Broken Trail
USA 2006 / Walter Hill
Die Zeiten stehen derzeit wohl nicht besonders gut, für den Fortbestand des amerikanischen Western. Nicht mal eine Hand voll davon, wagte in den letzten Jahren den Sprung auf die große Leinwand und großartige Filme wie Costners Open Range oder speziell Ron Howards The Missing mussten spätestens an den Kassen feststellen, dass der Markt für die einst im Wochen-Rhythmus in die Kinos gebrachten Genrefilme nahezu nicht mehr vorhanden ist. Umso erfreulicher fand ich es, dass einer der letzten großen Western-Regisseure Walter Hill, die Zeichen der Zeit erkannt zu haben scheint und sich die neu erwachende Rivalität zwischen Flimmerkiste und Big Picture gekonnt zu Nutzen macht. Vorbei sind die Zeiten knausriger Budget-Eskapaden und Filmstar-Allergien. Das Fernsehen ist salonfähig geworden und kaum einer zweifelt mehr an den aufkeimenden Qualitätsansprüchen amerikanischer Sender-Riesen. Hill, der diesbezüglich schon mit HBO und deren exzellenter Western-Serie Deadwood gute Erfahrungen machte, konnte hier also aus dem vollen Schöpfen und schuf mit Broken Trail einen großen Western, der sich einerseits allen Genre-Gepflogenheiten bereitwillig hingibt und andererseits aber auch sehr viel Neues bietet.
Onkel Walter!
Die auf Tatsachen beruhende Geschichte, führt uns in das Jahr 1898. Print Ritter (Robert Duvall) und sein Neffe Tom Harte (Thomas Haden Church) kaufen mit dem Nachlass ihrer verstorbenen Schwester/Mutter eine große Pferdeherde um sie 800 Meilen weiter in Sheridan gewinnbringend verkaufen zu können. Kurz nach dem Aufbruch geraten sie ungewollt in Gesellschaft fünf junger Chinesinnen, die auf dem Weg in ein Bordell von Ihrem „Einkäufer“ übelst misshandelt wurden. Die Anfangs fremden, kaum englisch sprechenden, Frauen wecken schnell die Sympathie ihrer Helfer und auf dem folgenden langen Weg stellt sich ihnen so manche, nicht nur sprachliche, Hürde in den Weg.
Was sich hier in den drei Stunden Spieldauer im SchischamaxX präsentierte, war großes Kino in Reinkultur und besser als 90 Prozent von allem was die Multiplexe dieser Welt in den letzten Jahren aufzuführen hatten. Mit Robert Duvall und Thomas Haden Church in den Hauptrollen perfekt besetzt, legt der Film ein sehr gemächliches Erzähltempo vor. Hill gönnt seiner Geschichte viele kleine Pausen und füllt diese entweder mit wunderschön photographierten Landschafts- und Pferdeaufnahmen oder historischen Gespenstern wie z.B. dem sog. Small-Pox-Bob, der mit Pocken-Viren verseuchte Decken an die Indianer verkaufte und so tausende mit der todbringenden Krankheit infizierte. Hill wäre aber nicht Hill, würde er uns nicht auch hier ein gewisses Maß an Action servieren. Nicht oft, aber wenn nötig von durchschlagender Intensität und Spannung. Dem zu Gute kommt, ein mit dem erstklassigen Chris Mulkey besetzter Bösewicht, der endlich mal wieder allen Anforderungen eines zünftigen Schurken nachkommt und seine Auftritte für erfreulich wohliges Unbehangen sorgten. Somit ist Hill`s Film eine echtes Sahnestückchen des Westernkinos. Auch, weil sich Hill in Bezug auf das von Ihm (und natürlich auch mir!) so verehrte Westerngenre als „Last Man Standing“ einem hoffentlich nicht schon verlorenen Kampf hingibt!
Meine Wertung: 9,5/10