In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#1741
Geschrieben 08. Mai 2009, 15:29
An Officer And A Gentleman (Ein Offizier und Gentleman) ~ USA 1982
Directed By: Taylor Hackford
Zack Mayo (Richard Gere), Sohn eines drittklassigen Marineinfanteristen, Säufers und Hurenbocks (Robert Loggia), will etwas Besseres aus seinem Leben machen und meldet sich zur Offiziersakademie von Pensacola. Trotz der knüppelharten Ausbildung durch den Schleifer Foley (Louis Gossett jr.) lernt Mayo einige Lektionen fürs Leben, nicht zuletzt die, dass man seine wahre Liebe (Debra Winger) nur einmal trifft.
Eine Schmonzette, die man ähnlich dem bald darauf entstandenen "Top Gun", wohl nur retrospektiv und als Kuriosum goutieren kann. "An Officer An A Gentleman" liefert im Grunde unsäglich unmündigen Militärkitsch, verkauft künftige Offiziere als Landeslenker, faselt vom Verteidigungsfall und verzichtet unsensiblerweise noch nichtmal darauf, kalte Kriegsängste zu schüren, um sein package zu verscherbeln. Soviel zu der ungenießbaren Oberfläche, die voll auf der rechten US-Linie der Achtziger liegt und diese auf Kinoebene vielleicht sogar mitprägte. Formal ist der Film derweil tadellos geraten und keinesfalls so plump wie seine inhaltliche Prämisse befürchten macht. Beweise dafür, dass Hackford ein toller Regisseur ist, gibt es ja einige und ja, auch "An Officer" zählt dazu. Als emotionaler Windfänger läuft dieser so rund wie nur was und hat zahlreiche Bilder kreiert, die für alles, was in der Folge an Romantischen für den US-Film einzufangen versucht wurde, archetypisch waren und sind. Man denke nur an die letzte Einstellung in der Papierfabrik, die, im Grunde erst der finale Meißelschlag für jedes abendländisch-kulturelle Artefakt, sogar sehr liebevoll von den "Simpsons" adaptiert wurde. Vielleicht erfordert es genau jenes bald groteske Humorverständnis, um in "An Officer" noch ein Stück Seele auszumachen...
6/10
#1742
Geschrieben 09. Mai 2009, 09:11
The Waterboy ~ USA 1998
Directed By: Frank Coraci
Born on the Bayou: Der debil wirkende Hinterwäldler Bobby Boucher (Adam Sandler) verdankt seine Weltfremdheit einzig seiner dominanten Mutter (Kathy Bates), für die alles "von außerhalb" 'the devil' ist ("Mom, when did Ben Franklin invent electricity?" - "I invented electricity. Ben Franklin is the devil."). Bobbys einzige beiden Freuden sind der Wrestler Captain Insano (Paul Wight) und sein Job als Wasserjunge bei einer örtlichen Football-Mannschaft. Als ersterer ihn im Stich lässt und Bobby von Coach Beaulieu (Jerry Reed) gefeuert wird, heuert er bei der Konkurrenzmannschaft 'Mud Dogs' an, deren Coach Klein (Henry Winkler) ebenfalls ein paar Schräubchen locker hat. Nach kurzer Zeit entwickelt sich Bobby zum Star-Quaterback. Jetzt gilt es nur noch, Mama ins Boot zu holen, der "Bourbon Bowl" wartet...
Vortreffliche 'Gumpiade', die Sandler in einem seiner stärkeren Filme zeigt. Daneben, dass er das Hanks-Vehikel in derber Weise parodiert, sowie ungefähr jedes Klischee über Cajuns und Louisiana-Swamp aufgreift und progressiv weiterspinnt, entwickelt "The Waterboy" noch genügend eigene Sandler-Identität. Der Idiot offenbart sich als tatsächliches Genius, das, auf seinem Emanzipationswege vom ödipal geplagten Würstchen hin zum New American Superstar gleich mehrere Reifeprüfungen abzulegen hat. Dieses Potenzial schlummere in vielen da draußen, die sind wie Bobby Boucher, klarer Fall - macht Sandler seinem Publikum weiß. Und weil er es einem erzählt und man seinen pathetischen Gutmenschen-Kiffer-Kitsch gewohnt ist, glaubt man es auch kurz, für immerhin fünf oder sechs Minuten. Dass der Gute nebenbei mittlerweile stets die hübschesten Hollywood-Miezen für seine Filme abgreift, ist hier noch nicht so ganz heraus; die schön schlampige Fairuza Balk als love interest gliedert sich aber unleugbar harmonisch ein ins Südstaaten-Ambiente. Not to be missed: Blake Clark, Allen Covert, Clint Howard, Rob Schneider. Family's intact.
7/10
#1743
Geschrieben 09. Mai 2009, 09:42
Little Nicky ~ USA 2000
Directed By: Steven Brill
Nicky (Adam Sandler), der brave, aber bescheuert aussehende Sohn des Teufels (Harvey Keitel), muss seinen Papa retten. Dieser löst sich gegenwärtig in seine Bestandteile auf, weil Nickys Halbbrüder Adrian (Rhys Ifans) und Cassius (Tommy 'Tiny' Lister) das Höllentor rückwärts durchschritten und es damit zufrieren lassen haben. Ihr Plan: Sie wollen die Erde selbst zu einem neuen, modernisierten Inferno mit Pizza, Weibern und Pfefferminzschnaps machen ("Let's begin to sin!") und haben angesichts der leichtlebigen New Yorker Bevölkerung sogar einfaches Spiel damit.
Sandlers opus magnum, zählt zu meinen meistgesehenen DVDs. Praktisch alles, was die Chaoskomödien des Gagsters auszeichnet, wird in "Little Nicky" zugespitzt und in einem solchen Tempo verarbeitet, dass es einem schier den Atem raubt. Diverse Auftritte von Gaststars (mein persönlicher Liebling: Rodney Dangerfield als Höllenopa) zählen ebenso dazu wie ein geradezu wahnwitziger Songeinsatz, der speziell aus der etwas härteren Musikszene diverse En-Vogue-Stücke (u.a. von Van Halen, Ozzy, Foo Fighters, Filter, Incubus, Lit, P.O.D.) verbrät, dass es eine wahre Freude ist. Dazu kommen etliche Selbstreferenzen an vorherige Sandler-Werke, hervorragende Kifferwitze, die sprechende Bulldogge Beefy, ein absolut liebevoll arrangiertes Produktionsdesign und dazu passend ein zwischen infantil und sophistisch pendelndes, anarchisches Pointen-Reservoir, dass man "Little Nicky" als freshman eigentlich gleich zweimal hintereinander schauen müsste, um auch wirklich alles mitzubekommen. Honestly instant classic.
9/10
#1744
Geschrieben 12. Mai 2009, 15:04
Anger Management (Die Wutprobe) ~ USA 2003
Directed By: Peter Segal
Nach einem unliebsamen Zwischenfall in luftiger Höhe muss der Werbedesigner Dave Buznik (Adam Sandler) ein gerichtlich verfügtes Anti-Aggressions-Training bei dem renommierten Psychologen Buddy Rydell (Jack Nicholson) antreten. Die anfangs noch leichtgeschulterte Auflage erweist sich bald als Spießrutenlauf, denn Rydell hat scheinbar selbst gehörig einen an der Waffel.
Köstlich, das Wechselspiel zwischen Sandler und einem entfesselten Jack Nicholson (dessen Haarspitzen-Stimulanz-Szene ein ikonographisches Bild des Exzentrikers abgibt), in dem ersterer beweist, dass er selbst vorderster Akteursklasse gewachsen ist. Das oberste Humorprinzip, das "Anger Management" verhandelt, ist das der Schadenfreude. Der knuffige Buznik ist, typische Sandler-Charakterisierung, ein Kerl zum Liebhaben, der selbst gestrengsten Schwiegermüttern zureichen würde. Ausgerechnet dieser - natürlich doch leicht neurotische - Sublimierer muss sich von Nicholson quälen lassen, um schließlich in einem "The Game" - analogen Showdown zu lernen, dass bei seiner ganzen zuvorigen Therapie entgegen seinem Empfinden nur höchst wenig dem Zufall überlassen war. Mit so gewohnt basaler wie zahlreicher Gaststar-Unterstützung (John Turturro und Luis Guzmán wären hier an erster Stelle zu nennen; die Kerle sind ja sooo geil) ergibt das einen echten Sandman-Höhepunkt, der mit seiner angemessenen Gag-Moderation wohl besonders Einsteigern zu empfehlen wäre.
8/10
#1745
Geschrieben 12. Mai 2009, 15:19
The Longest Yard (Spiel ohne Regeln) ~ USA 2005
Directed By: Peter Segal
Der versoffene Ex-Football-Star Paul Crewe (Adam Sandler) landet nach einer volltrunkenen Bombast-Verfolgungsjagd mit Polizei-Großeinsatz in einem texanischen Knast. Der dortige Direktor (James Cromwell) möchte Paul überreden, seine Wärter-Mannschaft zu trainieren, dieser jedoch bietet an, eine von ihm aufgestelltes Insassen-Team nach einem bestimmten Fristablauf gegen die Wärter antreten zu lassen. Pauls Spieler wachsen zusammen und versuchen das Unmögliche.
Wo die Wilden Kerle wohnen: Der letzte von drei Filmen, die Sandler in jeweiligem Jahresabstand von Peter Segal inszenieren ließ, ist bekanntermaßen ein Remake des Aldrich/Reynolds - Klassikers, den ich zu meiner Schande bis heute nicht gesehen habe (was jedoch baldigst nachgeholt wird). Da mir ein Vergleich also fehlt, konnte ich "The Longest Yard" zumindest diesbezüglich ohne große Vorbelastung sehen. Einen ordentlichen, von Dean Semler rasant bis brillant gefilmten (selbst splits gibt es hier und da) Spaß mit manch dick aufgetragenem Gesülze rund ums Pathospedal, das wiederum unvermeidbar schien, liefert Sandler. Selbstredend macht seine allumfassende (Film-)Persönlichkeit (von der, so muss man sein Gesamtwerk betrachten, jede einzelne Rolle eine bestimmte Facette widerspiegelt) auch hier wieder lebensnotwendige Erfahrungen, die sich primär um Stolz und Unbestechlichkeit drehen. Es bleibt jedoch noch ungewohnt viel Platz für die etlichen Nebencharaktere, zumeist physiognomisch aus dem Rahmen fallende Gestalten, die in erster Linie von Wrestlern und anderen Bullemännern repräsentiert werden. Ein kleines Wiedersehen mit Brian "The Boz" Bosworth, der sich in der ganzen "Stone Cold" - losen Zeit keinen Deut verändert zu haben scheint, ist inbegriffen.
7/10
#1746
Geschrieben 13. Mai 2009, 17:38
Bedtime Stories ~ USA 2008
Directed By: Adam Shankman
Eigentlich sollte Skeeter Bronson (Adam Sandler) ja das Hotel leiten, das sein seliger, verschuldeter Vater (Jonathan Pryce) vor vielen Jahren an seinen Financier Nottingham (Richard Griffiths) abgetreten hat. Es reichte dann aber doch bloß für freie Logis und den "Mädchen für alles" - Job. Als Skeeters übervorsichtige Schwester (Courtney Cox) eine Woche außer Haus ist, bekommt Skeeter den Auftrag, für eine Woche die Bybysitter-Nachtschicht für seine Nichte (Laura Ann Kesling) und seinen Neffen (Jonathan Morgan Heit) zu übernehmen. Pikanterweise verwandeln sich die Zusätze der Kinder zu Skeeters Gutenachtgeschichten am nächsten Tag jeweils in bare Realität und so versucht der findige Onkel, seine Geschicke mithilfe dieser Wendung zu beeinflussen...
Ein Blick auf die bisherige Filomgraphie des Regisseurs gab Anlass zu Zweifeln und damit nicht genug. Des Sandmans jüngster Streich wurde von Disney verliehen, was die diesmal doch sehr familienaffine, süßliche Note erklärt, wenngleich nicht entschuldigt. Der Kern des üblichen Sandler-Geschehens ist deshalb aber glücklicherweise weder passé noch gänzlich unsichtbar: Ihrem überaus sympathischen Junggesellen-Hedonismus gibt die Hauptfigur auch in diesem Falle statt, Sandlers Kinderliebe ist nichts Neues und Zusätze wie einen glubschäugigen CGI-Hamster, der aussieht wie neben einem Kernkraftwerk geworfen, kann man unter der Kategorie "überflüssige, aber erlaubte Zugeständnisse" verbuchen. Weniger verzeihlich sind in diesem Zusammenhang offensichtliche Verzichtsklauseln, die in etwa bereits die bloße Erwähnung verbotener/verbrämter Substanzen oder den Gebrauch unerlässlicher Vierbuchstabenwörter enthalten haben dürften. Solange Sandler sich nicht endgültig in der Kinderfilmindustrie niederlässt, seien solche Ausflüge, die immerhin identitätswahrend gestaltet sind, mit zugekniffenem Auge gestattet. Und inmitten der doch eher sextanergerechten Späße gibt's natürlich auch den einen oder anderen geborenen Klassiker, darunter einen dahergelallten Vortrag mit Bienenstich in der Zunge sowie schmackhafte Performances von Guy Pearce, der hier endlich mal so richtig widerlich schmierig sein darf oder Richard Griffiths, den "Naked Gun" - Aficionados noch als Dr. Meinheimer bzw. dessen Pendant Earl Hacker in bester Erinnerung haben werden dürften. Ganz bestimmt keine Großtat, aber nett und sympathisch.
6/10
#1747
Geschrieben 14. Mai 2009, 14:30
Bulletproof ~ USA 1996
Directed By: Ernest Dickerson
Als der Gauner Archie Moses (Adam Sandler) erfährt, dass sein bester Kumpel Keats (Damon Wayans) ein Undercover-Cop ist, der Archie als Verbindungsglied zum Unterweltboss Colton (James Caan) zu benutzen plant, reagiert er verständlicherweise ungehalten. Die anschließende gemeinsame Flucht der beiden vor Coltons Häschern, die selbst in höchsten Beamtenkreisen vertreten sind, schweißt sie dann aber doch wieder zusammen.
Schnüff. Mangels Nachschub neigt sich meine rückblickend zunehmend intensiv genossene, allabendliche Dosis Sandman dem Ende entgegen. Dieser recht frühe Vertreter der entsprechenden Schiene ist noch ein ziemlich hart gerierter Actionfilm, in dem das Leichenzählen eine wesentlichere Rolle spielt als Sandlers loses Mundwerk und das klassische Buddy-Motive aufgreift, um unoriginelle Genreware präsentieren zu können. Schon die auffällige Kürze des Films (nach etwa 75 Minuten setzt der Abspann ein) verrät einiges über seine Reduziertheit. Sandlers Ikonographie war noch lange nicht so ausgeprägt wie heute, darum durfte er damals auch noch den villains Sprüche klopfend ins Auge schießen. Immerhin ist seine sonstige Charakterisierung bereits deutlich den späteren Typen angemessen: Ungemein hundelieb ist er, schlagfertig und trotz seiner Gaunereien ein liebenswerter Zeitgenosse. Dagegen schneidet Wayans ziemlich bescheiden ab, ganz zu schweigen von Ernest Dickerson, dessen Regisseursqualitäten denen, die seine Kamerazeit bei Spike Lee auszeichnen, keineswegs das Wasser zu reichen vermögen.
6/10
#1748
Geschrieben 14. Mai 2009, 14:49
Punch-Drunk Love ~ USA 2002
Directed By: Paul Thomas Anderson
Barry Egan (Adam Sandler), einsamer, neurotischer Jungunternehmer und -geselle im Kreise sieben nervtötender Schwestern und ihrer Familien, ist einem Marketingfehler der Lebensmittelfirma 'Healthy Choice' auf der Spur, fällt auf einen kriminellen Telefonsexanbieter (Phillip Seymour Hoffman) herein und verliebt sich in eine charmante Frau (Emily Watson), wie er sich noch nie zuvor verliebt hat.
Das Beste zum Schluss: Paul Thomas Andersons Farce ist nicht nur ein Monument für Sandler, das den Komiker sich erst als Gesamtkunstwerk definieren lässt und darüberhinaus jeden potenziellen Zweifler verstummen macht, sondern darüberhinaus ein einziger großer, magischer Moment, von vorn bis hinten. Die Liebe und was sie bereithält, die Liebe als mächtige Kraft, die Liebe, die Liebe, die Liebe. Und: Nervosität, Schwulitäten, ein Harmonium, Pudding (ausschließlich Schoko), Gewalt und Psychoterror, ineinander laufende Farben, wummernde Musik, Abgeschirmtheit von der Außenwelt, Palmen, glückbringende Scherben, eine Prise Misogynie hier, ein bisschen was zum Lachen dort. Los Angeles, Hawaii, Utah und zurück. Filme wie dieser sind es, die die Welt besser machen könnten, wenn man sie nur ließe. Und Barry Egan grüßt von seinem Thron als kleiner Eroberer all seine jüdischen Zwillingsbrüder im Geiste, in der Seele und im Körper, von Billy Madison über Happy Gilmore, Archie Moses, Robbie Hart, Bobby Boucher, Sonny Koufax, Satanssohn Nicky, Longfellow Deeds, Dave Buznik, Henry Roth, John Clasky, Paul Crewe, Michael Newman, Charlie Fineman, Chuck Levine, bis hin zu Zohan Dvir und Skeeter Bronson. George Simmons steht schon in den Startlöchern. Bis in Kürze, Sandman.
10/10
#1749
Geschrieben 15. Mai 2009, 13:20
The Legend Of Hell House (Tanz der Totenköpfe) ~ UK 1973
Directed By: John Hough
Um dem Geheimnis um das Leben nach dem Tode auf die Spur zu kommen, beordert der Millionär Deutsch (Roland Culver) den Wissenschaftler Barrett (Clive Revill), der zur Unterstützung seine Frau (Gayle Hunnicutt) und die zwei Medien Fischer (Roddy McDowall) und Tanner (Pamela Franklin) mitnimmt, in das Haus des zu Lebzeiten gefürchteten Emeric Belasco (Michael Gough). Jener soll noch immer in dem Gemäuer spuken, was 20 Jahre zuvor bereits eine andere Untersuchungs-Kommission, an der Fischer bereits teilgenommen hatte, am eigenen Leibe erfahren musste. Der gestrenge Rationalist Barrett sieht sich bald gezwungen, bestimmte Urteile zu revidieren.
In der Tradition von "The Haunting" stehender Spukhausfilm, der für das übermächtig große Vorbild allerdings keine Gefahr darstellt. "Hell House" (de facto nicht zu verwechseln mit Hill House) gliedert sich formal mehr in die Reihe der Amicus-Produktionen aus dieser Zeit ein, wobei es sich hierbei natürlich nicht um einen Episodenfilm handelt. Ein wenig stört die Schwerfälligkeit des Ganzen, wozu einerseits die spärlich eingeflochtenen Erotizismen zählen und andererseits das sich beim Zuschauer partout nicht als solches einstellen wollende Bangen um die tatsächliche Ursache der Vorkommnisse, respektive die Frage danach, ob vielleicht Belascos notgeiler Filius im Hause herumgeistert. Was ich Positives aus "Hell House" gelernt habe, wäre dann noch zweierlei: Zum Einen nämlich, dass Filme um besessene Häuser eigentlich immer einen Besuch lohnen (wenn es sich nicht gerade um versaubeutelte Remakes wie "The Haunting" anno 99 handelt) und zum anderen, dass Michael Gough selbst noch als Konserve eine gute Figur macht. Trotzdem, erste Wahl ist "Hell House" nicht.
5/10
#1750
Geschrieben 16. Mai 2009, 07:20
Futureworld ~ USA 1976
Directed By: Richard T. Heffron
Trotz der skandalösen Ereignisse im Freizeitpark Delos, die über 50 Todesopfer gefordert haben, öffnet das Fernerholungszentrum erneut seine Pforten. Die Westernwelt steht nun keinem Besuch mehr zur Verfügung, dafür kann man in der neu hinzugekommenen Zukunftswelt ins All reisen oder auf dem Mars Ski fahren. Die beiden Journalisten Chuck (Peter Fonda) und Tracy (Blythe Danner) sollen für positive Publicity sorgen, müssen dann jedoch feststellen, dass Delos hinter den Kulissen keineswegs alles so astrein ist, wie sie der Manager Duffy (Arthur Hill) und der Konstrukteur Dr. Schneider (John Ryan) glauben machen möchte.
Ordentliche Fortsetzung von Michael Crichtons "Westworld", die, um jede Verwechslung auszuschließen, die Westernanteile des Vorgängers bis auf eine Traumsequenz, in der der von Yul Brynner gespielte Roboter als Blythe Danners stummer "Idealliebhaber" aufkreuzt, eliminierte. Ob dafür eine Nennung an vierter Besetzungsstelle gerechtfertigt ist, wäre im Übrigen zu diskutieren. Stattdessen setzte man mehr auf Science Fiction und kreierte ein paar ordentliche Sequenzen und Bilder für die titelgebende Zukunftswelt. Zudem zehrt "Futureworld" weit weniger von seinen ernsten, bei Crichton noch akuten, kritischen Technologie-Diskursen, sondern verwebt stattdessen ganz genregerecht Mad-Scientist- und Body-Snatchers-Motive zu einem bisweilen sogar ganz witzigen Rundum-Sorglos-Paket. Damit zusammenhängen dürfte mutmaßlich die Produktionsübernahme durch AIP, wo man seinerzeit ohnehin gern auf Schwerelosigkeit zu setzen pflegte.
7/10
#1751
Geschrieben 16. Mai 2009, 07:47
Diary Of The Dead ~ USA 2007
Directed By: George A. Romero
Es sollte ursprünglich sein Abschlussfilm für die Uni von Pittsburgh werden, da stellt Jason Creed (Josh Close) fest, dass er etwas wesentlich Bedeutsameres für die Nachwelt festhalten kann - nämlich den Ausbruch der globalen Zombifizierung. Zusammen mit seinem Professor (Scott Wentworth), Freunden und Kommilitonen, die zu ihren Familien wollen, reist Jason durchs Land, die Kamera stets im Anschlag, und wird dabei Zeuge des rapide fortschreitenden systemischen Zusammenbruchs.
Man mag sicher mehrere Gründe beziffern, warum seine "Dead"-Serie Romero nicht loslässt. Zum einen ist dies für ihn wohl die nach wie vor wirkungsvollste Methode, seine demografischen Meditationen der Welt zugänglich zu machen, zum anderen wird er damit hübsche Dreingaben für sein Altersgnadenbrot erwirtschaften. Nun, solange dabei erfreuliche Qualitätsware wie "Diary" herauskommt, soll mir das recht sein. Zurück zu den Wurzeln geht es im fünften Teil der inhaltlich unzusammenhängenden Reihe. Die Toten sind soeben dabei, wieder aufzuerstehen, Panik bricht allerorten aus und erwischt die hilflose Menschheit brutal, kalt, gnadenlos. Erstmals erfährt man hier dank des Web 2.0 was jenseits von Nordamerika geschieht; ein Mädchen aus Tokio schickt ein Video-SOS an die Welt. Was man bereits seit "Night" weiß, wird einem hier erneut per Breitseite aufs Tapet gekleistert: Der Mensch an und für sich ist ein egoistisches Opportunistenarschloch, ist sich selbst der Nächste und reagiert im Angesicht des Armageddon entsprechend: Plündernd und totschlagend. Die von Romero ganz gezielt eingesetzte Formalie der subjektiven, zum Filmgeschehen gehörenden Kamera ist ja nun schon längst keine Innovation mehr und gliedert sich mit zunehmender Selbstverständlichkeit in die allgemein probate Filmnarration ein. Solang die bösen Übersättigungs- und Prätentionsfallen nicht zuschnappen, ist das okay mit mir.
8/10
#1752
Geschrieben 17. Mai 2009, 07:17
Alien ~ UK/USA 1979
Directed By: Ridley Scott
Der intergalaktische Raumfrachter Nostromo befindet sich vollbeladen auf dem Rückweg zur Erde. Unplanmäßig erwacht die siebenköpfige Besatzung aus dem Kälteschlaf, als ein in regelmäßigen Abständen abgesetztes, codiertes Funksignal das Schiff erreicht. Gemäß der Vorschriften landet man auf dem unwirtlichen Planeten und wird dem Ursprung des Signals gewahr: Ein gigantischer extraterrestrischer Raumer mit bereits skelettiertem Piloten ist dort gestrandet. Doch an Bord befindet sich noch etwas anderes: Eine Vielzahl seltsamer Eier, von denen sich eines öffnet und aus dem ein spinnenartiges Wesen das Besatzungsmitglied Kane (John Hurt) anfällt. Zurück auf der Nostromo schlüpft, nach einer Komaphase und scheinbarer Genesung, direkt aus Kanes Brustkorb die Brut des Parasiten, ein kleines zahnbewährtes Alien, das in den Windungen des Schiffes verschwindet. Schon nach kurzer Zeit ist der fremde Organismus zu beträchtlicher Größe herangewachsen und dezimiert die Mitglieder der Nostromo, bis der letzten Überlebenden Ripley nur noch die Flucht per Rettungsschiff bleibt.
Ultimative Science-Fiction für Freudianer und solche, die es werden wollen. Vollgepfropft mit phallischen und vaginalen Symbolen und aufgeladen mit ödipalen Subtexten, schwankt die permanente sexuelle Konnotierung des Films zwischen hintergründig und offensichtlich. Als ich davon vor Jahren erstmalig bei Stresau las, empfand ich diese Einschätzung als geflissentlich geltungssüchtigen Deutungswahn, tatsächlich jedoch springt einem die libidinöse Metaphorik von "Alien" selbst unter Verzicht auf die gezielte Suche danach so überdeutlich ins Auge, dass weiteres stures Leugnen schier unmöglich scheint.
Abgesehen davon sind die formalen Stärken des Films über alle Maßen beträchtlich. Der wegen seiner gleichermaßen exponierten und entrückten Gestaltung sehr spezifische, zeitlos erscheinende Look von "Alien" beeinflusste die Genre-Genealogie, insbesondere, wenn der Zukunftsmusik noch Horrorelemente beigemengt wurden, wie kein anderer davor oder danach. Die Geschichte von den parasitären Außerirdischen, die sich als kaum bezwingbare Killer erweisen hingegen konnte bereits Ende der Siebziger nicht mehr als Novum in Betracht gezogen werden.
Die bahnbrechendste Modifikation liegt darin, den Menschentypus der Gegenwart praktisch unverändert in ein futuristisches Szenario zu versetzen. Mit Ausnahme der Erschließung des Weltraums und Quantensprüngen in technologischer Hinsicht hat sich erfrischenderweise nichts getan; weder gibt es bedeutende gesellschaftspolitische Umwälzungen, noch reden die Leute ominös daher oder stellen illustre, bunte Uniformen zur Schau. Malocher bleiben auch in hundert oder mehr Jahren noch Malocher, tragen Bart und rauchen ihre Kippen, die großkapitalistische Profitgier des Menschengeschlechts verharrt derweil stoisch in ihrer arroganten Unbelehrbarkeit. Jenes eigentlich kammerspielartige Selbstverständnis dieses Films ist es, das ihn wohl nie altern lässt.
10/10
#1753
Geschrieben 17. Mai 2009, 08:05
Aliens ~ USA 1986
Directed By: James Cameron
Nach 57 Jahren Kälteschlaf erwacht Ripley (Sigourney Weaver) auf einer Raumstation des Konzerns, für den sie bereits bei ihrem Einsatz auf der Nostromo gearbeitet hat. Vergessen oder verschleiert scheint der damalige Zweck der Reise, man erklärt Ripley für psychisch instabil. Auf dem damals angesteuerten Planeten der Aliens, mittlerweile katalogisiert als LV-426, wurden unterdessen Wirtschaftskolonisten angesiedelt, die fast zeitgleich mit Ripleys Rettung unangenehme Bekanntschaft mit den dort beheimateten Kreaturen schließen. Ripley lässt sich, auch zu Konfrontationszwecken, von dem Wissenschaftler Burke (Paul Reiser) überreden, LV-426 mit einer Gruppe Marines anzufliegen und der Ursache des urplötzlich abgerissenen Funkkontakts nachzuspüren. Auf dem Planeten angekommen, springt ihnen die schreckliche Wahrheit förmlich ins Gesicht: Sämtliche Siedler bis auf ein kleines Mädchen (Carrie Henn) sind tot oder dienen den Aliens als Brutkästen. Nachdem die meisten Soldaten ebenfalls zu Opfern der Monstren geworden sind, übt Ripley sich im Umgang mit Schnellschusswaffen und übernimmt das Kommando.
Lt. Ripley tritt in der Fortsetzung noch wesentlich deutlicher ins Personenzentrum und erfährt zudem diverse Charakterisierungs(un-)tiefen: Wir lernen, zumindest via die mit einiger Verspätung erschienene, erweiterte Fassung, dass sie zu Zeiten ihrer präkryogenischen Existenz eine Tochter hatte, die sie infolge ihres langen Hyperschlafs überlebt hat, dass ihre Mutterhormone (und -instinkte) jedoch noch immer omnipräsent sind, dass sie nach ihrer damaligen unerfreulichen Begegnung mit einem solchen paranoid auf Androiden reagiert und dass sie ein ziemlich resolutes Auftreten an den Tag legen kann, wenn es um die Verteidigung persönlicher Belange geht. Camerons Ansatz, sich dem ursprünglichen "Alien"-Konstrukt zu nähern, ist dabei ein offenkundig differenter. Laut und weit weniger subtil geht es bei ihm in medias res, das sublime Grauen, wie es noch bei Scott Trumpf war, gibt der blanken Aktion viel von seinem notwendigen Raum preis. Die Aliens in "Aliens" treten - ihre Pluralisierung im Titel weist bereits unmissverständlich darauf hin - nicht mehr als singuläre Bedrohung auf, sondern präsentieren sich als straff organisierter "Bienenstock", der der überlegenen Feuerkraft der mit ehernem Berufsethos ausgestatteten Marines allerdings kaum mehr als die gewaltige Quantität seiner Drohnen und seinen Heimvorteil entgegenzusetzen hat. Dennoch greift das Sequel auch manche Schemata des Erstlings auf. Die personelle Konstellation ist ähnlich wie bei Scott (sieht man von der kleinen Newt, die hier, zumindest unter Ausblendung von Ripleys Muttergefühlen, quasi die Funktion des Katers Jones übernimmt). Es gibt einen fast gleichwertigen, maskulinen Heroen, der am Ende freilich unterliegen muss, um der Allmacht der Heldin auch symbolisch stattzugeben, ein Besatzungsmitglied, das wesentlich mehr weiß als die anderen, Verrat übt und seine Belange bis aufs "Blut" verteidigt sowie großmäuliges Füllmaterial, das letztlich nichts anderes als potenzielle Humanverluste auf dem Weg zum Showdown (erneut: Frau versus Alien, wobei es diemal eigentlich Mutter versus Mutter heißen müsste) repräsentiert. Die Erzählzeit ist für einen offenkundig kommerziell ausgerichteten und gewebten Genrefilm derweil ungewöhnlich, dafür aber, und darin liegt eine nicht zu unterschätzende Qualität des Films, so prall ausgefüllt, dass sie wie im Fluge vergeht.
Dennoch, ich halte "Aliens" bei aller Launigkeit, eingegrenzter, formaler Perfektion und ästhetischer Archetypologie für eine simplifizierte Räuberpistolen-Variante seines monolithischen Vorgängers und muss zu meinem, wie immer in solchen Fällen, persönlichen Leidwesen feststellen, dass er über die Jahre manches von seiner früheren Zugkraft eingebüßt hat.
9/10
#1754
Geschrieben 17. Mai 2009, 18:49
Alien³ ~ USA 1992
Directed By: David Fincher
Die Sualco, jene Raumfähre, mit der Ripley (Sigourney Weaver) und die anderen Überlebenden von LV-426 entkommen konnten, ist, ohne dass einer der Mitreisenden es bemerkt, von der Alien-Brut verseucht. Wegen eines Kabelbrands geht das Schiff über dem Planeten Fiorina 161 nieder, auf dem eine Handvoll Sträflinge, die sich in einer Sekte organisiert haben, eine Bleigießerei betreibt. Ripley übersteht als einzige den Absturz und bringt das vordergründig asketische Eremitendasein allein durch ihre feminine Präsenz gehörig durcheinander. Ein Alien, das durch eines der Spinnenwesen (auch 'Facehugger' genannt) eingepflanzt werden kann, entkommt und schlägt über die labyrinthartigen Schächte der Sträflingskolonie zu. Als Ripley feststellt, dass sie selbst den Embryo einer Alien-Königin in sich trägt, ist sie fest entschlossen, nicht nur der Existenz der todbringenden Kreatur, sondern auch ihrer eigenen ein Ende zu setzen.
"Alien³" machte besonders wegen der Querelen zwischen Studio und Regisseur von sich reden, die dazu führten, dass Fincher den Film nicht mehr als den seinen akzeptierte. Eine späte Quasi-Entschuldigung, die jedoch ganz bewusst ohne Beteiligung, Segen oder gar Reaktion seitens des Regisseurs blieb, erfolgte rund zehn Jahre später in Form des auf DVD veröffentlichten, spektakulär als solchen betitelten "Assembly-Cut", den ich heute geschaut habe. Diese im Vergleich zum Kinorelease tatsächlich wesentlich ausführlichere, stimmigere und geschlossenere Schnittfassung enthält zahlreiche, sowohl den Handlungsablauf als auch die Protagonistenzeichnungen betreffende Unterschiede. Teilweise wurden erheblich wichtige Details reintegriert oder komplett verändert. Die grundsätzlichen Differenzen, die "Alien³" seit jeher von seinen Vorgängern abhebten jedoch bleiben deutlich ersichtlich. Der martialische Bombast, den Camerons Film transportierte, wird hier wieder fallengelassen zugunsten einer klaustrophobischen und finsteren Atmosphäre, die sich an Scotts Original orientiert, ohne jenes bloß unreflektiert zu kopieren. Theologische Diskurse durchziehen den Film, die allerdings wenig ausgereift sind und sich am ehesten in der Frage nach dem verbliebenen Humanwert der Sträflinge manifestieren. Ripley wird wieder von ihrem überhöhten Podest der Einzelkämpfer-Heroine heruntergeholt und mit bislang unbekannten, menschlichen Zügen ausgestattet, die Sehnsüchte, Ängste und Schwächen beinhalten. Ihre bereits durch die ersten beiden Filme ausgepolsterte Mutterrolle wird allerdings in folgerichtiger Weise weiter vertieft. Die Hermetik des für einen Science-Fictioner bewusst karg gestalteten Films spielt dabei eine zentrale Rolle: Sowohl die Menschen als auch die Räume bilden jeweils klar voneinander abgegrenzte, hermetische Systeme. Zumindest in dieser Fassung - die alte habe ich nicht präsent genug, um darüber noch klare Urteile fällen zu können - ein Film, der sehr viel besser ist als sein marodes Renommee.
8/10
#1755
Geschrieben 18. Mai 2009, 17:52
Alien: Resurrection (Alien - Die Wiedergeburt) ~ USA 1997
Directed By: Jean-Pierre Jeunet
200 Jahre nach ihrem Freitod wird Ripley (Sigourney Weaver) von Militärs, die der Gedanke an die Nutzbarkeit der so genannten "Xenomorphe" als B-Waffen nicht losgelassen hat, geklont - aus jener Lebensphase freilich, als sie bereits das Alien-Königinnen-Embryo in sich trug. Nach mehreren Fehlversuchen gelingt es schließlich, Ripley an Bord der Auriga, eines riesigen Militärkreuzers, fast identisch zu reproduzieren, allerdings haben sich die Alien-DNA und ihre eigene kaum merkbar verbunden. Die kleine Königin wird dennoch extrahiert und aufgezogen, zur Fortpflanzung dienen menschliche Versuchsobjekte, die illegalerweise von einer Gruppe Piraten an Bord der Auriga geschmuggelt werden. Natürlich kommt es wie erwartet, die Aliens brechen aus und nehmen, was sie kriegen können. Die Königin erklimmt derweil eine neue Evolutionsstufe...
Eines kann man keinem Teil des mit "Resurrection" bislang stillgelegten "Alien"-Franchise vorwerfen, und das ist der Mangel an Mut zum Ungewöhnlichen. Mit dem Franzosen Jeunet, Freund des Bizarren hinter der Phantastik, tat man sich bei Fox den Gefallen, einen wiederum visionären Regisseur zu engagieren und jenem diesmal sogar mit dem Kinoeinsatz seine präferierte Schnittfassung zuzugestehen, zumal selbige eine "hinnehmbare" Laufzeit aufweist. Ein so wenig publicityförderndes Debakel wie das mit Fincher (bekanntermaßen letztendlich nicht zugunsten des Studios entschieden) wollte man anno 97 offenbar vermeiden. Jeunets exaltierter europäischer und sehr visueller Humor ist das größte Plus des Films, der nicht mit schleimigen Ekeleffekten geizt und dessen einzige paar Peinlichkeiten in Joss Whedons Dialogscript, das Ripley zur ultracoolen Killerbiene (re-)stilisieren soll, zu finden sind. Großartige Gestaltungsideen wie die Unterwasserjagd (eine der besten Sequenzen der gesamten Serie) und der lebend geborene Alien-Mensch-Hybrid, ebenso wie die besonders zu Anfang prägnant ausgespielte Militarismus-Satire (hervorragend repräsentiert durch Dan Hedaya) greifen nochmals die gesetzten Qualitäten des "Alien"-Universums auf und übertünchen etwas den Beigeschmack der inhaltlichen Redundanz, den der Film dann doch nie ganz verleugnen kann. Weiterhin findet sich in "Resurrection" ein hervorragender supporting cast mit gut aufgelegten Leuten wie Michael Wincott, Brad Dourif, Ron Perlman und Jeunet-Spezi Dominique Pinon. Resümierend ein noch immer glänzender Abschluss.
8/10
#1756
Geschrieben 21. Mai 2009, 14:21
Ministry Of Fear (Ministerium der Angst) ~ USA 1944
Directed By: Fritz Lang
England im Zweiten Weltkrieg. Während die Nazis kontinuierlich strategische Ziele aus der Luft bombardieren, wird Stephen Neale (Ray Milland) aus einer Heilanstalt für Kriminelle entlassen, in der er wegen passiver Sterbehilfe für seine Frau sitzen musste. Neale erlebt, kaum wieder in Freiheit, in ein bizarres Szenario: Auf einem für wohltätige Zwecke von einer karitativen Organisation namens "Mothers of the Free Nations" organisierten Jahrmarkt wird ihm eine Torte zugeschanzt. Dass diese offenbar einen wesentlich größeren Wert als den bloßen Naschwerks besitzt, bemerkt Neale, als ihn ein vermeintlich Blinder im Zug niederschlägt, mit der Torte verschwindet und kurz darauf selbst zum Opfer einer Fliegerbombe wird. Neale lässt in London den Fall von einem Privatdetektiv (Erskine Sandford) untersuchen und gerät mit dessen Hilfe an das undurchsichtige, für die "Mothers of the Free Nations" tätige Geschwisterpaar Hilfe (Marjorie Reynolds, Carl Esmond) sowie eine obskure Séancen abhaltende Wahrsagerin (Hillary Brooke). Damit nicht genug, wird Neale bald des Mordes verdächtigt und muss fliehen.
Der interessante Ansatz, eine in der Nazifizierung begriffene Welt als Traufe darzustellen, in die ein aus dem Regen psychischer Instabilität tretender Probant gerät, ist dem Autor der Vorlage, Graham Greene, zuzuschreiben. Noir- und Kriminalfilmspezialist Lang nutzte dessen Roman für den letzten seiner drei sich gegen Hitler-Deutschland richtenden Propagandafilme. In beklemmenden, nicht ganz einfach zugänglichen Bildern zeigt Lang ein aus den Fugen geratenes England, in dem regelmäßiges Bombardement ebenso zum Alltagsgeschäft zählt, wie Spionage und Gegenspionage, Feindes-Kollaboration und Freiheitsliebe. Die omnipräsenten "Mothers of the Free Nations" entwickeln sich mehr und mehr zum politischen Schreckgespenst, bis sie sich schlussendlich als mit den Nazis verbandelte, im Untergrund operierende Geheimloge entpuppen, denen Stephen Neale als "wrong man" nur höchst unabsichtlich ins Handwerk pfuscht. Dennoch ist ihm - sozusagen als denkbar beste Form der Rehabilitierung - letztlich die Zerschlagung des Spionagerings, welchem sogar ein renommierter englischer Psychologe (Alan Napier) vorsteht, zu verdanken. Und Lang ein weiterer eloquenter Klassiker des Thrillerkinos.
8/10
#1757
Geschrieben 22. Mai 2009, 15:28
The Caine Mutiny (Die Caine war ihr Schicksal) ~ 1955
Directed By: Edward Dmytryk
Pearl Harbor, 1944: Nachdem Commander Queeg (Humphrey Bogart) das Kommando auf dem Minensuchschiff "Caine" übernommen hat, muss die alteingesessene, den Müßiggang gewohnte Besatzung zunächst manche Einbußen betreffs ihres Tagesgeschäfts hinnehmen. Besonders Lt. Keefer (Fred MacMurray) ist vom ersten Augenblick an überzeugt, dass mit Queeg etwas nicht in Ordnung ist - und tatsächlich: Der Mann entpuppt sich als hochneurotischer, von tiefen Ängsten, übersteigerter Geltungssucht und extremer Pedanterie gepeinigter Paranoiker. Als der Deckoffizier Maryk (Van Johnson) Queeg wegen drohender, verhängnisvoller Fehlentscheidungen während eines Taifuns kurzerhand absetzt und das Kommando übernimmt, werden er und der Fähnrich Keith (Robert Francis) der Meuterei angeklagt.
Spannendes Kriegs- und Seeabenteuer in Konnexion mit einem eindringlichen Courtroom-Drama zum Finale. Der Verzicht auf unzweideutige Parteinahme respektive die nahe liegende Denunzierung der von Bogart in einer seiner großen Glanzleistungen gespielten Figur des Captain Queeg verleihen "The Caine Mutiny" Momente, Dialoge, Theoreme von nicht nur höchster Integrität, sondern bis heute aktueller Diskutabilität. Die Frage nach blindem Gehorsam innerhalb militärischer Hierarchiestrukturen auch bei einem höchst berechtigten Verdacht bezüglich der abgleitenden emotionalen und geistigen Gesundheit eines Ranghöheren sowie damit verbunden die Unterbewertung und Desavouierung der eigenen Person und Entscheidungsfähigkeit ist wohl eine der existenziellsten für Waffendiener, nicht allein innerhalb von Extremsituationen. Hier wird sie in besonders ausgefeilter, kluger und in wegen ihrer reinen, klassischen Form höchst genießbarer Weise durchgespielt.
9/10
#1758
Geschrieben 22. Mai 2009, 15:41
La Sporca Insegna Del Corragio (Brothers In Blood) ~ I 1986
Directed By: Tonino Valerii
Vietnam-Vet Logan (Bo Svenson), von seinen Freunden "Steel" genannt, schleppt seit zwölf Jahren ein schlechtes Gewissen mit sich herum. Genau solange ist es nämlich her, dass er mitsamt seinem Platoon den Kriegskameraden und Kleeblattsgenossen Dennis Wetter (Carlo Mucari) im Dschungel zurück- und dem Vietcong überlassen mussten. Da erreicht Steel die "erlösende" Nachricht: Dennis und ein paar andere Veteranen sind während des Heimflugs gekidnappt worden und darben nun im mittelamerikanischen Bananenstaat San Philippe als Geiseln einer antiimperialistischen Terrorgruppe. Logan wittert die Chance der späten Wiedergutmachung, trommelt seine drei alten Kumpels (Peter Hooten, Nat Kelly Cole und Werner Pochath) zusammen und macht sich zu Dennis’ Befreiung auf – ganz zum Unwillen seines ehemaligen Majors (Martin Balsam), der Animositäten mit der Regierung San Philippes fürchtet…
Tonino Valerii hat einst für Sergio Leone mi dem ersten "Nobody"-Film einen der schönsten und wichtigsten Vertreter des späteren Italo-Westerns inszeniert. "La Sporca Insegna" kann nicht mit derlei Ambitionen aufwarten, wie sie Valeriis damalige Arbeit auszeichnen, im Rahmen des 1980er-Actionfilms aus italienischer Fertigung schneidet er dann aber doch ordentlich ab. Neben den diversen Schauwerten gibt es manchen ernsthaften moralischen bzw. inneren Konflikt zu lösen und manch unerwartete Wendung zu bestreiten. Leider zerfällt "La Sporca Insegna" in den letzten zehn Minuten in seine Bestandteile, gerade so, als hätte man die narrative Notbremse ziehen müssen. Es gibt hernach einen im Vergleich zum bisherigen Film recht unbefriedigenden Abschluss, der uns unter anderem mittels hanebüchenem Off-Gefasel erläutern will, was mit den Helden im Nachhinein passiert. Dieser unbeholfene Stil passt sich keinesfalls der vorausgehenden, recht gediegenen Regie Valeriis an. Man weiß eben nicht genau, was nach den Abblenden los war – ebenso wie Martin Balsam davor, dem, rückschließend auf seinen permanent leeren Blick, die Hitze vor Ort geschadet haben mag. Oder ob's doch eine Margarita übern Durst war – hmm. Hervorzuheben jedenfalls Riz Ortolanis schöner Score und der wie stets tolle Werner Pochath (leider mit Fremdstimme übersynchronisiert, immerhin mit der von Manfred Seipold) als Drag Queen wider Willen.
Wäre ich gegen Ende der Siebziger ein halbwegs liquider Filmproduzent gewesen, ich hätte mir ja für mein eigenes höchstpersönliches Söldnerspektakel die glorreiche Siebener-All-Star-Besetzung Kinski, Udo Kier, Helmut Berger, Anton Diffring, Mathieu Carrière, Horst Frank und Pochath zusammengeholt und sie onscreen gegen Joe Dallesandro als grausamen Bananen-Diktator mit Folterkeller antreten lassen – was für ein divaeskes Meisterwerk das geworden wäre!
6/10
#1759
Geschrieben 23. Mai 2009, 09:19
Black Zoo ~ USA 1963
Directed By: Robert Gordon
Der Privatzoo-Besitzer Michael Conrad (Michael Gough) pflegt eine sehr eigenwillige Methode, um sich unliebsamer Zeitgenossen zu entledigen: Er packt kurzerhand Löwe, Tiger oder Gorilla in den Lieferwagen und lässt diese dann seine zumeist sinistren Befehle ausführen. Ferner präsentiert sich Conrad als Psychopath, Soziopath, Frauenschläger und einer schwachsinnigen Form der Esoterik verhaftet - als in der Gesamtheit also vollkommenes Ekelpaket.
Der letzte Teil einer kleinen, von Aben Kandel und Herman Cohen produzierten bzw. (co-)geschriebenen Trilogie, in deren Filmen Michael Gough jeweils einen genüsslich außer Rand und Band geratenden Irren und Mörder spielt, der sich für seine Missetaten stets selbst zu schade ist und daher ein Mittelsobjekt oder ein unter seiner dominanten Fuchtel stehendes Faktotum benutzt. In "Black Zoo", ausnahmsweise in einem von Hollwoods unverhohlen artifiziell aussehenden Ateliers entstanden, befiehlt Conrad, eine Art Dr. Moreau ohne wissenschaftliche Ambitionen, neben seinen heißgeliebten Tieren, dem Löwen 'King' und dem Tiger 'Baron' etwa, einen stummen Adlatus, Carl (Rod Lauren) (mit dem es, wie wir später noch erfahren, eine ganz besondere Bewandnis hat). Bemerkenswert auch, welche Mühe sich das Script gibt, kein gutes Haar an Conrad zu lassen und mit welchem Genuss Gough diese Charaktereigenschaften interpretiert (ähnlich war es ja bereits in den Fällen Edmond Bancroft und Dr. Decker). Der Typ biedert sich bei knackigen Studentinnen an, verpasst seiner eigenen, aus purer Verzweiflung bereits dem Alkoholismus verfallenen Frau (Jeanne Cooper) eine Backpfeife nach der anderen und nimmt darüber hinaus an einer obskuren Veranstaltung teil, die eine Seelenwanderung seines (von Elisha Cook als bemitleidenswertem Wärter) ermordeten Lieblingstigers zum Zwecke hat. Nicht zu vergessen die für madmen obligatorische Orgel im heimischen Wohnzimmer, die in Erregungszuständen angeschlagen wird. Was Conrad jedoch bereits in der Vergangenheit auf sein Kerbholz geladen hat, das spottet noch jeder Beschreibung.
Zuerst fand ich, der Showdown sei etwas unspektakulär ausgefallen, nach etwas tieferem Sinnieren muss ich jedoch festhalten: Auch der passt zu diesem tollen, leider sehr stiefmütterlich behandelten Kleinod.
8/10
#1760
Geschrieben 23. Mai 2009, 11:39
Zabriskie Point ~ USA 1970
Directed By: Michelangelo Antonioni
Andere klauen Autos, Mark (Mark Frechette) lässt gleich ein Privatflugzeug mitgehen - beziehungsweise leiht er es sich aus. Mark soll während eines Studentenstreiks einen Polizisten erschossen haben und ist nun auf der Flucht. In der Wüste begegnet er der Studentin und Privatsekretärin Daria (Daria Halprin), die gerade auf dem Weg in das Landhaus ihres Chefs (Rod Taylor), eines Immobilienhais, ist, der dort ein Treffen zwecks Landverplanung abhält. Eine kurze, heftige Affäre, das geliehene Flugzeug wird künstlerisch verschönert - dann entschließt sich Mark zur Rückkehr nach L.A., wo der sichere Tod durch das Establishment auf ihn wartet. Als Daria davon in den Radio-Nachrichten hört, entschließt sie sich zu einer ganz persönlichen, radikalen Reaktion.
"Wir gegen Amerika." Antonionis grandioser Aufruf zum Aktionismus gehört zu den politisch ambitioniertesten, wichtigsten Werken seiner Zeit. Die Zeit des aufklärerischen Schwafelns sei vorbei, mahnt es und dass der bis zum Überdruss durchgespielten Theorie endlich Taten folgen müssten. In einer Welt, in der man jedem Ordnungshüter erzählen kann, man heiße Karl (oder Carl) Marx, nützen weitere Diskussionen über den gesellschaftlichen Fortbestand nichts mehr. Make Action, not Talking. Dennoch schwingt da auch der große Fatalismus des Autoren mit. Nicht nur, dass Mark letztlich kaum mehr ist als ein zwar eigenwillig vorgehender, dabei jedoch naiver Hippie, die Gewalten teilen seinen Freiheitsbegriff nicht, rümpfen au contraire die Nase darüber und entsorgen Individualisten wie ihn. Andernorts zeigt sich, dass die gegenwärtige Planung der Menschheitsgeschicke nicht dort liegt, wo sie eigentlich liegen müsste, also in den Augen und Händen des unabhängig von Hautfarbe und Geschlecht agierenden Nachwuchses, sondern bei der ergrauenden Hochfinanz. Stadtflucht, Golfplätze und Fabriken will man, die Kommunikation findet via Werbeplakate statt. Am Ende dann der wilde Auflösungstanz der sich in ihre Bestandteile pulverisierenden Luxusgüter: Villen, Garderoben, Bücherregale, Fernseher. Man weiß nicht, ob Daria wirklich einen Gashahn aufgedreht hat oder sie die Explosion des Materialismus nur in Gedanken herbeisehnt, in jedem Falle ist sie, der einzige Trost des Films, bereit für ein new dawning.
10/10
#1761
Geschrieben 24. Mai 2009, 08:29
Fuga Dall'Archipelago Maledetto (Höllenkommando zur Ewigkeit) ~ I 1981
Directed By: Antonio Margheriti
Tiger Joe (David Warbeck) und seine Kumpels Lenny (Luciano Pigozzi) und Midnight (Tony King) schmuggeln per Flugzeug allerlei Krempel über die kambodschanische Grenze. Ihre Haupteinträge allerdings gehen auf das Konto des feisten Waffenhändlers Bronski (Giancarlo Badessi), der die Rebellen mit Gewehren versorgt. Als Tiger Joe über dem Dschungel abgeschossen wird, versucht er sich zusammen mit der Krankenschwester Kia (Annie Belle) zurück nach Thailand durchzuschlagen. Lenny, Midnight und Bronski eilen derweil zur Rettung, geraten mit ihrer Maschine aber selbst unter Feuer. Alle zusammen fliehen sie durch den Urwald, die Roten Khmer stets auf den Fersen.
In der Nachfolge zu "L'Ultimo Cacciatore" entstandener Dschungel-Actioner, der, zumal sehr unterhaltsam, durch pausenlose inhaltliche wie formale Schludereien glänzt. Ein fertiges Script dürfte es angesichts der pausenlosen, rückhaltlos unlogischen Wendungen innerhalb der Geschichte nicht gegeben haben, dazu gesellt sich eine merkwürdig unübersichtliche Inszenierung, die klare räumliche Einteilungen versäumt und das ganze Geballer in manchmal fast anarchisch scheinenden Bildfolgen aneinanderreiht. Ist aber alles Schnuppe, schließlich sitzt man beim italienischen Genrefilm sowieso immer in der ersten Reihe. Sehr schnuckelig auch die Berliner Synchronisation, die, wie der Katholische Filmdienst es wohl ausdrücken würde, nicht mit "rüdem Jargon" geizt und ihre schwachbrüstigen Dialoge von erstklassigen Sprechern aufsagen lässt, die ganz bestimmt ein lecker Kistchen Bier in Griffbereitschaft neben dem Mikro stehen hatten. Deren Engagement wirkt jedenfalls unverhältnismäßig zu den angesichts der mangelhaften Dreh-Logistik entgeistert dreinschauenden Visagen von Warbeck & Co.
5/10
#1762
Geschrieben 24. Mai 2009, 17:10
Vicky Cristina Barcelona ~ USA/E 2008
Directed By: Woody Allen
Die zwei amerikanischen Studentinnen Vicky (Rebecca Hall) und Cristina (Scarlett Johansson) verbringen den Spätsommer in Barcelona. Der sehr offenherzige Maler Juan Antonio (Javier Bardem) verdreht beiden den Kopf, dabei hängt er selbst noch an seiner ewigen Lebensliebe, der suizidgefährdeten Künstlerin Maria Elena (Penélope Cruz).
Irrungen und Wirrungen in Katalonien. Nachdem Allen London (fürs Erste) ausgekundschaftet hat, begibt er sich für seine letztjährig abgewickelten, bohemischen Liebesabenteuer in die Gaudí-Stadt und ließ dort Javier Bardem zwei deutlich jüngere Yankee-Mädchen verführen, die laut Selbstauskunft ihren Platz im Lebensgefüge noch nicht eindeutig gefunden haben. Während die eine sinkt, bedarf die andere, kurz vor ihrer Hochzeit mit einem gutsituierten Jungmanager stehende, noch etwas Zug. Dabei bleibt am Ende trotz einer zwischengeschalteten, für Allen-Verhältnisse ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung, doch alles beim Alten; die einzige existenzielle Veränderung rekurriert sich auf hinzugewonnene Erfahrungen beziehungsweise die innere Reife, jene Erfahrungen bewusst selbst machen zu wollen. Wie man weiß, besitzen Städte Seelen und deren eigentümliche Ausprägung ist für Allen jeweils stets untrennbar mit seinen Geschichten verbunden. Die Finalisierung erfolgt immer erst durch das urbane Porträt, einschließlich kultureller, architektonischer, gastronomischer Aspekte. So sieht es, das scharfe Auge des schlauen Observierers.
Das Schöne an und bei Allen-Filmen sind: ihre Traditionsverbundenheit (die böse Zungen auch als Stagnation verrufen, was den eingefleischten Allen-Freund aber natürlich nicht die Bohne interessiert), die damit verbundenen Wiedererkennungswerte und dass der Regisseur und Autor sein eigenes Qualitätsniveau nie zu unterschreiten Gefahr läuft. Spannend ist mit jedem neuen annual eigentlich nur, ob und inwieweit er es bewerkstelligt, diese selbstgesteckten Maßstäbe in den Schatten zu stellen.
8/10
#1763
Geschrieben 25. Mai 2009, 08:43
Låt Den Rätte Komma In (So finster die Nacht) ~ S 2008
Directed By: Tomas Alfredson
Stockholm, Winter 1982: Der zwölfjährige Oskar (Kåre Hedebrant) bekommt eine neue Nachbarin, die gleichaltrige Eli (Lina Leandersson). Nach vorsichtiger Annäherung der beiden sich als Außenseiter herausstellenden Kinder, die begleitet wird von einigen gewalttätigen und übernatürlichen Ereignissen in der tief verschneiten Stadt, muss Oskar feststellen, dass Eli hinter ihrer schutzbedürftigen äußeren Erscheinung mehr als nur ein ungeheuerliches Geheimnis verbirgt.
"Låt Den Rätte Komma In" vereint in sich etliche kulturelle Einflüsse, die augenscheinlich so gar nicht zusammenpassen. Da sind Reverenzen an skandinavische Märchen und die Kinder- und Jugendliteratur (Lindgren, Andersen) ebenso auffindbar wie manches Zitat aus nunmehr klassischen Horrorromanen und -filmen. Die Geschichte der jeweils in einer Myriade von ihnen eine altersgerechte Entwicklung versagenden Problemen gefangenen Halbwüchsigen wird kombiniert mit kleinen, pointiert verwendeten Sentenzen aus erwarteten und unerwarteten Vorbildern wie den "Fright Night" - Filmen, "The Sentinel" oder "Basket Case". Ganz weit im Vordergrund steht hingegen der in der Latenz gefangene Vampir, eine aus vielen popkulturellen Beispielen ("Interview With The Vampire", "The Lost Boys", "Near Dark", "Der kleine Vampir") präsente Gestalt. Die Differenz zu diesen Exempeln besteht allerdings darin, dass Eli auch emotional und psychisch in der Sackgassen-Rolle als Zwölfjährige stecken bleibt und diese trotz unübersehbarer Sehnsüchte nicht ablegen kann. Darüberhinaus der Sexualität und all ihrer Chancen und Erfüllungen beraubt durch das ihr versagte Erwachsenwerden und einer im Film nicht weiter erläuterten Kastrations-Vergangenheit, bleibt Eli und letztlich auch Oskar, Scheidungskind, Sohn eines Alkoholikers und damit quasi vaterlos sowie Opfer brutaler Schulschläger, nichts weiter als sich in ihre vielleicht schon Jahrhunderte währenden Existenzmuster und Aufträge zu fügen. Alfredson hält diese traurige und nur trügerisch hoffnungsvolle Geschichte in manchmal die Kehle zuschnürenden Bildern fest, auf denen Zentner von Eis und Schnee zu lasten scheinen. Darunter schlagen, als zumindest geringer Trost für sie selbst und den Betrachter, zwei füreinander entflammte Herzen.
Gar wunderbar der Einsatz des alten Secret Service - Hits "Flash In The Night", den ich lange vom Radar hatte und gestern wiederfinden durfte.
9/10
#1764
Geschrieben 26. Mai 2009, 07:54
Laura ~ USA 1944
Directed By: Otto Preminger
Detective McPherson (Dana Andrews) untersucht den Mord an der Werbedesignerin Laura Hunt (Gene Tierney), der jemand frontal und aus kurzer Distanz mit einer Schrotflinte ins Gesicht geschossen hat. Verdächtige gibt es zur Genüge: Den scharfzüngigen und überaus eifersüchtigen Kolumnisten Waldo Lydecker (Clifton Webb), dessen Herz Laura schon vor langer Zeit erobert hat, ihren Verlobten Shelby Carpenter (Vincent Price), einen Filou und Taugenichts, oder Lauras Tante Ann Treadwell (Judith Anderson), die Carpenter gern für sich selbst beanspruchte. Als sich herausstellt, dass es sich bei der Ermordeten keinesfalls um Laura selbst, sondern um eines von ihren Models handelte, erwacht in McPherson, der sich bereits in die vermeintlich Tote verliebt hat, der Beschützerinstinkt - der Mörder, davon ist McPherson überzeugt, wird sein Werk noch zu vollenden trachten...
Ein etwas aus der Art geschlagener film noir, der mit seinem besonders innerhalb des zeitlichen Entstehungskontextes bald metaphysischen Thema des Nekrophiliewunschs Wege beschritt, die für seine Verwandten ein wenig zu abseitig waren. Damit hätte "Laura" ebensogut in den Lewton-Zyklus der RKO gepasst, auch und insbesondere der noir-fremden Darstellung der Laura Hunt als lichtdurchflutete, unschuldige und in jeder Hinsicht (auch moralisch) begehrenswerte Frau wegen, die in ein Netz aus Unbill gerät. Die Figurenentwicklung ist brillant: Nicht nur, dass die Einführung fast sämtlicher Charaktere eine Erwartungshaltung beim Zuschauer evoziert, die sich in der zweiten Hälfte nicht bestätigt und völlig neu zu ordnen hat, die Sympathien bleiben überdies bis zum Schluss und über diesen hinaus fest in Rezipientenhand und werden nie aufgezwungen. Auch die zweideutige Erzählstruktur lässt Spekulationen zu. Möglicherweise ist alles, was nach McPhersons bourbongeschwängertem Schlaf in Lauras Wohnung auf der Leinwand geschieht, nichts als ein romantischer Wunschtraum des emotional verwirrten Polizisten. Star des Films dürfte jedoch zweifellos Clifton Webb sein, ein schmalbrüstiger, in einer Mixtur aus Faszination und Ekel dargesteller Misanthrop und Egozentriker, dessen einzige, wenn auch wirkungsvolle Waffen sich in seiner skrupellosen Rhetorik äußern. Ansonsten gibt er einen unmissverständlich androgynen Hampelmann ab, der einem Boxkampf mit Dana Andrews wohlweislich aus dem Weg zu gehen versteht (dafür bekommt Vincent Price eins in die Magengrube). Karasek schreibt in "Mein Kino", er habe seine Tochter nach Gene Tierneys Figur benannt. Nicht die schlechteste Reverenz, wie ich finde.
9/10
#1765
Geschrieben 26. Mai 2009, 11:27
The Oblong Box (Im Todesgriff der roten Maske) ~ UK 1969
Directed By: Gordon Hessler
England, 1865: Der Plantagenbesitzer Sir Julian (Vincent Price) pflegt nach ihrer Rückkehr aus Afrika seinen dort fälschlicherweise an Julians Statt missgestalteten Bruder Edward (Alister Williamson), der nunmehr in der heimischen Dachkammer angekettet ist. Edward, längst dem Wahnsinn anheim gefallen, entkommt unter Zuhilfenahme eines komplizierten Plans sowie des Familienangestellten Kemp (Rupert Davies) und eines afrikanischen Medizinmannes (Harry Baird), schlüpft bei dem ebenfalls nicht ganz astreinen Doktor Neuhart (Christopher Lee) unter und meuchelt sich, das Gesicht unter einer roten Maske verborgen, durch die Reihen seiner Zeitgenossen.
Die arg konstruierte, teilweise verschlungene Pfade einschlagende Geschichte, die Versatzstücke und Motive wie die des Phantoms der Oper oder von Burke und Hare mit halbgarem Voodoo-Mystizismus verquickt, rettete der den just zuvor verstorbenen Michael Reeves ersetzende Hessler mittels sorgfältiger und kompetenter Regie, die längst nicht soviel dem Zufall überlässt, wie es anfangs den Augenschein macht. Hessler wusste offensichtlich genauestens um das Potenzial seiner beiden Zugpferde Price und Lee, setzte diese entsprechend gewinnend ein und bewerkstelligte es sogar, die eigentlich nicht unwesentliche Tatsache vergessen zu machen, dass der sich auf eine Story von Poe berufende Titel mit der Filmhandlung rein gar nichts mehr zu tun hatte. Es verbleibt ein angenehm chaotischer Gotik-Grusler, in dem sich am Ende dann zumindest noch ein paar Bestandteile zu einem halbwegs sinnvollen Gesamtbild fügen.
7/10
#1766
Geschrieben 26. Mai 2009, 18:30
Rage Of Honor (Top Fighter) ~ USA/AR 1987
Directed By: Gordon Hessler
Nachdem sein bester Freund und Kollege Ray (Richard Wiley) bei seinen Nachforschungen ermordet wurde, ist es für den Interpol-Beamten und Kampfspezialisten Shiro Tanaka (Shô Kosugi) eine Frage der Ehre, den Täter aufzuspüren und Ray zu rächen. Bei diesem handelt es sich um den Killer Havlock (Chip Lucia), der für ein Drogenkartell arbeitet, das seinen Stoff vornehmlich in Argentinien produziert. Shiro knöpft sich, zunächst ohne den Segen seines Chefs (Gerry Gibson), die Gangster in Buenos Aires und im Dschungel vor und arbeitet sich langsam zu deren Führungsspitze hoch.
Ein Beispiel für den späteren Hessler, der mit geschmäcklerischem Grusel kaum mehr etwas an der Mütze hatte und stattdessen einige Filme mit Shô Kosugi im B-Movie-Sektor fertigte. Einer davon ist dieser bunte Agentenknaller, der von der Trashschmiede und Cannon-Konkurrenz Trans World produziert und verliehen wurde und ganz offensichtlich als Anhängsel der "Ninja"-Trilogie von Golan und Globus gedacht war. Auch in "Rage For Honor" kommen die vermummten japanischen Freischärler vor, wenn auch ohne gezielte Namenserwähnung und stets im Auftrag der Bösewichte. Kosugi selbst, der laut den credits nicht nur für die Choreographie der Martial-Arts-Sequenzen verantwortlich war, sondern sich zudem die zahlreichen kleinen, im Film zum Einsatz kommenden Waffen ausgedacht hat, soll innerhalb der Filmrealität (seine Vergangenheit bleibt geheimnisvoll) wohl einmal mehr selbst der Schule des lautlosen Tötens entstammen - jedenfalls glänzt er, ohne sich je selbst das Antlitz einzuhüllen, mit diversen aus dieser Ecke bekannten Tricks: Wurfsterne (die sogar explodieren können), Rauchbomben und Schwertkampf sind da noch die ordinärsten Mittel.
"Rage Of Honor" ist trotz seiner recht unblutig aufgetürmten Leichenberge ein Film, wie er wohl besonders Elfjährige begeistert, was mir meine damalige Faszination für das Ding heute sehr einleuchtend macht. Ordentlich Spaß habe ich im Übrigen immer noch damit.
6/10
#1767
Geschrieben 27. Mai 2009, 19:33
The Raven (Der Rabe - Duell der Zauberer) ~ USA 1963
Directed By: Roger Corman
Dem Zauberer Dr. Craven (Vincent Price), der auch nach zwei Jahren nicht über den Tod seiner geliebten Frau Lenore (Hazel Court) hinweggekommen ist, landet eines Abends ein sprechender Rabe auf dem Festersims. Bei diesem handelt es sich um niemand anderen als den verhexten Dr. Bedloe (Peter Lorre), ebenfalls Zauberer, jedoch einer der vorsichtig formuliert zweiten Garde, dessen Hang zum Weine den zum Zaubern deutlich in den Schatten stellt. Zu verdanken hat Dr. Bedloe seine gegenwärtige Gestalt dem bösen Konkurrenten Dr. Scarabus, den Bedloe zuvor volltrunken zum Duell aufgefordert hat. Bedloe möchte sein Zauber-Equipment, das ihm Scarabus abgeluchst hat, zurück und braucht dafür die Hilfe Dr. Cravens, den Bedloe erst mit der Angabe, er habe Lenore auf Scarabus' Schloss gesehen, überreden kann. Zusammen mit Cravens Tochter (Olive Sturgess) und Bedloes Sohn (Jack Nicholson) geht es gen Schloss Scarabus.
Der fünfte Film aus Cormans Poe-Reihe für die AIP konstruiert um das gleichnamige Gedicht des Literaturfürsten eine saloppe Fantasy-Handlung, die primär dazu dient, dem Grandseigneur-Trio Price, Lorre und Karloff eine Plattform für seine betont komödiantische Vorstellung zu liefern. Jeder der drei versucht die anderen in punkto überdrehter Mimik und Gestik zu übertreffen und mit scherzhaften Einlagen in die Schranken zu weisen, so dass "The Raven" tatsächlich vielmehr ein Schauspieler- denn ein Zaubererringen beherbergt. Als Sieger aus dem luftig getricksten Getöse geht - neben Regisseur Corman, der die Zügel stets locker, aber sicher in Händen (be)hält - zweifelsohne Peter Lorre hervor. Auf seine alten Tage und für die AIP hat er in Filmen wie "Comedy Of Terrors", "Tales Of Terror" und natürlich dem vorliegenden Prachtstück, nochmal zur Gänze zeigen können, was in ihm steckt. Ein Hoch auf den Genrefilm! Als Dr. Bedloe steht Lorre ständig unter Strom, respektive seinen Weinschwipps-Auswirkungen, pendelt zwischen großmäulig und kleinlaut und spricht zur Umsetzung seiner Taschenspieler-Tricks altrömische Rhetorik und Pennäler-Latein (nachweislich improvisiert während des Drehs). Doch bei aller Liebe für Lorre seien Price und Karloff nicht unterbewertet - deren Duell zum Finale, das mit kleinem Geld ganz groß ausschaut, gehört zu den Szenen überhaupt in den Poe-Cormans. Von diesen ist "The Raven" übrigens der einzige echt kindertaugliche! Falls jemand seinen Kleinen also mal etwas Gutes tun und/oder ihnen ein wenig klassische Spaßkultur angedeihen lassen möchte...
9/10
#1768
Geschrieben 28. Mai 2009, 15:40
Premature Burial (Lebendig begraben) ~ USA 1962
Directed By: Roger Corman
Guy Carrell (Ray Milland) leidet unter der irrsinnigen Angst, genau wie sein Vater Kataleptiker zu sein, unrechtmäßig für Tod erklärt und schließlich lebendig begraben zu werden. Diese Panikstörung treibt seltsame Blüten: Guy lebt für den Tod, er wendet sich von seiner Frau Emily (Hazel Court) ab, baut sich ein vollautomatisches Mausoleum inklusive Selbstmordoption im Hauspark und malt Bilder von Verderben und Inferno. Einzig die fordernde Liebe Emilys kann ihn vorübergehend wieder auf den rechten Weg führen - nur ein kleiner Umweg Richtung Katastrophe.
Cormans dritter Poe-Film sollte ursprünglich vom Regisseur selbst produziert und von Pathe Labs verliehen werden, weswegen der bei AIP unter Exklusivvertrag stehende Vincent Price ausnahmsweise nicht als Hauptdarsteller antreten konnte. Kurz vor Inbetriebnahme des Projekts wurde Pathe dann von der AIP aufgekauft und Arkoff und Nicholson versicherten Corman grinsend, dass die zuvor ausgeschlossene Zusammenarbeit nun doch weiter bestünde. Alles beim Alten also - bis auf Prices fehlende Mitwirkung freilich. Ein Manko, dass sich in diesem Falle nicht als Manko erweist. Ich habe mir schon so oft vorgestellt, wie "Premature Burial" aussähe, hätte Price die Rolle des Guy Carrell übernommen; zweifellos wäre es immer noch ein großartiger Film, ich bin aber zugleich überzeugt davon, dass Milland der Rolle eine Nuance von Ernsthaftigkeit und - im Finale - entfesselter Diabolik verleiht, die der theatralische Price so nicht getroffen hätte. Insofern ist alles gut, wie es ist.
"Premature Burial" gibt neben "House Of Usher" und "The Masque Of The Red Death" den ausgereiftesten, geschlossensten und schönsten Film des siebenteiligen Zyklus ("The Haunted Palace" nicht hinzugerechnet) ab, ein wahrhaftiges Meisterstück des gothic horror.
10/10
#1769
Geschrieben 29. Mai 2009, 19:37
Le Cercle Rouge (Vier im roten Kreis) ~ F/I 1970
Directed By: Jean-Pierre Melville
Corey (Alain Delon) wird verfüht aus der Staatspension entlassen. Von einem Wärter (Pierre Collet) erhält er einen heißen Tipp über einen reichhaltig bestückten, aber auch hochgradig gesicherten Juwelier in Paris, bei dem sich ein Einstieg lohnen könnte. Zeitgleich entwischt der verhaftete Gangster Vogel (Gian-Maria Volontè) seinem Bewacher Kommissar Mattei (Bourvil). Zufällig sucht Vogel sich sein Versteck in Coreys Kofferraum - der Beginn einer fruchtbaren Partnerschaft. Zusammen mit dem abtrünnigen Flic, Scharfschützen und Alkoholiker Jansen (Yves Montand) baldovern die beiden den Überfall minutiös aus. Wäre da nur nicht die bleischwere Ware, an der sich kein Hehler in Frankreich die Finger verbrennen möchte.
Mit seinem so ökonomisch wie minutiös inszenierten und monochrom gestalteten Gangsterfilm führte Melville die Tradition der vorsätzlich kalten, emotionsnegierenden Dramen um Unterweltler auf dem Weg in ihr Verderben fort. Die große Tragödie in allen von Melvilles Werken eröffnet sich jeweils erst vollends mit der Identifikationsbasis, die der Zuschauer unweigerlich für ihre Halbwelthelden entwickelt. Auch wenn Corey und Vogel harte Hunde sind, die keine Skrupel haben, unliebsame Kontrahenten kurzerhand ins Jenseits zu befördern - die Sympathien haben sie auf ihrer Seite, und das sogar ohne die Ausbreitung eines dezidierten biographischen Backgrounds oder ähnliche Gebrauchsfaktoren, die üblicherweise zur Charakterisierung von Filmpersonal bemüht werden. Wer öfter mal bei mir reinschaut, weiß, dass ich speziell etwas für Trinkerfiguren übrig habe. Allein die Einführung von Montands Jansen, wie er die Entzugshölle im Zuge einer häuslichen, lebensgefährlichen Selbstentgiftung (offenbar nicht seine erste) durchmacht und sich dabei von allerlei herbeihalluziniertem Kriechgetier bedroht sieht, macht seinen Part zum interessantesten des Films. Eine große Rolle für Montand, die er trotz ihres kriminellen Potenzials mit viel Schneid und Güte ausstaffiert.
Die meditativen Aspekte in "Le Cercle Rouge" äußern sich bereits in einer Texttafel zu Beginn: Dort wird eine buddhistische Weisheit zitiert, derzufolge scheinbar losgelöste Personen unweigerlich zusammentreffen, wenn das Schicksal es ihnen gebietet. Von den für den deutschen Titel genannten "Vieren" geht jedenfalls nur einer aufrecht aus dem roten Kreis heraus - und die zynische Lebenslektion, die er zuvor lernen musste, lässt ihn doch innerlich wanken.
10/10
#1770
Geschrieben 31. Mai 2009, 06:28
The Curious Case Of Benjamin Button (Der seltsame Fall des Benjamin Button) ~ USA 2008
Directed By: David Fincher
New Orleans, 1918: Thomas Button (Jason Flemyng), seinem Namen gemäß Knopffabrikant, ist entsetzt: Das Baby, das seine Frau (Joeanna Sayler) geboren hat und bei dessen Geburt sie sterben musste, sieht aus wie ein Greis. Verzweifelt und verwirrt setzt Button den Säugling vor einem Seniorenheim aus, wo er eine gütige Ersatzmutter (Taraji P. Henson) findet und sich fortan erstaunlich entwickelt: Benjamin, so der Ersatzname des Wunderlings, altert rückwärtig. Auf seinem Lebensweg begegnet er zahlreichen Mitmenschen, kann sich aufgrund seines einzigartigen Entwicklungsprozesses jedoch an niemanden binden.
Finchers aktueller Film gerät vor allem zu einem Triumph für Make-Up-Künstler. Die Darsteller bzw. ihre filmischen Egos unterliegen samt und sonders Dekaden währenden Alterungsprozessen, im Falle des Protagonisten ist dieser freilich regressiv zu verstehen. Seit jeher ist das Problem, eine Leinwandfigur glaubhaft per Schminke in ihr älteres Selbst zu verwandeln, ein besonders kritisch beäugtes. "Benjamin Button" macht den Anschein, als wolle er jedwedes aus dieser Richtung stammendes Geunke zum Verstummen bringen, so atemberaubend real werden Falten und Fältchen wahlsweise hinzugesetzt oder hinfortdigitalisiert.
Was die Moritat des Films angeht, die da eindringlich die Individualität eines jeden Menschen beschwört, so ist jene für einen David Fincher etwas schmalbrüstig geraten. Wobei eine solche Einschätzung mittlerweile ohnehin obsolet sein dürfte, nach den zwar straighten, aber überaschungsbefreiten "Panic Room" und "Zodiac". "The Curious Case Of Benjamin Button" ist im guten Sinne literarisches Hollywood-Kino, dessen Wurzeln unverblümt in der Prosa zu finden sind (obgleich sich nurmehr Prämisse und Hauptfigur bei Fitzgerald nachlesen lassen), das Kitschfallen meidet wie Luzifer das Weihwasser und dabei doch kaum mehr liefert als neues Futter für die Schablone in Länge und Wesen ähnlich geratener Produktionen. Den Enthusiasmus um diese hier kann ich zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls nicht ganz nachvollziehen.
6/10
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