Die andere Meinung
#511
Geschrieben 17. März 2008, 21:45
Natürlich grandios, wie der Zuschauer von dem, was gezeigt wird, und dem, was verborgen bleibt, hinter's Licht geführt wird. Natürlich tragisch, wie das alles ausgehen muss. Natürlich undurchschaubar, das Regelwerk von Gauner-Ehre und Misstrauen. Natürlich wunderschön, das Spiel von Licht und Schatten. Natürlich denkwürdig, Belmondos letzte lapidare Worte.
Und doch - eine Sucht nach Mehr Davon will sich bei mir nicht einstellen. Ich bin franzosen-frigide.
#512
Geschrieben 23. März 2008, 23:16
Wieder ein Film, der mich im Schreibschwung massiv aufhält, weil er einen solchen Höhepunkt des Filmischen und Menschlichen darstellt, dass die Luft dünn wird. Dazu war mir die Sicht in den letzten Minuten vollständig von Tränen vernebelt, was nicht unbedingt etwa heißen muss, aber selbstredend Einfluss auf meine Wahrnehmung hatte.
Der Film beginnt mit der unverklärten Darstellung des harten Lebens allein erziehender Mütter in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, dessen Schwierigkeiten durchaus nicht restlos der Vergangenheit angehören dürften. Über die Solidarität zweier Frauen entwickelt sich aus der Notgemeinschaft eine Form der heute so genannten Patchwork-Familie, in deren Problematik sowohl Rassismus und Identitätsfindung in der Pubertät wie auch die unliebsame Konkurrenz zwischen Mutter und Tochter als Frauen unterschiedlicher Generationen Raum hat, von der modernen Frage nach der Vertretbarkeit einer arbeitenden, ehrgeizigen Mutter und der egozentrischen Ignoranz in hierarchischen (Dienst-)Systemen ganz zu schweigen.
So viele schwere Themen verzaubert der Film zu einer fast epischen Erzählung von vier Frauen, Moral, Loyalität, das "richtige Leben", die Möglichkeit einer fehlerfreien oder auch nur guten Erziehung, alle diese Themen werden im Stillen präsentiert und dem Zuschauer zur Diskussion überlassen. Unaufdringlich wie gewohnt, doch ebenso unleugbar rührt Sirk mittels einer Geschichte mit authentischen Charakteren auch immer an den menschlichen Makel, an die Imperfektion des menschlichen Lebens und scheint dabei stets zu fragen: "Wie denkst du darüber? Was würdest du tun? Was hältst du für richtig?" Doch eine Antwort erwartet er nicht, versucht er auch selbst nicht zu geben, denn einem vernünftigen Menschen muss klar sein, dass es keine einfachen Antworten und endgültige Lösungen geben kann.
Insofern ist dieser Film, wenn er auch durch die Protagonistinnen und den emotionalen Fokus ein wahrer "Frauenfilm" sein dürfte, ein Film für Menschen. Wer davon unberührt bleibt, hat entweder die Wahrheit gefunden oder kein Herz.
#513
Geschrieben 24. März 2008, 18:20
Alle filmwissenschaftliche Analyse beiseite - dieser Film ist einfach wunderbare, warmherzige Unterhaltung, mit großartigen Charakteren und dem charmantesten, höchst Blutdruck steigernden Flirt der Western-Geschichte (von Rio Bravo mal abgesehen).
In einem Exempel genuiner Moral treffen ein Gesetzloser, der sein im Bürgerkrieg verlorenes Glück nun in den Wirren des mexikanischen Befreiungskrieges sucht, und eine Prostituierte mit dem sprichwörtlichen Herz aus Gold aufeinander. Sie trickst ihn aus, indem sie sich als Nonne ausgibt, und führt ihn doch auf Umwegen genau dorthin, wo er hingehört. Ihre gemeinsamen Abenteuer versprühen Witz, den sonnigen Mythos des Wilden Westens und die latente Erotik eines unmöglichen Vollzugs.
Nie war Clint Eastwood so viril wie in seiner höflichen Zurückhaltung gegenüber der entzückend unkomplizierten Nonne, nie so sexy wie im vorletzten Bild, in dem er nach getaner Arbeit ohne Umstände zu Shirley Maclaine in die Wanne steigt. Ein Mann, der seine Prioritäten hat, ist so viel mehr als einer, der seinen Trieben ohne Sinn und Verstand folgt. Dass Shirley Maclaine die hübscheste Nonne und die beneidenswerteste Freudendame der Filmgeschichte ist, muss ich nicht weiter betonen.
Und schließlich: ein bisschen amerikanische Geschichte, ein bisschen Metaphysik, alles, was man braucht für den perfekten Western-Spaß. Imme rwieder ein Genuss und nicht das letzte Mal auf meiner Mattscheibe!
#514
Geschrieben 26. März 2008, 22:06
Endlich ein französischer Krimi, der mir richtig nah ging. Nicht nur, weil ich Yves Montand und Catherine Deneuve für eins der schönsten Paare der Filmgeschichte halte und ihre Figuren in ihrer unerschütterlichen Ruhe und Gelassenheit, ihrer gewachsenen, gewurzelten Liebe so beneidenswert sind; nicht nur, weil Gérard Depardieus Figur vom unerträglichen Proleten zum zartfühlenden Opfer der Umstände ebenso einen Lernprozess durchläuft wie auch durch die Darstellung seines Hintergrundes und die Erzählung seiner Biographie an Sympathie und Mitgefühl zulegt. In der komplexen, doch nie undurchsichtigen Geschichte zeigt sich trotz der (noch immer) kühlen Bilder und des sachlichen Stils ein Herz für die Charaktere, hinter alle den funktionierenden Teilnehmern im Polizei-und-Bösewicht-Spiel verstecken sich traurige, tragische Geschichten. Es ist der Mangel an Zynismus, obwohl Grund genug dafür vorgeführt wird, und die im Gegensatz dazu an den Tag gelegte menschliche Wärme, die alle Figuren mit einschließt. Ein niederschmetterndes Ende, doch mit allem Grund zur Hoffnung, nicht, weil es von dort nur bergauf gehen kann, sondern weil Verzeihen möglich ist und die Vernunft überlebt.
Bearbeitet von zora f., 26. März 2008, 22:36.
#515
Geschrieben 26. März 2008, 22:49
Das Remake - oder die Roman-Neuverfilmung - The talented Mr. Ripley habe ich bisher nur auf die verstörende Unart der Werbeleute gesehen, nämlich stumm im Schnelldurchlauf. Daher verbietet sich für mich ein Vergleich, bis auf das hier: die Ähnlichkeit der beiden Darsteller des Philippe Greenleaf ist frappierend.
Ansonsten spielt der Film ein makellos-gleißendes Kriminalspiel, leichtfüßig, schwelend von unterschwelliger Erotik und Aggression. Alain Delon - was auch immer später aus ihm wurde - war ein unwiderstehlich schöner Jüngling, pechschwarzes Haar, strahlend blaue Augen, braungebrannt und so süffisant, so undurchschaubar, dass es fast unglaubwürdig ist, dass das Mädchen den etwas lauten, launischen Anderen bevorzugt.
Ohne die Geschichte zu kennen, gehe ich dennoch davon aus, dass die Stärke der Vorlage dem Film zu einigen seiner Qualitäten verhilft; die Beziehungen zwischen den Figuren jedoch in kleinen Gesten, Blicken und viel Ungesagtem zu inszenieren, ist alleiniger Gewinn des Films. Die gelungene Faszination des Grauens wiegt daher auch das etwas abrupte Ende auf; darüber war ich etwas irritiert, da ich weiß, dass es mehrere weitere Geschichten von Patricia Highsmith gibt, in denen Tom Ripley eine Rolle spielt, ich hatte daher nicht erwartet, dass er am Ende gefasst werden würde... aber vielleicht ist das auch nur meine fehlerhafte Interpretation? In jedem Fall ein Fall von enttäuschter Erwartung, die dem Film nicht angekreidet werden sollte.
#516
Geschrieben 27. März 2008, 20:02
Anfangs habe ich nur mit einem Auge hingesehen, aber dann wurde es immer interessanter. Das kompliziert austarierte Zusammenleben der Frauen schon allein, diese mühsam aufrecht erhaltene Zivilisation, die repressive Moral und Etiquette der Zeit, die aber durchaus für "anständige Frauen" in ihrer Grundform zeitlos gelten dürfte, und dann kommt einer wie Clint Eastwood, so ein Macho, Weiberheld und echter Kerl. Der denkt natürlich nicht im Traum daran, dass Frauen ihm über sein könnten, auch wenn sie mehrere sind und er nur einer. Nein, sie sind ja das schwache Geschlecht, deshalb glaubt er, mit ihnen die Spiele der Gesellschaft spielen zu können, als befände er sich nicht im Krieg, in einer Ausnahmesituation. Der Kater spielt mit Katzen, die er für Mäuse hält.
Schon in der ersten Begegnung mit den Frauen ist er manipulativ, der Film lässt keinen Zweifel offen - während er eine herzzerreißende Geschichte erzählt, sehen wir, was für eine schlichte Gefechtssituation ihn in die missliche Lage gebracht hat. Das mag zunächst noch verzeihlich erscheinen, denn die Frauen machen deutlich, dass sie einen "Feind" nur pflegen, um ihn der Autorität übergeben zu können. Doch dann beginnt er sein Spiel mit den Frauen: schmeichelt der einen Anständigen mit sanften Worten und treuen Augen, der anderen macht er aufgeklärte Nordstaatler-Komplimente, mit der dritten reizt er den anzüglichen Flirt aus, für die vierte markiert er den väterlichen Freund. Es sind viele Frauen unterschiedlichen Alters und Wesensart im Haus, und zugegeben: er weiß sie richtig einzuschätzen, was ihre Bedürfnisse angeht. Über die Möglichkeit, von jeder einzelnen sein Bestes zu ergaunern, macht er sich jedoch Illusionen - offenbar versteht er die einzelne Frau sehr gut, doch von der Frauengemeinschaft hat er keinen blassen Schimmer, was ihm schlußendlich zum Verhängnis wird.
Die Frauen finde ich übrigens hervorragend gezeichnet, was mich bei einem so sensiblen Thema wie der Sexualität von einem männlichen Regisseur in dieser Form doch überrascht. Zumindest in meiner Vorstellung der weiblichen Seele - aber vielleicht ist auch die verzerrt - entwickeln sich die Charaktere genau so, wie es richtig ist. Die alleingelassenen Frauen leiden unter Abwesenheit der Männer nicht aus solchen Gründen wie Nahrungsversorgung, Verteidigung des Hab und Gut oder zum Trost in traurigen Lebensumständen. Den Frauen fehlen die Männer aus genau den gleichen Gründen wie die Frauen den Männern im Krieg fehlen. Ob die inzestuöse Beziehung der Schulleiterin ein Südstaatenklischee ist, kann ich nur schwer beurteilen, ihre strenge Hand, hinter sich die Sehnsucht nach körperlicher Zärtlichkeit verbirgt, erscheint mir plausibel. Die einzige Erwachsene, die ihre animalischen Triebe im Griff zu haben scheint, ist die (ich sag' es so) Negerin, doch selbst die kann einem Mann im Haus etwas abgewinnen.
Dass diese Frauen, die sich erst in eine unvermeidbare Situation fügen, humanitäre oder praktische Gründe für ihr Handeln haben, sich dann jedoch im Bemühen um den einen Mann, der nun endlich da ist und nicht explizit seine Keule schwingt, um die Frauen gefügig zu machen, zunächst in Wachs in seinen Händen verwandeln, dann aber nach Erkennen des Verrats in eiskalte Furien - das finde ich nicht nur plausibel, sondern ganz und gar großartig durchdacht und erzählt. Noch großartiger, wie sie mit der Entschuldigung völlig rationaler medizinischer Gründe einen Weg finden, den Mann zu bestrafen, empfindlich in seinem Selbstbild zu treffen und gleichzeitig fast wehrlos zu machen. Er hat sie nicht faktisch vergewaltigt, aber er hat sie vorgeführt, ihre mühsam aufrecht erhaltene Würde untergraben, sie gleichzeitig entblößt und abgewiesen - alles schlimmer als eine rein körperliche Attacke. Eine solche Schwäche werden sie sich nie wieder geben. Und jetzt ist es an ihm, zu rasen: weil ihm Frauen - nur Frauen! - seine Grenzen gezeigt und ihn als Mann auf seinen Platz verwiesen haben. Als Soldat unbrauchbar, auf Hilfe angewiesen, und auch in anderen menschlichen Situationen auf eine unterlegene Position beschränkt, das kann sein Ego nicht verkraften. Dass es noch schlimmer kommen könnte, kann er sich nicht vorstellen, deshalb wird er unvorsichtig. Sein erneuter Versuch, den Schaden wiedergutzumachen - eine authentische Versöhnung oder doch nur ein weiteres taktisches Manöver? - kommt zu spät... und die Gemeinschaft der Frauen findet gute Gründe und Alibis für seine endgültige Auslöschung. Bevor sie sich selbst zerfleischen ob der Knappheit, wird der Streitapfel beseitigt: wenn keine was davon hat, ist Frieden.
Und obwohl diese Frauen sich von jeder Perspektive aus gegen die Regeln des menschlichen Zusammenlebens verstoßen, ist die Darstellung ihrer Handlungen nicht moralisierend. Oder vielleicht erscheint nur mir das so, die ich ja eben ihre ganze Charakterisierung nachvollziehbar und ohne Vorwurf empfinde; da wühlt mich der Abscheu gegen diesen selbstgefälligen Mann auf und erfüllt mich der Ausgang der Geschichte mit widerwilliger Bewunderung und einem Selbsterhaltungstrieb der eigenen Art, dass das alles nur gerecht erscheinen kann.
Wenn die realistische Darstellung von Frauen verwerflich ist: sperrt mich ein.
#517
Geschrieben 30. März 2008, 19:07
Der Film bringt mich vor allem auf die Idee, mit den doch noch mal den damals auf dem FFF gesehenen überraschend guten schwedischen Frostbiten zuzulegen.
Das soll nicht heißen, dass mir dieser nun nicht gefallen hätte, und da er auf einem Comic basiert, gehe ich davon aus, dass die Parallelen zwischen den beiden Filmen tatsächlich Zufall sind.
Nun aber wirklich zum Film. Vampirfilme stehen bei mir immer ganz oben auf der Liste, besonders wenn sie eine neue Herangehensweise an den uralten Fluch versprechen. 30 Days of Night erprobt eine neue, mit dem titelgebenden Monat ohne Sonnenlicht, der in Alaska teilweise herrscht. Die Prämisse ist beängstigend, die Protagonisten sind sympathisch, die Effekte sind gelungen, die Lage ist glaubwürdig verzweifelt, das Ende ist tragisch. Außerdem war die gute alte Hollywood-Erzählstruktur, die all around the world verständlichen zwischenmenschlichen Verhältnisse und Dialoge, die modern-dynamischen Bilder ehrlich gesagt auch mal wieder eine Erholung. Ein gut anzusehender amerikanischer Unterhaltungshorrorfilm - sicher auch noch mehr, für mich reicht das aber für's Erste.
#518
Geschrieben 31. März 2008, 13:50
Wenn eine tolle Idee optimal umgesetzt wird, unter Ausschöpfung, aber nicht Überstrapazierung der gebotenen Mittel, dann muss man das auch einfach mal so sagen.
Als am Schreiben Interessierte spricht mich schon allein der Gedanke einer Kommunikation zwischen Figur und Schöpfer sehr an, ich erinnere mich mit Freuden auch an ähnliche Strips des Comics Witzbold von Gotlib... jedenfalls, vom ersten Moment an war mir der Film sympathisch. Auch die technischen Details, die GUIs, wie sie wohl genannt werden, sind meines Erachtens makellos; das wie schon oft gesagt schwierige Verhältnis zwischen Komik und Tragik wird über die Länge des Films punktgenau getroffen. Die Komik überwiegt lange, wenn auch die anfänglichen Lebensumstände des Protagonisten mit Recht ebenso als tragisch bezeichnet werden könnten.
Will Ferrell darf zeigen, dass er ebenso die leisen Töne seines Fachs beherrscht; seine Paraderolle als lauter Prolet, der ein geringes Selbstbewusstsein mit unverhältnismäßig unverschämtem Verhalten zu übertünchen versucht, konterkariert er hier mit dem schüchternen, unbeholfenen Harold Crick, der in einer absurden Situation langsam lernt, mit den Unwägbarkeiten und Unmessbarkeiten des Lebens zurecht zu kommen und notgedrungen die tröstliche Reling des Immergleichen verlässt. Auch alle weiteren Rollen sind hervorragend besetzt und mit eben gefüllt - Dustin Hoffman habe ich lange nicht in so feinem Umfeld eine so gute Figur machen sehen. In jedem Moment sieht man, wie sehr die Chemie zwischen allen Beteiligten am Film stimmt, wie sehr sich alle Mitwirkenden einig sind über die gewünschte Wirkung.
Der traurige Höhepunkt ließ mich an Prayer for Owen Meany denken und ungebremst in Tränen ausbrechen. Ein solches Dilemma wie hier herbeigeführt und für den Zuschauer gerade soweit nachvollziehbar, wie es für den Effekt der verbleibenden Spannung nötig ist, habe ich schon lange nicht mehr gesehen - für mich nachvollziehbar, die ich einiges Verständnis dafür habe, dass manchmal Figuren gnadenlos geopfert werden müssen, wenn einfach die Geschichte dadurch besser wird... Kritischere Gemüter könnten dem Film zum Ende hin Kitsch vorwerfen, doch ich gebe mich gerne der "Affizierung" hin und schwelge im Gefühl, von einem Film am schwächsten Punkt gepackt zu werden: am Herzen.
Sehr sehr schön.
#519
Geschrieben 01. April 2008, 16:52
Dies ist nicht irgendein Film. Es ist mein erster Kinofilm, meine erste Erinnerung an die Macht der Leinwand. Und mächtig war sie, für mich als 4jährige! Meine Mutter musste mir die Kapuze über die Augen ziehen, als ich vor Mitgefühl, Angst und Trauer lauthals das Kino zusammenschrie, und das in einem Film über Hasen!
Zum zweiten Mal sah ich den Film am Tag vor meinen schriftlichen Abitur-Prüfungen - das und eventuell ein leichter Alkoholrausch sorgten dafür, dass ich auch bei der Zweitsichtung die letzte Hälfte nur durch einen Tränenschleier und unter heftigem Schluchzen wahrnehmen konnte.
Jetzt endlich eine erwachsene, gefasstere Betrachtung des Kinderfilms - nunja, gefasster... schon wenn der Schöpfungsmythos am Anfang mit der sonoren Stimme erzählt wird, werde ich schwach und sentimental. Dass die Protagonisten des Films niedliche Hasen sind, die tapfer und gefühlvoll sind, heldenhaft, innovativ und weise, schmälert meine völlig irrationale Begeisterung und ungefilterte Emotionalität nicht gerade. Zu diesem Film bin ich keines distanzierten Urteils fähig; er ist Bestandteil meiner Biographie und weder in seiner Wirkung auf meine Seele noch in der auf meine Begeisterung für das Kino daraus wegzudenken.
Wenn ich eines Tages Kinder haben werde, wird mich mein Mann davon abhalten müssen, ihnen dieses Glück spendende Trauma angedeihen zu lassen.
#520
Geschrieben 04. April 2008, 15:47
Vor den FFF-Nights muss ich mich noch von Altlasten befreien - mal sehen, was ich noch schaffe bis morgen um 16:00 .
GottseiDank muss man zum Meilenstein und Meisterwerk von Don Siegel, über den Cop-Film aller modernen Cop-Filme, nicht viel schreiben. Clint Eastwoods granitene Gesichtszüge sind ideal für den Zahnstocher kauenden verbissenen Bullen, der seinen Job ernster nimmt als der Staat und der sich nicht um Paragraphen und Taktik schert, sondern nur die Welt lebenswerter machen will, und sei es auf Kosten der Menschlichkeit. Die Darstellung der polizeilichen Zwickmühle, Verbrecher nur mit legalen und juristisch abgesicherten Vorgehensweisen fassen zu dürfen, geht bis ins Mark.
Abgesehen davon ist Clint Eastwood ein cooler Hund; am liebsten hätte ich ein T-Shirt, auf dem nur steht: "Well, do you, punk?"
#521
Geschrieben 04. April 2008, 16:51
Geisha Boy
Ich weiß nicht, in wen ich zuerst verliebt war: in den Hasen oder in den Helden. Ich war nicht vorbereitet auf die bunte Mischung an Komödiengenres, die hier geboten wird - alberne Überspitzungen, Meta-Humor, Slapstick und Sprachwitz: jeden Moment muss man auf jeden möglichen Witz gefasst sein. Dazu die herzzerreissenden Hauptdarsteller, vom weißen Karnickel ganz zu schweigen, das sicherlich mehr als einen Stunt-Double hatte, bei den schlimmen Sachen, die mit Harry angestellt werden.
Ein grandioser Einstand.
Rock-a-bye Baby
Ein Film, der mit einer Schnaps saufenden Hollywood-Diva beginnt, die unter Tränen mit vom Alkohol verschlurten Worten ihrem Agenten offenbart, dass sie schwanger ist, kann schon mal nicht schlecht sein. Der Vater ist ihr gerade noch so angetraut worden, um sofort zu versterben - eine fadenscheinige Legitimierung des zur Zeugung notwendigen Aktes.
Dann wird's kunterbunt mit Jerry Lewis als tolpatschigem, treuherzigem Babysitter für Drillinge. Mit vielen Abstrusitäten und ein paar musikalischen Einlagen findet unser Held die wahre Liebe, die Diva einen Gatten und die Kinder ein richtiges Zuhause.
Der Film ist toll, sticht aber in meiner Erinnerung nicht so sehr heraus - der Humor nicht so überraschend, die Handlung zwar rührend, aber im Vergleich zu den Ausflügen ins Non-diegetische der anderen doch recht gewöhnlich. Als Einstieg ins Werk vielleicht interessant.
The Bell-Boy
Ganz anders dieser, der nur als Sommerloch-Füllung dienen sollte, weil Paramount einen Jerry-Lewis-Film noch vor Weihnachten brauchte und der Meister den folgenden, Cinderfella, nicht dafür rausgerückt hat.
In Tradition der ältesten Komiker des amerikanischen Kinos stumm und mit unübersehbarer Huldigung an Stan Laurel, zockelt Lewis als Page Stanley von einer wunderbaren Episode zur nächsten, ist mal unvorstellbar gut, mal selten dämlich, und dann taucht auch noch der Entertainer Jerry Lewis auf, mit einer Entourage, die sich auch heute noch sehen lassen kann. Dass das Skript in 8 Wochen, der Film selbst in 4 Wochen entstand, weist auf das damals offenbar unerschöpfliche Repertoire und die gleiche Energie des Komikers hin; ein time piece übrigens ebenso, denn Walter Winchell spricht das Intro und es tauchen jede Menge damals offensichtlich bekannter Cameos auf. Wenige Filme machen so viel Spaß wie dieser. Der Film kommt aus dem Nichts und führt zu Nichts und kann alles. Anarchie à la Marx, Tragikomödie à la Laurel&Hardy.
Bearbeitet von zora f., 04. April 2008, 17:11.
#522
Geschrieben 09. Juni 2008, 22:20
funk_dogg hat wohl recht, dass ich wenigstens mal ein wort darüber verlieren sollte, warum ich so sang- und klanglos von ff abschied genommen habe. ganz genau kann ich es nicht sagen. es war eine mischung aus leistungsverweigerung - die liste der "nachzuholenden" filme war schlicht zu lang, um lust auf text zu machen, und so lang wurde sie auch, weil ich auf der arbeit, wo ich meist geschrieben habe, einfach manchmal tatsächlich tagelang keine 10 minuten zusammenhängend zeit habe - und ausweichmanöver - denn ein bisschen geschrieben habe ich dann doch immer mal, aber eben woanders. an stellen, wo ich auch mal zu anderen themen ein paar worte verlieren konnte, und das nicht im dialog, sondern so für mich selbst murmelnd. vom einen oder anderen internet-pöbler mal abgesehen.
es fehlt mir schon ein bisschen, mein filmtagebuch. mir fehlt aber z.b. auch mein echtes eigenes tagebuch, und manchmal muss man eben egoistisch sein. die hürde, wieder anzufangen, ist nicht niedriger durch die lange auszeit - über welche filme schreibe ich, über welche nicht? macht es überhaupt sinn, darüber zu schreiben? darüber hier zu schreiben? und dann immer wieder die zeit, die zeit... für die ganz großen texte muss man doch muße haben. ich jedenfalls kann nicht zwischen zwei telefonaten am schreibtisch die tiefe wärme von ratatouille beschreiben oder die dampfende virilität von yul brynner in kings of the sun.
aber die wirklich guten dinge haben ja bestand. und vergessen habe ich meine meinungen bestimmt nicht. jede beziehung braucht ihre kühleren zeiten. vielleicht entflammt diese bald wieder neu, anders, besser für alle beteiligten.
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