In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#1441
Geschrieben 19. Oktober 2008, 10:10
Cape Fear (Ein Köder für die Bestie) ~ USA 1962
Directed By: J. Lee Thompson
Vor acht Jahren hat Anwalt Sam Bowden (Gregory Peck) als Hauptzeuge gegen den notorisch misogynen Gewaltverbrecher Max Cady (Robert Mitchum) aussagen müssen und durch seine schwere Belastung für die Verurteilung Cadys gesorgt. Nun ist Cady zurück - und macht, zunächst über zweideutige Aussagen, dann über latente Bedrohungen und Einschüchterungen bis hin zu ersten schweren Straftaten Bowden und seiner Familie das Leben zur Hölle. Bowden sieht schließlich nur noch ein Mittel, den unliebsamen Quälgeist loszuwerden...
1962 waren in schwarzweiß gedrehte Filme beinahe schon ein Anachronismus; umso entrückter wirkt "Cape Fear", der mit den finalen Bildern des verschlungenen, bald unwirklichen Cape Fear Rivers in North Carolina eine märchen- und zugleich nachtmahrhafte Qualität erreicht, die der von Laughtons "Night Of The Hunter" (nicht zuletzt auch durch die weitere Parallele Mitchum) gar nicht unähnlich ist. Zuvor aber baut Thompson in hitchcock'scher Tradition, gefördert noch durch einen Teil dessen Stammstabes, ein absolut zwingendes Suspense-Szenario auf, das in einigen Momenten die Spannungsschrauben bis zur Unerträglichkeit anzieht. Für seine Entstehungszeit besitzt "Cape Fear" eine unglaublich rohe, rücksichtslose Stimmung, die besonders Mitchum/Cady trägt, dessen soziopathische Züge, anders als von De Niro in Scorseses Remake exponiert, tief in seinem Inneren schlummern und dessen buchstäbliche Explosivität zwar permanent spürbar ist, sich aber nur ganz selten zur Gänze entrollt. Ansonsten ist alles kaltes Kalkül, alles dämonische Berechnung. Insbesondere dieses Element macht die Bedrohlichkeit des Films aus. "Abgerundet" wird die Albtraum-Odyssee der Familie Bowden durch das keineswegs relativierende Ende. Die nach wie vor angespannten Gesichter von Vater, Mutter und Tochter lassen erahnen, dass der zuvor erlebte Schrecken sich tief in ihre Seelen und damit unweigerlich in ihre Biographien eingearbeitet hat.
9/10
#1442
Geschrieben 19. Oktober 2008, 10:28
Schwarze Schafe ~ D/CH 2006
Directed By: Oliver Rihs
Wie ein paar Berliner auf unterschiedlichste, jeweils aber sehr farbenfrohe Methoden versuchen, an das schnelle Geld zu kommen, und dann jeweils feststellen dürfen, dass das Leben viel mehr zu bieten hat als schnöden Mammon.
Erfolgreich abgeschlossene Risikokäufe sind mir stets eine willkommene Angelegenheit. Von "Schwarze Schafe" hatte ich bislang nur Marginales mitbekommen und gehört, dass seine Art der Humorpräsentation nicht immer ganz geschmackssicher sein soll. Das war's auch schon. Dass mich einer der von mir vielgeliebten Ensemblefilme mit episodischem Charakter erwarten würde, noch dazu ein in feinem Schwarzweiß gedrehter, habe ich erst beim Anschauen registriert. Als ich dann in einer kurzen Pause - der Film lief noch nicht lang - doch mal irgendwann auf den Klappentext schaute, bekam ich es kurz mit der Angst und erwartete ein auf 'cool' getrimmtes, hippes Indie-Filmchen, das mit dicken KULT-Majuskeln auf Hausiertour geht. Gern ließ ich mich dann in der Folge eines Besseren belehren und fand einen freche, innovative und tatsächlich witzige Komödie vor, in denen die Ekel- und Provokationsmomente, von denen jede(s) der vier porträtierten Paare und Gruppen seinen/ihren jeweils ganz persönlichen erlebt, größenteils wundersamerweise nicht selbstzweckhaft, sondern schlicht menschlich erscheinen. Herrlich insbesondere die Visualisierung der drei Acid-Trips gegen Ende mit ihrer befreienden Konsequenz. Hätten Halluzinogene regelmäßig diese Wirkung, man sollte sie millionenfach staatlich geprüft verarbreichen.
7/10
#1443
Geschrieben 19. Oktober 2008, 17:56
Rush (Fieberhaft) ~ USA 1991
Directed By: Lili Fini Zanuck
Texas, 1974: Der Undercover-Cop Jim Raynor (Jason Patric) erhält den Auftrag, die Drogenszene einer Kleinstadt zu infiltrieren, unter besonderer Beachtung des Großdealers Gaines (Gregg Allman). Für den Job bekommt er eine neue Partnerin nach eigener Wahl, die junge Polizeirekrutin Kristen (Jennifer Jason Leigh). Alsbald verfangen sich die beiden selbst im Sumpf des Rauschs und verkonsumieren alles, dessen sie habhaft werden, darunter sogar Heroin. Nach einem harten Entzug können sie Gaines schließlich dingfest machen, dieser jedoch kauft sich gegen Kaution frei und hält nicht lange still.
In unmittelbarer Tradition von "To Live And Die In L.A." stehendes Polizistenpsychogramm, gemixt mit einer spröden love story und der etwas simplifiziert dargestellten Geschichte einer verhängnisvollen Abhängigkeit. Die Wucht des großen Vorbilds erreicht "Rush" zu keinem Zeitpunkt, tatsächlich bleibt er allzu konventionell und festgefahren in seiner zwar ansehnlichen, aber dennoch recht hausbackenen Verfahrensweise. Der Score stammt von Eric Clapton, dessen bluesige Gitarren-Akkorde einen "Lethal Weapon" durchaus bereichern mögen, hier jedoch in ihrer Dominanz die Tonspur als beinahe störend belagern. Sam Elliott als Polizeichef, Special K McCray als Dealer und William Sadler als Drogenkoch haben jeweils nette Auftritte und der Fairness halber muss man festhalten, dass insbesondere das Protagonistenpärchen mehr als Solides leistet. Dass dies Lili Fini Zanucks (Richards Gattin) bis dato einzige Filmregie geblieben ist, finde ich indes nicht weiter tragisch.
5/10
#1444
Geschrieben 22. Oktober 2008, 07:52
The Fan ~ USA 1996
Directed By: Tony Scott
Gil Renards (Robert De Niro) Herz schlägt nur für zweierlei im Leben wirklich: Für Baseball und für seinen Sohn (Andrew J. Ferchland), der bei Renards geschiedener Frau lebt. Ansonsten ist Renard auf der Verliererspur. Sein unbeherrschtes, zur Aggression neigendes Wesen versagt ihm beruflichen Erfolg als Vertreter für Messer und selbst seinen Jungen ist er bei den ohnehin schon spärlichen Treffen nicht fähig, angemessen zu behandeln oder gar zu erziehen. Als Renards Lieblingsspieler, der Profi Bobby Rayburn (Wesley Snipes), eine nicht abreißende Pechsträhne erlebt, die offenbar mit dem Verlust seiner Leibnummer zusammenhängt, der 11, die nun Rayburns Mannschaftskonkurrent Rimo (Benicio del Toro) trägt, überschreitet Renard die letzte Grenze.
Man kann Scotts Film viele Fehler vorwerfen. Er ist inhaltlich simpel gestrickt, völlig kantenlos durchkonzeptioniert, in Aufbau und Herstellung im Prinzip absolut risikoarm. Andererseits ist "The Fan" auch ein ansehnliches Beispiel für Scotts persönliches Profil. Unverkennbar ist das sein Baby: Ein Westküstenfilm voller Zwielicht, breit und unablässig in der Bewegsamkeit, schnell, emotional, nicht zuletzt eine vielfach entlarvende Americana. Exponentiell spannend ist das alles und die anfangs ermüdend scheinende Entscheidung, De Niro als Psychopath einzusetzen, erweist sich angesichts des Resultats im Rückschluss wohl doch als die bestmögliche. Insofern überwiegen die positiv besetzten Aspekte im Widerstreit zwischen Ratio und Ästhetizismus, was ja a priori nicht schlecht sein muss.
7/10
#1445
Geschrieben 22. Oktober 2008, 08:10
Platoon ~ USA 1986
Directed By: Oliver Stone
1968 kommt Private Taylor (Charlie Sheen) als Freiwilliger zu einem Einjahres-Einsatz nach Vietnam. Eine Entscheidung, die er bald bereut. In seinem Platoon gibt es zwei Fronten, zum einen jene, die sich um den um eine humanistische Haltung bemühten, liberalen Sergeant Elias (Willem Dafoe) schart, zum anderen die Gefolgsleute des vernarbten Sergeant Barnes (Tom Berenger), asoziale, brutale Schlächter, deren ethische Prinzipien, wenn überhaupt je vorhanden, vom Krieg aufgefressen wurden. Als Elias von Barnes nach einem Konflikt mitten im Einsatz ermordet wird, spitzen sich die Fronten zu.
Für die Generation, die mit "Platoon" aufgewachsen ist, symbolisiert der Film wohl wie kein anderer das mediale Abbild des Dschungel- und Vietnamkriegs und ist damit nach wie vor der wichtigste Repräsentant und Vorreiter für sein Genre. Stone, als höchstpersönlicher Veteran, der am Krieg zu zerbrechen drohte vielleicht der beste Regisseur für dieses Thema, verzichtete auf das hochemotionale Dreiakter-Drama eines "Deer Hunter" und auf den fiebrigen Symbolismus eines "Apocalypse Now" und inszenierte damit einen sehr nah- und mittelbaren Kriegsfilm, der natürlich dennoch nicht so ganz ohne Metaphorismen auskommt. Die beiden "überirdischen" Charaktere Elias und Barnes markieren so etwas wie den fraktionsinternen Konflikt zwischen Himmel und Hölle; Elias, von Barnes verraten und zurückgelassen, stirbt schließlich den, bezogen auf seine formale Gestaltung, unauslöschlichen (auf dem Plakat dargestellten und seither dutzendfach stilisierten) Erlösertod mit ausgebreiteten Armen, während Barnes' Bösartigkeit kaum zu überbieten scheint. Wie bereits in "Salvador" kritisiert Stone nachhaltig die Folgen imperialistischer Arroganz, ganz besonders in der gnadenlosen Sequenz, in der das Platoon seinen aufgestauten Hass an einem schuldlosen Bauerndorf auslässt.
Höchst eindrucksvoll, unabhängig davon, wie oft man ihn sieht.
9/10
#1446
Geschrieben 23. Oktober 2008, 09:00
The Search (Die Gezeichneten) ~ USA/CH 1948
Directed By: Fred Zinnemann
Ingolstadt, 1946: Der kleine Karel (Ivan Jandl) ist als früherer Auschwitz-Häftling von seiner Familie getrennt worden, schwer traumatisiert und leidet unter Amnesie. Als er in ein Waisenhaus der Alliierten für Flüchtlingskinder transportiert werden soll, flieht er mit einem Freund, der dann in der Donau ertrinkt. Bald darauf nimmt sich der G.I. Stevenson (Montgomery Clift) Karels an, schafft es, Vertrauen und Öffnung bei dem Jungen zu wecken und ihn wieder zum Sprechen zu bringen. Irgendwann erinnert sich Karel dann, einmal eine Mutter (Jamila Novotna) gehabt zu haben...
"Herzzereißend" steht über dem Klappentext der DVD und tatsächlich ist dies das wohl zutreffendste Merkmal für Zinnemanns Film. Dass Kinder, unabhängig von ihrer Nationalität, immer die beklagenswertesten Opfer des Krieges sind, gilt auch und insbesondere für die Überlebenden, die in ihren jungen Leben bereits furchtbare Erfahrungen machen mussten. Mit "The Search" setzte Zinnemann, der dafür nach der Seghers-Verfilmung "The Seventh Cross" ein zweites Mal in die alte Heimat zurückkehrte, ihnen ein Denkmal. Auch wenn der Film nicht darauf verzichtet, den Amerikanern als den Befreiern aus dem gelobten Land einen heroischen Retterstatus angedeihen zu lassen (Clift repräsentiert das ganz vorzüglich, indem er seinem Schützling von New York vorschwärmt, als flößen dort Milch und Honig), bleibt ein bitterer Beigeschmack angesichts der Bilder von Trümmern und totaler Zerstörung, die sich infrastrukturell und in den Gesichtern der Kinder und der Trümmerfrauen widerspiegelt.
Ein bedrückendes, zugleich aber Hoffnung spendendes, kleines Glanzstück.
9/10
#1447
Geschrieben 23. Oktober 2008, 09:19
Wall Street ~ USA 1987
Directed By: Oliver Stone
Als Broker an der Wall Street ist Bud Fox (Charlie Sheen) nicht mehr als ein Klinkenputzer - jedenfalls sieht sein Vater Carl (Martin Sheen), Gewerkschaftsvorsitzender bei der Flugfirma Bluestar, das so. Als Bud von seinem Dad erfährt, dass Bluestar aus einem Schadensersatzprozess als Sieger hervorgehen wird, verkauft er die Information an den millionenschweren Börsenhai Gordon Gekko (Michael Douglas), zu dessen Mündel und Wirtschaftsspion Bud dann avanciert. Dieser genießt das luxuriöse Leben, das sich ihm nun bietet, in vollen Zügen, bis Gekko eine vollständige Übernahme von Bluestar durchsetzt und die Firma daraufhin zu liquidieren droht.
Nach den eher exotischen Kriegsschauplätzen wandte sich Stone einem binnenländischen zu: der New Yorker Hochfinanz. Eine weiterer Klassiker resultierte daraus, das gnadenlose Porträt der von Oberflächlichkeit und Seelenlosigkeit gekennzeichneten, gelglatten Yuppie-Ära und des Albtraums Kapitalismus. Jener wird symbolisiert von einem unglaublich guten Michael Douglas in der nach wie vor allerbesten Rolle seines Lebens. "Do you really think, we're living in a democracy?" fragt er einmal höhnisch und macht auch sonst keinen Hehl aus seinen überaus egoistischen Absichten, zu deren Durchsetzung er wie eine Planierraupe durch die klein- und mittelständische Unternehmenswelt walzt. Dieses rücksichtslose Manager- und Großaktionärsgebahren wird von Stone so angenehm unkompliziert und zugleich hellsichtig gezeichnet, dass "Wall Street" bis heute einzigartig auf seinem Sektor geblieben ist und weiterhin höchste Aktualität besitzt. Genau so dreht sich die Welt noch immer und wird es vermutlich auch bis zu ihrem Zerbersten tun.
Meisterlich.
10/10
#1448
Geschrieben 24. Oktober 2008, 10:36
Identity (Identität) ~ USA 2003
Directed By: James Mangold
Um den Serienmörder Malcolm Rivers (Pruitt Taylor Vince) kurz vor seiner Hinrichtung doch noch als unzurechnungsfähig und Opfer seiner multiplen Persönlichkeitsstörung ausweisen zu können, führt der Psychiater Malick (Alfred Molina) ihn der Gerichtsbarkeit vor und demonstriert eindrucksvoll, wie viele, unterschiedlichst gelagerte Charaktere sich in Rivers' Kopf vereinen.
Filme, die gespaltene Persönlichkeiten, Schizophrenie und dergleichen thematisieren, sind seit "Psycho", an dessen Ende es eine umfassende Erläuterung jener Störung gibt, ein ständiger Begleiter des Kinos. Multiplizität gab es bereits in Rushs denkwürdig misslungenem "Color Of Night", insofern stellt selbst dieses psychologisch "ausgeweitete" Areal kein Novum mehr dar. Besonders gelungen an "Identity" ist die Visualisierung der Kopfgeschehnisse Rivers', die sich innerhalb einer streng begrenzten, keinen physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterworfenen Topographie abspielen, ihre Aktionen also auf einen engen Raum - hier (wiederum) ein Motel - beschränken. Das allseitige Hinarbeiten auf den großen Twist indes funktioniert mehr schlecht als recht und ist im Endeffekt wenig mehr als langweilige Konvention. Auch die für einen selbsternannten Thriller dieses Formats unerlässlichen Suspense-Momente verpuffen spätestens bei der dritten Betrachtung, so dass ausschließlich versiert hergestelltes, kurzweiliges Entertainment zurückbleibt.
7/10
#1449
Geschrieben 24. Oktober 2008, 11:04
Escape From Fort Bravo (Verrat im Fort Bravo) ~ USA 1953
Directed By: John Sturges
1864: In Fort Bravo nahe der mexikanischen Grenze haben die Unionisten ein Kriegsgefangenenlager für Rebellen errichtet. Sobald einer von ihnen flieht, fängt der verbissene Captain Roper (William Holden) ihn wieder ein. Als ihm eines Tages der Kopf von der schönen Carla Forester (Eleanor Parker) verdreht wird, die unter einem Vorwand ins Fort kommt, tatsächlich aber ihrem Geliebten, Captain Marsh (John Forsythe) zur Flucht verhelfen will, lässt sich Roper eine einziges Mal ins Bockshorn jagen. Doch kommen die Flüchtigen wiederum nicht weit. Auf dem Rückweg nach Fort Bravo geraten Roper und seine Gefangenen dann in eine Falle der Apachen, aus der es kein Entkommen zu geben scheint.
Zu Beginn noch etwas zäh, arbeitet Sturges' früher Western auf eine der spannendsten Belagerungsszenen der Genregeschichte hin: Wenn Roper und seine Gefährten wider Willen in einer Sandkuhle liegen, quasi unfähig, sich zu bewegen, weil sie U-förmig von permanent schussbereiten Indianern bewacht werden, bleibt keine Handfläche trocken. Die meisterliche Inszenierung dieser letzten 20 Minuten macht vieles weniger Gelungene wieder wett, darunter die etwas unbeholfen erzählte, casablancaeske Dreiecksgeschichte zwischen Holden, Forsythe und Parker, die diesmal, quasi stellvertretend für Bogeys damaligen, heldenhaften Rückzieher, von Holden entschieden wird. Etwas verwunderlich die blass erscheinenden, milchigen Farben und das starke grain des DVD-Bilds. Die Ursachen dafür dürften in der Verwendung des damals günstigeren Ansco-Films zu suchen sein, der die Brillanz von Technicolor oder DeLuxe nicht zu erreichen imstande war.
8/10
#1450
Geschrieben 24. Oktober 2008, 11:22
Children Of The Corn (Kinder des Zorns) ~ USA 1984
Directed By: Fritz Kiersch
Auf dem Weg nach Seattle überfahren Burt (Peter Horton) und Vicky (Linda Hamilton) bei Gatlin, Nabraska einen Jungen (Jonas Marlowe), der mit durchschnittener Kehle mitten auf der Fahrbahn steht. Als sie in den Ort kommen, um den Unfall zu melden, finden sie ihn frei von sämtlichen Erwachsenen vor. Nur Kinder und Jugendliche, die allesamt einer mysteriösen Fetisch-Religion und einem seltsamen Wesen frönen, das sie als "Der, der hinter den Reihen geht" bezeichnen, befinden sich in Gatlin. Die beiden Anführer der Kinder, der eigenartig ältlich wirkende Isaac (John Franklin) und der blutrünstige Malachai (Courtney Gains), haben es auf die erwachsenen Neuankömmlinge abgesehen.
Netter B-Horror mit etwas hausbackenen Zeichentrick-Effekten, dafür aber einem überzeugenden Score (Jonathan Elias) und einer zumindest teilweise unheimlichen Atmosphäre. Deutliche Parallelen zum Backwood-Horror ziehend, macht sich der auf einer Kurzgeschichte von Stephen King beruhende Film die klischierte Erz-Bigotterie und zivilisatorische Rückständigkeit der Landbevölkerung zunutze, um das sich durchweg weltlich gebende Paar jenem parareligiösen Terror auszusetzen, der diesmal tatsächlich einen übernatürlichen Ursprung hat. Denn "Der, der hinter den Reihen geht" (mit den "Reihen" sind die sich scheinbar unendlich erstreckenden Maisfelder der Gegend gemeint) ist tatsächlich existent, und Gutes im Sinne hat er garantiert nicht.
5/10
#1451
Geschrieben 24. Oktober 2008, 19:26
Captain America ~ USA 1990
Directed By: Albert Pyun
Gegen Ende des 2. Weltkriegs stellt sich der Patriot Steve Rogers (Matt Salinger) freiwillig für das Experiment Re-Birth zur Verfügung, in dessen Zuge aus körperlich schwächlichen Menschen Supersoldaten zum Einsatz gegen den Feind gezüchtet werden sollen. Gleich sein erster Auftrag führt Rogers, der fortan unter dem Decknamen Captain America und in einem grellen Kostüm in Aktion tritt, ins faschistische Italien, wo er seinem Nazi-Pendant Red Skull (Scott Paulin) den Garaus machen soll. Rogers landet jedoch, an eine Rakete gebunden, im arktischen Eis. Knapp 50 Jahre später wird er wieder aufgetaut, um seinem altem Erzfeind, der diesmal den US-Präsidenten (Ronny Cox) einer Gehirnwäsche unterziehen will, erneut gegenüberzutreten.
Als Menahem Golan 1990 den Marvelhelden und Avengers-Kopf Captain America für seinen Cannon-Nachfolger 21st Century adaptierte, konnte er von einem Budget und einer PR-Maschinerie, wie die entsprechenden Filme sie heute zur Verfügung gestellt bekommen, nur träumen. So ist "Captain America" das Paradebeispiel eines Billigfilms geworden, der mit Abstrichen kaum besser aussieht als der Pilotfilm einer beliebigen TV-Serie. Das ungeheure Potential der Figur, das natürlich weit über ihr populäres Erscheinungsbild als nationale Ikone hinausgeht, wird nicht angekratzt, stattdessen nimmt man bewusst das Quentchen unfreiwilligen Humors in Kauf, das Cap als wandelnder Anachronismus schon vor 18 Jahren repräsentierte. Dass er einen Kettenpanzer trägt, hat man offensichtlich übersehen, daher gibt's nur einen - immerhin korrekt geschneiderten - Gummianzug, in dem Salinger sich totgeschwitzt haben dürfte. Red Skull sieht ganz gelungen aus, umso bedauerlicher, dass er nach einer Gesichts-OP seinen schönen roten Schädel einbüßt. Ronny Cox und Ned Beatty feiern 18 Jahre nach "Deliverance" ein Wiedersehen in etwas schlichterer Atmosphäre, spaßig ist das dennoch. Und immerhin ist Albert Pyun ein Mann, der aus dem, was er zur Verfügung hat, stets das Beste herauszuholen versteht - auch wenn das manchmal nicht viel ist.
Der neue "Captain America", der für 2011 angekündigt ist, wird diesem hier vermutlich noch einen kleinen zweiten Frühling bescheren, um ihn dann endgültig vergessen zu machen. Fände ich schade.
5/10
#1452
Geschrieben 25. Oktober 2008, 09:18
Die Lümmel von der ersten Bank ~ BRD 1968
Directed By: Werner Jacobs
Das Mommsen-Gymnasium in Baden-Baden, Schauplatz diverser derber Schülerstreiche, deren Urheber zumeist der Philatelistenfilius Pepe Nietnagel (Hansi Kraus) ist, bekommt einen jungen Kollegen (Günther Schramm), der ersatzweise den zum Wahnsinn getrieben Dr. Knörz (Rudolf Schündler) vertritt und mit ganz ungeheuerlichen pädagogischen Ideen zur Tat schreitet. Zu allem Überfluss gibt es noch eine Liebesgeschichte mit der Tochter (Gila von Weitershausen) des Direktors Taft (Theo Lingen), die Pepe ins rechte Licht zu rücken versucht.
Der Startschuss für das erfolgreichste, zeitgenössische deutsche Franchise neben den "Schulmädchen-Reports". Nachdem die Karl-May-Welle im Abebben begriffen war, bedeutete Pepe Nietnagel für die nationale Filmindustrie ein neues Standbein, von dem sich zahlreiche Produktionsgrößen, darunter auch Wendlandt, ein Scheibchen abzuschneiden versuchten. Auf sieben offizielle Teile mit wechselnder Qualität plus einige Epigonen brachte es die Reihe. Das Konzept: Frecher bis anarchischer Pennälerhumor, der selbst vor fingiertem Suizid nebst Einweisung ehrwürdiger Kollegen nicht zurückschreckt, altkluge Sprüche und vor allem die bombige (wenn auch sanft vorgetragene) 68er-Sicherheit, der Verlierergeneration Drittreich in jeder Beziehung haushoch überlegen zu sein. Das alles ist natürlich retrospektiv wesentlich biederer als es zunächst den Anschein macht, Theo Lingen und Rudolf Schündler, und der ständig besoffene Hans Terofal, nicht zuletzt Hannelore Elsner (als, he-he, französische Austauschschülerin), mit 26 ungelogen atemberaubend anzusehen, sorgen für unbeschwertes Kurzweil. Und wer drüber lachen kann, hat sowieso gewonnen.
7/10
#1453
Geschrieben 26. Oktober 2008, 13:24
Vendetta Dal Futuro (Paco - Kampfmaschine des Todes) ~ I 1986
Directed By: Sergio Martino
In naher Zukunft: Umweltverschmutzung ist Tagesgeschäft und wird im Zeichen profitgieriger Großkonzerne nur allzu gern begangen. Zur Durchsetzung spezieller Interessen züchten diese zudem Cyborgs heran, die unliebsame Zeitgenossen wie den blinden Katastrophenpropheten Reverend Mosely (Franco Fantasia) aus dem Weg räumen sollen. Just diesen Auftrag übernimmt der zu 70 % bionische Paco Queruak (Daniel Greene), als ihm, kurz vor der endgültigen Eliminierung des Professors, ernste Zweifel an seinem Tun kommen. Mit durchgebranter Sicherung flieht Paco in die Wüste, wo er sich nicht nur mit dem Prärieblümchen Linda (Janet Agren), sondern zudem noch mit den Killern des Konzerns und dem bösen Trucker Morales (George Eastman) herumzuplagen hat.
Glückshormone durchfluten meinen Körper - nach 20 Jahren darf ich bei Freund Funk_Dogg endlich wieder "Paco" sehen! Mit zwei, drei Ausnahme-Szenen konnte ich mich bis dato kaum noch an Martinos wunderbares "Terminator"-Rip-Off erinnern, umso dringender notwendig die Auffrischung. Natürlich ist "Vendetta" ein gegen Schluss zunehmend brutaler werdender Kindergarten-Spaß, aber Martino wäre nicht Martino, wenn er die natürlichen Gegebenheiten der amerikanischen Drehorte (so scheint es zuweilen, als wandle Martino auf den Spuren Leones und seiner "C'Era Una Volta Il West" - Sets) nicht adäquat zu nutzen wüsste. Voller Klischees ist das alles, dicke, saufende Fernfahrer, die gern auf Ärsche stieren, gröhlen und Armdrück-Meisterschaften veranstalten, bevölkern die Szenerie, aber man darf nicht vergessen, dass Filme wie dieser erst jene uns heute so wohlbekannten Klischees haben hervorquellen lassen. Mit Lasern wird geballert und John Saxon, der seinen Job zu 90 Prozent sitzend verrichten durfte und der als einziger Darsteller im Film nicht schwitzt wie ein Schwein, ist richtig böse. Dafür kriegt er's am Ende entsprechend dick. Ein Grund zum Feiern, was wir dann auch ganz ordentlich getan haben.
6/10
#1454
Geschrieben 26. Oktober 2008, 13:39
Strike Commando (Cobra Force) ~ I 1987
Directed By: Bruno Mattei
Mitten im Vietnamkrieg gerät Supersoldat Michael Ransom (Reb Brown) in ein schweres Feuerwerk bei einem Lager-Bombardement und wird für tot erklärt, derweil er ein südvietnamesisches Dorf mit allesamt lieben, wenn auch zivilisatorisch ziemlich rückständigen Eingeborenen besucht. Ransom staunt nicht schlecht, als er erfahren muss, dass die Russen nicht etwa kommen, sondern schon längst da sind - personifiziert durch den fiesen Jakoda (Alex Vitale). Kurz darauf lässt ihn sein Böser, mit den Kommies paktierender Vorgesetzter (Christopher Connelly) auflaufen, von Jakoda einsacken und gehirnwaschen, während unter anderem ein besonders netter kleiner Freund Ransoms (Edison Navarro) den Märtyrertod stirbt. Ransom lässt das nicht auf sich sitzen.
Auch dies ein seit langem schmerzlich vermisstes Beispiel italienischer Braukunst ohne Reinheitsgebot. Was Mattei hier aufbietet, spottet jeder Beschreibung - man muss es selbst sehen, um es zu glauben. Auf plumpste Weise noch imperialistischer als die Amis sein dürfen nur die Italiener; wüsste man es nicht besser, man könnte das hier glatt als kulturpolitische Arschkriecherei bezeichnen. Da gibt es Momente, in denen das ferne Disneyland doch tatsächlich als "Land, in dem Milch und Honig fließen und Kinder so viel Eis essen dürfen, wie sie können" umschrieben wird. Gut, dass das Ehepaar Dogg so stabiles Sitzmobiliar in der Wohnung hat. Mit Reb Brown, der seine Mundwinkelmuskulator ebenso souverän beherrscht wie Billy Idol, in der Hauptrolle landete Mattei, hier einmal mehr unter dem Pseudonym "Vincent Dawn" präsent, im Übrigen einen unvergleichlichen Glückstreffer. Gebt den Mannen allen die rosafarbene Tapferkeitsmedaille!
6/10
#1455
Geschrieben 28. Oktober 2008, 09:18
Superstau ~ D 1991
Directed By: Manfred Stelzer
Die Sommerferien brechen an und umgehend ist halb Deutschland auf den Beinen, um mit Sack und Pack nach Italien zu reisen. Das führt zwangsläufig zu Verkehrsverknotungen, die ihre armen Opfer, wie den bayrischen Spießer Stocker (Ottfried Fischer) oder auch den Gelsenkirchner Püttarbeiter Pacholke (Ralf Richter) in den Wahnsinn treiben.
Seine schöne kleine Satire zum Deutschen Sommer 90 mit Wiedervereinigung und WM-Erfolg in Italien, provozieren eine gewisse übergreifende nationale Großkotzigkeit, die jedoch ganz schnell wieder zum Rüpeltum führt, als man auf engstem Raume zum Stillstand verdammt ist. Aus allen Regionen der Republik stammen die armen Würstchen, die sich im Superstau in Grenznähe versammeln, und alle erfüllen sie stillschweigend oder auch laut gröhlend ihre angestammten Klischees. Die Nordmänner sind Vertreter der Rockerszene und permanent besoffen, der Ruhrpöttler ist ein cholerischer Malocher, der Bayer ein misogyner, fetter Weißwurschtfresser und die Ossis, besonders die mitreisende, ältere Generation, etwas hilflos im neuen Demokratiewunderland. Sogleich wird man von einem schmierigen Versicherungsvertreter (wunderbar: Heinrich Giskes) mit einer Kiste Ost-Cola über den Tisch gezogen: "Das nennt man bei uns 'Freie Marktwirtschaft'." Viel zu lachen gibt es im "Superstau", auch wenn mancher Gag ("Nisch mit Commander") über die Jahre etwas tradiert erscheint. Dennoch: An Oldie but Goldie.
7/10
#1456
Geschrieben 28. Oktober 2008, 09:26
Zum Teufel mit der Penne ~ BRD 1968
Directed By: Werner Jacobs
Die 10a vom Mommsen-Gymnasium macht wieder mobil wider Autoritätenwahn und den tierischen Ernst des Schulalltags. Unterstützt werden sie dabei von einem Schweizer Journalisten (Peter Alexander), der undercover als Lehrkraft bei Rektor Taft (Theo Lingen) anheuert und Pepes (Hansi Kraus) Schwester Marion (Hannelore Elsner) schöne Augen macht.
Seltsame Angelegenheit, der eilig nachgeschobene, zwote "Lümmel"-Film. Aus den Nietnagels wurden unversehens und für eine singuläre Ausnahme die Notnagels, aus Georg Thomalla wurde, ein perfides Verwechselspiel, Willy Millowitsch und aus Uschi Glas Hannelore Elsner, die wiederum im ersten Film noch als französische Austauschschülerin zu sehen war. Fragen über Fragen, liegen glücklicherweise nicht allzu schwer im Magen. Denn angesichts der vielen gemeinen Scherze, mittels derer Pepe und seine Bagage den Lehrercorpus an die Verstandesgrenzen treiben, vergisst man ohnehin alle Vernunft. Come as you were.
5/10
#1457
Geschrieben 29. Oktober 2008, 09:46
Pepe, der Paukerschreck ~ BRD 1969
Directed By: Harald Reinl
Um die Subversivität der 11a zu unterminieren, heckt Rektor Taft (Theo Lingen) verschiedene Strategien aus: Sein glasbausteinbebrillter Neffe Ewalt (Pierre Franckh) soll die geplanten Missetaten der Schüler ausspionieren und -plaudern, zudem fordert Taft beim Kultusministerium einen besonders scharfen Kollegen an, um Pepe Nietnagel (Hansi Kraus) und seine Vasallen einzudisziplinieren. Diese bekommen jedoch Wind von der Sache und stellen des Rektors Gesuch dergestalt um, dass der für seinen Beruf angeblich viel zu nette Dr. Glücklich (Hans Clarin) zu den Mommsenern geschickt wird.
Am dicksten kriegt es im 3. "Lümmel"-Film, dessen Ägide "Winnetou"- und "Wallace"-Veteran Reinl übernommen hat, mal wieder der arme Dr. Knörz (Rudolf Schündler) verschafft: Nicht nur, dass man ihm Austauschschülerin Geneviève (Hannelore Elsner) als uneheliche Tochter unterjubelt, bloß, um mal einen Tag frei zu bekommen, auch sein nagelneuer, flaschengrüner Käfer wird Opfer eines postgelben Attentats. Weiterhin muss das gesamte Kollegium einen fingierten Ministerial-Vorschlag zur Leibesertüchtigung in die Tat umsetzen, deren Auswirkungen der Chemie unterrichtende Kollege Blaumeier (Harald Juhnke) nur mit Ach und Krach überlebt. Fieseste Attacken also mal wieder - gut, dass mit Dr. Glücklich wenigstens eine Lehrkraft an Bord ist, der der 11a Sympathien zu entlocken weiß. Und das nicht nur über die Zurschaustellung schlagkräftiger martial arts.
6/10
#1458
Geschrieben 29. Oktober 2008, 09:58
Hurra, die Schule brennt ~ BRD 1969
Directed By: Werner Jacobs
Provinzlehrer Dr. Bach (Peter Alexander), angeblich ein Meisterpädagoge, kommt mitsamt seinem unentwegt trällernden Neffen Jan (Heintje) ans Mommsen-Gymnasium, um der 12a Herr zu werden. Leider sind seine Methoden viel progressiver als es Rektor Tafts (Theo Lingen) Nervenkostüm eträgt, unter anderem lässt Bach seine Schüler sich selbst benoten, fordert von ihnen Verbesserungsvorschläge betreffs des Schullebens, trifft sich mit ihnen in einer Weinschänke und gestaltet als Höhepunkt Schillers "Wilhelm Tell" als albtraumhafte "Hair"-Variation mit Bonanza-Musik.
Trotz vieler gelungener Gags meint es der "Lümmel" vierter Streich mitunter etwas zu gut; die teils extrem schmalzigen Gesangsnummern von Herrn Alexander und Heintje erreichen nämlich eine inflationäre Quantität, ohne die der Film wesentlich besser gefahren wäre. Außerdem wird das ganze Ding zu einer One-Man-Show Peter Alexanders, die Pepe und seine Gymnasial-Desperados etwas in den Hintergrund drängt. Zumindest geht eine Superszene auf sein Konto, in der er sich als eine Art Professor Abronsius verkleidet und die Mommsen-Belegschaft samt Pedell Bloch (Hans Terofal) einer pseudoärztlichen Untersuchung unterzieht. Da muss man dann doch wieder über Gebühr lachen, nachdem der zuvor audiovisuell so brutal induzierte Heintje-Zahnschmerz etwas abgeklungen ist.
5/10
#1459
Geschrieben 29. Oktober 2008, 10:26
Who'll Stop The Rain (Dreckige Hunde) ~ USA 1978
Directed By: Karel Reisz
Kurz vor seiner Heimreise aus Vietnam plant Kriegsberichtserstatter John Converse (Michael Moriarty) einen großen Heroin-Deal. Zwei Kilogramm will er zunächst in die Staaten schmuggeln, um sie dann dort gewinnbringend abzustoßen. Für den Transport gewinnt er einen Freund, den G.I. Ray Hicks (Nick Nolte), der bereits einige Tage vor ihm per Schiff in die USA reist. Hicks soll den Stoff bei Johns Frau Margie (Tuesday Weld) abliefern. Es stellt sich heraus, dass diese, eine brave Buchverkäuferin, von nichts eine Ahnung hat und dass kurz nach Hicks' Ankunft bereits einige korrupte Polizisten (u.a. Anthony Zerbe) auf dessen Fersen sind. Hicks und Margie fliehen nach Los Angeles und versuchen dort, das Heroin abzusetzen, allerdings ohne Erfolg. Nachdem auch John zurückgekehrt ist und sogleich von den Gangstern geschnappt wird, kommt es zur letzten Konfrontation im kalifornischen Hinterland.
Seinen Titel bezieht Reisz' Film von dem wunderbaren, gleichnamigen Creedence-Stück (alternativ wurde er in anderen englischsprachigen Ländern nach der Romanvorlage "Dog Soldiers" betitelt), das, wie noch mehrere Fogerty-Songs, auch im Film zu hören ist. Dass in Vietnam irgendetwas mit den Männern passiert ist, das ihnen eine geordnete Existenz zurück daheim unmöglich macht, ist dabei das allererste, was man lernt. Hicks, der offenbar dauernd zwischen Südostasien und den USA pendelt, ist längst und einzig auf Konflikt programmiert; nachdem Marges und Johns Tochter über die kanadische Grenze und damit vorläufig in Sicherheit gebracht wurde, richtet sich sein Blick auf eine (faktisch unmögliche) Zukunft zu zweit, für die er sich zu kämpfen gezwungen sieht, die aber einen Großteil der sich aufstauenden Existenzschwere von ihm zu nehmen verspricht. Um die zunehmend depressiv werdende Marge ruhigzustellen, nimmt er nicht nur eine eventuelle Heroinsucht ihrerseits in Kauf, er forciert diese sogar und wundert sich später über Marges Instabilität. Zwischen bizarren Rauschszenen in Künstlervillen und Folter in dreckigen Apartements schaltet Reisz hin und her und nimmt dabei eine gewisse Art von Befremdlichkeit und Distanz in Kauf, die seinem Film tatsächlich erst das rechte Würzmaß verleihen.
Ein amerikanisches Kunstwerk.
9/10
#1460
Geschrieben 30. Oktober 2008, 09:30
Cutter's Way ~ USA 1981
Directed By: Ivan Passer
Alex Cutter (John Heard) hat in Vietnam das linke Auge, den linken Arm und das linke Bein eingebüßt und zurück daheim die Lebensgeister gegen bärbeißigen Zynismus und Alkohol eingetauscht. Egal, welchen Mist er auch anstellt, sein an Mitleid und Respekt appellierender Invalidenstatus hilft ihm stets aus jedweder Patsche. Als sein bester Kumpel Bone (Jeff Bridges) eines Nachts Zeuge eines Mordes an einem jungen Mädchen wird, den augenscheinlich der schwerreiche Öl-Magnat Cord (Stephen Elliott) begangen hat, erwacht Cutters Tatendrang zu neuem Leben. Systematisch kreist er Cord, jenes Symbol für amerikanische Arroganz, ein.
In perfekter Ergänzung zu "Who'll Stop The Rain" eine weitere Dreiecksgeschichte, diesmal emotional etwas anders gelagert. Wie schon Reisz' Film verbindet auch "Cutter's Way" den Veteranen-Topos mit einer neo-noir-Story und Erlösungsmotiven und wie in Reisz' Film unterliegen die Protagonisten dem Scheitern an einem universelleren Existenzschema. Hoffnung, wenn überhaupt, gibt es nur bedingt, das Ende bleibt jeweils offen. Trocken, spröde, unter Verzicht auf Aktion und Spekulation, ist "Cutter's Way" ein sehr existenzialistischer Film geworden, mit einem John Heard, angesichts dessen begeisternder Performance man sich fragt, wo er danach eigentlich geblieben ist. Bei Passer verwundert es nicht weiter, denn dass einem solch kompromisslosen Werk kein finanzieller Erfolg beschieden sein kann, liegt bereits in seiner Natur.
9/10
#1461
Geschrieben 30. Oktober 2008, 09:46
Walk Hard: The Dewey Cox Story ~ USA 2007
Directed By: Jake Kasdan
Die Lebens- und Erfolgsgeschichte des amerikanischen Rockmusikers Dewey Cox (John C. Reilly), der alle Großen in die Tasche stecken konnte, dessen diverse Traumata ihm jedoch ein ums andere Mal fast einen Strick drehen.
Auch wenn Will Ferrell in der Titelrolle sicher noch ein bisschen großartiger gewesen wäre (der Film passt exakt in das Muster seiner letzten Erfolge: Ein bestimmtes Metier wird seinen Klischees geopfert und hernach dem Spott preisgegeben), kann man "Walk Hard" getrost zu den jüngst zur Blüte entfaltenen, neuen US-Komödien zählen, die zwischen Frat Pack und Apatow-Factory eine ganz spezielle Form des Humors kultivieren. Mit "Walk Hard" begibt man sich auch, so weit wie sonst nur selten, auf das Terrain der Genre-Parodie. Insbesondere "Ray" und "Walk The Line" werden dabei extrem aufs Korn genommen, später jedoch, mit dem Eintritt Deweys in die Rock'n'Roll-Ära, besitzt der Film auch noch genug eigene Luft. Cox' Begegnung mit den Beatles (Jack Black, Jason Schwartzman, Paul Rudd, Justin Long) in Indien und der sich anschließende, obligatorische Acid-Trip reizen das Zwerchfell in gefährliche Höhen, ähnliches gilt für Deweys Versuch, sich als ProgRock-Musiker zu etablieren. Die diversen Begegnungen mit weiteren Musiklegenden (von denen garantiert keine auch nur im Entferntesten dem Original ähnelt) und weitere liebevolle Spitzen um kenntnisreiche Einblicke in die US-Pophistorie der letzten Dekaden sichern "Walk Hard" seinen bombensicheren Sockel. Hätte meinethalben gut und gern noch 'n Stündchen länger laufen dürfen. Spitzending.
8/10
#1462
Geschrieben 30. Oktober 2008, 10:00
Wir hau'n die Pauker in die Pfanne ~ BRD 1970
Directed By: Harald Reinl
Am Flughafen begegnen Pepe Nietnagel (Hansi Kraus) und Schwester Marion (Uschi Glas) Gotthold, dem Zwillingsbruder (Theo Lingen) des Rektors Taft (Theo Lingen). Gotthold ist ein wesentlich legerer eingestellter Mensch als der verkniffene Oberstudienrat und sogleich für einen gemeinen Scherz gegen sein steifes Brüderchen zu haben: Mittels eines fingierten Testaments wird der Doktor vom Ableben seines Bruders Gotthold informiert. An die beträchtliche Erbsumme kommt er jedoch nur unter drei erfüllten Bedingungen: Er muss für ein paar Wochen ins Gefängnis, kein Schüler des Mommsen-Gymnasiums darf im kommenden Schuljahr durchfallen und Taft soll einen Schimpansen als Findelkind adoptieren.
"Lümmel"-Film 5 glänzt durch LISA-esken Gaga-Humor, für die nicht zuletzt eine völlig überdrehte Schimpansenjagd mit Pedell Bloch (Hans Terofal) als Verfolger sorgt. Ansonsten bekommt der großartige Theo Lingen, im Prinzip ohnehin Herz- und Lungenmaschine des gesamten Franchise, endlich die Gelegenheit zum vielfachen Glänzen (seine Versuche, in den Knast zu gelangen, sind allesamt echte Schlager). Brillant auch die 12a-Installation einer angeblichen Luftballon-Maschine. Auf so etwas vollkommen Schwachsinniges muss man ersteinmal kommen. Leider muss man diesmal auf jedwede Gast-Prominenz von außerhalb verzichten, dafür bleiben einem zumindest schmalzige Schlager erspart. Und: Balduin Baas is back as Dr. Blaumeier.
5/10
#1463
Geschrieben 31. Oktober 2008, 06:32
Delitto Al Blue Gay (Ein Supersel auf dem Ku'Damm) ~ I/BRD 1984
Directed By: Bruno Corbucci
Der Mord an einem Travestie-Künstler ist Anlass genug für Marronis Chef (Luciano Martana), den Gestressten (Tomas Milian) undercover in die Szene einzuschleusen. Um selbst dem Einsatz als Fummeltriene zu entgehen, nötigt Tony kurzerhand seinen alten Kumpel Venticello (Bombolo) zu entsprechendem. Erste handfestere Ermittlungen nach diversen verfänglichen Momenten, in die u.a. ein frecher Taxifahrer verwickelt ist, offenbaren, dass Nadia, der/die Ermordete, Sohn eines US-Atomwissenschaftlers war, der seinerseits verschwunden ist, und führen über einen deutschen Filmregisseur (Holger Münzer) nach Berlin.
Filmreihen, die sich ihrem historischen bzw. chronologischen Ende zuneigen, können oftmals nicht verhehlen, dass ihnen die Luft ausgeht. So geht es auch Corbuccis Giraldi-Serie, dessen elfter und letzter Teil hiermit vorliegt. Das regelmäßig aufgegriffene Schwulenmotiv bekommt eine letzte große Transfusion und wird zum Hauptthema erhoben, bietet jedoch nicht viel mehr als Anlass zu entsprechend schlüpfrigen Nichtigkeiten (oder nichtigen Schlüpfrigkeiten, ganz nach Wahl) unter einem dummdreisten narrativen Überbau um Ost-West-Spionage, der seine Alibi-Funktion überhaupt nicht mehr verhehlen kann. Immerhin hat man das sanfte Vergnügen, Marroni auch mal diesseits der deutschen Grenze im Einsatz zu beobachten. Leider hat er sich wohl nicht getraut, wie weiland die 5th Avenue auch den Ku'Damm im blauen Einteiler unsicher zu machen. Schaaaade.
5/10
#1464
Geschrieben 31. Oktober 2008, 06:48
Morgen fällt die Schule aus ~ BRD 1971
Directed By: Werner Jacobs
Auf Geschäftsreise in Amsterdam lernt Pepe Nietnagels (Hansi Kraus) Vater (Fritz Tillmann) den wackeren Jungen Pit Van Dongen (Heintje) kennen und lädt ihn sogleich mal nach Baden-Baden ein. Dort besucht Pit das Mommsen-Gymnasium und steht der berüchtigten 13a in Sachen Boshaftigkeit erstaunlicherweise in Nichts nach. Unter anderem verursacht er einen Wasserschaden von 1000 Mark und - noch schlimmer - singt permanent schmalzige Schlager, die ala barbarische Nervenzerrer durchgehen. Den im Titel angesprochenen Effekt erzielt Pepe mittels eines aufwändig eingefädelten Streichs, bei dem 1.) fast das gesamte Kollegium besoffen gemacht, 2.) mitten im Wald ausgesetzt, 3.) zum Einbruch und Mundraub genötigt, 4.) mit Flöhen verseucht, 5.) von der Polizei verhaftet, 6.) lächerlich gemacht und 7.) erpresst wird.
Die Vorwände, Heintje auf Teufel komm raus in die "Lümmel"-Reihe zu integrieren, um dort seine neuesten "Hits" vorzustellen, wurden zusehends dünner und in diesem Film gar hanebüchen. So ganz nimmt man ihm die Unschuld vom Lande (oder passender: von der Gracht) allerdings nicht mehr ab, wer so einen gemeingefährlichen Wasserschaden provoziert und mit diebischer Freude einen Flohzierkus mit Blutkonserven versorgt, steht ganz offenbar in Verbindung zu sinistren Mächten (um nicht zu sagen: der deutschen Schallplattenindustrie). Und dann noch Heinz Reinicke als urplötzlich auftauchender Kapitän Langstrumpf, der sich zudem kein bisschen wundert, dass der Filius auf ein paar Wochen bei einem älteren Herrn im Nachbarland zu Besuch ist... Obskurste Konstrukte werden hier geliefert und was ich oben über Marroni schrieb, gilt für die "Lümmel" schon längst. Constantin, hab Erbarmen.
4/10
#1465
Geschrieben 31. Oktober 2008, 07:02
Betragen ungenügend! ~ BRD 1972
Directed By: Franz-Josef Gottlieb
Nachdem Rektor Taft (Theo Lingen) sich als allzu milde in Sanktionierungsfragen betreffs der nimmermüden 13a erweist, sägt das Mommsen-Kollegium ihn kurzerhand ab, zwingt ihn zum Gnadenbrotverzehr und setzt Knörz (Rudolf Schündler) als neuen Chef ein. Klar, dass die Schüler sich das nicht bieten lassen und mittels abgefeimtester Scherze (unter anderem tauscht man sämtliche Schüler gegen Hausvieh ein) den armen Knörzerich in die symbolische Zwangsjacke treiben.
Uff, geschafft. Die letzten Krankheitstage haben es mir erlaubt, mich ungestört durch die komplette "Lümmel"-Serie zu wühlen - ob dies meinem gesundheitlichen Zustand in irgendeiner Form zuträglich war, wird sich noch erweisen müssen. Franz Seitz' (der sämtliche Scripts unter dem Pseudonym Georg Laforet erstellte) Rezeptur entlarvt sich als zusehends ausgehöhlt, weswegen allerspätestens hier dann auch tatsächlich der schmerzliche, aber notwendige, letzte Schnitt erfolgen musste. Theo Lingen bekommt einen rührenden Abgang, der dann doch keiner ist (eine Wohltat zu wissen, dass Rektor Taft nie wirklich in den Ruhestand versetzt wurde) und erweist sich nicht nur als vollwertiger Schulleiter, sondern zudem noch als ganz lieber Opi. Einzig die Szenen mit Ilja Richter als jungem Taft zu jungen Republikszeiten sind brutale Nervtöter. Waren wohl Gottlieb geschuldet, der seinen dürren Schützling überall unterbringen musste.
4/10
#1466
Geschrieben 01. November 2008, 12:39
Steele Justice (Stahljustiz) ~ USA 1987
Directed By: Robert Boris
Zwölf Jahre nach seinem letzten Einsatz in Vietnam ist Ex-G.I. und Ex-Cop John Steele (Martin Kove) zum ziemlich ausgebrannten, immerhin aber pferdelieben Säufer avanciert. Seine Ex-Frau (Sela Ward) kann sich zwischen Hin- und Hergerissensein nicht ganz entscheiden, sein bester Freund, der Vietnamese Lee (Robert Kim) indes, hat sich eine beträchtliche Existenz in den Staaten aufgebaut und arbeitet nach wie vor bei den Bullen. Als er dem Drogenbaron General Kwan (Soon-Tek Oh) ins Gehege kommt, den Lee und John noch als verräterischen Bösewicht aus Kriegszeiten in nachteiliger Erinnerung haben, radiert dieser Lee und Familie kurzerhand aus. Nur Lees Töchterlein (Jan Gan Boyd) bleibt am Leben. Steele nimmt das Gesetz in die eigenen Hände und jagt Kwan mitsamt seiner Organisation zur Hölle.
Die visuellen Vorbilder von "Steele Justice" sind unverkennbar: Bei "Cobra" und "Commando" bedient man sich großzügig, die shoot-outs sind hart, die Birnen weich. Martin Kove als Actionheroe ist eigentlich super und man fragt sich, wieso dies sein einziger zeitgenössischer Einsatz innerhalb dieser ikonographischen Rollenanlage geblieben ist. Mit einem Chuck Norris oder Michael Dudikoff nimmt er es jedenfalls allemal auf und darf dazu noch seinem Charakter etwas Tiefe verleihen. Andererseits ist dieser John Steele, der auf das amerikanische Justizsystem pfeift - na klar, ist ja auch nix wert - eine extrem coole Sau. Er trägt eine tödliche Dschungelnatter als Halskette und nimmt einer Wunde am Oberarm mittels glühender Bratpfanne die Brisanz - freilich ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. Dennoch dekonstruiert "Steele Justice" mittels einer vergleichsweise sanften Charakterzeichnung und einer vollkommen indifferenten Formulierung emotionaler und Gemütszustände die dem Genre wesentlich innewohnende Resignation und seinen Nihilismus, verlagert sie auf eine politisch korrektere, fast TV-kompatible Ebene und ebnet damit dem Actioner als Hoffnungsträger und Familienfilm, wie er das nächste Jahrzehnt einläuten sollte, den Weg.
Neben der ohnehin mehr als passablen supporting cast gibt sich ein nettes Sammelsurium von Hollywoods bekannten asiatischen movie thugs die Ehre, darunter die vielfach eingesetzten Peter Kwong und Al Leong. Der bereits aus "Missing In Action 2" berüchtigte Soon-Tek Oh ist als Hauptfiesling am Start, diesmal allerdings - ich deutete es oben bereits an - unter Aussparung rassistischer Implikationen.
Alles in allem launige Kurzweil also, ohne sittliche oder überhaupt jedwede Form der Gefährdung. Ein Netter.
5/10
#1467
Geschrieben 02. November 2008, 07:25
Let's Get Harry (Holt Harry raus) ~ USA 1986
Directed By: Stuart Rosenberg
Just nachdem der Ingenieur Harry Burck (Mark Harmon) sein Wasserkraftwerk in Kolumbien fertiggebaut hat, werden er und der Botschafter Douglas (Bruce Gray) von Druglord Ochobar (Guillermo Ríos) entführt, um als Druckmittel zur Freipressung in den USA einsitzender Gangsterkollegen herzuhalten. Dumm nur, dass sich weiter nördlich niemand für solche "kleinen Fische" wie Harry und den Botschafter interessiert und sämtliche der angeblichen Geisel-Verhandlungen bloß populistisches Lügenwerk sind. Harrys Bruder Corey (Michael Schoeffling) fackelt nicht lang, klemmt sich ein paar Kumpels (Glenn Frey, Rick Rossovich, Thomas F. Wilson), den abenteuerlustigen Autohändler Abernathy (Gary Busey) und den erfahrenen Söldner Shrike (Robert Duvall) unter den Arm, um Harry zu befreien.
Warum sich Regisseur Rosenberg für "Harry" das Beleidigtenpseudonym und Unzufriedenheitssymbol "Alan Smithee" ans Revers heftete, habe ich bis heute nicht herausbekommen. Gut, im Vergleich zu früheren Glanztaten wie "Cool Hand Luke" wäre dieser Film sicher als deutlicher Rückschritt zu werten. Man lässt den amerikanischen Pioniergeist sowie die ureigene Volkscharaktereigenschaft der Leute dort, im Zweifelsfall für die eigenen Belange auf- und einzustehen, hochleben bis in luftigste Sphären. Bei den Politikern, so erfährt man, handele es sich ohnehin bloß um verweichlichte Anzugträger, die für den Mann von der Straße nichts besorgen, daher ist dieser eben zur milizenartigen Eigeninitiative angehalten. Einmal dazu entschlossen, veranstaltet man ein lustiges Söldnercasting, bei dem sogar David Hess eine messerschwingende Empfehlung zum Besten gibt. Einzig Robert Duvall erweist sich jedoch als kantig genug, den Jungs Schützenhilfe zu leisten. Am Zielort angekommen, ist ein wildes Heckmeck zwischen Regierung, Militärs und betrügerischen Waffenhändlern die Folge, irgendwann sind die Ärmsten dann auch noch auf sich allein gestellt.
Formal wirkt "Harry" etwas ungeschlossen und unfertig, die Actionszenen sind für einen Film dieser Gattung zurückhaltend und beschränken sich auf kurze Intermezzi. Vermutlich dürfte darin der Grund für Rosenbergs Namensverweigerung gelegen haben. Als Exempel für seine Zunft dennoch passabel.
5/10
#1468
Geschrieben 02. November 2008, 07:46
Tears Of The Sun ~ USA 2003
Directed By: Antoine Fuqua
Als die Rebellen nach einem Staatsstreich das nigerianische Hinterland mit "ethnischen Säuberungen" überziehen, bekommt eine Gruppe Navy Seals unter der Leitung von Lt. Waters (Bruce Willis) den Auftrag, die engagierte Ärztin Dr. Kendricks (Monica Bellucci) in Sicherheit zu bringen. Als diese sich weigert, das Land ohne ihre einheimischen Schützlinge zu verlassen, macht Atkins zunächst von einer ziemlich gemeinen Finte Gebrauch, die er jedoch umgehend bereut und sich dann entschließt, über seine eigentlichen Weisungen hinauszuhandeln.
"Tears Of The Sun" ist eine ausgesprochen zwiespältige Angelegenheit. Inszenatorisch makellos und mit den erdigsten Film-Feurgefechten der letzten Jahre versehen, empfiehlt sich besonders Fuqua als der Genreregisseur der Stunde, ein Eindruck, den er später mit "Shooter" noch untermauern konnte. Die ziemlich unverhohlene Art und Weise, mit der die USA hier einmal mehr zur legitimen Weltpolizei deklariert werden, welche zudem noch über Männer verfügt, die im Zweifelsfall auch genug eigenes Köpfchen besitzen um die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen (und aufgrund ihres Heroismus sogar sanktionsfrei ausgehen), ist mitunter allerdings recht penetrant. Sicher, Nigeria ist ein Wackelstaat, der seine Regierungsspitzen noch immer flotter wechselt als Monica Bellucci ihre Unterhosen, dass ein externes, zumal Kurzzeit-Engagement, jedoch niemals die Lösung sein kann (wie auch das hilflose Ende demonstriert mit der symbolischen Botschaft: "Von hier aus müsst ihr selbst klarkommen"), hat die Geschichte speziell afrikanischer Länder nunmehr oft genug gezeigt. Genießen lässt sich "Tears Of The Sun" ergo niemals als globalpolitisches Statement sondern einzig als Genreprodukt. Als ein solches allerdings läuft er dann wie o.e. sogar sehr eindrucksvoll.
6/10
#1469
Geschrieben 02. November 2008, 20:02
The Phantom Of The Opera (Das Phantom der Oper) ~ USA 1989
Directed By: Dwight H. Little
Bei einem Vorsingen erlebt die New Yorkerin Christine (Jill Schoelen) infolge eines Unfalls eine Ohnmacht und in deren Zuge eine Rückführung in ein früheres alter ego im viktorianischen London. In dieser Gestalt erlebt Christine die Hofierungen und Nachstellungen des Komponisten Eric Destlers (Robert Englund), dereinst seine Seele an den Teufel verkauft hat, um seine Musik unsterblich werden zu lassen. Der entstellte Destler mordet und häutet, was das Zeug hält, bis Christine es schafft, sich ihm zu entziehen. Wieder erwacht in der Gegenwart stellt sie fest, dass diese Ereignisse mitnichten imaginärer Natur sind...
Eine recht schöne Pulp-Version von Leroux' Schauerroman, unter der Schirmherrschaft von Golans 21st Century entstanden. In dieser Inkarnation vermischen sich ein wiederum sehr eindrucksvoll maskierter Robert Englund, der schlussendlich wenig vitaler aussieht als der gute Freddy Krueger sowie ein geschultes Auge für Stil und Eleganz, das trotz der begrenzten set pieces eine sehr schöne Atmosphäre zu kreieren weiß. Die Make-Up-Effekte (Kevin Yagher) sind so derb wie brillant und wirken durch den immer präsenten, altehrwürdigen literarischen Hauch weitaus weniger selbstzweckhaft als man es sonst von Produktionen dieser Kategorie gewohnt ist. Insgesamt eine "Phantom"-Version, die stets für eine Überraschung gut ist und mutmaßlich wohl deshalb etwas in der Versenkung der Jahre verschwunden ist, weil die Schnittmenge zwischen Leroux-Lesern und Splatterfans eine eher kleine sein dürfte.
6/10
#1470
Geschrieben 02. November 2008, 20:27
Talk Radio ~ USA 1988
Directed By: Oliver Stone
Die letzten zwei Tage im Leben des Shock-Radio-Moderators Barry Champlain (Eric Bogosian), der seine Show 'Night Talk', die gigantische Erfolge in Texas feiert und bald landesweit zu hören sein soll, dazu nutzt, seine Anruferschaft, die sich vornehmlich aus Soziopathen, Radikalen und Borderlinern rekrutiert, zu beschimpfen und sich den Hass der Bevölkerung aufzuladen.
Gewissermaßen Oliver Stones "kleinster" Film, da er auf ein singuläres Ereignis der jüngeren Zeitgeschichte, respektive ein diesem Ereignis gewidmeten Theaterstück rekurriert. "Talk Radio" porträtiert den jüdischstämmigen Radiohost Alan Berg, der tatsächlich in Denver lebte und arbeitete und 1984, nachdem er diverse Drohbriefe einer rassistischen Organisation namens 'The Order' erhalten und nicht für voll genommen hatte, vor seinem Haus niedergeschossen wurde. Bogosian machte daraus ein markerschütterndes Stück, das glücklicherweise viel zu intelligent ist, um Berg zu einem Märtyrer oder gar unbescholtenem Intellektuellen zu stilisieren. "Talk Radio" bildet einen zwar liberalen, dennoch aber vom Zynismus zerfressenen, zunehmend vereinsamenden Menschen ab, dem sein verhasstes Renommee als lokale Popikone selbst in den seelischen Ruin treibt und der letztlich erkennen muss, dass die Äußerung seiner an sich hehren Ansichten, und mögen sie noch so leidenschaftlich vorgetragen werden, vor einem kaum ernstzunehmenden, sensationsgeilen Publikum vollkommen effektfrei bleibt. Somit stellen Film wie Stück nicht allein die Analyse der Vorgeschichte dieses ungeheuren, faschistisch motivierten Anschlags dar, sondern zugleich ein sehr persönliches Psychogramm und eine Ladefläche voller kleiner Denkanstöße, bespielt von einem ebenso vorzüglichen Ensemble wie dem vielleicht besten Filmautor für derlei po(pu)li(s)tische Stoffe.
10/10
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