See you at the movies
#271
Geschrieben 02. September 2004, 12:45
Regie: Guy Hamilton - DVD MGM
"You expect me to talk?" - "No, Mr. Bond, I expect you to die!"
Für beinahe jeden der beste Bond und da reihe ich mich gerne ein.
Der kürzeste und kurzweiligste Film der Serie besticht durch einen geradlinig erzählten plot (inklusive eines Minitwists), einen gut aufgelegten Sean Connery und den schillerndsten Bösewicht aller Bondfilme.
Die Bondgirls haben mich indes weniger überzeugt, v. a. Honor Blackman im Russ Meyer-Gedächtnisaufzug find ich grausam; da mag man ja glatt asexuell werden
So hat auch Bond größte Mühe, sie sich willig zu machen und das erste mal in der Serie hat er einen (vorläufigen) Korb bekommen ("I'm immune to your charme, Mr. Bond."). Es wurde ja oft spekuliert, Pussy ("I must be dreaming") Galores Flying Circus mit den ganzen hübschen Pilotenhäschen sei ein Indiz für so ne Art Lesbencamp, aber das halte ich dann doch für etwas weit hergeholt; da waren die Anspielungen in FROM RUSSIA WITH LOVE wesentlich eindeutiger (da war aber auch noch Young am Werk ). Wie dem auch sei: GOLDFINGER hat damals auf sexueller Ebene mal wieder neue Maßstäbe gesetzt und mit Blackman das erste Busty Bondgirl präsentiert, das zudem mit einem Namen ausgestattet wurde, bei dem ich mich wundere, dass die MPAA da mitgespielt hat!
Für James Bond wird es in sexueller Hinsicht während des Films mehr als brenzlig (sic!), sieht er seine Potenz stark bedroht und entkommt einer bösen Beschneidung nur um Haaresbreite durch einen geschickten Bluff.
So ist GOLDFINGER in zweierlei Hinsicht durch Sexualängste des Mannes gekennzeichnet: die Bedrohung durch die emanzipierte Frau und der Angst um die Potenzfähigkeit. Dass gerade diese beiden Aspekte, die härtesten Konflikte für Bond darstellen ist mehr als bezeichnend!
Tania Mallet war übrigens wirklich süß aber von der hatte man(n) ja leider nicht viel während des Films
Auf filmischer Ebene war ich besonders von der formalen Klasse stark beeindruckt, denn hier wird einges aufgefahren: ein hervorragend gestalteter Vorspann, der die gesamte Filmhandlung auf den goldenen Körper einer Frau projeziert bereits vorwegnimmt (und endlich mit einem Song unterlegt, der zurecht zu dem Bondsong schlechthin avancierte und schon fast synonym für die Serie steht), eine klasse Kamerafahrt über den Hotelkomplex von Miami-Beach, die schließlich durch einen grandiosen Schnitt bei Leiter landet und dann die Szene im Teaser (so nennt man das glaub ich), als Bond einen Gegner in der Spiegelung in den Augen seiner neusten Fickgelegenheit erhascht. Klasse das alles!
Etwas schade war jedoch, dass die Miami-Beach-Szenen mit Bond optisch für die Tonne sind, denn zu deutlich sind die Spuren vom Blue Screen-Verfahren erkennbar. Ist mir zwar erst durch die Doku so richtig Gewahr geworden, aber wenn man's weiß, ist es wirklich offensichtlich. Da büßt der Film dann doch etwas von seiner sonstigen Klasse ein.
Ansonsten aber wie schon gesagt, der Ausnahmefilm der Serie. Die Actionszenen sind hier wohl dosiert eingesetzt (herausragend jedoch die beiden Autoverfolgungsjagden), keine Szene zu lang und das stetige hohe Tempo des Films (die beste Leistung von Peter Hunt!) sorgt für fortwährende Spannung. Mein persönlicher Höhepunkt: die Autoverfolgungsjagd in der Schweiz, als 007 sich mit der rachsüchtigen Masterson-Schwester konfrontiert sieht. Zum Gelingen der Szene trägt auch die Location bei, deren Vorzüge vor allem beim ersten Attentatsversuch auf Goldfinger deutlich werden - eine vorzügliche Einstellung!
Aufgefallen ist mir noch die von Film zu Film sukzessiv steigende Brutalität und der ebenso zunehmende Zynismus des Geheimagenten. Wirkte die Tötung von Grant in FROM RUSSIA WITH LOVE schon hart, so wird dies in GOLDFINGER gleich zwei mal durch Elektroschocktötungsszenen getoppt ("Shocking. Positively shocking." bemerkt Bond dazu trocken). Die Sex n' Violence-Formel kommt immer stärker zur Geltung und ich bin mal gespannt, wie es in den kommenden Bondsichtungen so aussieht.
Zur Charakterisierung Bonds ist nicht viel zu sagen, da die Figur kaum weiterentwickelt wurde, bis auf den schon angesprochenen Zynismus, der allerdings auch schon in den beiden Vorgängern durchklang. Zwar hat 007 plötzlich auch mal etwas Mühe, bei den Frauen zu landen, aber seine machohafte Gesinnung wird auch in GOLDFINGER noch einmal unterstrichen ("Say hello to Felix! Say 'goodbye Felix'!" - und mit nem herzhaften Klaps auf den Hintern wird das Mädel in die Wüste geschickt) und durch den schließlichen Erfolg bei Mrs. Gallore gerechtfertigt.
GOLDFINGER stellte in (fast) allen Belangen den Gipfel der Serie dar (inklusive des ersten Oscars für einen Bondfilm) und auch wenn THUNDERBALL den kommerziellen Erfolg seines Vorgängers noch toppen konnte, ging es von da an stetig bergab mit den Filmen - trauriger Höhepunkt: die Verpflichtung Roger Moores und dessen desaströsen beiden ersten Auftritte (kein Wunder, dass man ihm nach THE MAN WITH THE GOLDEN GUN erstmal drei Jahre Pause (der bis dahin größte Abstand zwischen zwei Bondfilmen) gönnte). Aber ich will hier noch nicht zu viel vorwegnehmen, denn bis dahin dauert es ja noch ein paar Sichtungen!
Also: GOLDFINGER hat wieder überzeugen können und auch wenn DR. NO mir fast genau so gut gefallen hat, ist er nach wie vor meine persönliche Nummer 1 der Filmreihe.
9/ 10
#272
Geschrieben 03. September 2004, 19:14
Regie: Terence Young - DVD MGM
"Lady's gun isn't it?" - "Oh, do you know a lot about guns?" - "No, but I know a little bit about women."
Bond Nummer 4, mit dem die Serie endgültig zum Actionspektakel wurde und erste Anzeichen für einen Rückschritt erkennbar werden ließ. Aber der Reihe nach!
Der "Unterwasser-Bond" hatte es seit jeher schwer bei mir: der einzige SC-Bond, den ich in meiner Jugend nie ganz geguckt hatte (also null Nostalgiebonus), weil ich mit dem Unterwasserzirkus nix anfangen konnte. So ging es mir gestern auch. Da wäre weniger mehr gewesen. Nicht nur dass es sowieso schon schwer war, Bond in der Tiefsee auszumachen (vor allem im Kampfgetümmel), nein, es war stellenweise auch noch so dunkel, dass man gar nichts merh ausmachen konnte und es schwierig war, dem Filmgeschehen zu folgen.
Weiterer Kritikpunkt: THUNDERBALL ist zu lang.
Die komplette Mardi Gras-Sequenz hätte man sich mal besser geschenkt, wirkt sie doch ziemlich aufgesetzt und ließ den Film nicht richtig in die Gänge kommen (was ihm eh schon schwer fiel).
Auch der Aufenthalt im Rehab-Center ist zu lang geraten; der Story dabei auch noch wenig dienlich, so dass sie zum Selbstzweck verkommt. Bond wird erneut als rücksichtsloser Scheißkerl porträtiert, wenn es um Frauen geht und sein Charme mal nicht zieht. Zudem darf man noch einer redudanten "Don't mess with James Bond"-Sequenz beiwohnen, die den Plot ebenfalls nicht vorantreibt.
Dass es sich hier um einen überlangen Bondfilm handelt, haben wohl auch die Macher irgendwann erkannt und ließen das Finale dann auch gleich im FFW-Modus laufen. Das sieht leider ziemlich lächerlich und billig aus. Gar nicht billig war es bestimmt, die Superyacht in die Luft zu jagen. Das sah aber immerhin toll aus, wie auch die Abtrennungsszene.
Trotzdem: extrem dünner Plot, der allzu sehr mit überflüssigen Szenen ausgeschmückt wird und es nicht versteht, ein konstant hohes Spannungsniveau zu halten. Der Fehler, der bereits bei Bond 2 gemacht wurde, wird hier nicht behoben, sondern verstärkt. Das ist für einen Bond besonders fatal, denn die dürfen alles sein, nur nicht langweilig!
Zu den Bondgirls ist anzumerken, dass diese immer vollbusiger ausfallen und in immer aufreizenderen Posen von der Kamera eingefangen werden (Youngs "Handschrift" war klar zu erkennen ). Doch werden sie auch zunehmend ernster genommen: so stellte Domino den bisher komplexesten Frauencharakter in einem Bondfilm dar, wenn auch noch weit davon entfernt, eine wirklich interessante Figur darzustellen (die optische Komponente mal außen vor gelassen).
Claudine Auger gefiel sehr gut und bot eine willkommende Alternative zur blassen Luciana Paluzzi, die nicht mal durch ihre bebenden Brüste mein Interesse erwecken konnte (immerhin sorgte sie für einen großen Lacher, als sie in der Wanne sitzend Bond, der vor ihr steht nach etwas zum anziehen fragt und dieser ihr ihre Pumps vor die Nase hält - großartig! ).
Celi konnte zwar nach dem Galaauftritt von Gert Fröbe nur abstinken, machte seine Sache wie ich meine aber ganz gut und die Augenklappe mag noch so klischeebehaftet wirken; sie passt wirklich gut zum Charakter Largo.
Ansonsten ist zu bemerken, dass die Bondserie wie schon eingangs erwähnt mit THUNDERBALL da angekommen ist, wo sie heute steht - bei reinem pyrotechnischem Actionkino, in dem für klassische Espionage-Elemente nur noch wenig Raum bleibt. Aber immerhin hatte Bond 4 noch Sean Connery zu bieten, der zwar nicht mehr mit so viel Spaß bei der Sache war, wie in den Jahren zuvor, dessen Charisma aber jeden Bond gehörig aufwertet (DIAMONDS ARE FOREVER mal ausgenommen - da konnte auch SC nix mehr retten).
So bleibt abschließend festzuhalten, dass man das beste an THUNDERBALL gleich zu Beginn geboten bekommt, als 007 einen Mann in Frauenkleidern verdrischt (wenn man böse wäre, könnte man Bond eine Diskriminierung von Transen unterstellen), um später mit einem Jet-Pack die Fliege zu machen. Eine atemberaubende Sequenz - mit hohem Tempo inszeniert und perfekt choreografiert.
Was dann folgt hat mich leider nicht gerade vom Hocker gerissen und ich befürchte, dass die nächste Bondsichtung dem in nichts nach stehen wird.
6/ 10
#273
Geschrieben 04. September 2004, 13:14
Regie: Chan-wook Park - CinemaxX Essen
Trotz der überwiegenden Lobeshymnen auf den Film habe ich meine Erwartungshaltung vor der Sichtung nicht zu hoch angesetzt. Und das war auch gut so!
Zwar hat mir OLD BOY nicht missfallen, doch kann ich die Bezeichnung Meisterwerk nicht nachvollziehen, denn dafür erschien mir der Film im Grunde genommen viel zu trivial. Denn es ist nichts weiter als ein Rachefeldzug zweier Männer, bei dem mit einem Plottwist (den ich im Übrigen nicht als unerahnbar bezeichnen würde) am Ende noch etwas Schwung in die Handlung gebracht wird. Ansonsten war er mir stellenweise zu langatmig und so ein richtiger Freund des asiatischen Kinos werde ich wohl auch nie werden (ich bitte also um Nachsicht!).
Das over-acting vom Hauptdarsteller bewegte sich in meinen Augen immer stark an der Grenze zur Lächerlichkeit und der "Böse" ist völlig fehlbesetzt worden (schonmal viiiiel zu jung!). Gefallen hat mir Parks Inszenierungsstil, mit dem er die Längen zwar nicht völlig zu kaschieren vermochte, der aber ab und an ein Erstaunen bei mir auslöste. So ist die Szene, als der Protagonist aus dem Fahrstuhl kommt und sich hinter ihm eine Frau lautstark bei einem Polizisten über sexuelle Belästigung beschwert und durch ein lautes Rums (durch den Typ mit dem Hund) unterbrochen wird einfach nur grandios!
Es gab noch einige weitere starke Einstellungen und Park hat sich mir als sehr ambitionierter Filmemacher präsentiert, wobei ich jedoch der Ansicht bin, dass er den Zuschauer zum Schluss mit einem Pseudotiefgang über's Ohr hauen will.
Die letzten Bilder wirken ziemlich anbiedernd und auch wenn wohl so etwas wie Mitgefühl mit den Figuren erzeugt werden soll, so hat das bei mir nie funktioniert.
Darin bestand auch das Hauptmanko für mich - alle Charaktere waren mir schnurzegal; eine emotionale Bindung fand meinerseits nie statt und gerade dadurch sind mir die letzten Minuten doch etwas übel aufgestoßen.
Zudem möchte ich noch anmerken, dass - so schön der Score auch gewesen ist - er zum Teil doch sehr stark an Philipp Glass' Pianothema aus THE HOURS (USA 2002, Stephen Daldry) erinnert hat.
Ach ja: und dann ist es mir zum ersten mal in meiner Kinogängerkarriere passiert, dass ich bei Szenen kurz wegschauen musste. Nein, nicht beim Tintenfisch...
Ob ich das dem Film jetzt hoch anrechnen soll weiß ich nicht, aber das war schon bemekrenswert (hatte bei LAST HOUSE ON THE LEFT (USA 1974, Wes Craven) bei einer ähnlichen Szene auch schon wegschauen müssen)!
Trotz der von mir empfundenen Schwächen würde ich OLD BOY als guten Film bezeichnen, der meiner Meinung nach aber nicht so gelungen ist, wie er überall gemacht wird. Aber vielleicht kommt es ja mal zu einer zweiten Sichtung (am besten im O-Ton) und ich lerne ihn doch noch so zu schätzen, wie die meisten anderen. Jedenfalls stehe ich dem Film heute schonmal weitaus wohlgesonnener gegenüber als noch gestern direkt nach dem Kinobesuch.
7/ 10
#274
Geschrieben 05. September 2004, 15:52
Regie: Lewis Gilbert - DVD MGM
"In our land man comes first and women are second." - "I could settle down here."
Du lebst nur zweimal, aber eigentlich sogar nur einmal muss sich Connery gedacht haben und quittierte nach fünf Auftritten als Geheimagent James Bond (vorläufig) seinen Dienst. Dass er nicht mehr voll hinter der Sache stand sieht man ihm in Bond 5 auch an. So lustlos habe ich Sir Sean noch in keinem Film erlebt.
Überhaupt ist YOU ONLY LIVE TWICE entgegen meiner Erinnerung insgesamt ziemlich misslungen. Es war bezeichnend, dass zum ersten mal während der Serie zwischen zwei Filmen zwei Jahre vergingen, denn schließlich galt es, die beiden enorm erfolgreichen Vorgänger noch zu toppen.
Dies wollte man mit einem spektakulären Showdown in einem Vulkan bewerkstelligen (das bis heute beeindruckendste und wohl auch teuerste Filmset), in dem sich Blofeld samt Gefolgschaft einquartiert hat, um von dort aus - mal wieder - die Weltherrschaft an sich zu reißen. 007 wird dort zum Schluss - mal wieder - die Welt retten und zum Schluss mit einem willigen Mädel gen Horizont schippern (kurioserweise landet Bond am Ende seiner Abenteuer meist auf offener See).
Die übliche Formel also, nur dass die Effekte (etwas missverständlich eigentlich, da damals noch viele Actionsequenzen "in echt" abliefen) eben alles vorherige übertreffen sollten.
Die Ambitionen werden bereits in der ersten Einstellung sichtbar, denn inzwischen spielten sich die Filme gar im Weltall ab, wo eine US-Rakete gekidnappt wird (Bond selbst würde aber erst zwölf Jahre später ins All geschickt werden). Wie man später erfährt, steckt SPECTRE dahinter, die später auch eine russische Rakete stibitzen werden und damit WW3 heraufbeschwören wollen. Selbst für einen Bondfilm eine hanebüchene Story, die deutlich machte, dass ab sofort nichst mehr unmöglich ist im 007-Kosmos.
Man ging sogar soweit den Geheimagenten zum Superhelden zu stilisieren. So muss durch seinen inszenierten Tod (ein sehr netter, aber nur kopierter Einfall) die Gegenseite erst in Sicherheit gewogen werden und später werden seine Kräfte durch ein ausführliches (im Film ob der Länge freilich nur angedeutetes) Kung-Fu-Training bereichert. Von da an, kann ihn niemand mehr aufhalten. Bond als Superman.
Aber der Reihe nach! Zunächst ist 007 in Japan in streng geheimer Mission unterwegs, um diejenigen auszumachen, die Hinter dem Raketenklau stecken. Dabei hechtet er von einer Actionszene zur nächsten und kommt dabei kaum zur Ruhe. Zwar kann vor allem die Schlägerei in Osatas Büroraum durch eine perfekte Choreografie (stach selbst die THUNDERBALL-Erföffnungssequenz aus) begeistern und auch die Kameraführung während Bonds Flug in Little Nelly ist erstklassig, doch insgesamt wirkt alles wie ein liebloser Zusammenschnitt von brenzligen Situationen, die Bond zu überstehen hat.
Der ehemalige Charme der Serie geht hier flöten und auch wenn Connery immer der Bonddarsteller sein wird, so war es wohl das beste, ein Rollenwechsel vorzunehmen. Die schon erwähnte Lustlosigkeit in seiner Darstellung wird im Laufe des Films durch eine überaus peinliche Maskerade noch getoppt (man wechselte das eine Toupet durch ein anderes aus): 007 sah als Japaner aus wie Spocks Vater Sarek - live long and prosper, Mr. Bond!
Als es im finalen Filmviertel zum Vulkanset kommt, verkommt der Film endgültig zum Actionspektakel, das mich schnell angeödet hat. Die Schießereien und Explosionen wollen einfach kein Ende nehmen und wie sehr sehnte ich mich nach der "Schlichtheit" des Finales von DR. NO.
Ein weiterer klarer Kritikpunkt an Bond 5 ist die Darstellung Blofelds. Wer um alles in der Welt kam auf die Idee, Donald Pleasence für die Rolle zu besetzen??? All die in den vorherigen Bondfilmen geschickt aufgebaute bedrohliche Aura dieser Figur wird hier zu Nichte gemacht. Zwar war es ob der Storyline wohl unausweichlich, die Identität von Nummer 1 zu lüften, doch was man dann zu sehen bekommt ist ein Witz.
Für seine wenig bedrohliche Stimme kann Pleasence natürlich nichts, aber da man seit Beginn der Serie eh ständig die Bondakteure synchronisierte, hätte man dies hier ruhig fortsetzen können. Der Höhepunkt der Lächerlichkeit kommt jedoch dann zu tragen, als im Vulkan die Hölle losbricht und Blofeld reagieren muss: wie er in seiner kleinwüchsigen Gestalt, stets mit der fetten weißen Katze auf dem Arm durch die Gegend watschelt, das hatte auf mich die Wirkung eines Giftzwergs, ganz in der Tradition eines de Funés agierend. Hier wurde die Wirkung des gefährlichsten Bondgegenspielers mit Füßen getreten und es schien, als genüge ein Fußtritt Bonds, ihn zur Strecke zu bringen.
YOU ONLY LIVE TWICE ist voller Klöpse und erst jetzt weiß ich die Qualitätem THUNDERBALLS richtig zu schätzen. Ich bin sehr enttäuscht und selbst der ansonsten stest so gelungene Vorspann bei den 007-Filmen konnte mich hier nicht wirklich überzeugen.
Mit diesem Film ist die Marke Bond zum beliebigen Actionfilm geworden und erst Ende der 70er ging es wieder etwas bergauf (OHMSS nehme ich jetzt mal aus: der hat mir ganz gut gefallen).
Zum Schluss noch ein Wort zu den Bondgirls, die ja pro Film an Quantität sukzessive zunahmen, qualitativ jedoch leider nicht. So bleiben sie hier ziemlich blass und wirken ebenso beliebig wie der Film an sich. Immerhin durfte Deutschland nach Gert Fröbe mal wieder jemanden ins Rennen schicken, natürlich nur auf der bösen Seite, aber dafür waren wir ja schon immer gut genug!
5/ 10
#275
Geschrieben 08. September 2004, 12:38
Regie: Lewis Gilbert - DVD MGM
"Can I offer you something? Dates? Sheep's eyes? Vodka martini?"
Einen großen Sprung habe ich gemacht und ganze vier Bondfilme links liegen lassen. OHMSS habe ich nicht da gehabt und Anfang der 70er hatte die Serie ihren Tiefpunkt erreicht (diese Filme muss ich wirklich nicht mehr sehen!) der erst mit THE SPY WHO LOVED ME im Jahre 1977 überwunden wurde.
Er ist der bei uns erfolgreichste Bond mit 7,2 Millionen Besuchern, dazu auch weltweit ein Riesenhit und für viele der beste Moore-Bond.
Das sehe ich zwar nicht so, aber der Reihe nach!
Es vergingen drei Jahre, bis es zu Bond 10 kam: bezeichnend dafür, dass die Macher einsahen, den Filmen wieder die Klasse zu verleihen, die ihnen in den 60ern zu größter Popularität verhalf.
Das ist ihnen einigermaßen gelungen, denn auch wenn Moore einfach nicht in die Bondrolle passt, so wirkt der Film in sich sehr stimmig, besticht vor allem in der ersten Stunde durch ein atemberaubendes Tempo und erstklassige Actionsequenzen.
Der Super-Lotus macht selbst den Astin Martin DB5 vergessen und mit Barbara Bach konnte das beste Bondgirl seit Ursula Andress präsentiert werden, dazu auch noch das erste, das einen gleichwertigen Partner für 007 darstellte und ihm mächtig zu schaffen macht, soweit gehend, ihn am Ende ihrer gemeinsamen Mission töten zu wollen. Davor bewahrt sich Bond durch seinen Charme, der bei Moore zwar reichlich unglaubwürdig wirkt, aber immerhin ganz in der Tradition der Bondfilme steht: bisher ist noch jedes Mädel dem Geheimagenten verfallen.
Bemerkenswert an diesem 007-Abenteuer finde ich auch die Fotografie, die mir zuvor nie so positiv aufgefallen ist. Hier sind vor allem die Bilder von Ägypten zu nennen und als Bond unter choralen Klängen bei den Pyramiden in Aktion ist, da reichte dies schon beinahe zu einem Magic Moment.
Überhaupt hat mir der Einsatz der Musik sehr gefallen - wie Oberschurke Stromberg unter den sanften Klängen klassicher Musik seine ganze Bösartigkeit ausspielt: sehr schön! Weniger schön, aber überzeugend - Curd Jürgens,der ja gemeinhin als Nummer 2 der beliebtesten Gegenspieler Bonds gilt und dass es zwei Deutsche sind, die diese Liste anführen ist bezeichnend! Ich schließe mich dem aber gerne an, denn auch wenn Jürgens mich immer an Udo Lattek nach einer Zahnbehandlung erinnert hat, so umgibt ihm eine dämonische Aura, an der es den meisten anderen Schurken mangelte.
An dem lahmen Finale kann er allerdings auch nichts retten und so ist es sehr bedauerlich, wie THE SPY WHO LOVED ME nach einer überragenden ersten Stunde zum Schluss völlig die Puste ausgeht. Die Szenen im Tanker (zumindest ein höchst beeindruckendes Filmset) sind eine teure Kopie des Showdowns im Vulkan, als Bond vor zahn Jahren in Japan im Einsatz war. Alles zieht sich furchtbar in die Länge, was gerade ob der temporeichen ersten Hälfte auffällt.
Das letzte Aufeinandertreffen zwischen Bond und Stromberg wirkt danach wie aufgesetzt und im Schnelldurchlauf abgearbeitet: schnell den Bösen erledigen, die Schönheit retten und dann poppen auf hoher See (schon wieder dort!!!).
Trotz dieses Kritikpunktes ist der Film ein Highlight der Serie, der auch durch fantastische Sets überzeugt und nicht zu vergessen, den besten (und einzigen mit zweifachem Auftritt in einem Bondfilm) Co-Schergen aufzuweisen hat: Jaws (der Gag geht in der deutschen Synchro völlig flöten), der nicht nur durch seine Statur und eigenwillige Essgewohnheiten beeindruckt, sondern auch durch seine Anleihen an einen Tolpatsch. Ganz klar, eine der interessantesten und sympathischsten Figuren der Bondfilme und weil er wohl auch heimlicher Held in THE SPY WHO LOVED ME gewesen ist, wurde er in MOONRAKER ganz offiziell zum "Guten", indem er 007 dort aus der Klemme hilft.
Dann noch ein paar Worte zu Roger Moore. Dieser Mann ist eine Plage! Mit seinem stets steifen Gang, einem einzigen Gesichtsausdruck und dauerhaftem Desinteresse ist er unwürdig für die Rolle des Topagenten. Sein Charme wirkt aufgesetzt und wie er mit den Frauen umgeht - unverzeihlich - Sie (spitz):"I've got a message for you!" - Bond "I think you've just delivered it." Connery hätte sich diese Gelegenheit niemals entgehen lassen. Moore macht Bond zum Weichei und nie hat ein Leinwandheld mit so wenig Aufwand die Welt gerettet. Moore scheint sich stets etwas unwohl zu fühlen in seiner Haut und es ist bezeichnend, dass er sich für jeden Scheiß doublen ließ (selbst für Liebesszenen!).
Immerhin hat er sich nie ernst genommen und verlieh seiner Figur eine gehörige Portion Selbstironie und es war auch ein großes Plus, ihn endlich ohne die Willi-Tanner-Synchro erleben zu dürfen (DVD sei Dank!).
Anzumerken ist auch, dass keiner so lange im Einsatz war wie Moore und er es immerhin geschafft hat, die Serie aus der Talsohle zu führen. Und auch wenn Piss Brosnan wieder glaubwürdiger in die 007-Rolle passt, war mir Moore doch erheblich sympathischer als dieser, der es mit seiner arroganten Art für meine Begriffe deutlich übertreibt (aber zu Brosnan komme ich ja später noch).
Unter'm Strich ist THE SPY WHO LOVED ME einer der wenigen Bondfilme, die für mich als Actionspektakel zumindest teilweise funktioniert haben. Es waren jedoch noch Besserungen möglich, wie spätere 007-Abenteuer beweisen.
7.5/ 10
#276
Geschrieben 08. September 2004, 13:34
Regie: Joel Coen - DVD Universal
"You said it, man! Nobody fucks with the Jesus!"
Ein Film über Kommunikationsprobleme, Performance-Kunst, Potenzängste, deutsche Nihilisten, weiße Russen, Pornografie, Vietnam und Bowling.
Erzählt von den Coens in unübersehbarer Anlehnung an Howard Hawks Klassiker THE BIG SLEEP (USA 1945).
Ein Film, den man komplett zitieren müsste, wollte man den Dialogwitz übermitteln.
Auf den ersten Blick eine Kultkomödie, doch wer die Coens kennt und ihre Werke studiert hat (ich möchte hier auf die Publikationen von Georg Seeßlen verweisen), der weiß, dass weit mehr dahinter steckt, als eine erstklassige Kalauerparade. Auch THE BIG LEBOWSKI kann man förmlich sezieren und bei jeder Sichtung neue Details ausmachen, die oftmals so klein sind, dass man meinen könnte, sie wollten gar nicht entdeckt werden.
Ein ganz großer Film, den man sich x-mal Anschauen kann und das auch gut in kürzeren Zeitabschnitten.
Dazu vermag er einem die ultimative Lebenseinstellung zu vermitteln: denn egal was kommt, am Ende kann man ja immer noch bowlen gehen!
Einmal heißt es: "Wi a Neihilists, Lebofski! Wi bilief in nassing!"
Später sagt ein Fremder: "I believe in the Dude!"
Das tue ich auch und habe Appetit auf einen White Russian!
#277
Geschrieben 09. September 2004, 19:24
Regie: M. Night Shyamalan - Essener CinemaxX
"Der Jedi, der gegen den Wind gepisst hat."
SPOILER INSIDE!
Ach du scheiße...
Nachdem SIGNS (USA 2002) bereits von Shyamalans Erstlingen abfiel, hat er mit THE VILLAGE seinen ersten missratenen Film abgeliefert.
Stets am Rande der unfreiwilligen Komik (wirklich komisch war allerdings der Typ neben mir - aber dazu später!) versucht der Regisseur spannende Szenen aufzubauen und verzettelt sich am Ende in einem Auflösungschaos.
Vielleicht sollte er es einmal ohne den obligatorischen finalen Plot Twist versuchen, denn daran ist er ja schon bei seinem letzten Film gescheitert.
So interessant es auch ist, die Geschichte im (vermeintlichen) 19. Jahrhundert anzusiedeln, die gelungene Ausstattung plus Sets (im übrigen hervorragend von Roger Deakins fotografiert) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Film an Klasse fehlt. Denn THE VILLAGE ist langweilig und die einzige wirklich spannungsgeladene Sequenz kommt zu früh.
Danach wird viel geredet, manchmal ist das kitschig, oft uninteressant und es bleibt mir schleierhaft, wieso Shyamalan die beiden Hauptfiguren zunächst als vielversprechende, mysteriöse Charaktere aufbaut, nur um sie am Ende der Belanglosigkeit zu opfern.
Zwar zumindest teilweise gut gespielt (bezeichnenderweise glänzen nur die unbekannteren Darsteller), vermochte mich der Film nie wirklich zu überzeugen und als Shyamalan am Ende dreist die TRUMAN SHOW (USA 1998, Peter Weir) kopiert, da war klar - dieser Mann muss dringend mal etwas anderes drehen! "Sein" Genre hat er nicht mehr im Griff. Große Teile des Films dienen nur noch dem Selbstzweck des Plot Twists, der uns diemal gleich in zweifacher Ausführung präsentiert wird, dabei aber eher trivial bis peinlich, denn überraschend ist.
Das Kinojahr 2004 bleibt damit eine einzige Enttäuschung: es ist ein verdammter Jammer!
Lustig aber das Publikum, das wie ich auf die unfreiwillige Komik angesprungen ist (irgendwie muss man der Langeweile ja auch entgegenwirken!) und sich köstlich amüsieren tat.
Den Höhepunkt bildete jedoch mein Sitznachbar! Bei jeder Szene, die vielleicht einen Hauch von Spannung versprach, lehnte er sich ruckartig nach vorn. Den Blick gebannt auf die Leinwand gerichtet. Der war völlig hin und weg.
Hinzu kamen noch seine Kommentare (Monologe), die mich aufs köstlichste amüsierten. Als beispielsweise in einer Szene dem Phoenix ein Heiratsantrag gemacht wird und dieser erstarrt vor sich hinblickt und dann in der nächsten Einstellung die Antragsstellerin flennend im Bettchen liegt, vernahm ich von rechts ein "nicht?"
Später kam es zu einer Szene, die auf dem Spannungshöhepunkt abrupt endete. Schnitt. Der Typ haut sich volle Möhre auf den Schenkel! Ich auch - ich kann nicht mehr!!!
Dann natürlich noch die für's Essener CinemaxX obligatorische Panne: mitten im Film verrutscht das Bildformat nach oben. Etwas später dann zu weit nach unten: Saftladen!
Hätte ich mich mal an meinen Boykott gehalten - selber Schuld!
Zurück zum Film: nicht sehenswert und lieber in den Garnerfilm gehen, da spielt Judy Greer nämlich auch mit und ist bestimmt um einiges hübscher anzusehen!
3/ 10
#278
Geschrieben 10. September 2004, 11:32
Regie: John Glen - DVD MGM
"Now put your clothes back on, and I'll buy you an ice cream."
Der ultimative Action-Bond. Hat alles getoppt und wurde nie mehr übertroffen. Macht Riesenspaß! 007 im Kampf gegen notgeile Groupies. Der beste Moore-Bond! Aber der Reihe nach!
Nachdem James Bond in MOONRAKER (USA 1979) bis ins All geschickt wurde, holte man ihn in den 80ern wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. 007 sollte wieder an dessen Darstellung in den 60ern heranreichen udn so verlieh man dem Film zahlreiche Anspielungen auf die ersten Connery-Bonds. Zudem besucht Bond zu Beginn das Grab seiner verschiedenen Frau und jagt anschließend Erzfeind Blofeld ins Jenseits.
Die Pre-Credit-Sequenz gehört zu den besten der Serie und findet ihren Höhepunkt im an einer Helikopterkufe hängenden Bond. Später im Film kommt es zu der besten Autoverfolgungsjagd der Serie, die jedoch darauf von einer noch aufregenderen Ski-Szene getoppt wird. Ruhepausen: Fehlanzeige!
Eine beispiellose Stuntshow wird einem hier geboten, was zwar nur noch wenig mit den Ur-Bonds zu tun hat, aber höchst unterhaltsam daherkommt. Da stört auch Moore nicht, der mittlerweile eh zu einer Parodie verkommen, für einige Lacher sorgt. Ging mir diesmal überhaupt nicht auf den Sack der Typ, der passte richtig gut in den Film, wobei seine Präsenz ob der ganzen Actionszenen eh stark eingeschränkt ist. Überhaupt ließ der sehr hohe Actionanteil nur wenig Raum für die Charaktere.
Dabei ist hier die interessanteste Bond-Cast der Serie versammelt: ein Bondgirl, das nicht nur schön ist, sondern auch spielen kann und dazu die Emanzipation dieser Rolle weiter vorantreibt (zum ersten mal rettet ein Bondgirl 007 das Leben).
Topol ist so charismatisch, dass Moore neben ihm verblasst (ok, so schwer ist das nicht) und die Bad Guys sind richtig schön fies, mit stetem bösen Blick und sehr gemeinen Absichten (kann mich nicht entsinnen, dass es jemals so viele Attentate auf Bond gab). Klasse auch der Name des Deutschen: Erik Kriegler! Ich schmeiß mich weg! Dazu natürlich groß, blond und blauäugig. Richtig so! Bloß keine Klischees auslassen!
Weiterer Pluspunkt des Films: zum ersten mal wird Bond und auch das Publikum richtig verarscht, denn der Gute ist in Wahrheit der Böse und umgekehrt. Bond goes plot twists!
Und dann ist da noch die spitze Bibi (süß: Lynn-Holly Johnson), die 007 die größten Schwierigkeiten bereitet. Ich kann zwar nicht verstehen warum, aber Moore zieht ihr eine alte arrogante Contess vor und sein Gesichtsausdruck, als er Bibi in seinem Bett liegend erblickt ist der Oberhammer! So hilflos habe ich James Bond noch nie erlebt. Unangenehm beschreibt Moore's Blick nicht annähernd. Eine der größten Szenen in der Bond-Geschichte.
So gut mir FOR YOUR EYES ONLY aber auch gefällt mit seinen atemberaubenden Actionsequenzen, wunderschönen Kulissen und Frauen - der Gang ins Wasser war wie schon so oft für die Tonne. Ich kann mit Unterwasserszenen nix anfangen und erstmals kam in dem temporeichen Film Langeweile auf. Gott sei Dank entschädigt er dann aber durch das beste Finale der Serie, das hoch oben auf einem Berggipfel stattfindet. Hochspannung, als 007 an der Bergwand baumelt: großartig!
Am Ende wird das Böse besiegt und die Tommys und Russkis haben sich auch ganz lieb. Das ist so richtig schön und es ist verdammt schade, dass es nie mehr einen so guten Moore-Bond gab.
Abschließend aber noch ein großer Kritikpunkt: der Score. Niemals zuvor ist mir die musikalische Untermalung eines Films so übel aufgestoßen! Der hat den Actionszenen eindeutig an Wirkung genommen und wie schön wäre es gewesen, wäre dort der traditionelle Barry-Score gelaufen. Auf Bill Contis Synthiemucke kann ich gern verzichten!
Aber damit genug an Kritik: dieser Bond ist einfach klasse!
9/ 10
#279
Geschrieben 10. September 2004, 12:04
Regie: Tom Tykwer - DVD LP
Musste bei 4,99€ dann doch endlich mal zuschlagen, zumal ich den Film bestimmt einige Jahre nicht mehr gesehen hatte.
Dann gestern noch schnell in Player geschmissen und schnell verging auch die Zeit während des Schauens.
Der Film jagt in drei Episoden am Zuschauer vorbei und kann durch eine hippe Inszenierung sowie philosophische Ansätze überzeugen (im übrigen weitaus besser angegangen als in Noés IRREVERSIBLE).
Leider hat Tykwer in seinen folgenden Filmen das Tempo nicht nur stark zurückgeschraubt - nein, diese erliegen beinahe schon dem Stillstand.
So bleibt LOLA RENNT für mich sein einzig guter Film (ok, WINTERSCHLÄFER muss ich noch schauen) - der ist dann aber auch richtig gut.
8/ 10
#280
Geschrieben 10. September 2004, 21:00
Regie: John Glen - DVD MGM
"You were wonderful. We're free." - "Kara, we're inside a Russian airbase in the middle of Afghanistan."
Der erste von zwei Timothy Dalton-Auftritten. Entgegen den mehrheitlich nicht wohlgesonnenen Stimmen gegenüber diese Bondbesetzung empfand ich ihn als genau die richtige Wahl nach Spaß-Bond Moore.
So lässt Dalton gleich zu Beginn durchblicken, dass er die Sache wieder mit dem nötigen Ernst angehen wird. Verkniffene Mimik und seinen Kollegen extrem kühl begegnend scheint es, als wolle er gegenüber der Moore-Darstellung eine 180°-Wende vornehmen.
Selbstironische Töne werden in Bond 15 kaum angeschlagen, dafür erleben wir einen Bond, der sich entgegen des in den 60ern aufgebauten Images als Meister des Frauenverschleißes nur auf ein Mädel einlässt (alles andere wäre ob des AIDS-Zeitalters auch unangebracht gewesen). Dieses ist dazu noch zahmer als Daniela Bianchi - viele sehen in ihr das schlechteste Bondgirl. Da ich auf diese Art Frau stehe und Fräulein d'Abo auch ziemlich hübsch finde, traf die Besetzung genau meinen Geschmack. Außerdem können es ja nicht immer nur die sexgeilen Luder sein, denen 007 an die Wäsche will.
Leider präsentiert THE LIVING DAYLIGHTS aber den schlechtesten Schurken der Serie: Joe Don Baker ist eine Witzfigur, der niemals bedrohlich wirkt und im Finale auch wenig zu bieten hat. Dafür wurden die Nebenrollen gut besetzt: Jeroen Krabbé ist genau richtig als schmieriger Halunke und Andreas Wisniewski ein mehr als ebenbürtiger Prügelpartner für 007. Dazu John Rhys-Davies und Art Malik, die die Cast weiter aufwerten.
Der Film an sich gefällt durch eine interessante Story, begeht aber denselben Fehler wie viele Bonds vor ihm, indem er es am Ende deutlich übertreibt und im Explosionschaos jegliche Spannung verschenkt. Dafür gibt es aber drei erstklassige Actionsequenzen, bei denen ich teilweise richtig gebannt am Schirm saß. Als Bond und Necros am Netz in hoher Luft hängen - das sieht schon klasse aus! Nicht weniger aufregend die Pre Credit Sequenz, in der 007 auf einem Laster liegend hin und her geschleudert wird.
So wirkt der Film insgesamt zwar nicht so beeindruckend wie FOR YOUR EYES ONLY, aber immer noch besser als die meisten anderen Bondabenteuer.
Der vierte Bond mit ner 9er Wertung - und der letzte gute Bond. Danach war's für mich vorbei mit der Herrlichkeit.
9/ 10
#281
Geschrieben 10. September 2004, 23:43
Regie: Howie Munson
Habe es zwar nicht geschafft alle Bonds zu gucken (nichtmal die Hälfte...), will aber mal einige Rankings erstellen, da ich noch immer von der Bonditis befallen bin. Weitere Sichtungen nicht ausgeschlossen, momentan aber auch nicht vorgesehen.
Durch die letzten Sichtungen hat sich einiges getan in den Rankings (ich mache sowas ja ständig und habe alles schön archiviert ):
Filme
01. FOR YOUR EYES ONLY 9
02. DR. NO 9
03. GOLDFINGER 9
04. THE LIVING DAYLIGHTS 9
05. FROM RUSSIA WITH LOVE 7.5
06. THE SPY WHO LOVED ME 7.5
07. ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE 7
08. THUNDERBALL 6.5
09. MOONRAKER 6.5
10. OCTOPUSSY 6
11. YOU ONLY LIVE TWICE 5
12. DIE ANOTHER DAY 5
13. GOLDENEYE 5
14. A VIEW TO A KILL 4
15. THE MAN WITH THE GOLDEN GUN 4
16. TOMORROW NEVER DIES 3
17. LIVE AND LET DIE 3
18. LICENCE TO KILL 2
19. THE WORLD IS NOT ENOUGH 2
20. DIAMONDS ARE FOREVER 2
Girls
01. Ursula Andress (DR. NO)
02. Tania Mallet (GOLDFINGER)
03. Carole Bouquet (FYEO)
04. Daniela Bianchi (FRWL)
05. Maryam d'Abo (TLD)
06. Barbara Bach (TSWLM)
07. Claudine Auger (THUNDERBALL)
08. Britt Eklund (TMWTGG)
09. Lynn-Holly Johnson (FYEO)
10. Jane Seymour (LALD)
Villains
01. Gert Fröbe (GOLDFINGER)
02. Richard Kiel (TSWLM/MOONRAKER)
03. Curd Jürgens (TSWLM)
04. Joseph Wiseman (DR. NO)
05. ? (als Blofeld in FRWL und THUNDERBALL)
Songs
01. Goldfinger (Shirley Bassey)
02. A View to a Kill (Duran Duran)
03. We have all the time... (Louis Armstrong)
04. The World is not enough (Garbage)
05. Thunderball (Tom Jones)
Bond
01. Sean Connery - der EINZIG wahre Bond
02. Timothy Dalton - unterschätzt
03. Roger Moore - der Spaß-Bond
04. George Lazenby - blass
05. Piss Brosnan - kann ich nicht ab
#282
Geschrieben 11. September 2004, 13:49
Regie: Renny Harlin - VHS UFA
"You want to kill me, don't you, Tucker? Well, get a number and get in line."
Die ganze Bond-Guckerei hat mich irgendwie auf die Actionfilmschiene gebracht und da hab nach etlichen Jahren dann mal wieder das CLIFFHANGER-Tape herausgekramt.
Einer der besten Stallone-Filme und sein letzter großer Hit, inszeniert von Action-Spezialist Renny Harlin, dessen Werke neben spektakulären Stunts vor allem durch ein hohes Maß an Brutalität gekennzeichnet sind.
Diese Formel zieht er auch für CLIFFHANGER durch, der bei mir sowohl zu schweißnassen Händen als auch zu Kopfschütteln geführt hat. Aber der Reihe nach!
Sly gibt mal wieder den traumatisierten, gebrochenen Helden, wozu er mit seinem Dackelblick ja auch geradezu prädestiniert ist. Erst durch einen Notfall fasst er sich ein Herz und lässt sich auf eine Konfrontation mit der schmerzlichen Vergangenheit ein (er fühlt sich für einen Unfalltod schuldig). Dass ihm dabei ausgerechnet die Person zur Seite steht, deren Freundin (nicht nur) er meint auf dem Gewissen zu haben, macht alles noch komplizierter und erst durch gemeinsame Extremsituationen werden die beiden letztendlich wieder zusammengeschweißt.
Dazwischen liegt ein Aufeinandertreffen mit einer der übelsten Verbrecherbande der Filmgeschichte, angeführt von John Lithgow als Eric Qualen (sic!). Dieser ist so dermaßen überzeichnet, dass man ihn nicht ernst nehmen kann - er wird gewissermaßen zur Comicfigur degradiert und in seiner Überbosartigkeit bot er mir oft Grund zum Lachen.
Weniger zu lachen hat Sly in diesem Film, denn er muss - wie so oft - herzlich viel leiden und vermittelt dies sehr überzeugend durch seine zwar begrenzte, aber "charismatische" Mimik. Einmal im Film, als er gezwungen wird, an einer Felswand hochzuklettern, so ganz ohne Equipment, da schimmert gar ein wenig Selbstironie durch (nicht unbedingt etwas, wofür er im Gegensatz zur Konkurrenz aus Österreich bekannt war), indem er sein Ritual aus OVER THE TOP (USA 1987, Menahem Golan) zitiert und sich vorher die Kappe zurechtdreht - "That's like starting an engine."
Der Film bietet teilweise atemberaubende Actionsequenzen und meine Affinität für schwindelerregende Höhen in Filmen (da packt es mich jedesmal!) tat ihr übriges, um mich über weite Strecken vorzüglich zu unterhalten.
Aber CLIFFHANGER ist auch ein ärgerlicher Film. Zwar ist Gut wie Böse auf eine schon parodistische Art und Weise überzeichnet und doch gibt es Momente, die in meinen Augen unnötig waren, da sie auf billigste Art und Weise beim Zuschauer Mitleid für die Guten und Hass auf die Bösen schüren wollen.
Etwa wenn zwei halbwüchsige, unschuldige ("Let'em go, they're still almost kids!") Funsportler von den Bösen in Slo Mo durchsiebt werden. Zuvor ebenfalls in Slo Mo wurde nochmal die Unschuldigkeit der Opfer vermittelt: ein kindliches Lachen, ein lieber Blick. Oooooooooh.... und dann kommen die Bösen, die sich im Sadismus suhlen. Das schreit nach Rache! Und die Befürworter der Todesstrafe reiben sich die Hände.
Aber so sah der Actionfilm zu Beginn der 90er noch aus, bis die Profitgier der Filmemacher zu immer verstärkteren Forderungen nach einem PG13-Rating führte.
Aber zurück zum eigentlichen Film: an dem war nämlich eine Sache für mich persönlich eine Riesenfreude: Hans-Werner ("Colt") Bussinger und Thomas ("Howie") Danneberg wieder vereint!
Insgesamt ist CLIFFHANGER einer der besten Genrebeiträge, der zwar selbst für einen Actionfilm übertrieben hart ist, aber ansonsten großen Spaß gemacht hat und Sly ganz in seinem Element darbietet.
7/ 10
#283
Geschrieben 11. September 2004, 16:24
Regie: Paul Verhoeven - VHS Columbia
"If I am not me, den who da hell am I?"
Für viele ist's der beste Arnie-Film und das sehe ich (fast) genauso. Zwar ist er ein hundsmiserabler Schauspieler, aber wem sonst würde man es abnehmen, die zahlmäßig weit überlegenen Bad Guys in bester Spencer/Hill-Manier regelmäßig zu verdreschen. Und er macht denn auch eine gute Figur in diesem Sci-Fi-Thriller, der zwar nicht die Tiefe anderer Dick-Verfilmungen hat, aber dennoch gerade für einen Arniefilm doch erstaunlich intelligent ist.
Was ist Traum, was ist Realität? Dieses Konzept wird von Verhoeven leider zu Gunsten der Action geopfert. So kracht es zum Schluss gewaltig und die Tötungsarten nehmen in bester Verhoeven-Tradition an Krassheit sukzessive zu. Der Holländer ist halt ein Tits-n'-Guts-Fetischist, wobei der Tittenfaktor hier erstaunlich kurz kommt. Ansonsten ist Verhoeven aber wie gesagt voll in seinem Element und hat hier auch den größten Hit seiner Karriere hingelegt.
TOTAL RECALL ist temporeich, spannend und auch wenn die Spezialeffekte etwas altbacken wirken, so vermitteln sie dadurch doch immerhin den Geist der Prä-CGI-Ära, die mir ehrlich gesagt lieber war, als das, was uns Leute wie der Schorsch jetzt so zumuten.
Zudem profitierte der Film bei mir auch durch seinen Nostalgiebonus und niemand anderes artikuliert sich in Äktschnfoimn so lustig wie der Arnie.
War also eine nette Unterhaltung und jetzt werd ich wahrscheinlich erstmal auf der Actionfilmschiene verweilen.
6/ 10
#284
Geschrieben 12. September 2004, 19:41
Regie: Menahem Golan - VHS
"Are you Hawk?" - "I'm Smasher!"
Dieser Film ist so scheiße, dass er schon wieder gut ist! Damals - in weit entfernter Vergangenheit zählte er zu meinen absoluten Lieblingsfilmen und nach der ersten Sichtung sah man mich daheim in weißem Muscle-Shirt herumlaufen, auf der Suche nach einem Partner zum Armdrücken.
Ja, das waren noch Zeiten... in denen man Muskelpakete wie Sly Stallone noch für gute Schauspieler hielt und sich ob der kindlichen Naivität den moralischen Botschaften von He-Man-Episoden und eben auch Filmen wie OVER THE TOP vollends hingab.
Heute - 14 Jahre später - finde ich den Film immer noch gut, allerdings haben sich die Gründe dafür stark verschoben. Denn mittlerweile ist mir der hohe Komikanteil gewahr geworden und Komik ist doch immer dann am schönsten, wenn sie so richtig unfreiwillig daherkommt. Nun gut - ich habe auch über einige gewollt witzige Szenen gelacht und schäme mich nichtmal dafür. Denn wenn Hawk jr. (eine Nervensäge vor dem Herrn: David Mendenhall) seinen Papa als jemanden bezeichnet, der auf einer völlig anderen sozialen Stufe als er steht und dieser dann fragt, was das denn sei, dann muss ich herzlich lachen! Wunderbar! Wunderbare Dialoge bietet dieses Vater-Sohn-Road-Arm-Wrestling-Movie. Oft strunzdumm, meistens komisch und immer unterhaltsam.
Sogar sehr unterhaltsam. Würde der Film nicht so unendlich dämlich unerstrebenswerte Botschaften übermitteln (mit der Holzhammermethode versteht sich, denn man muss ja immer ans Publikum denken!), ich würde ihn lieben!
Mist... ich glaube, ich liebe ihn trotzdem. Erstens verpasst er mir immer einen heftigen Nostalgieschlag in die Magengrube, dann ist da Sylvester Stallone als debiler Trucker, der aber soooo sympathisch ist, dann sind da die tollen Songs und das spektakuläre Finale, das mir auch heute noch richtig gut gefällt.
Dazu muss man wissen, dass ich damals großer Fan der WWF (nicht der Verein mit dem Panda, ich mein den anderen) war und die Kanten aus dem Armdrückwettbewerb mich immer stark an die Mitarbeiter der WWF erinnern. Noch n Nostalgieschlag. Autsch!
Die Statements der Arm-Wrestler waren dann auch dieselben wie die der WWF-Angestellten ("Ich bin stark!" "Ich hau dir die Fresse kaputt!" "Ich bring dich um!" "Gruuuuuunz!"). Lustich, lustich. Und irgendwie auch beeindruckend. Wie sich Erwachsene so zum Affen machen (lol, einmal im Film, als Klein-Hawk mit Papa im Trucker-Diner ist und der ihn fragt, ob's ihm hier gefällt, antwortet der Filius "Die Affen im Zoo sind lustiger!" - da wurde schon quasi die Atmosphäre des Finales vorweggenommen). Ein Typ - der Zottelige - frisst am Armdrücktischchen in einer Szene seine Zigarre auf (ich glaub, das war kein Trick, sah jedenfalls verdammt authentisch aus, genau wie der Typ selbst), in einer anderen trinkt er Motoröl aus nem Kanister (gut, da war glaub ich kein richtiges Motoröl drin, obwohl...). Da sag nochmal einer, dem Bobby sein Method-Acting in RAGING BULL (USA 1980, Martin Scorsese) sei beindruckend!
Ich will nochmal etwas beim Finale verweilen, denn da fällt mir eine nette Anekdote ein. Als ich mit 15 meinen ersten VCR bekommen hatte, habe ich ihn genau mit diesem Film zum ersten mal ausprobiert. Ich hatte ihn also aufgenommen und dann nachher auch ganz stolz, das alles geklappt hat, angeschaut. Dummerweise war ich mit der Fernbedienung noch nicht so ganz vertraut und genau während des finalen Kampfes äh... Armdrückens bin ich auf die Slo-Mo-Taste gerutscht und ich bekam die Funktion partout nicht ausgeschaltet. So durfte ich Slys großartige Mimik in doppelter Zeitlupe erleben, da die ja schon im Film in Slo-Mo gezeigt wird. Ein schwitzender Stallone, mit verkniffener Miene, die Unterlippe in (von ihm aus gesehen) rechts-hängender Position, die Dackelaugen zugekniffen: dieses Erlebnis vergisst du nicht!
Ja und genau bei dieser Stelle wäre ich gestern beim Schauen fast aus dem Bett gefallen, so hab ich mich Geschüttelt vor Lachen. Ein wahrer Magic Moment der Kinogeschichte! Großartig!
Und wie alles vorbei ist und alle geläutert sind und Sohn und Hawk äh... Hawk und Sohn von Dannen ziehen, da hab ich fast eine Träne verdrückt. Was für ein Filmerlebnis!
Aber ich bin noch nicht fertig!
Ich muss unbedingt noch auf das Anliegen des Films eingehen, zumal als angehender Pädagoge!
Also: OVER THE TOP propagiert folgendes:
- Scheiß auf die Bildung, erfolgreich sein tust du nur mit dicken Obermarmen, nem Truck unter'm Hintern und ner Kappe aufm Kopp, die wenn du die umdrehen tust, dich zu ner Maschine machen tut
- Truckfahren mit zwölf Jahren ist durchaus möglich
- vom Vater bloßgestellt zu werden ist ok, denn wenn du nur an dich glaubst, kannst du jeden besiegen, auch Typen, die doppelt so groß sind wie du
- wer braucht Bücher? Truckfahren und Armdrücken lernst du dadurch nicht, bau dir lieber ne Trainingsmöglichkeit in deinen Truck ein und verweise auf deine Fähigkeit diesen fahren zu können
Da bleibt nur festzuhalten: pädagogisch wertvoll!
Was gibt's sonst noch zu diesem wirklich wunderbaren Film zu sagen?
Robert Loggia hatte schon mal bessere Rollen, ich bin beim Kappe-nach-hinten-dreh-Selbstversuch nicht zur Maschine geworden und war beim Armdrücken stets sehr erfolglos. Sollte aufhören Bücher zu lesen!
Werde mir jetzt aber mal ganz schnell die DVD zulegen! Denn "The Winner takes it all!"
8/ 10
#285
Geschrieben 12. September 2004, 23:29
Regie: Andreas Dresen - TV BR
"Darf ich Ihnen das mitgeben?"
Es ist wirklich eine Scheißarbeit im Wahlkampf. Ständig fliegen die Flyer vom Tisch, der Schirm wankt und die meisten sind nur scharf auf den Gratis-Kugelschreiber.
Andreas Dresen hat im Wahljahr 2002 Henryk Wichmann, den CDU-Kandidaten für die Uckermark auf seiner Tour begleitet. Kommentarlos erlebt der Zuschauer den Jungspund (er ist gerade einmal 25 Jahre, aber schon sehe beredt, wie man ihm auf einer Parteiversammlung mitteilt), wie er um jede Stimme kämpft, in seinem Benz herumfährt (der Mann ist Student!) und sich über die größeren Wahlplakate der Konkurrenz ärgert.
Seinen Gegenkandidaten kann er überhaupt nicht ab. Verständlich zwar, ist ja auch sein Konkurrent, doch Wichmann vergreift sich ein ums andere mal im Ton. Überhaupt kommt er in Dresens Film nicht wirklich gut weg. Etwas arrogant kommt er daher und macht sich auf einer Wahlkampfveranstaltung zum Affen, als er sämtliche Aussagen der Konkurrenz wie ein Kleinkind kommentiert "Stimmt doch gar nicht!" "Märchenstunde, Märchenstunde!" Ein ständiges Abwinken. Als ihm das vom Publikum vorgehalten wird gibt es tosenden Applaus.
Im Dialog mit den Menschen auf der Straße ist er wenig überzeugend. Feige noch dazu. Als ihm ein Rep-Wähler begegnet fällt ihm nicht mehr ein, als "Die kommen doch eh nicht in den Bundestag." Später wird er von einer älteren Frau mit der Parole "Ausländer raus" konfrontiert. Natürlich ist das nicht gutzuheißen, aber er kann es sich auch nicht verkneifen zu betonen, dass die CDU ja gegen die Zuwanderung einträte.
Als er neben Merkel steht und auf der größten Veranstaltung eine Rede hält, wirkt diese mechanisch vorgetragen - er hält sich da ganz an seinen Chef Stoiber. Wenig überzegend.
Am Ende hat er das Ergebnis für die CDU in seinem Wahlkreis von 20 auf 21% steigern können - und liegt über 50% hinter dem Ergebnis des SPD-Kandidaten. Irgendwie ein befriedigendes Ende dieser Doku und dabei ist es ganz egal, zu welcher Partei man steht.
Es ist Wichmann aber hoch anzurechnen, sich bei seiner Arbeit hat filmen zu lassen, denn wer weiß, wie sein Konkurrent da so abgeschnitten hätte. So hat die CDU am Ende immerhin nach Courage gewonnen.
7/ 10
#286
Geschrieben 13. September 2004, 11:08
Regie: Mark L. Lester - VHS
"Leave anything for us?" - "Just bodies"
"Rambo? Rambo's a pussy!" So zu hören von Sly Stallone in TANGO AND CASH (USA 1989). Und er hat recht. Denn wenn man John Matrix (was für ein Name - zumal für einen Ostdeutschen) so bei der Arbeit zu sieht, dann nimmt man das, was da in RAMBO 3 (USA 1987) so abgeht doch glatt für bare Münze.
Ich habe die Leichen zwar nicht gezählt, aber es sind verdammt viele, die Arnie hier produziert, aber der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel.
COMMANDO ist natürlich strak gewaltverherrlichend und für mich ein ärgerlicher Film. Was mir nun aber wirklich übel aufstieß war, dass der Film auch stinkelangweilig ist. Dazu völlig humorlos und selbst Arnie spielt unter seinen Möglichkeiten. Hier wirkte er als Maschine für mich wesentlich glaubwürdiger als noch im Jahr zuvor als Terminator.
Sehenswert allein wegen der Szenen zwischen ihm und Filmtochter Alyssa Milano, die dann doch sehr komisch waren. Dies umso mehr, als dass diese völlig ernst gemeint sind und die Motivation Matrix' späteren Handelns erklären sollen.
Ansonsten aber grottig der Film und nur gegen Ende vermochte er mir noch einen kleinen Lacher entlocken, als Arnies Gegner, der im übrigen aussah wie ein Relikt aus MONTY PYTHON AND THE HOLY GRAIL (USA 1974), sich dazu überreden lässt, Matrix nicht einfach umzuballern. "I don't need this!" und schmeißt die Kanone weg. Dann Ekstase. Augenrollen. Die Halsschlagadern vor dem Körperaustritt. "I'll kill you, John!"
Tut er natürlich nicht und endet mit nem riesigen Rohr in der Wampe. Selbiges muss Regisseur Lester bei den Dreharbeiten ständig in der Hose mit sich rumgeführt haben; so weidet sich die Kamera an den gestählten Männerkörpern und der Brutalitätenshow, die Arnie abzieht.
Alles in allem ein selbst für den Actionfilm überaus unglaubwürdiger Genrebeitrag der dazu auch noch sehr unspannend daherkommt.
Wer genau hinsieht entdeckt übrigens Bill Paxton, der nach THE TERMINATOR (USA 1984) sein zweites Cameo in einem Arniefilm gibt.
1/ 10
#287
Geschrieben 14. September 2004, 20:41
Regie: Tony Scott - VHS
Das Warten auf die Regieanweisung...
"If you live another day I will be very impressed"
Verdammte Hacke! Nach langer Zeit mal wieder ne Riesenüberraschung (positiver Art). Hatte den Film zwar schonmal gesehen, aber das war über fünf Jahre her und an den Kinobesuch konnte ich mich kaum noch erinnern.
Also wusste ich kaum noch, was mich da so erwarten würde - gelockt hat vor allem die Konstellation Smith/ Hackman, die ich beide sehr gerne sehe und die das hier auch wieder bestätigen konnten. Zwar hat Hackman kaum Leinwandpräsenz, aber er wertet den Film gehörig auf, zumal er wie kein anderer in einen Surveillance-Thriller passte, spielte er 25 Jahre zuvor doch selbst in DEM Genrebeitrag mit und ich habe dann auch geduldig darauf gewartet, bis mal eine Referenz an THE CONVERSATION (USA 1973, Francis Ford Coppola) fallen würde.
Diese kam spät, war aber gelungen, denn als Jugendfoto vom Hackman-Charakter nahm man einfach n Foto von Harry Caul (Hackmans damalige Rolle).
Aber zum Film: der besticht zunächst durch ein konstant (und das bei einer Laufzeit von über zwei Stunden) sehr hohes Tempo verbunden mit stetiger Hochspannung, die aber nicht nur durch schnelle Schnitte produziert wird, sondern sich aus dem intelligenten plot entwickelt (ich möchte hier vom besten Bruckheimerfilm überhaupt sprechen) und erst zum Schluss etwas von seiner Klasse einbüßt. Denn für die Charakterisierung von Brill hätte sich Scott doch ein klein wenig mehr Zeit nehmen können; schließlich handelt es sich hier um eine hochinteressante Figur, porträtiert von einem der besten Darsteller wo's gibt.
Naja, dafür überrascht ENEMY OF THE STATE aber durch eine in sich völlig geschlossene Story, alles macht am Ende Sinn und der Kreis wird gekonnt geschlossen.
Dann gab's noch zwei Trademarks: Scott zitiert sein Finale aus TRUE ROMANCE (USA 1993), wobei der Mob-Boss dann auch noch sehr Tom Sizemore ähnelte und Überproduzent Bruckheimer scheint ein Faible für Handicapped People zu haben: erst die Rollstuhlfahrer in THE ROCK (USA 1996, Michael Bay), dann der Krüppel in ARAMAGEDDON (USA 1998, Michael Bay) und hier wieder ein Rollstuhlfahrer, der fast über den Haufen gefahren wird. Müsste man Jerry mal drauf ansprechen, was das soll, da ich ihm mal nicht unterstellen will, hier lediglich den Quoten-Behinderten noch schnell einbauen zu wollen.
Dann noch ein paar Worte zu Smith: dieser Mann ist einfach genial! Zwar spielt er sich in jedem Film selbst (ALI mal ausgenommen), aber das macht nichts, denn der Kerl ist übersympathisch und ich bin zudem sicher, dass diese ganzen coolen und überaus witzigen Sprüche von ihm selbst stammen. In ENEMY OF THE STATE hat er sehr gut reingepasst, da man ihm den eloquenten Sonnyboy und Pantoffelheld genauso abnimmt wie den Kimble auf der Flucht. Wär aber mal gespannt, wie er sich so als Bad Guy schlagen würde.
Dann muss ich noch anmerken, dass der Film gerade in der heutigen Zeit erschrecken aktuell wirkt und garantiert nicht zu den Lieblingsfilmen der Bush-Administration zu zählen ist. Je mehr ich drüber nachdenke, desto überraschter bin ich von Bruckheimer, der ja schon in THE ROCK ein Thema aufgegriffen hat, das heutzutage ebenfalls aktueller den je ist. Der Mann hat Weitblick und ein Gespür für brianten Filmstoff.
Sein ENEMY OF THE STATE ist in meinen Augen sogar ein kleines Meisterwerk geworden, das gekonnt den Spagat zwischen Mainstream und anspruchsvollerer Kost geschafft hat und dazu - obligatorisch für JB - eine Besetzung auffährt, die ihresgleichen sucht. Selbst kleinste Rollen sind hochkarätig besetzt: von Jason Robards über Phillip Baker Hall bis hin zu Gabriel Byrne. Hier wird alles aufgefahren, was lockt: die ebengenannten für das anspruchsvolle Publikum und dann Typen wie Seth Green, Jamie Kennedy, Jack Black und Jason Lee für das jüngere Mainstream-Publikum.
In den Hauptrollen ebenfalls ein Treffen der Generationen, das sogar gleichmäßig ausfällt, denn wenn man die Leinwandzeit von Voight und Hackman addiert müsste man in etwa bei der von Smith landen. So hat JB wirklich den ultimativen Film geschaffen, der eigentlich jedem gefallen dürfte. War ja auch n Großer Hit.
Mensch... hätte nicht gedacht, nen Bruckheimerstreifen mal so zu mögen, aber dafür verneige ich mich sogar vor ihm! Respekt, Jerry! Hättste nur öfter mal sowas produziert.
9/ 10
#288
Geschrieben 15. September 2004, 10:30
Regie: Carl Schenkel - DVD LP
"Ich will nur raus hier!"
Angeblich bleiben pro Jahr eine halbe Millionen Menschen bei uns in Fahrstühlen stecken, mir ist das auch schon passiert und es ist eine Scheißsituation!
Zwar treibt Schenkel diese Situation ordentlich in die Höhe, indem bei ihm wirklich alles schief geht, was schief gehen kann, aber das beängstigenste an seinem Film ist, dass da nichts unrealistisch ist.
Vier Personen in einer Extremsituation und alle wollen nur raus. In zweifacher Hinsicht. Existenzangst: "Mit so nem Computer lern ich nie umzugehen!" sagt Gössmann, ein älterer Buchhalter, der sich dem Traum von Rocker Pit anschließt "Ab in nen Flieger und up and away!" kein Bock mehr auf unsere Gesellschaft. Jörg hat seinen Job bereits verloren. Der Fahrstuhl als Metapher für die existenzielle Bedrohung des Menschen durch die Technisierung.
Doch der Film zeigt, dass der Mensch schon verloren hat - die soziale Verarmung ist es, die ihnen zum Verhängnis wird. Bald kommt es zu Wut, Neid und Gewalt. Anstatt durch die gemeinsame Misslage zusammengeschweißt zu werden, zerfällt die Gruppe in egozentrische Fragmente.
Den Zerfall der Gesellschaft zeigt uns Schenkel anhand seines Films auf, der mit minimalistischem Aufwand den größtmöglichen Effekt erzielt und neben sozialkritischen Tönen und existenziellen Fragen auch durch seine Thrillerelemente besticht. In Echtzeit und ohne großes Trara kommt ABWÄRTS gleich zur Sache, die psychologischen Charakterisierungen der Figuren entwickeln sich erst aus der voranschreitenden Handlung heraus.
Schenkel verzichtet auf jegliche Effekthascherei und treibt seinen Film konsequent voran, die Spannung wird sukzessive in die Höhe getrieben und das doppelt ironische Ende rundet den guten Filmeindruck ab.
Ein Ausnahmefilm des deutschen Kinos wie ich meine, der in seiner Bedeutung völlig unterschätzt wird und im Handel für Billigpreise verramscht wird. Da sollte man dann wenigstens zuschlagen!
9/ 10
#289
Geschrieben 16. September 2004, 08:39
Regie: Philip Kaufman - VHS
"Hey Graham, you want some sushi?" - "No thanks. If I get a craving for mercury, I'll eat a thermometer."
Trotz Staraufgebot ein langweilender Film, dessen konfuses Drehbuch mir den Rest gab.
Will hier auch gar nicht viele Worte zu verlieren und belasse es bei einem beherztem
2/ 10
#290
Geschrieben 16. September 2004, 20:56
Regie: Oliver Hirschbiegel - CinemaxX Essen
Ich habe über diesen Film oft lesen müssen, dass dies ein wichtiger Film sei. Das kann ich nicht bestätigen, da ich meine, dass man mit dieser Bezeichnung sehr vorsichtig umzugehen hat. So möchte ich DER UNTERGANG dann auch eher als eindrucksvoll bewerten.
Eindrucksvoll, weil es sich hier - für deutsche Produktionen eher untypisch - um ganz großes Kino handelt, groß im Sinne von groß. Die Ausstattung, Filmsets und Effekte stehen US-Großproduktionen wie SAVING PRIVATE RYAN (USA 1998, Steven Spielberg) in nichts nach. Aber trotz dieser bombastischen (sic!) Kulisse spielen sich Dreiviertel des Films in einem minimalistischen Set ab und Hirschbiegel schwört die Atmosphäre seines beeindruckendsten Debüts wieder herauf. Menschen in einer Extremsituation auf engstem Raum zusammengepfercht.
So ist DER UNTERGANG weniger ein gängiges War-Pic, sondern vielmehr ein Psychogramm - hochinteressant wie brisant, handelt es sich bei den Beteiligten um Hitler und seine engsten Vertrauten. Ich will jetzt gar nicht viel zu den Darstellungen sagen, denn die sind durch die Bank hervorragend, sondern lieber näher auf den Stoff eingehen. Wie dieser erzählt und verpackt ist beweist, dass wir mit Hirschbiegel einen wahrhaft großen Filmemacher haben (vielleicht ringe ich mich ja nochmal dazu durch, MEIN LETZTER FILM zu gucken... ich glaub's aber ehrlich gesagt nicht ).
Hier wird auf unnötige Effekthascherei verzichtet; die Dämonisierung der Figuren nicht gleich mit einem Tritt vors Schienbein, sondern sich allmählich aus der immer prekärer werdenden Situation entwickelnd (freilich nicht erst daraus resultierend!) aufgezeigt. Die Idiotie der Nazi-Ideologie, von der sich einige Anhänger selbst in der Stunde der totalen Niederlage nicht lossagen (kulminierend in einer der erschreckendsten Filmszenen, denen ich bislang beiwohnen durfte/musste), der Wahn Hitlers den einige nicht wahrhaben wollen/können, die allmähliche Erkenntnis des Dienstpersonals um die Ereignisse, die um sie herum geschehen... alles ungemein eindringlich, intensiv vermittelt, besonders durch das Zusammenwirken mit der klaustrophobischen Atmosphäre im Bunker.
DER UNTERGANG ist ein Film, der dem Zuschauer einiges abverlangt - sei es die (vor allem verbale) Monströsität, die Bruno Ganz als Hitler versprüht, die Splatterszenen (ebenfalls alles toppend, was ich zuvor gesehen hatte) und vor allem die menschliche Kälte, die selbst vor den eigenen Kindern nicht halt macht. Welch Ironie, eine Marienstatue neben dem Bett von Frau Goebbels stehen zu sehen. Oft lassen einen die Bilder und Dialoge des Films fassungslos zurück.
Einen Kritikpunkt habe ich jedoch: wie kann es in einem ansonsten formal perfekten Film passieren, dass über den Schauspielern schwebende Mikrofone und der Schatten des Toningenieurs sichtbar sind? Das gibt einen kleinen Abzug in der B-Note!
Ansonsten nur noch ein Ärger über das Essener CinemaxX, das genau wie eine Woche zuvor wieder eine große Panne aufbot: mitten im Film (dazu noch in einer sehr emotionalen Szene) kippt das Bild für einige Minuten nach unten - untere Hälfte nicht mehr sichtbar. Scheißladen ist das! Muss ich jetzt wirklich mal boykottieren!
#291
Geschrieben 19. September 2004, 20:24
Regie: F. Gary Gray - VHS
"You know what Nietzsche says: Even the strongest have their moments of fatigue. And I'm fatigued, Danny. I'm just, I'm fucking fatigued."
Klasse Action-Thriller, der statt auf Explosionen zu setzen lieber seinen Darstellern und den Dialogen vertraut. Die Rechnung ist aufgegangen und präsentiert einen der imo besten Mainstreamfilme der 90er.
Trotz Überlänge und leicht missratenem Schluss weiß THE NEGOTIATOR den Zuschauer zu fesseln, indem er die Spannung konstant auf hohem Niveau hält. Kurze Einführung des Protagonisten, seiner Fähigkeiten als Negotiator (Mittelsmann zwischen Geiselnehmer und Anti-Terror-Einheit) und schwups! Schon ist er selbst Opfer und wendet seine Profession auf der "anderen Seite" an. "You think you can talk me down?" fragt Roman (Samuel L. Jackson) seinen Kollegen am anderen Ende der Leitung. Dieser versuchte die Verhandlungen mit seinem Ex-Kollegen zu beginnen, der ein paar Geiseln genommen hat, um seinen Unschuldsbeweis zu erzwingen.
"I want Chris Sabien!" verlangt Roman und bekommt einen ebenbürtigen Gegenspieler (auch darstellerisch). Jetzt treffen zwei Topexperten aufeinander, jeder sein ganzes Können ausreizend, um die Situation für sich zu entscheiden. Das ist packend, gut gespielt, gekonnt inszeniert und immer wieder mit ein paar Actionszenen dosiert. Mainstreamkost für den etwas gehobeneren Anspruch. Keine Helden, sondern Menschen stehen hier im Mittelpunkt. Wie wohltuend!
Erst am Ende verliert sich THE NEGOTIATIOR in der gängigen Thrillerfinalmachart, bei der es neben dem Mangel an Glaubwürdigkeit auch an einer Überdosierung von Spannungsmomenten krankt, die weniger spannend, denn vorhersehbar sind.
Dennoch trübt das den positiven Gesamteindruck nicht. Wann sieht man Kevin Spacey schonmal kanonenschwingend in Aktion und wer sonst, als Samuel L. Jackson wäre besser geeignet für den "coolen Hitzkopf"? Dazu wurde die halbe THE ROCK-Cast verpflichtet, die die Nebenrollen gut ausfüllt und auch wenn Gray wohl ein paar mal auf den Bayschen Inszenierungsstil geschielt hat, gelingt es ihm, seinen Film nicht in einem Schnittegewitter untergehen zu lassen. Sicher ist THE NEGOTIATOR temporeich, doch niemals auf Kosten der Story. Hier steht diese der Action gleichberechtigt gegenüber; ich wiederhole mich: wie wohltuend!
Hat Spaß gemacht!
7.5/ 10
#292
Geschrieben 21. September 2004, 14:56
Regie: John Hughes - DVD Paramount
"Life moves pretty fast. If you don't stop and look around once in awhile, you could miss it."
KEIN Regisseur hat es geschafft, drei 10er Filme hintereinander zu drehen. Keiner, AUßER John Hughes. 1985 - THE BREAKFAST CLUB, 1986 - FERRIS BUELLER'S DAY OFF, 1987 - PLANES, TRAINS & AUTOMOBILES. Die einen mögen Godard, die anderen Bay, ich liebe John Hughes! Zwar hat er - was sein Gesamtwerk als Regisseur betrifft - nicht immer überzeugt, aber er gehört zu den besten Filmemachern (und Schreibern) der 80er. Er war der Jugendversteher, ihm gelang der Spagat zwischen High School-Comedy und anspruchsvollem Kino. Seine Filme sind saukomisch und doch gibt es diese zahlreichen stillen Momente, in denen die Figuren über ihr Leben reflektieren und der Zuschauer gleich mit.
Es ist eine Schande, dass Hughes Anfang der 90er den Regiestuhl für immer geräumt hat und sich damit begnügt, billige Scripts zu Filmen wie HOME ALONE 3 zu schreiben. Als ob nur die 80er für ihn reserviert gewesen wären. Sieben Filme hat er in dieser Dekade, die gemeinhin als unproduktivste Hollywoods gilt (sehe ich überhaupt nicht so, war es für das Comedy-Genre doch die Goldene Ära) gemacht, zwischen 1985 und 1987 gelangen ihm drei Meisterwerke (bitte jetzt nicht aufstöhnen, da dies ja ein rein subjektiv verfasster Text ist!). Drei Filme, in die ich mich verliebt habe, die ich so oft wie kaum einen anderen Film sehen kann, ohne dass sie mich anöden.
FERRIS BUELLER'S DAY OFF ist sein beliebtester Film, der sich zwischenzeitlich gar in der imdb Top 250 befand. Ein Film, den man spätestens bis 16 gesehen haben sollte. Ein pädagogisch unglaublich unwertvoller Film. Scheiß auf die Bildung, genieße dein Leben solange du es kannst! Nun gut, Hughes gibt auch allen Grund auf die Bildung zu scheißen, denn mal ehrlich - der Schulalltag, den er in seinem Film (nicht nur in diesem) zeigt ist nicht gerade das, was man als anregend bezeichnen würde.
Das amerikanische Bildungssystem ist ja ohnehin nicht dafür bekannt, besonders anspruchsvoll zu sein und Hughes parodiert (?) es meisterhaft. Etwa als Ben Stein (der dieselbe Rolle später in der TV-Serie THE WONDER YEARS spielte) apathisch vor seiner Klasse steht und die Anwesenheitsliste durchgeht. "Bueller?" Bueller?" "Bueller?" Später werden wir Zeuge seines Unterrichtsstils. Nach jedem halben Satz die Frage "Anyone? Anyone?" - zwei Sekunden Pause - weiter im Text, dann wieder "Anyone? Anyone?" ... Herrlich! Und wahrschleinlich ist diese Darstellung gar nicht mal so realitätsfern!
Also, wir halten fest: bei diesem Bildungssystem lohnt die Schule nicht! Zumindest darf man sich ruhig (9) mal ne Auszeit nehmen und abdüsen in The Big City. Am besten noch mit Freundin, bestem Kumpel und dessen Vaters Ferrari im Schlepptau! Wie schon in THE BREAKFAST CLUB (man achte auf die zahlreichen Anspielungen an ihn) spielt sich das Geschehen an einem einzigen Tag ab und er wird das Leben der jungen Leute für immer verändern. Nun gut, eigentlich nur von einem, aber das ist doch auch schon mal was!
Dass es dazu auch einen verschrotteten Ferrari (keine Sorge, es war kein echter!) braucht, ist nicht weiter schlimm, denn der Zweck heiligt schließlich die Mittel!
Zwar weniger aufdringlich als in besagtem THE BREAKFAST CLUB, aber dafür umso stärker die kurzen Momente, in denen sich der Film Zeit für nachdenklichere Töne nimmt.
Cameron : "I don't know what I'm gonna do."
Sloane : "College."
Cameron : "Yeah, but to do what?"
Sloane : "What are you interested in?"
Cameron : "Nothing!"
Sloane : "Me neither!"
Ein klasse Dialog! Völlig aufrichtig und ohne das moralinsaure Gehabe vieler anderen Genrebeiträge beweist Hughes sein Verständnis für die Jugend. Und stellt diejenigen bloß, die meinen, sie wüssten über die Bedürfnisse der Jugendlichen Bescheid. Nachdem Hughes in THE BREAKFAST CLUB den Principal als konservatives und selbstgefälliges Arschloch bereits mit einigen Anzeichen des Tölpels darstellte, geht er ein Jahr später in die Vollen. Ed Rooney (hervorragend: Jeffrey Jones) ist ein Vollidiot. Eine Karikatur des schülerfeindlichen Direktors, der sich auch nicht dafür zu schade ist, selbst den Schulschwänzern hinterherzujagen. Dies gibt Hughes zudem die Möglichkeit sein Können im Bereich des Slapstick aufzuzeigen; wie er Jones von einer haarsträubenden Situation zur nächsten jagt ist herrlich! Ed Rooney ist längst zum Sinnbild des Dork Principals geworden und hat eine Unzahl an Nachahmungen losgetreten (zuletzt in NEW YORK MINUTE).
Erst gestern ist mir wirklich bewusst geworden, wie gut dieser Film eigentlich ist. Es gibt rein gar nichts zu bemängeln. Gar nix! Selbst die Musicalszene störte mich nicht (sonst muss ich, sobald im Film gesungen wird immer kotzen, weshalb ich die Disneys auch nicht ab kann). Der Film präsentiert ein Feuerwerk an Dialogwitz und Situationskomik, durch die Bank gut gewählte Darsteller (Edie McClurg, die die Sekretärin gibt, zitierte ihre Rolle im nächsten Hughes-Film übrigens selber: man achte auf den Stift!), bei denen vor allem Mia Sara heraussticht. Denn es ist eine absolute Seltenheit, eine hübsche Hauptdarstellerin gerade in einem Brat Pack-Film geboten zu bekommen, die spielen kann! Hut ab!
FERRIS BUELLER'S DAY OFF ist soo übertrieben inszeniert, dass man Hughes alles verzeiht und abnimmt - weil man es möchte. Ist doch zu schön, was da passiert und wann wird man schonmal so ins Geschehen involviert? Schließlich gibt Ferris einem höchstpersönlich die besten Schwänztipps und schickt uns nach dem Film ebenso höchstpersönlich wieder nach Hause.
So viel Fürsorge weiß ich zu schätzen! Hughes hat Filme für die Jugend und die Junggebliebenen gemacht. Sehr gute Filme. Zumindest einige sehr gute Filme. Und auch wenn er hier ein bissel ernst dreinschaut: ich vergöttere diesen Mann!
10/ 10 für den Film und denkt daran:
Save Ferris!
#293
Geschrieben 21. September 2004, 16:29
Regie: Kevin Burns - DVD Fox
Hatte nach dem grandiosen FERRIS-Erlebnis (s. o.) keine Böcke, noch STAR WARS nachzuschieben und hab's dann erstmal bei der Doku belassen. Quasi als Betthupferl.
Alles fängt sehr lustig an: wir sehen den Schorsch in jungen Jahren - ein Nerd wie er im Buche steht: kariertes Hemd, hager, Segelohren und Hackfresse und wie er sich mit den Studios rumschlagen muss.
Später steht er kurz vorm Heulen, als sich seine Cast bei den langweiligen Dreharbeiten auf dessen Kosten unterhält. Niemand nimmt den armen Schorsch ernst. Aber wartet nur ab! Der Schorsch wird's euch allen zeigen!
Und erst als der alles selbst in die Hand nimmt, klappt es mit seinem Film und über Nacht katapultierte er sich selbst zum Regie-Star. Und wurde größenwahnsinnig.
Er kaufte viel Land, baute sich ein Monument in Form einer Über-Ranch, wo er sich seine ILM-Sklaven äh... Leute hält. Ohne den Schorsch geht nichts mehr. Der ist überall und längst zum Mogul aufgestiegen. Don't mess with George!
Unabhängig wollte er immer sein und hat es geschafft. Raus aus der DGA, WGA und wie die Vereine alle heißen...
Weil sich der Schorsch nach 15 Jahren Nichtstun etwas langweilte, beschloss er, weitere Filme zu drehen. Das finden alle ganz toll. Überhaupt finden alle den Schorsch ganz toll.
Ich nicht. Ich hatte am Ende des Films nen noch dickeren Hals als der Lucas.
1 x dafür, dass er seinen eigenen Mythos demontierte
1 x dafür, dass er seine einzig guten Filme mit CGI-Gedöns zumüllt
1 x dafür, dass der Schorsch ist wie er ist
achja: nach der Ep. III-Preview habe ich irgendwie überhaupt keine Lust auf diesen Film. Überhaupt hab ich momentan wenig Lust auf STAR WARS...
#294
Geschrieben 22. September 2004, 19:56
Regie: Pete Docter - DVD Buena Vista
"Milking a yak is no picnic, but once you pick out all the hairs it's very nutritious."
Diese verfickte Lernerei geht mir mächtig auf den Sack!
Gestern noch kurz diesen Pixarfilm reingeschoben, für mehr war nicht Zeit.
Erstes mal im O-Ton geguckt und musste feststellen, dass der da nur halb so lustig ist. Der Yeti schwäbelt nicht (hätte man im Original wenigstens n Dialekt verpassen können) und Glotzkowski ist lustiger als Wazowski. Aber sonst ne gute Synchro, wenn man jetzt mal so vergleicht.
Wenig begeistert war ich auch wieder vom Schluss, der selbst für Pixar zu versöhnlich-kitschig ausfällt. Naja, der Sullivan war aber zum knuddeln und wenn man von animierten Charakteren bewegt wird, dann muss man das honorieren.
Deshalb ein guter Film, den ich aber nicht so klasse wie die Spielzeuggeschichten finde.
7/ 10
#295
Geschrieben 23. September 2004, 23:04
Regie: Michael Mann - CinemaxX Essen
"Guy gets on the MTA here in L.A. and dies; think anyone will notice?"
Ich habe ja ein paar Einträgen weiter oben den John Hughes über den Klee gelobt. Diese Huldigung will ich jetzt auch Michael Mann zukommen lassen, immerhin zeichnet er sich für meinen Lieblingsfilm verantwortlich und hat nun nach diesem und THE INSIDER (USA 1999) seinen dritten glatten 10er bei mir gelandet.
COLLATERAL ist großartig! Ich finde es eine Frechheit, zu behaupten, dies sei lediglich eine Fingerübung gewesen, da er gemessen an HEAT und THE INSIDER doch abfallen würde.
Natürlich ist die Story reichlich simpel und natürlich ist COLLATERAL nicht so komplex wie andere Mann-Filme; dafür aber spannender und selbst Dante Spinottis atemberaubende Fotografie wird hier getoppt. Bei einigen Einstellungen ist mir die Kinnlade runtergeklappt.
Dass Mann zudem stets alles aus seinen Darstellern rausholt beweist er mit diesem Film ebenfalls wieder eindrucksvoll. Selbst kleinste Rollen sind hochkarätig besetzt; ehemalige schauspielerische Dilletanten wie Grins Cruise oder Jada Pinkett-Smith haben mich aus den Socken gehauen.
Zu Cruise muss ich hier noch ein paar Worte verlieren, denn ist er nicht nur Hauptdarsteller, sondern auch der Grund für den ersten wirklichen Erfolgsfilm für Mann. Die Kollaboration hat also beiden geholfen: Cruise hat nach MAGNOLIA zum zweiten mal auf die Strahlemannrolle verzichtet und glänzt als eiskaltes Arschloch, Mann hat eine ordentliche Finanzspritze für zukünftige Projekte bekommen.
Die ersten Bilder zeigen Tom wie er in bester Neil McCauley-Manier (inklusive Sonnenbrille) auf uns zuschreitet. Feste Entschlossenheit ausstrahlend wird sofort klar: dieser Mann weiß was er will und steh ihm besser nicht im Weg!
Doch mal ehrlich: der wahre Hauptdarsteller COLLATERALS ist, wie schon in HEAT die Stadt der Engel. Ein Moloch, begraben unter einer dicken Smogschicht präsentiert sie uns Mann bei Nacht in einer atemberaubenden Ästhetik. Sei es in den obligatorische Helikopterszenen oder in den zahlreichen Kamerafahrten aus der Vogelperspektive - diese Bilder stechen und hieven COLLATERAL in Richtung Kunstwerk.
Kunstwerk und Meisterwerk zugleich. Was macht ein Meisterwerk für mich aus? Sicherlich Perfektion. Formal, darstellerisch und plotmäßig. Alles gegeben. Fast in Echtzeit läuft das Geschehen ab und entwickelt eine Dynamik, die den Zuschauer schon bald nicht mehr loslässt. Lässt es Mann anfangs noch ruhiger angehen, so bewegt sich sein Film mit Cruises erster Begegnung mit seinem Chauffeur ruckartig nach vorne. Von nun an geht die Post ab!
Wie schon in HEAT bekommen wir zwei Showdowns geboten. Der erste etwa 30 Minuten vor Schluss, den zweiten als Finalakt.
Da Mann den Shoot-Out aus HEAT nicht mehr toppen konnte, ging er den ersten Showdown anders an - eine Discothek als Location. Vier Parteien bewegen sich darauf zu, es wird zu einem Mordszusammenstoß kommen. Was dann in dem Schuppen abgeht steht besagter Szene aus HEAT in nichts nach. Die hämmernden, rhythmischen Klänge begleiten die sich immer weiter zuspitzende Situation: die gesamten Figuren des Films versammeln sich und nur wenige werden diesen Zusammenprall überleben. Montage, Kamera, Musik und Cruise: zusammen ergibt dies eine Szene, die mir die Freudentränen in die Augen trieb! Großartig! Großartig! Großartig!
Da konnte das Finale nur abfallen, was jedoch nicht heißt, dass dieses mich nicht überzeugt hat. Wieder die Parallele zu HEAT - es kommt zum Duell der beiden Protagonisten und nur einer wird überleben.
Die letzte Szene zeigt eine Straßenbahn, wie sie langsam in der dunklen Skyline L. A.s verschwindet. In HEAT rollt sie im ersten Bild auf uns zu. Der Kreis schließt sich. Mann hat es nach dem nicht ganz überzeugenden ALI (USA 2001) wieder einmal geschafft. Meisterwerk Nummer 3.
10/ 10
#296
Geschrieben 24. September 2004, 13:46
Regie: Kevin Smith - DVD Miramax
"Now THAT, my friend, is a shared moment."
Wir sehen Joey Lauren Adams auf der Bühne singen. Ben Affleck und Jason Lee schauen ihr zu. Die Stimmung im Saal ist ausgelassen. Ben klatscht mit, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Jason schaut angepisst. Will endlich raus aus dem Laden. Dann deutet Joey mit dem Finger in Richtung Affleck und signalisiert, dass man zu ihr herkommen möge.
Doch der Ben ist gar nicht gemeint und so macht sich das vor ihm stehende Mädel auf, bis sie in Joeys Armen landet und ein heftiges Geknutsche losgeht.
Bens Miene erstarrt, sein Klatschen endet abrupt. Jasons Miene hellt sich auf. Ein fettes breites Grinsen und endlich fängt auch er an zu Klatschen. Die beiden haben gerade realisiert wo sie sich hier eigentlich befinden.
"That's great!" freut sich Lee, "I mean, when do we get to see this live without paying for it?"
Diese Szene ist einer jener Magic Moments des Kinos. Und mein persönlicher Höhepunkt dieses rundherum gelungenen und nach CLERKS bestem Smith-Film.
Nach seinen beiden Erstlingen hätte man dem Kevin ein Script wie das zu CHASING AMY nicht zugetraut, besann er sich zunächst doch immer auf leichte (teilweise arg platte) Humorkost, so ganz frei von jeglichem Anspruch. Ganz anders im Finalfilm seiner Jersey-Trilogie: hier wechseln sich saukomische Momente mit hochemotionalen Szenen ab.
Wenn Affleck im Auto bei strömenden Regen seiner Angebeteten seine wahren Gefühle offenbart, dann klingt das so verdammt ehrlich und real (und entlarvt die Trivilität der Liebesbekundungen in den meisten anderen Genrebeiträge), dass es wehtut. Ich möchte dann immer vor Smith niederknien, der hier wohl eine eigene Geschichte verarbeitet hat.
Er zeigt, woran selbst die größte Liebe scheitern kann und wie sorgsam man das Verhältnis zum/r PartnerIn pflegen sollte. Das geht stellenweise arg an die Nieren, ist stellenweise aber auch so komisch, dass man ein schieres Wechselbad der Gefühle erlebt.
Klasse auch, wie konsequent Smith seine obligatorischen JAWS und STAR WARS-Referenzen beibehält. Auf die Idee, die berühmte Narbenschau-Szene aus Spielbergs Klassiker auf Sexualunfallsrückstände zu übertragen muss man auch erst mal kommen! Der Rassismusvorwurf an die STAR WARS-Filme ist ebenfalls alle erste Sahne!
"Check this shit. You got cracker farm boy Luke Skywalker, Nazi poster boy, blond hair, blue eyes. And then you got Darth Vader, the blackest brother in the galaxy, Nubian god!"
Sympathisch macht CHASING AMY auch Smiths Selbstironie, indem er bewusst seine das-Schweigen-für-wichtige-Anlässe-brechen-Prozedur verarscht und sich vom Kumpel Jay "Fat Fuck!" schimpfen lässt.
Wie wichtig Smith dieser Film war, zeigt sich in der für seine Werke untypisch kurze Leinwandpräsenz seiner Figuren Jay & Silent Bob. Hier soll etwas erzählt werden, dass über eine reine Kalauerparade weit hinaus geht und Smith ist dies auf ganzer Linie gelungen.
Ich bin gespannt auf JERSEY GIRL, der hier ja einfach nicht starten will... bin gespannt, ob ihm da ähnliches wie bei CHASING AMY gelungen ist.
8.5/ 10
#297
Geschrieben 24. September 2004, 18:33
Regie: Daniel Lind Lagerlöf - Astra Theater Essen
Wie immer, wenn ein skandinavischer Film in unsere Kinos kommt werde ich sofort hellhörig!
So auch bei MIFFO, von dem mir nur soviel bekannt war, dass es sich um eine Liebeskomödie mit leichten sozialkritischen Tönen handelte. Hörte sich gut an und so nahm ich den Film gestern nach COLLATERAL auch noch mit.
Leider muss ich nun konstatieren, dass dies ein Fehler war, denn auf einen recht vielversprechenden Anfang folgt eine Klischee- und Kitschparade übelster Sorte - als hätte Gary Marshall höchstpersönlich die letzte halbe Stunde inszeniert.
Die Story ist schnell erzählt: jungen, ambitionierten, aus gutem Elternhaus stammenden und verdammt gut aussehenden Pastor treibt es in eine Gemeinde, die vor sozialem Elend nur so platzt. Die Bewohner stellen sich zwar z. T. als witzig heraus, aber in die Kirche will dann doch keiner gehen. Nur die schrille Carola, die im Rollstuhl sitzt hat Interesse an dem Jungspund.
Was danach geschieht hat man schon in dutzenden Hollywood-Liebesschnulzen gesehen: zwei grundverschiedene Typen verlieben sich, müssen aber erst einige Hürden nehmen, um am Ende wirklich gemeinsam glücklich zu werden.
Leider war der Film in den Hauptrollen völlig fehlbesetzt (interessante Nebencharaktere wurden ob zu geringer Präsenz verschenkt) und Lagerlöfs 'hipper" Inszenierungsstil störte eher, als zu helfen.
Überzeugen konnte MIFFO allein durch einige derbe Späßchen, etwa als der Pastor mit seiner Liebsten im Elternbett vögelt, diese später aus Versehen den Nachttisch der Schwiegermama in-spe umsäbelt und ein güldener Dildo vibrierend genau vor die Füße des unerwartet daheim aufkreuzenden Ehepaars fliegt. Da hab ich laut gelacht!
Sonst gab's aber leider mit der Zeit immer weniger zu lachen, die aufkommende Ernsthaftigkeit stand dem Film nicht gut zu Gesicht und als alles vorbei war, war ich irgendwie ziemlich froh und konnte wenigstens meinen Zug noch pünktlich erwischen. Dazu entnahm ich dem Aushang des Kinos, dass Wim Wenders Anfang Oktober persönlich seinem neuen Film (auf den ich verdammt scharf bin und das nicht nur wegen Michelle Williams ) in der Lichtburg beiwohnt! Da kam dann doch noch richtig Freude auf!
Bin jetzt hinsichtlich der Kinogänge aber doch vorsichtiger geworden und werde mich nächstens genauer über pozenzielle Kandidaten für einen Kinobesuch informieren. Aber DER TYP VOM GRAB NEBENAN (bescheuerter Titel, aber der Trailer war recht anregend) könnte doch wieder ganz witzig werden. Und der kommt ja auch aus Dänemark - die enttäuschen nur ganz ganz selten.
4/ 10
#298
Geschrieben 30. September 2004, 19:10
Regie: Stanley Kramer - DVD Columbia
"You think of yourself as a colored man. I think of myself as a man."
Es bleibt noch gerade Zeit für einen Film pro Abend, that's (almost) it. Immerhin finde ich heute etwas Zeit für's nachtragen.
Ein sehenswerter Film, der ganz von den Darstellern lebt und mich nicht selten an 12 ANGRY MEN (USA 1957, Sidney Lumet) erinnerte. Dialoglastig und dazu noch mit ner versöhnlichen Aussage. Einige mögen das rührselig nennen, ich find's einfach nur schön!
Außerdem ist das Gespann Tracy/Hepburn eh immer ne Sichtung wert und Sidney Poitier hat gleich Lust auf mehr gemacht, was mich endlich dazu bewegen konnte mir THE LILIES OF THE FIELD (USA 1962, Ralph Nelson) anzuschauen.
9/ 10
#299
Geschrieben 30. September 2004, 19:18
Regie: Ralph Nelson - VHS
"I'm gonna' build me a chapel."
Sidney Poitier baut ner ostdeutschen Nonnentruppe in der amerikanischen Wüste ne Kapelle.
Mehr passiert nicht, macht aber auch nichts, denn das ist schon unterhaltsam genug!
Keine moralische Vorhaltungen, aber auch keine Kirchenkritik, sondern einfach nur ein herrliches Lustspiel.
Nur schade, dass ich gerade so einen Film nicht im O-Ton sehen konnte, denn wenn auch da deutsch gesprochen wird, sind Synchros immer am unerträglichsten.
Naja, konnte mir das Vergnügen aber auch nicht besonders nehmen.
Und jetzt alle mitsingen: "A-men, A-Men, Amen, Amen..."
7/ 10
#300
Geschrieben 30. September 2004, 19:41
Regie: John Huston - DVD EuroVideo
"We can't do that!" - "How do you know? You never tried it." - "Well, yeah, but I never tried shooting myself in the head neither."
Sowas sucht man heutzutage vergeblich: romantische Abenteuerkomödie - gut gespielt, charmant und spannend.
Aber es gibt ja auch keinen Bogey mehr und der war nie besser als hier - einfach herrlich, wie er sein "tough guy"-Image demontiert und anstatt in patriarchischen Höhen zu schweben sich kleinlaut von ner englischen Jungfer herumkommandieren lässt. Immer wenn Charlie schmollt hab ich mich bepisst vor lachen: diese Mimik! Und das soll Marlowe sein???
Ja, ja, der gute alte Bogey... zusammen mit der Hepburn in Hochform und wenn dann noch John Huston dazustößt muss zwangsläufig etwas großes dabei herauskommen. Ist es auch und allen anderen, die diesen Film auch so lieben wie ich, empfehle ich Katherine Hepburns Aufzeichnungen zu den Dreharbeiten: die sind mindestens genauso unterhaltsam wie der Film selbst!
9.5/ 10
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