Johnson). Diese hat den feucht-fröhlichen Abend zuvor mit dem frustrierten George Stroud (Ray Milland) verbracht, und versucht, ihn für eine erpresserische Intrige gegen Janoth einzuspannen. Stroud hätte allen Grund dazu gehabt, sich darauf einzulassen, denn Janoth hatte ihn kurz zuvor unsanft aus seiner Firma gedrängt. Doch nun braucht er Stroud und seine ermittlerischen Fähigkeiten (der als Chefredakteur für Janoths Spartenmagazin "Crimeways" tätig war) - als Detektiv, der einem Phantom nachjagt. Janoth legt bewusst falsche Fährten um nicht in Verdacht zu geraten. Andererseits hat Stroud dafür Sorge zu tragen, dass er selbst nicht unschuldig hinter Gittern landet.
Ein Mann muss auf der Jagd nach sich selbst verhindern, als Täter für das maßgebliche Verbrechen in Betracht gezogen zu werden - diese Ausgangssituation ist unübersehbar typischer noir-Stoff. Der ganz großen Düsternis enthält sich "The Big Clock" jedoch, auch wenn gewisse Momente wie der handlungsspendende Totschlag schon spürbar dramatisch inszeniert sind. Dennoch gibt es auch zahlreiche komische Momente, die in ihrer auflockernden Wirkung bereits früh dafür sorgen, dass Millands Figur sich fast nie in wirklich ernsthafter Gefahr wähnen muss. Laughtons Lebensgefährtin (und spätere Ehegattin) Elsa Lanchester in ihrem Nebenpart als lebenslustige Malerin sorgt ebenso dafür wie Laughton selbst, dessen Spiel zwar wie gewohnt exzellent ist, den sein Uhren-Spleen und seine boshafte Ader aber zum grotesken Hearst-Verschnitt überhöhen und der dabei ein stetes Augenzwinkern transportiert - anders als es etwa in Hitchcocks "The Paradine Case" der Fall ist, in dem man Laughton sein dämonisches Understatement wirklich gern abnimmt. Was mir an "The Big Clock" demnach - leider - fehlt, so geglückt er in sämtlichen anderen Belangen auch ist, ist der konkrete Bösewicht.
8/10
#1355
Geschrieben 24. August 2008, 12:18
The Man In The Iron Mask (Der Mann mit der eisernen Maske) ~ UK/USA 1976
Directed By: Mike Newell
Innemninister Colbert (Ralph Richardson) plant mithilfe des altgedienten Musketiers D'Artagnan (Louis Jourdan), den bislang versteckt gehaltenen Zwillingsbruder Philippe (Richard Chamberlain) des Sonnenkönigs Louis XIV. (Richard Chamberlain) mittels eines eiligst ausgeführten Staatsstreichs auf den Thron zu bringen und den echten Monarchen verschwinden zu lassen. Fouquet (Patrick McGoohan), ein Vertrauter des Königs, bekommt Wind von den Machenschaften und lässt Philippe auf eine Insel vor der Küste schaffen, einkerkern und mit einer schweren eisernen Maske versehen. Nach einiger Zeit schafft es D'Artagnan dann doch, Philippe zu befreien und ihn mit seinen künftigen Aufgaben vertraut zu machen.
Unterhaltsamer TV-Kostümfilm nach Dumas, der sich müht, sich seiner Herkunft zum Trotz einen prachtvollen Anstrich zu verleihen. Zu großen Teilen gelingt ihm das auch und so war der Kinoeinsatz in manchen Ländern (so auch bei uns) vollkommen gerechtfertigt. Zusätzlich geadelt durch eine feine Besetzung legt Newells Verfilmung mehr Wert auf die Porträtierung zeitgenössischer Bräuche und Lebensart als auf den abenteuerlichen Anstrich Dumas', was sich äußert in Chamberlains lustvoller Darstellung des dekadent-geckenhaften Königs und im Einsatz edel geschneiderten Tuchs aus Brokat und Samt. All das genügt natürlich zur Augenweide und so hat die Beschau von "The Man In The Iron Mask" durchaus etwas von einem Museumsbesuch. Leider bleibt der Film auch ebenso bewegungsarm, denn bis auf eine dünne Fechtszene sind zwar diverse Mäntel, aber kaum Degen zu sehen. Fühle mich daher geradezu genötigt, mir absehbar die jüngste Verfilmung von Randall Wallace zuzulegen, in der es nicht nur vollen Musketier-Einsatz hat, sondern auch ein gut erhöhtes Mehrmaß an Choreographie. Dennoch ist auch die vorliegende Fassung sehr sehenswert.
7/10
#1356
Geschrieben 24. August 2008, 15:31
La Banda Del Gobbo (Die Kröte) ~ I 1977
Directed By: Umberto Lenzi
Nachdem er längere Zeit fort war, kommt Vincenzo Marazzi (Tomas Milian), genannt "der Bucklige", zurück nach Rom. Sein Zwillingsbruder Sergio, genannt Monnezza (Tomas Milian), der soeben seinen Job als KFZ-Mechaniker eingebüßt hat, erwartet ihn bereits. Vincenzo hat von langer Hand einen Bruch ausgeknobelt, den er mit drei Komplizen durchführt, welche ihn jedoch hintergehen und angeschossen zurücklassen. Nachdem er sich an den dreien gerächt hat, folgt, mit neuer Mannschaft, ein weiterer Coup, der Überfall auf einen exquisiten Nachtclub. Obgleich Monnezza sich eher zurückhält und zwischendurch sogar stellvertretend für seinen Bruder in die Klapsmühle wandert, bleibt der ehrgeizige Commissario Sarti (Pino Colizzi) beiden Marazzis stets dicht auf den Fersen.
In einem interessanten Crossover zweier bereits von ihm durch Milian installierter Figuren, nämlich des schlitzohrigen Kleingauners Monezza aus "Il Trucido E Lo Sbirro" und des aus "Roma A Mano Armata" bekannten buckligen Psychopathen Vincenzo Moretto (dessen Nachname sich allerdings bis hierher geändert hat) führt Lenzi die zwei Stilrichtungen der luftigen Gaunerkomödie und des harten Gangsterfilms, beide jeweils mit bestimmendem Poliziotto-Einfluss, zusammen. Aus den Hauptfiguren machte Lenzi kurzerhand ein Zwillingspärchen, eine eigentlich mehr als schlüssige Idee, sieht man von der winzigen Tatsache ab, dass der Bucklige eigentlich längst das Zeitliche gesegnet haben sollte. Überhaupt unterscheidet sich "il gobbo" durchaus von seinem ein Jahr älteren Ebenbild. Während jenes noch mit bestialischer Brutalität zu Werke ging und mit diebischem Sadismus alles aus den Latschen ballerte, was sich ihm in den Weg stellte, ist Marazzi zwar ebenfalls ein gebranntes Kind, kann sich, wenn nötig, jedoch auch am Riemen reißen und findet mehr Gefallen am Stehlen denn am Töten. Eine moderatere Variante des versehrten Verbrechers also, noch dazu mit spürbar tragischerem psychologischen Unterbau. Jedenfalls meisterte zumindest Monnezza den Weg aus diesem Film und hatte noch einen weiteren, letzten Auftritt unter Fremdregie (Stelvio Massi).
Für einen Lenzi hält sich "La Banda" optisch merklich zurück, erzählt seine Brüdergeschichte episodisch und mit teils derbem Humor (der wohl den primären Grund für die Indizierung des Films darstellte). Das verhilft ihm einerseits zu Sympathien, kostet ihn aber andererseits einiges an Wucht. Immerhin, ein brauchbarer Italiener.
6/10
#1357
Geschrieben 24. August 2008, 19:24
Deep Rising (Octalus - Der Tod aus der Tiefe) ~ USA 1998
Directed By: Stephen Sommers
Schnellbooteigentümer Finnegan (Treat Williams) karrt unwissentlich einen ganzen Gangsterverein (u.a. Wes Studi, Jason Flemyng, Djimon Hounsou) zu der Spaß-Luxusyacht 'Argonautica', deren Erbauer (Anthony Heald) sie wegen ihrer Unretabilität zu versenken plant und mit den Verbrechern paktiert. Bevor das große Ding jedoch in die Tat umgesetzt werden kann, greift ein blutsaugender Monsterpolyp aus der Tiefsee das Schiff an und verleibt sich beinahe sämtliche Passagiere ein. Als Finnegan, dem sich die Ganoven mittlerweile zu erkennen gegeben haben, die Argonautica erreicht, findet man ein Schlachtfeld vor. Und der Krake ist noch immer nicht satt...
Vor der Jahrtausendwende, als Stephen Sommers noch einen ordentlichen Film wie "Deep Rising" zustande brachte... da war die Welt ein kleines Bisschen besser. Die doofen "Mumie"-Teile waren noch schale Zukunftsmusik, das Budget in ökonomisch-geregelten Bahnen und beim "Deep Rising"-Dreh offenbar jedermann bester Dinge. Mit einem Spaßscript, das sich ausdrücklich als solches verstanden wissen möchte und ein paar glänzend gesetzen, schleimigen Ekelhöhepunkten kreierte Sommers einen raren Höhepunkt des auf Abschreibeobjekt abonnierten Monsterfilms, einen maritimen (<-- mehr Spaß) noch dazu. Der nicht-menschliche "Hauptdarsteller" ist natürlich kein richtiger Krake, sondern eher eine gigantische Kreatur lovecraftschen Ausmaßes, deren mannigfaltige Tentakel jeweils für sich schon schreckenerregend genug wären... wobei, schreckenerregend ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, "Deep Risig" provoziert zugegebenermaßen keine Ängste und Urängste schon gar nicht. Dafür knallt es häufig, der Pyrotechniker hat massig zu tun und das ist in diesem Falle völlig hinreichend. Man hat was zu lachen und, ja, sogar was zu staunen. Mehr kann man von einem Stephen Sommers wohl kaum verlangen.
7/10
#1358
Geschrieben 26. August 2008, 15:05
Cloverfield ~ USA 2008
Directed By: Matt Reeves
Während seine Freunde für Rob (Michael David-Stahl), der demnächst eine Stelle in Japan antreten soll, eine Überraschungsparty ausrichten, greift ein riesiges Ungetüm unbekannter Herkunft Lower Manhattan an. Man flieht aus dem Gebäude, in den Straßen bricht das Chaos aus. Und Rob hat kurz zuvor seine Lebensliebe Beth (Odette Yustman) übel vor den Kopf gestoßen, was er jetzt bitter bereut und die Schöne daher aus ihrer eingeklemmten Lage zu befreien versucht. All das hält Robs bester Freund Hud (T.J. Miller) per Videokamera fest.
Nach den diversen Vorschusslorbeeren für "Cloverfield", insbesondere denen in Form der für mich stets bedeutsamen Aussagen einiger lieber Mitglieder dieses Forums, war ich sehr gespannt, ob der Film seine recht hohe Hypothek würde einlösen können. Und, wie langweilig, ich muss mich der Majorität anschließen und kann nur dem beipflichten, dass es ein großes Vergnügen ist, sich auf dieses perspektivische Vexierspiel einzulassen. Zwar ist die Idee bekanntermaßen prinzipiell nicht neu, sie aber so kalkuliert auf die Prämisse eines event movies, exakter auf die eines Monsterfilms zu projizieren, das ist wohl schon ein recht originärer Vorstoß. Die Subjektivität ist das alles beherrschende Element, jene medial bereits betagte dramaturgische Finte, von der Hitchcock seit jeher träumte. Hier erfüllt sich dieser Gedanke bis in die gegenwärtig weitestmögliche Konsequenz - man ist als Rezipient sowohl emotional als auch kognitiv auf einer Höhe mit dem Protagonisten. Durch die private Einstellung der Videokamera, die mit ein paar Ausnahmen zudem erzählte und Erzählzeit parallelisiert, bleibt der Zuschauer permanent vor Ort und damit im Zentrum der Aktion. Dazu gehören selbstredend auch der Verzicht auf die üblichen handelsüblichen Manipulationsmittel. Solange man in diesem speziellen Fall nicht zur Überbewertung neigt, sondern den Film als Unikat in seinen Bahnen begreift, kann man selbigem dann auch bescheinigen, außerordentlich gute Arbeit zu leisten.
8/10
#1359
Geschrieben 27. August 2008, 15:46
Young Guns ~ USA 1988
Directed By: Christopher Cain
Der junge Herumtreiber William H. Bonney (Emilio Estevez) wird von dem englischen Einwanderer John Tunstall (Terence Stamp), der in Lincoln County eine kleine Ranch bewirtschaftet, unter die Fittiche genommen. Tunstall hat ein Herz für jugendliche, chancenlose Delinquente, weshalb sich bereits eine ganze Gruppe derselben unter seinem Dach eingefunden hat. Der mächtige Viehwirtschafter Murphy (Jack Palance) indes ist dabei, sämtliche Kleinbetriebe der Gegend in Grund und Boden zu stampfen, weshalb auch Tunstall ihm ein Dorn im Auge ist. Nachdem Murphy den Konkurrenten mittels eines gemeinen Hinterhalts ins Jenseits befördert hat, lassen sich Bonney, der besser bekannt ist als Billy The Kid, und seine Freunde zu Regulatoren (soll heißen: Hilfssheriffs) ernennen, die weniger die Einhaltung der Gesetze als Rache für ihren Mentor im Sinn haben. Als Hauptfiguren im Lincoln County War geht bald eine stattliche Anzahl Leichen auf ihr Konto.
Der Versuch, den Western einer jungen neuen Generation schmackhaft zu machen und dazu nicht nur ein paar Protagonisten der Brat-Pack-Szene (neben Estevez dessen Bruder Charlie Sheen, Kiefer Sutherland und Lou Diamond Phillips, um nur die bekanntesten zu nennen), sondern auch deren bereits seit ein paar Jahren bekannte, typische Stilmittel zu gebrauchen, darf im Nachhinein nicht nur als redliches, sondern sogar als außerordentlich gelungenes Unterfangen gewertet werden. Aus den wehmütig-beschwörenden Bildern, die, passend zum herbstlichen, kargen Kansas, in durchweg blassen Sepiafarben gehalten sind, erwächst manch harter shoot-out, der die noch adoleszenten outlaws zu zunehmend geformten Charakteren heranzieht. Die historischen Fakten finden weitestgehende Berücksichtigung; das Bemühen um authentische Darstellung zeigt einem außerdem, dass die Revolverhelden im Mittleren Westen sich nicht nur äußerlich von den weiter südwestlich agierenden, populäreren, abhebten. "Young Guns" funktioniert ergo sogar als unterhaltsame Geschichtsstunde.
Anlasten könnte man dem Film, dass er auf einen typischen 80er-Popscore nicht verzichten mochte und daher so etwas wie ein auditiv uriges Historienflair, das man ja in ganz gewohnheitsmäßiger Erwartungshaltung automatisch mit dem Genre verbindet, ausbleibt. Dabei ist dies doch im Endeffekt kaum mehr als eine biedere Gewohnheitsangelegenheit, die "Young Guns" bestimmt keinen Strick dreht.
8/10
#1360
Geschrieben 28. August 2008, 12:07
Young Guns II (Blaze Of Glory - Flammender Ruhm) ~ USA 1990
Directed By: Geoff Murphy
Ein steinalter Mann taucht in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem Wunsch nach einer Generalamnestie mitten in der Wüste auf und behauptet, sein Name sei William H. Bonney. Um seine Geschichte zu untermauern, erzählt er folgende Geschichte: Nachdem er ein paar neue Mitstreiter, darunter seinen alten Bekannten Pat Garrett (William L. Petersen) um sich geschart hat, müht sich Billy The Kid (Emilio Estevez) weiterhin ab, seinen Namen legendär zu machen. Bald stoßen auch seine alten Freunde Doc Scurlock (Kiefer Sutherland) und Chavez (Lou Diamond Phillips) zu der Gang, von der sich Garrett, der mit dem Ruhestand liebäugelt, bald abwendet. Es dauert jedoch nicht lange, bis der Viehbaron Chisum (James Coburn) und Gouverneur Wallace (Scott Wilson) Garrett zum Sheriff von Lincoln machen, mit dem Hintergrund, dass dieser Billy verfolgen und zur Strecke bringen möchte. Tatsächlich gelingt es Garrett, Billy zu stellen und dingfest zu machen, bis dieser erneut nach Mexiko flieht, wo das finale Duell wartet.
Der Nachfolger zu "Young Guns" vollbringt das Kunststück der qualitativen Ebenbürtigkeit mit dem Erstling. Stilistisch von einem deutlich differenten Ansatz geprägt, meint man, hier "mehr Western" zu spüren als beim Vorgänger. Diesmal gibt es Scope, Sonne und Prärie, eben die primären assoziativen Merkmale, vor deren Hintergrund sich ein entsprechendes Szenario gut geschmiert abspulen lässt. Weiterhin erhält man den Eindruck einer größeren Form der Dynamik, wenn manch wagemutiger Stilbruch Cains auch nicht mehr aufgegriffen bzw. ignoriert wird. Spannend indes wiederum das Bemühen um Akkuratesse in Bezug auf die Historizität der Ereignisse um Bonney und Garrett, die auch aus medialen Vorbildern ("The Left-Handed Gun", "Pat Garret & Billy The Kid") hinlänglich bekannt ist und das dieses 'biopic' wie seinen Vorgänger zum gleichermaßen respektablen wie aktionsgeladenen Schulfilm erhebt. Dass die beiden "Young Guns" fusioniert so etwas wie einen "definitiven" Abriss der Saga dastellen darstellen, lässt sich insofern behaupten, als dass das Kino bislang keine weitere Variation (mehr) hervorgebracht hat.
8/10
#1361
Geschrieben 28. August 2008, 15:13
High Fidelity ~ USA/UK 2000
Directed By: Stephen Frears
Als seine Freundin Laura (Iben Hjejle) ihn verlässt, resümiert Musikfan und -verkäufer Rob (John Cusack) das bisherige Liebesleben. Er nimmt den Kontakt zu seinen Verflossenen wieder auf, um herauszufinden was die Gründe für das Scheitern der jeweiligen Beziehung waren und ärgert sich gleichzeitig schwarz, dass Laura mit dem Nachbarn von oben (Tim Robbins), einem Esoteriker-Kotzbrocken, anbendelt. Derweil helfen Robs Kumpel Dick (Todd Louiso) und Barry (Jack Black) ihm auch kaum weiter mit ihren wenig teuren Lebensweisheiten.
Man hat damals, ich erinnere mich noch, recht intensiv moniert, dass das setting aus Nick Hornbys Romanvorlage von London nach Chicago verlagert wurde, was mich persönlich nun weniger annervt, da ich das Buch noch nicht kenne. Zumindest kann ich beurteilen, auch zum dritten oder vierten Mal noch einen schönen, mitunter sehr witzigen Film gesehen zu haben, der das in diesen Fällen übliche amoureske Geplänkel recht pfleglich abhandelt. Obwohl, trotz der Erzählperspektive, letztendlich immer noch ein Mädchenfilm dabei herausgekommen ist, finden wenigstens die bisweilen trauten Spinnereien von uns Männern über 30 (darunter Sammelwahn und die gänzliche Verschreibung an ein, zwei ewige Hobbys, die im Prinzip doch das wesentliche Überlebenselixier darstellen), ihren Absatz. Das freut und heilt auch irgendwie. Nicht zu vergessen, dass gleich zwei Songs von Velvet Underground laufen, beide sogar von ihrer schwer unterschätzten LP "Loaded".
A near-life-experience.
8/10
#1362
Geschrieben 29. August 2008, 06:36
In The Name Of The Father (Im Namen des Vaters) ~ UK/IE 1993
Directed By: Jim Sheridan
Die 1970er: Ein kurzer Aufenthalt in London, den der Belfaster Gerry Conlon (Daniel Day Lewis) auf Geheiß seines Vaters (Pete Postlethwaite) dort zubringen muss, weil er daheim Ärger mit der IRA bekommen hat, wird dem jungen Mann zum Verhängnis: Zusammen mit seinem Freund Paul Hill (John Lynch) und einigen Hippies, die er dort kennbengelernt hat, wird Gerry als Sündenbock für ein Bombenattentat verhaftet und als Krönung eines Schauprozesses zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt. Später kommen noch ein paar Familienmitglieder, darunter Gerrys Vater, hinzu. Nach 14 Jahren nimmt die engagierte Anwältin Peirce (Emma Thompson) den Fall wieder auf.
Sheridans ungeheuer kraftvoller Film gehört zum Besten des 90er-Jahre-Kinos. Die Geschichte um den Iren Gerry Conlon und seinen gottesfürchtigen, ehrbaren Vater Giuseppe, der seine lange Inhaftierung wegen seines schweren Asthmas nicht überleben wird, ist nicht nur authentisch, sie markiert zugleich den größten Justizskandal, den die arrogante Regierung des Königreichs zu verantworten hat. Alles denkbar Ungünstige kam im Fall der sogenannten 'Guildford Four' zusammen: Ein gefallsüchtiger und noch dazu bösartiger Ermittler (Corin Redgrave), eine grundsätzlich unfassliche Rechtsbasis (seinerzeit durften potenzielle Terroristen 7 Tage in U-Haft genommen und intensiver Befragung unterzogen werden), Folter, falsche Geständnisse, eine aufgebrachte Öffentlichkeit, schließlich willkürliche Verschleierung und Faktenvertuschung führten zu Verurteilungen, die manchen der zu Unrecht Beklagten, obgleich sie später freigesprochen wurden, die besten Jahre ihres Lebens stahlen.
Sheridan führt all das in einem sehr emotionalen, wütenden Film mit vorzüglichen Darstellerleistungen aus, den man auch als mittleren Teil seiner Irland-Trilogie mit Daniel Day Lewis (zwischen "My Left Foot" und "The Boxer") bezeichnen könnte. Zwar kommt die dem Thema innewohnende, episch-dramatische Dimension nicht zu kurz, der Vater-Sohn-Konflikt wird jedoch ebenfalls wunderbar herausgearbeitet. Zudem widersteht Sheridan der Versuchung, Conlon zu einem Helden zu stilisieren, der er tatsächlich nie war. Ein Märtyrer, vielleicht, nicht aber ein Held.
10/10
#1363
Geschrieben 29. August 2008, 10:48
Die unglaublichen Abenteuer des Guru Jakob ~ BRD 1983
Directed By: Franz Marischka
Die beiden Tagediebe Tommi (Tommi Ohrner) und Jakob (Zachi Noy) freuen sich tierisch über die Blödheit einiger niederbayrischer Dörfler (u.a. Herbert Fux, Wolfgang Fierek): Diese halten Jakob, der gerade aus dem Bett einer 'Grünen Witwe' (Sibylle Rauch) gehüpft ist und sich mit Laken und Lampenschirm tarnt, für einen indischen Liebesguru, mieten ihn in das Schloss einer spleenigen Gräfin (Christiane Maybach) ein und versorgen ihn auch sonst mit diversen Annehmlichkeiten. Mit Tommi als geschäftstüchtigem 'Manager' floriert das Geschäft tatsächlich, bis Jakob irgendwann die Nase voll hat...
Klingt nach LISA und sieht auch verdammt danach aus, ist aber tatsächlich eine Konkurrenzproduktion der Münchner KF und wurde damals von der Scotia verliehen. Einige Kräfte aus der "Eis am Stiel" - Reihe sind an Bord, neben Zachi Noy und der Rauch auch Deutschlands seinerzeit schönster Körper Sonja Martin. Dass die Hübsche nebenbei außerordentlich talentfrei ist, spielt keine Rolle - Brüste und Hüftregion überzeugen ohnedies. Die typisch blödoide Komik ist jedenfalls einmal mehr schlagkräftig und erhält neben den Auftritten eines wildgewordenen Chinesen und dem seinerzeit aus diversen TV-Shows wie "Na Sowas" bekannten Stuntman Sascha Borysenko als der Rauch wütendem Ehemann sogar eine kleine melancholische Note: In einem total sinnlosen "Heidi"-Nebenplot kämpft ein Trachten tragender Großpapa darum, seine kleine Enkelin bei sich behalten zu dürfen. Dazu ein großes Potpourri von Disco-Hits aus der letzten Dekadenwende und fertig war ein weiteres dankbares Serienprodukt, das noch heute die Herzen der Trashfans zu erfreuen weiß.
Nebenbei übrigens der beste Grund, sich die "Eis am Stiel"-Box zuzulegen, denn nur darin ist das gute Stück als Bonus-DVD enthalten.
5/10
#1364
Geschrieben 30. August 2008, 06:18
Eskimo Limon (Eis am Stiel) ~ IL 1978
Directed By: Boaz Davidson
Die pubertären Abenteuer dreier Jungs (Yftach Katzur, Zachi Noy, Jonathan Sagall) im Tel Aviv der frühen sechziger Jahre. Ständig pleite, mit nervenden Eltern gesegnet und unerfahren in Sachen Alkohol fällt auf der Suche nach schnellem Sex und wahrer Liebe dabei mancher von ihnen bös rein oder richtig auf die Schnauze.
Mit der 78 gestarteten, in Deutschland ihren mit Abstand größten Absatzmarkt findenden "Eis am Stiel" - Serie bewiesen die Produzenten Menahem Golan und Yoram Globus ihr goldenes Näschen für Stoffe, über die die Konkurrenz mitunter bestenfalls die Nase rümpfen würde, die aber ein mitunter ungeheures Popularitätspotenzial in sich trugen. Später kamen noch die bekannten Juwelchen im preisgünstigen Actionfach dazu, die genealogisch betrachtet allerdings ohne "Eis am Stiel" nie möglich gewesen wären. Ab der zweiten Fortsetzung desselben mischten dann mit zunehmendem Einfluss auch deutsche Kräfte bei der Entstehung mit, sei es vor oder hinter der Kamera (in Form der Planet Film bzw. der KF). Das trianguläre Grundrezept war simpel: Ein Überangebot an alten US-Schlagern (teilweise doppelt eingespielt), geistloser Humor von unter der Gürtellinie und etwas Herzschmerz.
Die Entwicklung der Reihe hin zur potenzierten Anspruchslosigkeit fand wenig Kritikerlob. Waren die ersten beiden Filme noch trotz mancher Klamaukeinlage von deutlich ernsten Untertönen geprägt, stellten die Hürden auf dem Weg durch die Adoleszenz mit relativem Engagement dar und standen in der Tradition großer Vorbilder wie "American Graffiti", kamen später dann ein ausformulierter Voyeurismus sowie ein kräftiger Schuss Albernheit hinzu. Für letzteren war insbesondere die Korpulentenkomik per Zachi Noy verantwortlich.
Ich muss das freimütige Geständnis machen, dass mir die späteren Teile trotz der nicht zu leugnenden Qualitäten des Erstlings eher zusagen. Die Ambitioniertheit und der zart existenzialistische Subtext dieses Startschusses mögen ja schön und gut sein, es mangelt aber an Tempo und Spritzigkeit. Ich stehe eben mehr auf doofe Witzchen, kann da auch nix für.
5/10
#1365
Geschrieben 30. August 2008, 06:25
Yotzim Kavua (Eis am Stiel 2 - Feste Freundin) ~ IL 1979
Directed By: Boaz Davidson
Benny (Yftach Katzur) ist diesmal hinter der adretten Tammy (Yvonne Michaels) her, Johnnys (Zachi Noy) Freundin Marta (Rachel Steiner) hat ein Auge auf Benny geworfen und Momo (Jonathan Sagall) ist immer noch ein Riesenarschloch.
Der einzige Film der Reihe in Scope (und dabei tatsächlich ausnehmend schön und gekonnt photographiert) bewies, dass man imstande war, aus Fehlern zu lernen. Melodramatisches wie die Abtreibungsepisode aus dem Vorgänger erspart man sich und dem Zuschauer, die zu wälzenden Probleme werden alltäglicher. Mutige Ansätze zur Psychologisierung der Figuren und tragfähigere Spaßelemente ergänzen das alles. Würde trotzdem nicht sagen wollen, dass der Film in seiner Gesamtheit besser ist als der Erstling, der immerhin das originäre Konzept mitbrachte.
5/10
#1366
Geschrieben 31. August 2008, 08:34
Shilshuf Naim (Eis am Stiel 3 - Liebeleien) ~ BRD/IL 1981
Directed By: Boaz Davidson
Zwischen zwei Frauen stehen zu müssen kann mächtigen Ärger bedeuten. Diese Erfahrung muss Benny (Yftach Katzur) machen, der zwischen der süßen, aber spröden Sally (Ariella Rabinovich) und der verruchten Nikki (Orna Dagan) zu wählen hat. Ansonsten gibt es die üblichen amourösen Verwicklungen, u.a. mit Bennys Cousine Trixie (Sibylle Rauch) und einer nymphomanisch veranlagten Klavierlehrerin (Christiane Schmidtmer).
Die Reihe gewinnt mit dem dritten Teil an Profil. Erstmal gibt es richtig was zu lachen, besonders Bennys notgeiler Vater Romek (Menashe Warshawsky), der seiner drallen Nichte (Sibylle Rauch, damals noch unverbraucht und sehr nett zu betrachten) nachstellt, sorgt für eine Menge Spaß. Nicht ganz geschmackssichere Gags, wie der mit dem kleinen Jungen, der am Strand dem eingebuddelten Zachi Noy mitten ins Gesicht pinkelt, bieten da schon ein verschärftes Kaliber, nicht zu vergessen die Superidee mit dem Spiegel an der Schuhspitze, mittels dem man den Damen unter die Röcke lugen kann.
Wie ich oben erwähnte, stieg ab hier die deutsche Filmwirtschaft mit ein, um von dem großen Erfolg der Serie im eigenen Stall zu profitieren. Mag sein, dass auch daher die wesentlich höhere Gagdichte rührt. Die ernsthaften Anteile des Scripts um Bennys Liebesgeplänkel indes langweilen nurmehr.
5/10
#1367
Geschrieben 31. August 2008, 18:31
Sapiches (Eis am Stiel 4 - Hasenjagd) ~ BRD/IL 1983
Directed By: Boaz Davidson
Das fehlte noch: Benny (Yftach Katzur), Johnny (Zachi Noy) und Bobby (Jonathan Sagall) müssen zum Militär. Gut, dass man nur über den Nachbarzaun klettern muss, um zu den weiblichen Rekruten zu kommen und schlecht, dass der spinnerte Schleifer Ramirez (Joseph Shiloach) ausgerechnet eine Affäre mit der monströsen Ausbilderin (Devora Bakon) der Mädels hat.
Kaum noch Herzschmerz, dafür stupide Kommiss-, Schwulen- und Korpulentenkomik, ein bisschen Travestie (mitsamt plumper Wilder- und etwas gelungener Martin/Lewis-Hommage) und natürlich die schöne Sonja Martin als Bennys Schwarm bestimmen das Bild des vierten Films um die drei (mittlerweile post-) pubertären Früchtchen. Erwähnenswert vielleicht noch, dass hier, wie schon im letzten Film, in der deutschen Synchronisation unerklärlicherweise der dicke Johnny kurzzeitig zu Momo, eigentlich Sagalls Rollenname, wurde. Ab dem nächsten Teil machte man diese Schlamperei dann wieder rückgängig. Zachi Noy, ohne dessen charakteristisches Äußeres und Figurenzeichnung "Eis am Stiel" letztlich kaum solange durchgehalten hätte, steht nunmehr an Platz Eins der Besetzungsliste. Außerdem erhielt - wiederum interessant für Synchron-Enthusiasten - mit "Hasenjagd" Katzur seinen Stammsprecher Oliver Rohrbeck. Es folgte, ebenfalls eine unikale Wendung, sogar noch ein spezielles "Hasenjagd"- spin-off, das Noy und Shiloach bei weiteren, qualitativ nachlassenden Armee-Abenteuern zeigt, auf die Mitwirkung von Katzur und Sagall jedoch verzichtete.
5/10
#1368
Geschrieben 31. August 2008, 18:47
Hospital Massacre (X-Ray - Der erste Mord geschah am Valentinstag) ~ USA 1982
Directed By: Boaz Davidson
Ein Routine-Check-Up wird für Susan (Barbi Benton) zum Albtraum: Irgendjemand schiebt ihr falsche Diagnosebögen unter, die den behandelnden Arzt Dr. Saxon (John Warner Williams) dazu veranlassen, sie zur Beobachtung im Krankenhaus festzuhalten. Der Dokumentenfälscher allerdings präsentiert sich zugleich als brutaler Mörder, der neben dem halben Krankenhauspersonal auch Susans Freund (Jon Van Ness) abmurkst. Wer aber sollte es auf die sympathische Jungmutter abgesehen haben? Die Spur führt zwanzig Jahre zurück in Susans Kindheit...
Passt ganz gut hierher, da dieser passable Slasher von Boaz Davidson zwischen den dritten und dem vierten "Eis Am Stiel" für die Cannon angefertigt wurde. Im Grunde handelt es sich um kaum mehr als ein lupenreines rip-off von "Halloween II", von dem das Szenario abgeschaut ist. Ein wenig Spannung erreicht "Hospital Massacre" durch seine Whodunit-Ausgangssituation, denn durch diverse falsche Fährten bleibt es, sofern man bereit ist, die eine oder andere Offensichtlichkeit zu übersehen, recht lange unklar, wer sich denn da hinter OP-Mütze und Atemmaske verbirgt. Die Morde sind auf üblichem Subgenre-Niveau inszeniert, d.h. das Blut spritzt zwar, von allzu pikanten Sadismen jedoch sagt man sich los. Handwerklich gibt es zwar nichts zu beklatschen, ebensowenig aber etwas auszusetzen.
5/10
#1369
Geschrieben 02. September 2008, 18:26
Roman Za'ir (Eis am Stiel 5 - Die große Liebe) ~ BRD/IL 1984
Directed By: Dan Wolman
Um an die Freundin (Sabrina Cheval) seiner kleinen Schwester Ginny (Stefanie Petsch) heranzukommen, schanzt Bobby (Jonathan Sagall) diese seinem Kumpel Benny (Yftach Katzur) zu, auf dass er einen Blick auf sie werfe. Dass zwischen den beiden allerdings auch etwas laufen könnte, kalkuliert Bobby nicht ein - bis der "Romeo & Julia" - Salat inklusive doppeltem Selbstmordversuch tischfertig ist.
Boaz Davidson ist runter vom Regiestuhl - davon merkt man allerdings nichts, selbst wenn man's weiß. Die drei Jungs sind jetzt Teil der Motorradszene und vollführen in den Dünen des Roten Meers waghalsige Stunts auf ihren nicht ganz so heißen Öfen. Außerdem geht es nach den Slapstick-Eskapaden des letzten Teils wieder etwas an die Freundschafts-Substanz, denn nicht nur, dass der arme Benny von Bobby tüchtig Dresche bezieht, der Schönling des Trios muss am Ende seine bitterbösen Fehler einsehen. Positiv zu vermerken ist, dass dieser Film den besten Soundtrack der Serie mitbringt, unter anderem gibt es sogar drei Stücke von Sam Cooke zu hören. Das hat Format.
5/10
#1370
Geschrieben 02. September 2008, 18:44
Harimu Ogen (Eis am Stiel 6 - Ferienliebe) ~ BRD/IL 1985
Directed By: Dan Wolman
Zusammen mit dem bebrillten Victor (Avi Hadash), Johnnys (Zachi Noy) Backpfeifen-Spezi geht's diesmal auf Kreuzfahrt Richtung Adria. Eigentlich hatten Benny (Yftach Katzur) und Johnny aus ganz anderen Gründen als Matrosen auf der 'Orion' anheuern wollen - doch es kommt mal wieder dicke. Der Papa (Yehuda Efroni) von Bennys großer Liebe Dana (Petra Kogelnik) ist der Kapitän des Luxusdampfers und Johnnys potenzieller Schwiegerpapa (Joseph Shiloach), vor dem der 'Wabbelelvis' (wie selbiger ihn tituliert) eigentlich flüchten wollte, der 1. Offizier.
Zachi takes Venice - genau wie Jason Voorhees ein paar Jährchen später entkommen die Tel Aviver-Haudegen per Schiff Richtung Restwelt - ohne ihren Kumpel Bobby (Jonathan Sagall), der sich, wie wir erfahren, im Urlaub in den USA befindet. Tatsächlich jedoch hatte Sagall einen so deftigen Disput mit Menahem Golan, dass er für diesen einen Teil zwangsbeurlaubt wurde. Shiloach wiederholt im Prinzip seinen Part aus dem vierten Teil und ist die größte Attraktion des Films. Der Mann ist tatsächlich so etwas wie ein jiddischer De Funès. Efroni kennen wir gut aus diversen anderen Cannon-Filmen, wie "American Ninja III" und "Delta Force", dazu sind noch Bea Fiedler, eine verunstaltete Wahrsagerin und - Schwachsinn, lass dich drücken - ein Papagei als geflügelter Keuschheitsgürtel, der ständig etwas kräht wie "hier wird nicht gebumst" oder "Hilfe, Unzucht", im Angebot. Katzur hat die, mit Verlaub, unspektakulärste von allen großen Lebenslieben. Die Songs sind wie immer stark, sogar Booker T & The MGs und die Yardbirds sind mit an Bord.
Insgesamt betrachtet wahrscheinlich der schwächste Teil, wegen seiner ausgesprochen doofen Gags aber trotzdem wieder gut.
5/10
#1371
Geschrieben 02. September 2008, 18:56
Ahava Tzeira (Eis am Stiel 7 - Verliebte Jungs) ~ BRD/IL 1987
Directed By: Walter Bannert
Um den geschrotteten Wagen von Johnnys (Zachi Noy) im Urlaub befindlichen Eltern reparieren lassen zu können, nehmen er und seine Kumpels Benny (Yftach Katzur) und Bobby (Jonathan Sagall) Jobs in einem Luxushotel als Pagen an. Natürlich wimmelt es dort von attraktiven Damen, darunter die flotte Bettenmacherin Patty (Sissi Pitz) und Bennys neue alte Liebe Sandy (Sonja Martin), die einen Millionärserben (Leonard Lansik) heiraten soll, sich von Johnny und Bobby dann aber eines Besseren besinnen lässt.
Hier ging's nochmal richtig zur Sache: Wenn die Reihe jemals im Begriff war, in Softporno-Regionen vorzustoßen, dann mit Teil 7. Um die Zuschauerzahlen ein weiteres Mal in die Höhe zu treiben, entschied man sich für die volle Ladung FKK und das in äußerst attraktiven Formen. Neben den beiden erwähnten, äußerst wohlbeleibten Dämlichkeiten ist noch die gute Sibylle Rauch zu sehen, die ihrem Verlobten auftischt, der sich unter dem Bett (wg. in flagranti-Erwischens) versteckende Johnny heiße Bello und sei ein Freund ihres Schäferhundes Hasso. Dazu kommt der unappetitlichste Mensch der gesamten Serie: Ein tuntiger, behaarter Koch (Igor Borisov), von dem man gar nichts mehr halten kann. Ansonsten ein weiterer schön spaßiger Film, wie gesagt mit massig Kucklöchern.
5/10
#1372
Geschrieben 02. September 2008, 19:14
Summertime Blues: Lemon Popsicle VIII (Eis am Stiel 8 - Summertime Blues) ~ BRD/IL 1988
Directed By: Reinhard Schwabenitzky
Das "West Of Eden", eine verlotterte, leer stehende Strandpinte, hat es Johnny (Zachi Noy) angetan. Um das Ding zu akzeptablen Konditionen wieder herrichten zu können, muss sich allerdings Kumpel Bobby (Jonathan Sagall) an Polly, die altjungerliche Tochter (Elfi Eschke) des Besitzers (Jack Cohen), heranmachen. Bobby ist ziemlich ungehalten von der ganzen Sache, da 1) Polly recht verhalten auf seine Annäherungsversuche reagiert und 2) noch die nette Tami (Sissi Pitz) durchs Städtle stiefelt. Und dann waren da noch die bösen Rocker...
Schwabenitzky, der immerhin die Regie für Dieter Hallervordens besten Film gestellt hat, fand als erster einen etwas differenten Ansatz für "Eis am Stiel": Er reduzierte die Nackt- und Beischlafszenen, gerade nach dem fast exponentiellen Anstieg derselben in den letzten drei vorhergehenden Filmen eine waghalsige Entscheidung, fast auf 0, verzichtete auf den bekannten Holzhammer-Humor und stellte mit seiner Frau Elfi Eschke eine richtige Schauspielerin in den Vordergrund, die zudem unserem Johnny zu ganz neuen Vorsätzen und heraus aus der Pubertät verhilft. Sonja Martin darf, warum auch immer, nur in zwei Szenen als Kurzstaffage auftreten (das nehme ich Schwabenitzky persönlich übel) und selbst Sibylle Rauch wird sich gefreut haben, die meiste Zeit hinter einer echten Theke stehen zu dürfen. Konnte das alles gut gehen? Nein, konnte es natürlich nicht, Teil VIII bedeutete den Todesstoß für das Franchise und mit einer mir und dem Großteil der Menschheit unbekannten Ausnahme blieb er das auch bis heute. Gut so, angesichts des weithin misslungenen Risikotreibens, das den Film kennzeichnet.
Resümee: Die acht Filme nehmen sich nichts. Jeder einzelne hat Macken und Schwächen - und ebensolche Höhepunkte. Eine ziemliche tour de force wars jedenfalls, die ganze Serie innerhalb von vier Tagen durchzuschauen. Bin froh, dass ich's ohne größere Blessuren an Leib und Seele geschafft hab', und ein weinendes Auge bleibt doch - bis zum nächsten Mal.
5/10
#1373
Geschrieben 04. September 2008, 06:51
Ator l'Invincible (Ator - Herr des Feuers) ~ I 1982
Directed By: Joe D'Amato
Dakkar (Dakar), Hohepriester des Großen Geists, macht sich in die Wamswärmer - Ator (Miles O'Keeffe), der Sohn des Torn, der als einziger in der Lage ist, die Macht des Finsterlings zu brechen, hat das Licht der Welt erblickt. Also lässt er sämtliche Dörfer der Gegend mitsamt den Neugeborenen ausradieren. Dr Kämpfer Griba (Edmund Purdom) jedoch nimmt den kleinen Ator rechtzeitig in seine Obhut und vertraut ihn einem treusorgenden Elternpaar an. Rund zwei Dekaden später wundert sich Ator, zum stattlichen Jäger herangereift, warum er plötzlich scharf auf seine eigene Schwester Sunya (Ritza Brown) ist und bittet den Adoptivpapa trotzdem um ihre Hand - früher sei sowas schließlich auch gegangen, und überhaupt... Der alte Herr jedoch freut sich unvermittels und eröffnet Ator, dass er doch gar nicht blutsverwandt mit Sunya ist. Praktisch imselben Moment stürmen wieder Dakkars Krieger das Dörchen, mähen alles nieder und nehmen Sunya mit. Ator geht daraufhin in Lehre bei Griba, der erneut auftaucht, und lernt den Umgang mit Schwert und Hirn. Dann begegnet er die Amazone Runn (Sabrina Siani), soll ihr als Zuchthengst dienen und muss dann erkennen, dass Runn - eigentlich schade - doch nur auf zweierlei scharf ist: Auf Gold und Geschmeide. Gemeinsam geht es gegen Dakkars Festung, über die Felder der Toten und den Diebstahl des Schilds von Mordor aus der Höhle der blinden Schmiede. Dakkar ist schnell besiegt und selbst der Große Geist präsentiert sich in Form einer Riesenspinne, die nicht allzu bedrohlich wirkt.
"Ator" zeigt eindrucksvoll die Limitierungen des italienischen Plagiatorenkinos gegenüber seinen US-Vorbildern auf. Massaccesi hat den Film offenbar umgehend, nachdem bekannt wurde, dass De Laurentiis die "Conan"-Verfilmung plant, in Angriff genommen und vielleicht sogar den einen oder anderen Industrie-Spion bemüht. So erzielte man den beinahe zeitgleichen Kinoeinsatz in Europa. Die Geschichte ähnelt bis in einzelne Scriptdetails in verdächtiger Weise der des Originals und Cordios Musik (die eigentlich nur zwei Themen bemüht) ist eine sehr schwachbrüstige Variation von der Poledouris'. In der deutschen Synchronisation hat man für O'Keeffe schließlich denselben Sprecher wie für Schwarzenegger, nämlich Thomas Danneberg, bemüht, um die Assoziationen gar noch intensiver werden zu lassen. Wohl bewusst um die absehbar mangelhafte Qualität des Resultats arbeitete man vornehmlich unter einfallsreichen angloamerikanischen Pseudonymen (Massaccesi zum Beispiel nennt sich Jack Hills). Das Ergebnis ist ein selten schlechtes Konglomerat naivster Einfalt, mit einem absoluten Zero an Budget aus dem Boden gestampft. O'Keeffes Talentfreiheit ist einmal mehr bewundernswert, die Siani vermasselt selbst ihre Sterbeszene und auch die zwei, drei Vogelspinnchen machen den Braten nicht fett. Lächerliche Sequenzen wie Ators Kampf gegen die Schattenkrieger oder sein Duell gegen Dakkar, das geschätzte fünf Sekunden dauert, der inflationäre Einsatz einer Nebelmaschine (zur wörtlichen Verschleierung der monetären Maße) und schließlich Laura Gemsers schamvoll zugeknöpfter Einsatz als Hexe, die Ator zum ewigen Bleiben verführen möchte (warum, bei allen Göttern, will der nicht???), lassen einen sich mit flacher Hand glatt die Stirn rot schlagen, ganz zu schweigen von der an allen inhaltlichen Ecken und Enden auftrumpfenden, unfassbaren Sinnlosigkeit, die beweist, dass das Buch zu entscheidenden Anteilen erst während des Drehs zusammengesponnen wurde. Das Beste am Film ist und bleibt sein vielversprechendes Kinoplakat (wobei im Film von einem Säbelzahntiger überhaupt nichts zu sehen ist). Zumindest eines kann man "Ator" letztlich aber bescheinigen: Er amüsiert, und dies sogar vorzüglich.
3/10
#1374
Geschrieben 05. September 2008, 07:27
Squadra Antiscippo (Die Bullen auf den heißen Feuerstühlen) ~ I 1976
Directed By: Bruno Corbucci
Rom quillt über vor Verbrechen - und Nico Giraldi (Tomas Milian) vom Raubdezernat hat genau die passende Idee dazu: Es gilt, die dicken Hintermänner zu schnappen, die Hehler. Die Kleinganoven scheffeln schließlich nur für ihre bare Existenz. Einer von den echten Raubfischen im Teich ist der Baron (Guido Mannari), der jedoch selbst einen verhängnisvollen Fehler macht, als er den amerikanischen Gangsterboß Shelley (Jack Palance) um ein Köfferchen mit 5 Millionen Dollar darin erleichtert. Nico wittert die große Chance, gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können.
The one to start it all: Der erste Film um den unkonventionellen Schluder-Poliziotto Nico Giraldi steht noch dichter an den Ursprüngen des Genres und setzt mehr auf handfeste Action und Kriminalelemente denn auf die späteren Hauptfaktoren der Reihe. Für Milian bedeutete die Rolle des Bullen mit kaputtem Rasierapparat und Hang zur Kindergartenkonfektion den vielleicht wichtigsten Schachzug seiner Karriere: Immerhin sollten die noch folgenden zehn Filme der Serie dafür sorgen, dass er selbst regelmäßig sein Koks und das Publikum ordentlich was zu lachen bekam. Wie dem auch sei - als durchgedrehter Gegenentwurf zu der Figur des napolitanischen Kommissar Rizzo schneidet Giraldi in meinen Augen knapp nach Punkten besser ab. Ein solches Tänzchen wie Nico in der Discothek 'Krokodil' jedenfalls habe ich den guten Buddy noch nicht hinlegen sehen.
7/10
#1375
Geschrieben 05. September 2008, 07:45
The School Of Rock ~ USA/D 2003
Directed By: Richard Linklater
Rocker und Tagedieb Dewey Finn (Jack Black) hat sich bei seinem Kumpel Ned Schneebly (Mike White) eingenistet. Neds Frau (Sarah Silverman) findet das allerdings gar nicht gut und nötigt Dewey, endlich mit den ausbleibenden Schulden herüberzukommen. Da kommt der rettende Anruf: Ned, der als Vertretungslehrer tätig ist, soll eine Stelle an einer exklusiven Grundschule für Kinder reicher Eltern antreten. Da jedoch Dewey das Gespräch entgegennimmt, gibt er selbst sich kurzerhand als sein Freund aus und verspricht sich von den zwei Monaten Ersatzdienst einen lauen Job. Als er jedoch die immensen Talente der Kinder in der ihm anvertrauten Klasse entdeckt, entschließt er sich, mit ihnen eine Rockband zu gründen und am 'Battle of the Bands' teilzunehmen. Doch das alles läuft nicht ganz komplikationslos ab...
Ein fabelhafter Film, in dem die schönsten Dinge des Lebens zusammenkommen und in dem trotz gewisser Gebrauchsmechanismen und Vorhersehbarkeiten ganz viel Wahrheit und universeller Durchblick stecken. Mike White, von dem auch das Script stammt, hat eine vortreffliche Beobachtungsgabe und nutzt diese, um Schulverhältnisse und den Stand der Lehrerschaft ebenso gewitzt aufs Korn zu nehmen wie die Gegenseite der Eltern und ihrer Sprösslinge. Dass er sich dazu ausgerechnet das Privatschulmilieu auserwählt und dankenswerterweise darauf verzichtet, die x-te "Dangerous Minds" - Variante durchzukauen, spricht wiederum Bände. Denn es gilt hier ebenso, die überkandidelten Kids zu erden und ins Leben 'zurückzuführen'. Ja, und wie könnte das besser funktionieren, als mit dem ultrageheimen Klassenprojekt "School Of Rock"? Schluss mit US5 und Tokio Hotel, her mit The Who und Led Zeppelin! Auch für mich als Berufsständler würde damit ein Traum wahr, allein mir fehlt der professionelle Rocker-Schneid eines Dewey Finn. Empörte Luxusmutti: "My daughter's obesessed with someone called David Geffen!" Dem ist nichts hinzuzufügen.
9/10
#1376
Geschrieben 06. September 2008, 15:39
No Country For Old Men ~ USA 2007
Directed By: Ethan Coen/Joel Coen
1980, drei Männer in der texanischen Weite: Der Tagelöhner Llewelyn Moss (Josh Brolin), der mit dem zufällig gefundenen Geld aus einem gescheiterten Drogendeal durchzubrennen versucht, der flüchtige Killer Anton Chigurh (Javier Bardem), der Moss verfolgt und schließlich Sheriff Ed Tom Bell (Tommy Lee Jones), der die eigenartige Hatz zu einem Abschluss zu bringen wünscht.
Es ist schön, feststellen zu dürfen, dass man mit den Coens noch rechnen kann. Als wären all die Jahre dazwischen nicht gewesen, setzen sie wieder dort an, wo sie ehedem mit Abgründigem wie "Blood Simple" und "Barton Fink" ihre größten Meriten einfuhren. "No Country For Old Men" pendelt wie ebendiese frühen Wunderwerke zwischen Comedy, Horror und Verliererstudie, triumphiert mittels Lakonie und berauschender Langsamkeit über die Kino-Moderne und liefert ein höchst intelligentes Vexierspiel, das einige Rätsel aufgibt und gleich nach dem Beenden des Films Lust macht, ihn gleich nochmal anzusehen. Mehr kann man wohl nicht verlangen. Ein rares Ruhmesblatt für das Establishment außerdem, diesem Wunderwerk seine Auszeichnungen zukommen zu lassen. Wird ganz bestimmt bald in den erlauchten Reigen meiner Lieblingsfilme eingehen.
10/10
#1377
Geschrieben 06. September 2008, 16:08
Quelli Che Contano (Die Rache des Paten) ~ I 1974
Directed By: Andrea Bianchi
Nach seiner Rückkehr aus Amerika bringt sich der Mafiakiller Tony Aniante (Henry Silva) umgehend wieder ins Gespräch und verschafft sich ein baldiges Engagement: Er soll dem sizilianischen Don Scannapieco (Mario Landi), der im Ruf steht, Heroin in ausgeweideten Kinderleichen zu importieren, auf die Pelle rücken. Scannapieco liegt außerdem im permanenten Zwist mit seinem Nachbarn Don Cantimo (Fausto Tozzi), dessen Frau Margie (Barbara Bouchet) vermehrt dem Schnaps zuspricht und auf erniedrigende Sexualpraktiken abfährt. Tonys Meisterplan allerdings ist sehr viel perfider, weitreichender und vor allem persönlich motiviert und so arbeitet er tatsächlich auf eigene Rechnung.
Bei den großen Dramen über das Eiland unten links vom Stiefel fallen einem zunächst natürlich Viscontis "Il Gattopardo" und vielleicht noch die "Godfather"-Trilogie ein, Bianchis Meisterstück aber wird geflissentlich verschwiegen oder genießt womöglich auch einfach nicht die verdiente Popularität. Dabei handelt es sich um einen kleinen Schatz, der die Grenzen zwischen Epik und Sleaze ganz bewusst verschwimmen lässt und den vielleicht härtesten Silva präsentiert, mit dem man es im italienischen Underground-Kino je zu tun bekam. Bianchi scheut keine Drastik und so gibt es neben härtesten shoot-outs eine denkwürdige Sexszene, in der Silva die nurmer als läufig zu bezeichnende Bouchet mit dem Gesicht in ein von der Decke hängendes, aufgebrochenes Schwein drückt, um sie dabei auf analem Wege zu penetrieren. "Quelli Che Contano" ist voll von solchen Momenten, die neben phantastisch gefilmten Sequenzen stehen wie einer, in der Silva sich durch ein mit Treppen durchsetztes sizilianisches Dorf zu seinem Hotel bewegt und mit seinem Anzug sämtlichen ihm begegnenden Einwohnern ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen Respekt und Angst einflößt. Diese Sprache ist mehr als deutlich, wenngleich völlig dialogfrei.
8/10
#1378
Geschrieben 07. September 2008, 10:37
The Color Purple (Die Farbe Lila) ~ USA 1985
Directed By: Steven Spielberg
Im North Carolina des Jahres 1909 wird die vierzehnjährige Celie (Desreta Jackson) von ihrem Vater (Leonard Jackson) an den Farmer Mr. (Danny Glover) verscherbelt, dem sie Haus und Hof hüten und als Ehefrau gelegentliche Bettpflichten wahrnehmen soll. Schon seit frühester Kindheit lebt Celie ein Leben in Unterdrückung: Von ihrem Vater missbraucht hat sie bereits zwei Kinder zur Welt gebracht, die an Adoptivfamilien verkauft wurden und auch Mr. benutzt sie in rücksichtslosester Weise. Hinzu kommt die zementierte Arroganz der weißen Mitbevölkerung, die, wenn man doch einmal mit ihr zusammenstößt, ihren jahrhundertelang gepflegten Rassismus nicht im Zaum zu halten vermag. Als Mr. Celie von ihrer Schwester Nettie (Akosua Busia) trennt, bricht für die beiden Mädchen noch eine weitere Welt zusammen. Doch selbst für Celie (als Erwachsene: Whoopi Goldberg) besteht Hoffnung. Diese zieht am Himmel auf in Form der exaltierten Jazzsängerin Shug Avery (Margaret Avery)...
Steven Spielberg, Problemkind? Wer mich persönlich kennt, weiß, dass das Naserümpfen, mit dem dem Mann traditionell in sogenannten etablierten Kulturzirkeln begegnet wird, für mich eines der rotesten Tücher darstellt, die das umfangreiche Thema Film beinhaltet. Seit Jahren wirft man ihm vor, nicht nur emotionale Welten, sondern sogar ganze Ethnien und deren Schicksale zu banalisieren, funktionalisieren, instrumentalisieren und schließlich zu kommerzialisieren. Mir hat sich die anscheinend offensichtliche Problemlage dessen nie hundertprozentig erschlossen. Es dürfte wohl simplerdings nicht schick genug sein, bestimmte Themen einem breitgefächerten Publikum zugänglich oder gar greifbar zu machen, insbesondere, wenn dies im Vordergrund von Traumfabrik und Studiosystem geschieht. Bis 1985 war Spielberg das erwachsene Kind, das mit einer gewissen Lautstärke infantile Fantasien in die nur allzu empfängnisbereite Welt hinausposaunte. Dann kam "The Color Purple", der nicht nur bewies, dass Spielberg ein verdammt ernstzunehmender Filmemacher ist, sondern der sogar den uneingeschränkten Segen Alice Walkers, der Autorin der Buchvorlage, genoss. Ein feministisches Pamphlet wider die häusliche und gesellschaftliche Freiheitsberaubung und dazu noch erstellt vom Killer des New Hollywood, einem jiddischen Kindskopf, der mit "E.T." den bis dato einträglichsten Film überhaupt zu 'verantworten' hatte? Das passte nicht, das mochte keiner einsehen, schon gar nicht die hochnäsige Academy.
Damit ergab und ergibt sich kreisschließend auch die mich persönlich tangierende Spielberg-Frage. Bin ich nun oberflächlich oder einfach bloß dumm und unsensibel genug als dass ich mich von den emotionalen Mausefallen Spielbergs stets gern einfangen lasse und die Bezeichnung 'Kino-Magier' als völlig zutreffend erachte, während böse Zungen in ihm den diabolischsten aller Kino-Damagogen auszumachen glauben? Ich weiß es bis heute nicht recht und es hat mich eine Menge Kopfzerbrechen gekostet, zu beschließen, dass es weder ein ästhetisches noch ein ethisches Verbrechen ist, Spielberg und jeden einzelnen seiner Filme, mitsamt all ihrer Tränendrüsenattacken und einräumbaren Überzogenheiten und Schwächen mehr oder weniger wertzuschätzen. "The Color Purple" gehört voll und ganz dazu. Aufrichtiger kann man Celie Johnson, Sofia, Shug Avery und wie sie heißen, nicht ins Bild bannen, davon bin ich fest überzeugt.
9/10
#1379
Geschrieben 08. September 2008, 19:28
Into The Wild ~ USA 2007
Directed By: Sean Penn
Die authentische Geschichte des 22-jährigen Christopher McCandless (Emile Hirsch), der die Zivilisation mitsamt all ihrer Errungenschaften als durchweg verlogen empfindet und nach seinem erfolgreichen College-Abschluss auf eine mittellose Pilgerreise durch die USA geht, die schließlich in der Einsamkeit Alaskas endet.
Penns Aussteiger-Porträt deromantisiert die "Easy Rider" - Träume früherer Generationen; er sucht die Grenzen für deren Scheitern jedoch nicht außen, sondern innen. Was Chris McCandless, eine Art Don Quixote der upper class, schließlich verlieren lässt, ist seine Unerfahrenheit im Umgang mit Natur und Freiheit. Zwar hasst er seine Herkunft und lehnt Materialismen betont ab, will aber auf der anderen Seite nicht einsehen, dass er ein sozialisiertes Kind dieser von ihm so leidenschaftlich verachteten Welt ist und dass er zwar mit vielen seiner philosophischen Standards richtig liegt, ebenso aber obligatorische Existenzmaßstäbe auf naive Weise negiert. Penn inszeniert dieses Wettrennen eines getriebenen, frustrierten Ungeliebten gegen seine persönlichen Dämonen als gleichermaßen betörende wie fatalistische Americana, als Nationalkritik ungewohnter Färbung.
8/10
#1380
Geschrieben 08. September 2008, 19:56
Sorcerer (Atemlos vor Angst) ~ USA 1977
Directed By: William Friedkin
Vier Männer in einem nicht weiter bezeichneten Teil Lateinamerikas: Ein flüchtiger Gangster (Roy Scheider) aus New Jersey, ein bankrotter Pariser Geschäftsmann (Bruno Cremer), der sich vor seinen Gläubigern versteckt, ein vom Mossad gejagter PLO-Aktivist (Amidou), sowie ein mexikanischer Auftragskiller (Francisco Rabal). Alle unter mitunter lächerlichen Tarnungen und falschen Identitäten unterwegs vegetieren in diesem Kaff zwischen Altnazis und einer einheimischen Bevölkerung, die kurz vor der offenen Rebellion steht, vor sich her und warten auf die nächste Gelegenhgeit, von der Stelle kommen zu können. Da winkt das Schicksal: In der Nähe steht ein Ölfeld in Flammen, dass nur durch eine Nitroglycerin-Detonation gerettet werden kann. Allerdings muss der entsprechende Sprengstoff 200 Meilen durch den Urwald transportiert werden, durch unwegsames Gelände und mittels zweier altersschwacher rostiger Lastwagen. Den Männern ist von vornherein klar: Einer der Trucks dient bloß als Notnagel, der Weg ist einfach zu riskant.
Friedkins Verfilmung des Romans "Le Salaire De La Peur" von Georges Arnaud stand stets unter keinem guten Stern; vorschnell und fälschlicherweise als 'Remake' abgetan, blieb dem Film eine allgemein zutreffende Einschätzung bislang versagt, auch wenn sich das Blatt nun mehr und mehr zu wenden scheint.
"Sorcerer" ist möglicherweise Friedkins schwärzester Film, eine finstere existenzialistische Paraphrase, ein Abstieg in die allertiefste Hoffnungslosigkeit. Mehr noch als Clouzot in seiner meisterlichen Variation von 53, die etwas andere, individualistischere Ansätze transportierte, sieht Friedkin vor, seinen Figuren, allesamt universellen Missetätern, keine Chance zur Sühne einzuräumen. Wenn Ansätze gegenseitigen Verständnisses oder Sympathien aufbrechen, dann ist garantiert, dass sie schon im nächsten Augenblick mit einem lauten Knall zu einem abrupten Ende kommen. Die wilde Urwüchsigkeit des Dschungels ist ein einziger, übermächtiger Feind und noch dazu einer, der sich nicht gern herausfordern lässt - weder durch kapitalistische Ausbeuter noch durch selbsternannte, motorisierte Bezwinger. Die Reise durchs Grün mit Sturm und Regen wird zur Fahrt durch die ultimative Vorhölle, Conlans (so Scheiders Rollenname) letztes Stück Weg durch eine nächtlich-felsige Bruchlandschaft wirkt, als führe er auf dem Mond spazieren. Danach: Ein roter Morgenhimmel, das Inferno. Unterlegt ist all das mit orbitalen Klangwelten von Tangerine Dream, die noch zusätzliche Assoziationen zu Herzogs "Aguirre" und der Musik von Popol Vuh aufkommen lassen. Nach "Sorcerer" ist einem, als würde man aus einem bizarren, seltsam genießerischen Albtraum hochschrecken.
Zieht in meiner Einschätzung gleich mit Clouzot. Ganz anders, aber auf seine Weise genauso orgiastisch gut.
10/10
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