Die andere Meinung
#31
Geschrieben 10. Juli 2006, 19:46
Eher müde Komödie um den Taxifahrer Herbert Böckmann, der zwischen die Fronten des geteilten Berlins gerät. Die Russen gegen die Amerikaner, das konnte Billy Wilder besser - und da waren die Klischees noch nicht so klar sortiert, ganz abgesehen davon, dass auf den meisten anderen Gebieten das Tempo im Laufe der Geschichte gesteigert wurde.
Ganz nett daran ist die Überzeugung, dass in jedem Tank der Tiger steckt, dass also die reine Überzeugung vom eigenen Selbstbewusstsein schon aus einem Duckmäuser einen macho-mäßigen Überflieger machen kann. Auch positiv anzurechnen ist dem Film, dass man ein bisschen was von Berlin zu sehen bekommt.
Didi und Mannschaft sind zwar sympathisch und die ganze Sache wirkt professioneller als Didi der Doppelgänger - aber das ist gleichzeitig sein größtes Manko. Glatter bedeutet auch: weniger Profil.
#32
Geschrieben 12. Juli 2006, 14:32
Der Secret Service verfolgt mit Ingrimm einen Geldfälscher, der allerdings an Bösartigkeit und Intriganz seinesgleichen sucht. Der alternde Partner unseres "Helden" wird drei Tage vor der Pensionierung erschossen, daraufhin entbrennt sein Junior, Richard Chance, in alle Rationalität vernachlässigendem Rache- und Jagdinstinkt. Sein neuer Partner Vukovich wird entgegen der eigenen moralischen (oder karrierefördernden) Zurückhaltung mitgerissen im Strudel der Konter-Kriminalität und hitzigen Gewaltbereitschaft seines Kollegen. Zum Schluss schließt sich ein Kreis, der nur in den Tod entlässt, und die Welt ist dennoch kein Stück besser geworden.
Wie immer fällt es mir besonders schwer, etwas zu sagen, weil mir der Film besonders gut gefallen hat. Nicht nur, weil er alle Stilmittel, die dem Film zur Verfügung stehen, gekonnt einsetzt, sondern auch, weil die Geschichte einen Sog entwickelt, der dem Zuschauer erst bewusst wird, wenn er sich distanzeren möchte - und nicht mehr kann.
Für mich als William-Peterson-Fan entpuppte sich als Wendepunkt der Moment am "Morgen danach" - nachdem wir ihn in einer Andeutung einer heissen Sex-Szene mit seiner Informantin gesehen haben, bei der ich noch dachte: "Aha, love interest!", zeigt er sich kaltschnäuzig und abweisend als erpresserischer Chauvi-Cop. Vielleicht war mein Bild auch verklärt (es fühlte sich irgendwie unanständig an, die Vaterfigur "Gil Grissom" in so engen Jeans oder gar nackt zu sehen...), aber spätestens da wurde mir klar: In dieser Welt gibt es keine "Guten". Zunächst wagte ich es noch, eine Hoffnung auf den bis dato doch wenigstens "ehrenwerten" John Pankow zu hegen - das Ende des Films belehrte mich eines Besseren.
Menschen, die im Film eine schönere Welt suchen als die unsere, werden in diesem Film beständig und gnadenlos vor den Kopf gestoßen. Das Starke daran ist, dass sich die Tragödie so schrittweise und unaufhaltsam, weil logisch entwickelt. Der plot ist komplex, aber schlüssig, die Charaktere sind es ebenso - wenn auch die Tendenz zur Misanthropie oder zum Sozialpessimismus nicht zu verleugnen ist. Auf den Punkt gebracht: Menschen reiten einander in die Scheiße.
Ich, die ich die 80er nicht wirklich bewusst erlebt habe (mein echtes Leben begann erst mit 14...), kann es nur auf der Empfindungs-Ebene betrachten. Nach meinem Gefühl waren die 80er geprägt von eher kaltem Stil und Funktionalität (Stahl-und-Leder-Sessel z.B.), von finsteren Zukunftsaussichten und dem Gedanken, die Menschen hätten die Bäume nie verlassen sollen. Dieser ganz "kontemporäre" Film ist nicht auf so offene, klare Art unangenehm wie manche seiner zeitgenössischen Zukunftsvisionen oder gegenwärtige Sience-Fiction/Horror-Filme. Er entwickelt sehr subtil eine Darstellung seiner Zeit, seiner Welt, die nicht dystopisch, sondern gegenwartskritisch zu lesen ist.
Zum Schluss etwas Leichtes: Wenn ich heutzutage im Fernsehen (oder auf Trash-Film-Parties) Eindrücke der 80er geboten bekomme, möchte ich mir meistens die Augen mit Pattex zukleben. Das einzige, was in diesem Film "typisch schreckliche 80er" ist, ist die merkwürdige Tanztheater-Kleinkultur-Kneipe, in der die Freundin des "Bösenwichtes" als Tänzerin arbeitet. Aber gut, sie vögelt ja auch Willem Dafoe (und eine Tante in schwarzer Strapse), dieser Geschmack wird mir wohl nieverständlich sein.
Ansonsten sieht und hört man in diesem Film all' die guten Seiten der 80er.
#33
Geschrieben 13. Juli 2006, 22:28
Der kleptomanische Waschbär R.J. kann auch in einer gefährlichen Notsituation seine Gier nicht bremsen und wird bei dem Versuch ertappt, dem mächtigen (und irgendwie diabolischen) Grizzly Vincent die Futter(- und Spielzeug-)Vorräte zu klauen. Leider verschuldet er dann auch noch die komplette Zerstörung des Proviants und steckt nun tief drin: eine Woche hat er Zeit, um dem Bären seine Sammlung bis ins kleinste Detail zurück zu geben. Pfiffig und egozentrisch, wie er ist, macht er sich die freundliche, naturverbundene Kleintierfamilie um den bedächtigen Schildkrötenmann Verne zunutze. Marketingversiert treibt er sie in die über den Winter entstandene Wohnsiedlung, mit den ursprungsentfremdeten Nahrungsmittel der Menschen als Köder. Es entwickelt sich eine liebevolle, aber auf Lüge aufgebaute Beziehung zwischen dem Einzelgänger und der eingeschworenen Gemeinschaft, die über Eifersüchteleien, Enttäuschungen und gemeinsam überstandene Gefahren die wahren Werte des Lebens (wieder) aufdeckt.
Als bekennende Kleintier-Fanatikerin war dieser Film für mich ein Muss. Wenn putzige Pelztiere per CGI anthropomorph dargestellt werden und dann auch noch witzige Sachen machen, bin ich meist hin und weg. Das lustige Fiepsen, dass ich dabei von mir gebe, kehrt die Situation schon fast wieder um - da werde ich zum Tier. Nichtsdestotrotz gehe ich an dieses Thema mit einem aus Erfahrung erwachsenen kritischen Blick - nicht alles, was niedlich ist, ist auch witzig. Von Stereotypien und der Vereinfachung moralischer Fragen, zu denen das Genre einlädt, mal ganz abgesehen.
Over the hedge möchte ich jedoch wärmstens empfehlen. Zwar bin ich bei keiner Szene vor Lachen tatsächlich aus dem Stuhl gerutscht, dafür setzt er jedoch seinen unleugbar vorhandenen Witz für eine Kulturkritik ein, die aktuell und wunderbar selbstironisch ist. Die bis dato urwüchsigen Tiere reagieren auf das plötzliche Überangebot an Salz und Zucker extrem menschlich: sie verlieren den Blick für die Menge und werden wählerisch. Das Problem der Menschheit, immer dicker zu werden, wird hier geradezu pädagogisch aufbereitet. Am Anfang war der Mangel und diesen als böse Erinnerung im Kopf schlägt das Verhalten der Tiere angesichts des Überangebots sofort in Maßlosigkeit um. Der potentielle erhobene Zeigefinger allerdings wird durch den Humor gemildert.
Ganz besonders positiv ist mir - im Rückblick - die Entwicklung der Charaktere aufgefallen. Die Charaktere sind klar und und rasch zu erfassen, ohne plakativ oder simpel zu wirken. Da ist die schlichte Stacheltierfamilie, die die traditionellen Werte der Familie repräsentiert, der alleinerziehende Oppossumvater einer jugendlichen Tochter, die im Verlauf der Geschichte Unabhängigkeit voneinander und Vertrauen zueinander entwickeln, das Mauerblümchen-Stinktier, die ihre wahre Schönheit und die große Liebe findet, und der hektische Hammie, der tendenziell anstrengend ist, aber sehr sensibel - und am Ende seinen heldenhaften Moment haben darf, in dem ihm seine nervigen Eigenschaften endlich mal zugute kommen. Alle zusammen wenden sich vertrauensvoll an den benannten Verne, der in seiner Eigenschaft als Schildkröte die guten wie schlechten Seiten des Konservativismus (is that a word??) vereint. Seinen Gegenspieler, beim happy end aber vielmehr seine Ergänzung findet er im draufgängerischen, unüberlegten R.J., der offenbar für den Unternehmergeist steht, aber auch für die Einsamkeit dessen, der stets nur nach den eigenen Bedürfnissen sieht. Der Bär Vincent schließlich, der die ganze Sache ins Rollen bringt und auch am Ende die Wendung herbeiführt, ist die teuflische Versuchung einerseits und die Stimme des Kapitalismus andererseits. Maßlosigkeit, dein Name sei Grizzly...
Zusammengefasst: keine schreiende Komödie, aber gerade darum besonders sehenswert.
#34
Geschrieben 15. Juli 2006, 17:02
gerade fällt mir auf, dass ich mich mal für OT oder DT entscheiden sollte...
Der kleine Charlie Bucket lebt in bitterster Armut mit seinen Eltern und seinen bettlägerigen Großeltern. Am Ort steht die größte Schokoladenfabrik der Welt, in die seit 15 Jahren kein Mensch mehr seinen Fuß gesetzt hat, die aber dennoch effektiv produziert. Die große Meldung, dass Willy Wonka, der Schokoladenfabrikant, fünf Kindern Eintritt gewähren will, die in Schokoladentafeln versteckte Goldene Tickets finden, versetzt die Welt in Aufruhr. Die ersten vier Kinder sind Ausbünde an schlechter Erziehung und anderen zivilisatorischen Mängeln, aber auch Charlie findet schließlich eins.
Beim Besuch der mysteriösen Fabrik, angeführt von Willy Wonka, fallen die anderen Kinder ihren eigenen Fehlern - bzw. denen der Eltern - zum Opfer und werden jedes auf seine Weise pädagogisch abgestraft... und Charlie zieht den Hauptgewinn, allerdings nicht, ohne zunächst moralisch auf die Probe gestellt zu werden.
Dieser Film ist nicht nur wegen der hervorragend bissigen und zeitlos "wahren" Geschichte sehenswert, die wir dem großen Roald Dahl zu verdanken haben (seine Bücher dürften ruhig mehr gelesen werden als HP!), sondern natürlich auch wegen der wunderschönen, phantastisch bunt und ornamental gestalteten Bilder. Tim Burton findet in der literarischen Vorlage Boden für alle Blüten, die sein gestalterischer Geist treibt - eine schönere Kombination kann ich mir kaum vorstellen. Ebenso wohl gehen "echtes" und CGI-bearbeitetes Bild hier Hand in Hand. Die Befürchtung, die Musical-Einlagen könnten kitschig oder peinlich sein, war völlig unbegründet. Dennoch ziehe ich das Original vor - selbst, wenn sich die im Kino gesehene Synchronisation an die literarische Übersetzung hält, solche alberne und gleichzeitig "richtige" Poesie muss man erst einmal übersetzen können (wäre ein Fall für Harry Rowohlt gewesen...).
Leider hatte ich nur eins vergessen, als ich den Film zum Frühstück im Bett auswählte - wie sehr mich die Darstellung der wirtschaftlichen Armut und des Reichtums an Liebe bei Familie Bucket schon bei der ersten Sichtung gerührt hat. Keine 15 Minuten in den Film hinein saß ich da und salzte meinen Kaffee mit Tränen. An Essen war wegen Kloß im Hals natürlich nicht mehr zu denken. Erst, als sich die Tore der Fabrik öffnen und der witzige Teil losgeht, konnte ich wieder ins Brötchen beißen.
Den Schluss, der sich von der Vorlage löst (die geht ja eigentlich weiter im Gläsernen Fahrstuhl, mit Begegnungen mit Außerirdischen), betrachtete ich zunächst mit Skepsis. Zugunsten der runden Story und dem "notwendigen" happy end lasse ich jedoch gerne von meiner Strenge ab.
Also: toll, toll, toll. Dieser Film könnte meines Erachtens als Lehrfilm für Eltern in Industrienationen verwendet werden...als ein echter Bonbon. Zuckersüß verpackt, kann man sich beim Lachen am Thema verschlucken.
#35
Geschrieben 17. Juli 2006, 13:02
Ich bin ja nicht bescheuert und kucke allein zu Hause irgendwelche Slasher-Filme!
Drittsichtung des vorletzten Pixar-Kinofilms. Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell 115 Minuten um sein können - time flies when you're having fun!
Die Geschichte um die Rückkehr alternder Helden mitsamt ihrer Nachkömmlinge in das Superheldengeschäft ist ausgesprochen glaubwürdig erzählt. Wer das Gefühl kennt, mehr zu sein als der Job, den er ausübt, kann mit Bob fühlen, der sowohl seinen riesenhaften Körper wie auch seine hehren moralischen Ansprüche in ein cubicle der blutsaugerischen Versicherungsanstalt zwängen muss. Andererseits weckt Helens Wunsch nach Frieden und Normalität für die Familie den Mutterinstinkt in mir - auch für ihre Position habe ich Verständnis.
Der Film schafft es, die scheinbar gegensätzlichen Bedürfnisse der Eltern ebenso wie die pubertäts- und superkraftbedingten Identitätsprobleme der Kinder ohne Rührseligkeit und Simplifizierung darzustellen, miteinander zu diskutieren und eine Lösungsmöglichkeit anzubieten. Dabei kommen die guten Seiten es "Normal-Seins" ebenso zur Geltung wie die Berechtigung eines jeden, sein Bestes geben zu dürfen - getreu dem Spruch von Nelson Mandela: As we let our own light shine, we unconsciously give other people permission to do the same.
Abgesehen davon ist der Film natürlich witzig und, wie wir es von Pixar kennen, bis ins Detail perfekt generiert. Ich werde ihn bestimmt noch ein viertes und fünftes Mal sehen.
#36
Geschrieben 17. Juli 2006, 13:25
Eigentlich habe ich es mir zur Regel gemacht, über halbgesehene Filme nicht zu schreiben. In diesem Fall mache ich eine Ausnahme, da ich, bevor ich einschlief, genug von den Mängeln dieses wanna-bes mitbekam, um jedem davon abzuraten.
Die Story lässt sich recht leicht als Mischung aus 8mm und The Ring beschreiben, nur mit Internet. Ein Psychopath, Stephen Rea, der aus dem Medizinstudium geschmissen wurde, betreibt eine snuff-Website, auf der er reihenweise Mädchen umbringt. Interessanterweise kennt der Bulle, Stephen Dorff, seinen Namen, sein Aussehen, seine Biographie - aber weil er ständig die Website ändert, können sie ihn nicht zu fassen kriegen. Häh? Wie macht die Polizei das denn sonst so?
Soweit, so unoriginell. Jetzt geht's aber noch 'n Tacken doofer, denn das erste Opfer, eine gewisse Jeannie, spukt nämlich und sucht diejenigen heim, die sich auf der Website 'rumgetrieben haben. Innerhalb von 48 Stunden sind die dann tot, und zwar so umgekommen, wie sie's am meisten fürchten. Wow, was für'n Einfall.
Wie gesagt bin ich nach der Hälfte selig eingeschlummert, was für einen Gruselthriller schon mal kein gutes Zeichen ist. Was ich davon mitbekommen habe, hat mich höchstens zum Schmunzeln gebracht - z.B. wie die Tante vom Gesundheitsamt, Natasha McElhone, mit dem Verdacht auf Ebola reagiert - nämlich gar nicht. Dann betreibt sie die ganze detektivische Arbeit, die Herr Dorff offensichtlich hat schleifen lassen - da fragt man sich doch, wie der seinen Job behalten konnte. Und schließlich kann man davon ausgehen, dass jeder, der von irgendwem gebeten wurde, nicht auf die besagte Website zu gehen, es garantiert in der nächsten Szene tun wird. Obwohl schon klar ist, dass alle, die's taten, krepierten. D'oh!
Leider sind nicht mal die Gruseleffekte irgendwie bemerkenswert. Im Gegenteil, die ganzen Stilmittel sind so herkömmlich eingesetzt und jeder "Schreckensmoment" so durchschaubar gemacht, dass sie sogar mich so wenig berührten, dass ich völlig lässig durch die dunkle Wohnung in die Küche taperte, um mir noch was zu trinken zu holen. Dabei grusele ich mich sonst auch schon mal bei ???-Kassetten!
Ein totaler Loser, der Film.
#37
Geschrieben 17. Juli 2006, 13:51
Roy Munson ist ein großes Bowling-Talent. Leider ist er kein besonders heller Kopf und ein Hinterwäldler, deshalb fällt er schon nach dem ersten Bowling-Turnier außerhalb seines Heimatstädtchens auf den selbstverliebten, intriganten Ernie MacCracken herein, der ihn in eine Betrugsnummer hineinzieht und dann die "Schulden" (seine gute rechte Hand) allein bezahlen lässt.
10 Jahre später ist Roy ein versoffener, heruntergekommener Handelsvertreter für Nippes, den kein Mensch braucht. Nur die Menschen, mit denen er benachbart ist, sind noch weiter unten als er, aber viel fehlt nicht bis zum Tiefpunkt. Da sieht er den amishen Ishmael bowlen und erkennt sofort dessen Begabung. Mit einer tumben List bringt er ihn dazu, sich mit ihm nach Reno zum nationalen Bowling-Turnier zu begeben. Auf dem Weg dorthin gabeln sie noch die heisse Claudia auf, die mehr Grips als beide zusammen hat. Mit allerlei Gezänk kommen sie schließlich in Reno an, aber dort wird das Gespann erst richtig auf die Probe gestellt.
Auf dem guten Weg, meine Farrelly-Brüder-Sammlung zu komplettieren, kam ich an diesem Beinahe-Klassiker natürlich nicht vorbei. Ich gebe zu, dass ich ihnen immer wieder neu mit gespaltenen Gefühlen begegne, dies aber durchaus positiv werte. Wenige Leute bringen ekligen Fäkal- und Sexual-Humor so gelungen zusammen wie gefühlvolle und pädagogisch wertvolle Themen und Geschichten. Wenn ich denke, sie verlassen die ausgetretenen Pfade des "guten Geschmacks", halte ich mir gerne vor Augen, dass sie nur zeigen und aussprechen lassen, was manche höchstens gedanklich bearbeiten - und dies rechne ich doch als Mut.
Besonders, da die vorgebrachten Wertvorstellungen meines Erachtens immer wieder untadelig sind. Es ist immer das Gute, das gewinnt, wenn auch nicht so, wie es sich der Zuschauer denkt - nein, eher noch besser.
Dazu sind die Charaktere so gut beobachtet und mal mehr, mal weniger subtil dargestellt - aber immer mit einem wachen und detailgetreuen Auge.
Ganz sicher würde ich diese Filme nicht meinen Eltern empfehlen - aber wenn ich eines Tages Kinder habe, dürfen die sich gerne daran erfreuen.
#38
Geschrieben 17. Juli 2006, 16:31
Als Frau habe ich es manchmal nicht leicht, mich dem Vergnügen eines Slashers ungetrübt hinzugeben. Wenn genau mein "Problem" allerdings auf die Schippe genommen wird, bin ich selbstredend mit Freuden dabei.
Schnell und kompromisslos werden wir in die Story geworfen: Es geht ein Massenmörder um in der kleinen Stadt, in der ein paar knackige High-School-Mädchen eine Pyjama-Party feiern wollen. Die Neue, die nicht nur gut aussieht, sondern auch noch besser im Basketball ist als die anderen, bleibt wegen Sticheleien mit ihrer kleinen Schwester zu Hause - welches gegenüber der Heimat der Pyjama-Party liegt. Schon nachmittags werden auf dem Schulgelände unbemerkt zwei Mädchen entleibt, aber abends, als das Laster richtig beginnt, kommt auch der Handbohrer-Mörder ordentlich in Fahrt.
Männer sind hier nur phallus-schwingende, triebgesteuerte Gen-Pool-Erfrischer. Die wirkliche Handlung findet allein zwischen den Protagonisten weiblichen Geschlechts statt - zwar sind sie auch Opfer, aber nur aufgrund der Überraschung und der Aggressivität des männlichen Gegenübers. Wenn sie erst einmal die Situation erfasst und von der Unterdrückung genug haben, setzen sie sich kastrierend und penetrierend zur Wehr. Wichtig dabei: die Damen, die sich nicht über die männliche Begehrlichkeit miteinander in Konkurrenz setzen, sondern als vereinte Weiblichkeit zusammenarbeiten, sind die, die überleben!
Spätestens, nachdem ich in den Anfangs-credits als Autorin Rita Mae Brown registriert hatte, wusste ich, dass alles so überzeicnet gemeint ist, wie es aussieht. Zwar werden dem Zuschauer auch nackte Weiber präsentiert - aber immerhin in natürlichen Situationen und der "männliche Blick" wird so deutlich hervorgehoben, dass der potentielle Voyeur sich ertappt und enttarnt fühlen darf. Ja: wir verkaufen in diesem Film auch Fleisch. Aber Jungs: glaubt nicht, dass ihr eine Überlebenschance habt.
Es gibt am Ende des Films keinen übriggebliebenen love interest. Männer werden mit Vorliebe am Kopf angegriffen - ausser dem Mörder, der wird aufgespießt - oder gar, wie vielsagend, geblendet. Die Frauen sind, wie bereits gesagt, besonders dann angreifbar, wenn sich voneinander trennen oder nicht effektiv genug zusammenarbeiten. Ein Ende der Phallokratie - Frauen aller Länder, vereinigt Euch!
#39
Geschrieben 19. Juli 2006, 10:34
Dank meinem Vater, dem Französischlehrer, ist mir Jean-Paul Belmondo schon seit frühen Kindertagen ein Begriff. Allerdings sind seine frühen Werke wie A bout de souffle eher meines Vaters Kragenweite. Dabei ist Le Marginal in seinem Ton so französisch, wie der Tatort deutsch ist.
"Der Außenseiter" Jourdan ist ein Polizist der Drogenfahndung, dem es mehr um die tatsächliche Verhinderung von Verbrechen geht als darum, politisch und karrieretechnisch effektive Verhaftungen zu tätigen. Damit eckt er in Paris und Marseille sowohl bei seinen Vorgesetzten wie auch seinen Gegenspielern der Drogenszene an. Obwohl er schon in den Keller zur Pariser Sitte verbannt wurde, lässt ihn die Jagd nach dem Oberbösewicht Meccacci nicht ruhen - Auftrag oder kein Auftrag, der Drogenhändler hat seinen besten Freund korrumpiert und ist überhaupt an jedem bekannten Übel beteiligt, das kann Jourdan nicht ungesühnt lassen.
Natürlich setzt sich "der Außenseiter" durch und rettet nebenbei noch eine Pubertierende vor dem Schlimmsten und eine Prostituierte vor ihren Zuhältern... da kennt er auch keine Vorurteile, die femme professionelle wird seine Freundin.
Zwar ist der Story nicht immer leicht zu folgen, aber so merkwürdig das klingt: gerade das gefiel mir. Der Film orientiert sich nicht am Dümmsten Anzunehmenden Zuschauer, sondern erspart sich Erklärungen, die sich bei aufmerksamer Beobachtung und logischer Schlußfolgerung erübrigen. Auch, dass nicht mit erzählerischen Scheuklappen auf die Auflösung des zugrundeliegenden Konfliktes hingearbeitet wird, sondern das ganze bunte Nachtleben Paris' und Jourdans vielseitige Rolle darin dargestellt wird, trägt zur positiven Verwirrung bei.
Der im Gegensatz dazu glasklare, sachliche Stil - zu dem im guten Sinne schmucklose Kameraarbeit und Schnitt und der auf das Wesentliche konzentrierte Ton gehören - rundet das Ganze zu einem ausgesprochen "französischen" Bild ab - genau so hab' ich Belmondo in Erinnerung. Schön.
#40
Geschrieben 19. Juli 2006, 11:31
Obwohl acht Jahre früher, hat der Film in Erzählweise und Stil viel mit vorher gesehenem Außenseiter gemein. Nur, dass es hier um einen Prioritätenkonflikt des Kommissars Le Tellier geht - der will nämlich lieber einen mörderischen Bankräuber fassen, weil der seinen Kollegen auf dem Gewissen hat, als sich mit einem "schizo-dingsbums Paranoiker" zu befassen, der im Moralwahn alleinstehende sündige Weiber meuchelt.
Alles Positive, was ich also eben schon sagte, füge ich gedanklich hier ein. Dass die story mehr ist als der plot, gibt dem Film Tiefe, außerdem sind die Stunts noch spektakulärer als im Außenseiter - gut, J.P. ist auch acht Jahre jünger, gell?
Abschließend noch ein weiteres Lob: das Thema Medien/Presse wird nebenbei auch bearbeitet. Nicht nur, dass es Le Telliers Vorgesetzten nicht schmeckt, wie er die Polizei in der Öffentlichkeit repräsentiert, er wird auch von dritter Seite darauf angesprochen (sein fast love interest hat sich schon aus Zeitungsartikeln ein Bild von ihm gemacht). Minos, der Psychopath, arbeitet mit der Presse, wie wir das schon kennen: um sich selbst zu produzieren und Le Tellier und die ganze Polizei zu diskreditieren. Und am Ende gefährdet die Anwesenheit der Presse die Opfer des Psychopathen - das heute voll entwickelte Problem "Pressefreiheit vs. Opferschutz".
Ein phantastischer Klassiker und must-see.
#41
Geschrieben 19. Juli 2006, 14:46
Da wäre mir doch beinahe dieser spaßige Hochsee-Horror entfallen. Zur Strafe beschränke ich mich auf wenige Sätze...
Treat Williams ist witzig, Famke Jansen ist sexy, die Tiefsee-Monster sind eklig, der ganze Film ist humorvoll und rasant. Unterhaltsam/empfehlenswert. Punkt.
#42
Geschrieben 20. Juli 2006, 09:44
Der russische Drogendealer Victor Rosta ist nach einer Schießerei in Moskau nach Chicago geflüchtet, um dort sein schmutziges Geschäft auszubauen. Als er wegen einer Verkehrswidrigkeit verhaftet wird, kontaktiert die Chicagoer Polizei ihre russischen Kollegen und Ivan Danko fliegt über den großen Teich, um seinen Erzfeind abzuholen. Bei der Überführung schlagen Victors Schergen zu und befreien ihn - und nun muss Victor mit dem zerknitterten, unorthodoxen Cop Art Ridzik zusammenarbeiten. Über kulturelle und charakterliche Unterschiede hinweg entwickelt sich zwischen den beiden eine funktionierende berufliche und fast freundschaftliche Beziehung.
Zum Ende des Kalten Krieges zeigen hier Arnold Schwarzenegger und James Belushi, dass eine Annäherung möglich ist. Dass Arnie als Österreicher den Russen gibt, lässt Hollywood natürlich kalt - immerhin, dass gerollte 'R' klingt authentisch.
Aber gut, Arnie ist halt der Star. James Belushi als sein sidekick spielt zwar auch eine Rolle, die von ihm bereits bekannt ist, aber in der ungewöhnlichen Kombination liegt das komische Potential.
Über die Darstellung Russlands und der russischen Lebensweise, die Arnie repräsentieren soll, bin ich mir noch nicht ganz schlüssig. Denn einerseits scheint mir doch eine gewisse "schadenfrohe" Herablassung durchzuklingen, andererseits wird immer wieder betont, wie sehr sich die Verhältnisse ähneln...
Na, jedenfalls darf gelacht werden und auch die "Äkschn" kommt ausreichend zu ihrem Recht. Dementsprechend betrachte ich den Film nicht als Politikum, sondern als Entertainment. Als solches funktioniert der Film allerdings gut.
#43
Geschrieben 21. Juli 2006, 12:59
Also, Jean-Claude van Damme, der Über-Belgier, in seiner ersten Hauptrolle.
Frank Dux, seines Zeichens Immigranten-Sohn und Kampfkunst-Experte, nimmt als Vertreter des Tanaka-Clans am alle fünf Jahre stattfindenden Kumite in Hongkong teil. Er trifft auf einen netten Trucker, der auch mitprügelt, und auf eine karrieregeile Reporterin, die sich ihm für ein paar doofe Sprüche an den Hals wirft. Gleichzeitig wird er von seinen Armee-Vorgesetzten verfolgt, die ihre beste Waffe nicht bei Spielereien beschädigt sehen wollen.
Sein größter Rivale im Kumite ist der skrupellose Champion Chong Li (was glaub' ich so viel bedeutet wie "implantierte Bratpfannen"), der nicht davor zurückschreckt, seine wehrlosen Gegner kalt zu machen. Aber klar: wer der reinen Philiosophie folgt und sogar blind Tee servieren kann, dem kann auch so jemand nichts anhaben.
Vielleicht ist der Vergleich ungerechtfertigt, aber American Samurai hat mich in mancherlei Hinsicht mehr unterhalten. Gut, in diesem Fall geht es um eine "wahre Geschichte", da können einfach nicht so viele Leute so spektakulär umgebracht werden.
Aber auch sonst war der Film irgendwie öder - auch wenn der Schang wohl sehr schnell sein soll, sind die meisten Kampfszenen leider lahm. Das muss wohl dem Regisseur vorgehalten werden, oder den mangelnden schauspielerischen Fähigkeiten der Beteiligten.
Ja, darin liegt noch der größte Spaßfaktor: dass nicht nur in den flashbacks die jämmerlichsten Jugenddarsteller herangezogen wurden, die die Welt je gesehen hat, auch die Erwachsenen bleiben ihren drei Lieblings-Gesichtsausdrücken verhaftet.
Auch die simplen Versatzstücke einer Erzählung können zur Erheiterung beitragen, wenn es nicht so schrecklich weh täte, mit welch plumpen Szenarien Motivationen erklärt werden. Naja, es geht eben eigentlich um das Kumite. Ist doch egal, warum wer was macht... aber warum dann überhaupt Filmzeit darauf verschwenden? Achja: ist ja 'ne Biographie...
Einen Bonuspunkt bekommt der Film von mir noch für den nackten Arsch vom Schang - aber selbst da schneidet er nur als zweitbester ab: Arnies Nussknacker bei Red Heat hat mich auch mehr angesprochen.
#44
Geschrieben 23. Juli 2006, 11:08
Mary Gibson erfährt von der Rektorin ihres Internats, dass ihre einzige Verwandte, ihre Schwester Jacqueline, seit einiger Zeit spurlos verschwunden ist. In New York begegnen Mary bei der Suche nach ihrer Schwester ein paar alte Bekannte und viele Fremde, von denen ihr jedoch die meisten nicht helfen können oder wollen. Der Verdacht, Jacqueline sei ihrer Morbidität erlegen und in finstere Kreise geraten, erhärtet sich mehr und mehr, nachdem Mary Zeugin eines Mordes und seiner Vertuschung wird. Gregory Ward, Jacquelines verheimlichter Gatte, Jason Hoag, ein erfolgloser Poet, und Dr. Judd, der sich als Jacquelines Arzt vorstellt, sind die drei Herren, die ihr schließlich den Weg zu Jacqueline weisen, jedoch selbst mehr oder weniger verstrickt sind in eine Geschichte um Satanismus und Todessehnsucht.
Eine inhaltliche Wiedergabe dieses düsteren Großstadt-Bildes ist ebenso schwierig wie der Versuch, seine hoffnungslose Stimmung in Worte zu fassen. In diesem Film ist jeder Schatten ein bodenloser Abgrund. Marys heitere Zuversicht wird zunächst nur kaum von der Sorge um ihre Schwester getrübt, da sie offenbar keinerlei Vorstellung vom finsteren Seelenleben ihrer Schwester hat.
Den ersten großen Riss erleidet das Bild ihrer Schwester, als sie in einem von ihr gemieteten Raum nichts weiter als einen Stuhl und darüber einen Galgenstrick vorfindet. Auch für den Zuschauer bringt diese Szene ein Wendung - bis dahin ging man davon aus, Jacqueline sei ein Opfer, doch nun ist es unklar, ob sie nicht einen selbstgewählten Weg gegangen ist. Die Unmöglichkeit, selbst einen nahestehenden Menschen vollständig zu kennen und zu verstehen - eine Problematik, die im Umkreis von Selbstmördern existentiell wird - offenbart sich Mary hier mit ungemilderter Wucht.
Im Laufe der Handlung verliert Mary selbst mehr und mehr von ihrer Strahlkraft und die dunkle, bedrohliche Welt, in der ihre Schwester lebt, nimmt Überhand. Jacquelines Konflikt mit einem Satanistenzirkel wirft auf Dauer für alle Beteiligten die Frage auf, wie und wofür es sich zu leben lohnt, wenn der Tod das unausweichliche Ende ist.
Jacqueline findet ihren stärksten Gegenpart in der kleinen Randfigur der Mimi, einer anscheinend an Tuberkulose erkrankten Bewohnerin der Pension Romari. Während Jacqueline in bester Gesundheit ihr Leben doch nur genießen kann, wenn sie glaubt, über dessen Ende selbst entscheiden zu können, stellt sich der todkranken Mimi wohl niemals die Frage, ob sie dem drohenden Tod freiwillig entgegengehen soll. Im Gegenteil, am Ende gehen die beiden Frauen in genau entgegengesetzte Richtungen: Mimi beschließt, das Leben voll auszukosten, so lange es dauert, gerade weil sie den Tod vor Augen hat - Jacqueline, gerade ihren Häschern entkommen und in Reichweite der Sicherheit, lässt jegliche Hoffnung fahren und beendet ihr Leben, dass ihr durch das bloße Wissen um den Tod sinnlos erscheint.
Die Satanisten sind zwar auch in dieser Geschichte keine Sympathieträger, jedoch ist der Konflikt mit ihnen nur Ausdruck des inneren Konfliktes, den Jacqueline austragen muss. Ihre Philosophie besteht im Grunde - so habe ich das jedenfalls verstanden - darin, nichts zu tun, um weder dem Guten noch dem Bösen zuzuarbeiten. Sie praktizieren quasi eine prämortale Leichenstarre, die ihre Unfähigkeit, ein "sinnloses" Leben zu führen, zum Prinzip erhebt.
Die Aufforderung, die an die Verräterin Jacqueline ergeht, sich gemäß der Richtlinien des Kreises selbst zu entleiben, ist meines Erachtens paradox - da sich Jacqueline offensichtlich nicht mehr dem Kreis zugehörig fühlt, also sich auch dessen Regeln nicht unterwirft, warum sollte sie es als Pflicht empfinden, entgegen ihren eigenen existentiellen Interessen die ultimative Auflösung der widersprechenden Regeln darzubringen? Die letzte Szene, in der sie sich schließlich doch das Leben nimmt, bedeutet auch, dass sie ihre Entscheidung nun doch für die Satanisten gefällt hat. Die Unentschlossenheit, ob sie deren Glauben und Prinzipien teilt, ist Ursache für das Geschehen, so findet die Geschichte logischerweise ihr Ende mit dem finalen Entschluss Jacquelines.
Der Film beeindruckt nicht nur mit dem schwierigen und schweren Thema, er setzt dessen Bearbeitung auch in einer dichten und einnehmenden Atmosphäre um. Dazu dient sowohl der Einsatz von starken Hell-Dunkel-Kontrasten wie auch die deutlich zurückgenommene Ausdrucksweise der Darsteller. Ebenso erscheint die Welt, in der sich die Handlung abspielt, merkwürdig verkapselt - obwohl es sich um New York handelt, begegnen sich immer die gleichen Personen wieder, es scheint keinen Ausweg aus dem Kreis der Beteiligten zu geben (zumindest nicht, so lange sich die Gedanken aller um Jacqueline drehen).
Obwohl ich zu Beginn schon wusste, dass ein Val-Lewton-Film nicht das reisserische Grauen bringen würde, das der Titel zu versprechen scheint, hat mich auch dieser Film erneut veblüfft. Mit den geringsten Mitteln offeriert der Film eine Lebenshaltung, ein ethisches Konzept, das den Zuschauer so pessimistisch gestimmt und taub zurücklässt wie die Angehörigen seiner Titelheldin. Deren Liebe kann nur aufgrund des Todeswunsches einer anderen ausgelebt werden - wie glücklich kann das enden?
#45
Geschrieben 23. Juli 2006, 11:44
Nachdem der Krieg im vorhergegangenen Teil der Serie im Untergrund begonnen hatte, bricht er in diesem Finale (?) an die Oberfläche. Ein Mittel ist gefunden worden, dass die Mutationen rückgängig macht - an diesem scheiden sich endgültig die Geister der Mutanten. Die in unerwarteter Größe wiederauferstandene Jean Grey, jetzt Dark Phoenix, wechselt die Seiten, bis hierhin tragende Charaktere verlieren mit ihren Kräften auch ihre Bedeutung, wenn nicht gar ihr Leben, und im letzten Gefecht ist es wieder die Macht der Gefühle, die über alles erhaben ist.
Der erste Teil wird immer sein warmes Plätzchen in meinem Herzen haben. Den zweiten Teil hätte ich gerne mal selbst unter die Schere bekommen, um an dessen Stringenz und Kohärenz zu arbeiten. Der dritte Teil jedoch hat sich mit Gnadenlosigkeit und explosiver Konsequenz seinen Platz auf dem Siegertreppchen erbombt.
Abgesehen von dem Makel Halle Berry, die in einer Szene ihre Tränennummer von der Oscar-Verleihung noch mal durchziehen darf, und dem schon bekannten Problem, dass viele interessante Mutanten nur vorgestellt werden, um der Varietät Genüge zu tun, aber keine echten Charaktere entwickeln dürfen, ist The Last Stand wohl der beste der drei X-Men. Nicht nur wegen der Effekte, die gelungen und gut eingesetzt sind, auch wegen der wesentlich packenderen persönlichen Konflikte, die zwischen den Pro- und Antagonisten ausgetragen werden.
Dass die genetischen Mutationen der X-Men neues Interesse geweckt haben, in dieser Zeit, in der auch Gattaca gar nicht mehr sooo unwahrscheinlich aussieht, ist nur zu verständlich. Besonders faszinierend finde ich allerdings bei diesem Film die Frage: Was definiert eigentlich eine Krankheit - bzw. wer? Diejenigen, die das "Anders-Sein" heilen wollen, weil sie nichts ertragen können, was sie nicht verstehen oder kontrollieren können - oder diejenigen, die am besten wissen müssten, ob sie unter dem "Anders-Sein" leiden - oder nur unter der Intoleranz der anderen. Passend dazu die GEO kompakt zum Thema Gene: Auch die Sichelzellenanämie ist eine genetische Mutation - für manche eine tödliche Krankheit, für andere die einzige Überlebenschance. Kann man also überhaupt eine endgültige Definition finden?
Und zum Schluss bietet der Film noch eine Abhandlung über den Geschlechterkampf: Phoenix, Bild der ungezügelten Urkraft des Weiblichen, kann nur aufgehalten und natürlich selbst gerettet werden durch totale Selbstaufgabe, durch Wolverine, den Mann, dessen Penetration sie sich hingibt. Bezeichnenderweise sagt er ihr noch, bevor er sie durchbohrt und ihre Quelle zum Versiegen bringt, dass er sie liebt. Da fällt mir Jacques Lacan ein (das einzige Zitat, das ich überhaupt von ihm parat habe): "Ich liebe Dich, aber aus unerklärlichen Gründen liebe ich etwas in Deinem Inneren mehr, und deshalb werde ich Dich zerstören." Ob Wolvi daran gedacht hat?
#46
Geschrieben 23. Juli 2006, 13:10
Noch ein Film um Gott und Teufel... Der "diabolische" Mr. Frost, wie er in der deutschen Titelfassung heisst, hat 24 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, zu Tode gefoltert. Nach seiner Verhaftung, die auf keinerlei Gegenwehr seinerseits stößt, wird er von den Institutionen und Nationen herumgereicht, da keiner durch seine Mauer des Schweigens bricht - nur seine Überzeugung, der Herr der Finsternis selbst zu sein, ist bekannt. Zurück in England öffnet er sich schließlich der durch und durch rationalen Psychiaterin Dr. Sarah Day, die sich wiederum in den ehemaligen Polizisten verliebt, der Mr. Frost damals inhaftierte. Es geschehen merkwürdige Dinge, die die Grenzen zwischen Ratio und Metaphysik tangieren oder auch überschreiten - und zwar in beide Richtungen, denn zwischen Dr. Day und ihrem teufischen Patienten werden Glaubensfragen mit den Mitteln der Logik erörtert.
Aber selbstverständlich ist die Argumentation eines gefallenen Engels stichhaltiger als die einer gewöhnlichen Sterblichen, deren Weltbild sich in Auflösung befindet.
Jeff Goldblum ist tall, dark and handsome perfekt besetzt - auch seine immer etwas fahrige, impulsive Gestik passt ins Bild des genervten, an seiner Machterneuerung interessierten Prinz des Bösen. Ohne großes Blutvergießen wird es absolut glaubwürdig, dass dieser Mann zu Unfassbarem fähig ist.
Ein atmosphärisch stimmiger kleiner Film, dessen Beweisführung unentrinnbar ist: Wenn Du an das Gute glaubst, musst Du auch an das Böse glauben. Wenn Du an das Böse glaubst, hat es Macht über Dich. Somit wächst die Macht des Bösen mit dem Glauben an das Gute. Um aber das Böse zu entmachten, musst Du selbst gegen die Regeln des Guten verstoßen, was leider wiederum bedeutet, dass das Böse stärker ist als das Gute usw. usf.
Tricky.
#47
Geschrieben 25. Juli 2006, 11:39
Halbblut Chato erschießt in Notwehr den Sheriff eines Wüstenkaffs in Georgia. Eine gemischte Truppe aus Bürgerkriegsveteranen, braven Farmern und blutrünstigen Indianderhassern heftet sich an seine Fersen - oder ist es umgekehrt? Aus dem urbanen Umkreis der Zivilisation entfernt, geraten die Verfolger immer weiter in den Nachteil, was sie jedoch nicht davon abhält, Chatos Schwager (?) zu lynchen und seine Frau zu vergewaltigen. Daraufhin werden sie endgültig aufgerieben zwischen Chatos Rache und internen Konflikten.
Dieser Film hat mich ehrlich gesagt ziemlich überrascht. Vielleicht, weil mir zunächst nicht der Sinn nach Western stand... auf jeden Fall war ich nicht auf die dichte Atmosphäre gefasst und den Perspektivwechsel, zu dem mich der Film im Verlaufe seiner Handlung bewegte.
Am Anfang sind die Fronten eigentlich klar: Chato wird von einem Rassisten mit der Waffe bedroht und ist einfach schneller am Abzug. Dass sich Captain Quincy seine Südstaatler-Uniform anzieht, bevor er seine posse zusammenstellt, lässt ihn wie einen blutdurstigen Kriegsnostalgiker aussehen. Die Zusammensetzung des Trupps birgt zunächst keine Überraschungen - fast jeder schließt sich an. Dass sich einer der Farmer der Jagd nicht anschließt - einer, der selbst mit einem Indianer zusammenlebt - klärt scheinbar nur die Fronten: Chato ist "der Gute", die Verfolger sind "die Bösen".
Allerdings wird schon bald deutlich, dass Chato durchaus kein wehrloses Opfer ist. Tatsächlich lockt er die Ahnungslosen immer tiefer in sein heimatliches Terrain - scheinbar im Glauben, sie zur Umkehr bewegen zu können, indem er ihnen ihre Unterlegenheit demonstriert. Doch Rassenhass ist stärker als Vernunft - und das zerreisst schließlich auch die ursprünglich konform gehende Gruppe.
So bald der Zuschauer Zeuge wird, wie einige der Verfolger moralische Bedenken äussern - besonders gegen die Vergewaltigung von Chatos Frau - kehrt sich das Verhältnis um. Ich selbst war hin- und hergerissen zwischen der Parteinahme für Chato und die Unschuldigen unter den Verfolgern. Während jede Folterung eines Vergewaltigers meine Zustimmung fand, war ich immer wieder erschüttert, wenn einer der moralisch Standhaften sein Leben ließ.
Dass dennoch keine Unterschiede gemacht werden, darf dem Film hoch angerechnet werden. Denn statt sich auf klare Fronten und einfache Gut-Böse-Verhältnisse einzulassen, entwickelt sich innerhalb der Gruppe der Konflikt, in den auch der Zuschauer argumentativ verwickelt wird.
Gut, die einzelnen Charaktere sind wiederum eindeutig zuzuordnen - es gibt die Liebens- und die Hassenswerten. Das Schlimme ist eben, dass die Hassenswerten die Liebenswerten mit in ihre Spirale der Gewalt hineinziehen.
To make a long story short: Chato's Land war eine positive Überraschung. Die wilde Schönheit der Landschaft parallelisiert Chatos ungezähmte Urwüchsigkeit und macht ordentlich was her. Und schließlich: Charles Bornsons vena gardena ist nicht zu verachten...
#48
Geschrieben 25. Juli 2006, 12:07
Der ehemalige Secret Service Agent gerät mitsamt seiner 12-jährigen Schwester an eine faschistische Verschwörertruppe aus höchsten Kreisen, die was gegen seinen afroamerikanischen Kumpel haben, der sich politisch engagiert. Nachdem gnadenlos alle bis auf ihn und seine sis gemeuchelt wurden, muss er sich auch noch in den bayous im Einzelkampf gegen die Oberbosse stellen, die das Ganze als Jagdsport betreiben. Aber: die Gruppe nennt sich Pentangle, er erledigt jedoch nur vier Gegner... wer ist denn bloß der fünfte? Ausgesprochen raffiniert, wie der Film das Ende in die Zukunft weisen lässt.
Hallo?! Kleine Jungen und Frauen werden abgeballert oder fallen von Dächern, 12-jährige Mädchen sollen an den meistbietenden Freier versteigert werden... dem heißen Süden ist ja wohl alles zuzutrauen, was? Ansonsten überraschte mich (auch) dieser Film mit seiner schauspielerischen und erzählerischen Bandbreite - für einen Actionfilm mit dem dudemeister (die Bezeichnung gefällt mir besonders) war der Film gar nicht so scheuklappenmäßig auf die Kampfkünste seines Protagonisten ausgerichtet, wie ich das von anderen gewohnt bin. Michael Dudikoff bekommt sogar verhältnismäßig viel auf die Fresse...
Der Film bietet also eigentlich keinen großen Lachfaktor, auch wenn der dude mit seinem Partner Steve James ganz schön 'rumschwult (diese Augenzwinkerei ging mir ziemlich auf den Senkel). Nicht mal die kleine Schwester ist richtig nervig...
#49
Geschrieben 26. Juli 2006, 09:39
Das Jahr 1990 (aus der 1980-Perspektive): die Bronx ist gesperrte Zone für alle ausser die unterschiedlichen Kriminellen-Vereinigungen. Ann, Alleinerbin des größten Waffenherstellers der Welt, flüchtet vor ihrer Verantwortung und den drohenden Schattenkanzlern in besagtes no man's land und verliebt sich prompt in Trash, den Anführer der Riders. Interne Rivalitäten zwischen den Gangs und Intrigen der Aussenwelt führen zu einem ultimativen Konflikt, in dem die Polizei unter Leitung des exterminators Hammer sämtliches Gesocks ausrotten will. Das Überleben der underdogs hängt von der Antwort ab auf die Frage: Kann Gaunerehre stärker sein als Darwin's Gesetze?
Okay, ich bin neu verliebt. Ich werde meine Zelte abbrechen und mich in die Bronx begeben, um bisexuelle Ledermätzchen mit Zottellocken und rasierten Brustkörben anzuhimmeln, die auf Motorrädern oder Rollschuhen durch zerfallende Wohnblöcke sausen und ab und zu mal durch-choreographierte Prügelspielchen abhalten - wahrscheinlich, um die sexuelle Spannung zu erhöhen.
Nein, mal ehrlich. Ich möchte zur Verteidigung aller Darsteller, besonders aber Mark Gregorys die Vermutung äussern, dass das Casting offensichtlich unter modern jazz-Tänzern abgehalten wurde. Wer mit so geradem Rücken über den Schutt tänzelt, hat ganz klar eine klassische Tanzausbildung. Und selbst wenn nicht: wie soll man auch anders gehen, wenn einem der Hosenboden an der Milz klebt?
Der Modefaktor dieses Films liegt bei 98 von 10 Punkten. Leder in Schwarz und Rot steht ebenso hoch im Kurs wie der Metallic-Look, und sogar die Zerrissensten unter den Abgebrannten sind noch in kleidsame Fetzen gewickelt und haben ein wenig Puder aufgelegt.
Für's Auge ist also was geboten. Wer sich von diesem Stil ablenken lässt oder auch: wer noch nie in N.Y. war, bemerkt vielleicht auch nicht, dass ein Großteil des Films gar nicht in der Bronx spielt.
Aber naja - die ur-amerikanische Kultur der Gansterbanden wird hier ja auch hauptsächlich von Italienern verkörpert.
Zum schauspielerischen Können der Beteiligten möchte ich gar nichts sagen. Wem Jeans und Leder die Haut wund reiben, wer beständig unter Juckreiz durch Candida albicans leidet, wer sich ohn' Unterlass auf acht Rollen oder im Steptanz fortbewegen muss - na, der kann eben keine vollkommene Kontrolle über seine Gesichtmuskulatur haben! (Nur die Truppe um Fred Williams hat's gut, die dürfen sich einbilden, wie James Cagney den public enemy zu geben...)
Ach, und eins noch: den Goldenen Tanga für die größte Attraktivität in der billigsten Plastikklamotte erhält dieses Mal: der Kannibalen-Feinschmecker George Eastman!
#50
Geschrieben 28. Juli 2006, 16:09
Äh, also - wie war das noch mal mit der Story?!
Egal. Orlando Bloom darf mit Hundaugen Keira Knightley anhimmeln und Johnny Depp gibt den dauerberauschten Kapitän ohne Schiff.
Ich war sehr, sehr müde und hatte den Film schon mindestens ein Mal gesehen. Das machte die Geschichte etwas zäh, nichtsdestotrotz möchte ich das dem Film nicht vorwerfen. Es ist nun mal ein Disney-Film für Erwachsene.
Ich war wieder positiv angetan von der Gründlichkeit der continuity und der Detailverliebtheit der Animateure. Ausserdem wurden mir einige Figuren ins Gedächtnis zurückgerufen, die ich vergessen hatte, die aber im nachfolgenden zweiten Teil wieder auftauchten.
Dieser Film ist nichts zum zweiten oder dritten Mal kucken, aber dennoch ganz nett unterhaltsam.
#51
Geschrieben 28. Juli 2006, 16:24
Inhaltsangabe entfällt - ich war schlicht zu müde, da durchzusteigen, und is' ausserdem auch egal. Ich schau' den Film nicht, um einer interessanten Geschichte zu folgen.
Dafür war aber dann doch alles drin, wofür ich den Film eigentlich sehen wollte. Die Action, die phantasievollen Effekte, die Lacher und nicht zuletzt die Herren Hauptdarsteller. Naja, ohne die wär's auch doof. Nur Keira Knightley und ein paar Schiffe - nö.
Ich habe mehrfach laut gelacht - obwohl ich so müde war - und weil ich so müde war, gingen mir die Kreaturen auf der Flying Dutchman ein, zwei Mal ganz schön unter die Haut. Die Animation ist schon ein ziemlicher Spaß und sehr gelungen, immerhin konnte ich unter Davy Jones ringelnden Tentakeln erahnen, dass ich den Schauspieler kenne (Bill Nighy ist Shauns Vater).
Unter dem Strich: eye candy. Popcornkino in Reinform, wer's mag, wird seinen Spaß haben.
#52
Geschrieben 29. Juli 2006, 13:48
Der Wissenschaftler Clyde Wynant verschwindet. Als er nicht einmal zum Termin ihrer Hochzeit wieder von sich hören lässt, wendet sich seine Tochter besorgt an einen alten Bekannten, den Privatdetektiv Nick Charles. Der weilt aber eigentlich nur im Urlaub in New York und möchte nicht mehr arbeiten - schließlich hat er die wohlhabende Nora geheiratet. Die wiederum hat ein weiches Herz und ein Faible für Kriminalgeschichten, und so kommt es, dass der große Schnüffler doch den Fall annimmt um drei Morde, die der verschwundene Wissenschaftler begangen haben soll. Wie es sich gehört, werden die Verwicklungen am Ende bei einem feinen Dinner gelöst, bei dem alle Verdächtigen anwesend sind.
Vorlage für die Story von Dead men don't wear plaid? Auf jeden Fall ein ganz großer Spaß. Der Krimi aus der Feder Dashiell Hammetts und die funkensprühende Chemie zwischen William Powell und Myrna Loy bieten in Kombination kurzweilige und rasante Unterhaltung. Auch als Zeitdokument ist der Film interessant: In der frühen Phase des strikten Hays Code schlafen zwar die Eheleute in getrennten Betten, aber sexuelle Andeutungen gibt's reichlich - und William Powell ist beständig am Saufen. Von den lockeren Sitten ganz zu schweigen: Scheidungen, Zweitehen, Bigamie, alles ist drin.
Ich steh' sowieso auf den Stil der 30er - überall schlanke, geschwungene Formen. Myrna Loy ist mein Inbegriff für "Klassefrau", und ihre Rolle als Nora Charles vereint Anstand mit Abenteuerlust. Wenn ich als Fillmfigur wiedergeboren werden dürfte, wäre das meine erste Wahl...
Die folgenden Filme der Thin Man-Reihe bauen wohl stark auf diesem Rezept auf - bis auf das erste Sequel habe ich bisher verzichtet. Dass die Titel alle den dünnen Mann beinhalten, ist sowieso merkwürdig, denn eigentlich ist der dünne Mann aus dem Titel dieses Films der verschwundene Wissenschaftler...
#53
Geschrieben 31. Juli 2006, 17:14
Die jungfräuliche, jungvermählte Susan kehrt mit ihrem Gatten auf dessen Gut zurück. Das anfängliche Glück beginnt langsam zu bröckeln, als Susan mit der sexuellen Energie ihres Mannes überfordert scheint und auch noch eine weiße Frau auf dem Gelände umgeht - die Fast-Großmutter des Herrn, die ihren Ggatten in der Hochzeitsnacht erdolchte, weil er "Unaussprechliches" von ihr verlangte. Susans Träume von der Dame werden stets luzider, aber alles wird erst so richtig komplex, als eine Dame namens Karmilla auftaucht, die der umgehenden Mircalla auf's Haar ähnelt... Ständig taucht ein Dolch auf und Susan wendet sich immer weiter von ihrem Gatten ab. Stammt die Bedrohung aus dem Jenseits oder doch aus dem Dunkel des menschlichen Unterbewussten?
"Lesben im Blutrausch" wäre ein anderer schöner Titel für diesen Film. Schon die Eingangsszene, in der Susan im Hotelbett vergewaltigt wird, lässt offen, ob dies und alles folgende eine Phantasie oder Vision ist oder tatsächlich geschieht. Das Thema des Films ist klar: männliche und (vor allem) weibliche Sexualität und deren scheinbare Unvereinbarkeit. Susan fühlt sich bedroht durch die fleischlichen Gelüste ihres Mannes (was in mancher Situation auf mein vollstes Verständnis trifft), ihre Gatte wiederum (der während des ganzen Filmes ohne Namen bleibt, ebenso wie alle anderen Männer) sieht sich von den erwachenden lesbischen Gelüsten seiner Gattin verdrängt und überflüssig gemacht.
Das Ganze kam mir sehr Jung'sch vor, möglicherweise fehlte mir daher die Konzentration auf den Film - ich war oft damit beschäftigt, das Gesehene in psychologische Argumentation umzusetzen. Schließlich bezichtigt sich Susan selbst eines Jung'schen Judith-Komplexes.
Befremdlich, möchte ich sagen, erscheinen mir die dargestellten männlichen Ängste nicht - eher amüsant. Dass "der Mann" anscheinend sein Sexualorgan (den Phallus symbolisiert der Dolch) selbst fürchtet, wenn es erst in die Hände "der Frau" gerät, dass er dadurch überflüssig, kastriert, gar entleibt wird (und dafür natürlich blutige, penetrierende Rache üben muss), dass "die Frau" Rache übt für die Penetration und vor dem Eindringling in die Arme anderer Frauen flieht, dass diese rein weibliche Liebe mysteriös, übernatürlich und tödlich für das Männliche ist - das ist alles schön logisch und schlüssig. Es macht schon Spaß, dem Psychologisieren zu folgen, doch ich empfand es als etwas dick aufgetragen.
Vielleicht war es der massiv männliche Blick des Films und das Unverständnis, das darin liegt, was mich so irritiert hat. Oder der Phallozentrismus, der erstens dem Phallus eine solche Macht zuschreibt, zweitens umgekehrt der "Liebe ohne Phallus" zerstörerische Tendenzen unterstellt und ihr drittens diesen Phallus doch wieder in die Hand drücken muss, damit sie überhaupt existieren kann.
Vielleicht hat mich irritiert, dass der Film den Mann in seiner Sexualität so penetrant zeigt und die weiblichen Figuren so undurchschaubar dargestellt wurden. Ich als Frau kann nur sagen: So schwierig zu verstehen sind wir gar nicht - und nicht alle Frauen haben Probleme mit der Penetration, ebenso wenig wie wir latent lesbische Neigungen pflegen. Aber vielleicht ist das für "den Mann", um den es in diesem Film geht, sogar noch schlimmer, noch weniger verständlich - denn für "den Mann" ist die Penetration ja scheinbar etwas Erniedrigendes, etwas, das er selbst jedenfalls nicht freiwillig mit sich machen lassen würde. Vielleicht ist es für "den Mann" noch schlimmer, dass "die Frau" Spaß am Mann hat, Spaß am Phallus - vielleicht bedeutet das die eigentlich Entmachtung des Phallus.
Alles in allem, um zum Film zurückzukehren, ist da viel drin zu lesen, und visuell ist es auch schön umgesetzt. Stundenlang könnte ich die einzelnen Details jetzt miteinander verknüpfen, die Bilder entschlüsseln - doch deren Prämisse, die Grundannahme des Films, findet bei mir nicht so recht Anklang.
#54
Geschrieben 01. August 2006, 18:13
Django, der Sheriff von White Rock, bricht nach Mexiko auf - nolens volens in Begleitung seines kleinen Bruders Jim -, um eine alte Rechnung zu begleichen: Cisco Delgado hat seinen Vater auf dem Gewissen und soll nun endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Django ist zwar gnadenlos, aber gesetzestreu: er will ihn vor ein amerikanisches Gericht bringen. Egal, wie viele andere er dafür einfach so erschießen muss.
Das Unterfangen gestaltet sich jedoch komplizierter als gedacht. Erst einmal muss Delgado gefunden werden und dann eröffnen sich auch noch moralische Dilemmata...
Ein echter Spaghetti-Western, aber wohl ein un-echter Django (sagt der Experte neben mir). Reizvolle Landschaft, schöne Pferde und echte Kerle, da freut sich das Cowgirl. Manchen Faustkampf hätte ich vielleicht etwas verkürzt, aber die eine oder andere Länge wird durch die tiefen Familienkonflikte und Charakterprüfungen wettgemacht.
Jetzt weiß ich auch, warum Terence Hill damals auch so erfolgreich werden konnte - die Ähnlichkeit ist ja verblüffend! Allerdings - dass der liebe Terry mal lächelt, macht ihn mir irgendwie sympathischer...
#55
Geschrieben 01. August 2006, 18:37
Der underdog of the underdogs Rocky Balboa, der sich mit Lokal-Boxkämpfen und Geldeintreiberei durchschlägt, hat einmal in seinem Leben die Chance auf das große Glück - Apollo Creed, Schwergewichtsweltmeister, sucht für einen Kampf noch einen medienwirksamen Gegner. Der aber eigentlich keine Chance haben soll. Rocky ist ganz unten, aber noch nicht in den Knien, und fängt an zu trainieren. Wie's so ist, mit der Liebe klappt's dann auch - und überhaupt: es geht bergauf!
Der ganz ganz große Sly, der mir immer mehr ans Herz wächst, hat mit seinem Drehbuch und seiner Darstellung des Siegers über die Verzweiflung die ganz ganz großen Gefühle geschaffen. Mein Gott, als Mike bei ihm in der Bude steht und jeder für sich mit seinen vergangenen Enttäuschungen abrechnet - da liefen mir tatsächlich zwei Tränchen über's feine Antlitz!
Überhaupt: dass der Film so ein Erfolg war, hat schon seine Gründe. Wie Rocky sich um die fast schon autistische Adrian bemüht und die beiden miteinander aufblühen, das ist der absolute Mädchen-Faktor!
Okay, der Kampf am Ende schlug mir dann eher auf den Magen als auf's Herz... aber wenn dem Männe neben einem vor Rührung über den Triumph des Verlierers auch das Pipi im Auge steht, was will die fühlende Frau mehr?! Toll toll toll!!!!
#56
Geschrieben 02. August 2006, 15:04
Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall. Rocky Balboa und Apollo Creed haben beide mit den Konsequenzen des unentschiedenen Kampfes zu ringen - Rocky kann nicht so recht Fuß fassen und langfristig seinen Erfolg zu seinen Gunsten ausbauen, Apollo findet keine Ruhe ohne eine klare Entscheidung, für sich und die Öffentlichkeit. Dementsprechend braucht es nicht viel, um beide wieder gegeneinander in den Ring zu bringen... über familiäre und körperliche Hindernisse hinweg.
Ein sequel, das nahtlos an den Vorgänger anschließt - inhaltlich ebenso wie qualitativ. Die Charaktere sind glaubwürdig und nehmen für sich ein, der Sieg des Willens über die Verzweiflung bleibt packend.
Je mehr ich von ihm sehe, desto mehr finde ich es schade, wie wenig Mienenspiel Sly in City Cobra hinter penetranter Spiegelverglasung darbot. Die Rolle des Rocky bietet ihm mehr Möglichkeiten, sein Potential auszuschöpfen - klar, auf den Leib geschrieben von sich selbst...
Besonders bewundernswert finde ich, wie er den tumben high school drop out 'rüberbringt, der es einfach nicht gebacken kriegt, die schlichten Texte der Werbespots halbwegs überzeugend herunterzuleiern. Wenn er seiner eigenen Mängel bewusst so treuherzig aus der Wäsche schaut, dann möcht' ich das südeuropäische Huftier immer ganz doll knuddeln!
#57
Geschrieben 12. August 2006, 16:35
Der letzte Film, den ich vor Beginn des FFF gesehen habe und zu dessen Besprechung ich vorher nicht mehr gekommen bin. Tja. Nach 33+1 Filmen (wenn ich richtig gezählt habe) fällt mir dazu nicht mehr so viel ein; will nur der Vollständigkeit halber sagen, dass ich mal wieder großes Vergnügen mit der Trainingssequenz hatte - wie Stallone und Weathers wie junge Fohlen durch die Brandung tollen und so - süß.
#58
Geschrieben 12. August 2006, 16:52
Auf einem Teambildungswochenende das internationalen Waffenherstellers Palidsade Defense im ungarischen Hinterland geht so einiges schief: der Busfahrer streikt, die "luxuriöse Lodge" ist eine Bruchbude und urban legends über die Region stellen sich als blutige Realität heraus.
The Office goes Hostel. Gleich zu Beginn werden Tempo und Tonart vorgegeben und den ganzen Film über treu durchgeführt. Es darf herzlich gelacht werden und ebenso herzlich darf mit den unschuldigen Durchschnittsmenschen mitgelitten werden, wenn Beine amputiert, Bäuche aufgeschlitzt und Köpfe abgetrennt werden.
Meine Befürchtung, der Humor fände seine Grenze, wenn der Schrecken los geht, war unbegründet. Mancher Spaß ist vielleicht etwas zu offensichtlich vorbereitet oder zu schlicht ausgeführt, dennoch entsteht zu keiner Zeit Langeweile. Auch weil der Witz nicht vor dem Schrecken haltmacht - beides ist so offen für den Austausch wie die grüne Grenze Ungarn - Serbien (davon sprechen die Protagonisten). Eine recht gelungene und kurzweilige Mischung, nicht unbedingt anspruchsvoll, aber ansprechend.
#59
Geschrieben 12. August 2006, 17:06
Das erfolgsmüde Ehepaar Xavier und Lena zieht samt der zwei jüngsten Kinder von Lissabon auf's erstaunlich trübe portugiesische Land. In der geerbten Villa angekommen scheinen die Gesetze der Wissenschaft, an denen sich beide orientieren, außer Kraft gesetzt und der provinzielle Aberglaube die maßgebliche Realität. Die Kinder benehmen sich seltsam, die Dorfbewohner sowieso und natürlich gibt's eine uralte Geschichte, auf der die dörfliche Paranoia begründet ist.
In Bildern und Musik stimmungsvoll, bietet der Film sonst nichts Großartiges, nur eine altmodische und herkömmlich erzählte Geistergeschichte inklusive dem bemützten Mann am Küchenfenster. Das wohlgelernte Handwerk des Regisseurs tröstet nicht über die mangelnde Spannung hinweg. Interessant ist dann nur die merkwürdige Dynamik innerhalb der Familie - wo fängt die Besessenheit an und wo lag doch vorher schon etwas im Argen? Vielleicht ist es meine kranke Phantasie, aber die schwangere Tochter und das grenzgängerische Verhältnis zu ihrem Bruder machte mich misstrauisch, dass dort nicht lange vorher "Ungesundes" vor sich ging.
Ich habe mich bei dem Film nicht direkt gelangweilt, mich vielmehr über den sauberen, somberen Stil gefreut - aber nach dem Ende blieb ein nur maues Gefühl. Schade.
#60
Geschrieben 12. August 2006, 17:15
Eric und Renee sind ein glückliches Paar mit Zukunft. Dementsprechend ungelegen kommt es, dass Erics jüngerer Bruder Colson aus dem Knast entlassen wird, nachdem er fünf Jahre wegen Mordes gesessen hat. Die Geschichte hat allerdings doch mehr verborgene Seiten, als die abweisende Renee zunächst annimmt. Als im Laufe der Zeit Inneres nach außen und Unteres nach oben gekehrt wird, zeigt sich, was der wahre Wert der Familie ist.
Der Film lässt sich interessant an, verliert aber leider ungefähr zur Hälfte seiner Spielzeit an Spannung und Zugkraft. Nicht nur, weil die Wahrheit relativ bald ans Licht kommt, sondern auch, weil die anfängliche Zurückhaltung des Erzählstils einem etwas aufdringlichen Pathos weicht. Am Ende war der Film einfach zu kitschig und zu lang.
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