He'd take on anyone, at anything, anytime...it was only a matter of who came first!
#61
Geschrieben 05. April 2006, 19:05
Ken Park (2002)
Regie: Larry Clark & Edward Lachman
Ken Park beginnt mit dem Selbstmord eines Jugendlichen. Graphisch, schockierend und schmerzvoll. Die Gründe werden größtenteils bis zum Ende im Dunkeln bleiben. Den Selbstmord eines jungen Menschen wird man niemals schlussendlich erklären können, so Larry Clark. Damit hat er wohl Recht, und somit handelt Ken Park auch nicht von seinem Protagonisten, sondern von denen, die ihn nur flüchtig kannten, diejenigen, die möglicherweise überleben werden.
Konzentrierte sich Clark bei Kids noch auf die zwischenmenschlichen Beziehungen seiner jugendlichen Protagonisten, zentriert sich das Geschehen bei Ken Park auf vier Jugendliche und die Kluft zwischen ihnen und den Erwachsenen. Mit expliziten Darstellungen von Sex, Masturbation, physischer und psychischer Gewalt führen Larry Clark und Edward Lachman dem Zuschauer die verborgenen und doch realen Begierden der menschlichen Natur vor Auge und stoßen ihn in einen emotionalen Abgrund. Clark, selbst von der Fotografie kommend, bricht im filmischen Kontext ebenso mit der Rolle des Beobachters. Ken Park involviert unweigerlich und ist in jeder Minute fordernd.
Ken Park ist ein schwieriger Film, schwer zu analysieren und zu beurteilen. Stoff für ganze Essays, nichts für eine kurze Kritik. Zugegeben, nach dem Film war ich zwar nicht geschockt, aber doch verwirrt aufgrund der ungewohnten darstellerischen Offenheit. Die Frage, ob die unzensierte filmische Herangehensweise als Mittel zur uneingeschränkten Ehrlichkeit berechtigt ist, oder ob Ken Park ein auf Kontroverse ausgerichteter Voyeurismus zu Grunde liegt, muß in diesem Zusammenhang gestellt werden. Dieser Film ist dazu verdammt, das Publikum zu spalten, und auch ich bin mit meiner Meinung hin und her gerissen. Vielleicht ist das auch gut so, denn die Problematik fordert den Zuschauer nachzudenken, bis weit über das Filmende hinaus. Weiterhin kann man Clark völlige Übertreibung vorwerfen, die Ereignisse und die Darstellungen seien extrem überzeichnet. Ich meine, daß er hier die verschiedenen Handlungen lediglich verdichtet, der Realismus Clarks liegt tiefer und ist nicht ausschließlich festzumachen an der Darstellung der Oberfläche. Der Missbrauch und die Hoffnungslosigkeit sind real, wenn auch vielleicht nicht in dieser komplexen Anhäufung, doch dieses Mittel muß man dem Regisseur zu Unterstreichung seiner Aussage zugestehen.
Mit der abschließenden Szene entlassen uns Clark und Lachmann mit einem versöhnlichen Ende. Drei seiner Protagonisten erlaubt er die Möglichkeit auf Hoffnung, der Sex zwischen ihnen erscheint als erlösendes Mittel. In seiner Reinheit und Unschuld destilliert er das Essentielle, die Freundschaft und Zuversicht der Jugendlichen, die zumindest in diesem Augenblick aus den Fängen ihrer Umwelt entkommen zu sein scheinen.
#62
Geschrieben 07. April 2006, 21:05
La Polizia chiede aiuto (1974)
Regie: Massimo Dallamano
Auf den ersten Blick ist La Polizia chiede aiuto (aka Der Tod trägt schwarzes Leder) ein typischer Vertreter des Giallo Kinos der 70er Jahre. Doch schon ziemlich schnell fügt Regisseur Massimo Dallamano dem Plot auch Elemente des zu der Zeit ebenfalls so beliebten Polizeifilms und des Politthrillers hinzu. Das Spiel mit den unterschiedlichen Genres heben den Film deutlich von den üblichen, mit blutüberströmten Frauenleichen strotzenden Giallos ab. Das bedeutet allerdings nicht, daß Dallamano mit Blut geizt, ganz im Gegenteil, der Brutalitäts- und Actionfaktor ist ziemlich hoch, rückt aber nie so weit in den Vordergrund, daß es der Geschichte schaden würde.
Die Offenheit der narrativen Form sorgt immer wieder für Überraschungen und hält das Tempo konstant weit oben. Langeweile kommt hier niemals auf, die Dialogszenen sind straff und gut geschrieben, die Hauptdarsteller Claudio Cassinelli als unnachgiebiger Inspektor und Giovanna Ralli als stellvertretende Staatsanwältin machen ihre Sache ausgesprochen gut und hauchen den Figuren viel Leben ein. Ebenfalls eine kleinere Rolle spielt Mario Adorf, ebenfalls als Inspektor, der später noch persönlich von den Ereignissen betroffen ist. Der Killer in schwarz ist ein beängstigend guter Bösewicht, dessen Identität bis zum Ende völlig im Dunkeln bleibt.
La Polizia chiede aiuto ist in seiner Thematik auch für die heutigen Sehgewohnheiten immer noch brisant. Bleibt man anfangs noch ziemlich im Dunkeln, so entwickelt sich die Story mit zunehmender Laufzeit zu einem höchst spannenden und vor allem kritischen Thriller, der mit der Thematik der Kinderprostitution und der Verwicklung bis in höchste Regierungskreise ein ungewohnt heißes Eisen anfasst.
Neben den hervorragenden Schauspielern bietet der Film eine sehr schöne Kameraarbeit und viele wirklich einprägsame Szenen. Dazu komponierte Stelvio Cipriani einen erstklassigen, eigenständigen Score zwischen Easy Listening und groovigen Morricone Anleihen. Alles in allem ist La Polizia chiede aiuto ein wirklich großer Wurf, der aus der Masse der Genrebeiträge herausragt und mich absolut begeistert zurückgelassen hat.
#63
Geschrieben 07. April 2006, 21:24
Enter The Dragon (1973)
Regie: Robert Clouse
“A good fight should be like a small play but, played seriously. When the opponent expands, I contract. When he contracts, I expand. And when the opportunity presents itself, I do not hit. It hits all by itself.“
In Amerika blieben die Angebote aus, Bruce Lee ging nach Hong Kong und wurde zum größten asiatischen Star aller Zeiten. Es muß für ihn eine Genugtuung gewesen sein, als nach drei erfolgreichen Filmen amerikanische Produzenten Schlange standen, um mit ihm ein Projekt zu verwirklichen. Enter The Dragon war der erste amerikanisch produzierte Martial Arts Film und ist bis heute wegweisend für das Genre.
Inszeniert von Robert Clouse wie eine Art asiatischer Bond Film ist die Story um einen Martial Arts Kämpfer, der einwilligt einen Agentenjob zu übernehmen, nur ein Konstrukt, das um die Kampfszenen und die Präsenz von Bruce Lee herum gebaut wurde. Und das reicht völlig aus, denn Lee dominiert das Geschehen in jeder Szene. Ich persönlich habe seine Filme niemals richtig konzentriert wahrgenommen, doch nachdem ich Enter The Dragon gesehen habe, kann ich die Begeisterung für Bruce Lee als Darsteller und Menschen absolut nachvollziehen. Sicher ist der Film von seiner Story her kein Meisterwerk, trotzdem ist er zum absoluten Klassiker avanciert. Das mag zum einen an den vielen Hommagen anderer Filme an Enter The Dragon liegen, viel wichtiger ist jedoch, daß er dieses gewisse „magische“ Etwas besitzt. Mit vielen fantasievollen, exotischen Szenerien und wunderbaren Kameraeinstellungen (vor allem die Sequenz im Spiegelsaal am Ende!) und natürlich dem brillianten Score von Lalo Schifrin ist der Film für viele Bruce Lees bester. Mir fehlen da leider noch die Vergleichsmöglichkeiten, jedoch bin ich nun definitiv angefixt, was ja auch ein Qualitätsprädikat ist.
Bruce Lee erlebte den Erfolg von Enter The Dragon nicht mehr. Er starb drei Wochen vor der Premiere im Juli 1973 im Alter von 33 Jahren. Ohne ihn wäre das Genre des Martial Arts Films nicht dasselbe und sein Einfluss auf die Film- und Popkultur ist bis heute ungebrochen.
“My style, you can call the art of fighting without fighting.”
#64
Geschrieben 07. April 2006, 21:44
Inside Deep Throat (2005)
Regie: Fenton Bailey & Randy Barbato
Als mit Deep Throat 1972 der erste Hardcore Pornofilm durch alle Bevölkerungsschichten hindurch die Menschen in die amerikanischen Kinosäle strömen ließ, kam dies einer kulturellen Revolution gleich. Plötzlich wollte nahezu jeder an diesem Phänomen teilhaben, was den Film bei einem Budget von gerade einmal 22.000$ schließlich bis dato über 600 Millionen Dollar einspielen ließ. Inwieweit Deep Throat zur sexuellen Freiheit und der kulturellen Entwicklung im Allgemeinen beigetragen hat versucht der über 30 Jahre später entstandene Dokumentarfilm Inside Deep Throat von Fenton Baily und Randy Barbato zu erläutern.
Es kommen alle wichtigen Beteiligten zu Wort und es ist höchst interessant einiges über die Hintergründe der Entstehung zu erfahren. Weitaus wichtiger ist jedoch, was nach Erscheinen des Films in den Kinos geschah. Die christliche Rechte versuchte den Film zu sabotieren und gegen ihn rechtlich vorzugehen, wo es nur ging. In etlichen Staaten wurde die Aufführung unter Strafe gestellt. Während die Hauptdarstellerin Linda Lovelace zum Liebling der Mainstream Gazetten wurde, fand man mit Darsteller Harry Reems einen Sündenbock, den man wegen Verbreitung von Obszönitäten vor Gericht verurteilte. Das folgende Medienspektakel animierte selbst Hollywood Stars wie Warren Beatty öffentlich Stellung zu Zensur und Meinungsfreiheit zu nehmen. Lovelace wurde später eine Verfechterin gegen Pornographie und behauptete, sie sei mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen worden, diesen Film zu drehen (einige wirklich seltsame Auftritte lassen sich den Betrachter die Haare raufen!). Doch nicht nur von staatlicher Seite wurde der Film ins Visier genommen, auch die Mafia, welche den Pornosektor komplett kontrollierte, wollte ein Stück vom dicken Kuchen, was soweit führte, daß Regisseur Gerard Damiano seine Rechte für ein Taschengeld abtrat, da er um sein Leben fürchtete.
Inside Deep Throat ist ein sehr sehenswerter Dokumentarfilm, der einen wichtigen Teil der Kinogeschichte und seine Hintergründe versucht zu analysieren. Der Weg der Pornoindustrie zum weltweit größten filmischen Kapitalmarkt ist mit großer Sicherheit nur diesem Film zu verdanken. Egal wie man zu Pornographie steht, kulturhistorisch ist sein Einfluss nicht zu verleugnen. Daß der ansonsten völlig harmlose Film dann später doch noch eine sehr explizite Szene aus Deep Throat zeigt, war für mich dann doch etwas überraschend…aber ich will jetzt in diesem Zusammenhang keine Diskussion führen, ob das für eine FSK 16 Freigabe noch zu rechtfertigen ist. Ist ja kulturhistorisch relevant.
#65
Geschrieben 07. April 2006, 22:10
House of 1000 Corpses (2003)
Regie: Rob Zombie
“Howdy Folks! You like blood? Violence? Freaks of nature? Well then, come on down to Captain Spaulding's Museum of Monsters and Mad-Men. See the Alligator Boy, ride my famous Murder Ride. Most of all, don't forget to take home some of my tasty fried chicken! Ha ha! It just tastes so damn good!“
Violent sick fuckin’ shit, Part I.
Eigentlich war ich nur richtig heiß darauf, The Devil’s Rejects zu sehen. Daraus resultierte, daß ich mir natürlich auch den Vorgänger House of 1000 Corpses ansehen würde. Angekündigt als Wiederauferstehung des brutalen Horrorfilms der 70er Jahre im Stile des Texas Chainsaw Massacre machte ich mich auf entsprechendes gefasst. Um es vorweg zu nehmen, das Teil ist definitiv hart, fies und brutal. Jedoch kommt noch ein ziemlich kranker „Weirdo Faktor“ hinzu, der in etwa dem entspricht, was Rob Zombie mit seiner Band White Zombie musikalisch veranstaltete.
Im Unterschied zum „modernen“ Horrorfilm, bei dem die obligatorischen Teenager zumindest teilweise am Ende überleben, ist das hier die Antithese. Hier gibt es keine Hoffnung und auch keinen Moment, bei dem man hofft, daß diese vier Scheisser das Massaker am Ende überstehen könnten. Die coolen Jungs (und Mädels) sind hier allesamt Angehörige der massenmordenden Firefly Family, jedes Mitglied für sich genommen ein absolutes Original, das muß man Rob Zombie lassen. Insofern muß man sich erst einmal wieder von seinen Sehgewohnheiten umstellen, denn Filme in diesem Stil sind erst seit kurzem wieder in Mode gekommen. Hat man sich einmal damit abgefunden, funktioniert House Of 1000 Corpses ziemlich gut. Auch wenn der visuelle Stil das durchgeknallte Szenario zu unterstützen weiß, merkt man Zombies Regie dennoch ein bisschen zu viel experimentelle Vielfalt an. Daß die Story viele Fragen offen lässt und sich die Motivation der Firefly Family nicht endgültige erschließt, mag vielleicht auch an der Zensurorgie liegen, die der Film hinter sich hat.
Ich musste den Film erstmal absacken lassen. Wenn man sich jedoch erstmal auf House of 1000 Corpses eingelassen hat, dann macht der Streifen im Nachhinein gesehen richtig Spaß (sicherlich in einem sehr speziellen Sinne!). Rob Zombie hat bewiesen, daß er Talent besitzt und mit viel Originalität zu glänzen weiß. Den Rest wird die Zukunft zeigen…
„"Why", you ask? "Why" is not the question. How? Now, that is a question worth examining. How could I, being born of such, uh... conventional stock, arrive a leader of the rebellion? An escapist from a conformist world, destined to find happiness only in that which cannot be explained? I brought you here for a reason, but unfortunately you and your sentimental minds are doing me no good! My brain is frozen. Locked! I have to break free from this culture of mechanical reproductions and the thick encrustations dying on the surface!“
#66
Geschrieben 10. April 2006, 16:17
The Devil’s Rejects (2005)
Regie: Rob Zombie
“Jesus Christ, what a fucking mess. There must be 100 yards of bloody asphalt and corpse chunks.”
Violent sick fuckin’ shit, Part II.
The Devil’s Rejects setzt kurze Zeit nach den Events in House of 1000 Corpses an. Unter Leitung von Sheriff Wydell (William Forsythe), Bruder des Sheriffs aus Teil 1, stürmt eine Polizeieinheit das Versteck der Firefly Family, jedoch gelingt Otis (Bill Moseley), Baby (Sheri Moon Zombie) und Captain Spaulding (Sid Haig) die Flucht. Auf ihrer Odyssee hinterlassen die drei eine Blutspur, gejagt von Wydell, besessen davon, den Mord an seinem Bruder zu rächen.
Rob Zombie umgeht die Tücken einer Fortsetzung mit der Idee, seine Hauptcharaktere aus dem Vorgänger in ein anderes Genre zu transportieren. The Devil’s Rejects ist weniger ein klassischer Horrorfilm, sondern ein action-orientiertes, dreckiges und vor allem blutiges Roadmovie. Und es funktioniert großartig. Die Fehler aus Teil 1 weichen einer stringenten Storyline mit großartigen Bildern, die einen die Hitze der Straße spüren und den Staub förmlich schmecken lassen. Wie schon in House of 1000 Corpses gibt Zombie dem Zuschauer keine Identifikationsmöglichkeiten, alle Personen sind gleichsam brutal und widerlich, wobei der Coolness Faktor (wenn man es so nennen kann) ein weiteres Mal auf Seiten der Firely Family liegt. In diesem Aspekt liegt The Devil’s Rejects natürlich wieder auf einer Linie mit dem Exploitation Kino der 70er Jahre und spricht weniger den Fan des modernen Horrorfilms an.
“Why? Don't we make ya laugh? Aren't we fuckin' funny? You best come up with an answer, cos I'm gonna come back here and check on you and your momma and if you ain't got a reason why you hate clowns, I'm gonna kill your whole fucking family.”
Durch die klarere Struktur wirkt der Film noch kompromissloser und brutaler als sein Vorgänger und stellenweise wie eine romantisch verklärte Perversion von Wild at Heart ohne Love Story. Da auch die Gegenseite, insbesondere Sheriff Wydell, nicht weniger sadistisch zu Werke geht, kommt man immer wieder in Versuchung auch nur die kleinsten Details im Verhalten von Otis, Baby und Spaulding sympathisch zu finden, nur um im nächsten Moment wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen zu werden.
The Devil’s Rejects ist sicherlich nicht für jedermann. Wenn man dem ersten Teil etwas abgewinnen konnte, dann wird man von Zombies Nachfolger aber sicherlich exzellent unterhalten. Rob Zombie hat seine Lektionen definitiv gelernt. Großartig ist auch der Score aus Country und klassischem Southern Rock, der bei einigen Sequenzen ein Gänsehautfeeling fabriziert (wer „Free Bird“ von Lynyrd Skynyrd einbaut, kann nur ein Guter sein!). Da die Geschichte hiermit ein Ende gefunden hat, wird es spannend zu sehen sein, welchen Weg Rob Zombie mit seinem dritten Film gehen wird. Die Möglichkeiten sind nach The Devil’s Rejects jedenfalls vielfältig.
“I am the devil, and I am here to do the devil's work.”
#67
Geschrieben 10. April 2006, 16:33
La Morte accarezza a mezzanotte (1972)
Regie: Luciano Ercoli
Giallo, giallo, giallo. Als nächstes fällt Luciano Ercoli mit La Morte accarezza a mezzanotte zur Tür herein, und die Scheibe in den Player. Um es vorweg zu greifen…gegen Ende bin ich fast weggepennt.
Valentina (Susan Scott) willigt ein, für einen befreundeten Journalisten eine neue halluzinogene Droge zu testen (war total „In“ während den 70ern, ja ja) und dabei von sich Photos machen zu lassen. Während ihres Trips sieht sie, wie eine junge Frau von einem Mann mit einem eisernen, mit Stacheln besetztem Handschuh ermordet wird. Aufgrund ihrer absurden Geschichte, die tags darauf auch noch in der Zeitung erscheint, verliert sie nicht nur ihren Job. Der selbe Killer scheint sie nun ebenfalls zu verfolgen, doch keiner will ihr glauben…
La Morte accarezza a mezzanotte beginnt interessant, auch wenn die dilettantische erste Mordszene doch schon eher unfreiwilliges Lachen bei mir auslöste. Zu den positiven Aspekten: Einige Kameraeinstellungen waren ganz nett (der Rest leider nur Durchschnitt) und die Darsteller sind solide (Susan Scott ist heiß!). Irgendwann läuft der Film dann allerdings aus dem Ruder. Die Story wird immer abstruser, eine pseudo-komplexe Angelegenheit, die sich in unfreiwilliger Komik äußert. Dazu kommt, daß hier soviel gelabert wird, wie schon lange nicht mehr. Ein Glück habe ich den Film in Italienisch gesehen, eine grottige englische Synchro bei dem Umfang hätte meine Ohren zum Bluten gebracht. Weniger ist mehr, Luciano!
Ich habe wirklich versucht den Film zu mögen und im Nachhinein etwas gutes abzugewinnen. La Morte accarezza a mezzanotte ist nicht völlig verhunzt, aber er bewegt sich nur an ganz wenigen Stellen aus dem Mittelmaß heraus. Luciano Ercoli hätte weniger auf Originalität beim Script setzen sollen (das ging nämlich nach hinten los) sondern lieber eine simple Story ansprechend inszeniert. Nun ja, demnächst wird sich hoffentlich zeigen, wie es richtig gemacht wird, wenn ich mir Dario Argento’s Il Gatto a nove code einverleiben werde.
#68
Geschrieben 10. April 2006, 21:55
Klute (1971)
Regie: Alan J. Pakula
Schon lange wollte ich Klute sehen. Mehrere Leute haben mir den Film wiederholt ans Herz gelegt, und nachdem ich ihn nun gesehen habe, kann ich den vielen guten Kritiken nur absolut beipflichten.
Privatdetektiv John Klute (Donald Sutherland) wird beauftragt, den seit sechs Monaten verschwundenen Ingenieur Tom Gruneman (Robert Mili) zu finden, mit dem er selbst gut befreundet war. Sein einziger Anhaltspunkt ist die Prostituierte Bree (Jane Fonda), der Gruneman mehrfach obszöne Briefe geschrieben hatte. Klute begibt sich nach New York und erpresst sie, ihm bei der Suche zu helfen. Anfangs noch abweisend, willigt Bree schließlich ein, nachdem sie wiederholt anonyme Anrufe bekommt und auf Klutes Hilfe angewiesen ist, um ihren eigenen Verfolger ausfindig zu machen. Aus dieser symbiotischen Beziehung entwickelt sich eine eigenwillige Gefühlskonstellation, die beide Seiten emotional verwickelt.
Ging ich zuerst noch davon aus, daß es sich bei Klute um einen eher stringenten Thriller handeln würde, so wurde ich schon nach einer kurzen Weile angenehm überrascht. Alan J. Pakulas Regie ist völlig anders als erwartet. Mit sehr ruhigem Erzähltempo konzentriert er sich vielmehr auf die emotionalen Zustände seiner Protagonisten und involviert den Zuschauer mit seinem subjektiven Blickwinkel und ungewohnten Totalen. Das geht soweit, daß wir bei Brees Sitzungen mit ihrer Psychologin, diese gar nicht zu Gesicht bekommen und stattdessen deren Position einnehmen um Brees innerste Psyche gebeichtet zu bekommen. Überhaupt liefert Jane Fonda eine unglaublich gute Performance ab, die, wie ich im Nachhinein erfahren habe, völlig zurecht mit dem Oscar belohnt wurde. Im Gegensatz dazu spielt Donald Sutherland so zurückhaltend, wie ich ihn noch nie gesehen habe und erreicht damit eine darstellerische Tiefe, wie selten. Gekrönt wird der Film von einer fantastischen Bildkomposition, jede Szene ist meisterhaft photographiert.
Die Wirkung des sexuell anrüchigen Inhalts ist leider nicht mehr die selbe, wie 1971 bei Erscheinen des Films, doch Pakula verlässt sich ohnehin nicht auf diese Thematik alleine. Klute ist vielmehr eine emotionale Studie zweier Menschen und ihrer möglicherweise von vornherein zum Scheitern verurteilten Beziehung zueinander. Großartiger Film.
„Make a man think that he's accepted. It's all a great big game to you. I mean, you're all obviously too lazy and too warped to do anything meaningful with your lives so you prey upon the sexual fantasies of others. I'm sure it comes as no great suprise to you when I say that there are little corners in everyone which were better off left alone; sicknesses, weaknesses, which-which should never be exposed. But... that's your stock in trade, isn't it -- a man's weakness? And I was never really fully aware of mine... until you brought them out.“
#69
Geschrieben 10. April 2006, 22:13
Quel maledetto treno blindato (1977)
Regie: Enzo G. Castellari
Enzo G. Castellaris trashige Italo Version von The Dirty Dozen ist ein wenig gesehenes Filmchen und wohl nur den wenigsten bekannt. Auch wenn ich die Kriegsfilmklassiker fast alle gesehen habe, wäre dieser Film sicherlich auch an mir vorbei gegangen, wäre da nicht der englische Titel Inglorious Bastards, der den Eingeweihten aufhorchen lässt. Saß da nicht ein gewisser Quentin Tarantino schon seit Jahren an einem gleichnamigen legendären Projekt, dessen Verfilmung demnächst wohl doch realisiert werden soll? Tarantino’s Drehbuch, mittlerweile über 500 Seiten stark (wie viele Teile sollen das denn diesmal werden?!), hat also Quel maledetto treno blindato aus dem Jahre 1977 zumindest in Teilen als Vorlage, und wie bereits erwähnt, ist die Story um eine Gruppe verurteilter amerikanischer Soldaten, die eine gefährliche Kriegsmission übernehmen müssen, nicht wirklich neu. Auf ihrer Flucht in Richtung Schweizer Grenze fallen die G.I.s der französischen Resistance in die Hände und erklären sich mehr oder weniger freiwillig dazu bereit, einen V2 Sprengkopf aus einem deutschen Militärzug zu entwenden.
Quel maledetto treno blindato ist sicherlich kein schlechter Film, soweit man trashige Kriegsfilme mag. Ehrlich gesagt, habe ich schon weit schlechtere Genrefilme gesehen, aber gegenüber The Dirty Dozen oder Kelly’s Heroes stinkt Castellaris Werk in allen Belangen doch deutlich ab. Das liegt zum einen an der Länge des Films, dessen Story sich für eine detailliertere und damit epischere Verfilmung geeignet hätte und mit etwas über 90 Minuten viel zu hektisch vor sich her stolpert. Bitte nicht falsch verstehen, der Film hat jede Menge Charme und schwarzen Humor und nimmt sich überhaupt nicht ernst. Und hey, er hat Fred Williamson, natürlich mit obligatorischem Stinkbolzen zwischen den Zähnen, ähnlich cool wie in From Dusk Till Dawn. Bo Svenson und Raimund Harmstorf komplettieren das erstklassige B-Movie Ensemble. Also ich für meinen Teil habe mich zumindest gut unterhalten gefühlt. Außerdem, nur italienische Kriegsfilme können mit nackten deutschen Soldatinnen punkten, das ist so unpassend komisch, das gibt’s nur hier! Bin mal gespannt, was Tarantino in seiner Version wieder alles verwursten wird, sympathisch ist das allemal…
#70
Geschrieben 10. April 2006, 22:31
Buffalo Soldiers (2001)
Regie: Gregor Jordan
“When there is peace, the warlike man attacks himself - that's Nietzsche, and his point is that there really is no peace. There's always some war, somewhere, with someone. And there are no winners or losers either... just those who are still around to fight another day.”
Buffalo Soldiers hatte wahrlich keinen leichten Stand. Seine Premiere beim Toronto Film Festival fand genau zwei Tage vor den Anschlägen des 11. September statt, danach war sein Schicksal besiegelt. Eine Distribution in den USA wollte niemand riskieren, da die Darstellung der amerikanischen Streitkräfte nicht mehr in die aktuelle Patriotismusdebatte hinpassen wollte. Glücklicherweise muß man sich ja nicht überall vorschreiben lassen, was man sehen darf und was nicht…deshalb gibt es nun dieses Review.
Um es vorweg zu nehmen: Buffalo Soldiers ist eine bissige Satire in bester Tradition von Filmen wie M.A.S.H., nicht weniger, aber auch nicht mehr. Im Endeffekt bestätigt dies nur, wie armselig dieser ganze Patriotismuswahn doch ist, aber nun doch lieber zum Film.
Buffalo Soldiers spielt auf einer U.S. Army Basis in Westdeutschland zur Zeit des Mauerfalls. Mit Ende des Kalten Krieges mehr oder weniger ihrer Existenzberechtigung beraubt, machen sich, resultierend aus Langeweile, kriminelle Energien unter den Soldaten breit. Soldat Ray Elwood (Joaquin Phoenix) betreibt einen florierenden Schwarzmarkthandel mit allem, was ihm in die Hände fällt, von Lastern voll mit Putzmitteln über Drogen bis hin zu Waffen. Sein Vorgesetzter Commander Berman (Ed Harris) erweist sich dabei als etwas blind und zu gutmütig. Dem leichten Leben auf der Basis droht mit Eintreffen des neuen Sergeant Lee (Scott Glenn) jedoch ein jähes Ende. Als sich Elwood auch noch an Lees Tochter (Anna Paquin) heranmacht und sein Waffendeal sich als etwas zu ambitioniert erweist, endet das ganze Szenario in Chaos und Gewalt.
Schon ab der ersten Szene wird klar, daß Buffalo Soldiers mit derbem, schwarzem Humor punkten kann. Da wird ein toter Soldat aus dem Fenster geworfen, damit es wie ein offizieller Unfall aussieht, mit Drogen vollgedröhnte Idioten fahren mit einem Panzer ein Tankstelle über den Haufen und töten auch noch ihre eigenen Leute. Buffalo Soldiers ist ein sehr unterhaltsamer Film für Freunde des schwarzen Humors, trotzdem ist es kein sinnloser Klamauk ohne Hintergrund. Regisseur und Autor Gregor Jordan hat offensichtlich sehr gut recherchiert, denn nicht nur die gesamte Stimmung Deutschlands zur Wende fängt der Film fantastisch ein, auch der kritische Hintergrund ist beachtlich. Die Armee als ein Sammelbecken für kriminelle Elemente, ein Zufluchtsort für diejenigen, die dem Gefängnis entgehen wollen und am Ende nicht einmal genau wissen wo sie sich gerade aufhalten („Sind wir in Westdeutschland oder Ostdeutschland?“) und wofür sie eigentlich kämpfen, lässt die Patriotismusdebatte geradezu lächerlich erscheinen. Ein Paradebeispiel für einen intelligenten, kritischen und doch extrem unterhaltsamen und komischen Film.
“These were my guys. Fighting the dull fight. Soldiers with nothing to kill except time. They know that war is hell; but peace, peace is fucking boring.”
#71
Geschrieben 11. April 2006, 12:16
Pink Cadillac (1989)
Regie: Buddy Van Horn
Von Ende der 80er bis zum Erscheinen von Unforgiven 1992 hatte Clint Eastwood ein kreatives Tal zu durchschreiten (mit Ausnahme des völlig unterschätzten White Hunter Black Heart). Nach dem schwächsten der fünf Dirty Harry Filme The Dead Pool 1988 drehte er im darauf folgenden Jahr mit dem selben Regisseur Buddy Van Horn (beim überwiegenden Teil von Eastwoods Filmen sein Stunt Koordinator und Stunt Double) die Actionkomödie Pink Cadillac.
Kopfgeldjäger Tommy Nowak (Clint Eastwood) lässt sich nur widerwillig überreden, den Auftrag anzunehmen die kautionsflüchtige Lou Ann (Bernadette Peters) ausfindig zu machen. Diese hat es sich mit ihrem Mann und seinen Kumpels, allesamt rechtsradikale Waffenfanatiker, verscherzt, nachdem sie sich mit seinem pinkfarbenen Cadillac mitsamt ein Viertel Millionen Dollar aus dem Staub gemacht hat. Nowak wirft gezwungenermaßen seine Prinzipien über Bord, als Lou Anns Baby entführt wird und sich eine Romanze zwischen beiden zu entwickeln beginnt.
Pink Cadillac ist eine unterhaltsame Actionkomödie mit einem wirklich gut aufgelegten Clint Eastwood, der einige Male sein komödiantisches Talent entfalten kann, was für einige wirklich gute Lacher sorgt. Auch Bernadette Peters spielt mit einem Augenzwinkern und viel sarkastischem Witz. An den Hauptdarstellern und auch am Drehbuch kann es also nicht gelegen haben, daß der Film nicht so mitreißend geworden ist, wie er problemlos hätte sein können. Van Horn schafft es leider weder im Ansatz so etwas wie Spannung zu erzeugen, noch gibt er ein durchgehendes Tempo vor. Seine Inszenierung trägt einfach keine eigene Handschrift, die Kameraarbeit ist unauffällig und ohne Clint Eastwood wäre der Streifen schlichtweg zu ignorieren. So ist Pink Cadillac alles in allem eine kurzweilige Sache, in etwa vergleichbar mit Steve McQueens letztem Film The Hunter. Für „Nicht-Eastwood-Fans“ allerdings nicht unbedingt sehenswert.
“Whadda think?”
”Looks like a penis to me - only smaller.”
#72
Geschrieben 11. April 2006, 12:28
Hang ’Em High (1968)
Regie: Ted Post
Nachdem Clint Eastwood mit den drei Dollar Filmen zum Star geworden war, entschied er sich gegen das Angebot, ein weiteres Mal unter Sergio Leones Regie in C’era una volta il West mitzuwirken (die Rolle des Harmonica ging schließlich an Charles Bronson). Statt dessen ging er in die Staaten zurück um sich dort zu etablieren. Sein erstes Projekt sollte Hang ’Em High werden, wobei er dem Western treu blieb und auch seinen Charakter aus den Dollar Filmen nur geringfügig abwandelte.
Jed Cooper (Eastwood) wird fälschlicherweise verdächtigt, einen Rancher ermordet und sich dessen Viehherde angeeignet zu haben. Ein Lynchmob aus neun Männern hängt ihn kurzerhand an einem Baum auf, jedoch kann ihm ein Marshall gerade noch das Leben retten. Richter Fenton (Pat Hingle) gibt ihm die Möglichkeit die Schuldigen der Justiz zuzuführen und macht ihn zum Marshall, eine Profession nicht völlig fremd für Cooper. Nach und nach stellt er die Männer, jedoch beginnen ihn Zweifel zu plagen, ob sein Gerechtigkeitssinn mit dem von Fenton übereinstimmt. Dieser hat sich zum selbstherrlichen Vollstrecker ernannt und lässt die Verurteilten seinerseits bei einer inszenierten Show am Galgen baumeln.
Eastwood spielt Cooper ähnlich wortkarg und in sich gekehrt, wie den „Mann ohne Namen“, jedoch mit einem verbissenen Sinn für Gerechtigkeit. Kaltblütige Rache weicht hier einer recht offenen Kritik am Justizsystem, in dem noch nicht zum Bundesstaat gewordenen Territorium. Die Vollstreckungsszenen inszeniert Ted Post als ein geradezu mittelalterliches, brutales Spektakel, das zur Volksbelustigung verkommt und bei dem das Schicksal des Individuums nicht mehr zählt.
Hang ’Em High ist eine für seine Zeit recht brutale und zynische Angelegenheit, jedoch in einem anderen, vielleicht könnte man sagen amerikanischeren Sinne als die Spaghetti Western. Taktisch gesehen war es bestimmt die richtige Entscheidung für Eastwood, diesen Film zu drehen, auch wenn er sich hätte unsterblich machen können mit C’era una volta il West. Doch das gelang ihm schließlich auch so…
#73
Geschrieben 11. April 2006, 12:54
The Black Windmill (1974)
Regie: Don Siegel
Ich frage mich langsam, ob irgendein anderer Darsteller jemals so oft die Rolle eines britischen Agenten verkörpert hat, wie Michael Caine. Unter der Regie von Don Siegel schafft er es trotzdem wieder einmal seinem Charakter neue Züge zu verleihen. Das entworfene Szenario bietet ihm auch alle Möglichkeiten dafür, denn Major John Tarrant (Caine) handelt hier nicht im Sinne der Regierung, sondern ist persönlich involviert, als sein Sohn gekidnappt wird. Die Entführer verlangen Diamanten, welche „zufällig“ für einen anderen Auftrag des Geheimdienstes zur Verfügung stehen, und anfangs verhält sich Tarrant, wie es von ihm erwartet wird. Caine spielt den Agenten mit unterkühlter Emotionslosigkeit und professioneller Zurückhaltung. Als er schließlich selbst in Verdacht gerät, an der Entführung teilzuhaben und sein Vorgesetzter Harper (ein großartiger Donald Pleasence als schmieriger Sesselfurzer par excellance!) die Übergabe der Diamanten verweigert, nimmt er die Angelegenheit jedoch in die eigenen Hände.
Mit den Mitteln des klassischen Agentenfilms inszeniert Don Siegel ab diesem Punkt eine temporeiche Jagd, nachdem er anfangs die Sache doch recht ruhig angehen ließ. Vor allem die Szene, in der Tarrant realisiert, daß er auf sich alleine gestellt ist, ist wunderbar. Eine längere Zeit sitzt er regungslos auf einem Stuhl, man sieht förmlich die Rädchen in seinem Kopf arbeiten, bis er plötzlich aufsteht und zielstrebig und konsequent sein Ziel verfolgt. Tarrant kann niemandem mehr trauen, denn hinter der Entführung stecken Leute aus seinen eignen Reihen.
Wie bereits erwähnt, ist The Black Windmill eine zweigeteilte Sache. Anfangs fehlt zu sehr das Tempo, auch wenn die langsame Entwicklung grundsätzlich zur besseren Charakterisierung beiträgt, hätten doch einige Sequenzen gestrafft werden können. Die zweite Hälfte ist dagegen schnell und klassisch im Stile des typischen Agententhrillers der 70er in Szene gesetzt. Unterstützt von einem erstklassigen Score von Roy Bud (Get Carter) kommt ein sehr schönes Flair zustande. Trotz Don Siegels Regie bleibt The Black Windmill very british. Alles in allem ein überraschend guter Streifen mit einem sehr gut aufspielendem Michael Caine. Sehenswert!
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