In meinem Herzen haben viele Filme Platz
#1981
Geschrieben 12. Oktober 2009, 09:07
Taras Bulba ~ USA 1962
Directed By: J. Lee Thompson
Die Ukraine in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Nachdem der Polenfürst Grigory (Guy Rolfe) die Kosaken als Behelfsarmee gegen die Türken eingesetzt hat, unterbreitet er ihnen, dass er nun ihr Land zu besetzen gedenke. Die Kosakenführer ziehen sich ins frustriert ins Bauernleben zurück und harren ihrer fernen Stunde. Jene scheint mit Taras Bulbas (Yul Brynner) Söhnen Andrei (Tony Curtis) und Ostap (Perry Lopez) gekommen: Nachdem diese in Kiew studiert haben und Zeugen der unflätigen Behandlung ihres Volkes durch die Besatzer geworden sind, scheint die Zeit endlich reif für einen Aufmarsch gegen Grigory. Doch Andrei hat sich ausgerechnet unsterblich in die Tochter (Christine Kaufmann) eines polnischen Edelmanns (George Macready) verliebt...
Von schlichtem Gemüt, laut, polternd, unsensibel, in Feierstimmung, im Wodkarausch - wie die Kosaken in "Taras Bulba" ist auch Thompsons Film, ein gut gelaunter Abgesang auf bärtige Männer in Schnabelschuhen, die besoffen über Bärengruben balancieren und einen Streit dadurch lösen, dass sie sooft zu Pferde über einen Abgrund springen, bis der erste vor Erschöpfung hineinfällt. "Taras Bulba" macht sich weder einer möglichst authentischen Wiedergabe der Historizität verdächtig (die Kosaken gröhlen ihre Volkslieder in reinstem Oxford-Englisch), noch bemüht er sich augenfällig, altbekannten Klischees entgegen zu wirken - in beiden Fällen steht sogar ganz eindeutig das Gegenteil im Raume. Das ist lustig und schön bunt und in keiner Hinsicht jemals fordernd. Selbst die dramaturgischen Möglichkeiten, die sich durch Andrei Bulbas an sich höchst emotional implizierten Verrat am eigenen Volk böten, kommen einfach nicht zum Zuge. Man glaubt garantiert nie auch nur eine Sekunde an das, was man da zu sehen bekommt. "Taras Bulba" ist vorsätzlicher Kintopp und auch noch stolz drauf. Nastrovje!
6/10
#1982
Geschrieben 12. Oktober 2009, 09:42
The Wasp Woman (Die Wespenfrau) ~ USA 1959
Directed By: Roger Corman
Die Kosmetikfabrikantin Janice Starlin (Susan Cabot) ist schwer frustriert. Sie fühlt sich mit ihren 40 Jahren zu alt, um noch selbst für ihre Produkte zu werben, woraufhin die gesamte Firma an Glaubwürdigkeit einbüßt. Da kommt der etwas seltsame Dr. Zinthrop (Michael Mark) mit einer scheinbar geschäftsrettenden Idee um die Ecke: Mithilfe des Futtersafts der Wespenkönigin hat Zinthrop ein Extrakt kreiert, das angeblich wieder jung macht. Begeistert von ersten Testergebnissen an Versuchstieren stellt sich Janice sogleich selbst als Probeobjekt zur Verfügung. Nach anfänglichen Erfolgen, die ihr jedoch zu langwierig sind, injiziert sich Janice selbst eine Überdosis des Mittelchens - mit fatalen Folgen...
Ein flottes Wespen-Makeup und ein überamplifiziertes Summen auf der Tonspur - das ist alles, was Corman benötigt, um seiner "Wasp Woman" mehr oder weniger glaubhaft Gestalt zu geben. Auf welch schon damals hellsichtige und ironische Art er dies tut, ist ihm nur umso höher anzurechen. In der Blütezeit des Trashfilms war Corman als einer von dessen Großmeistern bereits abgefeimt genug, die engmaschigen Produktionsgegebenheiten auf die Schippe zu nehmen, über Veränderungen in der Medienlandschaft zu sinnieren und Vorbilder zu zitieren, in einem Wort, er war fähg zu unverhohlener Selbstreflexion. Vom langweiligen TV-Programm mit seinen Wiederholungen wird gesprochen, von "Dr. Cyclops" und vom Schönheitswahn. Recht ungewöhnliches verbales Futter für einen kleinen SciFi-Schocker dieser Tage. In einer Szene stolziert Frank Wolff, der mit seinem eindrucksvollen Backenbart sein Antlitz später in Italien doch weitaus gewinnbringender veräußern konnte, als Bettentransporteur durch die Szenerie. Höchst seltsam, das alles, dabei jedoch vor allem höchst amüsant und attraktiv.
6/10
#1983
Geschrieben 13. Oktober 2009, 09:56
Dirty Harry ~ USA 1971
Directed By: Don Siegel
Inspector Harry Calahan (Clint Eatwood) vom San Francisco Police Department gilt als Mann fürs Grobe. Seine Partner enden stets nach kürzester Zeit im Kranken- oder im Leichenschauhaus, seine Rechtsauffassung ist immens flexibel und er packt die sich ihm stellenden Probleme prinzipiell ohne psychologisierende Umwege an. Damit eckt er besonders bei seinen Vorgesetzten pausenlos an. Sein aktuellster Fall sieht vor, einen irren Killer (Andrew Robinson), der sich selbst "Scorpio" nennt, sich auf Dächern postiert und seine Opfer von dort aus erschießt, zu fassen. Zwischen Polizist und Verbrecher entwickelt sich ein gnadenloses Katz-und-Maus-Spiel.
Ein monolithischer Polizeifilm, Höhepunkt und Abschluss von Siegels loser cop trilogy, deren erste beiden Bausteine "Coogan's Bluff" und "Madigan" noch in New York fußten. "Dirty Harry" definierte im Verbund mit Friedkins "The French Connection" das komplette Subgenre neu und vermag als Musterbeispiel für die Ikonisierung einer Kinofigur herzuhalten. Dieser großspurig klingenden Einordnung trägt vor allem Siegels Inszenierung Rechnung, die ebenfalls als quintessenziell im Schaffen des Regisseurs gelten muss - seinem filmischen Ideal, das sich nach Betrachtung bereits weniger seiner Filme recht deutlich offenbart, ist er jedenfalls nie zuvor und nie wieder so nahe gekommen wie mit "Dirty Harry". Dessen nachhaltiges kulturelles Echo ist auf vielerlei Faktoren zurückzuführen: Die Verquickung des realen Falles der "Zodiac"-Morde mit dem gegenwärtig vorherrschenden, sozialen Klima der Unsicherheit in ausgerechnet der Stadt, die zuvor noch als Zentrum des globalen Blumenkindertraums galt, spricht bereits Bände. Die Grundierung des Films ist dabei so reaktionär wie realistisch. Der Mörder sucht seine Opfer fast ausschließlich in demografischen Randbezirken: Teenager, Kinder, Homosexuelle, Farbige und Gottesrepräsentanten kürt er zu seinen Opfern und verschafft sich damit einen zusätzlichen Eindruck der Perfidie. Andy Robinson, der als bekennender Pazifist privat als das komplette Gegenteil seines Parts gilt, verschafft Scorpio ein unvergleichliches Antlitz. Böse bis ins Mark, dazu noch feige und jammernd, übertreffen nur seine Hinterhältigkeit und sein zutiefst abgründiges Ethos seine vordergründige Angst vor Entdeckung und Sanktion. Sein in einer Szene willfährig zu Brei geschlagenes Gesicht, symbolisch für sein verqueres Wesen, wird niemand mehr vergessen. Am Ende haben "Dirty Harry", der Film und der Mann, auch dem letzten suggeriert, dass ein solches Subjekt keine Verhandlung mehr verdient.
Diese unbequeme, zutiefst republikanisch konnotierte Wahrheit zu schlucken fiel lieberalen Kritikern ebenso schwer, wie sie Manchen insgeheim gefreut haben dürfte. Von seiner unnachahmlichen Intensität jedenfalls hat der Film bis heute, zu seinem bereits 38. Geburtstag, kein Fünkchen eingebüßt. Ein besseres Charakteristikum für Beständigkeit gibt es wohl nicht.
10/10
#1984
Geschrieben 13. Oktober 2009, 10:20
Magnum Force (Calahan) ~ USA 1973
Directed By: Ted Post
Anders als am Ende des Vorgängers angedeutet, hat Inspector Callahan (Clint Eastwood; für den deutschen Kinoaufführungs-Titel ließ man kurzum ein 'l' unter den Tisch purzeln) doch nicht dem Polizeidienst entsagt und bleibt tapfer bei seinem Leisten. Neuer Partner (Felton Perry), neuer Fall: Führende Köpfe der Friscoer Unterwelt werden binnen kürzester Zeit systematisch ermordet. Ein paar gezielte Nachforschungen und Callahan entdeckt das Unglaubliche - hinter den Massakern steckt offenbar eine Todesschwadron bestehend aus jungen Polizisten.
Bereits der Nachfolger demonstriert die oben angeführte Markanz von Siegels Film - äußerlich deutlich gewalttätiger, mit Bergen von Leichen versehen, erreicht "Magnum Force" doch nie die reine Intensität von "Dirty Harry" und bleibt somit ein, wenn auch formal hervorragender, glattwogiger Beitrag zur Gattung des Polizeifilms. Die Figur ist etabliert und soll nunmehr auch relativiert werden: Nachdem Callahan bereits das unfeine Renommee des Selbstjustizlers mit Legitimationsmarke ereilt hat und er in gewissen liberalen und/oder intellektuellen Kreisen als vollendet-faschistoider Troglodyt gilt (die später nachfolgenden Filme werden dieses Motiv zunehmend ironisieren), darf er nun beweisen, dass er durchaus bewusst in rechtskräftigen Bahnen operiert und dem verführerischen Duft des Vigilantismus niemals zu folgen bereit ist. Im Gegenteil merzt er die betreffenden Elemente ebenso unbarmherzig aus wie die organisierte (und unorganisierte) Kriminalität. In einigen Supermann-artigen Auftritten variiert "Magnum Force", wie übrigens wiederum auch die weiteren Beiträge der Reihe, die markante Vereitelung des Banküberfalls im Vorgänger. Hier verhindert Harry zunächst eine Flugzeugentführung (indem er sich - er ist zufällig vor Ort, um einen Hamburger zu essen - kurzerhand als Pilot ausgibt) und später dann noch den Überfall auf einen Krämerladen. Zwischendrin wird, analog zu den James Bond- und Blaxploitation-Filmen jener Tage, auch Callahans maskuline Potenz unter Beweis gestellt. Harrys Nachbarin, eine äußerst attraktive, höchstens halb so alte Asiatin macht ihm ein unzweideutiges Angebot, auf das er wenig überrascht eingeht. Sie: "You're my first policeman." - Er: "Well, we got somethin' in common." - Ein herzlich mehrdeutiger Dialog, wie er so wohl nur von John Milius stammen kann, der zusammen mit Michael Cimino für das derb gesteppte Script verantwortlich ist. Die 44er, im Prolog nachdrücklich in ihrer Funktionsweise erläutert, bekommt Fleisch.
8/10
#1985
Geschrieben 14. Oktober 2009, 08:58
The Enforcer (Der Unerbittliche) ~ USA 1976
Directed By: James Fargo
Die "Armee des Volkes", eine Gruppe junger Krimineller, setzt mit ihren Aktionen die Stadt San Francisco unter Druck. Jene gipfeln in der Entwendung eines größeren Plastiksprengstoffvorrats und schließlich in der Entführung des Bürgermeisters (John Crawford). Callahan (Clint Eastwood) und seine junge Partnerin Kate Moore (Tyne Daly) nehmen sich der Schufte an.
Ein neuerlicher Ausbau der Callahan-Figur findet in "The Enforcer" im Wesentlichen nicht statt, mit Ausnahme der Tatsache, dass Harry seine latente Misogynie, die er Moore noch bei ihrer Offiziersprüfung per Breiutseite demonstriert, in die Schranken gewiesen sieht. Der zu bearbeitende Fall wird in seinem Wirkungsrasdius umfangreicher, diesmal rettet Callahan praktisch die ganze Stadt vor scheinheiligen Terrorheinis. Selbige, allen voran ihr Kopf Bobby Maxwell (DeVeren Bookwalter) sind unschwer als desillusionierte Hippies bzw. durchgedrehte Kriegsveteranen identifizierbar, die einen liberalen Anstrich als Deckmäntelchen für ihre üblen Aktionen benutzen. Das reaktionäre Grundschema der Reihe, besonders das des direkten Vorgängers "Magnum Force", wird demnach konsequent weiterverfolgt. Die Bösartigkeit der Truppe wird zusätzlich durch serieninterne Dramaturgie untermauert. Ein "Urgestein" der Reihe, Callahans Kollege Frank DiGiorgio (John Mitchum, neben Eastwood und dem in stets unterschiedlichen Rollen zu sehenden Albert Popwell der einzige Darsteller der bislang alle Filme "überlebte"), von Harry liebevoll 'Fatso' genannt, wird hinterrücks von Maxwell erdolcht. Dass auch Harrys mittlerweile liebgewonnene Partnerin (eine funktionale Polizistenbeziehung liegt bereits in der Luft) am Ende das Zeitliche sehnet, schlägt dem Fass den Boden aus, wie auch Callahans versteinerte Miene andeutet. Analog zur ikonischen Potenz werden auch die Showdown-Waffen größer - der Terroristen-Bobby wird mit einer Bazooka vom Erdboden bzw. vom Alcatraz-Wachturm getilgt. Ansonsten bemerkenswert: Mit James Fargo gab Eastwood einem geschätzten Second-Unit-Regisseur die Chance, einen kompletten Film für Malpaso zu inszenieren; der Score stammt diesmal ausnahmsweise nicht von Lalo Schifrin, sondern von Jerry Fielding, der insgesamt betrachtet vielleicht die beste Musik für einen Beitrag der Reihe komponierte.
7/10
#1986
Geschrieben 14. Oktober 2009, 09:26
Sudden Impact (Dirty Harry kommt zurück) ~ USA 1983
Directed By: Clint Eastwood
Harry Callahan (Clint Eastwood) muss sein neuester Mordfall um eine Leiche (Michael Maurer) mit Genital- und Kopfschuss vorkommen wie blanke Erholung. Nachdem er dem Mafiaboss Threlkis (Michael V. Gazzo) vorsätzlich einen tödlichen Herzinfarkt beschert, hat es die gesamte italoamerikanische Gemeinde der Westküste auf Callahan abgesehen, dazu kommen noch ein delinquenter Jungspund (Kevyn Major Howard) und seine Kumpane, denen Harry sich als neuer Intimfeind präsentiert. Kurzerhand wird er nach dem verschlafenen Küstenstädtchen San Paulo geschickt, um die Biographie des Toten mit dem Doppelschuss zu ergründen. Dort lernt Harry die kühle Malerin Jennifer (Sondra Locke), einen geheimnisumwitterten Polizeichef (Pat Hingle) und zwei widerliche kriminelle Subjekte (Paul Drake, Audrie J. Neenan) kennen, die irgendwie allesamt miteinander in Verbindung zu stehen scheinen.
Nach siebenjähriger Pause kehrte Dirty Harry also ein vorletztes Mal zurück, diesmal unter der Selbstägide des mittlerweile auch im Regisseursgeschäft etablierten Hauptdarstellers. In den achtziger Jahren, zu Zeiten der Reagonomics, gestaltete Eastwood noch sein eigenes Image als alternder republikanischer Haudrauf der Nation mit, indem er einige mitunter - um es mal elaboriert zu formulieren - höchst konservative Actionfilme fertigte. "Sudden Impact" ist ein inszenatorisch zuweilen recht grelles, mit Horrorelementen angereichertes Beispiel dafür. Die Figur des Inspector Callahan wird hier nach bereits mehrfach erfolgter Ikonisierung endgültig auch mythisiert. Die bekannte Einstellung im Finale, in der Callahans Silhouette mit riesiger 44er-Automatik in der Rechten als übermächtige Bedrohung für seine Gegner im Gegenlicht zu sehen ist, im Zentrum der Scope-Linse in dreimaligem Gegenschnitt wird an ihn herangezoomt, besitzt mittlerweile selbst einen gewissen filmhistorischen Metastatus. Hinzu kommt der legendäre "Make my day" - Spruch, hier und nur hier an- und eingesetzt. Was das Sujet angeht, so muss man Eastwood abseits der Selbstjustizpflege und dem Status des Films als schlichtes rape'n'revenge-movie, zu einer nichtmal unvorteilhaften Intimität zurückzukehren. Die Story von "Sudden Impact" besitzt nach den sich immer gewaltiger gerierenden der ersten drei Filme fast den kammerspielartigen Duktus einer "Tatort"-Folge. Zudem steht eigentlich eher Callahans Antagonistin im Vordergrund. Während Harrys Charakter, mit Ausnahme der beschriebenen äußeren Heilsbringerumschmeichlung bald vulgär statisch bleibt, gehören sämtliche geistigen und moralischen Impulse des Scripts Eastwoods damaliger Lebensgefährtin Sondra Locke. Die beiden sexuell gestörten Hauptbsewichter, wie auch alle anderen kriminellen Elemente des Films, sind indes nichts mehr als widerlich-wertloser Menschenmüll, den man, "Hundescheiße" gleich (O.-Ton Callahan) "zertreten" müsse.
Dass die Einwohner des kalifornischen Carmel Eastwood nur rund zwei Jahre nach dem Kinoeinsatz dieses Films zu ihrem Bürgermeister wählten, spricht meines Erachtens nicht eben für ihre mentale Gesundheit.
6/10
#1987
Geschrieben 16. Oktober 2009, 07:27
The Dead Pool (Das Todesspiel) ~ USA 1988
Directed By: Buddy Van Horn
Callahan (Clint Eastwood) steckt mal wieder gleich mehrfach in der Bredouille: Nachdem er den Mafiaboss Janero (Anthony Charnota) hinter schwedische Gardinen gebracht hat, sind Harry dessen Killer auf den Fersen, er bekommt mal wieder einen neuen Partner (Evan Kim), die übereifrige TV-Journalistin Samantha Walker (Patricia Clarkson) entfesselt einen romantische Kleinkrieg mit ihm und zu allem Überfluss taucht Harrys Name auf einer obskuren Liste mit der Überschrift "The Dead Pool" auf. Dabei handelt es sich um ein Wettspiel, an dem neben anderen auch der windige Regisseur Peter Swan (Liam Neeson) teilnimmt und bei dem es darum geht, prominenten Personen einen baldigen Tod vorauszusagen. Plötzlich ereilen die Namen auf der Liste durchweg unnatürlice Tode. Ein Killer mischt mit...
Nach dem etwas aus der Art geschlagenen Regieheimspiel "Sudden Impact" trat Eastwood fünf Jahre später noch ein letztes Mal als ergrauter Inspector Callahan an, wobei dieser Beitrag sich, abseits von seinen geflissentlichen formalen Differenzen, wieder mehr an die Stimmung der älteren Teile der Reihe hielt. Erneut gilt es, diverse kleine und große Verbrechen gleich vor Ort abzustrafen bzw. prophylaktisch zu vereiteln, zum wiederholten Male gibt es schicke Oneliner ("You're shit outta luck!") und die im letzten Teil so bewährte Automatik wich wiederum dem guten alten 44er Revolver. Nachdem ihm (von sich selbst?) in "Sudden Impact" eine permanent furzende Bulldogge zur Seite gestellt worden war, durfte Harry diesmal endlich wieder einen ethnologisch relevanten Partner (nach einem Chicano, einem Schwarzen und einer Frau sollte es diesmal ein Chinese sein) ins Krankenhaus bringen. Die Besetzung zeigt sich besonders im Rückblick als recht prominent - neben Liam Neeson und Patricia Clarkson ist noch Jim Carrey als süchtiger Rockstar und erstes Mordopfer dabei und die damals schwer im Kommen begriffene Sleazeband Guns N'Roses, deren schönes "Welcome To The Jungle" eine Zentralposition im Film einnimmt, gibt sich die Ehre zu einem doppelten Cameo. Dann wäre da noch die lustige Idee mit den im Spielzeugauto versteckten Bomben sowie natürlich die ganze Horrorfilmkiste um den Regisseur Swan, dessen Filmlogo zu "Hotel Satan" geradezu frappant dem von "Suspiria" gleicht.
Schließlich wäre kein "Dirty Harry" - Film komplett ohne den finalen, kombattanten Phalluseratz. Wir erinnern uns - im ersten Film war es die Magnum, im zweiten eine Bombe, im dritten die Bazooka, im vierten wiederum die Pistole, kombiniert mit Todessturz auf ein Karussell-Einhorn. Hier fährt Callahan nochmal ein ganz besonderes Geschütz auf: Mit einer überdimensionalen Harpune nagelt er den crook an eine Wand bzw.: er durchbohrt ihn auf Herzhöhe. Ein Fest für Freudianer und solche, die es werden wollen. Und natürlich ein überaus sauberer Abschluss der Reihe.
7/10
#1988
Geschrieben 16. Oktober 2009, 07:42
Just Before Dawn (Vor Morgengrauen) ~ USA 1981
Directed By: Jeff Lieberman
Eine fünfköpfige Gruppe junger Abenteurer (Gregg Henry, Chris Lemmon, Deborah Benson, Jamie Rose, Ralph Seymour) fährt in die Berge zum Wildcamping. Ausgerechnet dort, wo sie landen, treibt ein derangiertes, von der Familie verstoßenes Zwillingspärchen (John Hunsaker x 2) sein Unwesen und lässt die Macheten kreisen.
Kleiner, wohl als ergänzender Entwurf zu "Deliverance" konzipierter Backwood-Slasher von dem stets sorgfältig arbeitenden Jeff Lieberman.Wie in Boormans Film geht es hier um die Bezwingung und Unterwanderung einer hermetischen Naturwelt, die keine Eindringlinge toleriert. Selbst eine zweifach ausgesprochene Warnung durch den örtlichen Förster (George Kennedy) und einen volltrunkenen Abergläubischen (Mike Kellin) vermag nichts bei den starrköpfigen Jungspunden zu bewirken. Sie haben die schriftliche Genehmigung, hier zu campen, also tun sie's. Und wie: Sie hinterlassen Müll, erschrecken Tiere und sich selbst und beschallen die Idylle mit Discomusik. Die Attacken der beiden zombieesken, fraglos geistig behinderten Fettwänste sind also durchaus metaphorisch zu verstehen - es ist weniger die blanke Mordlust, der die Urlauber zum Opfer fallen als vielmehr die Rache einer zivilisatorisch geschmähten Urwelt. Lieberman verfällt dabei den Reizen seiner locations. Die Musik von Brad Fiedel ähnelt mit gleichmütigem Vogelgekreisch nicht selten den meditativen Naturklängen von Popol Vuh; kombiniert mit des Regisseurs manchmal elegischen Bildern von Wasserfällen und Dämmerhimmeln wähnt man sich manchmal fast in Herzogs "Aguirre". Aber... auch nur fast.
6/10
#1989
Geschrieben 16. Oktober 2009, 08:04
The Pit And The Pendulum (Meister des Grauens) ~ USA 1991
Directed By: Stuart Gordon
Toledo gegen Ende des 15. Jahrhunderts: Der fanatische Großinquisitor Torquemada (Lance Henriksen) wütet unter den von ihm verurteilten "Ketzern" und "Hexen"; peinliche Befragungen, Folter und Verbrennung gehören zur Tagesordnung. Als die schöne junge Bäckerin Maria (Rona de Ricci) und ihr Mann Antonio (Jonathan Fuller) die öffentliche Auspeitschung eines Kindes verhindern wollen, landen sie umgehend im Verlies der Inquisition. Torquemada verliebt sich insgeheim in Maria und lässt sie und Antonio für seine vor Gott verwerflichen Gefühle, die auch der Selbstkasteiung trotzen, büßen. Als Maria von Torquemadas Impotenz erfährt, schneidet er ihr die Zunge ab. Sie verblutet scheinbar. Antonio soll durch ein riesiges, messerscharfes Pendel umkommen.
Ein Musterbeispiel für die Qualitätsarbeit, die mitunter aus dem Hause Full Moon der Band-Brüder kam. Bekanntermaßen war beileibe nicht alles auf deren Mist Gewachsene hervorragend, sehr wohl aber diese Poe-Verfilmung von Stuart Gordon. Auch wenn bestimmte Plotaspekte (der Film setzt rund dreihundert Jahre früher an als Poes Kurzgeschichte, die handlungstragenden Elemente sind anders und umfangreicher ausformuliert) sich gewisser Kritik stellen müssen, ist "The Pit And The Pendulum", besonders im Rahmen einer DTV-Produktion, sehr gelungen. Mit bei dem gewohnt schmalen Budget größtmöglicher Akkuratesse konnte Gordon die spätmittelalterlichen Handlungsorte in Umbrien wieder auferstehen lassen und seinem Film so ein gutes Stück erzählperiodischer Authentizität verleihen. Hinzu kommt seine lustvolle Grand-Guignol-Inszenierung, die einerseits nicht mit Derbheiten geizt, den Film aber andererseits auch nicht zum reinen Gorefest verwahrlosen lässt. Die Balance hält sich eben. Komponist Richard Band plagiiert wieder, dass es eine Freude ist - diesmal Wagner persönlich! Große Teile von Gordons Stammbesetzung, darunter der notorische Jeffrey Combs, sind wieder anzutreffen, daneben auch so markante Genreköpfe wie Tom Towles und Mark Margolis. Die, wie ich im Nachhinein herausgefunden habe, leider nur in zwei Kinostücken anzutreffende Rona de Ricci lässt mit ihrer Schönheit tatsächlich die Sonne auch im finstersten Kerker aufgehen. Italy's finest? - feiner Film jedenfalls.
8/10
#1990
Geschrieben 17. Oktober 2009, 09:34
Trick Or Treat (Ragman) ~ USA 1986
Directed By: Charles Martin Smith
Eddie Weinbauer (Marc Price) ist der typische Außenseiter seiner High School, er benutzt im Gegensatz zu seinen sportlichen Altersgenossen kein Haargel, trägt siffige Klamotten und hat keine Freundin. Seine Helden rekrutieren sich ausschließlich aus der harten Musikszene; sein allergrößtes Idol ist der Spraymetal-Gott Sammi Curr (Tony Fields). Als dieser, vermutlich beim Zelebrieren einer Schwarzen Messe, in seinem Haus verbrennt, ist Eddie am Boden zerstört. Vorläufigen Trost verspricht der Radio-DJ Nuke (Gene Simmons). Von ihm erhält Eddie die einzige Masterplatte von Eddies letztem Album. Darauf scheinen sich nicht nur seltsame Botschaften zu verbergen, die beim Rückwärtsdrehen des Tonträgers hörbar werden und mit deren Hilfe Eddie Rache an den Schulbullys nehmen kann, die Scheibe entwickelt auch noch ein gespenstisches Eigenleben...
Die Hard'n'Heavy-Subkultur pflegte in den achtziger Jahren stets ein besonderes Verhältnis zwischen Prominenz und Fanbase, weswegen es für Teenager nicht sonderlich schwer war, ihre Lieblingsmusik in diesem Sektor zu finden. Trotz seiner gesellschaftlichen Nichtigkeit galt der Sound als verwerflich, ganz einfach wegen des martialischen Äußeren der Szene und wegen der vermeintlich satanischen Plattencover und Textinhalte. Bei näherem Hinschauen entpuppte sich das alles fast samt und sonders als Masche und die Hörer als die bravsten und bis auf ihr Äußeres unauffälligsten Jugendlichen überhaupt. "Trick Or Treat" von dem aus dem erweiterten New-Hollywood-Dunstkreis stammenden Smith nahm sich des Sujets Heavy Metal und seiner Auswirkungen auf private Häuser und Höfe in sanft-ironischer Weise an. Für einen Horrorfilm dieser Tage spielt sich die Zeigefreudigkeit in komplett jugendfreien Bahnen ab; Blut fließt überhaupt keines. Eddie Weinbauer, ein jüdischer Junge mit ausschließlich mütterlicher Bezugsperson (Elaine Joyce), ist der Arsch der Schule und damit Identifikationsperson für Myriaden pubertätsgeplagter Teenager weltweit. Er wird auf die denkbar großartigste Weise zum Helden - indem er seiner Kindheit und den damit verbundenen Träumereien tapfer adé sagen und, sittlich und emotional gereift, ein erwachsen(er)es Leben mit seinem dreamgirl (Lisa Orgolini) starten kann. Szene-Support gibt's von Gene Simmons und Ozzy in lustigen Gastrollen als mehr oder weniger subtile Verfechter (und Verkäufer) ihrer Musik. Der Film selbst stellt indes keinen Quantensprung dar, weder formal noch thematisch. Er bleibt sämtlich in den Bahnen der Durchsichtigkeit, selbst dort, wo sich ein Ausreißen anböte, brav und domestiziert und ist für ein erwachsenes Publikum tatsächlich nur noch als Rückschauobjekt goutierbar. Immerhin.
5/10
#1991
Geschrieben 17. Oktober 2009, 10:04
Go Tell The Spartans (Die letzte Schlacht) ~ USA 1978
Directed By: Ted Post
Vietnam, 1964: Kurz vor dem Tonkin-Zwischenfall beschränkt sich der Status der relativ wenigen in Vietnam anwesenden Amerikaner auf den von "Militärberatern". Einer davon ist Major Barker (Burt Lancaster), ein alter, fast ausgebrannter Haudegen, der bereits im Zweiten Weltkrieg und in Korea gekämpft hat und den Konflikt in Vietnam für ein lächerliches Scharmützel hält. Mithilfe eines Platoons zweitklassiger Soldaten, darunter ein psychisches Wrack (Jonathan Goldsmith), ein Opiumsüchtiger (Dennis Howard), ein pathologischer Profilneurotiker (Joe Unger) und ein belächelter Wehrdienstpflichtiger (Craig Wasson), soll Barker den scheinbar strategisch unwichtigen Knotenpunkt Muc Wa, an dem zehn Jahre zuvor bereits rund dreihundert französische Soldaten ihr Leben ließen, sichern und halten. Dieser erweist sich jedoch bald als ungeheuer wichtig für den Vietcong und wird mit wachsender Feindesbewegung hart umkämpft.
Zwischen "The Deer Hunter" und "Apocalypse Now" musste dieser vergleichsweise nüchterne, kleine Kriegsfilm wohl untergehen, dabei hat er durchaus seine Qualitäten, insbesondere bezogen auf seine überdeutlich lesbare Mentalität. Mit schnittigem Zynismus macht der Film von Anfang an keinen Hehl daraus, die grundsätzliche Unsinnigkeit jeder US-Interventionspolitik herauszustellen und sie, besonders auf den Vietnamkrieg projiziert, als völlig überflüssiges Hochspielen eines ursprünglichen Nebenschauplatzes des Kalten Kriegs zu denunzieren. In der kaum verhohlenen Darstellung amerikanischen Heldentums (am Ende durch Lancaster und den vormals unwilligen Craig Wasson demonstriert) verrät Posts inszenatorisch auf Fernsehniveau befindlicher Film sich dann allerdings selbst, auch wenn er diesen kurzen Schwenk in die falsche Richtung dann in der Finaleinstellung doch wieder halbwegs auffängt.
Als früher Beitrag zur Vietnamkriegsfilmwelle, der zudem zeitlich an einem recht ungewöhnlichen Punkt ansetzt, ist "Go Tell The Spartans", dessen Titel sich auf die Thermopylen-Schlacht bezieht, für den Chronisten des entsprechenden Kinos dennoch unverzichtbar. Lancaster bekommt ungewohnte Derbheiten in den Mund gelegt und Craig Wasson, der später durch De Palmas "Body Double" seine persönlichen "15 Minuten" erlebte, ist richtig gut.
Mit ein wenig mehr Marie im Säckchen oder vielleicht einem versierteren Regisseur als Ted Post hätte "Go Tell The Spartans" auch im großen Sinne groß werden können - so langt es immerhin für einen großen kleinen Film.
7/10
#1992
Geschrieben 19. Oktober 2009, 08:51
Hustle (Straßen der Nacht) ~ USA 1975
Directed By: Robert Aldrich
Phil Gaines (Burt Reynolds) ist Police Lieutenant bei der Mordkommission von L.A.. Die tagtäglichen Schattenseiten seines Berufs haben ihn und seinen Partner Belgrave (Paul Winfield) zu Zynikern werden lassen, die auch die unangenehmsten Situationen mit Ignoranz oder wahlweise schwärzestem Humor meistern. Als ein totes Mädchen (Colleen Brennan) mit brüskierender Vergangenheit am Strand gefunden wird, ist es an Gaines und Belgrave, den wütenden Vater (Ben Johnson), der es auf einen Kunden seiner Tochter, nämlich den im Halbdunkel operierenden Anwalt Sellers (Eddie Albert), abgesehen hat, im Zaum zu halten. Derweil muss Gaines sich eingestehen, dass hinter seiner Liebschaft mit der Edelprostituierten Nicoloe (Catherine Deneuve) doch mehr steckt, als er wahrhaben möchte.
Ähnlich wie die in der Folge entstandenen "Twilight's Last Gleaming" und "The Choirboys" ein illusionsbefreites, finsteres Alterswerk von Aldrich, der es eigentlich bereits zu Beginn des Jahrzehntes aufgegeben hat, die Dinge noch länger in ein falsches Licht zu rücken. Die Welt, so scheint sein Spätschaffen fast durchweg zu postulieren, sei schlicht schlecht und, jenseits der persönlichen Resignation, nur noch mittels eines pragmatisierten Sarkasmus zu ertragen. Die beiden Polizisten Gaines und Belgrave demonstrieren jene Anschauung in Aldrichs manchmal beinahe schon ätzendem neo noir, in dem fühlen muss, wer zuvor nicht hören wollte und in dem ein verzweifeltes Aufbäumen gegen die kosmische Ordnung zwangsläufig mit dem Märtyrertod quittiert wird.
Um diesen Fatalismus zu zeigen, macht Aldrich sich, ähnlich wie Culp für "Hickey & Boggs", ordinärste Gattungsmittel zunutze, lässt seine "Helden" mit einem roten Mustang durch die Straßen brettern und dazu Frank DeVols hintergründig-vordergründige TV-Musik erklingen. Das Publikum dürfte seinerzeit größenteils ratlos zurückgeblieben sein. Heute hingegen scheint ein leiser Applaus angesichts solch kompromissloser Schwärze deutlich angebrachter.
8/10
#1993
Geschrieben 19. Oktober 2009, 09:11
Prom Night ~ CAN 1980
Directed By: Paul Lynch
Sechs Jahre, nachdem die kleine Robin Hammond (Tammy Bourne) durch einen von Spielkameraden verursachten Unfall ums Leben gekommen ist, macht sich ein maskierter Rächer auf, die verschwiegenen Täter von damals ihrer in seinen Augen gerechten Strafe zuzuführen. Dafür sucht er sich den diesjährigen Abschlussball der Hamilton High School aus, der für einige Teilnehmer zum regelrechten Blutfest avanciert.
Reichlich antiquierter Slasher im Weichzeichner-Look, der weitgehend konventionell zu Werke geht und die noch jungen Schemata bestenfalls variiert, anstatt sie wie beständigere Konkurrenzproduktionen mitzudefinieren. Dennoch macht es auch zum wiederholten Male Spaß, sich diese Mixtur aus Wichtigtuerei und Sorglosigkeit anzutun. "Prom Night" verlässt sich in diesem Zusammenhang keinesfalls einzig auf seine tatsächlich kaum schrecklichen Schrecknisse, sondern protzt mit flotten Discoeinlagen und entsprechender Musik, die sämtlich klingt wie von Frank Farian oder Michael Kunze bewerkstelligt. Wer denn nun der Mörder ist, das lässt sich bereits früh erahnen, umso weniger verwunderlich ist dessen mangelhafte Standfestigkeit. Im Gegensatz zu einem mystifizierten Höllengespenst wie etwa Michael Myers kann der hier zu Werke gehende Killer, der während seiner Attacken bereits selbst das eine ums andere Mal fast unschädlich gemacht wird, somit kaum schocken. Was bleibt, sind eine denkwürdige Enthauptungsszene und ein Quartett komischer Schauspieler: Leslie Nielsen und die ihren damaligen Status als scream queen zementierende Jamie Lee Curtis als Papa und Tochter, der spätere C-Actionstar Jeff Wincott als geiler Teeniebock und schließlich die als Sledge Hammers Partnerin Dori Doreau in die Annalen des Comedy-TV eingegangene Anne-Marie Martin (die sich hier noch "Eddie Benton" nannte) als eifersüchtiges, reiches Miststück. Ob das alles gesammelt zum Klassiker genügt, bleibt wohl eine ganz individuell einzuordnende Kiste.
5/10
#1994
Geschrieben 19. Oktober 2009, 09:35
Hello Mary Lou: Prom Night II (Mary Lou) ~ CAN 1987
Directed By: Bruce Pittman
Die Hamilton High School beherbergt noch andere schauerliche Geheimnisse. Schon 1957 wurde nämlich die lebenslustige Ballkönigin Mary Lou Maloney (Lisa Schrage) von ihrem damaligen, eifersüchtelnden Freund Bill Nordham (Steve Atkinson) durch ein Versehen ausgerechnet während ihrer Krönungszeremonie auf der Bühne in Brand gesteckt. Dreißig Jahre später, Bill (Michael Ironside) ist mittlerweile selbst der Direktor der Hamilton High und hat ein properes Söhnchen namens Craig (Justin Louis), zeigt sich der Geist Mary Lous mitnichten als friedlich schlummernd. Stattdessen fährt er ausgerechnet in den Leib von Craigs Freundin Vicki (Wendy Lyon), die fortan holzt, was das Zeug hält und diverse Personen zur Hölle schickt, bis Bill selbst eingreift.
Mit Ausnahme des Schauplatzes der Hamilton High School und eines Parts von dem auch im Vorgänger aufgetretenen Brock Simpson (übrigens die einzige Konstante innerhalb der kompletten Reihe) gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten mit Paul Lynchs Originalfilm. Hier wurde es sogar übersinnlich; der Racheengel Mary Lou sollte ganz offensichtlich zu einer Art Horrorheldin gepusht werden, der die dollsten, physikalisch unmöglich scheinenden Dinger dreht und dabei jeweils einen trockenen Spruch loslässt. Der kommerzielle Erfolg blieb allerdings bescheiden, zumal es sich um ein kanadisches Serial ohne die Möglichkeit teurer Studio-PR handelte. Für "Hello Mary Lou" (der gleichnamige Ricky-Nelson-Song fehlt selbstredend nicht) wurden zudem etliche Versatzstücke aus Vorbildern wie "The Exorcist", "Carrie" und "A Nightmare On Elm Street" beliehen, zugegebenermaßen jedoch nicht ohne eine gewisse visuelle Rafinesse, worunter sich etwa ein eindrucksvolles, lebendig gewordenes Schaukelpferd verbuchen lässt. Überhaupt muss man es dem Autoren Ron Oliver halbwegs hoch anrechnen, dass er sich nicht damit begnügen wollte, einen weiteren konventionellen Slasher in die Kinowelt zu entlassen, sondern sich zumindest um ein gewisses Quentchen Innovation bemühte. So kann das nominelle "Sequel" durchaus als zumindest dem Original qualitativ ebenbürtig bestehen.
5/10
#1995
Geschrieben 19. Oktober 2009, 10:07
Prom Night III: The Last Kiss (Prom Night 3 - Das letzte Kapitel) ~ CAN 1990
Directed By: Ron Oliver / Peter R. Simpson
Mary Lou (Courtney Taylor) spukt noch immer durch die Gänge der Hamilton High, da nutzen auch eine Rundum-Renovierung und ein tölpelhafter neuer Rektor (Roger Dunn) wenig. Diesmal hat sich das schöne Gespenst mit dem eigenwilligen Humor den Durchschnittsschüler Alex (Tim Conlon), dessen große, um ein Medizinstudium kreisende Zukunftspläne leider nicht mit seinem Leistungsniveau konform gehen, für ihren blutigen Schabernack erwählt. Durch die geisterhafte Einflussnahme Mary Lous wird Alex urplötzlich zum Superstar der Schule. Doch die Dinge haben ihren Preis; unliebsame Störenfriede räumt die neue Gespensterfreundin nämlich auf die gewohnt wenig appetitliche Weise aus dem Wege. Als Alex mehr und mehr Leichen unter dem Footballfeld entsorgen muss, gibt er Mary Lou den Laufpass - was diese sich jedoch nicht tatenlos gefallen lässt...
Ein erneuter Richtungswechsel im "Prom Night" - Serial. Diesmal setzt Ron Oliver auf lupenreine Klamotte; alberner Slapstick tritt in jene Fußstapfen, die der deutlich abgründigere Grusel des Vorgängers hinterlassen hat. Oliver ignoriert auch weiterhin den ersten Teil und bleibt stattdessen bei seiner Kreation Mary Lou, die jetzt noch wesentlich umwegloser zu einem weiblichen Freddy Krueger ausgebaut wird und die ihren Opfern jeweils auf so erfinderische wie blutige Weise ihren (wie der Showdown zeigt keinesfalls endgültigen) Tod beschert. Wiederum sind diese Entwicklung und der sie umwehende frische Wind zu begrüßen, denn auch wenn "Prom Night III" nun endgültig in keinster Weise mehr ernst-, geschweige denn als evolutionärer Gennrebeitrag wahr genommen werden kann, so ist er doch immerhin der unterhaltsamste und witzigste Film der Trilogie (die streng genommen natürlich keine ist, denn zwei Jahre später folgte noch ein drittes, nach meinem Ermessen rundum verzichtbares Sequel ohne Mary Lou Maloney), der zudem von sich behaupten kann, bei aller Preisgünstigkeit recht liebevoll gemacht zu sein.
Ein kleiner Randhinweis für Editionsphilologen: Die jüngst erschienene deutsche DVD weist zwei Fassungen auf, die sich bildqualitativ nicht viel nehmen. Die auch auf dem US-Silberling enthaltene, geschnittene Version in englischer Sprache und die ungekürzte, gut synchronisierte deutsche Sprachfassung, die noch von der alten Madison-VHS bekannt ist.
5/10
#1996
Geschrieben 20. Oktober 2009, 07:43
The Beguiled (Betrogen) ~ USA 1971
Directed By: Don Siegel
In den letzten Tagen des Sezessionskriegs gerät der Unionscorporal John McBurney (Clint Eastwood) schwerverletzt in die "Obhut" eines Mädcheninternats in Louisiana. Frauen und Mädchen aller Kuleur und Altersklassen finden sich dort und allesamt verlieren in irgendeiner Weise ihr Herz an den um geschickte Schmeicheleien nicht verlegenen Soldaten. Einher mit den unkoordinierten Romanzeleien geht jedoch auch ein sich steigerndes Maß an Eifersucht, das schlussendlich zur Katastrophe für McBurney führt.
Too much love will kill you: Siegels kunstvoller und lyrischer kleiner Film um einen soziologischen Mikrokosmos, dessen bizarre Eigendynamik keine groben Fremdkörper assimilieren kann ohne sie zugleich zu zerstören, lässt sich nur schwer einordnen. Ein wenig Westernatmosphäre liegt darin, eine gute Portion Antikriegsfilmgestus und schließlich eine gehörige Prise Schauerromantik, die spätestens dann akut wird, als sich herauskristallisiert, dass das von McBurney zuvor gewähnte Paradies sich als männerfressende Frauenhölle entpuppt. Den Film deshalb als misogyn zu bezeichnen, wäre jedoch kurzsichtig. McBurney hat es schlussendlich nicht besser verdient; ist er doch ein dreister Lügner, der seinen maskulinen Charme spielen lässt, um sich gezielte Vorteile zu verschaffen, deren unpassende Konstellation er jedoch selbst zu kurzsichtig ist zu überblicken. Er enttäuscht alle, die ihn zunächst anbeten - sowohl die ihn in ihr Bett lockende, frühreife Nymphomanin (Jo Ann Harris) als auch die keusche Lehrerin (Elizabeth Hartman); sowohl die inzestuös geprägte Internatsleiterin (Geraldine Page) als auch seine kindliche Retterin (Pamelyn Ferdin). Schließlich bringt er selbst die Noch-Sklavin Hallie (Mae Mercer) durch eine volltrunkene Vergewaltigungsdrohung gegen sich auf. Eine willkürliche Amputation, die McBurney als das erkennt, was sie in Wahrheit ist, nämlich eine symbolische Kastration, ist nur die Vorstufe für sein finales Schicksal. Die gesellschaftliche Ausnahmesituation jener Ära bedingt dabei erst das vorherrschende, stumme Grauen in jenem Internat.
Siegel fasst diese Geschichte in so schöne wie metaphorische, sepiafarbene Bilder (ein Rabe mit gebrochenem Flügel, der ursprünglich gesund gepflegt werden soll, verendet wie McBurney); der Süden der Staaten, einmal mehr als einziger großer Sumpf charakterisiert, frisst ein weiteres verirrtes Filmopfer.
9/10
#1997
Geschrieben 20. Oktober 2009, 08:03
Breezy (Begegnung am Vormittag) ~ USA 1973
Directed By: Clint Eastwood
Der alternde, geschiedene Immobilienmakler Frank Harmon (William Holden) lernt eines Tages das vielleicht ein Drittel seiner eigenen Lebenstage zählende Hippiemädchen Breezy (Kay Lenz) kennen. Breezys unverdorbene und leichtlebige Weltsicht verzaubern den alten Zweifler, ohne dass er es sich eingestehen möchte und selbst eine aufkeimende Liebesgeschichte kann Harmon nicht davon überzeugen, dass wahre Liebe unabhängig von gesellschaftlichen Schranken und Konventionen ihre Berichtigung hat. Erst der Unfall einer Freundin (Maj Dusay) öffnet ihm noch rechtzeitig die Augen.
Eastwoods dritte Regiearbeit, kurz nach dem diametral entworfenen, im Film als Kinoaushang zu sehenden "High Plains Drifter" entstanden, verzichtet erstmals auf seine eigene Mitwirkung als Darsteller. Stattdessen widmet sie sich einer zu Eastwoods Ikonographie ohnehin unpassenden Art "Harold And Maude" unter umgekehrten Vorzeichen, diesmal allerdings mit erfrischend hoffnungsvollem Happy End. Zugegeben - die gesellschaftlichen Akzeptanzwerte stehen in vorliegender Konstellation etwas günstiger; ein alter Mann und eine junge Frau erscheinen eben doch noch etwas tolerabler als eine alte Frau und ein junger Mann - nebenbei übrigens nicht umsonst ein akutes Thema der Genderforschung. Die erotische Tragweite der Beziehung vermag Eastwood somit jedenfalls wesentlich umwegloser darzustellen als es Ashby zwei Jahre zuvor "durfte" und die philosophische Qualität von "Breezy" muss zwangsläufig hinter der großen Weltretter-Attitüde von "Harold And Maude" zurückstehen. Das eigentlich Schöne an Eastwoods Film jedoch ist, dass er an derlei Universellem gar nicht oder höchstens sekundär interessiert ist. Hier geht es um nichts weniger und nichts mehr als eine miefbefreit und unkompliziert erzählte love story ohne die Möglichkeit sozialer Absegnung, deren Akzeptanz daher den meisten Menschen kaum weniger schwer fallen dürfte als Frank Harmon im Film. Umso wichtiger und schöner, ausnahmsweise nicht mit einem Kloß im Hals entlassen zu werden, sondern mit juchzendem Herzen.
8/10
#1998
Geschrieben 21. Oktober 2009, 09:44
Thunderbolt And Lightfoot (Die Letzten beißen die Hunde) ~ USA 1974
Directed By: Michael Cimino
Durch Zufall lernen sich zwei Freigeister, der als Prediger getarnte Thunderbolt (Clint Eastwood) und der Nachwuchskriminelle Lightfoot (Jeff Bridges) kennen. Zusammen schlägt man sich durch und wird permanent von zwei alten Kumpanen Thunderbolts, dem soziopathischen Red Leary (George Kennedy) und dessen Partner Goody (Geoffrey Lewis) verfolgt und bedroht. Die Ursache dafür liegt in einem längst verjährten Raubüberfall, dessen Beute sich nicht mehr auftreiben lässt, wofür Leary Thunderbolt die Schuld gibt. Der durch seine Flapsigkeiten zunehmend die Aggressionen Learys schürende Lightfoot kommt auf die Idee, exakt denselben Bruch nochmal zu drehen. Anfangs sieht noch alles nach einer geglückten Durchführung aus, doch minimale Übersehnisse machen dem Quartett einen Strich durch die Rechnung.
Ciminos Regiedebüt, das er zugleich als Autor für Eastwoods Malpaso realisieren durfte, nachdem sich der Star bereits von den schreiberischen Qualitäten des aufstrebenden Jungfilmers für das "Magnum Force"-Script hatte überzeugen können. "Thunderbolt And Lightfoot" liefert einen ganzen Pool irrwitziger Charaktere, Situationen und Gedankenanstöße, abgefasst unter virtuoser Nutzung des Scope-Formats. Über weite Strecken geschieht scheinbar nichts Wesentliches mit Ausnahme diverser, die Figuren definierende Szenen. Dabei dämmert es einem irgendwann, dass der Film nichts weniger sein dürfte, als eine, wenn nicht die Blaupause für das spätere filmische Universum der Coen-Brüder mitsamt der Ansiedlung der Geschichte im gesetzlichen Halbdunkel unter Verwendung eines schnippischen Helden und nicht ohne Verzicht auf das cholerische Übergewicht. Die Odyssee durch den amerikanischen Mittelwesten mit all ihren kleinen Episoden ähnelt tatsächlich in nicht unwesentlichem Maße einer Arbeit der Coens. Ein naheliegendes Remake wäre für sie wohl nicht einmal schwierig zu besetzen: Auf Eastwood käme natürlich George Clooney, auf Kennedy John Goodman, auf Lewis Steve Buscemi. Nur ein Bridges-Äquivalent erscheint zunächst wenig naheliegend, aber auch dafür fände sich vermutlich rasch eine passende Idee.
8/10
#1999
Geschrieben 21. Oktober 2009, 10:08
The Gauntlet (Der Mann, der niemals aufgibt) ~ USA 1977
Directed By: Clint Eastwood
Ben Shockley (Clint Eastwood), verlotterter Polizist aus Phoenix, soll einen wichtigen Zeugen von Las Vegas aus eskortieren. In der Stadt angelangt, muss Shockley feststellen, dass sich der zu überführende Gus Malley (Sondra Locke) als freche junge Dame entpuppt, die sich nicht nur strikt weigert, mit ihm zu kommen, sondern ihm zugleich noch eine unangenehme Wahrheit offenbart: Die örtliche Mafia macht aus der Dienstreise Shockleys ein Spiel, mit immens hohen Quoten gegen Ben und Gus. Nach kurzer Zeit müssen die beiden erkennen, warum: Der gesamte Polizeiapparat von Vegas ist hinter ihnen her. Doch Shockley erweist sich als nicht zu bremsender Dickkopf, dessen Ehrgeiz, seine Aufgabe zu Ende zu führen, sich nur noch vergrößert, als er erfährt dass sein Auftraggeber Commissioner Blakelock (William Prince) höchtselbst es auf ihn abgesehen hat und mit dem Mob paktiert.
Eine starke Figur mit geringfügigen Schwächen: Eastwoods Ben Shockley ist dabei natürlich auch bloß so weit in der Verwitterung begriffen, wie es die Ikonographie des Schauspielers zum damaligen Zeitpunkt zuließ. Für eine konsequentere Demontage fehlte es noch an Mut. Zwar ist es anno 77 für Eastwoods Verhältnisse sicher ein wenig ungewöhnlich, dass in einem seiner Filme beim morgendlichen Polizeidienstantritt eine leere Flasche Bourbon aus seinem Auto purzelt, ansonsten jedoch beschränkt sich die analytisch vielbeschworene Verwahrlosung Shockleys tatsächlich auf einen kurzen filmischen Moment der buchstäblichen Unrasiertheit. Die Erkenntnis, dass gerade er wegen seiner vermeintlichen Inkompetenz für den zum Scheitern verurteilten Job der Zeugeneskortierung ausgewählt wurde, bremst den Helden keineswegs. Im Gegenteil bietet sich in der Folge ausgiebig Gelegenheit, die sattsam bekannten Qualitäten des Kino-Actiongottes Eastwood unter Beweis zu stellen. Interessanter hingegen die Funktion der Frauenfigur. Die Rolle von Sondra Locke, die noch in einer relativ frischen Beziehung mit ihrem Regisseur steckte, wurde zu einem überaus starken, progressiv-femininem Charakter ausgebaut, einem sogar, wie er in Eastwoods Schaffen lange Zeit eine Rarität bleiben soll. Analog dazu gibt es eine der schönsten Liebesgeschichten seines gesamten Oeuvres. Überhaupt scheint die private und professionelle Partnerschaft mit Locke die Perspektive des Filmemachers in nicht unvorteilhafter Weise erweitert zu haben, dafür sprechen viele, wenn auch nicht alle während dieser vierzehnjährigen Liaison entstandene Filme des Regisseurs Eastwood.
8/10
#2000
Geschrieben 22. Oktober 2009, 10:41
Every Which Way But Loose (Der Mann aus San Fernando) ~ USA 1978
Directed By: James Fargo
Die beiden Tagelöhner Philo Beddoe (Clint Eastwood) und Orville Boggs (Geoffrey Lewis) hausen zusammen mit Orvilles Ma (Ruth Gordon) und dem Orang Utan Clyde im San Fernando Valley. Dort verbringen sie ihre Zeit damit, in der Countrybar 'Palomino' abzuhängen, Autos zu reparieren und diverse Prügeleien hinter sich zu bringen. Besonders auf letzterem Sektor ist Philo bereits eine überlokale Legende und verdient sich damit als eine Art Wettpferd ein ordentliches Zubrot. Als er die fahrende Countrysängerin Lynn Halsey-Taylor (Sondra Locke) kennen und lieben lernt und sie sich eilig wieder von ihm per Brief Richtung Denver verabschiedet, reist Philo kurzerhand hinterher, begleitet von Clyde und Orville und verfolgt von zwei garstigen Polizisten (Gregory Walcott, James McEachin) sowie der dusseligen Rockergang 'Black Widows'. Neben Lynn steht für Philo außerdem noch ein Faustkampf gegen den angeblichen Metiersbesten Tank Murdock (Walter Barnes) an...
Mit den beiden "Which Way" - Filmen erfand Eastwood ein neues, immens intelligentes Komödien-Subgenre - das des "Affen-&-Prügelfilms". Doch ernsthaft: Die von Warner Bros. als eine Art Konkurrenz zu Universals "Bandit"-Reihe mit Burt Reynolds ersonnene Dublette um Philo, Orville und ihren versoffenen Orang Utan Clyde, wie das Vorbild im Grunde für eher schlichte Gemüter mit besonderer Country'n Western - Affinität kreiert, avancierte nicht nur zu reellen Blockbustern, sondern darüberhinaus zu den bis dato größten kommerziellen Erfolgen für Eastwood und bescherte dem damit weiter voran (nämlich auf vornehmlich provinzieller w.a.s.p.- Ebene) mythologisierten, "konservativen Rebell" sowie seiner Malpaso Company ganz neue Publikumsschichten und vor allem dicke Dollars. Dabei haben die Filme bei Licht betrachtet, abgesehen von einer ganz bewusst verkitschten Art von Milieu-Luzidität nichts, was sie besonders machen würde. Beide Beiträge waren, ähnlich wie die späteren "Dirty Harry" - Folgen, Angebote von Eastwood an zwei frühere Assistenten, mit ihm und für ihn Regie zu führen, freilich unter Verwendung weiter Teile der Malpaso-Familie, darunter Produzent Fritz Manes, Komponist Jerry Fielding, Cutter Ferris Webster oder eben diverse Darsteller wie Geoffrey Lewis, Sondra Locke, Walter Barnes, Bill McKinney, Michael Cavanaugh oder John Quade, die einem in den Eastwood-Werken dieser Zeit permanent begegnen. Die Qualität der Philo-Filme hielt sich dabei irgendwo im Grenzbereich zwischen Gut und Böse. Besonders "Every Which Way But Loose" verfällt mitunter allzu sehr in unpassend schwermütige Sphären, ist viel zu lang für seine inhaltliche Schwachbrüstigkeit und versaut, wenn sie nicht ohnehin bereits durch narrative Redundanz "glänzen", etliche Szenen durch eine Art Humor, die schlicht nicht komisch ist. Man fragt sich, woher ausgerechnet die offenbar umfassende positive Mundpropaganda für einen Film wie diesen gekommen sein mag.
5/10
#2001
Geschrieben 22. Oktober 2009, 10:59
Any Which Way You Can (Mit Vollgas nach San Fernando) ~ USA 1980
Directed By: Buddy Van Horn
Philo Beddoe (Clint Eastwood) gerät in die Fänge des illegale Kampfwettspiele ausrichtenden Geschäftsmannes Beekman (Harry Guardino). Dieser überredet den Affenbruder gegen großzügiges Entgelt zum Faustkampf gegen seinen besten Mann Jack Wilson (William Smith). Als Philo Wilson kennenlernt und sich mit ihm anfreundet, fällt es Lynn (Sondra Locke), mit der Philo nun doch noch anbendelt, nicht mehr sonderlich schwer, ihren Macker zu überreden, auf den Fight zu verzichten. Als Philo Beekman eine Absage erteilt, lässt dieser Lynn entführen und zwingt Philo somit doch noch zum Antritt gegen Wilson. Die beiden Muskelmänner jedoch verbrüdern sich, hauen Lynn raus und sagen den Kampf nur zum Schein offiziell ab, um zumindest inoffiziell herauszufinden, wer von ihnen der Bessere ist...
Eigentlich kein großes Kunststück - "Any Which Way You Can" ist einer jener vielzitierten Fälle, in denen das Sequel sein Original unumwunden in den Schatten stellt. Die Gags sind deutlich quantitativer, dabei grotesker, lustiger und gezielter eingesetzt; Clyde und Ma Boggs (Ruth Gordon) bekommen wesentlich mehr Spielraum, den sowohl der nette Affe als auch die nette Oma sich gar vorzüglich auszufüllen anschicken und auch die 'Black Widows' unter wiederholtem Vorsitz des wie gewohnt am Rande des Nervenzusammenbruchs stehenden Knautschgesichts John Quade als Challo leisten sich diesmal echt witzige Schlappen, darunter eine Teerdusche mit anschließener Ganzkörperrasur. Schon der vielsagende Titelsong "Beers To You", den Eastwood höchstpersönlich zusammen mit Ray Charles eingesungen und -geklimpert hat, bürgt für wahre Qualität. Der größte Vorteil gegenüber dem Erstling aber: "Any Which Way You Can" verzichtet auf jegliche überflüssige Stimmungstrübungen. Weder gibt es ein erneutes Beziehungsgelänkel zwischen Philo und Lynn (die Sache ist diesmal von Anfang an klar), noch gerät Philo am Ende in eine Identitätskrise (eine solche wird kurz zu Beginn angedeutet, dann jedoch sehr schnell wieder verworfen und vergessen). Der finale Fight gegen die Bodybuilding-Legende "Big Bill" Smith wird diesmal regelgerecht zu Ende geführt, ganz so, wie es sich gehört und trotz letztlich von vornherein einleuchtenden Ausgangs.
Wenn schon solch unverhohlenes "Kino mit dem gewissen Nichts", dann jedenfalls bitte so lustig wie hier.
6/10
#2002
Geschrieben 23. Oktober 2009, 10:11
Escape From Alcatraz (Flucht von Alcatraz) ~ USA 1979
Directed By: Don Siegel
1960 kommt der Häftling Frank Morris (Clint Eastwood) auf die als auscbruchssichere Gefängnisinsel Alcatraz. Der Direktor (Patrick McGoohan) erweist sich dabei zunehmend als Repräsentant eines inhumanen Ordnungssystems. Morris fasst zusammen mit einem kurz nach ihm eingelieferten Brüderpaar (Fred Ward, Jack Thibeau) den Plan, über den Belüftungsschacht seiner Zelle zu entfliehen.
Genau inmitten der beiden eher clownesken "Which Way" - Stücke entstand dieser vorzügliche Gefängnisfilm, der die wahre Geschichte eines Ausbrechertrios aus dem als "The Rock" in die amerikanische Geschichtsschreibung eingegangenen Superknast berichtet. "Escape From Alcatraz" bedeutete jedoch zunächst einmal das finale Kapitel eines der großen Regisseur-/Darsteller-Dreamteams der Kinogeschichte - nach vier gemeinsamen Filmen, darunter mit "The Beguiled" jener, den der Regisseur als sein persönliches Meisterstück bezeichnete, markierte Eastwoods einzige Zusammenarbeit mit der Paramount den Schlussstrich darunter. Eastwood, der stets deklamierte, dass er alles Wichtige im Regiefach von Siegel gelernt habe, konnte mit der Rolle des so hyperintelligenten wie geheimnisvollen Frank Morris, der sich allerhöchstens auf Anfrage namentlich vorstellt, seine persönliche Ikonographie weiter vorantreiben. Waren Morris und die legendären Umstände seiner Flucht nicht ohnehin schon wie für Eastwood geschaffen, wurde das Script auch bis in die letzten Details speziell auf den Hauptdarsteller zugeschnitten. Morris ist ein immens knurriger, wortkarger Typ - so wenig Dialog wie hier hatte der Schauspieler schätzungsweise seit "High Plains Drifter" nicht mehr. Seine Biographie bleibt bewusst im mythischen Halbdunkel. Auf die Frage, welche Besucher er anzumelden gedenkt, erwidert Morris, dass ihm "so auf Anhieb keine einfallen". Sein gut funktionierender Gerechtigkeitssinn wird dabei im Laufe der Geschichte weit über seine früheren Verfehlungen gestellt: Es gibt zweifellos Gründe, warum Morris einsitzt, die aber sind nunmehr irrelevant. Viel entscheidender ist seine Reaktion auf die Repression zweier von ihm geschätzter Mithäftlinge, die der unterschwellig sadistische Direktor auf dem Gewissen hat. Dem leidenschaftlichen Maler Doc (Roberts Blossom) wird die Malerlaubnis entzogen, nachdem der Direktor ein wenig schmeichelhaftes Porträt von sich entdeckt; der gewitzte Litmus (Frank Ronzio) bekommt einen Herzinfarkt, als der Direktor eine der von Doc gezüchteten Chrysanthemen in einem Handstreich symbolischer Dämonie zerquetscht. Dessen Reaktion: "Some men are destined never to leave Alcatraz - alive." Morris entflieht also keinesfalls seinem gerechtfertigten Strafentzug, sondern einem seine Bewohner zerbrechenden Mikrokosmos. Und der Mythos lebt bis in die Gegenwart hinein beständig weiter: Die Leichen des Ausbrechertrios wurden nie gefunden und es stellte sich nie heraus, ob sie ertrunken waren - eine "Richtigstellung" wie sie der Direktor und die US-Justiz gern gelten lassen - oder ob ihnen die Flucht geglückt ist.
9/10
#2003
Geschrieben 23. Oktober 2009, 10:32
Firefox ~ USA 1982
Directed By: Clint Eastwood
Der inaktive Air Force - Major Gant (Clint Eastwood), der seit Vietnam eine heftige Kriegsneurose mit sich herumschleppt, wird zurück in die Wirren des globalen Konflikts beordert. Die Sowjets haben eine MIG konstruiert, die nicht nur doppelt so schnell ist wie ihre amerikanischen Pendants, sondern deren Waffensysteme sich zudem durch die Gedankenströme des Piloten lenken lassen. Gant soll die Maschine stehlen und in den Westen überführen.
Ein seltsam aseptischer Beitrag zu der großen Welle von cold-war-movies in den Achtzigern, in denen es den Amerikanern regelmäßig gelang, den Kalten Krieg zumindest symbolisch für sich auszufechten. Rückblickend ist die Geschichte, die sich ohnehin in für Eastwood unpassendem Übermaß aus dem Bereich der science fiction bedient, weithin uninteressant. Was von "Firefox" bleibt, ist seine minutiöse inhaltliche Konstruktion, einige gelungene Spannungsmomente, darunter der entdeckt zu werden drohende Mord Gants an einem russischen Polizisten in einem Moskauer U-Bahnhof, die noch immer eindrucksvoll zu betrachtenden Flugszenen im letzten Drittel des Films und allem voran natürlich Eastwoods fortgesetzte Verschraubung seines Überheldenstatus. Trotz seines nicht unerheblichen psychischen Knackses, der vor Gants Gedankenkulisse jeweils mit dem Tod eines kleinen vietnamesischen Mädchens bebildert wird, gab Eastwood nie zuvor und nie danach wieder einen so unantastbaren Superhelden. Männer wie Gant, so suggeriert "Firefox", wären es, die letzten Endes hervorgezaubert werden müssten, wenn der Ost-West-Streit jemals für die "richtige" Seite entschieden werden soll. Auch wenn aufgrund seiner pathologischen Determination der Auftrag manches Mal baden zu gehen droht, erweist sich Gant in entscheidenden Augenblicken als kaltblütig genug, das 'Kind' zu schaukeln. Ähnlich wie Frank Morris in "Alcatraz" ist der Major keineswegs eine simple Herosfigur, sondern eine, die es mit einem unmenschlichen System (in diesem Falle: dem Kommunismus) aufnimmt, um ihm eine empfindliche Schlappe zuzufügen. Seine Sympathisanten jenseits des Eisernen Vorhangs, darunter ein leidenschaftlicher Widerständler (Warren Clarke) und zwei Wissenschaftler (Nigel Hawthorne, Ronald Lacey), bezahlen ihr Aufbegehren gegen das sie gefangenhaltende System allesamt mit dem Märtyrertod. Einen Epilog spart Eastwood sich; der Schluss erschöpft sich nach zwei relativ langen Stunden darin, den Helden in die buchstäbliche Freiheit entfliegen zu lassen. Keine Siegesfeier, keine Gratulation, kein Händeschütteln. Wahre Engel, so sie nicht gerade Luzifer Morgenstern heißen, bleiben eben dort, wo sie hingehören: Im Himmel.
6/10
#2004
Geschrieben 25. Oktober 2009, 12:30
Kingdom Of The Spiders (Mörderspinnen) ~ USA 1977
Directed By: John 'Bud' Cardos
Der Veterinär Dr. Robert "Rock" Hansen (William Shatner) muss den seltsamen Todesfall an einer Kuh untersuchen, die zuvor der ganze kerngesunde Stolz des Farmers Colby (Woody Strode) war. Mithilfe der Entomologin Diane (Tiffany Bolling) findet Rock heraus, dass die Spinnen in der Gegend aufgrund ihrer durch den Einsatz von Pestiziden verseuchten, natürlichen Beute damit beginnen, das Vieh anzuknabbern. Doch damit nicht genug: Die Achtbeiner gehen bald auch auf Menschen los! Diane, Rock und ein paar andere bemitleidenswerte Individuen verschanzen sich in einer kleinen Pension, belagert und bedroht von Myriaden von Spinnen.
Grundsätzliche Vorsicht ist geboten, wenn ein Regisseur seinen Spitznamen stolz durch die Filmcredits schleift. Der in diesem Jahr seinen Achtzigsten feiernde John 'Bud' Cardos, von dem ich bisher alles in allem glaube ich drei Filme gesehen habe, scheint allerdings ohnehin ein Spaßvogel zu sein, insofern ist da vieles verzeihlich. "Kingdom Of Spiders" gilt gemeinhin, so scheint mir, als sein opus magnum. Besonders in meiner Generation genießt er einen nicht zu verachtenden Popularitätsgrad, der vor allem damit zusammenhängt, dass er vor gut zwanzig Jahren das eine ums andere Mal im Samstagnachtprogramm der ARD (nach der Lottoziehung und dem "Wort zum Sonntag" - ich erinnere mich an viele ungeduldige Minuten) zu sehen war. Was man nun als Steppke als ziemlich schrecklich empfunden hat, entpuppt sich in der Rückschau als harmloses Seifenbläschen, dem man mit Augenzwinkern begegnen sollte, um seinem jüngerem Ego nicht jegliche Mündigkeit absprechen zu müssen. Jeder hat so seine persönlichen Momente, mein werter Mitschauer (dessen Auswahl die Betrachtung übrigens zu verdanken ist) fand sich zeitlebens durch die "Flugzeug-Szene" traumatisiert, während ich mich noch gut an das recht unbequeme Finale erinnern konnte, das "Kingdom" wirklich etwas überdurchschnittlich erscheinen lässt. Im Vergleich zu dem anderen großen Schocker über kleine Spinnen des letzten Jahrhunderts, "Arachnophobia", muss man, aller berechtigten Nostalgie zum Trotze, Cardos' Film jedoch den keinesfalls unwesentlichen Krabbelfaktor absprechen. Die Dutzenden von Vogelspinnen sitzen permanent satt und zufrieden, vielleicht zusätzlich sediert, in der Gegend herum und haben offenbar ein so gutes Benehmen, dass keiner der Darsteller Berührungsängste zeigen muss. Der Bewegungsfaktor, für Tierhorrorfilme eine wesentliche Ingredienz, entfällt nahezu vollends: Die Spinnen in "Kingdom" rennen nicht, sie laufen noch nichtmal schnell, sondern setzen, wie es Vogelspinnen eben zu tun pflegen, ganz vorsichtig ein haariges Beinchen vor das andere. Im Gegensatz zu ihren von überschüssiger Panik erfüllten Opfern freilich, die sich auch ganz einfach auf ein Fahrrad setzen und gemütlich in den nächsten Ort radeln könnten, um der ergo irrealen Bedrohung zu entgehen. Der tierischen Behäbigkeit wird versucht, vermittels eines simplen Steadycam-Tricks zu begegnen, indem nämlich der Zuschauer zuweilen die Perspektive einer husch-husch auf ihr kurzsichtiges Opfer zukrabbelnden Spinne anzunehmen angehalten ist. Funktionöckelt aber auch nicht eben optimal.
Kurzum: "Kingdom Of The Spiders" wirkt nach etwas über 30 Jahren lustig, aber nicht grauslig. Die jüngere Konkurrenz - ich erwähnte sie ja bereits - erfüllt ihren diesbezüglichen Auftrag da um einiges planvoller.
6/10
#2005
Geschrieben 26. Oktober 2009, 15:47
Honkytonk Man ~ USA 1982
Directed By: Clint Eastwood
Der Südwesten zur Depressionszeit: Der an Tuberkulose und Trunksucht erkrankte Country-&-Western-Sänger Red Stovall (Clint Eastwood) plant insgeheim seine letzte große Überlandfahrt nach Nashville. Dort will er seinen Popularitätsgrad erhöhen, indem er an einem Musikmarathon teilzunehmen plant, der im Radio übertragen werden wird. Zusammen mit seinem Neffen Whit (Kyle Eastwood) und dem Vater (John McIntire) seines Schwagers (Matt Clark), der zurück in seine alte Heimat Tennessee will, reist Red unter Einbeziehung allerlei turbulenter Erlebnisse nach Nashville. Als ihn ausgerechnet während des Vorsingens auf der Bühne ein fürchterlicher Hustenanfall packt, glaubt Red schon alles verloren - doch ein Plattenproduzent (Joe Regalbuto) überredet ihn, ein paar seiner Songs im Studio einzuspielen.
Unmittelbar nach "Firefox" entstanden, wirkt "Honkytonk Man" trotz seiner wiederkehrenden Themen wie ein diametraler Gegenentwurf zu ersterem. Frühere Ansätze der Dekonstruktion seiner mittlerweile sehr manifesten Typographie treibt Eastwood hier noch deutlich voran. Auch wenn es nicht ganz ohne Schusswaffe geht - ein Zigaretten rauchender, versoffener und todkranker Liedermacher, der nach fünf Joggingschritten tot zusammenbräche, kennt man 1982 noch nicht von ihm. Fiel in "The Gauntlet" noch ein leerer Flachmann aus der geöffneten Wagentür, fällt diesmal gleich der ganze Clint heraus; seine zuvor größenteils durch physische Agilität definierten Figuren weichen hier erstmals einem vom Leben enttäuschten Menschen, der, auf seinen Exitus zuschleichend, bemerkt, dass nichts von ihm bleiben wird, wenn er nicht etwas mehr Anstrengung als gewohnt zu investieren bereit ist. Das sind bittere Erkenntnisse und ganz besonders wohl solche, die langsam auch von Eastwood, dem Filmregisseur Besitz ergriffen haben werden, denn ganz offensichtlich zog es den Meister hier erstmals zum ernsteren Fach. Heraus kam ein Werk, das bis heute nicht die Anerkennung genießt, die es verdient, das künstlerisch auf einer Stufe steht mit Eastwoods jüngeren Arbeiten und das hoffentlich eines Tages noch in aller Form von der offiziösen Kinogeschichtsschreibung "entdeckt" wird.
8/10
#2006
Geschrieben 26. Oktober 2009, 16:11
Tightrope (Der Wolf hetzt die Meute) ~ USA 1984
Directed By: Richard Tuggle
Police Captain Wes Block (Clint Eastwood) lebt in New Orleans als geschiedener und alleinerziehender Vater zweier Mädchen (Alison Eastwood, Jenny Beck). Obwohl die Arbeit ihn masnchmal aufzufressen droht, kümmert er sich rührend um die Kinder. Doch Blockl pflegt auch eine geheime Schattenseite: Des Nachts treibt er sich im Prostituiertenmilieu der hinteren Bourbon-Street-Bezirke herum und steigt dort mit Huren, die eine Vorliebe für Bondage-Spielchen hewgen, in die Federn. Pikant wird es, als ein Killer das Milieu unsicher macht, der nicht nur in denselben Kreisen seine Opfer sucht, in denen Block verkehrt, sondern der die Doppelidentität seines Jägers kennt und diese publik zu machen droht.
Selbstdekonstruktion, die zwote: Nach dem melodramatischen "Honkytonk Man" gab Eastwood mit dieser gezähmten "Cruising"-Variation zu bedenken, dass selbst amerikanische Saubermänner nicht nur Blümchensex praktizieren müssen. Selbstredend geht es in "Tightrope" bestenfalls sekundär um die Jagd nach einem Serienmörder, der entsprechend wenig bedrohlich und letztlich als fast stummer Psychopath präsentiert wird. Wie in allen seinen Filmen als Schauspieler interessiert sich Eastwood vornehmlich für sich selbst, respektive seine Leinwandinkarnation. Jene wird in "Tightrope" so weit als Porträt eines liebenswerten und hehren Menschen umrissen, wie sie zusammen mit den Filmkindern (eines davon ist tatsächlich Eatwoods Tochter) oder bei ihrer investigativen Arbeit gezeigt wird. Umso verwunderlicher die bald darauf eingelenkte sexuelle "Obsession" des Familienvaters, die mit ziemlicher Selbstverständlichkeit als pathologisch und heilungsbedürftig umrissen wird. Mit Handschellen im Bett zu hantieren kann bzw. darf eben nicht als normativ gelten, zumindest nicht in einem von Clint Eastwood bevölkerten Kosmos. Diese moralische Bigotterie darf man "Tightrope" verzeihen, weil er nunmehr 25 Jahre auf dem Buckel hat und zu einer Zeit entstanden ist, die besonders im Rückblick vor konservativer Verlogenheit nur so strotzt. Abseits von dieser Katalogisierung bleibt ein teils recht spannender, für Eastwoods Filmographie sicher nicht unwichtiger, sein Thema dabei aber weit hinter seinen Möglichkeiten verhandelnder Thriller.
7/10
#2007
Geschrieben 26. Oktober 2009, 16:39
City Heat ~ USA 1984
Directed By: Richard Benjamin
Im Kansas City des Jahres 1933 knallen Gangster um alle Ecken. Der ausgeschiedene Polizist und jetzige Privatschnüffler Murphy (Burt Reynolds) sieht sich unflätigen Steuerfahndern ausgesetzt, während sein Ex-Kollege Lt. Speer (Clint Eastwood) sich mit Leon Coll (Tony Lo Bianco) und Primo Pitt (Rip Torn), den zwei großen konkurrierenden Gangsterbossen der Stadt, herumschlägt. Als Murphys Partner Swift (Richard Roundtree) Coll mithilfe dessen Buchhalters (Jack Nance) um seine Finanzbücher entledigt und ihn zu erpressen plant, rappelt es in der Stadt. Auch Pitt ist als Colls Erzfeind an dem belastenden Material interessiert und Murphy und Speer sehen sich, nachdem Swift bereits aus dem Weg geräumt wurde, allerlei Geprügel, Schießereien, Entführungen und anderen Grabenkämpfen gegenüber.
Ein prachtvoll aussehender Film, ganz so, wie man sich ein kurz nach der Prohibitionszeit spielendes period piece wünscht. Vorzüglich ausgeleuchtet, eingefärbt und verschwenderisch ausgestattet, werden in "City Heat" Designträume wahr, die in dieser Form heute wohl kaum mehr finanzierbar wären. Ihren artifiziellen look transportiert die ohnehin verschmitzt-ironische Rückschau dabei voller Stolz. Leider muss dem Film seine sicherlich einstmals vorhandene, immerhin von Blake Edwards aufgeblasene Seele von zwei Tommy-Guns zersiebt worden sein. Bis auf die besagte, schöne Fassade passt nämlich nichts richtig zusammen. Abgesehen davon, dass der gesamte Plot in episodisches Stückwerk bröckelt, hält Benjamin, mir sonst als semiberühmter Akteur geläufig, nur mit Mühe eine Form von 'Atmosphäre' zusammen. Die tollen Darsteller werden inklusive der beiden Protagonisten durch die Bank verheizt. Reynolds wähnt sich wohl in einer Slapstick-Komödie von Hal Needham, jenfalls schauet er oft genauso dämlich drein wie ehedem als J.J. McClure und Eastwood muss das ganze Engagement einzig als befremdlich empfunden haben, weswegen sein zähneknirschendes Gesicht für den Film auch kaum von Bedeutung ist. Ein paar wenige gelungene Gags wie der Kurzstreit der beiden früheren Freunde um die jeweilige Länge des Revolverlaufs - jenen entscheidet 'Dirty Clint' natürlich für sich - retten "City Heat" auch nicht in überdurchschnittliche Sphären.
Ein paradoxes Vergnügen, einem schweren Dessertwein gleich, der, selbst im Übermaß genossen, keinen Kater hinterlässt: Es macht schon Freude, sich den Film seines edlen Buketts wegen anzuschauen, zurück bleibt aber kaum mehr als eine große, gähnende Leere.
5/10
#2008
Geschrieben 26. Oktober 2009, 17:00
The Atomic Submarine (Auf U-17 ist die Hölle los) ~ USA 1959
Directed By: Spencer Gordon Bennet
In naher Zukunft. Atombetriebene U-Boote gehören zu den gängigen Transportmitteln für den Passagierverkehr, besonders unter der Arktis erschlossene Routen befördern die Menschen flugs von A nach B. Als jedoch mehrere Unterseeboote explodieren bzw. auf mysteriöse Weise verschwinden, wird man im Pentagon hellhörig. Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Marine-Soldaten soll des Übels Wurzel ausfindig machen. Zusammen besteigt man das Unterseeboot 'Tigershark' und fährt Richtung Nordpol. Tatsächlich wird man dort nach einigem Ausharren fündig: Mithilfe magnetischer Energie saust ein außerirdisches Ufo durch das Polarmeer und versenkt alles, was ihm vors Rohr kommt. Dessen einziger Insasse entpuppt sich als eine Invasion vorbereitendes Alien.
Herrlicher Blödsinn, dessen Monster mutmaßlich die optische Vorlage für die aus den "Simpsons" bekannten, bösen Außerirdischen geliefert hat - eine gewisse Familienähnlichkeit ist zumindest unverkennbar. Mit wichtig intonierten Sätzen kommentiert ein Off-Erzähler die unterseeische Fahrt der Tigershark, eines hübschen kleinen Plastikbötchens inmitten putziger Styroporgletscher, das in der Badewanne des Regisseurs eine gar vortreffliche Figur macht. Im besten Wissen um seine mangelnde Substanz beschränkt der Film seine Laufzeit auf knappe 70 Minuten, wobei die letzten 15 wirklich der Schlager sind: Da kommt es nämlich und endlich zur Begegnung zwischen Mensch und Alien. Dem schleimigen Gesellen, der seine Abartigkeit und Arroganz durch ein permanentes, süffisantes Lachen unterstreicht, schießt der Held Captain Skipper (Dick Foran) kurzerhand sein Zyklopenauge aus der Birne - leider zwecklos, denn die fremde Rasse hat "es längst gelernt, sich blitzschnell selbst zu regenerieren!" Dafür jagt man dem Hundsfott from outer space eben noch zusätzlich eine Polaris-Rakete in den Arsch, bevor er fliehend den Orbit erreichen und seine Kumpels alarmieren kann. Gute, alte Atomkraft. Ist ja doch zu was zu gebrauchen.
5/10
#2009
Geschrieben 27. Oktober 2009, 15:06
Drag Me To Hell ~ USA 2009
Directed By: Sam Raimi
Nachdem die an tief verwurzelten Unsicherheiten leidende Kreditberaterin Christine (Alison Lohman) einer sich recht ekelhaft gebärdenden, älteren Kundin (Lorna Raver) eine Hypothekenverschiebung verweigert, vornehmlich, um sich beim Chef (David Paymer) ins rechte Bild zu setzen, ereilt sie ein Fluch: Die Alte entpuppt sich als Zigeunerin und darüberhinaus als Hexe, die dafür sorgt, dass Christine ein paar Tage von einem Ziegendämon, dem Lamia, verfolgt wird, bis dieser sich endgültig ihre Seele holen und mit in die Hölle nehmen kann. Sämtliche Versuche, den Lamia abzuschütteln, erweisen sich als fruchtlos und der Tag X rückt näher und näher...
Mit "Drag Me To Hell" versucht Raimi einen Brückenschlag zwischen dem politisch inkorrekten "Evil Dead" - Duktus seiner Anfangstage und dem jüngeren Horrorkino zwischen Spritz und Rumms. Das Ergebnis dieses Experiments: Eine sicherlich immens unterhaltsame und professionell gestaltete Gruselkomödie, die jedoch ihre vorsätzlich vulgären Schleim- und Ekeleffekte mit der inspirierten Subversion vergangener Zeiten verwechselt. Raimi kann eben nicht mehr aus seiner Haut, und die beinhaltet nunmal einen Regisseur, der mit dem "Spider-Man" - Franchise die Obhut für eine der erfolgreichsten Mainstreamreihen der letzten Jahre übernommen hat. Auch die KNB arbeitet heute deutlich gelassener, aber eben auch weniger ruppig und, unter Verwendung von CGI, undurchsichtiger als anno dazumal, weswegen selbst deren Verpflichtung Raimi nicht mehr in die Vergangenheit zurückkatalputiert. Allzu verführerisch die großzügig verfügbaren Mittel, allzu umweglos beziehbar das gemachte Studio-Bett. Reinlegen, bisschen rödeln, gut is'. "Drag Me To Hell", der zumindest als Höhepunkt auf den Pyjamapartys vierzehnjähriger Glamour-Leserinnen für Herzklopfen sorgen wird, ist kaum mehr ein Film von vielen, der eigentlich nur dadurch in besonderem Maße hervorsticht, dass er gerade zufällig mal kein Remake markiert - wobei - das Aufgreifen gewisser inhaltlicher Aspekte aus Tourneurs "Night Of The Demon" ist dann doch als eklatant zu bezeichnen.
6/10
#2010
Geschrieben 27. Oktober 2009, 15:30
Pig Hunt ~ USA 2008
Directed By: James Isaac
Zusammen mit vier Freunden (Tina Huang, Howard Johnson jr., Trevor Bullock, Rajiv Shah) macht sich John (Travis Aaron Wade) zu der Jagdhütte seines verstorbenen Onkels in den kalifornischen Hochwäldern auf. Die allesamt aus San Francisco stammenden jungen Leute freuen sich auf eine entspannte Wildscheinjagd vor Ort, als sie rasch feststellen müssen, dass sie dort keinesfalls ungestört sind. Jake (Jason Foster) und Ricky (Nick Tagas), ein Bruderpaar aus der ausschließlich aus Hinterwäldlern bestehende Rotte inzestuös-verblödeten Tibbs-Familie sowie eine obskure Hippiesekte, die in den Bergen Marihuana anbaut, durchkreuzen die Idylle ebenso wie die Legenden um einen gigantischen, "Ripper" genannten Keiler, der angeblich über eineinhalb Tonnen auf die Waage bringt.
Schön. Es gibt ja doch noch Filme, die man freimütig und ehrlich als 'krank' bezeichnen kann, ohne dass es zur Masche verkommt und ohne dass das Ausmaß ihrer Krankhaftigkeit unangenehm würde. "Pig Hunt" bedient sich freimütig aus der Mottenkiste des Genres, spielt gar virtuos auf der Klischeeklaviatur, zaubert dabei aber dennoch innovative Töne hervor. Obgleich er folglich vor Abziehbildern strotzt, vermag der Film es, seine eigene Identität zu schaffen und zu wahren. Dabei verharrt er sicher innerhalb eines bestimmten ästhetischen Rahmens, ohne Grenzen neu ausloten zu wollen oder es darauf anzulegen, besonderen Widerwillen bei seinem Publikum zu erzeugen. Mit einem formidablen, größenteils von Les Claypool arrangierten Soundtrack, dem besten, den ich in einem Horrorfilm seit langem gehört habe (und unter Verwendung eines absolut fabulösen "Titelsongs" - "Don't Be Scared" von A.R.E. Weapons), rotiert "Pig Hunt" förmlich, pulsiert und lässt einen nie ganz zur Ruhe kommen, weil hinter jeder Tür doch immer noch irgendetwas zu lauern scheint, womit bislang nicht zu rechnen war. Ein vergnüglicher Trip, raus aus den Studios, rein in die Indieszene. Jedem als Kernwäsche anzuraten, der Sondermüll wie "Shoot 'Em Up" für anarchisches Kino hält.
7/10
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